Gastroenterologie 2015: Offene Fragen und Herausforderungen

Werbung
Abstracts
Gastroenterologie 2015:
Offene Fragen und
Herausforderungen
Neustadt/Weinstraße
Samstag, 13. Juni 2015
9.00 – 14.15 Uhr
Veranstaltungsort:
Saalbau
Bahnhofstraße 1
67434 Neustadt
an der Weinstraße
Wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. F. Lammert, Homburg/Saar
Prof. Dr. R. Jakobs, Ludwigshafen
Programm
Seite
9.00 Uhr
Begrüßung
Prof. Dr. F. Lammert, Homburg
Gastrointestinale Onkologie
Vorsitz:
Prof. Dr. F. Lammert, Homburg
Prof. Dr. S. Willis, Ludwigshafen
9.05 Uhr
9.30 Uhr
9.55 Uhr
10.20–10.55 Uhr
Pankreaskarzinom: Wie wird die kurative Therapie
aussehen?
Prof. Dr. R.M. Schmid, München
3–4
Das Gallengangskarzinom: von der Epidemiologie
zur Früherkennung?
PD Dr. J.G. Albert, PD Dr. T. Welzel, Frankfurt
5–9
Mikrobiom und Ballaststoffe: Was schützt vor
kolorektalem Karzinom und Adipositas?
Prof. Dr. M. Blaut, Nuthetal
10 – 11
Kaffeepause
Gastroenterologie/Endoskopie
Vorsitz:
Prof. Dr. A.J. Dormann, Köln
Prof. Dr. R. Jakobs, Ludwigshafen
10.55 Uhr
11.20 Uhr
Neue Optionen zur endoskopischen Kolonadenomdetektion: Benötigen wir die 100%Vorsorge?
Prof. Dr. M. Götz, Tübingen
12 – 14
Endoskopische Submukosadissektion (ESD) im
Gastrointestinaltrakt: Wo macht es wirklich Sinn?
Prof. Dr. H. Neuhaus, Düsseldorf
15 – 19
11.45 Uhr
Endoskopische Tunneltechniken zur Entfernung
submuköser Tumoren: Wird es Standard? Bei
wem was? (ohne Abstract)
Prof. Dr. K. Caca, Ludwigsburg
12.10–13.00 Uhr
Mittagspause mit Imbiss
1
Hepatologie
Vorsitz:
Prof. Dr. S. Grüne, Neustadt/Weinstraße
Prof. Dr. W. Stremmel, Heidelberg
13.00 Uhr
13.25 Uhr
13.50 Uhr
14.15 Uhr
Morbus Crohn: Gibt es neue Ansätze für Immunsuppression und -modulation?
Prof. Dr. E.F. Stange, Stuttgart
NASH: Wie kommen wir von der Aufklärung der
Pathophysiologie zur Therapie?
PD Dr. V. Keitel, Düsseldorf
21 – 24
HCV-Zirrhose: Was bringen die neuen Therapien?
Wie behandeln wir Infektionen und
Komplikationen?
Prof. Dr. B. Kronenberger, Frankfurt
25 – 27
Verabschiedung
Prof. Dr. R. Jakobs, Ludwigshafen
Anschriften der Referenten und Vorsitzenden
siehe Seite
2
20
29
Pankreaskarzinom: Wie wird die kurative Therapie aussehen?
R.M. Schmid
II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität
München
Das Pankreaskarzinom ist eines der aggressivsten Karzinome mit einer sehr
schlechten Prognose. Die Inzidenz entspricht nahezu der Letalität. Es wird erwartet,
dass das Pankreaskarzinom 2020 die krebsassoziierte Letalität des Kolonkarzinoms
überholt und 2030 die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache nach dem
Bronchialkarzinom darstellt. Dies unterstreicht, dass die Fortschritte bei der Therapie
des Pankreaskarzinoms nicht wesentlich zur Verbesserung der Prognose beigetragen
haben. Eine kurative Therapie ist nur in sehr wenigen Fällen durch eine R0-Resektion
zu erreichen.
Ein Ziel ist es daher, die malignen Vorstufen des Pankreaskarzinoms besser zu
charakterisieren und Methoden zu entwickeln, diese zu detektieren. Zu diesen
Vorstufen
zählen
die
pankreatischen
intraepithelialen
Neoplasien
(PanIN).
Fortgeschrittene PanIN sind bislang durch kein bildgebendes Verfahren nachweisbar.
Weitere prämaligne Vorstufen sind muzinöse zystische Neoplasien wie intraduktale
papilläre muzinöse Neoplasien (IPMN) und muzinöse zystischen Neoplasien (MCN).
MCN sollten in der Regel reseziert werden. Bei den IPMN unterscheidet man Hauptund Seitengang-IPMN. Hauptgang-IPMN sollten in der Regel reseziert werden. Bei
den Seitengang-IPMN ist ein risikoadaptiertes Vorgehen angezeigt, um eine Übertherapie zu verhindern, da die Mehrzahl der Seitengang-IPMN nicht maligne entartet.
Generell ist bei zystischen Läsionen eine differenzierte Risiko-Nutzen-Abwägung
wichtig, v. a. bei asymptomatischen Patienten. Hier spielen die Komorbidität und das
Alter der Patienten eine wesentliche Rolle.
Beim familiären Pankreaskarzinom finden sich häufiger Seitengang-IPMN und weniger
PanIN als Vorstufen des Pankreaskarzinoms. Obwohl bei diesen Familien das Risiko
für ein Pankreaskarzinom deutlich erhöht sein kann, wird kein Screening außerhalb
von Studien empfohlen. Das Lebenszeitrisiko beträgt bei einigen Familien bis zu 40%.
Dies rechtfertigt keine generelle präventive Pankreatektomie, da diese mit einer zu
hohen Letalität und Morbidität einhergeht.
3
Ein weiteres Ziel zur Verbesserung der kurativen Therapieansätze beim Pankreaskarzinom ist eine Erhöhung der R0-Resektionsrate und eine effektive adjuvante
Therapie. Weniger als 20% der Patienten weisen bei Diagnosestellung eines
Pankreaskarzinoms ein Tumorstadium auf, das als resektabel eingestuft werden kann.
Um die R0-Resektionsrate zu erhöhen, werden in Studien neoadjuvante Therapieansätze verfolgt. Durch neue Therapieschemata wie FOLFIRINOX sind hier in Einzelfällen gute Responseraten zu beobachten. Möglicherweise könnte durch eine tiefergehende molekulare Typisierung von Pankreaskarzinomen Subgruppen identifiziert
werden, die ein gutes Ansprechen vorhersagen lassen. Eine solche Subgruppe
könnten besonders instabile Tumoren sein mit Defekten im BRCA2-Signaling.
Die Mehrzahl der Patienten weist nach Resektion einen R1-Status auf. Aber auch R0resezierte Patienten entwickeln nach Resektion in der Mehrzahl ein Rezidiv. Die
mittlere Überlebenszeit der Patienten nach Resektion beträgt 23 Monate. Dies schließt
eine adjuvante Therapie mit ein. Ohne adjuvante Therapie beträgt die mittlere Überlebenszeit in prospektiven Studien etwa 10 Monate. Damit sollte vor der Resektion
evaluiert werden, ob nach der Resektion eine adjuvante Therapie durchgeführt werden
kann. Auch in naher Zukunft wird für die überwiegende Mehrzahl der Patienten nur ein
palliatives Therapiekonzept angeboten werden können.
Obwohl die Letalität der Resektion in den letzten Jahren dramatische gesunken ist,
bleibt die Morbidität nach Resektion hoch und liegt bei etwa 30–50%. Entscheidend
für die Zukunft ist eine bessere Charakterisierung der Patienten, um entscheiden zu
können: Wer profitiert von der Resektion? Wer profitiert von einem neoadjuvanten
Konzept? Welcher Patient profitiert von einem aggressiveren Therapieschema? Für
welchen Patienten ist eine ausschließlich supportive Therapie das beste Vorgehen?
4
Das
Gallengangskarzinom:
von
der
Epidemiologie
zur
Früherkennung?
