Diagnostik von Niederdruckplasmen zur kontrollierten

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RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM
Dissertation
Diagnostik von Niederdruckplasmen
zur kontrollierten Systhese von
Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen
Martin Schulze
Bochum 2007
Dissertation zur Erlangung des Grades eines
Doktor-Ingenieurs
der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik an der
Ruhr-Universität Bochum
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
i
Bilderverzeichnis
iii
1 Einleitung
1.1 Anwendungspotentiale von Nanoteilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
2.1 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . .
2.2 Versuchsablauf . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Entstehung von Protopartikeln . . . . . . .
2.4 Teilchenagglomeration . . . . . . . . . . .
2.5 Weiteres Wachstum und Wachstumszyklen
2.6 Unterbrechung des Teilchenwachstums . .
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3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
3.1 Dynamik der Staubteilchen . . . . . . . . . . .
3.1.1 Orbitallimitiertes Teilchenstrommodell
3.1.2 Kräftebilanz . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Void-Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Void-Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4 Charakterisierung der Teilchen
4.1 Physikalische und chemische Eigenschaften plasmasynthetisierter
Kohlenwasserstoff-Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Ex-situ Charakterisierung durch Mikroskopie . . . . . . . . . . .
4.3 In-situ Charakterisierung mit direkten Methoden . . . . . . . .
4.3.1 Lichtstreuung an Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Weitere direkte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 In-situ Charakterisierung mit indirekten Methoden . . . . . . .
4.4.1 Teilchenvermessung mittels der Void-Instabilität . . . . .
4.4.2 Messungen der Plasmaimpedanz . . . . . . . . . . . . . .
4.4.3 Weitere Plasmainstabilitäten . . . . . . . . . . . . . . . .
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5 Plasmadiagnostik
5.1 Langmuir-Sondenmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.1 Statistisches Modell der Messung . . . . . . . . . . . . .
5.1.2 Phyikalisches Modell des Sondenstroms . . . . . . . . . .
5.1.3 Ionenstromkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.4 Nichtparametrische Regression mittels lokaler Polynome
5.1.5 Varianzschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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ii
Inhaltsverzeichnis
5.2
5.1.6 Bestimmung des optimalen Bandbreiteprofils . . . . . . . . . . . . . .
5.1.7 Bestimmung der Plasmaparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.8 Ablauf der Auswertung der Sondenkennlinien . . . . . . . . . . . . .
Optische Emissionsspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.1 Bestimmung von Neutralgastemperaturen . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.2 Bestimmung parametrisierter Elektronenenergieverteilungsfunktionen
6 Untersuchung der Void-Rotation
6.1 Charakterisierung der stationären Entladung . . .
6.2 Charakterisierung der Void-Rotation . . . . . . .
6.2.1 Zeitliches Verhalten und Abhängigkeit vom
6.2.2 Optische Emissionsspektroskopie . . . . .
6.2.3 Langmuirsondenmessungen . . . . . . . . .
6.3 Physikalisches Bild . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Magnetfeld
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Zusammenfassung
79
A Verzeichnis wichtiger Formelzeichen
81
Literaturverzeichnis
90
Bilderverzeichnis
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
2.10
Schematische Zeichnung des experimentellen Aufbaus . . . . . . . . . . .
Ablauf des Experiments und Zeitverlauf der Plasmaemission. . . . . . . .
Modell des Teilchenwachstums im Plasma. . . . . . . . . . . . . . . . . .
Massenspektrum der negativen Ionen in einer gepulsten C2 H2 -Entladung.
Massenspektrum der Neutralteilchen 3 s nach Zünden der Entladung. . .
Zeitliche Entwicklung der Zählraten von Makromolekülen. . . . . . . . .
Höhenprofil von 2 nm großen Teilchen auf einer Siliziumprobe. . . . . . .
Zeitverlauf der Größe und Dichte von agglomierenden Staubteilchen. . . .
Zeitverlauf von Größe und Dichte plasmasynthetisierter Staubteilchen. . .
Zusammenhang zwischen Agglomeration und mittlerem Ladungszustand.
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3.1
Teilchentrajektorie auf ein Staubteilchen im orbitallimitierten Modell. . . . .
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4.2
SEM-Bilder extrahierter Teilchen bei Variation der Injektionsdauer von C2 H2 . 34
Zusammenhang zwischen Teilchengröße und Periodendauer der Plasmaoszillationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
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5.3
Ortsaufgelöste Einkoppeleffizient in die Glasfaser. . . . . . . . . . . . . . . .
Termschema der 3p5 4s und 3p5 4p Zustände von Argon. . . . . . . . . . . . .
Sichtlinienintegrierte Zustandsdichten der Argon-3p5 4s-Niveaus bei Druckvariation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sichtlinienintegrierte Zustandsdichten der Argon-3p5 4s-Niveaus aus [HM00].
Vergleich von gemessenen und berechneten Linienintensitäten. . . . . . . . .
Vergleich der mit OES und Langmuirsonde gemessenen EEDF bei Druckvariation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Ortsprofil der Elektronendichte mit und ohne statisches Magnetfelds. . . . .
Ortsaufgelöste Emissionsprofile bei Variation des statischen Magnetfelds. . .
EEDF bei Variation des statischen Magnetfelds. . . . . . . . . . . . . . . . .
Ortsprofil der Elektronendichte mit und ohne Staubteilchen. . . . . . . . . .
Zeitliche Entwicklung und Magnetfeldabhängigkeit der Void-Umlaufzeit. . . .
Phasenabhängigkeit der Ne–585 Linienemission während der Plasmaoszillationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ortsprofile der Ne–585 Linienemission zu verschiedenen Phasenlagen. . . . .
Ortsprofile der Linienemission des Plasmoiden bei Variation des Magnetfelds.
Schematische Darstellung der Sondenmessung im Bezugssystem des rotierenden Plasmoiden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Phasenaufgelöste Langmuirsondenmessung während der Plasmaoszillationen.
Orts- und phasenaufgelöste Elektronendichte während der Plasmaoszillationen.
Konturplot der Elektronendichte im Bezugssystem des Plasmoiden. . . . . .
Konturplot des Plasmapotentials im Bezugssystem des Plasmoiden. . . . . .
Schematische Darstellung der Teilchendynamik im induktiven Plasma. . . . .
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iv
Bilderverzeichnis
1. Einleitung
1.1
Anwendungspotentiale von Nanoteilchen
Nanoteilchen werden heutzutage für viele Anwendungen favorisiert. Einsatz finden solche
Teilchen unter anderem in Cremes, Klebern, und Lacken, Nahrungsmitteln, Katalysatoren,
bildgebenden Verfahren der Medizin und Biologie und als Therapeutikum. Das vielfältige
Anwendungsspektrum beruht auf den einzigartigen Eigenschaften, die Materialien in Form
kleinster Partikel besitzen. Dazu zählen eine hohe Löslichkeit in Flüssigkeiten, eine hohe
chemische Reaktivität und Photoluminiszenz. Den meisten etablierten Anwendungen ist
gemein, dass sie auf der Verwendung von Teilchen mit einem Durchmesser im Bereich mehrerer zehn bis hundert Nanometer basieren. Solche Teilchen sind relativ leicht herzustellen
und die Anforderungen an die Reinheit und Größenverteilung sind in der Regel nicht besonders restriktiv. Wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, große Mengen
an Teilchen kostengünstig herzustellen. Eine sinnvollere Klassifzierung der Teilchen wird
dementsprechend auch durch die alternative Bezeichnung sub-Mikrometer-Teilchen erzielt.
Daneben gibt es ein hohes Anwendungspotential für kleinere Teilchen, die sich durch eine
Größe von wenigen Nanometern bis zu einigen zehn Nanometern auszeichnen. Die Bezeichnung Nanoteilchen wird in dieser Arbeit daher auch konsequent auf diesen Größenbereich
angewandt. Die möglichen Anwendungen konzentrieren sich auf die überragenden elektrischen und optischen Eigenschaften von Nanoteilchen: Man stellt fest, dass sich im gleichen
Materialsystem die Bandlücke von Nanoteilchen erheblich von der Bandlücke des Festkörpers unterscheidet und unmittelbar mit der Größe der Teilchen korreliert ist.
Dies eröffnet beispielsweise die Möglichkeit, Silizium als Photonen emittierendes Material zu
verwenden. Im undotierten Siliziumfestkörper gibt es keinen optoelektrischen Effekt, da Silizium eine indirekte Bandlücke aufweist. Dies behindert nachdrücklich die Revolutionierung
des Halbleitersektors durch integrierte optische Übertragungswege in mikroelektronischen
Schaltkreisen. Bei der Einbettung von Silizium-Nanokristalliten im Siliziumfestkörper zur
Überwindung dieses Problems wurden bereits wesentliche Fortschritte erzielt [IFS00]. Insbesondere kennt man die Photoluminiszenz-Eigenschaften von Silizium-Nanokristalliten in
Abhängigkeit der Teilchengröße.
Eine weitere grundsätzliche Möglichkeit, die Eigenschaften bestehender photonischer Systeme zu verbessern, ist die Einbettung von Nanoteilchen unterschiedlicher Größe oder unterschiedlicher Materialien. Das Verbundsystem weist dann Luminiszenz bei verschiedenen
Wellenlängen gleichzeitig auf und es lassen sich hocheffiziente LEDs realisieren. Insbesondere
kann die Verwendung von Phosphoren, die in herkömmlichen LEDs, die blaues Licht emittieren, zum Einsatz kommen, vermieden werden. Dies wurde durch die Einbettung von CdSe/ZnS Nanokristalliten in eine GaN-Matrix demonstriert [MPA+ 05]. Mit oberflächenaktivierten CdSe-Nanokristalliten wurde darüber hinaus ein kontinuierliches Emissionsspektrum
im sichtbaren Bereich erzielt [BMR06], was eine ideale Voraussetzung für die Herstellung
hocheffizienter LEDs darstellt.
