Seitlicher Aufbiss

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Seitlicher Aufbiss
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■ Seitlicher Aufbiss
Seitliche Aufbisse können an herausnehmbaren Geräten, aktiven
Platten oder funktionskieferorthopädischen Apparaturen, wie
der Sander-II-Apparatur (Abb. 426), eingesetzt werden. Seitliche
Aufbisse an herausnehmbaren Geräten haben 3 wichtige Funktionen:
• Sperren des Bisses bei lateralem oder frontalem Kreuzbiss
• Halten der Seitenzähne in ihrer vertikalen Position und Freigabe der Eruption der Inzisivi bei offenem Biss
• Skelettal vertikale Beeinflussung des Oberkiefers bei skelettal
offenem Biss
Seitlicher Aufbiss Platten: Ak­
tive Platten, funktionskiefer­
orthopädische Apparaturen
Laterale Aufbisse an Platten und/
oder der Sander­II­Apparatur dienen
der Kreuzbissüberstellung und verti­
kalen Beeinflussung der Oberkieferinklination und Okklusionsebene.
Die Höhe des Aufbisses beträgt
2 mm (Mitte).
Rechts: Laterale Aufbisse mit Head­
gear können zur sagittalen Wachs­
tumshemmung bei Klasse­II­Anoma­
lien und offenem Biss eingesetzt
werden (oben), oder die transversale
Dehnung erleichtern (unten).
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Seitlicher Aufbiss:
Einzelzahnaufbiss
Mitte und rechts: Einzelzahnaufbisse
können direkt im Lateralsegment in
Form von Glasionomerzement (Mit­
te) oder Compomer (rechts) aufge­
bracht werden. Aufgrund des höhe­
ren Abriebs des Glasionomers und
einer ungenauen Okklusionjustage
sollten diese Aufbisse nur begrenzt
eingesetzt werden.
Links: Bei längerfristigen Aufbissen
bei einer Bukkalapparatur sind labor­
gefertigte Aufbisse aus Acryl oder
Palavit 55 anzuwenden.
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Seitlicher Aufbiss:
Mehrzahnaufbiss Oberkiefer
Festsitzende Aufbisse über mehrere
Zähne oder Zahnsegmente sollten
im Labor gefertigt werden. Im Mund
muss dann, in Abhängigkeit von den
Zahnbewegungen, der Aufbiss ein­
geschliffen werden. Neben der Biss­
sperrung bei Patienten mit Tiefbiss
kann der Aufbiss als Verankerung ge­
nutzt werden. Die Nebeneffekte der
Tip­back­Mechanik am Molaren wer­
den hier abgefangen. Die Anwen­
dung eines TPA entfällt dadurch.
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Seitlicher Aufbiss
• Platten
• funktionskieferorthopädische Geräte
• Einzelzahnaufbisse
– direkt (Glasionomer, Compomer)
– Lingualapparatur (tripodale Abstützung, Compomer)
• Zahnsegmentaufbisse
– direkt (Glasionomer)
– indirekt im Labor (Palavit 55, Acryl)
Seitlicher Aufbiss
Festsitzende Aufbisse im Seitenzahnbereich sind während der
orthodontischen Therapie zu bevorzugen, da ein Jiggling vermieden wird. Festsitzende seitliche Aufbisse werden für folgende orthodontische Behandlungen eingesetzt:
• Kreuzbiss
• Tiefbiss
• Verankerung
• Mesial-/Distalbewegung von Zähnen
Festsitzende Aufbisse im Seitenzahnbereich können an Einzelzähnen oder Zahngruppen angewendet werden (Abb. 431–
Abb. 435). An Einzelzähnen sind Aufbisse an den Molaren im
Oberkiefer bei der Lingualtechnik obligat – zur Sicherung einer
tripodalen Abstützung aufgrund des Kontakts auf die Oberkieferbrackets in der Front (Abb. 427). Zur Sicherung der Vertikalen
sind bei der Lingualtechnik Compomere gegenüber den Glasionomerzementen zu bevorzugen. Einzelzahnaufbisse an den 1.
Molaren mit Glasionomerzement können temporär begrenzt
eingesetzt werden. Es ist dabei jedoch darauf zu achten, dass der
2. Molar nicht unkontrolliert eruptiert. Bei Bisssperrrungen von
3 Monaten oder länger sind zementierte Aufbisse über mehrere
Zähne zu bevorzugen. Diese können im Mund des Patienten direkt oder indirekt im Labor gefertigt werden (Abb. 428–Abb. 430).
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Seitlicher Aufbiss:
Mehrzahnaufbiss Unterkiefer
Festsitzende Aufbisse im Unterkiefer
über das gesamte Lateralsegment
werden bei einer Distraktion oder
GNE erforderlich. Aufgrund der Sta­
bilisierungsphase nach GNE von ei­
nem halben Jahr ist aus funktionellen
Gründen bei Erwachsenen der okklu­
sal gestaltete, feste, im Labor herge­
stellte Aufbiss indiziert. Feste Aufbis­
se im Ober­ und Unterkiefer sind
außerdem eine gute Verankerungs­
möglichkeit im parodontal vorge­
schädigten Gebiss.