J.G. Albert, T. Welzel
Medizinische Klinik 1, Universitätsklinikum Frankfurt
Das Cholangiokarzinom (CCA) ist ein maligner Tumor der intra- oder extrahepatischen
Gallenwege. Durch die im Erkrankungsverlauf oft späte Diagnosestellung können
derzeit in weniger als einem Drittel der Fälle kurative Therapieoptionen angeboten
werden. Somit entspricht die Inzidenz nahezu der Mortalität, mit einem 5-JahresÜberleben von nur ca. 10%. Eine Früherkennung könnte allerdings die Prognose
verbessern, weswegen hierfür Risikofaktoren bzw. -konstellationen identifiziert und die
Entwicklung neuartiger diagnostischer Strategien erforderlich sind.
Bezogen auf die Lokalisation der Tumoren kann das intrahepatische CCA (iCCA) von
der extrahepatischen Manifestation (eCCA) unterschieden werden. Letztere kann
wiederum in eine perihiläre Lokalisation (pCCA) mit Bezug zur Hepatikusgabel und
das Karzinom des distalen Gallengangs (dCCA) unterteilt werden. Das pCCA wird
nach dem Erstbeschreiber auch als „Klatskin-Tumor“ bezeichnet.
Epidemiologie
CCA treten selten vor dem 40. Lebensjahr auf, Männer erkranken etwas häufiger als
Frauen. In hochendemischen Gebieten (Asien, vor allem Thailand, hier bis zu
50–113/100.000 Personenjahre) wird die Mehrzahl der CCA durch Leberegel
(Thailand: Opisthorchis viverrini, weitere: Fasciola gigantica, Clonorchis sinensis)
verursacht. In niedrigendemischen Gebieten wie Westeuropa oder den USA
(0,5–1,5/100.000 Personenjahre) steigt die Inzidenz des iCCA, während die Inzidenz
extrahepatischer Tumoren konstant bleibt. In neuen epidemiologischen Studien
konnten metabolische Erkrankungen (z. B. Diabetes, Adipositas, metabolisches
Syndrom) in Analogie zum hepatozellulären Karzinom (HCC) als Risikofaktoren für ein
iCCA identifiziert werden. Trotz niedrigen relativen Risikos könnte daher die hohe bzw.
steigende Prävalenz metabolischer Erkrankungen möglicherweise einen Teil des
Anstiegs der intrahepatischen Tumoren erklären.
5
Daneben konnten chronische Lebererkrankungen, wie z. B. die chronischen Virushepatitiden B und C, das Vorliegen einer Leberzirrhose, sowie ein chronischer Alkoholund Nikotinkonsum und die Hepatikolithiasis als Risikofaktoren für ein iCCA identifiziert
werden. Primäre Gallengangserkrankungen sind als Risikofaktoren sowohl für iCCA
als auch für eCCA etabliert. Hierzu gehören die primär sklerosierende Cholangitis
(PSC), die Cholangiozysten einschließlich der Caroli-Krankheit, sowie das Vorliegen
einer Choledocholithiasis. Ein entsprechender genetischer Polymorphismus trägt zum
Risikoprofil bei (Tab. 1).
Autor
Studie
Lokalisation
des CCA
Risikoschätzung
(95% KI)
Shin [Cancer Sci. 2010]
Meta-Analyse
CCA
4,7 (2,2–9,8)
Bergquist [J Hepatol. 2002]
diverse
eCCA/iCCA
Welzel
[Clin Gastroenterol Hepatol. 2007]
Welzel
[Clin Gastroenterol Hepatol. 2007]
Lee [Liver Int. 2015]
Donato [CCC. 2001]
Shaib [Gastroenterology. 2005]
Welzel [Int J Cancer. 2007]
Welzel
[Clin Gastroenterol Hepatol. 2007]
Fall-Kontroll
eCCA
Lebenszeitrisiko:
7–14%
47,1 (30,4–73,2)
Fall-Kontroll
iCCA
36,9 (22,7–59,7)
Fall-Kontroll
Fall-Kontroll
Fall-Kontroll
Fall-Kontroll
Fall-Kontroll
eCCA
iCCA
iCCA
iCCA
eCCA
16,5 (1,9–146,3)
6,7 (1,3–33,4)
8,8 (4,9–16,0)
22,5 (16,9–30,0)
34,0 (26,6–43,6)
Palmer [J Hepatol. 2012]
Zhou [BMC Cancer. 2012]
Li [J Gastroenterol Hepatol. 2012]
Welzel [Hepatology. 2011]
Palmer [J Hepatol. 2012]
Zhou [BMC Cancer. 2012]
Welzel
[Clin Gastroenterol Hepatol. 2007]
Palmer [J Hepatol. 2012]
Welzel
[Clin Gastroenterol Hepatol. 2007]
Meta-Analyse
Meta-Analyse
Meta-Analyse
Fall-Kontroll
Meta-Analyse
Meta-Analyse
Fall-Kontroll
iCCA
iCCA
iCCA
iCCA
iCCA
iCCA
iCCA
5,10 (2,91–8,95)
3,17 (1,88–5,34)
3,42 (2,46–43,74)
3,07 (1,43–6,58)
4,84 (2,41–9,71)
3,42 (1,96–5,99)
Meta-Analyse
Fall-Kontroll
iCCA
iCCA
22,92 (18,24–26,79)
10 (6,1–16,4)
Palmer [J Hepatol. 2012]
Welzel
[Clin Gastroenterol Hepatol. 2007]
Palmer [J Hepatol. 2012]
Meta-Analyse
Fall-Kontroll
iCCA
iCCA
1,89 (1,74–2,07)
Meta-Analyse
iCCA
1,56 (1,26–1,94)
Welzel [Hepatology. 2011]
Fall-Kontroll
iCCA
1,71 (1,30–2,23)
Metabolisches Syndrom
Welzel [Hepatology. 2011]
Fall-Kontroll
iCCA
1,56 (5,08–12,75)
Alkohol
Palmer [J Hepatol. 2012]
Meta-Analyse
iCCA
2,81 (1,52–5,21)
Risikofaktor
Leberegel
O. viverrini, C. sinensis
Gallenwegserkrankung
Primär sklerosierende
Cholangitis (PSC)
Cholangiozysten
Hepatikolithiasis
Choledocholithiasis
Lebererkrankung
Hepatitis B
Hepatitis C
Zirrhose
Andere Erkrankungen
Diabetes mellitus Typ IIa
Adipositas
Tab. 1: Risikofaktoren für das Entstehen eines extrahepatischen (eCCA) oder intrahepatischen (iCCA) Cholangiokarzinoms (CCA)
6
Beachtenswert ist, dass es durch eine Fehlklassifikation von hilären Tumoren in ICDO und ICD-O2 mit Repräsentation im Histologie- statt im Topografie-Code zum Teil zu
einer fehlerhaften Erfassung von Inzidenzraten von iCC und eCC in internationalen
Tumorregistern gekommen ist. Darüber hinaus ist hierdurch eine korrekte Abbildung
der Epidemiologie hilärer Tumoren erschwert. In einer Analyse von SEER
(Surveillance, Epidemiology, and End Results)-Daten des National Cancer Institute,
USA, konnte nach Korrektur der Misklassifikation eine Zunahme der Inzidenz intrahepatischen Tumoren jedoch bestätigt werden.
Früherkennung beim Cholangiokarzinom
Einige der identifizierten Risikofaktoren des CCA sprechen für die Möglichkeit, eine
Reduktion der Erkrankungsrate durch eine Behandlung der Risikofaktoren erreichen
zu können. Metabolische Faktoren könnten durch Lifestyle-Modifikation, infektiöse
Erkrankungen durch eine anti-infektive Therapie behoben werden. Bei der primär
sklerosierenden Cholangitis (PSC) und möglicherweise auch bei den Cholangiozysten
könnte eine Früherkennung des CCA eine Prognoseverbesserung erreichen lassen.
Leberegel sind in China, Thailand, Korea, Vietnam und darüber hinaus in Asien und
Teilen Afrikas endemisch. Grobe Schätzungen gehen von einer Befall bei etwa 45 Mio.
