politische Gemeinschaft pol. Gemeinschaft

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Dietmar von der Pfordten Vorlesung: Einführung in die Rechts- und Sozialphilosophie
WS 2005/2006
4. Vorlesung: Gerechtigkeit/Die Begriffe Soziales, Politik und Recht
Erweitertes Modell
UNO/WTO/IStGH
(6)
(6)
politische Gemeinschaft
(4)
(1)
(2)
(2)
(5)
pol. Gemeinschaft
(1) (4)
(3)
Bürger
(0)
Bürger
2
Bezeichnung
(0) Private Gerechtigkeit
(1) Beitragsgerechtigkeit (iustitia legalis)
(2) Distributive
Gerechtigkeit
(iustitia
distributiva)
Akteur-Bezogener
Mensch – Mensch
Bürger – Gemeinschaft
Gemeinschaft – Bürger
Erste(r) Theoretiker
Anaximander, Sokr
tes, Platon
Platon
(Platon)
Aristoteles
(3) Korrektive Gerech- Gemeinschaft – Bürger-Bürger- (Platon)
tigkeit (iustitia correc- Verhältnis
Aristoteles
tiva vel commutativa)
(4) Politische Gerech- a) Bürger – pol. Gemeinschaft:
tigkeit Æ Handeln für Legitimation
b) pol. Gemeinschaft – Bürger:
Andere (Macht)
Repräsentation/Macht
(5)
Interkommuna- Politische Gemeinschaft – polile/Internationale Ge- tische Gemeinschaft
rechtigkeit
(6) Globale Gerechtig- UNO/WTO/ISTGH/STAAT
keit
Maßstäbe der Gerechtigkeit
Jedem das Gleiche.
Jedem nach seinen Bedürfnissen.
Jedem nach seiner Leistung.
Jedem nach seinem Verdienst.
Jedem nach seiner Stellung im Gemeinwesen.
(Hobbes)
Locke,
Roussea
Kant, Mill
Kant, Rawls
Beitz, Pogge, Höffe
3
Jedem nach seiner Geburt.
Jedem, sofern er der erste ist (Prioritätsprinzip).
Jedem nach seinen Menschenrechten (Rechteposition).
Jedem so daß alle am Meisten haben (Utilitarismus).
Jedem so, daß die Ärmsten am Meisten haben (Rawls’ Differenzprinzip).
Jedem mehr, wenn kein anderer dadurch weniger bekommt (Paretoprinzip).
Utilitarismus: Maximierung des Gesamtnutzens
Rawls’ Differenzprinzip: Ungleichverteilungen sind nur gerechtfertigt, sofern die am schlechtest Gestellten dadurch so gut wie möglich stehen.
Paretoprinzip: Jeder soll besser stehen, sofern dadurch niemand
anderes schlech
I. Zum Verhältnis von Sozialem, Politik und Recht
Bevor einzelne Theorien der Gerechtigkeit, d. h. der Rechtsethik, erläutert werden,
soll in dieser und der nächsten Vorlesung noch ein übergreifendes Thema der
Rechtsphilosophie behandelt werden. In dieser Vorlesung wird es um die Begriffe
von Recht und Politik gehen und dann in der nächsten Vorlesung um die Frage, ob
die Ethik bzw. Gerechtigkeit notwendiger Bestandteil des Rechtsbegriffs ist.
Die Begriffe Soziales/Politik/Recht stehen in einer bestimmten Ordnung. Zunächst
kommt der weiteste Begriff, dann der engere, schließlich der engste. Der weiteste
ist der Begriff des Sozialen. Was versteht man unter dem Sozialen? Das Soziale ist
durch die Orientierung menschlichen Handelns an anderem menschlichen Handeln
gekennzeichnet. Sehr häufig ist diese Orientierung des Handelns an anderem Handeln wechselseitig. Man spricht deshalb auch von sozialen Beziehungen und sozialen
Gemeinschaften. Verschiedentlich wird auch der Begriff „Gesellschaft“ gebraucht.
Dieser von Soziologen geprägte Begriff soll hier aber vermieden werden, weil er
4
den meiner Ansicht nach unzutreffenden Eindruck erweckt, es gebe eine alles andere in sich schließende, mehr oder minder fest gefügte soziale „Super“Gemeinschaft, jenseits von einzelnen Gemeinschaften oder sozialen Beziehungen
wie Familien, Kirchen, Unternehmen, Gemeinden, Wirtschaftsbeziehungen etc.
Der Gegenbegriff zum Sozialen ist der Begriff Natur.
Der Begriff des Sozialen hat eine ähnliche Bedeutung wie der Begriff der Kultur.