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Seitlicher Aufbiss:
Herstellung
Die Herstellung festsitzender Aufbis­
se sollte, um Einschleifmaßnahmen
am Patienten zu vermeiden, im Fixa­
tor mit Konstruktionsbiss erfolgen.
Der Aufbiss ist bevorzugt aus Acryl
herzustellen.
Links: Alternativ kann für festsitzen­
de Aufbiss auch Palavit 55 (Heraeus
Kulzer) genutzt werden. Diese kön­
nen auch direkt am Patienten erstellt
werden.
Beide Aufbisse sind am Patienten mit
Glasionomerzement einzusetzen.
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Aufbisse bei bimaxillären Geräten setzen wir zur Eruptionssteuerung und Elongation der Seitenzähne und nicht mit vertikalen
durchbruchshemmenden Aufbissen ein, da wir beim offenen Biss
keine bimaxillären Geräte mit vertikaler Abstützung der Seitenzähne anwenden. Plattenapparaturen mit seitlichen Aufbissen
werden für folgende Behandlungen eingesetzt:
• Eruptionssteuerung bei offenem Biss. Fixieren der Seitenzähne in der Vertikalen und Freigabe der Eruption der Inzisivi. Erzeugen einer Counter-Clockwise-Rotation des Unterkiefers.
• Offener Biss mit skelettal vertikaler Komponente. Die Plattenapparatur wird mit einem Highpull-Headgear kombiniert
(Abb. 426). Inklination des Oberkiefers und Okklusionsebene
können so in der Vertikalen beeinflusst werden.
• Klasse-II-Anomalien mit prognathem Oberkiefer. Auch hier
wird zusätzlich der High-Pull-Headgear zur sagittalen Wachstumskontrolle des Oberkiefers eingesetzt.
• Kreuzbiss. Die Aufbisse ermöglichen ein freies Gleiten der Lateralsegmente nach bukkal, ohne dass der Gegenkiefer mitgedehnt wird.
• Bisssperung in der orthodontischen Behandlung, wenn durch
Scherkräfte ein festsitzender Aufbiss nicht möglich ist
(Abb. 418).
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Seitlicher Aufbiss
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Seitlicher Aufbiss, Mehrzahn­
aufbiss Unterkiefer:
Anfangsbefund
Der Patient zeigt eine Angle­Klasse
II/2 mit vergrößertem Overbite. Zu
einem früheren Zeitpunkt wurde be­
reits eine orthodontische Therapie
mit Extraktion von 4 Prämolaren
durchgeführt. Es besteht gleichzeitig
ein Engstand im Ober­ und Unterkie­
fer.
Nivellierung Oberkiefer,
2. Phase
Nach der initialen NiTi­Tip­back­Me­
chanik zur Intrusion der zentralen In­
zisivi von 2 mm (1. Phase) und Dista­
lisation der Molaren in Kombination
mit asymmetrischem Headgear er­
folgt die Nivellierung im Oberkiefer
mit einer NiTi­Overlay­Technik. Da­
durch kann die in der 1. Phase erziel­
te vertikale Korrektur der Oberkiefer­
inzisivi auch während der
Nivellierung gehalten werden.
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Nivellierung segmentiert
im Unterkiefer,
3. Phase
Für die Nivellierung des Unterkiefers
muss aufgrund des Tiefbisses eine
vertikale Sperrung erfolgen. Da der
Patient bereits orthodontisch behan­
delt wurde und erwachsen ist, wer­
den seitliche Aufbisse eingesetzt. Im
Unterkiefer wird zur Platzbeschaf­
fung minimal im Seitenzahnbereich
gesliced.
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Compound­Intrusionsmecha­
nik: Segmentierte Intrusions­
mechanik im Unterkiefer,
4. Phase
Nach der Nivellierung erfolgt die Int­
rusion und zeitgleiche Retrusion der
Unterkieferinzisivi. Die Kraft der seg­
mentierten Intrusionsmechanik wird
hierfür posterior des vermuteten Wi­
derstandszentrums der Inzisivi einge­
leitet.
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Abschlussbefund
Der Patient zeigt nach der orthodon­
tischen Behandlung einen korrekten
Overbite. Der Haupteffekt wurde
über die Intrusion der Inzisivi im
Unterkiefer erzielt. Trotz bereits
extrahierter Prämolaren konnte eine
Klasse­I­Okklusion durch NiTi­Tip­
back­Mechanik in Kombination mit
asymmetrischem Headgear erzielt
werden. Im Ober­ und Unterkiefer ist
ein fixer Retainer eingegliedert.
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Seitlicher Aufbiss
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