Menschen aus, davon 35 Mio. mit C. sinensis und 10 Mio. mit O. viverrini. Ein hauptsächlicher Risikofaktor für eine Infektion ist das Verzehren von rohem Fisch bzw. die
Kontamination von Geschirr. Hier können eine Verbesserung der sanitären und
hygienischen Lebensbedingungen der Menschen einschließlich entsprechender
Aufklärung sowie Kontrollen in Aquakulturen zu einem Vorbeugen der Infektion und
damit einer Reduktion des CCA-Risikos beitragen.
Früherkennung und Behandlung bei der primär sklerosierenden Cholangitis
(PSC)
Bei der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) werden bis zu 50% der CCA im
ersten Jahr nach Diagnosestellung der PSC auffällig, hiernach wird mit einer Inzidenz
des CCA von 0,5–1,5% pro Jahr ausgegangen. Die überwiegende Lokalisation des
CCA bei der PSC findet sich im Hilus der Leber.
7
Prinzipielle Überlegungen lassen bei klar definierter Zielpopulation eine Früherkennung sinnvoll erscheinen, wenn mehrere Voraussetzungen vorliegen (Tab. 2).
Erkrankung evidenzbasiert behandelbar, Prognose bei früher Diagnose deutlich besser
Hohe Sensitivität und Spezifität der Untersuchungsmethode
Untersuchung zeit- und kostengünstig sowie einfacher Zugriff
Untersuchung soll möglichst wenig belasten
Tab. 2: Voraussetzungen für eine geeignete Früherkennung
Die klinischen und genetischen Informationen, die ein Patient aufweist, können derzeit
die frühe Erkennung eines CCA nicht hinreichend befruchten. Daher wird von einigen
Gruppen eine Früherkennung durch den Einsatz regelmäßiger Untersuchungen
befürwortet. Neben bildgebenden Methoden und der Bestimmung von Tumormarkern
kann die Gewinnung von histopathologischem oder zytologischem Material zur
Diagnosestellung beitragen (Tab. 3). Die Bürstenzytologie kann bei einer hohen
Spezifität doch nur eine mäßige Sensitivität von 50 bis max. 70% darstellen (Tab. 4).
Modalität
Autor
Sensitivität (%)
Spezifität (%)
PPV (%)
NPV (%)
CA19-9 (Grenzwert ≥ 20 IU/ml)
CA19-9
(Grenzwert ≥ 130 IU/ml)
Ultraschall
Ultraschall + CA19-9
MRT/MRCP
MRT/MRCP + CA19-9
Bürstenzytologie
FISH (Polysomie)
Charatcharoenwitthaya1
Levy2
78%
79%
67%
99%
23%
79%
96%
99%
Charatcharoenwitthaya
Charatcharoenwitthaya
Charatcharoenwitthaya
Charatcharoenwitthaya
Trikudanatha3
57%
91%
89%
100%
43%
51%
94%
62%
75%
38%
97%
93%
48%
23%
23%
21%
78%
68%
95%
98%
99%
100%
87%
88%
4
Navaneethan
Charatcharoenwitthaya et al., Hepatology. 2008; 2Levy et al., Dig Dis Sci. 2005; 3Trikudanathan et al., Gastrointest
Endosc. 2014; 4Navaneethan et al., Gastrointest Endosc. 2014
1
Tab. 3: Untersuchungsmodalitäten zur Früherkennung eines CCA bei PSC
Bürstenzytologie bei PSC/CCA
n
Sensitivität (%)
Spezifität (%)
Tischendorf [Endoscopy. 2006]
Furmanczyk [Am J Clin Pathol. 2005]
Siquera [Gastrointest Endosc. 2002]
Ponsioen [Endoscopy. 1999]
Glasbrenner [Endoscopy. 1999]
53
51
692
43
86
66
63
46
60
80
51
100
100
89
91
Mansfield [Gut. 1997]
54
75
Tab. 4: Die Bürstenzytologie zeigt eine hohe Spezifität bei nur mäßiger Sensitivität
Eine Früherkennung mittels Ultraschall oder MRT/MRCP zusammen mit der CA19-9Bestimmung kann daher empfohlen werden, jedoch ist weder das optimale Zeitintervall
8
(alle 6 oder 12 Monate) noch ein klarer Risiko-Nutzen-Vorteil belegt. Jede neu
aufgetretene Symptomatik (z. B. Ikterus) bei dominanter Striktur sollte zu einer
unmittelbaren Abklärung mittels Bürstenzytologie und/oder Biopsie führen.
Literatur:
Arnelo U, von Seth E, Bergquist A. Prospective evaluation of the clinical utility of singleoperator peroral cholangioscopy in patients with primary sclerosing cholangitis.
Endoscopy. 2015 [epub].
Bergquist A, von Seth E. Epidemiology of cholangiocarcinoma. Best Pract Res Clin
Gastroenterol. 2015;29(2):221–32.
Charatcharoenwitthaya P, Enders FB, Halling KC, Lindor KD. Utility of serum tumor
markers, imaging, and biliary cytology for detecting cholangiocarcinoma in primary
sclerosing cholangitis. Hepatology. 2008;48(4):1106–17.
Farnik H, Weigt J, Malfertheiner P, Grützmann A, Gossner L, Friedrich-Rust M, et al.
A multicenter study on the role of direct retrograde cholangioscopy in patients with
inconclusive endoscopic retrograde cholangiography. Endoscopy. 2014;46(1):16–21.
Khan SA, Emadossadaty S, Ladep NG, Thomas HC, Elliott P, Taylor-Robinson SD, et
al. Rising trends in cholangiocarcinoma: is the ICD classification system misleading
us? J Hepatol. 2012;56(4):848–54.
Razumilava N, Gores GJ, Lindor KD. Cancer surveillance in patients with primary
sclerosing cholangitis. Hepatology. 2011;54(5):1842–52.
Ulrich F, Albert J, Zangos S. Diagnostik und Therapie des cholangiozellulären
Karzinoms. Onkologe 2013:19:589–600.
Welzel TM, Graubard BI, Zeuzem S, El-Serag HB, Davila JA, McGlynn KA. Metabolic
syndrome increases the risk of primary liver cancer in the United States: a study in the
SEER-Medicare database. Hepatology. 2011;54(2):463–71.
Welzel TM, Graubard BI, El-Serag HB, Shaib YH, Hsing AW, Davila JA, et al. Risk
factors for intrahepatic and extrahepatic cholangiocarcinoma in the United States: a
population-based case-control study. Clin Gastroenterol Hepatol. 2007;5(10):1221–8.
9
Mikrobiom und Ballaststoffe: Was schützt vor kolorektalem
Karzinom und Adipositas?
M. Blaut
Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Nuthetal
Der Verdauungstrakt des Menschen beherbergt etwa 1013–1014 überwiegend
anaerobe Mikroorganismen, die sich mehreren hundert Spezies (Arten) zuordnen
lassen. Diese mikrobielle Gemeinschaft wird als intestinale Mikrobiota oder als
intestinales Mikrobiom bezeichnet, wobei bei Letzterem das mikrobielle Gen-Repertoire im Vordergrund der Betrachtung steht. Auf Speziesebene weist die intestinale
Mikrobiota eine hohe interindividuelle Variabilität auf. Bei den funktionellen Genen
hingegen beobachtet man eine große Ähnlichkeit zwischen Individuen. Das intestinale
Mikrobiom beeinflusst den menschlichen Organismus in vielfältiger Weise: So interagiert es mit dem mukosalen Immunsystem und übt Einfluss auf den gastrointestinalen
Stoffwechsel und das Wachstum der Epithelzellen aus. Nicht zuletzt leistet es einen
Beitrag zur Kolonisierungsresistenz gegenüber Krankheitserregern. Daher ist es nicht
überraschend, dass viele Erkrankungen mit Störungen des Mikrobioms (Dysbiose) in
Zusammenhang gebracht werden. Ob die mit einer Erkrankung einhergehenden
Veränderungen im Mikrobiom ursächlich für deren Entstehung oder ob sie eher deren
Folge sind, ist jedoch in den meisten Fällen noch nicht endgültig geklärt.
