Faces of Interior | 3-2014 | Law Struktur Hochglanz: Für Ihre brillanten Ideen. Mit ihrem extravaganten Spiegeleffekt zieht die Struktur HG Hochglanz alle Blicke auf sich. Kombinierbar mit allen Trägern und Dekoren unserer DST-Kollektion, darüber hinaus lieferbar als HPL und als Verbund element (auf Wunsch auch mit PUR-Verklebung) in ��� verschie denen Dekoren. Das Pfleiderer-Magazin für Innenarchitekten LAW faces of interior Faces | Ausgabe 3-2014 Einführung Umnutzung ehemaliger Haftanstalten Porträts Insel Alcatraz, 100% interior, 1 · 13.000 · 9/2014 · 34583629 Hohensinn Architektur Referenz Kanzlei Hopfgarten in Wuppertal Pfleiderer Holzwerkstoffe GmbH ∙ Ingolstädter Straße �� ∙ D-����� Neumarkt ∙ [email protected] ∙ www.pfleiderer.com 01_titel.indd 1 08.08.2014 10:39:02 w Impressum Editorial Herausgeber Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Pfleiderer Holzwerkstoffe GmbH Ingolstädter Straße 51 Bauten rund um das Thema „Law“, 100% interior aus Köln und Hohen- D-92318 Neumarkt angefangen bei Kanzleien über sinn Architektur aus Graz. www.pfleiderer.com Gerichtsgebäude bis hin zu Justizvoll- Als Referenzobjekt zeigen wir Ihnen zugsanstalten, stellen eine sensible, die von der Innenarchitektin Marit Verlag anspruchsvolle Bauaufgabe dar. Was Trötschel mit ihrem Büro INNsbeson- Gesellschaft für Knowhow- passiert mit Gefängnissen, wenn sie dere gestaltete Kanzlei Hopfgarten Transfer in Architektur nicht mehr benötigt werden oder in Wuppertal. Im Komplex Ohligs- und Bauwesen mbH den aktuellen Anforderungen nicht mühle, geplant von den Düsseldorfer Fasanenweg 18 mehr genügen? Bedingt durch die Architekten HPP Hentrich-Petsch- D-70771 Leinfelden-Echterdingen bestehenden Grundrisse und den ge- nigg & Partner, hat das Anwaltsbüro Verlagsleitung: Kristina Bacht schichtlichen Kontext kommt längst einen adäquaten Standort gefunden. nicht jede Umnutzung infrage. Passend zum Heftthema gehen Redaktion An Beispielen aus Helsinki, Gernsbach (Innen-)Architekten im Rahmen der Stefan Brommler (Pfleiderer) und Berlin zeigt Christian Schönwetter Statements mit den aktuellen Bau- Stefan Göldner (Pfleiderer) in seinem Leitartikel „Freiwillig ins gesetzen ins Gericht. Eva-Maria Janka (Pfleiderer) Gefängnis“ auf, welchen alternativen Abschließend präsentieren wir unsere Nathalie Martin (GKT) Bestimmungen ehemalige Haftanstal- optimierten Hochglanzoberflächen Marina Schiemenz (GKT) ten heute bereits zugeführt wurden. für Plattenwerkstoffe und freuen uns Cornelia Krause (GKT, Leitung) Hintergründe zum weltweit ersten, als gemeinsam mit Ihnen über zwei wun- Passivhaus ausgeführten Justizzentrum derbare Auszeichnungen. Gestaltung verraten die planenden Büros Dieter Populärgrafik, D-Stuttgart Mathoi Architekten und DIN A4 Archi- Ich wünsche Ihnen viel Freude mit der tektur aus Innsbruck im Interview. neuen Ausgabe der „Faces of Interior“, Druck In unserem historischen Porträt hofmann infocom GmbH, stellen wir Ihnen die Architektur D-Nürnberg des berüchtigten „Knasts“ auf der Insel Alcatraz vor. Zeitgenössische Für die Adressdatenverwaltung (Innen-)Architektur für Exekutive ist der Verlag verantwortlich. und Judikative entwerfen die Büros 02_inhalt_editorial.indd 2 Stefan Brommler, Leiter Objektberatung 08.08.2014 10:41:49 Inhalt 4 12 16 22 Einführung Interview Porträts Referenz „Freiwillig ins mit Dieter Mathoi Insel Alcatraz Kanzlei Hopfgarten Gefängnis“ von Architekten und 100% interior in Wuppertal Christian Schönwetter DIN A4 Architektur Hohensinn Architektur 28 30 Statements Unternehmen Gesetze, wie sie sich Aktuelles von (Innen-)Architekten Pfleiderer Titelfoto: ©Fotolia.com/Dmytro Smaglov wünschen würden Inhalt | Law | Faces 3-2014 | 3 02_inhalt_editorial.indd 3 08.08.2014 10:41:49 03_leitartikel.indd 4 08.08.2014 10:43:58 Freiwillig ins Gefängnis von Christian Schönwetter Niemand geht aus freien Stücken in eine Haft- Großraum- oder Kombibüro handelt). Doch die anstalt – es sei denn, das Gebäude dient inzwi- meisten Firmen fürchten Imageprobleme, wenn schen anderen Zwecken. Immer wieder kommt sie ihre Arbeitnehmer in einem ehemaligen es vor, dass ein Gefängnis als Institution nicht „Knast“ unterbringen. mehr benötigt wird oder als Bauwerk hoff- Stattdessen ziehen dort auffällig oft Hotels nungslos veraltet ist und sich deshalb für einen oder Herbergen ein. Auch für sie ist der typische zeitgemäßen Haftbetrieb nicht mehr eignet. Grundriss wie geschaffen, die Betreiber verste- Immer wieder kommt es daher auch vor, dass hen es darüber hinaus aber auch, die Vergan- solche Bauten aufgegeben werden und irgend- genheit des Gebäudes zu ihrem Vorteil zu nut- wann unbescholtene Bürger Räume nutzen zen: Für den kurzen Aufenthalt der Gäste lassen können, in denen einst Gesetzesbrecher lebten. sich dicke Wände und schwere Schlösser als Und immer wieder stellt sich dabei die Frage, besonderes Raumerlebnis verkaufen. So diente welche Art von Umwandlung sinnvoll ist, vor in Kassel eine aufgegebene Haftanstalt während welche Probleme Gefängnisse ihre neuen Besit- der documenta temporär als Schlafstätte für zer stellen oder welche Möglichkeiten sie im Besucher, in Stockholm richtete sich die Jugend- Gegenzug bieten. herberge „Långholmen“ dauerhaft ein und im Die Suche nach einer neuen Verwendung ist Helsinkier Stadtteil Katajanokka eröffnete die nicht ganz einfach. Denn wegen ihrer besonde- Best-Western-Kette gar ein Vier-Sterne-Hotel ren Grundrissstruktur aus aneinandergereihten innerhalb der ehemaligen Gefängnismauern. Rückblende: Gäste des Restaurants „Jailbird“ können hier eine Originalzelle des ehemaligen Gefängnisses in Helsinki sehen. Foto: Best Western Premier Hotel Katajanokka gleichförmigen Zellen eignen sich ehemalige Justizvollzugsanstalten nicht für jeden Zweck. Eine Nacht im Knast Wohnungen etwa lassen sich