Wie ist das genaue Verhältnis von Sozialem und Kultur? Soziales und Kultur überlappen sich. In einem weiten Sinne von Kultur ist vermutlich alles Soziale auch
Kultur. Faßt man den Kulturbegriff enger, so bezieht er sich stärker auf kulturelle
Hervorbringungen, also z. B. Technik, Wirtschaft oder Kunst, während sich das
Soziale auf die menschlichen Beziehungen (=Interaktionen) beschränkt. In folgender
schematischer Darstellung der wesentlichen abstrakten Elemente unseres Weltbildes würde die Beziehung zwischen Akteur und Anderen im Schwerpunkt als „Soziales“ gekennzeichnet, während die Beziehung zu den Gegebenheiten eher vom
Begriff der Kultur ausgedrückt würde.
Gott?/Transzendenz?
Akteur
Kultur
Soziales
Anderer
Gegebenheiten
Wie ist nun das Verhältnis des Sozialen zu Politik und Recht? Politik und Recht
sind Arten des Sozialen. Politik und Recht sind wechselseitig keine strikten Oberoder Unterbegriffe. Politik ist allerdings der weitere Begriff, wenn man den Rechtsbegriff in einem engeren Sinne als Ausfluß politischen Handelns versteht. Rein
faktisch ist das Recht mittlerweile eine wesentliche, in modernen Rechtsstaaten fast
ausschließliche Form politischen Handelns. In einem weiteren Sinn sind dagegen
5
auch nichtpolitische Normen Recht, etwa die Satzung eines privaten Vereins oder
das Kirchenrecht. „Recht“ wird dabei hier nur im objektiven Sinn verstanden, nicht
im Sinn von subjektiven Rechten einzelner.
Soziales
R
RR
Recht
Politik
Die Vorlesung wird sich außer auf das Recht auf die Politik als zentrale Form des
Sozialen konzentrieren. Eine These dazu lautet, daß man das Recht im engeren
Sinn nicht ohne Berücksichtigung seiner Form als realisierte Politik verstehen kann.
Deshalb ist die Rechtsphilosophie im Kern auch politische Philosophie.
Aber wir müssen uns das Verhältnis der Begriffe von Recht und Politik etwas genauer ansehen. Dazu ist zu fragen, was eigentlich Begriffe sind und wie sie sich zueinander verhalten.
II. Was sind Begriffe und wie verhalten sie sich zueinander?
Begriffe: = kleinste mentale Einheiten
Die Begriffe stehen zueinander in einer Art Begriffspyramide, die von sehr konkreten Einzelbegriffen (z. B. „München“) über mittelstabstrakte, wie „Stadt“ bis hin zu
sehr abstrakten, wie „Artefakt“, „Ding“ oder „Eigenschaft“ reicht.
Alle Begriffsbildung ist Menschenwerk, also kontingent. Zwischen Begriffen kann
es deshalb kein absolutes, apriorisch-analytisches Verhältnis geben. Allerdings sind
unsere Begriffe um so änderungsresistenter je abstrakter sie sind, weil wir die abstraktesten Elemente unserer Begriffspyramide wegen ihres stärker kohärentistischen (=zusammenhangsbezogenen) Charakters nur im Falle einer fundamentalen
Veränderung unseres Weltbildes aufgeben. Da die Begriffe Politik und Recht relativ
abstrakt sind, sind sie relativ stabil.
Die Abstraktionshierarchie ist gekennzeichnet durch folgende Alternativen des Begriffsverhältnisses:
(1) zufälliger Zusammenhang, Bsp.: „Menschen sind gebildet“
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(2) notwendiger Zusammenhang, Bsp.: „Menschen sind notwendig Lebewesen“
Æ immer wenn jemand ein Mensch ist, dann ist er notwendig ein Lebewesen. Das Lebewesensein ist also eine notwendige Bedingung des
Menschseins, aber nicht alle Lebewesen sind Menschen. Auch Tiere und
Pflanzen sind Lebewesen. Das Lebewesenseinsein ist also nicht hinreichend,
um auf die Eigenschaft des Menschseins zu schließen.
(3) hinreichender Zusammenhang, Bsp.: „Menschsein ist hinreichend um Lebewesen zu sein“ Æ immer wenn jemand ein Mensch ist, ist das hinreichend, um
ein Lebewesen zu sein. Hier wird nun nicht das Lebewesensein, sondern das
Menschsein in den Blick genommen Es handelt sich also um den umgekehrten Aspekt der Notwendigkeitsbeziehung.
(4) notwendiger und hinreichender Zusammenhang, Bsp.: „Menschen lachen“ Æ alle,
aber nur Menschen lachen.
Eine Spezialform des vierten notwendigen und hinreichenden Zusammenhangs ist
die klassische Form der Definition – wie sie zum erstenmal bei Aristoteles auftaucht.
Diese erfolgt mittels nächstem übergeordnetem Gattungsbegriff und der spezifischen Differenz, also zwei notwendigen Bestimmungen, z. B. : „Junggesellen sind
Männer, die nicht verheiratet sind.“
Es ist umstritten, ob es für alle Begriffe oder wenigstens für alle Dingbegriffe, wie
Mensch, Tier, Haus, etc. eine derartige Definition gibt.