Ballaststoffe sind Polysaccharide (polymere Kohlenhydrate), die hauptsächlich in
pflanzlichen Lebensmitteln wie Getreide, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten vorkommen. Man unterscheidet wasserlösliche (z. B. Pektin) und wasserunlösliche Ballaststoffe (z. B. Zellulose). Aufgrund ihrer Fähigkeit Wasser aufzunehmen, vergrößern
wasserlösliche Ballaststoffe das Stuhlvolumen und wirken sich auf die Darmtransitzeit
aus. Weil der Mensch selbst nicht über Enzyme für deren Abbau verfügt, werden
Ballaststoffe im Dünndarm nicht oder nur unvollständig abgebaut und resorbiert. Sie
gelangen in den Dickdarm, wo sie ganz oder teilweise durch intestinale Bakterien
abgebaut und fermentiert werden. Darmbakterien stellen dem Wirtsorganismus ein
breites Spektrum an Enzymen zur Verfügung, die den Abbau bewerkstelligen. Die am
Abbau beteiligten Enzyme spiegeln die große Vielfalt der in der Nahrung vorkommenden Ballaststoffe wider. An der Fermentation von Ballaststoffen im Kolon sind verschiedene Bakteriengruppen beteiligt, die jeweils unterschiedliche Abbauschritte
10
katalysieren. Im Zuge der Fermentation im Kolon werden kurzkettige Fettsäuren sowie
die Gase Wasserstoff, Kohlendioxid und Methan gebildet. Die kurzkettigen Fettsäuren
können einerseits von verschiedenen Geweben als Energielieferanten genutzt
werden, andererseits üben sie regulatorische Funktionen im Körper aus.
Daten aus der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition-Studie
sprechen dafür, dass eine ballaststoffreiche Ernährung das Darmkrebsrisiko deutlich
senkt. In-vitro-Untersuchungen weisen darauf hin, dass möglicherweise das bakteriell
gebildete Butyrat hierbei eine wichtige Rolle spielt. Butyrat ist nicht nur die bevorzugte
Energiequelle der Kolonepithelzellen, sondern auch ein wichtiger Faktor, der das
Wachstum und die Differenzierung dieser Zellen kontrolliert.
Ballaststoffe bewirken darüber hinaus einen verlangsamten Anstieg des Blutzuckers,
indem sie die Kohlenhydrataufnahme im Darm verlangsamen. Ballaststoffe sind die
Hauptenergiesubstrate der Darmbakterien, sodass sie die Zusammensetzung der
Darmmikrobiota beeinflussen. So fördert z. B. Oligofructose, ein fermentierbarer
Ballaststoff, das Wachstum von Bifidobakterien, was im Mausmodell mit einer Verbesserung von Symptomen des metabolischen Syndroms einhergeht. Umgekehrt führen
energiereiche Diäten zu einer Verringerung des bakteriellen Artenreichtums im Darm
und zur Proliferation von Bakterien, welche Adipositas und metabolische Erkrankungen fördern. Interessanterweise lässt sich der adipöse Phänotyp durch Übertragung des Mikrobioms auf keimfreie Mäuse übertragen. Eine abwechslungsreiche
Ernährung mit einer ausreichenden Menge an Ballaststoffen beugt der Entwicklung
eines adipogenen Mikrobioms vor.
11
Neue Optionen zur endoskopischen Kolonadenomdetektion:
Benötigen wir die 100%-Vorsorge?
M. Götz
Innere Medizin I, Universitätsklinikum Tübingen
Die Koloskopie ist neben dem Stuhltest auf okkultes Blut die Standarduntersuchung
zur Darmkrebsvorsorge und basiert auf dem Verständnis, dass sich die meisten der
kolorektalen Karzinome (KRK) über Vorstufen (Adenome, serratierte Läsionen oder
Mikrosatelliten-instabile Läsionen) entwickeln. Im Sinne dieser gestuften Abfolge kann
durch die endoskopische Entfernung der Vorstufen (Polypektomie, Mukosaresektion)
die Rate an KRK vermindert werden [1]. Untersuchungen aus Deutschland, basierend
auf einer Auswertung von 2.821.392 Koloskopien zwischen 2003 und 2008 [2],
schätzen, dass innerhalb von 8 Jahren 98.734 Fälle von KRK verhindert werden
konnten, obwohl nur eine Minderheit der zur Vorsorge berechtigten Personen diese
auch in Anspruch nimmt. Die Sigmoidoskopie, die nur den distalen Dickdarmabschnitt
betrachtet, der jedoch am häufigsten Adenome zeigt, wird möglicherweise besser
akzeptiert [3]. Ob diese möglicherweise bessere Akzeptanz durch alle Betroffenen die
technisch überlegene Überwachung des Einzelnen durch die Koloskopie wettmacht,
ist Gegenstand aktueller Diskussionen.
Umso mehr hat der Patient, der sich zur Vorsorgekoloskopie vorstellt, Anspruch auf
eine optimale Detektion und Entfernung aller Adenome. Die Adenomdetektionsrate
(ADR = Anteil der Vorsorgekoloskopien eines Endoskopikers, bei der mindestens
1 histologisch nachgewiesenes Adenom entdeckt wird) ist ein guter Qualitätsindikator
zur Verhinderung von Intervallkarzinomen [4]. Untersucher-, Patienten- und Koloskopie-abhängige Faktoren beeinflussen die ADR. Das Training des Endoskopikers und
die längere Rückzugszeit haben einen positiven Einfluss auf die ADR. Der Einfluss der
Zoekumintubationsrate des Endoskopikers und der Darmvorbereitung des Patienten
wird in der Literatur als variabel beschrieben, die Optimierung beider Faktoren ist
jedoch plausibel und sinnvoll.
Daneben sind in den letzten Jahren eine Reihe technischer Neuerungen zur
Verbesserung der ADR beschrieben worden. Die hochauflösende (HD-)Endoskopie ist
für die meisten der neuen Endoskope technischer Standard (s. Abb. 1). Auch wenn
12
nicht alle Studien eine verbesserte Detektion von Läsionen beschreiben [5], ist die
Verbesserung der Bildschärfe mit zusätzlicher Kontrastanhebung mittlerweile
Standard in der qualitativ hochwertigen Endoskopie, die den ursprünglich durch die
Chromoendoskopie gewünschten Effekt der Kontrastanhebung zwischen normaler
und pathologischer Schleimhaut erfolgreich nachahmt. Demgegenüber hat sich die
sogenannte virtuelle Chromoendoskopie durch NBI, i-scan oder FICE zur verbesserten
Detektion von Läsionen nicht durchgesetzt [6], wohl aber zur genauen Charakterisierung der Läsionen. Dies könnte im dunkleren Bild der Filtertechniken begründet
sein. Ob neuere Gerätegenerationen mit besserer Ausleuchtung eine Anwendung der
virtuellen Chromoendoskopie auch zur verbesserten Adenomdetektion erfahren, bleibt
abzuwarten.
Abb. 1: a) Flach elevierte Läsion in der HD-Ansicht. b) Nach Kontrastverstärkung wird
die Oberflächenstruktur plastischer sichtbar. c) Das tubuläre Muster des Adenoms mit
niedriggradiger Dysplasie wird durch die virtuelle Chromoendoskopie (hier: i-scan) gut
sichtbar.
Eine weitere Gruppe von Innovationen versucht, den Anteil der gut einsehbaren
Mukosa vor allem an der endoskopfernen, abanalen „Hinterseite“ der Falten zu
verbessern. Nach frühen Versuchen, die Falten durch eine durchsichtige Kappe glattzustreichen, die sich nicht durchgesetzt haben, beschreiben neuere Studien gute
Ergebnisse durch die Verwendung von Endocuff oder G-Eye. Der Endocuff ist ein
seeigelartiger Aufsatz auf die Endoskopspitze, dessen weiche „Stacheln“ beim Endoskoprückzug gegen den Strich gebürstet werden und damit die Falten glattstreichen.