Weitere Anwendungsmöglichkeiten finden sich im Bereich von Bauelementen für nichtflüchtigen Speicher. Diese basieren auf dem Prinzip der Speicherung elektrischer Ladung in einer
1
2
Kapitel 1 Einleitung
entsprechend präparierten Schicht. Die Aufladung und Entladung geschieht über Feldeffekttransistoren. Die Ladungsspeichernde Schicht muss in diesen Systemen von einer Isolationsschicht abgeschirmt werden. Die Anforderungen an diese Isolationsschicht lassen sich mit
Halbleiterprozessen, die Strukturbreiten von unter 65 nm verwenden, nicht mehr erfüllen.
Die Alternative ist die Verwendung von Nanoteilchen als Träger gespeicherter Ladung. Die
Potentialdifferenzen, die bei solchen Systemen im Bauteil auftreten sind deutlich niedriger
als beim herkömmlichen Design und entsprechend können deutlich dünnere Isolationsschichten verwendet werden [Blau02].
Ein letztes vielversprechendes Anwendungsgebiet, das hier Erwähnung finden soll, ist die
Einbettung von Silizium-Nanokristalliten in eine amorphe Matrix bei der Herstellung von
Solarzellen. Solche Solarzellen zeichnen sich durch einen deutlich verminderten Photodegradationseffekt aus [iCiMP02]. Der technologische Einsatz wird im Prinzip nur dadurch verhindert, dass die so hergestellten Solarzellen bislang nicht den Wirkungsgrad von a-Si:H
Solarzellen erreichen können. Hier wurden jedoch in letzter Zeit erhebliche Verbesserungen
erzielt [iCCKT04]. Daneben gibt es Untersuchungen zur Einbettung von Nanokristalliten in
PbSe-Solarzellen, durch die eine starke Absorption im nahen Infrarotbereich erzielt werden
konnte [CXZ+ 06].
All diesen Einsatzmöglichkeiten für kleinste Nanoteilchen ist es gemein, dass man Teilchen
vorgegebener Größe benötigt, oft in monodisperser Form. Zur kontrollierten Synthese solcher
Teilchen gibt es nur in wenigen Fällen Herstellungsverfahren, die allen Anforderungen genügen. Eine Synthese aus der Gasphase durch die Anwendung von Plasmatechnologie stellt
ein Möglichkeit dar, diese Lücke zu schließen. Plasmaverfahren finden insbesondere in der
Mikroelektronik verbreitet Anwerdung, so dass bei den dort gelagerten Anwendungsfeldern
eine direkte Integration in bestehende Prozesse möglich ist. Viele Plasmaprozesse neigen
inherent zur Bildung von Partikeln. Die Erfoschung von Partikelbildung in beschichtenden
Plasmen entstand historisch gesehen auch aus dem Problem der Kontamination der empfindlichen Mikrostrukturen auf Prozessgut für elektronische Anwendungen. Im Hinblick auf
künftige Anwendungen für Nanoteilchen kehrt sich dieser Fokus nun um.
Das größte Problem bei der Plasmasysthese ist die Kontrolle der Teilchengröße während
des Teilchenwachstums. Hierzu existieren anwendungsreife Verfahren für Teilchengrößen ab
25 nm Radius, die nach dem Prinzip der Ellipsometrie arbeiten. Kleinere Teilchen sind
hingegen für Methoden, die auf Lichtstreuung beruhen, nicht zugänglich. Die kontrollierte
Erzeugung von Nanoteilchen im Sinne von Teilchen mit wenigen Nanometern bis einigen
zehn Nanometern Durchmessern erfordert aber inherent ein Verfahren zur Bestimmung der
Teilchengröße. An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an.
1.2
Aufbau der Arbeit
Ziel der voliegenden Arbeit ist es also, eine in-situ Diagnostik für Nanoteilchen im Plasma
zu entwickeln und den Wachstumsprozess der Teilchen zu kontrollieren. Die Arbeit lässt sich
grob in zwei Teile gliedern.
Im ersten Teil wird zunächst der experimentelle Aufbau vorgestellt und die Experimentführung zur Erzeugung der Nanoteilchen erläutert (Kapitel 2). Um ein Verständnis über den
Wachstumsprozess der Teilchen zu erlangen, wird das Wachstumsmodell nach Stand der gegenwärtigen Forschung dargestellt und mit Simulationen und experimentellen Ergebnissen
für das vorliegende Experiment bestätigt. In Kapitel 2.6 wird ein Weg aufgezeigt, um das
Teilchenwachstum zu stoppen, ohne dabei die Entladung zu unterbrechen, so dass die Teilchen im Plasmavolumen gefangen bleiben. Im anschließenden Kapitel wird die Dynamik der
sich im Plasma befindlichen Staubteilchen diskutiert (Kapitel 3). Ziel ist es, ein grundlegendes Verständnis für die Vorgänge zu schaffen, die zur Ausbildung von Plasmainstabilitäten
1.2 Aufbau der Arbeit
3
in der staubigen Entladung führen können. Dabei wird besonderes Augenmerk auf eine
im Experiment beobachtete Void-Instabilität gerichtet (Kapitel 3.3). Kapitel 4 befasst sich
schließlich mit der Charakterisierung von Nanoteilchen mittels ex-situ und in-situ Diagnostiken. Die wesentliche Erkenntnisse über die physikalischen und chemischen Eigenschaften
von Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen werden kurz dargestellt und die in dieser Arbeit eingesetzten Methoden der Mikroskopie erläutert. Abschließend werden die in der Literatur
vorgeschlagenen in-situ Verfahren vorgestellt, mit denen man auf die Größe von Nanoteilchen zurückschließen kann. In Kapitel 4.4.1 wird gezeigt, dass sich die im diesem Experiment
beobachtete Plasmainstabilität zur Messung von Teilchengrößen eignet.
Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit der Diagnostik der Entladung selbst. In Kapitel 5
werden die Methoden eingeführt, mit denen das stationäre Plasma und die Void-Instabilität
diagnostiziert werden sollen. Dabei wird ausführlich auf ein neuartiges Auswertungsverfahren von Sondenkennlinien eingegangen, das die Angabe des statistischen Fehlers bei der
Bestimmung von Plasmakenngrößen ermöglicht. Anschließend wird die optische Emissionsspektroskopie vorgestellt. Dabei wird ein neues Verfahren entwickelt, um die Dichten
metastabil und resonant angeregter Atomzustände selbstkonsistent und unabhängig von
der Elektronenenergieverteilungsfunktion aus Linienverhältnissen zu bestimmen. Diese dienen als Eingangsgrößen für ein Stoß-Strahlungsmodell zur Schätzung einer parametrisierten
Elektronenenergieverteilungsfunktionsfunktion. In Kapitel 6 werden schließlich die stationäre Entladung und die im Experiment beobachtete Plasmainstabilität charakterisiert. Ein
qualitatives Modell zur Aufklärung der beobachteten Phänomene bildet den Schluss der
Arbeit.
4
Kapitel 1 Einleitung
2. Plasmasynthese von Nanoteilchen
Aus der Halbleiterindustrie ist bekannt, dass Plasmen, die zur Schichtabscheidung in PVDProzessen eingesetzt werden, zur Teilchenbildung neigen. Als Prekursoren für das Schichtwachstum werden in diesen Prozessen Molekülgase in das Plasma eingeleitet und dort fragmentiert, oder es werden Atome und Cluster von sogenannten Targets abgelöst. Die Reaktionsprodukte lagern sich auf den Oberflächen des Reaktors und dem zu beschichtenden Gut
ab. Gleichzeitig finden allerdings auch in der Gasphase Anlagerungsreaktionen statt, die zur
Bildung von Partikeln Durchmessern von bis zu meherenen Mikrometern. In Beschichtungsprozessen können diese Teilchen das zu beschichtende Gut gefährden. Bei der Prozessierung
von Wafern können sie z.B. zum Ausfall von Schaltkreisen führen.
Andererseits kann der Prozess der Teilchenbildung im Plasma gezielt ausgenutzt werden
und als Quelle für Nanoteilchen dienen. Allerdings ist das Teilchenwachstum im Plasma kein
gleichförmig ablaufender Prozess sondern läuft zeitlich nichtlinear in mehreren Phasen ab.
Dies führt einerseits zu einzigartigen Eigenschaften der Teilchen erschwert aber andererseits
maßgeblich die Kontrolle über den Wachstumsprozess. Die grundlegenden Prozesse, die das
Teilchenwachtum dominieren sind inzwischen gut erforscht. Im Detail unterscheidet sich
das Teilchenwachstum allerdings je nach Materialsystem erheblich. Am besten bekannt sind
die Vorgänge in Silanplasmen, die zur Entstehung von Siliziumwasserstoff-Teilchen führen
[Bouc99]. In dieser Arbeit werden Experimente in Acetylen (C2 H2 ) Plasmen durchgeführt, in
denen Kohlenwasserstoff-Teilchen entstehen. Im Folgenden wird der experimentelle Aufbau
erläutert und die Modellvorstellung für das Teilchenwachstum im Plasma dargestellt.
2.1
Experimenteller Aufbau
Abbildung 2.1 zeigt den experimentellen Aufbau, der zur Erzeugung und in-situ Diagnostik
der Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen verwendet wird (vgl. [SvKA06b, SvKA06a]). Die Geometrie der Reaktorkammer entspricht im Wesentlichen der durch die Gaseous Electronics
Conference festgelegten Referenzkammer (GEC-Zelle) und unterscheidet sich durch einen
vergrößerten Elektrodenabstand (6 cm). Für die Heizung des Plasmas stehen eine kapazitive Elektrode und eine induktive Spule zur Verfügung, die von oben bzw. von unten in die
Reaktorkammer heineinragen. Die Spule ist in einen hutförmigen Quartzzylinder eingebettet, der die gleichen Abmessungen besitzt, wie die geerdete Elektrode der GEC-Zelle. Die
beiden Elektroden werden unabhängig voneinander aus zwei synchronisierten Hochfrequenz(HF-) Generatoren gespeist, die bei 13,56 MHz arbeiten. Das Prozessgas wird mit maximal
vier Massenflussreglern präpariert und durch eine Ringdusche, die die kapazitive Elektrode
umschließt, in die Kammer eingelassen. Das Pumpsystem besteht aus einer Turbomolekularpumpe (Pfeiffer Vaccuum, TMU 261 P) und einer Membranvorpumpe (Pfeiffer Vaccuum,
MVP 055-3). Der Ausgangdruck im Ruhezustand beträgt ca. 10−4 Pa, der maximale Durchfluss an Gas beträgt ca. 200 sccm. Eine Druckregelung ist über ein verstellbares ButterflyVentil (VAT, Reihe 611) in Verbindung mit einem kapazitiven Druckaufnehmer (Baratron)
realisiert.