Wittgenstein hat die These vertreten, daß alle Gegenstände, die unter einen Begriff
fallen nicht durch ein notwendiges Merkmal verbunden sind, sondern nur im Zusammenhang der Familienähnlichkeit stehen.
Nach Wittgensteins Auffassung sollen sich allgemeine Termini wie „Sprache“ oder
„Spiel“ oder „Zahl“ nicht auf eine „gemeinsame“ Eigenschaft der mit ihnen bezeichneten Gegenstände oder Begriffe niederer Stufe beziehen sondern nur auf
Familienähnlichkeiten: Dazu heißt es in den Philosophische Untersuchungen von
1953, §66:
„Betrachte z. B. einmal die Vorgänge, die wir „Spiele“ nennen. Ich meine Brettspiele, Kartenspiele, Ballspiel, Kampfspiele, usw. Was ist diesen gemeinsam? – Sag nicht: „Es muß ihnen etwas
gemeinsam sein, sonst hießen sie nicht ‘Spiele’“ – sondern schau, ob ihnen allen etwas gemeinsam
ist. – ... – Schau z. B. die Brettspiele an, mit ihren mannigfachen Verwandtschaften. Nun geh’
zu den Kartenspielen über: hier findest Du viele Entsprechungen mit jener ersten Klasse, aber viele
gemeinsame Züge verschwinden, andere treten auf. Wenn wir nun zu den Ballspielen übergehen, so
bleibt manches Gemeinsame erhalten, aber vieles geht verloren. – Sind sie alle ‘unterhaltend’?
Vergleiche Schach mit dem Mühlfahren. Oder gibt es überall ein Gewinnen oder Verlieren, oder
eine Konkurrenz der Spielenden? Denk an die Patiencen. In den Ballspielen gibt es Gewinnen
und Verlieren; aber wenn ein Kind den Ball an die Wand wirft und wieder auffängt, so ist dieser
Zug verschwunden. ... Und so können wir durch die vielen, vielen anderen Gruppen von Spielen
gehen. Ähnlichkeiten auftauchen und verschwinden sehen. Und das Ergebnis dieser Betrachtungen
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lautet nun: wir sehen ein kompliziertes Netz von Ähnlichkeiten, die einander übergreifen und
kreuzen. Ähnlichkeiten im Großen und Kleinen.“
Was bedeutet die Familienähnlichkeitsthese? Wittgenstein nimmt an, daß zwar
nicht alle Mitglieder einer Familie eine Eigenschaft gemeinsam haben, aber wenigstens jedes Familienmitglied mit einem anderen und dieses andere Familienmitglied
wiederum mit einem dritten. Man denke sich als Beispiel eine Musterfamilie. In dieser Musterfamilie hat Anna rote Haare und eine lange Nase, Bernd Annas lange
Nase und blaue Augen, Christine Bernds blaue Augen und abstehende Ohren, Detlef Christines abstehende Ohren und einen schiefen Mund usw.
Fraglich ist nun aber die qualitative Reichweite der Familienähnlichkeitsthese. Dazu
bietet sich eine stärkere und eine schwächere Alternative: Nach der stärkeren Alternative ist bei einem allgemeinen Terminus ausgeschlossen, daß es eine notwendige
gemeinsame Eigenschaft gibt. Nach der schwächeren Alternative ist dagegen nur
ausgeschlossen, daß eine notwendige und hinreichende gemeinsame Eigenschaft oder
Eigenschaftsverbindung besteht. Oder anders formuliert: Die stärkere Alternative
verneint, daß ein Wort wie „Spiel“ irgendein gemeinsames Merkmal impliziert, sei
es auch ein Merkmal, das nicht nur spezifisch für alle Spiele ist, sondern auch für
andere Gegenstände. Ein Beispiel wäre etwa „Vorgang“. Man wird wohl kaum bezweifeln können, daß jedes Spiel ein Vorgang ist. Das Merkmal des Vorgangs ist
aber natürlich nicht spezifisch für Spiele, da es auch nichtspielerische Vorgänge
gibt. Es wäre ein notwendiges, aber kein hinreichendes Merkmal. Jedes Spiel wäre
ein Vorgang, aber nicht jeder Vorgang wäre ein Spiel.
Wittgenstein thematisiert die Unterscheidung der beiden Alternativen nicht explizit.
Allerdings setzen seine Überlegungen zur Familienähnlichkeit mit der Frage nach
dem „Wesentlichen des Sprachspiels, und also der Sprache,“ ein.1 Er fragt, „was
allen diesen Vorgängen gemeinsam ist und sie zur Sprache, oder zu Teilen der Sprache
macht“, nimmt also zumindest an, daß alle Spiele ein „Vorgang“ sind. Dies weist auf
die schwächere Alternative hin. Wittgenstein wollte also nicht bestreiten, daß alle
Spiele eine gemeinsame Eigenschaft haben, sondern lediglich, daß nur alle Spiele
eine gemeinsame Eigenschaft haben und damit schon mit Hilfe dieser gemeinsamen Eigenschaft eindeutig von anderen Gegenständen abgrenzbar sind.