Ein ähnliches Prinzip verfolgt G-Eye, ein fest nahe an die Endoskopspitze montierter
Ballon, der bei Rückzug halbinsuffliert Darm und Falten glattstreicht. Hier zeigen erste
vielversprechende Arbeiten eine erhöhte ADR. Optische Methoden zur Verbesserung
der Inspektion des dem Endoskop abgewandten Faltenaspekts sind das Third-Eye-
13
Retroskop und die Weitwinkelendoskopie. Bei ersterem wird ein dünner optischer
Katheter durch den Arbeitskanal eingeführt und ermöglicht bei Rückzug zusätzlich zu
der prograden Endoskopoptik eine Inversion des dünnen Katheters, sodass gleichzeitig Vorder- und Hinterseite der Haustrierung sichtbar sind. Bei der Full-Spectrum
Endoscopy (FUSE) ermöglichen zusätzliche seitlich angebrachte Optikeinheiten die
laterale Erweiterung des Gesichtsfelds auf 330 Grad, das auf 3 Bildschirmen dargestellt wird. Auch zu den Methoden der Gesichtsfelderweiterung sind erste
ermutigende Arbeiten publiziert.
In Zusammenfassung bleibt der konzentrierte, technisch versierte und gut geschulte
Endoskopiker die Hauptkomponente der Detektion von Adenomen im gut vorbereiteten Darm. Eine technische Neuerung, die bereits breit verfügbar ist, ist die HD-Endoskopie mit Kontrastanhebung. Weitere Neuerungen zielen vor allem darauf ab, den
nicht gut einsehbaren, da nicht im antegraden Blickfeld des Endoskops liegenden
Schleimhautaspekt besser sichtbar zu machen. Hier darf man auf die ersten Ergebnisse aus der breiten Praxis gespannt sein.
Literatur:
1.
Zauber AG, Winawer SJ, O'Brien MJ, Lansdorp-Vogelaar I, van Ballegooijen M,
Hankey BF, et al. Colonoscopic polypectomy and long-term prevention of colorectal-cancer deaths. N Engl J Med. 2012;366(8):687–96.
2.
Brenner H, Altenhofen L, Hoffmeister M. Eight years of colonoscopic bowel
cancer screening in Germany: initial findings and projections. Dtsch Arztebl Int.
2010;107(43):753–9.
3.
Schoen RE, Pinsky PF, Weissfeld JL, Yokochi LA, Church T, Laiyemo AO, et al.
Colorectal-cancer incidence and mortality with screening flexible sigmoidoscopy.
N Engl J Med. 2012;366(25):2345–57.
4.
Kaminski MF, Regula J, Kraszewska E, Polkowski M, Wojciechowska U,
Didkowska J, et al. Quality indicators for colonoscopy and the risk of interval
cancer. N Engl J Med. 2010;362(19):1795–803.
5.
Dekker E, East JE. Does advanced endoscopic imaging increase the efficacy of
surveillance colonoscopy? Endoscopy. 2010;42(10):866–9.
6.
Rex DK, Helbig CC. High yields of small and flat adenomas with high-definition
colonoscopes using either white light or narrow band imaging. Gastroenterology.
2007;133(1):42–7.
14
Endoskopische Submukosadissektion (ESD) im Gastrointestinaltrakt: Wo macht es wirklich Sinn?
H. Neuhaus
Innere Medizin, Evangelisches Krankenhaus, Düsseldorf
Eine potenziell kurative endoskopische Resektion früher gastrointestinaler Neoplasien
ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Das Risiko von Lymphknotenmetastasen muss gering sein. Je nach Lokalisation eines Karzinoms im Gastrointestinaltrakt (GIT) wird diese Bedingung erfüllt bei Tumoren, die sich auf die Mukosa
und in ausgewählten Fällen auf oberflächliche Abschnitte der Submukosa beschränken, keine Gefäßinvasion aufweisen und gut bis mäßiggradig differenziert sind. Die
Läsion muss endoskopisch charakterisiert werden und lateral abgrenzbar sein. Eine
Resektion sollte mit reproduzierbarer Technik vollständig und sicher erfolgen. Das
Resektat muss von einem spezialisierten Pathologen sorgfältig diagnostiziert werden.
Das Ergebnis ist relevant für die Beurteilung der Prognose und die Entscheidung
zwischen Überwachung nach kurativer Endotherapie oder Operation aufgrund eines
zu hohen Risikos von Lymphknotenmetastasen. Sie sollte im Tumorbord erfolgen
unter Berücksichtigung individueller Faktoren wie Begleiterkrankungen und funktioneller Operabilität.
Die ESD ist einer endoskopischen Mukosaresektion (EMR) überlegen hinsichtlich
höherer Raten von En-bloc-, histologisch vollständigen (R0)- und kurativen Resektionen. Nachteilig sind der größere Zeitaufwand, die technische Komplexität und die
höhere Wahrscheinlichkeit unerwünschter Ereignisse. Nutzen und Risiken müssen
dabei für die verschiedenen Abschnitte des GIT differenziert beurteilt werden. Die
Entscheidungen sind auf einem insgesamt niedrigen Evidenzgradniveau zu treffen, da
nur wenige kontrollierte Studien zum Vergleich der EMR mit ESD zur Verfügung
stehen.
Plattenepithelfrühkarzinome des Ösophagus sollten mit ESD therapiert werden. Eine
detaillierte histologische Beurteilung eines en bloc entfernten Resektats ist hierbei
besonders wichtig (Abb. 1–4). Bereits bei einer Invasionstiefe in die untere Schicht der
Mukosa (m3) oder oberflächliche Submukosa (sm1) besteht ein Risiko von Lymphknotenmetastasen von durchschnittlich 8% bzw. 14%. Die endoskopische Therapie ist
15
in diesen Fällen somit potenziell nicht kurativ. Diese wichtigen subtilen histologischen
Details lassen sich mit endoskopisch inkompletter oder stückweiser Resektion durch
EMR (Piecemeal-Technik) nicht zuverlässig erfassen.
Die EMR ist dagegen sehr gut etabliert in der kurativen endoskopischen Therapie
hochgradiger intraepithelialer Neoplasien oder mukosaler Karzinome beim BarrettÖsophagus. Das Risiko von Lymphknotenmetastasen ist selbst bei günstig selektionierten Fällen von karzinomatöser sm1-Infiltration sehr gering. Ein adäquates histologisches Grading und Staging wird auch durch eine Piecemeal-Resektion mittels
EMR ermöglicht. Nach fokaler endoskopischer Resektion treten allerdings im Langzeitverlauf in bis zu einem Drittel aller Fälle Rezidive oder metachrone Neoplasien im
verbliebenen, nicht-neoplastischen Barrett-Epithel auf. Diese lassen sich wieder
zuverlässig endoskopisch entfernen, sodass Remissionsraten von nahezu 95% bei
Nachbeobachtungszeiten von über 5 Jahren erreicht werden. Zur Vermeidung eines
erneuten Auftretens von Neoplasien gilt inzwischen die Radiofrequenzablation (RFA)
einer residualen Barrett-Schleimhaut als Standard. Die Kombination von EMR und
RFA führt in über 90% der Fälle zur langfristigen Remission von Neoplasie und
intestinaler Metaplasie. Eine kürzlich von unserer Gruppe abgeschlossene erste
randomisierte Studie EMR versus ESD zur Therapie einer frühen Barrett-Neoplasie
ergab signifikante Vorteile für die ESD bezüglich der Raten von En-bloc-, R0- und
kurativen Resektionen. Sie haben jedoch keine Auswirkungen auf die Raten von
elektiven Operationen, kompletten Remissionen und Rezidiven. Bei hoher Expertise
in der Technik der ESD kann sie im Einzelfall erwogen werden, wenn bei Verdacht auf
ein lokal weiter fortgeschrittenes Tumorstadium eine optimale histologische Analyse
eines En-bloc-Resektats wünschenswert ist.