nur schwer Das ortsansässige Architekturbüro SARC hatte implementieren, da sie Räume unterschied- hier die Aufgabe, modernen Komfort in die licher Größe erfordern. Der Aufwand für das spartanisch ausgestattete Anstalt zu brin- Herausbrechen von Zwischenwänden oder das gen, die zwischen 1832 und 1888 im Osten der Anbauen von Balkonen ist meist so groß, dass finnischen Hauptstadt errichtet worden war. sich eine Wohnnutzung nicht wirtschaftlich Zunächst einmal legten die Architekten je zwei umsetzen lässt. Als Büro würde sich manches Zellen zu einem Hotelzimmer zusammen, um Gefängnis schon besser eignen, denn die Anlage genügend Platz für den Einbau eines Bads pro mit Mittelflur und angrenzenden Einzelräumen Einheit zu erhalten. Doch nicht nur der Grund- entspricht recht genau dem klassischen Büro- riss bedurfte einer Überarbeitung: Weil die Zel- grundriss, bei dem man ja nicht zufällig vom lenfenster weit über Kopfhöhe lagen, fiel zwar „Zellenbüro“ spricht (sofern es sich nicht um ein genügend Licht in die Räume, doch die Zimmer Einführung | Law | Faces 3-2014 | 5 03_leitartikel.indd 5 08.08.2014 10:43:58 Fotos: Best Western Premier Hotel Katajanokka Der klassische Zellengang der einstigen Haftanstalt ließ sich in einen freundlichen Hotelflur umwandeln (oben). Gäste der Restaurantterrasse können erst auf den zweiten Blick die ursprüngliche Nutzung erkennen (rechte Seite). boten keine Aussicht – außer auf den Himmel. wie ihn nur wenige moderne Hotels bieten. Im Für die Umnutzung zum Hotel mussten also Hauptkorridor mit seinen Galerien auf mehreren neue, tiefer liegende Öffnungen in die Außen- Ebenen, die einst den Wärtern einen optima- wände gebrochen werden. Spielerisch verteilen len Überblick gestatteten, lässt sich die frühere sich diese Fenster nun über die Fassaden, mal Gefängnisatmosphäre noch immer erahnen, im Hoch-, mal im Querformat angeordnet. Stets während es beim Restaurant im Souterrain bleiben sie aber kleiner als die Bestandsöff- vor allem der Name „Jailbird“ ist, der auf die nungen, um den Charakter des Gebäudes nicht Vergangenheit der Räume verweist. In diesem zu stark zu verfälschen. Mit ihrer schlichten Geschoss blieb jedoch eine Zelle im Originalzu- Gestaltung, ihren schlanken Metallrahmen und stand erhalten, sodass Gäste sich heute noch ihren außen bündig in der Wand sitzenden ein authentisches Bild von der ursprünglichen Glasscheiben unterscheiden sie sich deutlich Nutzung des Gebäudes machen können. von den vorhandenen Holzsprossenfenstern, die etwas weiter innen angebracht sind. In den Unter schweren Gewölben Räumen erzeugen sie eine besonders tiefe Lai- Auch das ehemalige Amtsgefängnis von Gerns- bung. Diese wurde abgeschrägt, sodass mehr bach bei Karlsruhe fungierte zeitweise als Licht in die ehemaligen Zellen fällt und ein Herberge, inzwischen ist es jedoch für andere Schießschartencharakter der kleinen Öffnungen Zwecke adaptiert worden. 1879 errichtet, diente vermieden wird. es zunächst der Unterbringung von Kleinkri- Als besonderer Vorteil für die Hotelzimmer minellen und Landstreichern, bis es 1920 als erwiesen sich die dicken Korridorwände mit Jugendherberge genutzt wurde. Nach dem Zwei- Stärken von bis zu einem Meter. Sie boten ten Weltkrieg verwendeten es die französischen einerseits ausreichend Platz für das Verlegen Besatzungstruppen dann wieder als Arrest- aller neuen Leitungen, die für eine moderne lokal. Nach jahrelangem Leerstand fand sich Haustechnik nötig sind. Andererseits sorgen sie 2007 schließlich ein Ehepaar, das das Gebäude für einen außerordentlich guten Schallschutz, erwarb. Dass es nie ein Hochsicherheitstrakt 6 | Faces 3-2014 | Law | Einführung 03_leitartikel.indd 6 08.08.2014 10:43:59 Einführung | Law | Faces 3-2014 | 7 03_leitartikel.indd 7 08.08.2014 10:44:01 Foto: Jürgen Gocke/Siedle Weder Schlösschen noch Villa: Das heutige „Chateau Prison“ wurde einst als Amtsgefängnis errichtet. war, sondern mit seinen reich geschmückten tung des Wortes „Massivbau“ sofort begreiflich Gründerzeitfassaden einen recht freundlichen zu machen. Um das überlieferte Erscheinungsbild Eindruck machte, erleichterte die Umwidmung. im Gebäudeinneren nicht unnötig durch tech- Im Dach- und im Oberschoss richtete sich das nische Einbauten zu stören, wurde überall ein Paar eine Wohnung ein, im Hochparterre ver- neuer Boden eingebaut, in den sich Leitungen, mietet es Büros und im Souterrain eine Ferien- vor allem aber auch die Heizung unsichtbar inte- wohnung sowie Veranstaltungsräume, die regel- grieren ließen. Sämtliche alten Zellentüren, die mäßig für Hochzeiten, Tagungen oder Betriebs- noch vorhanden waren, haben die Bauherren feiern gebucht werden. bewahrt. Eine Besonderheit sind die Luken, die Auch hier wusste man die Geschichte des Bau- sich in Bodennähe neben den Türen befinden. werks geschickt zu nutzen: Die Räume werden Durch sie reichten die Häftlinge einst ihren unter dem Namen „Chateau Prison“ vermarktet. Nachttopf nach draußen. Auch an den Fassaden Tatsächlich bieten sie eine besondere Atmo- sind mit einigen Eisengittern vor den Fenstern sphäre. Im ganzen Gebäude gibt es keine fla- noch beredte Spuren erhalten, die selbst nach chen Decken, sondern nur schwere Gewölbe, Jahrzehnten die ursprüngliche Bestimmung des die im Souterrain aus Sandstein, in den oberen Bauwerks noch erkennen lassen. Geschossen aus Ziegel bestehen. Sowohl die Gewölbe als auch die Mauern mit ihren beein- Politische Dimension druckenden Wandstärken von 60 bis 90 Zentime- Heikel ist die Nachnutzung von ehemaligen tern sind geeignet, jedem Betrachter die Bedeu- Haftanstalten für politische Gefangene. Hier ist 8 | Faces 3-2014 | Law | Einführung 03_leitartikel.indd 8 08.08.2014 10:44:02 besonderes Fingerspitzengefühl gefragt, denn durch das Unrecht, das den Insassen an solchen Orten häufig