III. Zum Verhältnis von Politik und Recht
Meine erste These zum Verhältnis der Begriffe Politik und Recht (in einem weiteren Sinne) lautet: Beide Begriffe sind wechselseitig weder Unter- noch Oberbegriffe. Für die Politik ist es also nicht begrifflich notwendig in rechtlicher Form ausgeübt oder konstituiert zu werden. Die Geschichte kennt mehr oder minder rechtsfreie politische Regime. Die Erkenntnis, Qualifikation und Legitimation politischer
Entscheider kann, anders als Kelsen im Hinblick auf den Staat annahm,2 auch
durch nichtrechtliche Regeln erfolgen. Umgekehrt ist es für das Recht nicht not1 Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, 1953, § 65.
2 Hans Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl. Wien 1960, S. 120.
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wendig durch politisches Handeln zu Stande zu kommen. Man denke an nicht von
einer politischen Gemeinschaft erlassenes oder auch nur autorisiertes Recht, wie
das Kirchenrecht, das Satzungsrecht privater Gesellschaften, das nur einer Schiedsgerichtsbarkeit unterliegende private internationale Vertragsrecht usw. Manche Politik ist also nicht rechtlich und manches Recht ist nicht politisch. Dennoch ist der
Zusammenhang zwischen Recht und Politik kein bloß zufälliger oder wahrscheinlicher: Recht und Politik haben – so meine zweite zentrale These – mehrere begrifflich notwendige Merkmale gemeinsam, von denen eines in besonderem Maße gegenüber anderen sozialen Phänomenen spezifisch und damit differenzierend ist:
Beide sozialen Phänomene sind notwendig repräsentativ, wobei Repräsentation in einem
weiteren, noch zu erläuternden Sinn verstanden werden soll, also nicht im Sinne
von parlamentarischer versus direkter Demokratie. Das gemeinsame Merkmal der
Repräsentation ist für beide soziale Phänomene nicht nur notwendig, sondern zentral und deshalb auch für die empirischen Prozesse der Politisierung des Rechts und
der Verrechtlichung der Politik wesentlich mitbestimmend. Um das gemeinsame
Merkmal der Repräsentation zu verstehen, werden nachfolgend beide Begriffe zunächst getrennt untersucht.
IV. Der Begriff der Politik
Dabei wähle ich Max Webers Bestimmung des Politischen als Ausgangspunkt, da
sie mir methodisch und sachlich am überzeugendsten erscheint, wobei ich mich auf
die Darstellung in „Wirtschaft und Gesellschaft“ (1922) beschränke. Aus Max Webers Begriffsbestimmungen kann man folgende Abstraktionspyramide des Begriffs
des Politischen konstruieren:
Typ der Handlung
Beispiele
Differenz gegenüber vorheriger
Stufe
1) Einfaches, indivi- Individuelles
Gebet; duelles Handeln
Aufspannen eines Regenschirms
2) Soziales Handeln
Rache für frühere An- Orientieren des eigenen Verhalgriffe; Versuch, dem tens am vergangenen, gegenwärtiAnderen
auszuwei- gen oder künftigen Verhalten Anchen; Schimpfen
derer
3) Soziale Beziehung Freundschaft, Feind- Seinem Sinngehalt nach aufeinanschaft, Marktaustausch der gegenseitig eingestelltes und
dadurch orientiertes Sichverhalten
mehrerer
4) Verband
Kirche, Verein, Familie Eine nach außen regulierend bejeweils mit Leiter
schränkte oder geschlossene soziale Beziehung, wenn die Innehaltung ihrer Ordnung durch das eigens auf deren Durchführung ein-
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gestellte Verhalten bestimmter
Menschen garantiert wird: eines
Leiters und evtl. eines Verwaltungsstabs
5) Herrschaftsverband Familie mit „Hausva- Falls die Mitglieder kraft geltender
ter“
Ordnung Herrschaftsbeziehungen
unterworfen sind. Herrschaft ist
die Chance, für einen Befehl bei
anderen Gehorsam zu finden
6) Politischer Verband Dorfgemeinden, Ver- Herrschaftsverband, sofern sein
bände von Zünften, Bestand und die Geltung seiner
Staaten
Ordnungen innerhalb eines angebbaren geographischen Gebiets
kontinuierlich durch die Anwendung und Androhung physischen
Zwangs seitens des Verwaltungsstabs garantiert werden
Während die Stufen 1-3 der Weberschen Pyramide plausibel erscheinen, lassen sich
die Stufen 4-6 kritisieren: Zwischen den Stufen 3 und 4 fehlen Gemeinschaften ohne Verwalter oder Verwaltungsstab, z. B. Gesprächskreise, Bürgerinitiativen, Skatrunden, Musiktrios, Fahrgemeinschaften, Wohngemeinschaften, die über wechselseitig aufeinander eingestelltes Sichverhalten hinausgehen und ursprüngliche WirIntentionen der Beteiligten einschließen, welche sich nicht auf wechselseitige IchIntentionen reduzieren lassen.3 Auf Stufe 4 finden sich neben der Einhaltung der
Ordnung der Gemeinschaft regelmäßig noch andere Funktionen des Leiters, etwa
die Vertretung der Gemeinschaft nach Außen. Auf Stufe 5 wird politisches Handeln auf die Ausübung von Herrschaft im Sinne von Befehlen festgelegt. Dies erscheint in mehrfacher Hinsicht problematisch. Man wird zwar nicht bestreiten
können, daß politische Repräsentanten regelmäßig Betroffene verpflichten oder
gegen den aktuellen Willen Betroffener handeln. Dabei bleiben sie bei Staatsbürgern aber immer auch Repräsentant desjenigen, gegen dessen aktuellen Willen sie
handeln. D. h. sie handeln in jedem Einzelfall auch für den Betroffenen. Damit verträgt sich der Begriff eines Befehls kaum, denn ein Befehlender befiehlt aus eigener
Machtvollkommenheit und nicht als Repräsentant desjenigen, dem befohlen wird.