Entsprechend der Leitlinien der DGVS sollte eine endoskopische Resektion von
Magenfrühkarzinomen en bloc erfolgen, damit eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen Ränder sichergestellt wird. Abgesehen von sehr kleinen
Karzinomen (Durchmesser ≤ 10–15 mm) ist hierzu eine ESD erforderlich. Sie ist
indiziert, wenn die von japanischen Fachgesellschaften übernommenen Standardkriterien zur endoskopischen Therapie von Magenfrühkarzinomen erfüllt sind. Darüber
hinaus sollte sie in Abstimmung mit einem Tumorboard bei erweiterten Kriterien
erwogen werden.
16
In der Behandlung sessiler und flacher kolorektaler Adenome hat sich die endoskopische Mukosaresektion (EMR) als effektives und sicheres Verfahren etabliert. Als
Nachteil werden residuale Adenomanteile in etwa jedem fünften Fall angesehen, die
aus einer meist stückweisen Abtragung resultieren. Durch eine technisch einfache
Nachbehandlung im Rahmen einer Kontrollkoloskopie wird jedoch nahezu immer eine
definitive lokale Remission erzielt. Im Vergleich zur EMR ist die ESD technisch deutlich
anspruchsvoller und zeitaufwendiger. Effektiv und sicher ist sie nur, wenn sie von
ausgewiesenen Experten durchgeführt wird. Unter diesen Bedingungen gelingt dann
häufig eine En-bloc-Resektion früher kolorektaler Neoplasien. Die hiermit verbundene
niedrige Rate an Residuen erfordert im Gegensatz zur EMR nur selten eine Nachbehandlung. Es ergeben sich jedoch keine belegten Vorteile, wenn die definitive lokale
Neoplasiefreiheit als primäres Therapieziel angesehen wird. Demgegenüber sollte die
ESD der EMR vorgezogen werden, wenn der Verdacht auf ein kolorektales Frühkarzinom mit geringer Infiltrationstiefe (< 1000 µm der Submukosa) besteht. Die ESD
erhöht in diesen Fällen die Wahrscheinlichkeit einer histologisch dokumentierbaren
vollständigen Resektion (R0). Nach westlichen Studien kann aber letztlich dem
Patienten nur in seltenen Fällen eine anschließende Operation nach onkologisch
kurativen Kriterien erspart bleiben.
Zusammenfassend gilt die ESD heute auch in westlichen Ländern als ein zuverlässiges Verfahren zur kurativen Therapie ausgewählter Fälle von frühen Neoplasien
des GIT. Sie erzielt signifikant häufiger eine R0-Resektion als die EMR, ist allerdings
zeitaufwendiger und geht eher mit unerwünschten Ereignissen einher. Bei der
Abwägung der Vor- und Nachteile der ESD müssen die Lokalisation der Neoplasie im
GIT und die Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf („clinical outcome“) berücksichtigt werden. Entscheidungen sollten auf einem leider niedrigen Evidenzgradniveau
in einem Tumorboard getroffen werden. Die ESD sollte in Zentren mit ausreichender
Expertise durchgeführt werden. Eine weitere Verbreitung setzt strukturierte Trainingsprogramme voraus.
17
Abb. 1: Plattenepithelfrühkarzinom des Ösophagus (Typ 0–IIa und IIc); Darstellung
mit Narrow Band Imaging (NBI)
Abb. 2: Resektionsfläche nach En-bloc-ESD
Abb. 3: Aufgespanntes Resektat (3,5 x 2,6 x 0,5 cm)
18
Abb. 4: Histologische Diagnose: pT1a (m3), L0, V0, TCD = 0, NX, R0 (HM0, VM0),
G1; das mit Stern gekennzeichnete Areal zeigt die Stelle der tiefsten Invasion des
Karzinoms, an der die Muscularis mucosae initial erreicht wird (Prof. M. Vieth, Klinikum
Bayreuth)
19
Morbus Crohn: Gibt es neue Ansätze für Immunsuppression und
-modulation?
E.F. Stange
Zentrum Innere Medizin I, Robert Bosch Krankenhaus, Stuttgart
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa stellen die häufigsten chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen dar. Ihre Behandlung wird zunehmend komplexer und gerade bei
den komplizierten Krankheitsverläufen individualisierter. Dieser Vortrag gibt einen
kurzen Überblick über die neueren Möglichkeiten der Immunsuppression mit TNF-Antikörpern (Infliximab und Adalimumab) und Immunmodulation mit Integrin-Antikörpern
gegen das darmspezifische α4β7-Integrin (Vedolizumab). Weiterhin wird auf aktuelle
Kontroversen in der Therapie wie die frühe Immunsuppression und Immunmodulation,
aber auch auf neue Therapieziele wie die Mukosaheilung eingegangen.
20
NASH: Wie kommen wir von der Aufklärung der Pathophysiologie zur Therapie?
V. Keitel
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Universitätsklinikum
Düsseldorf
Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) umfasst ein breites Spektrum an
Lebererkrankungen, die durch eine vermehrte Fetteinlagerung in die Hepatozyten
charakterisiert sind, und von der Steatosis hepatis (nicht-alkoholische Fettleber, NAFL)
über die nicht-alkoholische Fettleberhepatitis (NASH), bis zu Fibrose, Zirrhose und
hepatozellulärem Karzinom (HCC) reichen [1]. Die Prävalenz der NAFLD wird weltweit
mit ca. 9–37% angegeben [2]. In den USA beträgt die Prävalenz der NAFLD in der
Allgemeinbevölkerung ca. 30%, wobei Männer (Prävalenz: 30–40%) häufiger betroffen
sind als Frauen (Prävalenz: 15–20%) [2, 3]. Es wird angenommen, dass die NAFLD
im Jahr 2030 in den westlichen Industrienationen die häufigste Indikation für eine
Lebertransplantation darstellen wird [3]. Entsprechend ist die Rate an NAFLD-/NASHassoziierten HCC in den letzten Jahren in den USA signifikant angestiegen (Younossi
et al., EASL 2015, Abstract 0041).
Die Entwicklung einer NASH ist multifaktoriell bedingt. Faktoren, die zur Entstehung
einer NAFLD/NASH beitragen sind Adipositas, verminderte körperliche Aktivität,
Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes. Darüber hinaus beeinflussen wirtsgenetische
Faktoren wie Polymorphismen im PNPLA3- bzw. dem TM6SF2-Gen sowie die
Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms, welche wiederum von der Ernährung
sowie dem Gallesäurepool moduliert wird, die Entwicklung und die Progression der
NAFLD sowie die HCC-Entstehung [1, 4].
Da die NAFLD/NASH lange Zeit als Begleitphänomen des metabolischen Syndroms
bzw. des Typ-2-Diabetes angesehen wurde, zielten viele Therapieansätze vor allem
auf eine Optimierung der Glukose- und Lipidwerte im Serum der Patienten sowie auf
eine Reduktion des NAFLD-assoziierten kardiovaskulären Risikos [5]. Bisher gibt es
keine für die NAFLD/NASH spezifische zugelassene medikamentöse Therapie.
21
Basierend auf den bisherigen Erkenntnissen zur Pathogenese der NASH sollte eine
ideale Therapie sowohl in der Leber als auch systemisch anti-inflammatorische und
anti-diabetische Wirkungen haben. In der Leber sollte diese Therapie zusätzlich antiapoptotische sowie anti-fibrotische Effekte entfalten und im Darm qualitative Veränderungen des intestinalen Mikrobioms bewirken, die zu einer Reduktion an sekundären
Gallensäuren führen [1, 3, 4]. Aktuell befinden sich verschiedene Substanzen in
klinischen Studien, wobei im Rahmen des Vortrags insbesondere auf Agonisten von
Gallensäurerezeptoren bzw. Gallensäurederivate eingegangen wird.
