Feuilleton regional | Augsburg 44 NUMMER 33 DONNERSTAG, 9. FEBRUAR 2012 Der zeitlose Klassiker Der Weg zum Glück Premiere Friedrich Schillers erstes Schauspiel „Die Räuber“ soll am Theater Augsburg keiner bestimmten Epoche zugeordnet werden Porträt Die Inderin Balvinder Sidhu wuchs mit der Ayurveda-Lehre auf. Das veränderte ihr Leben. Jetzt schrieb sie ein Buch darüber gerade mit Haaren beschäftigt, kommt nicht von ungefähr. Die Sidhus sind eine Sikh-Familie. Auch Deutsche kennen die Bilder der Männer mit den Turbanen, unter denen sich die Haarpracht verbirgt. Sikhs schneiden aus religiösen Gründen ihre Haare nicht, erklärt Balvinder Sidhu (die eine Ausnahme bildet); dementsprechend werden sie gehegt und gepflegt. Aber auch wenn Balvinder Sidhu froh war, helfen zu können, merkte sie vor einigen Jahren: Es fehlt etwas, sie hatte sich zu sehr auf den geliebten Beruf konzentriert. Sie machte das, was heutzutage viele in dieser Situation machen: Sie ging zu einem Coach. „Er hat mir eine Stunde lang das erzählt, was mir eigentlich Ayurveda schon beigebracht hatte: Alles, was du zu deinem Glück brauchst, liegt in dir. Du musst dich nur darauf besinnen.“ VON SYBILLE SCHILLER Argumentieren ließe sich, dass Friedrich Schillers Schauspiel „Die Räuber“ ein Jugendstück ist. Doch dieser Einschätzung widersprechen Dramaturg Tobias Vogt und Ausstatterin Susanne Hiller. Vogt verweist auf Schiller selbst, der 1784 in der Ankündigung der Rheinischen Thalia-Zeitung geschrieben hatte: „Wenn von allen, den unzähligen Klagschriften gegen ‚Die Räuber‘ eine einzige mich trifft, so ist es diese, dass ich zwei Jahre vorher mich anmaßte, Menschen zu schildern, ehe mir noch einer begegnete.“ Sie hätten sich bemüht, Schillers Drama zu „verzeitlosen“, sagen Vogt und Hiller zur Inszenierung, die am kommenden Samstag im Theater Augsburg Premiere hat. Mit dem Begriff „verzeitlosen“ meinen sie, dass diesem berühmten Stück keine bestimmte Zeitperiode übergestülpt werde. Regie führt Fabian Alder, dessen Handschrift die Augsburger aus den Stücken „faust hat hunger und verschluckt sich an einer grete“, „Der Besuch der alten Dame“, „Welche Droge passt zu mir?“ kennen. Alder selbst war wenige Tage vor der Räuber-Premiere so sehr im Endprobenstress eingespannt, dass anstatt seiner Vogt und Hiller darüber informierten, wie „Die Räuber“ auf die Bühne stürmen und drängen werden. Bekanntlich löste das Schiller’sche Erstlingswerk des Sturm und Drang bei der Uraufführung 1782 in Mannheim einen Theatersturm aus und machte den damals 22-jährigen Dramatiker schlagartig berühmt. Textlich nichts geändert, aber eine Menge gekürzt Zentrales Motiv in „Die Räuber“ ist der Konflikt zwischen Gesetz und Freiheit, festgemacht an den Brüdern Karl und Franz Moor, die beide um die Gunst ihres Vaters buhlen. Um den Vater für sich zu gewinnen, spinnt Franz eine infame Intrige. Der innerlich zutiefst verletzte Karl schließt sich nun einer Räuberbande an. Franz dagegen entmachtet den Vater und fordert als Dreingabe die Gunst von Karls Geliebter Amalia. Bis zum Ende dieser Tragödie vergehen in Augsburg inklusive Pause drei Stunden. „Wir haben textlich nichts verändert, dafür eine Menge gekürzt“, erklärt Tobias Vogt. Auch Personen seien dem Rotstift zum Opfer gefallen. „Schiller“, so Vogt weiter, „war in allen seinen Werken stets auch auf Wirkung bedacht. Auch wir setzen Kultur kompakt DIÖZESANMUSEUM Alte Musik in Neuer Musik: ein Hochschulprojekt Mit dem Titel „Timelessness – Alte Musik in