widerfahren ist, verbietet sich die Überformung mit einer Spaß- und ErlebnisArchitektur. Stattdessen liegt die Einrichtung einer Gedenkstätte, zumindest in Teilen des Gebäudes, als angemessene Reaktion auf die Geschichte nahe. In Erfurt etwa erinnert in der ehemaligen Justizvollzugsanstalt, die heute größtenteils Büros aufnimmt, ein Gedenkort an Mit Respekt vor dem historischen und politischen Hintergrund Hohenschönhausens ließen die Planer den größten Teil des Gebäudekomplexes unangetastet (oben). Die neue Dauerausstellung erinnert auf einer Fläche von 700 Quadratmetern an die Schicksale der Opfer (links). die dort inhaftierten Stasi-Gefangenen. Noch weiter ging man in Berlin: Das ehemalige Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen im Norden der Stadt wurde als Ganzes zur Gedenkstätte, zu einem Museum seiner selbst umgewidmet. Seit 1946 hatte es als zentrales sowjetisches Fotos: Bernd Hiepe Untersuchungsgefängnis für Ostdeutschland gedient, 1951 war es vom Ministerium für Staatssicherheit übernommen worden, das dort bis 1989 Tausende politisch Verfolgte festhielt Einführung | Law | Faces 3-2014 | 9 03_leitartikel.indd 9 08.08.2014 10:44:04 Die authentischen Räume sind Ort der geschichtlichen Auseinandersetzung und zugleich eine Mahnung für die Zukunft (rechte Seite). und verhörte, häufig in Kellerverliesen ohne den aufgearbeitet, Tapeten geflickt und eine Fenster. Schon kurz nach der Wende hatte der Schrankwand repariert, um den ursprünglichen Senat die Anlage unter Denkmalschutz gestellt Raumeindruck wieder erlebbar zu machen. und eine provisorische Gedenkstätte eingerich- Der Garagentrakt erfuhr eine stärkere Überar- tet. Diese ist nun – 25 Jahre nach dem Mauerfall beitung. Da er nie für den dauerhaften Auf- – neu gestaltet worden, um den wachsenden enthalt von Menschen geplant war, musste Besucherzahlen gerecht zu werden. er im Zuge der Umnutzung gedämmt werden, HG Merz Architekten wählten dafür eine Dop- was unauffällig von innen geschah. Die Ein- pelstrategie. Alles, was an neuer musealer fahrten wurden mit rahmenlosen Glasscheiben Infrastruktur nötig war und starke bauliche geschlossen, die je nach Lichteinfall kaum sicht- Eingriffe erforderte – Kasse, Garderobe, Toilet- bar sind. Die alten Holztore blieben erhalten. ten, Seminarräume, Shop und Café –, ist in den Wenn sie geschlossen sind, wirkt die Garagen- ehemaligen Garagen untergebracht. Dadurch anlage noch genau so, wie sie auf alten Foto- konnte im Gegenzug der Gefängnistrakt, der grafien dokumentiert ist. Damit kommt sie dem eigentliche Ort des Grauens, weitgehend unver- Ziel, die Gesamtanlage möglichst unverändert ändert erhalten werden und steht nun als für die Nachwelt zu bewahren, recht nahe. authentisches Anschauungsobjekt zur Verfügung. Er ist das wichtigste „Exponat“ der Aus- Was bringt die Zukunft? stellung. Neu hinzugefügte Elemente bleiben Die hier vorgestellten Beispiele werden sicher daher auf Distanz zum Bestand. Ein hellgrauer nicht die letzten aufgegebenen und einer neuen Steg, der Abstand von Boden und Wänden Bestimmung zugeführten Gefängnisse sein. Was hält, führt durch die Räume. Mal weitet er sich werden künftige Generationen mit den moder- zu einer Insel im Raum, mal wächst er in die nen Justizvollzugsanstalten von heute anfan- Höhe und bildet eine Vitrine oder eine Ausstel- gen? Und was wird einmal mit den politisch lungswand. Er wurde reversibel eingebaut und aufgeladenen Inhaftierungsorten unserer Zeit, dient nicht zuletzt dazu, die originalen Böden etwa mit Guantanamo, geschehen? Solange zu erhalten und vor zu starkem Verschleiß zu Arreststandards sich ändern oder Unrechts- schützen, der bei über 300.000 Besuchern im regime zusammenbrechen, wird eines stets Jahr zu befürchten ist. In den Verwaltungsräu- aktuell bleiben: die Frage nach der Zukunft von men der Stasi-Mitarbeiter wurden Teppichbö- Gefängnisbauten der Vergangenheit. Christian Schönwetter 1972 in Bernkastel-Kues geboren, lebt und arbeitet in Stuttgart. Er studierte Architektur an der Universität Karlsruhe (heute KIT) und wirkte dort im Sonderforschungsbereich „Erhalten historisch bedeutsamer Bauwerke“ mit. Heute ist er Chefredakteur der von ihm gegründeten Zeitschrift „Metamorphose – Bauen im Bestand“ und als Redakteur der „db-Metamorphose“, freier Journalist sowie Architekturkritiker tätig. 10 | Faces 3-2014 | Law | Einführung 03_leitartikel.indd 10 08.08.2014 10:44:04 Foto: Bernd Hiepe Einführung | Law | Faces 3-2014 | 11 03_leitartikel.indd 11 08.08.2014 10:44:05 Foto: Markus Bstieler 12 | Faces 3-2014 | Law | Interview 03b_interview.indd 12 08.08.2014 10:46:09 Hervorragend geeignet Faces im Gespräch mit DIN A4 Architektur und Dieter Mathoi Architekten aus Innsbruck (Österreich) Faces: Ihr Büro setzte sich 2008 im offenen Wett- neues Stadtteilzentrum zu schaffen. Durch das bewerb für das Justizzentrum Korneuburg unter Auseinanderrücken der beiden Bauteile entstand 34 Teilnehmern durch, obwohl DIN A 4 sich bis zu der öffentliche Stadtteilplatz, der landschafts- diesem Zeitpunkt überwiegend im Wohnungsbau planerisch gestaltet wurde und einerseits als qualifizierte. Welche Konsequenzen hatte diese Entrée für Gerichtsgebäude und Justizanstalt Wettbewerbsentscheidung für Ihr Büro? Die Wartebereiche des Gerichtsgebäudes liegen in den lichtdurchfluteten Innenhöfen. und andererseits als Zentrum des neu entwickelten Stadtteils dient. Eine weitere Heraus- DIN A4 Architektur: Ein großer Teil unserer Arbei- forderung bestand darin, zwei von der Funktion ten beschäftigt sich mit dem Wohnbau, aller- sehr unterschiedliche Bauteile zu einem Ganzen dings nicht nur. Wir haben beispielsweise im zusammenzufassen. Die beiden Gebäude wur- Jahr 2006 den EU-weit ausgeschriebenen Wett- den mit gleichen Fassadenmaterialien versehen. bewerb für den Neubau