Der Arbeitgeber mag seinem Arbeitnehmer befehlen oder der Bauer seinem
Knecht oder der Offizier dem Soldaten, nicht aber die politische Gemeinschaft ihren Bürgern.
Auf Stufe 6 treten schließlich zur Kennzeichnung des politischen Verbands bei
Weber noch zwei Merkmale hinzu: das Territorium und die Androhung physischen
Zwangs. Beide Merkmale sind jedoch zweifelhaft. Während man für Staaten als
spezifischen Typ eines politischen Verbandes im Einklang mit Jellineks Dreiele-
3 Vgl. John Searle, The Construction of Social Reality, Harmondsworth 1995, S. 23ff.
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mentenlehre4 das Merkmal des Territoriums anerkennen muß, wird man für eine
politische Gemeinschaft die Territorialbezogenheit nicht fordern können. Nichts
spricht dagegen, auch repräsentatives Handeln für Nomadenstämme ohne festes
Gebiet als politisches Handeln anzusehen. Umgekehrt können auch nichtpolitische
Gemeinschaften ihre Ordnung auf einem Territorium etablieren, etwa Religionsgemeinschaften oder Unternehmen. Das Merkmal des Territoriums ist also weder
notwendig noch hinreichend, um politische Gemeinschaften von anderen Gemeinschaften mit Repräsentationscharakter abzugrenzen.
Gleiches gilt für die kontinuierliche Anwendung und Androhung physischen
Zwangs, sofern man darunter mehr als die bloße Verpflichtung versteht, denn gezwungen wird auch in anderen Gemeinschaften, etwa in Familien oder Gruppen.
Der Zwang ist ein mögliches Mittel jeden Handelns. Er kommt auf jeder Stufe der
soeben vorgestellten Abstraktionspyramide vor und kann politisches und sonstiges
Handeln deshalb nicht diskriminieren.
Zwei Merkmale grenzen vielmehr das Politische von sonstigen Gemeinschaften ab:
die Repräsentation und der ultimative Entscheidungsanspruch.
a) Repräsentation durch eine Gemeinschaft
Jenseits einfacher Gemeinschaften wie Gesprächskreisen oder Fahrgemeinschaften
stoßen wir auf Gemeinschaften mit eigenständigem gemeinschaftlichem Entscheidungsanspruch für die Mitglieder, wie Religionsgemeinschaften, Unternehmen,
Vereinen aber auch politische Gemeinschaften. Derartige Gemeinschaften repräsentieren ihre Mitglieder, wobei hier zwischen Repräsentation und Vertretung nicht
unterschieden werden soll. „Repräsentation“ erfordert nur „Vertretung im Handeln“, nicht „Vertretung im Wollen.“ Repräsentation soll hier also verstanden werden als
die soziale Zurechnung der Ersetzung, Einschränkung oder Ergänzung unserer Handlungen als
individuell handelnder Individuen durch eine Gemeinschaft. Wir gehen etwa davon aus, daß
politische Entscheidungen unsere eigenen Entscheidungen bewußt und gewollt
ersetzen, einschränken oder zumindest ergänzen. Politik erfordert also die gedankliche Zurechnung von Entscheidungen, die über bloßes soziales und gemeinschaftliches Handeln hinausgehen, indem sie als gemeinschaftliche Handlungen unsere
einfachen, individuellen Handlungen ersetzen, einschränken oder ergänzen – wobei
der Begriff der Repräsentation auch in seinem Prozeßcharakter weit gefaßt wird:
also einschließlich aller Handlungen, die auf die Konstitution der Repräsentation
hinzielen, d. h. den politischen Prozeß der Interessenformulierung, der Wahl, der
Machterringung etc.
