HVZ Samstag, 29. Oktober 2005 Nur radikale Veränderungen retten Chöre Beim elften Treffen der Selfkantchöre in der St. Nikolais Kirche wird dramatische Lage deutlich. Geld und Mitgliedermangel SELFKANT MILLEN. Wo (noch) viel Licht ist, ist auch (schon) viel Schatten. Wie beim elften Treffen der Selfkantchöre in der altehrwürdigen St. Nikolais Kirche deutlich wurde, wird ihre Lage immer dramatischer. Der große Nachwuchsmangel wird begleitet von zahlreichen Unsicherheiten. Selbst dem Veranstalter aus Millen ist schon längst nicht mehr nach "Frohsinn" zumute. Vorsitzender Klaus Mörsheim, einer der Vorkämpfer für diese Jahrestreffen, hegte Zweifel, im nächsten Jahr in Havert überhaupt noch dabei zu sein. Vor allem Männer braucht der Gesang. Gäbe es die alten Recken nicht, die Frauen stünden schon jetzt allein da. Mit beschwörenden Appellen wandten sich Bürgermeister Herbert Corsten und Anton Boden als Moderator an Teilnehmer und Besucher, nicht mit ihrem Einsatz zu erlahmen. Es gehe ums Ganze. Havert fehlte in der Runde 2005, dann Tüddern und auch Hillensberg, das offensichtlich die größten Existenznöte hat. Mit bedauernden Worten sei es sicher nicht mehr getan. Radikale Veränderungen seien notwendig. Wenn nichts mehr zu bewegen sei, könnte auch ein Dirigentenwechsel helfen. Leider litten die Kirchenchöre unter chronischem Geldmangel und könnten keine lukrativen Saläre anbieten. Es fehle aber auch häufig an der öffentlichen Anerkennung. Drum meinte der Bürgermeister: "Wenn schon ein professioneller Künstler fürstlich' entlohnt wird und vom Applaus als seinem Brot redet, um wie viel mehr gilt das für Menschen, die ehrenamtliche ihre Freizeit für die Kultur opfern!" Geduldiges Sitzfleisch Mit einem zweistündigen Konzert, das auf den harten unergonomischen Bänken geduldiges Sitzfleisch erforderte, kämpften die teilnehmenden Chöre tapfer sowohl für ihren Erhalt als auch für die nicht hoch genug zu bewertenden gegenseitigen Kontakte. Insgesamt kamen die sechs teilnehmenden Chöre auf knapp 200 Sänger, die sich als ortsgebundene eigenständige Sangesvereinigungen verstehen. Eine Zusammenlegung lehnen sie ab. Das würden schon die unterschiedlichen Traditionen verbieten. Bei St. Lucia Saeffelen reicht sie 160 Jahre zurück. Die Chorgemeinschaft Süsterseel Hastenrath, die schon 15 Jahre besteht, nutzte die Zeit zur ausführlichen Präsentation mit sechs modernen Kirchenliedervorträgen. Tenor: Optimismus und Zuversicht. Gerd Gerardts Lächeln stand dafür als Zeichen. Heinz Willems und der Gesangverein St. Josef Schalbruch fühlten sich bei populären Volksweisen wohl. Karl Mobers, Chorleiter von Wehr und Saeffelen, legte sich mit Vehemenz ins Zeug und legte mit seinen Chören freudig und bravourös zwei Glanzauftritte hin. Die ausgewählten Chorsätze größter Meister taten ein Übriges. Anton Boden rühmte die "schönen klaren Stimmen". St. Lambertus Höngen unter dem seit Januar amtierenden neuen Chorleiter Luuc Karstens sorgte für einen hoffnungsvollen Neubeginn mit seiner Verpflichtung für Komponisten von Bach bis Verdi. Der Tatendrang des Neulings am Pult wirkte ansteckend. Der westlichste Männer und dazu noch zweimalige Meisterchor St. Josef Höngen bot den krönenden Abschluss. Christian Ernst am Klavier warb mit Schubert und Mozart gleichzeitig für sein Benefizkonzert am 12. November in Hückelhoven. (sche)