Eine Klassiker aus Schweden und Architekten von

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Quelle: frei04-publizistik.de, 27. Oktober 015
Schalgworte: Buchrezensionen, Monografien
Christian Holl
Eine Klassiker aus Schweden
und Architekten von heute
Neue Bücher: Monografische Publikationen über Barkow Leibinger, Wiel Arets
und Carsten Lorenzen. Und ein Reprint der ersten Biografie von Sigurd
Lewerentz
Es wird die Freunde einer intensiv aus dem Material entwickelten Architektur freuen:
Die lange vergriffene, erste Biografie Sigurd Lewerentz‘ von Janne Ahlin von 1985 ist
in einem Reprint der englischsprachigen Ausgabe von 1987 wieder erhältlich. Lewertz
war keine laute Persönlichkeit, eine ohne großes Mitteilungsbedürfnis, immer eine
Art Geheimtipp. Mit seinem Werk sperrt sich Lewerentz dagegen, dass Architektur
lediglich Problemlösung zu sein habe. Diese Architektur ist eine, die aus der Auseinandersetzung mit dem Bauen und seiner Geschichte eine eigene Sprache entwickelt:
eine kulturelle, komplexe Sprache, die Architektur als ein Ausdruck dessen versteht,
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was sie unersetzlich macht – als einen nie abgeschlossenen Versuch, sich in Beziehung zur Welt zu setzen und in ihr einen Ort für Menschen zu schaffen. Den Weg
dieses Architekten zu verfolgen, von den ersten Arbeiten, orientiert an der Arts and
Crafts Bewegung, über eine klassizistische Periode und eine Auseinandersetzung
mit dem International Style, ist mit dieser Biografie ein großes Vergnügen – er führt
bis hin zu den Bauten, für die Lewerentz heute am ehesten bekannt sein mag, die
Markuskirche in Björkhagen, die St. Petruskapelle in Klippan sowie der Blumenkiosk
auf dem Ostfriedhof von Malmö. Dieser Friedhof ist so etwas wie das Konzentrat von
Lewerentz‘ Lebenswerk: Seit 1916 hatte er ihn umgestaltet und hatte für dessen Neuund Umbauten die Verantwortung getragen.
Sigurd Lewerentz, architect
1885–1975. Von Janne Ahlin. Reprint der englischsprachigen Ausgabe von 1987 .Mit einem Nachwort
von Wilfried Wang. Park Books, Zürich, 2014
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Experimente und Gebäude
Bei Hatje Cantz erschien eine Biografie über das Werk von Barkow Leibinger, die sich
von üblichen Veröffentlichungen dieser Art abhebt, ganz einfach, weil die Arbeiten
des Büros eine solche Veröffentlichung rechtfertigen und in der Summe die notwendige Substanz aufweisen. Opulent mit Bildern und Zeichnungen ausgestattet,
sind alle wichtigen Arbeiten von Barkow Leibinger darin vertreten, ausführlich wird
zudem auf die Material-, Form- und Produktionsexperimente eingegangen, die die
Bautätigkeit des Büros begleiten und die für einen offenen Prozess der Formfindung
stehen, ohne zum Selbstzweck zu werden, da gleichzeitig für die Gebäude, in denen
diese Experimente ihren Niederschlag finden, Ort und Nutzung reflektiert werden.
Eine Reihe von Essays vertieft die Auseinandersetzung mit den Gebäuden und dem
Architekturverständnis von Barkow Leibinger. Etwas bedauerlich, dass die Monografie der Verweise auf Bauten anderer Architekten und auch sonst weitgehend der
Referenzen entbehrt, sie hätten den Blick auf das Werk von Barkow Leibinger sicher
wertvoll bereichern können.
Barkow Leibinger –Spielraum
Vorwort von Carson Chan, Texte von Hal Foster, Brett Steele, Sarah Whiting, Foto-Essay von Iwan
Baan, Gestaltung von Zak Group. Hatje Cantz, Ostfildern, 2014
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Fotografische Erkundung
Ganz auf die Auseinandersetzung des Fotografen mit dem Werk eines Architekten ist
„Wiel Arets – Bas Princen“ konzentriert. Keine Dokumentation, sondern die Interpretation – der Architektur wie der Möglichkeiten der Fotografie – ist hier das Anliegen.
Bas Princen konzentriert sich überwiegend auf Lichtspiele, Oberflächen, Ausschnitte,
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darauf, sowohl Fotografie als auch Architektur im Wechselspiel zwischen Medium
der Wahrnehmung und dem, was selbst an ihnen wahrgenommen werden kann,zu
erkunden. Daraus entwickeln sich Vexierspiele, in denen die Grenzen zwischen Zeichen und Bezeichnetem, zwischen Mittel und Zweck, zwischen Vorbild und Abbild
verschwimmen. 12 Bauten werden auf diese Weise, teilweise auch während ihrer
Bauzeit, in den Blick genommen. Die Gebäude und Protagonisten werden im Anhang
kurz vorgestellt, auf der Rückseite findet sich ein kurzer Text von Ludovic Balland,
ansonsten wurde auf Text vollständig verzichtet.
Wiel Arets – Bas Princen
Herausgegeben von John Bezold, mit einem Text von Ludovic Balland, Fotografien von Bas Princen,
Gestaltung von Mevis & Van Deursen. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern, 2015
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Wohnungsbaukompendium
Am ehesten den konventionellen Vorstellungen einer Monografie mag die Publikation über die Arbeiten des dänisch-deutschen Büros von Carsten Lorenzen entsprechen. Wohnungsbauten von Reihenhäusern über Geschosswohnungsbau bis zu
Stadtvillen und Wohntürmen, als größere Ensembles wie als Einzelbauten, werden
hier ohne aufdringliche Grafik nachvollziehbar dokumentiert. Geprägt von einem
sorgfältigen Umgang mit dem Material, die Grundrissen wie die städtebauliche Figur
jeweils gut durchdacht, sind hier insgesamt 25 Wohnungsbauprojekte versammelt.
Sie zeigen, wie aus einer zeitgenössischen Formensprache Wohnungsbauensembles
entwickelt werden können, die die Balance aus städtebaulichem und individuellem
Anspruch halten, die sich in die Stadt fügen, ohne darin als Dutzendware unterzugehen. Eingerahmt wird die Vorstellung der Projekte von ganzseitigen Fotos, die die
vom Büro verwendeten Ziegel und deren Verarbeitung zeigen, sowie von einem Interview und einem Essay. Als Dreingabe findet sich die Empfehlung einer Radtour durch
Kopenhagen, die zu Bauten führt, die Lorenzen als Inspiration und Vorbild seiner
eigenen Bauten dienen.
Carsten Lorenzen: Wohnungsbau DK-DE
Herausgegeben von Roland Züger, Texte von Matthias Albrecht Amann, Roland Züger, Interview
mit Carsten Lorenzen von Walter Stamm-Teske, Gestaltung von fernkopie. Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern, 2015
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