des Universitätsgebäudes Das Gericht wird mit einem hohen Anteil an für Chemie und Medizin in Innsbruck gewonnen offenen Elementen klar als öffentliches Gebäude und bis 2012 realisiert. Ein weiterer Schwerpunkt und die Justizanstalt mit einem geringeren unserer Tätigkeit liegt im Bereich Industrie- und Anteil an offenen Elementen als introvertiertes Bürobau. Auch hier haben wir national wie auch Gebäude wahrgenommen. international Projekte realisiert. Diese Wettbewerbsentscheidung hatte keine speziellen Kon- DIN A4 Architektur: Eine Herausforderung zu sequenzen, wir konnten unser erarbeitetes Wis- Beginn des Projektes bestand für uns darin, den sen als Generalplaner aus dem Projekt Chemie- Bauherrn und den Nutzer davon zu überzeugen universität einsetzen sowie die Erfahrungen die zukunftsweisende Passivhaustechnologie unserer Mitarbeiter nutzen, weiterentwickeln einzusetzen, um ein nachhaltiges Bauwerk zu und unser Wissen im Bereich Passivhausbau ein- errichten. Die beiden Gebäude wurden dann fließen lassen. auch zertifiziert und im Oktober 2013 wurden die Passivhauszertifikate überreicht. Im April 2014 Faces: Wo lagen die Besonderheiten und Heraus- folgte die Auszeichnung „klima:aktiv Gold“-für forderungen beim Bau eines Justizzentrums, und das Justizzentrum. speziell bei Korneuburg? Faces: Korneuburg ist das erste Justizzentrum Dieter Mathoi Architekten: Die besondere He- weltweit, das als Passivhaus realisiert wurde. rausforderung beim Neubau des Justizzentrums Wie kam es zu dieser für die Nutzungsart und Korneuburg war, mit nur zwei Baukörpern ein Größe ungewöhnlichen Bauweise? Interview | Law | Faces 3-2014 | 13 03b_interview.indd 13 08.08.2014 10:46:09 Fotos: Markus Bstieler Der Gefängnistrakt und das Gerichtsgebäude bilden eine ästhetische Einheit. DIN A4 Architektur: Da unser Büro bereits zu die- Dieter Mathoi Architekten: Wir haben wei- sem Zeitpunkt große Erfahrungen im Bereich Pas- tere Ökologie-Aspekte in unseren Überlegun- sivhaus gesammelt hatte, war es für uns nahelie- gen berücksichtigt. So wird Grundwasser für gend, auch dieses Projekt unserem Motto folgend die Kühlung verwendet, und bei der Wahl der ressourcenschonend zu verwirklichen. Ich kann Baustoffe achteten wir darauf, dass bei deren Ihre Ansicht, dass es sich für diese Nutzungsart Herstellung möglichst wenig Energie verwen- um eine ungewöhnliche Bauweise handelt, nicht det wurde (Vermeidung von „grauer Energie“). teilen. Ganz im Gegenteil, es ist ein Bauwerk, So setzten wir beispielsweise beim Bau des welches sich hervorragend für die Errichtung in Gerichtsgebäudes auf eine Mischbauweise: Die Passivhausbauweise eignet. Es waren hier nur tragende Grundstruktur des Gebäudes wurde in kleine Schritte erforderlich, die Gebäude so zu Stahlbeton errichtet, wogegen die Außenhülle planen, damit sie den Anforderungen entspre- mit vorgefertigten Holzsandwichelementen mit chen. Die Ermittlung des erforderlichen Ener- Mineralwolldämmung realisiert wurde. giebedarfes bei einem Gefängnisgebäude ist beispielsweise einfacher als bei einem Wohnbau, Faces: Farben können sich auf Psyche und Kör- da man ganzjährig mit zeitlich konstanten Bele- per auswirken. Gab es hier ein nutzerspezifi- gungen rechnen kann. Ebenso beim Gerichts- sches Farbkonzept für die Innenräume und wie gebäude, bei überwiegender Büronutzung ist es sah es aus? sinnvoll auf diese Technologie zu setzen. Neben räumlicher und gestalterischer Qualität trägt DIN A4 Architektur: Diesbezüglich gab es keine natürlich auch eine hervorragende thermische nutzerspezifischen Vorgaben. Die Farbgestal- Hülle und eine garantiert schadstoffarme Innen- tung bei diesem Projekt war ein Teil unserer luft zu einem produktiven Arbeitsprozess bei. Aufgabe, mit der wir uns speziell auseinandergesetzt haben. Die Farblösung bezieht sich Faces: Haben Sie noch weitere ökologische auf eine Studie, die im Zuge der Recherchen für Aspekte in Ihre Planung einbezogen, und wenn das Buch „Wie Farben wirken“ von Eva Heller ja, welche? gemacht wurde: In einer anonymen Befragung 14 | Faces 3-2014 | Law | Interview 03b_interview.indd 14 08.08.2014 10:46:11 Medien veröffentlicht. Aus dem so entgegenge- Personen im Alter zwischen 15 und 83 Jahren die brachten Interesse lässt sich ableiten, dass sich Farbkombination Goldgelb, Grün, Weiß und Blau die Idee sehr rasch verbreiten wird beziehungs- mit den Begriffen „Sicherheit und Vertrauen“. weise es mittlerweile schon getan hat. Zudem haben die verwendeten Farbtöne in der Farbenlehre spezielle Bedeutungen. So wer- Faces: Welche besondere Anekdote ist Ihnen im den beispielsweise mit der Farbe Goldgelb die Zusammenhang mit dem Entwurf und dem Bau Begriffe Verstand, Kommunikation oder Opti- des Justizzentrums im Gedächtnis geblieben? mismus verbunden, mit Grün Hoffnung und Ruhe, Weiß steht für Leichtigkeit oder Anfang DIN A4 Architektur: Bei der Größe dieses Pro- und Blau für Treue. jektes gäbe es einiges zu erzählen. Ein spezieller Punkt, der einen konsequenten Passivhaus- Faces: Hat das 2012 fertiggestellte Gebäude planer schmerzt, ist folgende Tatsache: Bei Modellcharakter für Österreich, Europa oder sämtlichen Zellenfenstern mussten die Gum- darüber hinaus? Welche Folgen ergaben sich – midichtungen aus Gründen der Suizidgefahr in bis heute? maximal 20 Zentimeter lange Teile zerschnitten Foto: norbert-freudenthaler.com zum Farbempfinden assoziierten verschiedene DIN A4 Architektur 1993 in Innsbruck als Architekturwerkstatt din a4 gegründet; heute von Conrad Messner (links) und Markus Prackwieser (rechts) geführt. Viele Realisierungen nach erfolgreichen Wettbewerben, Experten für energieeffizientes Bauen. werden, bevor sie eingesetzt wurden. Das sind Dieter Mathoi Architekten: Das Justizzentrum Sicherheitsvorgaben, die natürlich oberste Pri- Korneuburg war das erste