Für die Extraktion der präparierten Partikel stehen zwei Systeme zur Verfügung: In die
5
6
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
tunable wavelength filter
ICCD-camera
pulse delay
generator
Helmholtzcoil
photodiode
∅ 14 cm
6 cm
plasma
Langmuirsonde
fiber
ICP - coil
y
camera view:
quartz
spectrograph
(ocean optics)
∅ 25 cm
vessel
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·
·
·
fiber
·
CF-160 port
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·
·
·
·
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·
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·
·
·
·
·0
·
B· – ·field·
·
·
·
·
quartz
·
·
·
·
7· cm·
·
·
·
·
·
·
12.5
· cm
·
x
CF-160 port
·
Bild 2.1: Schematische Zeichnung des experimentellen Aufbaus. Das Design entspricht einer GECZelle mit vergrößertem Elektrodenabstand und induktiver Einkopplung. Als Plasmadiagnostiken sind eine Photodiode, ein Massenspektrometer und eine Langmuirsonde vorhanden. Massenspektrometer und ICCD-Kamera ist nur während eines Teils der Messungen installiert. Das Helmholtz-Spulenpaar erzeugt ein schwaches statisches Magnetfeld.
Im der unteren Zeichnung ist das Koordinatensystem in Draufsicht definiert, auf das bei
räumlich aufgelösten Messungen Bezug genommen wird.
2.1 Experimenteller Aufbau
7
kapazitive Elektrode ist ein Transferschlitten eingebettet, der Subtratplättchen der Größe
25×25 mm2 aufnehmen kann. Der Transferschlitten kann im Vakuum durch eine Transportvorrichtung in eine Schleusenkammer, die ein eigenes Pumpsystem besitzt, gezogen und nach
Belüftung dort beladen werden. Auf diese Weise können Teilchen gesammelt werden, die sich
während des Prozesses und nach Abschalten des Plasmas auf den Reaktorwänden niederschlagen. Die extrahierten Teilchen werden mittels Rasterkraft- und Rasterelektronenmikroskopie ex-situ untersucht (vgl. Kapitel 4.2). Für die Experimentreihen zur Untersuchung
der Teilchenagglomeration wird die Transfervorrichtung für den Schlitten entfernt und ein
elektrostatischer Extraktor installiert. Dieser besteht aus zwei Elektroden: Eine Edelstahlelektrode mit 1 mm großen Durchtrittslöchern für die präparierten Teilchen, die direkten
Kontakt zum Plasma hat und gegenüber Systemmasse mit bis zu 100 V vorgespannt werden
kann. Eine nachgelagerte Elektrode kann mit einer Beschleunigungsspannung von bis zu 10
kV beaufschlagt werden. In die Beschleunigungselektrode ist eine Spannvorrichtung eingebettet, die Substratplättchen mit einer Größe von bis zu 10 × 10 mm2 aufnehmen kann und
zur Be- und Entladung mit der Transferstange in die Schleuse zurückgezogen werden kann.
Während der Experimente wird das Volumen hinter der Extraktionselektrode durch das
Pumpsystem der Schleuse differentiell gepumpt. Dadurch wird die freie Weglänge der extrahierten Teilchen vergrößert und ein Funkenüberschlag zwischen den Elektroden bei hohen
Beschleunigungsspannungen verhindert. Zur Teilchenextraktion während der Experimente
können durch die Experimentsteuerung rechteckförmige Spannungspulse mit einer Zeitauflösung von 10 ms auf die Extraktorelektrode gegeben werden. Negativ geladene Teilchen
werden dann zur Elektrode hingezogen und treten durch die Löcher hindurch. Die meisten
Elektronen treffen durch ihre ungerichtete, thermische Bewegung auf die Wände der Durchtrittslöcher und werden dadurch zu einem großen Teil von den zu extrahierenden Partikeln
gefiltert. Dies ist notwendig, um den elektrischen Strom auf die Beschleunigungselektrode
zu begrenzen und die Entstehung von parasitärer Röntgenstrahlung zu vermeiden.
Für die in-situ Diagnostik des Plasmas bzw. der Nanoteilchen stehen ein Massenspektrometer, eine Langmuirsonde (vgl. Kapitel 5.1), ein optisches Spektrometer (vgl. Kapitel 5.2), eine
Fotodiode sowie eine intensivierte Charge-Coupled-Device (ICCD) Kamera zur Verfügung
Das Massenspektometer ist an dem rückwärtigen DIN CF-160 Flansch mit dem Reaktors
verbunden und wird doppelt differentiell gepumpt. Es dient zur quantativen Bestimmung
von Neutralteilchendichten im Massenbereich 1–1000 amu. Bei Einsatz der Langmuirsonde
wird das Frontfenster mit einem Adapter zum Anschluss der Sondenmimik ersetzt. Die Sonde
dient zur räumlich und zeitlich aufgelösten Diagnostik der Elektronenenergieverteilungsfunktion (EEDF) und kann dazu mit einem Riemenantrieb entlang der Horizontalen durch die
Reaktormitte positioniert werden. Das Spektrometer wird mit der Plasmastrahlung beaufschlagt, die aus dem Frontfenster tritt und in eine Glasfaser eingekoppelt wird. Die Glasfaser
ist auf einer optischen Bank installiert und lässt sich in einer Ebene parallel zum Frontfenster
des Reaktors positionieren. Eine Lochblende begrenzt den Raumwinkel, aus dem die Plasmastrahlung erfasst wird. Mit Hilfe des Spektrometers wird die über die Sichtlinie gemittelte,
parametrisierte EEDF zeitlich aufgelöst gemessen. Dies ist wichtig, wenn die Sondenmessungen durch ein statisches externes Magnetfeld gestört werden. Ferner können die Dichten der
metastabil und resonant angeregten Argonatome im Plasma gemessen werden (vgl. Kapitel
5.2.2). Ein spezielles Gitter ermöglicht die Diagnose der Neutralgastemperatur (vgl. Kapitel
5.2.1). Für die Untersuchungen mit der ICCD-Kamera wird die obere, kapazitive Elektrode
durch einen zweiten Quarzhut ersetzt und die Kamera kopfüber im Abstand von 55 cm vom
Quarzhut installiert. Dies erlaubt eine zweidimensional räumlich aufgelöste Diagnostik der
Plasmaemission. Die Kamera ist mit einem Flüssigkristall-Wellenlängenfilter ausgestattet,
so dass die Plasmasstrahlung mit einer spektralen Auflösung von ∆λ = ±5 nm gemessen und
damit isolierte Spektrallinien erfasst werden können. Die ICCD-Kamera wird zur Diagnostik
von voids (vgl. Kapitel 3.2) und von Plasmainstabilitäten im partikelhaltigen Plasma (vgl.
8
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
Kapitel 6) eingesetzt.
2.2
Versuchsablauf
Der Versuchsablauf ist in Abbildung 2.2 a schematisch dargestellt. Abbildung 2.2 b zeigt
einen typischen Zeitverlauf des Signal der Photodiode während eines solchen Versuchs. Zur
Präperation der Nanoteilchen wird ein kapazitives Plasma in einem Gasgemisch aus Acetylen und Edelgasen (Argon und Neon oder Argon und Helium) gezündet. Das Hintergrundgas
dient zur Diagnostik von Plasmaparametern und zur Manipulation der EEDF. Insbesondere wird durch die Beimischung von Argon (Ar), das unter den Edelgasen eine hohe Masse
(m = 40 u) und eine niedrige Ionisierungsschwelle besitzt (Eion = 15,8 eV), eine hohe Elektronendichte erreicht und durch die Ergänzung mit Helium (He) oder Neon (Ne) (m = 4
u, Eion = 24,6 eV bzw. m = 20 u, Eion = 21,6 eV) eine gegenüber reinem Argon erhöhte
Elektronentemperatur erzielt. Linienstrahlung von zwei Hintergrundgasen mit verschiede-
(a)
i
ii
iii
iv+v
vi
vii
Zeit (t)
Ar+Ne Fluss
∆ tC H
2
2
C2H2 Fluss
ICP
∆ tCCP
∆ tICP
i ii+
iii iv
ICP
vi vii
v
Emission (a.u.)
(b)
CCP
12,5 Hz
12,5
Hz
0
20
40
60
80
100
120
Zeit / s
Bild 2.2: (a) Ablauf des Experiments. Während der Phasen (ii–iii) brennt eine kapazitive Entladung, während der Phasen (iv–v) und (vii) wird mittels der Spule induktiv Leistung
eingekoppelt. (b) Zeitverlauf der Gesamtintensität der Plasmaemission im sichtbaren Bereich, wie von der Photodiode erfasst.