Der Begriff der Repräsentation enthält also zwei Momente, ein faktisch-natürliches
und ein sozial-konstruktives: die faktische Handlungs- bzw. Entscheidungsersetzung oder –ergänzung und die soziale Zurechnung. Letztere findet sich bereits bei
Weber,5 wobei Weber die Repräsentation zum einen nicht zum notwendigen
4 Georg Jellinek, Allgemeine Staatslehre, Berlin 3. Aufl. 1920, S. 183.
5 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Kap I, § 11; III, § 21.
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Merkmal des Politischen erhebt und zum anderen nur von einer möglichen Repräsentation der bereits etablierten Gemeinschaft durch Repräsentanten wie den Monarch oder das Parlament spricht, also etwas vollkommen anderes als die hier vorgeschlagene primäre Repräsentation der Bürger durch die politische Gemeinschaft
meint.
Die Annahme von Repräsentation setzt notwendig eine doppelte Akzeptanz von
Repräsentant und Repräsentiertem voraus: Die repräsentierende Gemeinschaft
muß den Willen zur Repräsentation haben. Darüber hinaus müssen aber auch die
Mitglieder der repräsentierten Gemeinschaft von der Repräsentation ausgehen.
Fraglich ist dann natürlich, wie hoch der Prozentsatz der Zustimmung bei den Mitgliedern zu sein hat. Man wird jedenfalls eine klare Mehrheit fordern müssen. Diese
Repräsentationsannahmen der Beteiligten müssen für einen dritten unbeteiligten
Beobachter schließlich zumindest nachvollziehbar sein.
Der Begriff der „Repräsentation“ wird hier also nicht wie in der weithin üblichen
Unterscheidung in direkte und repräsentative Demokratie verstanden. Im Rahmen
dieser Unterscheidung schrumpft der Repräsentationsbegriff zum bloßen Alternativmechanismus der Staatsform. Dies birgt die Gefahr, die Grundstruktur des Phänomens Politik zu verschleiern. Denn: Nicht nur die repräsentative Demokratie ist
repräsentativ. Auch die direkte Demokratie ist es in einem bestimmten Sinne – ja
jede Form politischer Herrschaft, selbst die Diktatur.
Auch in einer Diktatur werden die Staatsangehörigen durch die politische Gemeinschaft repräsentiert, weil ihre Entscheidungen ersetzt, einschränkt oder ergänzt
werden. Der Diktator repräsentiert dann seinerseits auf einer sekundären Ebene die
politische Gemeinschaft. Hitlers Entscheidungen muß man deshalb – auch wenn
sich alles in einem dagegen sträubt – aus einer deskriptiv-interpretatorischen Perspektive – als Repräsentation der politischen Gemeinschaft Deutsches Reich, die
wiederum die damals lebenden Deutschen repräsentiert hat, ansehen. Hitler wollte
Deutschland und die Deutschen repräsentieren und eine Mehrheit hat dies akzeptiert. Allerdings ist mit dieser faktisch- zugerechneten Repräsentation im Handeln natürlich keine normative Repräsentation im Wollen oder den Interessen, keine Legalität oder gar Legitimität impliziert. Jegliche faktisch-zugerechnete Repräsentation
muß klar von einer etwaigen legalen oder gar ethisch legitimen Repräsentation unterschieden werden. Das bedeutet: Auch wenn man zugestehen muß, daß die Entscheidung eines Diktators, wie Hitler, das von ihm regierte Land und damit die ihm
unterworfenen Menschen faktisch repräsentiert, ist diese Repräsentation noch lange
nicht legal, d. h. den positiven Rechtsnormen gehorchend, oder gar ethisch legitim, d.
h. gerecht und gerechtfertigt. Ein großer Teil der politischen Entscheidungen in
Geschichte und Gegenwart waren illegal und illegitim. Trotzdem wird man nicht
umhin können, ihren repräsentativen Charakter anzuerkennen. Man muß vielmehr
noch einen Schritt weitergehen: Man muß realisieren, daß erst die Anerkennung
einer Entscheidung als faktisch repräsentierend die Notwendigkeit ihrer normativen Legalität und Legitimität in einer gehaltvollen, nichttrivialen Weise auslöst.
Denn gerade die Ersetzung der Handlung des Repräsentierten durch den Repräsentanten macht die Repräsentation rechtfertigungsbedürftig.
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Aber was wäre mit einer idealen direkten Demokratie, also einer Demokratie in der
alle Entscheidungen immer direkt von allen betroffenen Bürgern gefällt werden?
