Sicherheit von deutschen Kernkraftwerken gegen Erdbeben: Überblick Die Sicherheit von Kernkraftwerken gegen die Einwirkung von Erdbeben ist eine zentrale Forderung der internationalen und nationalen Regelwerke. Der Nachweis dieser Sicherheit ist Aufgabe von Planern, Erbauern und Betreibern bzw. Genehmigungsinhabern eines Kernkraftwerkes. Ohne einen solchen Nachweis kann in Deutschland kein Kernkraftwerk ans Netz gehen. Obwohl die Erdbebentätigkeit in Deutschland vergleichsweise gering ist, wurde die Auslegung gegen sehr seltene Erdbeben schon früh erforscht und in die Praxis umgesetzt. Für Genehmigungsinhaber und Betreiber von Kernkraftwerken ist die Auslegung der Anlagen gegen sehr seltene Erdbeben dabei prioritär eine Sicherheitsfrage: Sicherheit hat oberste Priorität. Aber darüber hinaus gilt es nicht nur so zu bauen, dass auch äußerst seltene Ereignisse nicht zu Unfällen führen können, sondern auch so zu bauen, dass diese Anlagen über Jahrzehnte ihrer Betriebszeit nicht wesentlich durch seismische Ereignisse bei der Stromproduktion beeinträchtigt werden. Dies erfordert eine tiefgehende Kenntnis der örtlichen Verhältnisse, der Erdbeben-Situation an den Standorten mit Bestimmung der ingenieurseismologischen Auslegungsparameter, darauf abgestimmte Bauweise sowie entsprechende Auslegung der Anlagentechnik. Gesetzliche Regeln: In Deutschland wird die Vorgehensweise zur Bestimmung der seismischen Einwirkungen durch die Regeln des kerntechnischen Ausschusses geregelt. Diese Regel wird regelmäßig überprüft, um dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik zu entsprechen. Auch werden die Vorgaben der internationalen Normung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, die ebenfalls regelmäßig erneuert werden, einbezogen. Dabei soll dasjenige Erdbeben als Auslegungsgrundlage herangezogen werden, welches mit einer Wahrscheinlichkeit von 10-5/Jahr, also ein Mal in 100.000 Jahren, auftreten kann. Darüber hinaus wird bei Planung und Bau sehr konservativ vorgegangen mit dem Ergebnis, dass in der Praxis die Sicherheit auch bei weitaus unwahrscheinlicheren Erdbeben gegeben ist. Vorgehen bei der Auslegung Für jedes Gebäude und jede Anlage weltweit lassen sich anhand der Analyse von Erdbeben in der Vergangenheit und der Kenntnis der tektonischen Verhältnisse Aussagen zum zukünftigen Erdbebenrisiko treffen, insbesondere zur maximal zu erwartenden Intensität. Basierend auf dem so ermittelten seismischen Gefährdungspotenzial können durch besondere konstruktive Ausbildung der Gebäudestruktur die Schadenswirkungen von Erdbeben verhindert bzw. abgemildert werden. So sind unsere Kernkraftwerke gegen ein so genanntes Bemessungserdbeben ausgelegt. Das Bemessungserdbeben ist ein nach wissenschaftlichen Grundsätzen maximal mögliches Erdbeben im Umkreis von 200 km um die Anlage. Dazu wird für jeden Standort ein seismologisches Gutachten erstellt. Grundlage dafür sind historische Erfahrungen sowie konkrete Standort- bzw. Bodenverhältnisse. Denn entscheidend für die Auslegung der Anlage ist nicht ein Wert auf der Richterskala, sondern die zu erwartende Intensität eines Bebens am Standort des Kraftwerks. Die Intensität ist dabei definiert als ein standortabhängiges Maß für die Wahrnehmbarkeit und die Zerstörungskraft eines Erdbebens an einem bestimmten Ort. Sie ist u.a. abhängig von Energiefreisetzung am Erdbebenherd, Herdtiefe, Distanz des Standorts von einem möglichen Epizentrum und vom Untergrund am betrachteten Standort. Die Intensität charakterisiert das aufgetretene Beben und beschreibt seine Auswirkungen auf Menschen, Gebäude und Natur. Maßgeblich für die Auslegung von Gebäuden ist die aus der Intensität abgeleitete Bodenbeschleunigung. Aus der Bodenbeschleunigung wird ein zeitabhängiges Beschleunigungsspektrum abgeleitet, das als Grundlage für die Untersuchung des erdbebenbedingten Schwingungsverhaltens von Bauwerken, Systemen und Komponenten dient. Daraus werden dann die physikalischen Größen für die Auslegung des Bauwerks und seiner einzelnen Bestandteile gegen die zu erwartende maximale Intensität und die daraus resultierenden, auf das Bauteil wirkenden Kräfte bestimmt. Alle Bauteile, Systeme und Komponenten werden dabei klassifiziert je nach bei oder nach Erdbeben erforderlichen sicherheitstechnischen Funktionen. Bild: Beispiel für eine Rohrleitung