Agonisten für die Gallensäurerezeptoren FXR und TGR5 haben im Tiermodell antidiabetische, anti-inflammatorische, anti-apoptotische und anti-fibrotische Eigenschaften [6–8]. Eine randomisierte, placebokontrollierte Phase-II-Studie mit dem FXRAgonisten Obeticholsäure (OCA) bei NAFLD-Patienten wurde vorzeitig abgebrochen,
da die Interimsanalyse nach 72 Wochen eine signifikante Verbesserung der Leberhistologie bei den bereits mit OCA behandelten Patienten ergeben hatte. Zusätzlich
führte die Therapie mit OCA zu einem signifikanten Abfall der Serumwerte für ALT und
GGT, welche nach Ende der Studie und Absetzen von OCA wieder auf die
Ausgangswerte anstiegen [9]. Allerdings bewirkte OCA in dieser Studie eine
Steigerung der Serum-LDL-Werte [9], was durch die FXR-vermittelte Hemmung der
Gallensäuresynthese aus Cholesterin bedingt sein könnte [9]. Welche Langzeiteffekte
OCA auf die Progression der NAFLD und die HCC-Inzidenz hat, bleibt abzuwarten und
muss prospektiv untersucht werden.
Kürzlich wurden Daten publiziert, die suggerieren, dass auch eine Hemmung von FXR
im Darm, d. h. der Einsatz von FXR-Antagonisten zur Therapie der NAFLD/NASH
geeignet sein könnte [10]. So zeigen Mäuse, bei denen FXR selektiv im Darm
ausgeschaltet ist unter hochkalorischer Nahrung weniger Fettakkumulation in der
Leber und waren somit vor der Entwicklung einer NASH geschützt [10]. Daher sind
weitere Untersuchungen zur Bedeutung von FXR in der Leber und im Darm für die
Pathogenese und Progression der NAFLD dringend notwendig.
Die Gallensäure Ursodesoxycholsäure (UDCA, 20 mg/kg/Tag) wurde kürzlich bei
schwer übergewichtigen Patienten (BMI > 40 kg/m2) über einen Zeitraum von
3 Wochen vor bariatrischer Chirurgie eingesetzt [11]. UDCA bewirkte über eine
Hemmung von FXR im Darm und reduzierte FGF19-Spiegel eine Steigerung der
22
Gallensäureneusynthese und damit einen Abfall des hepatischen LDL-Cholesterins.
Allerdings kam es durch die FXR-antagonistische Wirkung gleichzeitig zu einer
Steigerung der hepatischen Triglyzeridsynthese [11]. Ob diese beobachteten UDCAEffekte bei längerer Therapiedauer positive Effekte auf die Krankheitsprogression
hätten, lässt sich nicht abschätzen. NorUDCA stellt ein weiteres Gallensäurederivat
mit anti-inflammatorischen und hepatoprotektiven Eigenschaften dar [12], das aktuell
in Studien bei Patienten mit NAFLD/NASH evaluiert wird.
Die NAFLD umfasst ein breites Spektrum an Lebererkrankungen, die durch eine
vermehrte Fetteinlagerung in die Hepatozyten charakterisiert sind. Neben Adipositas,
hochkalorischer Ernährung, mangelnder Bewegung und Insulinresistenz tragen
genetische, epigenetische und hormonelle Faktoren, ebenso wie Veränderungen der
intestinalen Flora und des Gallensäurepools zur Entstehung der Erkrankung bei.
Daher wäre es wünschenswert neben dem Body-Mass-Index (BMI), dem Vorliegen
eines Diabetes und dem Vorhandensein einer Leberfibrose auch genetische Risikofaktoren (PNPLA3, TM6SF2) bei der Randomisierung für klinische Studien zu
berücksichtigen und zusätzlich Daten über die Zusammensetzung des intestinalen
Mikrobioms sowie des Gallensäurepools während der Studien zu erheben. Dieser
Ansatz sollte in Zukunft eine zielgerichtete, individualisierte Therapie dieses häufigen,
jedoch bezüglich seiner Pathogenese heterogenen Krankheitsbildes erlauben.
Literatur:
1.
Roeb E, Steffen HM, Bantel H, Baumann U, Canbay A, Demir M, et al. DGVS
S2k Leitlinie „Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen“ AWMF Register Nr.
021-025 (Version Januar 2015).
http://www.dgvs.de/fileadmin/user_upload/Leitlinien/Nicht_alkoholische_Fettlebererkrankungen/LL_NASH_final_6.5.15.pdf
2.
Starley BQ, Calcagno CJ, Harrison SA. Nonalcoholic fatty liver disease and
hepatocellular carcinoma: a weighty connection. Hepatology. 2010;51(5):1820–
32.
3.
Byrne CD, Targher G. NAFLD: A multisystem disease. J Hepatol. 2015;62(1S):
S47–S64.
4.
Cohen JC, Horton JD, Hobbs HH. Human fatty liver disease: old questions and
new insights. Science. 2011;332(6037):1519–23.
5.
Ratziu V, Goodman Z, Sanyal A. Current efforts and trends in the treatment of
NASH. J Hepatol. 2015;62(1S):S65–S75.
23
6.
Thomas C, Pellicciari R, Pruzanski M, Auwerx J, Schoonjans K. Targeting bileacid signalling for metabolic diseases. Nat Rev Drug Discov. 2008;7(8):678–93.
7.
Keitel V, Häussinger D. Perspective: TGR5 (Gpbar-1) in liver physiology and
disease. Clin Res Hepatol Gastroenterol. 2012;36(5):412–9.
8.
Pols TW, Nomura M, Harach T, Lo Sasso G, Oosterveer MH, Thomas C, et al.
TGR5 activation inhibits atherosclerosis by reducing macrophage inflammation
and lipid loading. Cell Metab. 2011;14(6):747–57.
9.
Neuschwander-Tetri BA, Loomba R, Sanyal AJ, Lavine JE, Van Natta ML,
Abdelmalek MF, et al. Farnesoid X nuclear receptor ligand obeticholic acid for
non-cirrhotic, non-alcoholic steatohepatitis (FLINT): a multicentre, randomised,
placebo-controlled trial. Lancet. 2015;385(9972):956–65.
10. Jiang C, Xie C, Li F, Zhang L, Nichols RG, Krausz KW, et al. Intestinal farnesoid
X receptor signaling promotes nonalcoholic fatty liver disease. J Clin Invest.
2015;125(1):386–402.
11. Mueller M, Thorell A, Claudel T, Jha P, Koefeler H, Lackner C, et al.
Ursodeoxycholic acid exerts farnesoid X receptor-antagonistic effects on bile acid
and lipid metabolism in morbid obesity. J Hepatol. 2015;62(6):1398–404.
12. Trauner M, Claudel T, Fickert P, Moustafa T, Wagner M. Bile acids as regulators
of hepatic lipid and glucose metabolism. Dig Dis. 2010;28(1):220–4.
24
HCV-Zirrhose:
Was
bringen
die
neuen
Therapien?
Wie
behandeln wir Infektionen und Komplikationen?
B. Kronenberger
Medizinische Klinik 1, Universitätsklinikum Frankfurt
Therapieziel
Die neuen Therapien der chronischen Hepatitis C ermöglichen deutlich höhere
dauerhafte Ansprechraten bei besserer Verträglichkeit und kürzeren Therapiezeiten
[1]. Sie haben sich gerade auch bei Patienten mit chronischer Hepatitis C und bereits
etablierter Leberzirrhose als wirksam erwiesen. Das dauerhafte virologische
Ansprechen (sustained virologic response, SVR) ist definiert als fehlender Nachweis
von HCV-RNA 12–24 Wochen nach Ende einer antiviralen Therapie. Bei den meisten
Patienten kommt das dauerhafte virologische Ansprechen einer Heilung der
chronischen Hepatitis C gleich [2]. Erfolgreich behandelte Patienten haben ein deutlich
niedrigeres Risiko für eine Progression der Leberzirrhose und die Entwicklung eines
hepatozellulären Karzinoms [3].
Substanzklassen
Bei den direkt-antiviralen Substanzen (direct-acting antivirals, DAAs) können 4 Medikamentenklassen unterschieden werden: nukleosidische, nicht-nukleosidische Polymeraseinhibitoren, Proteaseinhibitoren und NS5A-Inhibitoren. Aktuell zugelassene
Substanzen sind die Proteaseinhibitoren der zweiten Generation Simeprevir (SMV)
und Paritaprevir (PTV/r), die NS5A-Inhibitoren Daclatasvir (DCV), Ledipasvir (LDV)
und Ombitasvir (OMV) sowie mit Dasabuvir (DSV) und Sofosbuvir (SOF) jeweils ein
Vertreter der Klasse der nicht-nukleosidischen bzw. nukleotidischen Polymeraseinhibitoren.