von der Republik Öster- orität haben und vorerst nicht zu einem „dich- reich errichtete Passivhaus, und wir sehen darin ten“ Gebäude passen. Solche Aspekte sollte es durchaus Modellcharakter und eine gewisse Vor- eigentlich nicht geben, sie werden aber durch bildwirkung. Wir konnten beobachten, dass bei die Nutzung erforderlich. Somit musste dieser immer mehr öffentlichen Gebäuden der Weg des Umstand hier bereits von Anfang an bei sämt- Passivhauses eingeschlagen wird. Das Gebäude lichen Projektierungen und Berechnungen mit- wurde bereits in der Bauphase von zahlreichen berücksichtigt werden. nationalen und internationalen Interessengruppen besichtigt und schon mehrfach in diversen www.din-a4.at www.dmarchitekten.at Dieter Mathoi Architekten, Axel Birnbaum 1966 geboren, 1986 bis 1992 Architekturstudium an der Universität Innsbruck, seit 2000 Zusammenarbeit mit Dieter Mathoi. Seit 2012 Leitung Dieter Mathoi Architekten. Interview | Law | Faces 3-2014 | 15 03b_interview.indd 15 08.08.2014 10:46:12 Fotos: Johanna Niescken 16 | Faces 3-2014 | Law | Porträts 04_portraits.indd 16 08.08.2014 11:31:44 Alcatraz Insel der Pelikane und Galgenvögel Schon im 16. Jahrhundert erhielt das Eiland den am Tag, selbst Arbeit war für sie ein Privileg. bekannten Namen aufgrund zahlreicher hier Neben dem heute zu besichtigenden Zellentrakt, brütender „el alcatraz“, den Pelikanen. Berühmt der Bibliothek und dem Speisesaal besteht die wurde „The Rock“ erst viel später als Gefängnis- Bebauung der Insel aus den privaten Unterkünf- insel, mit berüchtigten Insassen wie Al Capone ten der Wachen und des Direktors; das Personal oder Machine Gun Kelly. Die als ausbruchsicher wohnte mit seinen Familien ebenfalls hier. Da geltende Besserungsanstalt erlang weitere der Schlüssel zwischen Wärter und Gefangenen Popularität dank der kreativen Fluchtversuche, etwa bei 1:3 lag, lebten auch viele Kinder auf die zahlreiche Hollywoodfilme seit der Schließung der Insel, die täglich mit einem Boot zur Schule 1963 thematisierten. Weniger bekannt ist, dass gebracht wurden. Für diese große Anzahl an Alcatraz in seiner über 160-jährigen Geschichte Personen mussten Trinkwasser sowie alle weite- nur 29 Jahre als amerikanisches Hochsicherheits- ren Güter mit Schiffen auf die Insel transportiert gefängnis diente. Etwas unübersichtlich erschei- werden. Neben den daraus resultierenden hohen nen daher die unterschiedlichen Bauten. Da in Betriebskosten litt auch die Bausubstanz unter der in der Bucht von San Francisco oft starker den extremen Bedingungen. Die Stahlbetonbau- Nebel herrschte, war das erste hier entstandene ten wurden durch die salzhaltige Luft und das Gebäude 1852 ein Leuchtturm, der nach zahlrei- Meerwasser angegriffen; das für die Toiletten der chen Schiffsunglücken die sichere Einfahrt in den Zellen verwendete Salzwasser beanspruchte Mau- Hafen ermöglichte. Ein Jahr später fing mit der erwerk und Rohre zusätzlich. Aus dem maroden Errichtung eines Forts die militärische Nutzung Zustand resultierten in späteren Jahren die vielen an, die dazu führte, dass hier zum ersten Mal Ausbruchsversuche. Ebenfalls aus Kostengründen Gefangene untergebracht wurden. Als dieses 1933 wurde das Abwasser der Insel ungefiltert ins Meer aufgegeben wurde, begann der Bau des Bundes- geleitet. Eine Bauuntersuchung aus dem Jahr gefängnisses. Bereits ein Jahr später konnten die 1961 bescheinigte, dass eine Sanierung etwa fünf ersten 53 Gefangenen aus dem Staatsgefängnis Millionen Dollar gekostet hätte. Aus dieser Zeit in Atlanta verlegt werden. Von Anfang an war die soll die Aussage von Robert Kennedy stammen, Insel dazu bestimmt, problematische Gefangene es sei günstiger, einen Gefangenen im New Yorker aus anderen Einrichtungen temporär – in diesem Waldorf Astoria unterzubringen als auf Alcatraz. Fall meist für etwa zehn Jahre – aufzunehmen. Letztendlich führten die hohen Kosten 1963 zur Sie wurden in den rund 300 spartanisch möb- Schließung. Nach einer wechselhaften Geschichte lierten Einzelzellen untergebracht, die jeweils ist Alcatraz seit 1972 für die Öffentlichkeit zugäng- 1,52 Meter breit und 2,74 Meter tief waren. Hier lich und neben der musealen Nutzung als Vogel- verbrachten die Inhaftieren bis zu 23 Stunden schutzgebiet ausgewiesen. Porträts | Law | Faces 3-2014 | 17 04_portraits.indd 17 08.08.2014 11:31:44 100% interior Leidenschaft für Corporate Interior einen komplett anderen Auftritt als eine mittelständische Kanzlei oder eine internationale „law firm“. Neben der Größe der Anwaltsbüros sind deren Standort, die Mandantenzielgruppen und die Themenschwerpunkte relevant. Aber am wichtigsten ist Sylvia Leydecker die Seele eines Unternehmens und darauf aufbauend die Schaffung Identität stiftender Räume. Das Corporate Design, das bei den meisten Firmen zweidimensional vorhanden ist, muss sie dafür im Sinne eines Corporate Interiors in die Dreidimensionalität übersetzen. So unterschiedlich wie die Tätigkeitsfelder der Auftraggeber ausfallen, so vielseitig ist auch das Portfolio des Innenarchitekturbüros. Bei einigen Projekten dominieren besonders kräftige Farben – bei einer der Kanzleien war es sogar Rot. „Das galt als Revolution im ‚seriösen’ Umfeld“, erinnert sich die Innenarchitektin. Im Kontrast dazu steht das betont reduzierte Corporate Design einer anderen Kanzlei: eine sehr zurückhaltende, zeitlose Inneneinrichtung mit Bei der Kölner Innenarchitektin Sylvia Leydecker viel Glas. Dass die meisten Unternehmen heut- dreht sich alles um die Konzeption zukunftsori- zutage auch offen für neue Technologien und entierter, kommunikativer Unternehmensräume Materialien sind, freut die Büroinhaberin. Denn und deren Ästhetik. Zu den Referenzen von sie selbst experimentiert leidenschaftlich gerne 100% interior zählen die Entwürfe von Kranken- damit – und das