2.3 Entstehung von Protopartikeln
9
ner Ionisationsschwelle ermöglichen den Einsatz der optischen Emissionsspektroskopie zur
Diagnostik der parametrisierten EEDF (vgl. Kapitel 5.2.2). In den Experimenten, in denen die kapazitive Elektrode zur Verfügung steht, wird diese zur Einkopplung der Leistung
PCCP verwendet. Bei installierter ICCD-Kamera wird die Spule bei niedriger Leistung mit
HF beaufschlagt. Auf Grund der parasitären Kapazität der Spule zündet dann ebenfalls ein
kapazitives Plasma. Während dieser Experimentphase (Phasen (i–ii) in Abbildung 2.2) entstehen Nanoteilchen. Die Acetylenzufuhr wird dabei nach einer vorgegebenen Zeit ∆tC2 H2
gestoppt. Zur Untersuchung von Plasmainstabilitäten im partikelhaltigen Plasma wird die
Entladung nach einer Zeit ∆tCCP in den induktiven Modus umgeschaltet (Phase (iii) in Abbildung 2.2). Dazu wird die die Spule bei hoher Leistung PICP betrieben und die kapazitive
Elektrode abgeschaltet. Im induktiven Modus beobachtet man die Entstehung eines voids
und Oszillationen der Plasmaemission (vgl. Kapitel 3.3). Die Nanoteilchen bleiben während
dieser Zeit in der Entladung gefangen, da sie negative Ladung tragen und durch das elektrostatische Feld des Plasmas an einem Abtransport zu den Wänden oder zur Pumpe gehindert
werden (vgl. Kapitel 3.1.2). Bei Unterbrechung des Plasmas strömen die Teilchen hingegen
ab (Phase (iv) in Abbildung 2.2), was man daran erkennt, dass ein Plasma, welches bei
gleichen externen Parametern wie in Phase (iv) im Anschluss gezündet wird, stabil brennt
(Phase (v) in Abbildung 2.2).
2.3
Entstehung von Protopartikeln
Als Quellgas wird in dieser Arbeit C2 H2 verwendet, das einer Hintergrundgasmischung aus
Argon und weiteren Edelgasen beigemengt wird. In einem solchen Plasma beobachtet man
die Entstehung von Kohlenwasserstoff-Teilchen [DAM+ 99]. Diese Teilchen können Größen
von mehreren Mikrometern erreichen. Ihr Streulicht kann man dann mit dem bloßen Auge
vor dem Plasmahintergrund sehen und man spricht deshalb auch von Staub bzw. Staubteilchen oder Staubpartikeln. Eine Plasmaentladung, die Staubpartikel enthält nennt man
dementsprechend ein staubiges Plasma. Diese Bezeichnungen werden in dieser Arbeit unabhängig von der Größe der Teilchen verwendet.
Staubteilchen entstehen durch Synthese aus dem Quellgas. Das Wachstum erfolgt nicht
gleichförmig, sondern in Schüben ab. Dies ist in Abbildung 2.3 schematisch dargestellt. Kurz
zusammengefasst kommt es in der frühen Wachstumsphase zur Nukleation von sogenannten
Protopartikeln, die sich anschließend zu größeren Partikeln zusammenlagern. Nach dem Abschluss dieser Prozesse wachsen können die Partikel langsam durch Anlagerung von Radikalen bis zu einer Größe von mehreren Mikrometern Durchmesser weiter anwachsen. Zur Untersuchung der frühen Phase des Teilchenwachstums eignet sich v.a. die Massenspektrometrie
Molecule
0.1 nm
Macro-molecule
Nanoparticle
Agglomerate
Powder
1 nm
10 nm
100 nm
1 µm
Bild 2.3: Modell des Teilchenwachstums im Plasma. Zunächst findet die Nukleation von Protopartikel statt, die sich anschließend zu größeren Partikeln zusammenlagern und schließlich
durch Anlagerung von Radikalen langsam auf eine Größe von mehreren Mikrometern
Durchmesser anwachsen [Bouc99].
10
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
[BS05]. In der Literatur findet man nur wenige Ergebnisse massenspektrometrischer Untersuchungen an staubbildenden C2 H2 -Plasmen [HSH+ 96, DAM+ 99, Desc02, HBW03, DTF+ 05].
Daneben existieren Ansätze, die Chemie eines C2 H2 -Plasmas mit Hilfe von globalen und
mit hydrodynamischen Plasmamodellen zu simulieren [SEK01, BBG06b, BBG06a, Blee06].
An dem hier beschriebenen Experiment können mit einem doppelt diffentiell gepumpten
Massenspektrometer Neutralteilchenspektren während der Phasen (ii–iii) gemessen werden.
Eine detaillierte Beschreibung der entsprechenden Untersuchungen findet man bei Consoli
[Cons06, CBSvKed]. Die wesentlichen Ergebnisse sollen hier kurz diskutiert werden.
Abbildung 2.4 ist eine Reproduktion von Abbildung 6 aus der Arbeit Deschenaux [DAM+ 99]
und zeigt das negative Ionenspektrum einer gepulsten, kapazitiven Entladung in reinem Acetylen (PCCP = 40 W, φC2 H2 = 8, p = 10 Pa), aufgenommen im Zeitraum 30–150 s nach dem
Zünden des Plasmas, Abbildung 2.5 zeigt eine Momentaufnahme des Massenspektrums der
Neutralteilchen in diesem Experiment während der Experimentphase (iii) (∆tC2 H2 = 2 s,
PCCP = 80 W, φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4 sccm, p (t = 0) = 5. 6 Pa). In beiden
Graphiken erkennt man neben den Peaks bei Massen, die mit den Molekülfragmenten von
C2 H2 identifiziert werden, auch Peaks bei höheren Massen. Dabei handelt es sich um die
Fragmentierungsmuster von Makromolekülen und Ringen, die aus C2 H2 und dessen Molekülfragmenten gebildet werden müssen. Das Staubteilchenwachstum beginnt also mit der
Zusammenlagerung von leichten Kohlenwasserstoffen in der Gasphase.
An Hand der Schwellenergien, die für die zahlreichen physikalisch möglichen Reaktionen
überwunden werden müssen, lassen sich zwei Wachstumspfade identifizieren, die zur Bildung der Makromoleküle führen, wie sie in den Spektren gefunden werden. Am ersten
Wachstumspfad sind ausschließlich neutrale Spezies beteiligt. Der Prekursor für die entsprechende Reaktionskette ist das C2 H-Radikal, das durch Elektronenstoßdissoziation aus
C2 H2 hervorgeht. Durch die sukzessive Anlagerung von C2 H-Radikalen enstehen dann aus
10
m/z
6
b
Counts/s
10
10
10
10
5
4
3
2
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
m/z
Bild 2.4: Massenspektrum der negativen Ionen in einer gepulsten, kapazitiven Entladung in reinem
C2 H2 aufgenommen im Zeitraum 30–150 s nach dem Zünden des Plasmas. In der Notation
dieser Arbeit sind die externen Parameter PCCP = 40 W, φC2 H2 = 8 sccm bei einem
konstanten Druck von p = 10 Pa. Die Graphik ist der Arbeit von Deschenaux et. al
entnommen (vgl. Abbildung 6 b in [DAM+ 99]).
2.3 Entstehung von Protopartikeln
11
7
10
+
He
2
6
10
+
C2H2
Ar
50
5
10
28
-1
Zählrate [s ]
t=3s
+
37
74
4
10
C3H6O
3
10
+
61 64
98
78
102
2
10
126
128
152
1
10
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
Masse [amu]
Bild 2.5: Massenspektrum der Neutralteilchen in diesem Experiment 3 s nach dem Zünden der
kapazitiven Entladung (vgl. Abbildung 2.2). Die Abbildung stammt aus der Arbeit von
Consoli (vgl. Abbildung 3.3 b in [Cons06]). Die Dauer der Quellgaszufuhr ist ∆tC2 H2 = 2
s, die Generatorleistung PCCP = 80 W und die Gasflussraten φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4
sccm bei einem Ausgangsdruck von p = 5. 6 Pa.
1.2
2.7s
3s
50 amu
74 amu
98 amu
3.4s
normierte Zählrate
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
Plasma an
0.0
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
3.5
4.0
4.5
5.0
5.5
6.0
Zeit [s]
Bild 2.6: Zeitliche Entwicklung der Zählraten der Molekülmassen von C4 H2 (50), C6 H2 (74) und
C8 H2 (98). Die Zählraten durchlaufen nacheinander ein Maximum. Die Abbildung ist der
Arbeit von Consoli entnommen (vgl. Abbildung 3.6 b in [Cons06]).
12
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
dem Quellgas C2 H2 Molekülketten:
C2 H2 + e− −→ C2 H + H + e− ,
C2n H2 + C2 H −→ C2n+2 H2 + H, n = 1, 2, . . . .
(2.1)
(2.2)
Unklar ist, wie schnell diese Reaktionen erfolgen, d.h. wie groß die mittlere Zeit ist, die
zur Bildung eines bestimmten Makromoleküls benötigt wird. Aus zeitaufgelösten Messungen ergibt sich, dass bei konstant gehaltener Pumpleistung die Zählraten der Molekülpeaks
der C2n H2 innerhalb weniger Millisekunden anwachsen und dann zeitversetzt ein Maximum
durchlaufen (vgl. Abbildung 2.6). Die Höhe der Maxima ist dabei umso kleiner, je größer
das Makromolekül ist. Der Zeitversatz zwischen den Maxima zweier aufeinanderfolgender
C2n H2 liegt Bereich mehrerer 100 ms liegt. Das Absinken der Zählraten einige Zeit nach
dem Zünden der Entladung erklärt sich aus der Verarmung des C2 H2 im Reaktorvolumen
durch die Plasmachemie. Betrachtet man nur die Reaktionskette (2.1–2.2) und unterstellt
eine exponentiell abklingende Quellgasdichte, müsste der Zeitversatz zwischen den Maxima
der Zählraten ein Maß für die mittlere Reaktionsdauer darstellen. Extraktionsversuche zeigen allerdings, dass innerhalb weniger 100 ms Nanoteilchen mit Größen über 10 nm gebildet
werden. Dies setzt voraus, dass in diesem Zeitraum eine kritische Dichte von Protopartikeln
nukleiert wird (vgl. Kapitel 2.4) und weist daher auf eine deutlich schnellere Reaktionskinetik
hin. Dies wird von Simulationen von Stoykov unterstützt, in denen bei konstanter Quellgasdichte die Dichten der Makromoleküle innerhalb weniger ms ihren stationären Zustand
erreichen [SEK01].
