Anpassung an den Klimawandel Herausforderungen zur nachhaltigen Landnutzung in Kenia © www.shutterstock.com Die kenianische Umweltwissenschaftlerin Sarah Ayeri Ogalleh widmet sich den Problemen, die der Klimawandel in ihrem Heimatland hervorruft. Seit Mitte Oktober arbeitet sie an ihrer Dissertation zu diesem Thema am Centre for Development Research (CDR), nachdem sie sich bereits in Kenia in mehreren Organisationen engagiert hat. Entwicklung Text: Sarah Ayeri Ogalleh Übersetzung: Florian A. Peloschek Sarah Ayeri Ogalleh, MSc Über die Autorin Sarah Ayeri Ogalleh absolvierte ihren Master in Environmental Sciences an der Egerton University in Ngoro, Kenia. Nach dem Studium war sie im Centre for Training and integrated Research in Arid and semi-arid Development (CETRAD) tätig und ist Vorstandsmitglied im Kenya Forum on Climate Change (KFCC), einer Gruppe, die sich für eine wirksame Klimapolitik in Kenia einsetzt. Seit 15. Oktober 2009 ist sie an der BOKU als Doktoratsstudentin inskribiert. 28 BOKU INSIGHT 5/2009 Der Klimawandel ist eines der herausforderndsten Probleme des 21. Jahrhunderts. Seine potenziell katastrophalen Auswirkungen werden heute bereits weltweit dokumentiert. Afrika wird unter den Folgen des Klimawandels besonders zu leiden haben, wofür vor allem zwei Gründe ausschlaggebend sind. Erstens sind die meisten afrikanischen Länder von der Nutzung begrenzt vorhandener natürlicher Ressourcen abhängig, was wegen der stetig wachsenden Bevölkerung zu einer übermäßig steigenden Abhängigkeit der Menschen von der Landwirtschaft führt. Zweitens haben einige Nationen Afrikas, so auch in Kenia, keine Klima(-schutz)politik. Dadurch wird die Problematik der Klimaänderung zusätzlich verstärkt. Die nachhaltige Umsetzung von Anpassungsstrategien auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene wird dadurch behindert, dass sich die politische Entscheidungsfindung hauptsächlich auf Maßnahmen als unmittelbare Reaktion auf Engpässe beschränkt. Anpassung benötigt praxisrelevante Forschung Landwirtschaftliche Produktion macht den Großteil der Volkswirtschaften der Länder südlich der Sahara aus, Kenia ist hier keine Ausnahme. Kleinbäuerliche Betriebe dominieren die Landwirtschaft, und gerade diese Bäuerinnen und Bauern sind schwerwiegenden Konsequenzen durch den Klimawandel ausgesetzt. Traditionell verankerte Landbewirtschaftung und fehlende technologische Entwicklung bedrohen die lokale Ernährungssicherung der Kleinbauern. In wenige Worte gefasst: Afrika, insbesondere Kenia, benötigt auf dem Weg aus der Armut heraus ergebnisorientierte Forschung, die vor allem den lokalen Gemeinschaften zugutekommt. Um dies zu erreichen, arbeiten ForscherInnen und LandwirtInnen gemeinsam an der Entwicklung von Anpassungsstrategien. Betroffene einbeziehen Die Studie „Adaptation Strategies in Agriculture and Natural Resources Management in Arid Lands of Laikipia District, Kenya” („Anpassungsstrategien in der Landwirtschaft und dem Management natürlicher Res- sourcen in Trockengebieten des Laikipia-Distrikts, Kenia“) versucht mit einem partizipatorischen Ansatz die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels auf die Landnutzungssysteme und das Ressourcenmanagement aufzuzeigen. Obgleich die Kleinbauern bereits Bewältigungsmechanismen und Anpassungsstrategien entwickeln, soll zusätzlich die Nachhaltigkeit dieser Strategien eindeutig bewertet werden. Darüber hinaus werden die differenzierten Herausforderungen des Klimawandels an Bäuerinnen und Bauern sowie die geschlechterspezifischen Anpassungsmaßnahmen untersucht. In der ersten Projektphase werden fünfundsiebzig von der Landwirtschaft lebende Haushalte gezielt für eine Befragung ausgewählt und zusätzlich werden zwanzig Auskunftspersonen aus allen Bevölkerungsschichten interviewt. Solide Datengrundlagen sind essenziell Die dafür verwendeten Fragebögen werden zur quantitativen Auswertung herangezogen. Auf dieser Basis wird die zeitliche Abfolge der festgestellten, durch den Klimawandel bedingten, Änderungen näher untersucht. Dies geschieht mittels gemeinsam erstellten Zeitachsen und Begehungen der Anbauflächen. Gruppendiskussionen, Fotodokumentation und persönliche