mit Erfolg. Wie etwa beim häusern und Arztpraxen und ebenso wie von mehrfach Designpreis-prämierten Wandbelag Anwaltsbüros. Die Gestaltung einer Kanzlei war „Stardust”, der in Zusammenarbeit mit einem auch eines der ersten Projekte, das die Innenar- Unternehmen der Spezialchemie entstand. Auf- chitektin nach der Bürogründung 1997 umsetzte. grund von Nanotechnologie ist der Belag hydro- Ein spannendes Arbeitsfeld, da Kanzleien damals phob, diffusionsoffen und antibakteriell. Dieses anfingen, sich nicht nur als ein „Organ der Rechts- Thema faszinierte Sylvia Leydecker so sehr, dass pflege“ darzustellen, sondern sich genauso dafür sie neben der Entwurfsarbeit mit dem Schreiben interessierten, mittels Innenarchitektur attraktiv von Fachbüchern begann: 2008 erschien mit zu erscheinen. Was diese Attraktivität letztend- „Nanomaterialien in Architektur, Innenarchitek- lich ausmacht, hängt stark von den äußeren tur und Design“ der erste von ihren insgesamt Umständen ab: Eine einzelne Anwältin benötigt drei Fachbuchtiteln. www.100interior.de 18 | Faces 3-2014 | Law | Porträts 04_portraits.indd 18 08.08.2014 11:31:44 Porträts | Law | Faces 3-2014 | 19 04_portraits.indd 19 08.08.2014 11:31:45 Foto: 100% interior Sylvia Leydecker/Reinhard Rosendahl Foto: 100% interior Sylvia Leydecker/Karin Hessmann Fotos: Paul Ott 20 | Faces 3-2014 | Law | Porträts 04_portraits.indd 20 08.08.2014 11:31:47 Hohensinn Architektur Der Mensch steht im Mittelpunkt Für das Büro Hohensinn Architektur aus der stei- Wahrung der Menschenwürde“ ist hier ein ermärkischen Landeshauptstadt Graz haben der Gebäude entstanden, dass alle Menschen in den behutsame Umgang mit dem Vorgefundenen Mittelpunkt sämtlicher Planungsüberlegungen sowie der Respekt vor den Bedürfnissen der rückt: die Inhaftierten und die Bediensteten künftigen Nutzer oberste Priorität. Der Architekt ebenso wie die Besucher und Angehörigen. Denn Josef Hohensinn und sein Team setzen seit 1998 Josef Hohensinn verfolgt das grundsätzliche Ziel, die individuellen Anliegen und Vorstellungen der auch in Justizbauten eine hohe Wohn- und Bauherren räumlich so um, dass die dabei ent- Arbeitsqualität zu schaffen beziehungsweise stehenden Gebäude die gestellten Anforderun- hinter Gittern das Zusammenleben in Freiheit so gen optimal erfüllen, also „wie ein Maßanzug“ gut wie möglich abzubilden. Wo Sicherheits- sitzen. Zudem reagiert die verantwortungsvolle gründe eine strikte Abgrenzung nach außen hin Architektur der Österreicher auf vorhandene verlangen, ist eine offene, kommunikationsför- topografische und strukturelle Bedingungen, dernde Gestaltung nach innen umso wichtiger was sich in Haptik, Material und Dimension der – selbstverständlich ergänzt durch persönliche Bauwerke widerspiegelt. Auch wirtschaftlich und Rückzugsmöglichkeiten. Am deutlichsten wird ökologisch nachhaltiges Denken, wie etwa die diese differenzierte Herangehensweise in der Recycelbarkeit einzelner Baustoffe, prägen die Justizanstalt an den großzügigen, vergitterten Entwürfe. Wenngleich das Büro das gesamte Loggien, die die Inhaftierten mit ausreichend Aufgabenfeld der Architektur bearbeitet, so liegt Licht und Helligkeit versorgen. Sie ermöglichen doch ein besonderer Schwerpunkt auf der Ent- es ihnen, eigenständig ins Freie zu treten und wicklung und Ausführung von Bauten mit kom- Ausblicke in die umgebende Landschaft zu plexen funktionalen und hohen sicherheitstech- genießen. Für dieses vorbildliche Projekt erhiel- nischen Anforderungen, wie beispielsweise ten die Planer gleich mehrere Auszeichnungen: Gerichtsgebäuden oder Justizanstalten. Auch 2004 den Architekturpreis des Landes Steiermark, hier steht der Nutzer, der Mensch, an erster 2006 das Geramb-Dankzeichen für gutes Bauen Stelle. Dies zeigt mustergültig das Justizzent- und den „ULI“, Urban Land Institute Award 2009 rum Leoben. Unter dem Motto „Inhaftiert unter for Excellence. www.hohensinn-architektur.at Porträts | Law | Faces 3-2014 | 21 04_portraits.indd 21 08.08.2014 11:31:47 Kanzlei ielznaK 05a_referenz_kanzlei.indd 22 12.08.2014 13:41:24 Im Gebäude Ohligsmühle, direkt an der gleichnamigen Haltestelle der Schwebebahn in Wuppertal gelegen, empfängt die Kanzlei Hopfgarten seit 2013 ihre Mandanten. Sechs Geschosse nutzt das Anwaltsbüro, das die ortsansässige Innenarchitektin Marit Trötschel vom Büro INNsbesondere zeitgleich mit dem Neubau gestaltete. 05a_referenz_kanzlei.indd 23 12.08.2014 13:41:27 24 | Faces 3-2014 | Law | Referenz 05a_referenz_kanzlei.indd 24 12.08.2014 13:41:29 Das Empfangsmöbel kombiniert Lichtsockel und rotes Glas mit einem massiven Korpus. Er besteht aus DecoBoards von Pfleiderer, beschichtet mit dem Dekor U 011 Vulkanit und vor Ort gespacheltem Pandomo (vorherige Seite). Im zonierten Wartebereich öffnet sich der Raum mit einer hohen Verglasung und lenkt den Blick auf die Schwebebahn (links und unten). Die 1952 gegründete Kanzlei Hopfgarten Rechtsanwälte residiert im von den Düsseldorfer Architekten HPP Hentrich-Petschnigg & Partner geplanten Komplex Ohligsmühle. Mit mehr als 100 Mitarbeitern in Wuppertal und Düsseldorf ist sie eine der größten im Bergischen Land.Bei der Gestaltung des 3.800 Qaudratmeter großen, lichtdurchfluteten Anwaltsbüros legte die Innenarchitektin Marit Trötschle Wert auf starke Farben und eine klare Formensprache. Durch Betonung der Linien, die Auswahl weniger, hochwertiger Materialien und ein individuelles Beleuchtungskonzept schuf sie eine stimmige Einheit über alle sechs Etagen. Betritt ein Mandant die Kanzlei im Erdgeschoss, leitet ihn ein hinterleuchtetes Deckensegel direkt zum Empfang. Der massive, schwarze Tresen wirkt aufgrund seiner Sockelbeleuchtung dennoch leicht, der Sichtschutz aus rot lackiertem Glas setzt einen flammenden Akzent. Im Kontrast dazu steht die zurückhaltende Wandtäfelung hinter