Der zweite Wachstumspfad wird durch negative Ionen induziert. Negative Ionen sind in
der Plasmaentladung gefangen, da im Plasma stets ein auf die Wand gerichtetes elektrostatisches Feld vorherrscht, das für negative Teilchen als als Potentialbarierre wirkt. Die
mittlere Lebensdauer der negativen Ionen wird daher durch die mittlere Rekombinationszeit mit positiven Ionen bestimmt. Die Reaktionsketten zur Bildung der Makromoleküle
durch negative Ionen beginnen mit der dissoziativen Elektronenanlagerung an C2 H2 oder an
ein Makromolekül und verlaufen desweiteren durch sukzessive Anlagerung von C2 H2 :
C2m H2 + e− −→ C2m H− + H, m = 1, 2, . . . ,
C2n H− + C2 H2 −→ C2n+2 H− + H2 , n = 1, 2, . . . .
(2.3)
(2.4)
Der experimentelle Nachweis negativer Ionen mittels Massenspektrometrie lässt sich nur mit
einer entsprechend positiv vorgespannten Blende zur Ionenextraktion und einer Ionenoptik
zur Fokusierung des Ionenstrahls auf den Elektronenvervielfacher des Massenspektrometers
durchführen. An diesem Experiment ist diese Ausrüstung nicht vorhanden und entsprechend liegen keine experimentellen Ergebnisse vor. In den negativen Ionenspektren, die von
Deschenaux in einer reinen C2 H2 -Entladung gemessen wurden, erkennt man, dass im Gegensatz zu den Neutralenspektren die maximale Konzentration bei größeren Spezies auftritt
(vgl. Abbildung 2.4). Dies kann durch eine höhere Rate für die Anlagerungsreaktion nach
Gleichung 2.3 für größere Neutrale erklärt werden [SEK01].
Theoretisch ließen sich die Wachtumsketten der Makromoleküle beliebig fortsetzten und
könnten so die Enstehung von Staubpartikeln erklären. Für die Modellierung der Generation der jeweiligen Spezies in der Kette kann man ab einer bestimmten Größe konstante
Reaktionsraten annehmen (vgl. z.B. [BBG06b]), für die Modellierung der Verluste ist die
Folgereaktion und der Verlust zur Reaktorwand anzusetzen. Im stationären Zustand eines solchen einfachen Modells ergibt sich eine logarithmische Verteilung der Speziesdichten
[Bouc99]. Die größte auftretende Masse wird durch die Prekursordichte bestimmt.
Dies steht in Widerspruch zu den experimentellen Befunden dieser Arbeit: Sammelt man zu
verschiedenen Zeitpunkten die in der Entladung enstehenden Staubteilchen, beispielweise
durch Extraktion mit elektrischen Feldern, stellt man fest, dass es ein Zeitfenster gibt,
2.3 Entstehung von Protopartikeln
13
z / nm
2
1
0
0
0.2
1
0.4
x / µm
0.8
0.6
0.4
0.8
1
0.2
0.6
y / µm
0
Bild 2.7: Höhenprofil von 2 nm großen Kohlenwasserstoff-Teilchen auf einer Siliziumprobe. Die
Teilchen wurden wie in Kapitel 2.2 beschrieben bei PCCP = 40 W, φAr : φHe : φC2 H2 =
4 : 15 : 4 sccm und p (t = 0) = 5,6 Pa präpariert und im Zeitraum 250–500 ms nach dem
Zünden der Entladung mit dem Extraktor aus dem Plasma extrahiert.
während dem man ausschließlich monodisperse Teilchen mit etwa 2 nm Durchmesser findet.
Offensichtlich ist die Größe dieser Teilchen für einen gewissen Zeitraum stabil, denn man
findet zunächst keine größeren Teilchen. Da man auch keine kleineren Teilchen findet, muss
die Dichte der 2 nm Teilchen im Plasma wesentlich höher als die Dichte der kleineren Spezies
sein. Frühere Experimente in Acetylen- und Methanplasmen deuten indirekt auf die Existenz
solcher Teilchen hin [HBW03]. Für silanhaltige Plasmen finden sich in der Literatur ähnliche
Ergebnisse [BB93, VMB+ 02]. Dort beobachtet man ebenfalls, dass sich zunächst Teilchen mit
2 nm Größe ansammeln, bevor es zum Wachstum größerer Teilchen kommt. Für diese 2 nm
großen Teilchen hat sich die Bezeichnung Protopartikel oder primäre Cluster eingebürgert, da
sie als Prekursoren für die nachfolgenden Wachtumsprozesse dienen. In Abbildung 2.7 ist ein
dreidimensionales Höhenprofil von Kohlenwasserstoff-Protopartikeln auf einer Siliziumprobe
dargestellt, die wie in Kapitel 2.2 beschrieben bei einer Generatorleistung von PCCP = 40
W, den Gasflussraten φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4 sccm und einem Ausgangsdruck von
p = 5,6 Pa präpariert und im Zeitraum 250–500 ms nach dem Zünden der Entladung mit
dem Extraktor aus dem Plasma extrahiert wurden.
Welche Prozesse im Detail einerseits zum Abbruch der Wachtumsketten und andererseits
zur Ansammlung einer erhöhten Dichte an primären Clustern führen, ist nicht bekannt. Aus
elementaren Betrachtungen wurden allerdings folgende qualitative Erkenntnisse gewonnen:
ˆ Eine Abschätzung der Rekombinationszeiten von negativen und positiven Ionen bzw.
der Wachtumszeit der primären Cluster in Silan-Plasmen zeigt, dass beide in derselben
Größenordnung liegen. Durch Rekombination werden die heranwachsenden negativ geladenen Makromoleküle neutral und die durch negative Ionen induzierte Wachstumskette bricht ab [FBH+ 96].
ˆ Die geschätzte mittlere freie Weglänge neutraler primärer Cluster bzgl. Elektronenanlagerung ist kleiner als die typische Dimension von Niederdruckplasmaanlagen, d.h.
primäre Cluster werden zumeist negativ geladen, bevor sie die Gefäßwand erreichen
können. Negativ geladene Cluster sind durch das auf die Wand gerichtete elektrische
Feld des Plasmas in der Entladung gefangen. Kleinere neutrale Makromoleküle haben hingegen einen niedrigen Querschnitt für Elekronenanlagerung und können daher
zu den Wänden diffundieren. Man spricht in diesem Zusammenhand von selektivem
Einschluss der Protopartikel [FBH+ 96].
ˆ Freie Bindungen an der Oberfläche der heranwachsenden Teilchen sind umso schwächer
lokalisiert, je größer die Teilchen werden. Die Oberflächenreaktionsraten für primäre
Cluster entsprechen denen ausgedehnter Oberflächen und sind damit wesentlich kleiner
als die Wachtumsraten der Makromoleküle.
14
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
Primäre Cluster haben also einerseits deutlich reduzierte Wachstumsraten, andererseits sind
sie im Plasma gefangen. Solange die Molekülgaszufuhr aufrecht erhalten wird, steigt die
Dichte von Protopartikeln immer weiter an. Die Größenverteilung der primären Cluster ist
monodispers.
2.4
Teilchenagglomeration
Negativ geladene Teilchen stoßen einander ab. Eine Zusammenlagerung kann nur geschehen,
wenn die kinetische Energie der Teilchen groß genug ist, um die elektrische Potentialbarriere zu überwinden. Aus thermischer Bewegung können bei typischen Termperaturen im
Bereich einiger hundert Grad Celsius nur wenige Teilchen hervorgehen, die diese Bedingung
erfüllen. Allerdings ist der Ladungszustand der primären Cluster nicht konstant sondern stochastischer Natur, da verschiedene Stoßprozesse zu positiver oder negativer Aufladung bzw.
Neutralisierung führen. Neutrale Cluster bzw. solche mit Ladungszuständen entgegengesetzten Vorzeichens können sich zu größeren Partikeln zusammenlagern. Tritt dieser Vorgang
mit großer Häufigkeit auf, spricht man von Teilchenagglomeration. Bei geringer Clusterdichte sind allerdings die Stoßhäufigkeiten für Agglomeration kleiner als die Verlustraten zu
den Reaktorwänden. Größere Teilchen diffundieren zu den Reaktorwänden und gehen dort
verloren. Agglomeration findet also nicht statt.
Tatsächlich beobachtet man im Experiment, dass es eine kritische Dichte an primären Clustern gibt, bei der Agglomeration einsetzt. Dieses Phänomen gibt es auch in der Gaskondensation. Dort skalieren Agglomerationsraten und thermische Dissoziationsraten mit unterschiedlichen Potenzen der Teilchendichte und oberhalb eines Schwellwerts kommt es netto
zu einer Agglomeration. Im Unterschied dazu spielt im Niedertemperaturplasma die thermische Dissoziation von Teilchen keine Rolle und entscheidend ist allein die Nichtlinearität der
Agglomerationsrate in Abhängigkeit der Teilchendichte und des mittleren Ladungszustands
der Teilchen. Der kritische Punkt ist dann erreicht, wenn die Agglomerationsrate die Verlustrate größerer Teilchen zu den Reaktorwänden übersteigt. Die Agglomerationsrate Rtotal
bei einer Teilchengröße vd ergibt sich aus der Summierung der Raten Rk aller möglichen
k-Teilchenstöße [FBH+ 96]:
Rk = Xn (vd ,vd ) (Xn (vd ,vd ) τ nd )k−2 k! · n2d
X
1
2
Rtotal =
Rk (vd ) ≈ Xn (vd ,vd ) nd 1 +
,
k /n )
ln
(n
d
cr
k
(2.5)
(2.6)
wobei Xn (vd ,vd ) der Ratenkoeffizient für binäre Stöße bei der Teilchengröße vd ist, nd die
Teilchendichte, τ die Aufenthaltsdauer der Teilchen im Reaktor und nkcr die kritische Dichte
für Veilteilchenagglomeration. Für nd . nkcr steigt die Agglomerationsrate Rtotal stark an.