Beobachtungen runden das Datenmaterial ab. Zur Analyse der quantitativen Daten wird die ComputerSoftware „SPSS“ und zur Aufbereitung der qualitativen Daten das Programm „ATLAS.ti“ herangezogen. Diese Studie, für die die praktische Arbeit vor Ort in Kenia im April 2010 startet, wird die großen Herausforderungen der Kleinbauern im Hinblick auf den Klimawandel in der Landwirtschaft und seine Auswirkung auf natürliche Ressourcen im Laikipia District aufzeigen. Die vorhandenen Anpassungsstrategien werden nach geschlechterspezifischen Unterschieden aufgeschlüsselt und besonderes Augenmerk wird auf die Begründungen für die Auswahl bestimmter Anpassungsstrategien gelegt. Beispiel für eine bewährte Methode: partizipatorische Gruppendiskussion (hier in Uganda), Foto: M. Hauser/CDR Folgen fehlender Klimapolitik – aber noch besteht Hoffnung, Foto: L. Aigelsperger/CDR Hoffnung auch für andere Regionen Afrikas Erfolgreiche Strategien zur nachhaltigen Nutzung der landwirtschaftliche Systeme und der natürlichen Ressourcen sollen zur Replikation in ähnlichen geografischen Gebieten mit verwandten Problemen entwickelt und zur Verfügung gestellt werden. Diese Forschungsarbeit unterstützt nicht nur die Ernährungssicherung der lokalen Bevölkerung, ihre Ergebnisse sollen auch einen Beitrag zur politischen Diskussion über den Klimaschutz in Kenia leisten. Kontakt: Sarah Ayeri Ogalleh, MSc [email protected] DI Florian A. Peloschek fl[email protected] Beide: Centre for Development Research Gregor Mendel-Straße 33 1180 Wien +43 1 47654-2960 [email protected] R4D UPDATE Nach Kopenhagen Während sich die Welt zur 15. UN-Klimakonferenz in Kopenhagen trifft und über die dringenden Reduktion von Klimagasen diskutiert, ist die Notwendigkeit zur Anpassung an den Klimawandel insbesondere in Afrika ungebrochen hoch. Dies betrifft insbesondere Menschen im ländlichen Raum, für die Landwirtschaft die Lebensgrundlage darstellt. In vom Klimawandel besonders gerüttelten Regionen des südlichen Afrika könnten sich Ernteerträge von auf Regenfeldbau basierender Landwirtschaft um bis zu 50 % reduzieren. Dies führt zu einer ernsthaften Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Produktion und folglich zu einer beträchtlichen Gefährdung der ohnedies schon angespannten lokalen Ernährungssicherheit. Im Zusammenhang mit der Stärkung der Anpassungsfähigkeit von landwirtschaftlichen Systemen an Klimawandel spielt Wissenschaft eine zentrale Rolle. Denn die Erprobung neuer landwirtschaftlicher Praktiken oder die Entwicklung von trockenheitsresistenten Sorten ist wissensintensiv. Dabei konzentriert sich die Forschung nicht ausschließlich auf Nahrungsmittelpflanzen für den lokalen Bedarf, sondern befasst sich auch mit Anbaufrüchten, die für den Verkauf bestimmt sind. Die Wirtschaft von Ländern wie zum Beispiel Äthiopien ist abhängig von wenigen Exportfrüchten, etwa Kaffee. Die Verringerung von klimainduzierten Ernteausfällen ist aus der Sicht vieler Entwicklungsländer eine Überlebensfrage. In Kopenhagen auch vertreten sind deshalb neben Regierungen und Nichtregierungsorganisationen zahlreiche wissenschaftlichen Einrichtungen, allen voran die Consultative Group on International Agricultural Research. Letztere koordiniert ein umfassendes Programm zu Klimawandel, Landwirtschaft und Ernährungssicherung. In vielen der an der BOKU laufenden R4D (Research for Development) Projekten ist Klimawandel mittlerweile ein wichtiges Querschnittsthema, insbesondere für jene Projekte, die mit Institutionen der Consultative Group on International Agricultural Research betrieben werden. Gleichzeitig laufen auch an der BOKU, koordiniert vom CDR, Untersuchungen, die Klimaanpassung als zentralen Arbeitsgegenstand haben (siehe Artikel). Die Suche nach adäquaten Anpassungsstrategien für die und mit den Millionen Kleinbauern und Kleinbäuerinnen geht jedenfalls auch nach der Klimakonferenz in Kopenhagen weiter. Für viele dieser Menschen ist dies ein Wettlauf mit der Zeit. Text: Michael Hauser Univ.Ass. DI Dr. Michael Hauser Direktor des CDR Kontakt: Centre for Development Research Gregor-Mendel-Straße 33 1180 Wien [email protected] www.cdr.boku.ac.at BOKU INSIGHT 5/2009 29