Wäre auch sie als repräsentativ zu qualifizieren? Selbst wenn eine derartige permanente und vollständige direkte Demokratie realisierbar wäre, hätte die politische
Entscheidung aller versammelten Bürger ebenfalls repräsentativen Charakter. Denn
auch wenn im Rahmen einer Vollversammlung jeder einzelne beteiligt wird, ist die
Entscheidung doch eine andere als wenn er selbst entscheidet. Denn wenn alle beteiligt sind, kann er nicht wie bei einer Einzelentscheidung in jedem Fall seinen Willen verwirklichen. Die anderen haben entweder ein Vetorecht oder müssen dem
einzelnen zumindest die alleinige Entscheidungsgewalt übertragen. Das bedeutet:
Jede kollektive Entscheidung mit Zukunftswirkung repräsentiert die jeweiligen
Teilnehmer in ihren möglichen Einzelentscheidungen. Auch eine fiktive permanente und vollständige direkte Demokratie wäre demnach in diesem Sinne immer und
notwendig repräsentativ, weil die politische Gemeinschaft die einzelnen Bürger in
ihren Handlungen repräsentiert. Die Vertretung der politischen Gemeinschaft
durch Organe ist ein sekundäres, variables Phänomen.
b) ultimativer Entscheidungsanspruch
Das Merkmal der Repräsentation ist zwar notwendig aber nicht hinreichend um
politisches Handeln von nichtpolitischem Handeln zu unterscheiden, denn Repräsentation findet auch in nichtpolitischen Gemeinschaften statt: Das Unternehmen
repräsentiert die Aktionäre, der Verein die Vereinsmitglieder. Für die Zurechnung
von repräsentierendem Handeln als politisch genügt also nicht nur die einfache repräsentierende Zuständigkeit für eine bestimmte Sachentscheidung, denn auch Unternehmen und Vereine sind in diesem Sinne zuständig. Das spezifische Merkmal
politischen Handelns besteht vielmehr darin, daß die Möglichkeit der Letztentscheidung
mit Aussicht auf Erfolg in Anspruch genommen wird.
Der damit vorgeschlagene Begriff des Politischen ist schwächer als der Souveränitätsbegriff. Es wird nicht gefordert, daß die Letztentscheidungsmöglichkeit von der
politischen Gemeinschaft für alle oder die wesentlichen politischen Sachfragen beansprucht wird. Ausreichend ist, daß dies für eine politische Sachfrage geschieht. Damit ergibt sich folgende Kaskade der Abstraktionsbestimmungen des Politischen:
Typ der Handlung
Beispiele
1) Natürliche Tatsache, Armbewegung
Verhalten
2) Einfaches, individuelles Individuelles Gebet; AufHandeln
spannen eines Regenschirms
3) Soziales Handeln
Rache für frühere Angriffe; Versuch, dem Anderen
auszuweichen; Schimpfen
Abgrenzung gegen vorherige Stufe
Handlungsintention
Orientierung des Verhaltens am vergangenen, gegenwärtigen oder künfti-
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gen Verhalten Anderer
4) Soziale Beziehung = Freundschaft, Feindschaft, Handlungsbezogene WirTatsache/ partiell gemein- Marktaustausch
Intention
schaftliches Handeln
5) Gemeinschaft
Band, Skatrunde, Wohn- Gemeinschaftsbezogene
gemeinschaft, Gesprächs- Wir-Intention
kreis,
6) Repräsentation der Mit- Der Verein entscheidet für Repräsentation
glieder durch die Gemein- seine Mitglieder
schaft
7) Politisches
Handeln/ Die Bundesrepublik Deut- Anspruch auf die MögPolitische Gemeinschaft
schland trifft die letzte lichkeit der letzten KonEntscheidung über die fliktentscheidung wird mit
Wirtschaftsordnung
gewisser Aussicht auf Erfolg erhoben
V. Der Begriff des Rechts
Meine zentrale These zum Begriff des Rechts lautet: Die Stufen 1-6 der Pyramide
zur Bestimmung des Begriffs des Politischen lassen sich auch auf den Begriff des
Rechts anwenden. Es dürfte zunächst kaum zweifelhaft sein, daß das Recht als natürliche Tatsache durch soziales Handeln zu Stande kommt und in einer sozialen
Beziehung besteht (Stufen 1-4). Darüber hinaus setzt das Recht den Bezug auf eine
gemeinsame Entscheidungsgrundlage voraus, also eine wenigstens rudimentäre
Gemeinschaftsbildung (Stufe 5). Dies gilt per definitionem für staatliches Recht. Es
ist aber auch kaum zweifelhaft für das Vereinsrecht und das Kirchenrecht, das sich
auf bestehende Gemeinschaften bezieht. Es gilt schließlich selbst für das Völkerrecht und das internationale Vertragsrecht. Im ersten Fall wird auf die Völkerrechtsgemeinschaft Bezug genommen, im zweiten Fall eine gemeinsame Schiedsgerichtsbarkeit eingesetzt. Nicht ausreichend für die Annahme von Recht sind also
bloße einseitige Befehle, Gewohnheiten oder einfache private Vereinbarungen.