Über die kritische Dichte ncr , die sich aus dieser Betrachtung ergibt herrscht in der Literatur
Uneinigkeit: Fridman gibt in seinem Paper als Größenordnung 1011 an [FBH+ 96], was im
Bereich typischer Ionendichten in Niedertemperaturplasmen liegt. Laut Kortshagen spielt
die Vielteilchenagglomeration keine Rolle und Agglomeration findet auch bei rein binären
Stößen von neutralen Teilchen schon für deutlich kleinere Dichten statt [KB99].
In jedem Fall sind die Agglomerationsraten stark reduziert, wenn sich die Partikel negativ
aufladen. Eine kritische Dichte für den Einsatz von Agglomeration kann aber erreicht werden,
wenn sich die Plasmabedingungen so ändern, dass der mittlere Ladungszustand der Teilchen
abgesenkt wird und dadurch eine größere Anzahl an Teilchen neutral oder positiv geladen
wird [KB99]. Der mittlere Ladungszustand Qd und die Breite der Ladungsverteilung σQd
eines Staubteilchens mit dem Radius a lassen sich mit einfachen analytischen Ausdrücken
abschätzen, wenn davon ausgegangen wird, dass die Elektronenströme bzw. Ionenströme auf
2.4 Teilchenagglomeration
15
die Staubteilchenoberfläche im Mittel gleich groß sind (vgl. Kapitel 3.1.1 und [Bouc99]):
!
r
ne mi Te
(2.7)
Qd ≈ −eBβe−1 ln
ni me Ti
2
σQ
d
≈
βe−1
1−
1−
Te
Ti
Te
β Qd
Ti e e
βe Qed −
,
1
(2.8)
wobei ne , me und Te bzw. ni , mi und Ti die Elektronendichte, Elektronenmasse und Elektronentemperatur bzw. Ionendichte, Ionenmasse und Ionentemperatur sind. βe = e2 /4π0 akB Te
ist ein Normierungsfaktor und B ein plasmaspezifischer Parameter, der schwach mit den Vehältnissen Te /Ti und me /mi variiert. Man erkennt, dass die negative mittlere Ladung Qd im
Betrag abgesenkt wird, wenn das Verhältnis von Elektronendichte zu Ionendichte ne /ni sehr
viel kleiner als 1 ist. Dies ist der Fall, wenn ein Großteil der Plasmaelektronen an Staubteilchen gebunden ist. Mit dem Ladungsmodell (2.7) tritt dies ein, wenn die Protopartikeldichte
die Größenordnung der positiven Ionendichte erreicht.
Eine detailliertere Behandlung der Aufladungsprozesse unter Berücksichtigung von Elektronenablösung durch resonante UV-Strahlung und hochenergetische Elektronen zeigt, dass
der mittlere Ladungszustand nach Gleichung (2.7) zu hoch geschätzt wird [KB99]. Gleiches
gilt, wenn man berücksichtigt, dass der Elektronenanlagerungkoeffizient für kleine Teilchen
deutlich kleiner ist als eins. Koppelt man ein solches Ladungsmodell selbstkonsistent an
ein globales Plasmamodell stellt man jedoch fest, dass sich je nach berücksichtigten Aufladungsprozessen zwar die Plasmabedingungen stark unterscheiden, die Ladungsverteilung
aber kaum beeinflusst wird [KB99]. Der mittlere Ladungszustand wird daher von Gleichung
(2.7) ausreichend genau wiedergegeben. Die kritische Dichte für den Einsatz der Agglomeration, die sich somit ergibt, liegt in der Größenordnung der positiven Ionendichte.
Sobald eine kritische Dichte überschritten wird, führt die Agglomeration zu einer Nettoproduktion größerer Teilchen. Die Anlagerungsraten primärer Cluster an diese Agglomerate
steigen wiederum mit der Größe der Teilchen, so dass der Prozess an Dynamik gewinnt.
Einmal angestoßen, läuft die Agglomeration daher unumkehrbar ab, bis sämtliche primären
Cluster verbraucht sind und alle Teilchen negativ geladen sind. Die Agglomerationsratenkoeffizienten verschieden großer Teilchen sind aus der Aerosolchemie bekannt [KB99]:
r
8kB Td
Xn (vd ,vd0 ) = α (vd ,vd0 )
(2.9)
πmd
XX
α (vd ,vd0 ) =
Fk (vd ) Fk0 (vd0 ) σ (k,k 0 ,vd ,vd0 )
(2.10)
0
k k exp − kk0 e2
· a2 π, kk 0 > 0
4π0 akB Td
σ (k,k 0 ,vd ,vd0 ) =  1 − kk0 e2
· a2 π,
kk 0 ≤ 0.
4π0 akB Td
(2.11)
Dabei sind vd und vd0 die Teilchenvolumina der Stoßpartner, α (vd ,vd0 ) der über die Ladungsverteilungen Fk (vd ) und Fk0 (vd0 ) gemittelte inelastische Coulombstoßquerschnitt σ (k,k 0 ,vd ,vd0 ),
−1
0−1 −1
kB Td die thermische Energie der Staubteilchenbewegung
und
+
v
m
=
ρ
v
die efd
d
d
d
1/3
01/3
fektive Masse, bzw. a = (3/4π)1/3 vd + vd
der Radius des Harte-Kugel-Stoßquerschnitts.
Mit dem einfachen Modell eines normalverteilten Ladungszustands nach Gleichungen (2.7)–
(2.8) gilt:
1
e (k + 0. 5) − Qd
e (k − 0. 5) − Qd
√
√
Fk =
erf
− erf
.
(2.12)
2
2σ
2σ
Bei logarithmischer Diskretisierung der Teilchengröße vd in N Zellen lässt sich ein diskretes
16
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
Modell für die Agglomeration ableiten [GTS80]:
N
i
N
X
dVk X X +
−
=
νi,j,k Vi Vj − Vk
νi,k
Vi
dt
i=1 j=1
i=1
1
1
+
νi,j,k
=
Zvj
Zvi
vi0 vj =vj0 ,vj ≤vi ,vk0 ≤vi +vj ≤vk1
1
−
νi,j
=
Zvi
(2.13)
Xn (vi ,vj ) (vi + vj ) dvi dvj
(vi1 − vi0 ) vj1 − vj0 vi vj
(2.14)
1
Zvj
vi0 vj =vj0 ,vj ≤vi
(vi1
Xn (vi ,vj ) vi
dv dv
i j,
0
1
0
− vi ) vj − vj vi vj
(2.15)
−
+
bzw. νi,j
die
wobei Vk die gesamte Volumendichte der Teilchen in Zelle k ist und νi,j,k
Agglomerationsfrequenzen für Volumentransfer in die Zelle k bei Agglomeration von Teilchen
der Zellen i und j bzw. aus der Zelle k bei Agglomeration mit Teilchen der Zelle i darstellen.
Die Gleichungen (2.14) und (2.15) sind für den Fall abgeleitet, dass die Volumendichte
innerhalb einer Zelle konstant ist. Die zeitliche Entwicklung der Agglomeration ergibt sich
aus Gleichung (2.13). Diese wird mit einem expliziten Zeitschrittverfahren gelöst. Durch
den Bezug der Teilchengröße auf das Volumen ist (2.13) konservativ bzgl. des gesamten
Teilchenvolums. Um die Größenverteilung bzgl. des Teilchenradius zu erhalten, ordnet man
jeder Zelle auf dem Volumengitter einen mittleren Radius zu:
1 vk+1 + vk 1/3
1/3
ak =
.
(2.16)
− vk
v
2 vk+1 − vk k+1
Als Ergebnis erhält man für die Größenverteilung eine logarithmische Normalverteilung, die
sich mit der Zeit zu größeren Radien verschiebt. Dies ist beispielhaft in Abbildung 2.8 dargestellt. Der obere Teil der Abbildung zeigt den Zeitverlauf des mittleren Radius und der
Dichte der agglomerierenden Teilchen. Die Simulation startet mit einer Teilchendichte von
nd = ni = ne = 1016 m−3 und mit einem mittleren Teilchenradius von ca. 0. 4 nm. Alle
Teilchen befinden sich zu Beginn in der ersten Gitterzelle Vk . Der untere Teil der Abbildung
stellt die Volumendichteverteilung der Teilchen zu verschiedenen Zeitpunkten dar. Wie bei
Gaskondensationsprozessen kann man die Größenverteilung zu allen Zeitpunkten in guter
Näherung mit einer logarithmischen Normalverteilung beschreiben. Die Breite dieser Verteilung ist jedoch bei der Agglomeration im Plasma deutlich kleiner als bei vergleichbaren
Gaskondensationsprozessen, zum einen auf Grund der Größenabhängigkeit des mittleren
Ladungszustands der Teilchen (kleine Teilchen sind mit größerer Wahrscheinlichkeit neutral oder positiv geladen und agglomerieren bevorzugt), zum anderen weil keine thermische
Dissoziation der Agglomerate auftritt.
Für die realistische Simulation der Agglomeration ist es von elementarer Bedeutung, die
Wechselwirkung der heranwachsenden Teilchen mit dem Plasma zu erfassen. Im Fall der
Protopartikel ist unklar, wie groß der Anteil der negativ geladenen Teilchen ist: Direkte
Elektronenanlagerung findet nur für langsame Elektronen statt, da die kinetische Energie
der Elektronen nicht abgebaut werden kann. Der Elektronenanlagerungskoeffizient liegt in
diesem Fall zwei Größenordnungen unter der Ionenrekombinationsrate [FBH+ 96]. Allerdings
kann ein dritter Stoßpartner, z.B. ein Neutralteilchen, die kinetische Energie des Elektrons
aufnehmen. Der Elektronenanlagerungskoeffizient ist dann druckabhängig. Eine von Perrin
durchgeführte ab-initio Berechnung ergibt, dass der Anlagerungskoeffizient ke für p = 13
Pa und Te ≤ 5 eV bereits für Clustergrößen ab 50 Atomen größer als 0. 5 ist [Bouc99].
