Quelle: NZZ vom 02.02.2017 Zürcher Stadtrat will nicht schrumpfen Klares Nein der Exekutive zur Volksinitiative «Mehr Geld für Zürich: 7 statt 9 Stadträtinnen und Stadträte» Private Initianten wollen die Zahl der Stadträte reduzieren. Der Stadtrat stellt sich dagegen, dennoch stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Reform diesmal gelingt. Adi Kälin und IrÈne troxler Der Bundesrat schafft es mit sieben Mitgliedern, der Regierungsrat auch. Weshalb sollte nicht auch die Reduktion des Zürcher Stadtrats von neun auf sieben Personen möglich sein? Diese Frage schwebt seit Jahrzehnten im Raum, und sie wird jetzt erneut aufgegriffen – für einmal nicht von Politikern, sondern vom privaten Initianten Stefan Mühlemann. Im letzten Mai hat er seine Initiative «Mehr Geld für Zürich: 7 statt 9 Stadträtinnen und Stadträte» mit mehr als 3000 Unterschriften eingereicht, im Herbst ist sie für gültig erklärt worden. Dass der Stadtrat seine eigene Reduktion ablehnt, erstaunt nicht besonders. Er hat sein Nein nun dennoch in einer Pressemitteilung ausführlich begründet: Die Aufgaben der Stadtzürcher Regierung seien viel umfangreicher als in anderen Gemeinden, ist sein zentrales Argument. Zürich habe beispielsweise ein eigenes Polizeikorps, zwei Spitäler sowie die Pflege- und Alterszentren. Zudem seien sämtliche Gemeindebetriebe in die Verwaltung integriert. Aus Sicht des Stadtrats ist die Senkung seiner Mitgliederzahl «kein zielführendes Mittel, um die Effizienz der Verwaltung zu erhöhen». Kurz- und mittelfristig sei eine Reorganisation mit erheblichen Kosten und Risiken verbunden; ob sich eine solche mindestens langfristig auszahlen würde, lasse sich nicht belegen. Grundsätzlich findet der Stadtrat, dass man die Organisation der Stadtverwaltung von den Aufgaben ableiten solle – und nicht umgekehrt. Wenn später einmal städtische Betriebe ausgelagert würden, könne man die Zahl der Stadtratsmitglieder immer noch den neuen Verhältnissen anpassen. Die Verkleinerung des Stadtrats stand in Zürich schon verschiedentlich auf der Traktandenliste. 1987 hat das Stimmvolk sogar einer entsprechenden Initiative zugestimmt, zwei Jahre später verwarf es dann aber deren konkrete Ausgestaltung. 2003 legte der Stadtrat selber eine Vorlage zur Reduktion auf sieben Mitglieder vor; diesmal versenkte der Gemeinderat die Vorlage, die er kurz zuvor noch mit einer Motion gewünscht hatte. Die Lösungswege der beiden bisherigen Anläufe waren sehr unterschiedlich: In den achtziger Jahren wollte man das Schulamt dem Präsidialdepartement anhängen und zusätzlich ein grosses, kombiniertes Umwelt- und Verkehrsdepartement schaffen. 2003 sollten das Hochbaudepartement und die Industriellen Betriebe verteilt werden. Hoch- und Tiefbau wären kombiniert und mit Entsorgung & Recycling vereinigt worden, die VBZ hätte man der Polizei angehängt. Solche Verteilungsspiele braucht es bei der neusten Initiative (zumindest vorläufig) nicht. Das neue kantonale Gemeindegesetz sieht vor, dass in der Gemeindeordnung künftig nur noch der Grundsatz der sieben Departemente verankert sein wird. Wenn die Initiative angenommen ist, muss sich der Stadtrat um die Details der Verwaltungsreform kümmern. Der Initiant Stefan Mühlemann gehört keiner Partei an und bezeichnet sich als liberal. Er ist Geschäftsleitungsmitglied eines grossen Zürcher Gastrounternehmens. Die Initiative hat er zusammen mit Freunden lanciert und auch auf privatem Weg Sponsoren und Berater gesucht. Zu denen gehören beispielsweise Alt-Stadtrat Elmar Ledergerber oder die Werbeagentur von Hermann Strittmatter. Mit der Initiative wolle er nicht sparen, sagt er, sondern der Stadt wieder mehr finanziellen Spielraum verschaffen. So hat ihn gestört, dass das Schul- und Sportdepartement beim Deutsch-Unterricht für Fremdsprachige sparen will. Die Verwaltung sei in letzter Zeit schneller gewachsen als die Bevölkerung, da stimme doch etwas nicht, findet Mühlemann. Bern habe 5 Exekutivmitglieder, andere Städte hätten 7. Zürich sei die einzige Stadt mit 9 Stadträten. Natürlich müsse mit der Reduktion der Exekutivsitze auch eine Verwaltungsreform einhergehen, die Doppelspurigkeiten ausmerze und eine schlankere und fittere Verwaltung bewirke. Dies wolle er aber dem Stadtrat überlassen. Von den politischen Parteien haben sich bisher FDP und SVP positiv geäussert. SP, Grüne und CVP stehen der Initiative skeptisch gegenüber. Das Initiativkomitee findet, der Stadtrat habe eine Chance vertan, hofft aber auf Zustimmung durch das Zürcher Stimmvolk. Den passenden Werbespruch hat es jedenfalls schon bereit: «Was lange währt, wird endlich 7 statt 9».