Genotyp
Die Auswahl der antiviralen Substanzen und Kombinationen sowie die Entscheidung
zur Therapiedauer erfolgt nach Zulassungskriterien, antiviraler Effektivität, Vortherapiestatus, Leberfibrosestadium, dem HCV-Geno- bzw. -Subtyp, der Ausgangsviruslast
sowie ökonomischen Gesichtspunkten [1]. Alle DAAs besitzen eine starke antivirale
25
Aktivität beim in Europa und Nordamerika dominierenden HCV-Genotyp 1. Bei
Genotyp-1-infizierten Patienten mit Leberzirrhose werden mit PTV/r + OMV + DSV +
Ribavirin (RBV) bzw. SOF + LDV ± RBV SVR-Raten von 92–96% bzw. 96–97%
erreicht [4, 5]. Am schlechtesten wirksam sind die neuen Therapien bei Patienten mit
Genotyp-3-Infektion und Zirrhose. Die Kombinationen SOF + RBV für 24 Wochen bzw.
SOF + DCV für 12 Wochen erreichen SVR-Raten von 68% bzw. 63% [6, 7].
Behandlung von Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose
Auch bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose ist eine Behandlung mit DAAs
möglich. Die Behandlung von Patienten mit Child-B- und -C-Zirrhose mit SOF + LDV
+ RBV für 12–24 Wochen führte bei 86–89% der Patienten zu einem dauerhaften
Ansprechen (SVR12) [8]. Allerdings war die Therapie bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose mit Komplikationen verbunden. Schwere unerwünschte
Ereignisse traten bei 10–42% der Patienten ein, 3–9% der Patienten verstarben
während der Behandlung an septischem Multiorganversagen, Schock, Nieren- und
Herzversagen. Die Behandlung von Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose
sollte daher nur an Zentren mit großer Erfahrung durchgeführt werden.
Infektionen und Komplikationen der Leberzirrhose
Das Auftreten von Infektionen ist mit dem Auftreten von Komplikationen der
Leberzirrhose und erhöhter Mortalität verbunden [9]. Besonders ungünstig für das
Überleben sind die Besiedelung mit multiresistenten Erregern und das Auftreten
nosokomialer Infektionen [10]. Konzepte zum Management von Infektionen bei
Patienten mit Leberzirrhose sind neben der rechtzeitigen Therapie von etablierten
Infektionen die Primär- und Sekundärprophylaxe von Infektionen bei Risikopatienten
sowie die Dekontamination von Patienten mit multiresistenten Erregern.
Literatur:
1.
Schneider MD, Kronenberger B, Zeuzem S, Sarrazin C. [Treatment of hepatitis
C]. Internist (Berl). 2015;56(4):391–405.
2.
Younossi ZM, Stepanova M, Henry L, Gane E, Jacobson IM, Lawitz E, et al.
Minimal impact of sofosbuvir and ribavirin on health related quality of life in
chronic hepatitis C (CH-C). J Hepatol. 2014;60(4):741–7.
26
3.
Morgan RL, Baack B, Smith BD, Yartel A, Pitasi M, Falck-Ytter Y. Eradication of
hepatitis C virus infection and the development of hepatocellular carcinoma: a
meta-analysis of observational studies. Ann Intern Med. 2013;158(5 Pt 1):329–
37.
4.
Poordad F, Hezode C, Trinh R, Kowdley KV, Zeuzem S, Agarwal K, et al. ABT450/r-ombitasvir and dasabuvir with ribavirin for hepatitis C with cirrhosis. N Engl
J Med. 2014;370(21):1973–82.
5.
Bourlière M, Bronowicki JP, de Ledinghen V, Hézode C, Zoulim F, Mathurin P, et
al. Ledipasvir-sofosbuvir with or without ribavirin to treat patients with HCV
genotype 1 infection and cirrhosis non-responsive to previous protease-inhibitor
therapy: a randomised, double-blind, phase 2 trial (SIRIUS). Lancet Infect Dis.
2015;15(4):397–404.
6.
Zeuzem S, Dusheiko GM, Salupere R, Mangia A, Flisiak R, Hyland RH, et al.
Sofosbuvir and ribavirin in HCV genotypes 2 and 3. N Engl J Med. 2014;370(21):
1993–2001.
7.
Nelson DR, Cooper JN, Lalezari JP, Lawitz E, Pockros PJ, Gitlin N, et al. All-oral
12-week treatment with daclatasvir plus sofosbuvir in patients with hepatitis C
virus genotype 3 infection: ALLY-3 phase III study. Hepatology. 2015;61(4):
1127–35.
8.
Charlton M, Everson GT, Flamm SL, Kumar P, Landis C, Brown RS Jr, et al.
Ledipasvir and Sofosbuvir Plus Ribavirin for Treatment of HCV Infection in
Patients with Advanced Liver Disease. Gastroenterology. 2015 [Epub ahead of
print].
9.
Cervoni JP, Thévenot T, Weil D, Muel E, Barbot O, Sheppard F, et al. C-reactive
protein predicts short-term mortality in patients with cirrhosis. J Hepatol. 2012;
56(6):1299–304.
10. Waidmann O, Kempf VA, Brandt C, Zeuzem S, Piiper A, Kronenberger B.
Colonisation with multidrug-resistant bacteria is associated with increased mortality in patients with cirrhosis. Gut. 2015 [Epub ahead of print].
27
Anschriften der Referenten und Vorsitzenden
PD Dr. Jörg G. Albert
Medizinische Klinik 1
Universitätsklinikum Frankfurt
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt
Prof. Dr. Michael Blaut
Deutsches Institut für
Ernährungsforschung
Abteilung Gastrointestinale
Mikrobiologie
Arthur-Scheunert-Allee 114–116
14558 Nuthetal
Prof. Dr. Karel Caca
Medizinische Klinik I
Klinikum Ludwigsburg
Posilipostr. 4
71640 Ludwigsburg
Prof. Dr. Arno J. Dormann
Innere Medizin
Krankenhaus Holweide
Kliniken der Stadt Köln
Neufelder Str. 32
51067 Köln
Prof. Dr. Martin Götz
Innere Medizin I
Universitätsklinikum Tübingen
Otfried-Müller-Str. 10
72076 Tübingen
Prof. Dr. Stefan Grüne
Innere Medizin II
Krankenhaus Hetzelstift
Stiftstr. 10
67434 Neustadt
Prof. Dr. Ralf Jakobs
Medizinische Klinik C
Klinikum der Stadt Ludwigshafen
Bremserstr. 79
67063 Ludwigshafen
PD Dr. Verena Keitel
Klinik für Gastroenterologie,
Hepatologie und Infektiologie
Universitätsklinikum Düsseldorf
Moorenstr. 5
40225 Düsseldorf
Prof. Dr. Bernd Kronenberger
Medizinische Klinik 1
Universitätsklinikum Frankfurt
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt
Prof. Dr. Frank Lammert
Klinik für Innere Medizin II
Universitätsklinikum des Saarlandes
Kirrberger Str. 100
66424 Homburg
Prof. Dr. Horst Neuhaus
Innere Medizin
Evangelisches Krankenhaus
Kirchfeldstr. 40
40217 Düsseldorf
Prof. Dr. Roland M. Schmid
II. Medizinische Klinik und Poliklinik
Klinikum rechts der Isar
der Technischen Universität
Ismaninger Str. 22
81675 München
Prof. Dr. Eduard F. Stange
Zentrum Innere Medizin I
Robert Bosch Krankenhaus
Auerbachstr. 110
70376 Stuttgart
Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Stremmel
Innere Medizin IV
Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
Prof. Dr. Stefan Willis
Chirurgie A
Klinikum der Stadt Ludwigshafen
Bremserstr. 79
67063 Ludwigshafen
29
Herunterladen