der Empfangstheke aus geweißter Eiche, die sich als eingelegtes Parkett im Wartebereich wiederholt. Hier können die Klienten den Blick durch die großen Fensterflächen über die berühmte Wuppertaler Schwebebahn schweifen lassen oder die wechselnden Kunstausstellungen an den Wänden betrachten. Ebenso können sie sich während Fotos: Tobias Becker ihrer Wartezeit auf dem in die große Bibliothek integrierten Monitor über das aktuelle Weltgeschehen informieren. Nicht nur die Parkettfläche der Wartezone entspricht der des Deckensegels oberhalb, das Konzept der korrespondierenden Referenz | Law | Faces 3-2014 | 25 05a_referenz_kanzlei.indd 25 12.08.2014 13:41:30 Die Ordnerschränke, hergestellt aus DecoBoard Frontweiß von Pfleiderer, plante die Innenarchitektin unaufdringlich zwischen die gläsernen, roten Türlaibungen (links). Alle Einbaumöbel sind Schreinerarbeiten. Für die Bibliothek verwendete Holzform Art aus Neukirchen-Vluyn eine HPL-beschichtete Tischlerplatte, Dekor F 30/011 Ulme Ovid muskat, kombiniert mit imi-beton (unten). 26 | Faces 3-2014 | Law | Referenz 05a_referenz_kanzlei.indd 26 12.08.2014 13:41:31 Boden- und Deckenlinien zieht sich durch alle Etagen, wie auch die Farbe Rot als augenfälliges Designmerkmal. So wird die Laibung der Bürotüren in den Regelgeschossen der ersten bis vierten Im Aufenthaltsbereich für die Mitarbeiter bilden Fototapeten mit Bambusmotiv und hellgrüne Sitzpolster einen Ruhepol. Etage durch hinterleuchtetes, rotes Glas inszeniert. Arbeitsabläufe und Funktionen hat die Innenarchitektin in ihre klare Formensprache gestalterisch einbezogen. Beispielsweise wechselt die Richtung der Bodenbeläge in den Fluren, die durch flankierende Schränke zwischen den Türen und begleitende Deckenbeleuchtung aufgewertet werden. Statt steriler Korridore ergeben sich so ansprechende Bereiche mit Aufenthaltsqualität, vor allem am Kreuzungspunkt: Hier öffnet sich der Raum und bietet Platz für eine Bibliothek mit individuell angefertigten Sitzkuben in Betonoptik. Die dunklen Teppiche mit den dezenten, eingewebten Streifen entwarf Marit Trötschels eigens für diese Kanzlei, um ihr Prinzip der Linienführung zu unterstreichen. In der Penthouse-Ebene führt wiederum ein eingelassener Parkettstreifen an roten Glassäulen vorbei zur Wartezone und endet an der spektakulären Aussicht auf das Wuppertaler Wahrzeichen. www.innsbesondere.de Referenz | Law | Faces 3-2014 | 27 05a_referenz_kanzlei.indd 27 12.08.2014 13:41:32 Statements Gesetze, wie sie sich (Innen-)Architekten wünschen würden Ich sehe keine Sinnhaftigkeit, über das Streichen einzelner Regeln und Gesetze zu diskutieren, wenn nicht grundsätzlich die Lobbyeinflüsse, sei es durch die Industrie, sei es durch Verbandslobbyisten, neu bewertet werden. Die Politik ist gefragt, ob die Forderung, 2019 nur noch CO2-Null-Energiehäuser bauen zu dürfen – und Energieausweise vorgeschrieben werden wie Personalausweise –, nicht überzogen ist, um Menschen in Thermoskannen zu zwingen. Die Frage für den Planer ist: Wie sind die Auslegungen, und wie verhält sich der jeweilige Bauprüfer, sieht er den Architekten als Bittsteller oder als Partner? Hat Foto: Christo Libuda er die Kapazität, um den Prozess einer Baugenehmigung sinnhaft und zeitgerecht zu bearbeiten? Jan Störmer, Störmer Murphy and Partners GbR, Hamburg Mir wäre ein Gesetz wichtig, welches beispielsweise in Bebauungsplänen auf Grundlage des Baugesetzbuchs §171 „Maßnahmen der Sozialen Stadt“ festschreibt, dass vor allem in Stadtzentren und Ballungsgebieten ein Bodenrichtwert als obere Grenze vorgegeben und nicht ermittelt wird. Damit bleibt dort die Möglichkeit, als Familie, Berufsstarter oder Student zu leben, statt dass ausschließlich das Luxusniveau realisiert wird. Susanne Leson, LESON Innenarchitektur × Objektmanagement, Frankfurt 28 | Faces 3-2014 | Law | Statements 06_statements.indd 28 08.08.2014 10:56:40 Die Schulbaurichtlinien unserer Länder sind Teil der Blockaden auf dem Weg zu einer zukunftsweisenden und kindgerechten Schule. Neue experimentelle Lehr- und Lernkonzepte benötigen adäquat offensinnige Räume. Bessere Schulkonzepte werden ohne völlig anders ausgerichtete Schulbaurichtlinien in den Ländern kaum möglich sein. Foto: André Loessel Wallie Heinisch, METARAUM Architekten BDA, Stuttgart Ich würde in der Bauordnung NRW den gesamten Komplex „§21 Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung bis §24 Bauarten“ gerne streichen beziehungsweise erheblich vereinfachen. Diese Paragraphen verlangen, dass alle Bauprodukte eine Zulassung mit Prüfzeugnis haben müssen und, wo diese nicht vorhanden sind, spezielle zusätzliche Prüfverfahren verpflichtend sind. Dies lähmt und behindert vielfach die „Erfinderlust“ sowie den innovativen Umgang mit technischen und gestalterischen Lösungen. Wolfgang Zimmer, Geschäftsführender Partner Koschany + Zimmer Architekten KZA, Essen Statements | Law | Faces 3-2014 | 29 06_statements.indd 29 08.08.2014 10:56:41 Glänzender Auftritt Perfektionierte Oberflächen Für den dekorativen Innenausbau können Kunden Hochglanz mit einer Vielzahl an Dekoren und Trägern kombinieren, je nachdem welche Anforderungen sie an das Produkt stellen. Ob für Küchen-, Wohn- oder Badmöbel, die Nachfrage nach Hochglanzoberflächen ist ungebrochen. Auch im Laden- oder Messebau machen ihre Spiegeleffekte und Lichtreflexionen sie zu einem gefragten (Innen-)Architektur- und Designobjekt. Um seinen Kunden die beste Qualität zu bieten, hat Pfleiderer seine Produktionsmethoden weiter verbessert. Am Standort Leutkirch bringt der Holzwerkstoffhersteller direkt beschichtete Spanplatten (DBS) mittels bewährter Rückkühltechnologie auf Hochglanz. Rückkühlen bedeutet hier eine gezielte Abkühlung der gesamten Plattenpresse zwischen den einzelnen Arbeitsgängen. Dieses Verfahren hat Pfleiderer