Fraglich mag dagegen erscheinen, ob das Recht auch repräsentativ im Sinne der
Stufe 6 ist. Sind nicht bereits die Regeln und Gewohnheiten einfacher Gemeinschaften, wie Fahrgemeinschaften, Wohngemeinschaften und Skatrunden als Recht
anzusehen? Bereits die Alltagsverwendung des Wortes „Recht“ ist ein Gegenargument. Wenn Skatrunden oder Fahrgemeinschaften Normen entwickeln, sprechen
wir nicht von „Recht“, sondern von „Vereinbarungen“, „Plänen“, „Gewohnheiten“ oder „Regeln“. Diese Normen haben zwar einen gewissen verpflichtenden
Gehalt, aber der faktisch-gemeinschaftliche Charakter der Regel überwiegt. Es fehlt
an der Vorstellung einer Ersetzung oder -ergänzung der Handlungen des einzelnen,
durch die Handlungen der Gemeinschaft und ihrer Organe. Jede Regel gilt nur soweit und solange jeder einzelne beteiligt bleibt. Anders beim Recht: Dort tritt der
handlungsersetzende bzw. –ergänzende und damit verpflichtende Charakter in den
Vordergrund. Dieser verpflichtende Charakter setzt aber die klare Trennung des
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Verpflichtenden und des Verpflichteten voraus, also im Rahmen einer Gemeinschaft eine Form von Repräsentation.
Bei primitiven Stammesgesellschaften ist der Übergang vom bloßen Brauch zum
Recht naturgemäß fließend. Er läßt sich aber vielleicht dort ansetzen, wo mehr als
eine bloße Vereinbarung zwischen den Betroffenen oder eine interpersonale Konfliktregelung besteht, wo sich also eine Art Schiedsgerichtsbarkeit etabliert, welche
die Entscheidung mit einem gewissen eigenen Entscheidungsmandat trifft und
nicht nur als Mediator einer Vereinbarung zwischen den unmittelbar Betroffenen
fungiert.
Mit dem Merkmal 6 der Repräsentation ist aber die Gemeinsamkeit der Begriffe
„Politik“ und „Recht“ (in einem weiteren Sinne) erschöpft. Der Anspruch auf die
letzte Konfliktentscheidung, also die Stufe 7 des Politikbegriffs, ist allenfalls für
einen Rechtsbegriff im engeren Sinne notwendig. Das Vereinsrecht erhebt etwa
keinen derartigen Anspruch. Auf der anderen Seite benötigen wir noch zusätzliche
Merkmale, um die rechtliche Repräsentation von einfacher politischer Repräsentation, aber auch anderen sozialen Regeln zu unterscheiden. Dazu dient die Form des
Rechts. Gegenüber der einfachen Unterredung oder Verhandlung wird die Rechtssetzung in einer formalen Abgrenzung manifestiert – etwa im Urteilsspruch des
Schiedsrichters. Das Recht besteht notwendig aus sprachlichen Äußerungen, unter
denen sich auch verpflichtende Verhaltensnormen befinden, während die Politik
rein faktisch handlungsersetzend – bzw. ergänzend bleiben kann. Man muß das
Recht überdies von bloßen einfachen politischen Willensbekundungen, etwa außenpolitischen Doktrinen, wie der Monroe-Doktrin, der Breschnew-Doktrin oder
der Hallstein-Doktrin unterscheiden. Das Recht muß deshalb vom Rechtssetzer
selbst als Teil eines Corpus von wichtigen und überwiegend strikt gebietenden
Normen ausgewiesen werden.6 Dies setzt eine Form der „Setzung“ des Rechts voraus.
Verschiedentlich wird darüber hinaus als weiteres notwendiges Merkmal des Rechts
auch seine soziale Wirksamkeit gefordert. Dieses Erfordernis kann aber sicher nicht
uneingeschränkt gelten, denn neu erlassene Gesetze sind Recht, auch wenn ihre
Wirksamkeit noch gar nicht beurteilt werden kann. Man muß also eine Zeitbedingung hinzunehmen. Die Zeitbedingung konstituiert die Geltung des Rechts. Sie ist
auch angesprochen, wenn ein Gesetz erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft
gesetzt, also als geltend bezeichnet wird. Man muß also strikt zwischen dem Recht
an sich und seiner Geltung unterscheiden. Wenn Rechtsnormen überhaupt nicht
wirksam sind, so verlieren sie nach gewisser Zeit ihre Geltung. Es handelt sich aber
immer noch um Recht. Die Wirksamkeit ist damit kein notwendiges Merkmal des
Rechts, sondern nur seiner Geltung.
Das Ergebnis der Überlegungen zum Verhältnis von Politik und Recht lautet also,
daß beide sozialen Phänomene in wesentlichen Grundelementen übereinstimmen.
Diese Übereinstimmung setzt sich bis zum relativ spezifischen Merkmal der Repräsentation fort. Trotzdem stehen beide Begriffe nicht im Zusammenhang der Unter6 Vg. Dietmar von der Pfordten, Rechtsethik 2001, S. 12, 65.
15
oder Überordnung, denn wir kennen Politik, die nicht rechtsförmig ist und wir
kennen Recht in einem weiteren Sinne, das nicht politisch ist. Politik und Recht
unterscheiden sich in notwendigen Merkmalen: Die Politik nimmt die letzte ultimative Konfliktentscheidung für sich in Anspruch. Das Recht setzt eine gewisse Form
voraus.
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