Eine Simulationsstudie von Kortshagen zeigt hingegen eine bessere Übereinstimmung mit
experimentell während der Agglomeration in Silanplasmen ermittelten Plasmaparametern,
2.4 Teilchenagglomeration
(a)
17
1015
2. 4
mittlerer Radius
Teilchendichte
2. 2
2
1014
nd / m−3
a / nm
1. 8
1. 6
1. 4
1013
1. 2
1
0. 8
0. 6
10−4
10−3
10−2
1012
10−1
t/s
(b)
2
1. 8
1. 6
t=0
-4
t = 10 s
t=1s
t=0
t = 10−4 s
t=1s
V (a) / 10−12
1. 4
1. 2
1
0. 8
0. 6
0. 4
0. 2
0
0. 1
1
10
100
a / nm
Bild 2.8: (a) Zeitliche Entwicklung des mittleren Radius und der Teilchendichte von Staubteilchen
aus einer Simulation der Agglomerationsphase. Die Rechnung beginnt zum Zeitpunkt
t = 0 mit einer Teilchendichte von nd = ni = ne = 1016 m−3 und mit einem mittleren
Teilchenradius von ca. 0. 4 nm. (b) Größenverteilung der Teilchen zu verschiedenen Zeitpunkten. Auf der Ordinate ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Volumendichte der
Teilchen aufgetragen.
18
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
wenn nur mit direkter Elektronenanlagerung gerechnet wird [KB99]. In diesem Fall ist die
Ladungsträgerbilanz von den Protopartikeln praktisch unbeeinflusst und der Beginn der
Agglomeration erfolgt identisch zu neutralen Aerosolen. Spätestens ab einem mittleren Teilchenradius von 5 nm ist der Elektronenanlagerungskoeffizient ke ≈ 1, so dass ausgehend von
typischen Protopartikeldichten und bei typischen Plasmadichten ein Großteil der Plasmaelektronen auf der Teilchenoberfläche gebunden ist. Dadurch ist das Verhältnis von Elektronendichte zu Ionendichte ne /ni sehr viel kleiner als 1 und der mittlere Ladungszustand der
Partikel wird begrenzt (vgl. (2.7)). Nach außen sichtbar wird diese Situation durch einen
drastischen Wechsel der Entladungscharakteristik (in der Literatur als α–γ 0 -Modenwechsel
bezeichnet [Bouc99]). Im weiteren Verlauf der Agglomeration sinkt die Gesamtoberfläche
der Teilchen und damit auch der Anteil der an die Teilchen gebundenen Elektronen. Entsprechend steigen ne /ni und in Folge die mittlere Ladung der Teilchen |Qd |. Die Agglomeration verlangsamt sich und kommt schließlich zum Erliegen. In der Simulation wird dieses
Verhalten erfasst, indem man ne /ni vor jedem Zeitschritt der Agglomeration mittels eines
Plasmamodell aktualisiert. Für eine qualitative Betrachtung kann man dabei von einer konstanten Ionendichte ausgehen und die Elektronendichte aus der Quasineutralitätsbedingung
berechnen:
0 = eni − ene − Qd nd
ne
Qd nd
=1−
.
ni
eni
(2.17)
(2.18)
Die untenstehende Abbildung zeigt den mittleren Teilchenradius und die Teilchendichte
während des Verlauf der Agglomeration gemäß Gleichung (2.13). Als Startbedingung wurden monodisperse Protopartikel mit 1 nm Radius mit nd = 1. 0 · 1012 m− 3 und für die
Plasmabedingungen ni = 1. 0 · 1016 m− 3, Te = 3 eV und Ti = 26 meV gewählt. Solange
ein nennenswerter Anteil der Teilchen neutral oder positiv geladen ist, sind die Agglomerationsraten hoch die Partikeldichte sinkt mit der −6/5 Potenz der Zeit. Da im Modell
angenommen wird, dass während der Agglomeration keine neuen primären Cluster gebildet
werden ist das Gesamtvolumen aller Teilchen konstant und für den mittleren Teilchenradius
120
100
40
80
30
mittlerer Durchmesser ~ t
2/5
60
Teilchendichte ~ t -6/5
20
40
10
Teilchendichte / µm−2
mittlerer Teilchendurchmesser / nm
50
20
Clusterbildung
Agglomeration
0
0
0
5
10
15
20
25
30
35
Extraktionszeitpunkt / s
Bild 2.9: Zeitliche Entwicklung der Größe und der Dichte von auf Siliziumproben gesammelten
Staubteilchen. Die Teilchen wurden wie in Kapitel 2.2 beschrieben bei PCCP = 70 W,
φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4 sccm und p (t = 0) = 5,6 Pa bei Variation von ∆tCCP =
∆tC2 H2 präpariert und mit dem Abschalten des Plasmas nach ∆tICP = 120 s auf den
Proben gesammelt. Größe und Dichte der Teilchen skalieren mit den für Agglomeration
typischen Potenzen der Zeit.
2.5 Weiteres Wachstum und Wachstumszyklen
19
folgt: a ∼ t2/5 . Der Verlauf des Teilchenwachstums wird im Experiment durch ex-situ Messungen an extrahierten Teilchen bestätigt. Abbildung 2.9 zeigt den gemessen Zeitverlauf der
mittleren Größe und der Dichte von Teilchen auf der Oberfläche von Siliziumwaferstücken,
die wie in Kapitel 2.2 beschrieben bei PCCP = 70 W, φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4 sccm
und p (t = 0) = 5,6 Pa präpariert wurden. Auf der Abszisse ist die Zeit ∆tCCP = ∆tC2 H2 bis
zum Umschalten in den ICP-Modus aufgetragen. Die Teilchen wurden mit dem Abschalten
des Plasmas nach ∆tICP = 120 s auf den Proben gesammelt. Im Rahmen der statistischen
Fehler skalieren Größe und Dichte der auf den Proben gefundenen Teilchen mit den aus dem
Modell vorhergesagten Potenzen der Zeit.
2.5
Weiteres Wachstum und Wachstumszyklen
Je nach Anfangszustand der Agglomerationsphase sind ab einer bestimmten Teilchengrößen
kaum noch neutrale oder positiv geladene Teilchen vorhanden und Agglomeration findet
praktisch nicht mehr statt. Wird weiter Prekursorgas zugeführt, wachsen die Teilchen jedoch durch Anlagerung von Makromolekülen und neu gebildeten Protopartikeln langsam
weiter an. Auf diese Weise können Teilchen mit Durchmessern von mehreren Mikrometern
entstehen. Schließlich ist die Schwerkraft so groß, dass die Teilchen die elektrische Potentialbarierre überwinden und auf den Gefäßboden fallen. Nun kann sich wieder eine kritische
Dichte an Protopartikeln aufbauen und die Prozesse des Teilchenwachstums wiederholen
sich. Eine vergleichbare Situation ensteht, wenn es zur Bildung einer teilchenfreien Region, also eines sogenannten voids, kommt (vgl. Kapitel 3.2). U.u. können sich innerhalb des
voids neue Protopartikel ansammeln und es kann ebenfalls eine neue Teilchengeneration
heranwachsen. Wiederum wiederholen sich alle Vorgänge zyklisch. Die Zykluszeiten liegen
in beiden Fällen typischerweise im Bereich mehrerer Minuten [HBW03].
2.6
Unterbrechung des Teilchenwachstums
Aus den vorherigen Abschnitten ist klar, dass das Teilchenwachstum in Schüben erfolgt:
Die einzelnen Teilchen wachsen zunächst sehr schnell zu Protopartikeln heran, haben dann
einige Zeit eine nahezu konstante Größe und werden schließlich in Agglomerate eingebaut.
Die Möglichkeiten, auf den Wachstumsprozess Einfluss zu nehmen sind begrenzt. Die entscheidenen Prozessparameter während der Nukleation der Protopartikel sind
ˆ die Dichte des Prekursorgases,
ˆ die zugeführte Leistung,
ˆ die Elektonendichte,
ˆ die Gastemperatur.
Die ersten drei Parameter bestimmen im Wesentlichen die Prekursorendichte für die Makromolülwachstumsketten und damit die Nukleationsgeschwindigkeit der Protopartikel. Eine
erhöhte Gastempertur führt zu einer deutlich Reduktion der Nukleationsraten [BHB+ 94].
Die Ursachen für dieses Verhalten wurden in der Literatur für Silanplasmen z.T. kontrovers
diskutiert [FBH+ 96, Bouc99, BKG03]. Den größten Einfluss hat offenbar die Temperaturabhängigkeit der Prekursorgasdichte bei konstant gehaltenem Druck sowie die Temperaturabhängigkeit der Diffusionskoeffizienten von Makromolekülen und Partikeln [BKG03].
Die Größe der Protopartikel lässt sich kaum beeinflussen, da allein die atomaren Eigenschaften die Schwelle festlegen, an der der Übergang von Makromolekül zu Oberfläche statt
20
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
findet und das Wachstum stoppt. Über die Größe des Entladungsgefäßes könnte man die Untergrenze der Größenverteilung einstellen, ab der selektiver Einschluss einsetzt: Ein großes
Entladungsgefäß begünstigt den Enschluss kleinerer Teilchen. Da man keinen Einfluss auf
die Obergrenze nehmen kann würde man jedoch letztlich nur die Teilchengrößenverteilung
verbreitern.