inzwischen erfolgreich optimiert und erzielt einen noch höheren Glanzgrad bei gleichzeitig äußerst 30 | Faces 3-2014 | Law | Unternehmensnachrichten 08_unternehmensnachrichten.indd 30 08.08.2014 10:59:10 ruhiger Oberfläche der Dekorplatte. Mit Ausnahme des „DecoBoards“ mit Träger P2 kann das Unternehmen jetzt alle Holzwerkstoffe im Verbund mit einer Hochglanzstruktur veredeln und bietet somit Ob feine Holzstruktur oder Farbe, die neuen hochglänzenden Ober flächen vermitteln Wertigkeit und Eleganz. eine beträchtliche Auswahl an. Darunter befinden sich Besonderheiten wie „HPLSolidColor“ oder Verbundelemente mit Hot-Melt-Verklebung (PU). Im Sektor „DecoBoard“ können sich Kunden auch für die besonders emissionsarmen P2-Platten mit dem Blauen Engel oder die noch höher zertifizierten „F Four Star (F****)“-Produkte nach japanischem Standard entscheiden. Selbst der schwer entflammbare Träger „Pyroex“ ist mit der Struktur Hochglanz erhältlich und erlaubt in Bereichen mit erhöhten Brandschutzanforderungen brillante Gestaltungsmöglichkeiten. Unternehmensnachrichten | Law | Faces 3-2014 | 31 08_unternehmensnachrichten.indd 31 08.08.2014 10:59:11 Ausgezeichnete Beratung Architects Partner Award 2014 in Bronze Das Team der Pfleiderer-Objektberatung freut sich über den APA: Guido Alrich, Klaus-Peter Taubert, Martin Syha, Volker Niepel und Stefan Brommler (Leiter Vertrieb Objektgeschäft). Mit dem Architects Partner Award (APA) prä- Objektgeschäft verantwortlich ist, schaffte auch mierte die Architekturzeitschrift AIT gemeinsam die neue Marke „Pfleiderer“ direkt den Sprung mit xia – intelligente architektur schon zum aufs Podest. Das Besondere an dieser Würdigung fünften Mal Unternehmen, die im besten Sinne ist, dass dem APA eine repräsentative, unge- Partner von Deutschlands (Innen-)Architekten stützte Befragung zugrunde liegt. Das bedeutet, waren. Am 27. Mai 2014 bekam der Holzwerk- die mehr als 2000 teilnehmenden (Innen-)Archi- stoffhersteller Pfleiderer im Kölner AIT-Archi- tekten haben ihre Favoriten nicht aus einer vor- tekturSalon für seine technisch und architekto- gegebenen Liste ausgesucht. Stattdessen waren nisch qualifizierte Beratungsleistung den APA in sie dazu aufgefordert „aus eigener Erinnerung Bronze. Mit den Marken wodego, Duropal und und täglich gemachter Erfahrung heraus“ Thermopal belegte die Firma in der Vergangen- einzelne Unternehmen zu nennen, deren Ver- heit bereits regelmäßig Spitzenplätze. Obwohl triebsarbeit sie im Jahr 2013 besonders geschätzt die Kunden Anfang 2013 „mit einem komplett haben. Stefan Brommler freut sich über die neuen Markenauftritt und einem neuen Sorti- positive Wahrnehmung als zuverlässige Partner: ment vor eine gewisse Herausforderung gestellt „Diese Tatsache erfüllt uns nicht nur mit großem wurden“, so Stefan Brommler, der für das Stolz, sondern auch mit Dankbarkeit.“ 32 | Faces 3-2014 | Law | Unternehmensnachrichten 08_unternehmensnachrichten.indd 32 08.08.2014 10:59:12 Grüner Engel für Pfleiderer Holzwerkstoffhersteller erhält Mittelstandspreis für Recycling Erstmalig haben „Die Grünen Engel“, ein Zusam- der FH Münster in ihrer Laudatio. Ebenso inves- menschluss von sechs unabhängigen Unter- tierte der Konzern im Vorjahr rund 25 Millionen in nehmen der Entsorgungsbranche aus Nürnberg, eine noch umweltfreundlichere Spanplattenpro- Mittelstandspreise für das Recycling ausgelobt duktion, die die Emissionen deutlich verringert und im Rahmen der IFAT in München verliehen. und weniger Energie verbraucht. Dr. Axel Knörr, Auf der Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Leiter des Bereichs Umwelt, freut sich sehr, dass Abfall- und Rohstoffwirtschaft erhielt Pfleiderer Pfleiderers Engagement auch außerhalb der am 8. Mai 2014 den Grünen Engel in der Kate- Branche Beachtung findet, denn „mit dem Holz gorie „Innovative Recyclinglösung“ für die kon- wird unser wertvollster Rohstoff knapp. Allzu sequente Kaskadennutzung des Rohstoffs Holz: oft wandert er direkt vom Wald in den Ofen. Wir Seit Jahrzehnten betreibt der Hersteller Holz- hingegen tun Tag für Tag unser Bestes, um Holz recycling, verarbeitet die Materialien zunächst so lange wie möglich im Wertschöpfungskreis- stofflich in Form von Möbeln und Bauholz und lauf zu halten.“ Auch fließt die am Ende der Nut- nutzt sie danach energetisch. „Somit schöpft zungskaskade entstehende Energie in die Ferti- Pfleiderer das Verwertungspotenzial Stufe für gungsprozesse ein und reduziert so den Einsatz Stufe voll aus“, so Prof. Dr. Sabine Flamme von fossiler Energieträger auf ein Minimum. Für den ressourcenschonenden Umgang mit Holz erhielt Pfleiderer den „Grünen Engel“. Dr. Axel Knörr (Mitte) nahm ihn stellvertretend entgegen. Unternehmensnachrichten | Law | Faces 3-2014 | 33 08_unternehmensnachrichten.indd 33 08.08.2014 10:59:13 Vorschau Unique Nicht nur in Deutschland hält der Trend, seine Produkte in Eigenregie selber zu gestalten, ungebrochen an. Wer möchte, kann von der eigenen Briefmarke über T-Shirts bis hin zur Fototapete nahezu alles individuell designen. Der Entwurf von Gebäuden dagegen ist in professionellen Händen besser aufgehoben. Wie (Innen-)Architekten Unikate schaffen, zei- Foto: ©iStockphoto.com/adventtr gen wir in der nächsten Ausgabe von „Faces of Interior“. 34 | Faces 3-2014 | Law | Vorschau 09_vorschau.indd 34 08.08.2014 11:34:46 Ihr Projekt in „Faces of Interior“ Haben Sie oder der nette Kollege von nebenan auch schon einmal ein Projekt mit Pfleiderer verwirklicht? Wenn dieses Projekt nicht älter als drei Jahre ist, würden wir uns freuen, wenn Sie – oder Ihr Kollege – uns einige Fotos und einen kurzen Text per E-Mail an folgende Adresse schicken: Foto: ©iStockphoto.com/juhokuva Foto: ©iStockphoto.com/juhokuva [email protected] Aufruf | Law | Faces 3-2014 | 35 09_vorschau.indd 35 08.08.2014 11:34:47