Neuer Musik“ geben am Samstag, 11. Februar, um 19.30 Uhr im Diözesanmuseum Studierende des Leopold-Mozart-Zentrums und der Hochschule für Musik und Theater München das Abschlusskonzert ihres gleichnamigen Projekts. Die Leitung hat Iris Lichtinger. Es rezitiert Karl Borromäus Murr, Direktor des tim. (AZ) JUGEND MUSIZIERT 2012 Steinway-Sonderpreis für zwei junge Pianisten Felix Otto und Kai Krauns, zwei 13-jährige Pianisten, haben beim Augsburger Regionalentscheid „Jugend musiziert“ hervorragend abgeschnitten. Sie errangen mit ihrem Spiel zu vier Händen nicht nur einen 1. Preis mit Weiterleitung zum Landesentscheid 2012 in Erding, sondern auch den Steinway-Sonderpreis für herausragende Leistungen in der Kategorie Klavier vierhändig. Die beiden sind Schüler der privaten Klavier-Akademie Kopp-Liebl. In unserer Übersicht der Preisträger waren sie leider nicht erwähnt worden. (loi) Herzenserforschung und ein Tagebuch halfen Ein überdimensioniertes Schwert ist wichtige Requisite im Konzept von Dramaturg Tobias Vogt und Ausstatterin Susanne Hiller in Schillers „Die Räuber“. Foto: U. Wagner „Es gibt nicht ein Glück“, sagt die Ayurveda-Expertin Balvinder Sidhu. Sie veröffentlichte jetzt ein Buch über das Thema. Foto: Peter Fastl auf Wirkung, besonders in Bühnenkonzeption und Kostümen.“ Susanne Hiller (in Augsburg als Ausstatterin bekannt von „Herr Puntila und sein Knecht Matti“, „Der Kirschgarten“, „Die Ermittlung“) zeichnet für beides verantwortlich. Ihr hat die Räuber-Arbeit großen Spaß gemacht. Auf der Drehbühne werden die Zuschauer an jeden von Schiller beschriebenen Handlungsort geführt. Dort werden Fragmente verschiedener Theaterästhetiken erkennbar sein, zum Beispiel kontrastieren Plastikblattwerk und realistisch gemalte Natur. Auch die Kostüme seien eine Mischung aus historischen Zitaten und modischem Outfit. Als wichtige Requisite zeigen Vogt und Hiller ein Schwert, auf dem blutrot auf der einen Seite der Vers „Amalia, an deinem Eid zerbrach der allgewaltige Tod“ geschrieben steht. Susanne Hiller freut sich an solchen Einfällen: „Glücklich bin ich vor allem darüber, dass ich für dieses Stück eigensinnig etwas entwickeln und ausformulieren durfte.“ VON UTE KROGULL Die Premiere ● Das Stück: Friedrich Schiller: „Die Räuber“. Ein Schauspiel, 1781 anonym veröffentlicht, Uraufführung am 13. Januar 1782 in Mannheim. ● Premiere: Samstag, 11. Februar, 19.30 Uhr, Theater Augsburg ● Inszenierung: Fabian Alder ● Bühne/Kostüme: Susanne Hiller ● Musik: Oliver Roth ● Dramaturgie: Tobias Vogt ● Darsteller: Maximilian, Graf von Moor: Eberhard Peiker Karl Moor: Ulrich Rechenbach Franz Moor: Tjark Bernau Amalia von Edelreich: Lucy Wirth Spiegelberg: Alexander Darkow Schweizer: Michael Stange Razmann: Roberto Martinez Martinez Schufterle: Matthias Zera Roller: Jakob Walser Kosinksky: Jakob Walser Hermann: Philipp von Mirbach Daniel, Hausknecht: Toomas Täht Ein Pater: Thomas Kornack (sysch) Glück, was ist das eigentlich? „Zustand der inneren Befriedigung und Hochstimmung“, schlägt der Duden vor. Balvinder Sidhu fasst das weiter: „Es gibt nicht ein Glück“, sagt die Ayurveda-Expertin. „Es gibt so viele, wie es Menschen gibt.“ Glück ist für sie der Einklang mit sich selbst – eine Form der Ausgewogenheit, die sie vor einigen Jahren verloren hatte. Damals besann sie sich auf die alten Weisheiten der Ayurveda-Lehre, die sie seit ihrer Kindheit in Indien in sich aufgenommen hatte. Jetzt ist sie wieder glücklich – und schrieb ein Buch darüber: „Das Ayurveda-Glücksbuch“. Die Gesundheitslehre Ayurveda ist Tausende Jahre alt. Balvinder Sidhu versteht sie als ganzheitlichen Ansatz, der Körper, Geist und Seele einbezieht. Sie wuchs in einer Familie auf, die Ayurveda seit Generationen praktiziert und weitergibt. Ihr Vater und ein Bruder wurden Ärzte. Nach Deutschland kamen die Sidhus, als Balvinder zwölf Jahre alt war. Hier lernte sie, das Wissen Indiens mit den Gegebenheiten in Europa zu kombinieren. Das betrifft die Ernährung, die bei Ayurveda eine wichtige Rolle spielt, ebenso wie manche Werte; zum Beispiel, sich Ziele zu setzen. Das sei typisch deutsch, sagt Sidhu, aber irgendwie auch ayurvedisch. Denn es sei wichtig, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen. Das Interesse an fernöstlicher Weisheit wächst Immer mehr Menschen im Westen interessieren sich für die östliche Weisheit. Vor 20 Jahren, als Balvinder Sidhu begann, fragten die Leute noch „Ayurveda? Ist das ein Gewürz?“ Yoga und Meditation – wichtige Bestandteile der Lehre – wurden misstrauisch beäugt. „Inzwischen hat fast jeder mal einen Yoga-Kurs gemacht“, sagt Sidhu. Sie ist vor allem als Expertin für Haarausfall tätig. Hierbei habe sie die Erfahrung gemacht, dass Ayurveda auch dort hilft, wo die westliche Medizin versagt. Dass sie sich Also erforschte die Ayurveda-Therapeutin ihr Herz. Sie legte ein Tagebuch an, überlegte sich Ziele und wie sie sie umsetzen konnte, um wieder mehr Raum für Privates zu finden. Das ist wenige Jahre her. Jetzt ist sie glücklich verheiratet, hat zwei kleine Töchter; gleichzeitig führt sie ihre Praxis. Diese Erfahrung wollte sie in ihrem Buch weitergeben. Es verbindet die ayurvedische Lehre mit Selbsterforschung, Einblicken in Yoga, Meditation, Atemtechnik und Ernährung sowie Tipps zur Umsetzung der Ziele. Und wie erreicht man es also, das Glück? Balvinder Sidhu sagt: „Das Wichtigste ist, herauszufinden, was Glück für einen bedeutet – und dann auf dem Weg dorthin nicht aufgeben.“ Mehr zum Glück Tipps ● Machen Sie sich Erfolge bewusst und feiern Sie sie ausgiebig. ● Geistigen Reichtum kann Ihnen niemand nehmen. ● Setzen Sie sich Ziele und gehen Sie ihren Weg beharrlich weiter. ● Pläne machen frei – mit den richtigen Zielen beginnt die Persönlichkeit zu leuchten. O Buch „Das Ayurveda-Glücksbuch – In sechs Stufen zum Herzensziel“, Balvinder Sidhu, Südwest-Verlag, 167 Seiten, 16,99 Euro. Filigran, bunt, samtweich Konzert Céline Rudolph sang im Kurhaus VON STEPHANIE KNAUER Die neue, feingliedrige Musik, der makellos samtige Gesang von Céline Rudolph zogen die Zuhörer im Kurhaus in Bann. Die Besetzung sei neu, verriet die Bandleaderin Céline Rudolph am Start ihrer Tournee. Für die französisch-deutsche Jazzsängerin, die selbst auch mal zu Gitarre oder Kastagnetten griff, ist die Band nicht nur Begleitung. Die Arrangements von Céline Rudolph und Gitarrist Rüdiger Caruso Krause strickten bezaubernd filigrane Gesamtkunstwerke aus fünf gleichberechtigten Parts mit passenden Zuspielungen oder Effekten, jedoch gebührt ihrer Stimme der Vorrang. An jedem Instrument spielte ein Könner, der Rudolphs Spaziergänge durch Jazz, Pop, Weltmusik routiniert folgte, augenblicklich reagierte, musikalische Ideen auffing, damit spielte und weitergab. Im Kurhaus waren zwei imposante Drumstations aufgebaut für Andi Bühler, der zusätzlich die Samples übernahm und für Zé Luis Nascimento mit breitem Percussion-Arsenal, mit dem sich Céline Rudolph faszinierende, Atem stoppende Matches aus Scat und Percussion lieferte. Am E-Bass spielte Gogui Embaló. Trotz massiver Drumausstattung wurde es nie laut. Die Musik blieb verhalten, raffiniert, durchsichtig, nobel-schön und smooth im besten Sinne. „Salvador“ heißt Céline Rudolphs neue CD, eine Hommage an den 2008 verstorbenen französischen Chansonnier Henri Salvador, die neben Adaptionen von BeatlesSongs und Eigenem vorgestellt wurde. Céline Rudolph hat Henri Salvadors französische Texte mit Fingerspitzengefühl übersetzt, auch ihre musikalischen Fassungen sind poetisch und vielfältig zart-bunt wie das CD-Cover, selbst wenn sie rockig oder funkig werden. Der Groove ist meist ein schmiegsamer Latinrhythmus, die schmerzlich-schön kurzen, stimmungsvollen Balladen meistenteils durchkomponiert. Trotzdem blieb Raum für lange Improvisationen. Vor allem Gitarrist Rüdiger Caruso Krause sprühte, sang unisono mit, pickte im Einklang mit Célines Stimme Pizzicatotöne, während der Bass sie in der Tiefe nachzeichnete. Diese Stimme reicht von steichelzart bis zur dunklen Färbung, sie kommt fast ohne Vibrato aus und klingt stets unangestrengt durch. Ein Hochgenuss mit Tiefe. Schade, dass nicht mehr Publikum kam. Verdienstkreuz für Weihbischof Anton Losinger Weihbischof Anton Losinger hat aus der Hand von Kultusminister Ludwig Spaenle das Bundesverdienstkreuz am Bande empfangen. In der Diözese Augsburg und auch in der Deutschen Bischofskonferenz widme er sich mit großem Engagement den Fragen von Schule und Bildung, würdigte ihn Spaenle. Als Mitglied des Deutschen Ethikrates sowie der Ethikkommission der Bayerischen Staatsregierung trage Losinger mit vom christlichen Glauben geleiteten Positionen dazu bei, dass schwierige ethische Fragen in ihrer Tiefe reflektiert werden. Ein ausgewiesener Experte der Gesellschaftslehre Anton Losinger (links) erhielt von Kultusminister Ludwig Spaenle jetzt das Bundesverdienstkreuz. Foto: agt Seine Schwerpunkte sind unter anderem die Themen Stammzellforschung, Embryonenschutz, künstliche Befruchtung, Klonen und Pränataldiagnostik. Der Weihbischof sei „als ausgewiesener Experte der christlichen Gesellschaftslehre“ ein wichtiger Ratgeber für viele Persönlichkeiten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. „Mit Ihrem segensreichen Wirken für Kirche und Gesellschaft und für Ihre Mitmenschen haben Sie sich um das Gemeinwohl besonders verdient gemacht“, betonte Kultusminister Ludwig Spaenle in seiner Laudatio. (loi) Aktion für Afrika Über 2000 Euro kamen bei der Benefizaktion der Malerin Claudia Baschenegger mit der Initiative „Das Friedenshaus“ von Monika und Werner Mayer für ein Hilfsprojekt in Simbabwe zusammen. Die Malerin hatte Bilder im Zeughaus ausgestellt, die versteigert wurden. Parallel hatte das FriedenshäuschenTeam Häuschen verkauft. Zum Abschluss kamen mehr als hundert Gäste ins Zeughaus, unter ihnen der Bundestagsabgeordnete Heinz Paula (SPD). Sie hörten Vorträge von Jesuitenpater Jörg Alt darüber, ob Afrika noch zu retten sei sowie des Münchners Gerd Henghuber, der das Hilfsprojekt ins Leben gerufen hatte. Die Secondary School von St. Albert’s steht wegen Choleragefahr vor der Schließung, dadurch verlören 700 Schüler ihre Chance auf weiterführende Schulbildung. Henghuber setzt sich dafür ein, das Abwassersystem der Schule zu sanieren. Dafür werden 100 000 Euro benötigt. Mit dem Erlös der Aktion steigt der Spendenstand auf 87 544 Euro. Mehr Informationen zu dem Projekt auf: www.st-alberts.de. Umrahmt wurde die Finissage von Musiker Njamy Sitson. (AZ)