Der mittlere Ladungszustand der Teilchen bestimmt die maximale Teilchengröße, bei der
noch ein nennenswerter Anteil der Teilchen neutral oder positiv geladen ist und legt damit
die Größe fest, bis zu der die Teilchen agglomerierten. Dies ist schematisch in Abbildung 2.10
dargestellt. Die Abbildung zeigt die normierte mittlere Ladung der Teilchen in Abhängigkeit der Teilchengröße und dem Verhältnis von Staubteilchendichte zur Dichte der positiven
Ionen nd /ni , wobei für alle Teilchengrößen von einem Elektronenanlagerungskoeffizienten
ke = 1 gemäß der Rechnung von Perrin ausgegangen [Bouc99] wird. Gemäß dieser Vorstellung setzt die Agglomeration ein, sobald sich eine Protopartikeldichte von der Größenordnung der positiven Ionendichte angesammelt hat. Die Entladungsbedingungen ändern sich
dann derart, dass die Elektronendichte stark absinkt und sich in Folge dessen der mittlere
Ladungszustand der Teilchen verringert. Agglomeration findet statt, solange die Bedingung
Qd nd ≈ eni erfüllt ist. Kann man den Ladungszustand beeinflussen, hat man somit eine
Zugriffsmöglichkeit auf den Moment, an dem die Agglomeration anhält.
Den wichtigsten Einflussgrößen auf den Ladungszustand sind nun die Elektronentemperatur und das Verhältnis von Elektronendichte zu Ionendichte (vgl. (2.7)). Letzteres ist während der Agglomeration in einer kapazitiven Entladung auf Grund der Quasineutralität und
Qd nd ≈ eni typischerweise deutlich kleiner als eins. Ein Wechsel in den induktiven Modus
kann das Verhältnis jedoch drastisch erhöhen. Dadurch erhöht sich der mittleren Ladungszustand der Staubteilchen, die Anzahl an neutralen und positiv geladenen Staubteilchen sinkt
und die Agglomeration stoppt! Dies ist in Abbildung 2.10 durch einen Pfeil veranschaulicht.
neutrale +
negativ + positiv
geladene Teilchen
TeilchenDurchmesser
100 nm
10 nm
nur negativ
geladene
Teilchen
Ag
glo
me
rat
ion
ICP ← CCP
eln
Nukleation von Protopatik
1 nm
Bild 2.10: Globaler Zusammenhang zwischen Agglomeration und mittlerem Ladungszustand. Agglomeration setzt ein und hält an, solange die auf den Protopartikeln gebundene Ladung in derselben Größenordnung liegt, wie die positive Ionendichte. Ein Wechsel vom
kapazitiven in den induktiven Modus kann die Ladungsträgerbilanz ändern und die
Agglomeration anhalten. Die zugrundliegende Abbildung ist dem Buch von Bouchoule
entnommen [Bouc99].
3. Ausbildung von Plasmainstabilitäten
In diesem Kapitel werden die Vorgänge in einer partikelhaltigen Entladung diskutiert, die
zur Ausbildung von Instabilitäten führen können. Dazu wird zunächst die Dynamik von
Staubteilchen im Plasma betrachtet und anschließend auf die Entstehung von staubfreien
Regionen im Plasma eingegangen.
3.1
3.1.1
Dynamik der Staubteilchen
Orbitallimitiertes Teilchenstrommodell
Entscheidend für die Kräfte, die im Plasma auf ein Staubteilchen wirken, ist dessen Ladungszustand. Im zeitlichen Mittel stellt sich dieser so ein, dass sich die positiven und
negativen Ströme auf die Staubteilchenoberfläche kompensieren. In diesem Fall besitzt das
Staubteilchen gegenüber dem Plasma ein wohldefiniertes Potential, aus dem man mit Hilfe
eines Kondensatormodell seine Ladung berechnen kann. In Niederdruckplasmen kann man
die Randschicht um das Staubteilchen als stoßfrei betrachten. Die Potentialverteilung um
das Staubteilchen wird dann in guter Näherung durch ein abgeschirmtes Coulombpotential,
dem sogenannten Debye-Hückel- bzw. Yukawa-Potential beschrieben [Bouc99]:
a
r−a
Φ (r)
= exp −
,
(3.1)
Φd
r
λD,eff
wobei a der Radius des Staubteilchens, r der Abstand von seinem Mittelpunkt Φd das
elektrische Potential auf seiner Oberfläche gegenüber dem ungestörten Plasma und λD,eff die
Abschirmlänge ist. Für den Fall einer dicken Randschicht (a λD,eff ) fällt dieses Potential
in der Umgebung des Staubteilchens flacher ab, als r−2 . Die Ladungsträngerströme auf
das Staubteilchen sind dann orbitallimitiert (OML-Fall) [DPKG92] und für einen einzelnen
Ladungsträger, der sich an der Schichtkante s befindet, kann man mit Hilfe der Energie- und
Drehimpulserhaltungssätze entscheiden, ob er die Oberfläche des Staubteilchens erreicht,
Schichtkante
Ion / Elektron
(qk, mk)
Plasma (Upl, fe, fi)
Staubteilchen
(Qd, md)
Schicht (U(r))
a
rs
vp,r
vs,r
vp,t
vs,t
Bild 3.1: Trajektorie eines Elektrons oder Ions in der Nähe eines Staubteilchens im orbitallimitierten Modell. Die Geschwindigkeit an der Schichtkante entscheidet darüber, ob das
Elektron bzw. Ion auf das Staubteilchen trifft oder es verfehlt.
21
22
Kapitel 3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
oder das Staubteilchen verfehlt (vgl. Abbildung 3.1):
(
0,
qΦd ≤ 0
vs,r ≥ vs,r,min = q 2eΦd
, qΦd > 0
m
s 2qΦd
2
vs,t ≤ vs,t,max = ρ vr,s −
,
m
(3.2)
(3.3)
wobei q und m Ladung bzw. die Masse des Ladungsträger sind, vs,r und vs,t seine radiale bzw.
tangentiale Geschwindigkeitskomponente in der durch den Geschwindigkeitsvektor und den
Staubteilchenmittelpunkt definierten Ebene, Φd das Potential des Staubteilchens gegenüber
dem umgebenden Plasma und ρ eine Hilfsgröße, die durch
ρ=
a2
rs2 − a2
(3.4)
mit dem Staubteilchenradius a und dem Radius des Randschicht rs gegeben ist. Der Strom
einer Ladungsträgersorte auf das Staubteilchen ergibt sich aus der Integration ihrer Geschwindigkeitsverteilungsfunktion an der Schichtkante über den Geschwindigkeitsraum und
die Oberfläche der Schichtkante.
Für ein Plasma, das aus Elektronen mit Maxwell’scher Geschwindigkeitsverteilung und einer
Ionensorte mit driftender Maxwell’schen Geschwindigkeitsverteilung besteht, ergeben sich
unter der Annahme rs a folgende Teilchenströme [KIZM05, Bouc99]:
eΦd
2
Γe = πa ne ve,th exp
(3.5)
kB Te
r 2 √
u
2eΦd
π
ui
−1
2
2
Γi = 2πa ni vTi ui
1 + ui −
erf √
+ ui exp − i
(3.6)
2
kB Ti
2
2
a
Φd .
(3.7)
Qd = 4π0 a 1 +
λD,eff
Γe und Γi sind der Elektronen- bzw. Ionenstrom auf die Oberfläche des Staubteilchens, ne
und ni die Dichten der Elektronen bzw. Ionen
p im ungestörten Plasma und Te bzw. Ti die
Elektronen- bzw. Ionentemperatur. ve,th =p 8kB Te /πme ist die thermische Geschwindigkeit
der Elektronen und ui = vi /vTi mit vTi = kB Ti /mi die Machzahl der Ionen. Die Beziehung
(3.7) verknüpft die Ladung des Staubteilchens Qd < 0 mit seinem Oberflächenpotential
unter der Annahme, dass die Potentialverteilung um das Staubteilchen dem Debye-HückelPotential gemäß Gleichung 3.1 entspricht. Für die effektive Abschirmlänge λD,eff dieses Potentials gilt in guter Näherung [KIZM05]:
−2
2 −1
λ−2
+ λ−2
(3.8)
D,e
D,eff = λD,i 1 + ui
r
0 kB Ti
(3.9)
λD,i =
e2 ni
r
0 kB Te
,
(3.10)
λD,e =
e2 ne
wobei λD,i bzw. λD,e die Ionen- bzw. Elektronendebyelängen bezeichnen. Durch numerische
Lösung des Gleichungssystems (3.5–3.7) kann man die Ladung des Staubteilchens bestimmen. In guter Näherung kann man den Ladungszustand auch mit einer semiempirisch abgeleiteten Formel abschätzen [MR95]:
!
r
4π0 akB Te
ne mi Ti
Qd ≈ −eB
ln
,
(3.11)
e2
ni me Te
3.1 Dynamik der Staubteilchen
23
wobei B eine schwach variierende Funktion von Te /Ti und me /mi ist. Man sieht, dass die
mittlere Ladung eines Staubteilchens linear mit seinem Radius a und mit der Elektronentemperatur Te skaliert. Die Plasmadichte wirkt sich nicht auf die Ladung aus, solange die
Quasineutralität ne ≈ ni erfüllt ist. Ist jedoch ein erheblicher Teil der Elektronen an Staubteilchen gebunden, so wird ne /ni 1 und die zeitlich gemittelte Ladung des einzelnen
Staubteilchens ist gegenüber dem Fall der Quasineutralität deutlich reduziert. Dadurch kann
sich der Anteil an neutralen und positiv geladenen Staubteilchen im Plasma erhöhen und
Agglomeration wird begünstigt.
3.1.2
Kräftebilanz
Im stationären Zustand der staubigen Entladung wird die Gleichgewichtsposition der Staubteilchen durch ihre Kräftebilanz beschrieben. Die maßgeblichen Kräfte sind die elektrostatische Kraft, der Ionenwind und ggf. thermophoretische Kräfte sowie Gravitation. Die elektrostatische Kraft lässt sich in guter Näherung durch
F el = Qd E
(3.12)
beschreiben [Bouc99], wobei E das statische elektrische Feld des Plasmas ist. Das statische
elektrische Feld des Plasmas ist in der Regel auf die Wände des Entladungsgefäßes gerichtet,
so dass die Kraft F el zur Mitte des Reaktors zeigt und die Staubteilchen von den Wänden
fernhält.
Der Ionenwind beinhaltet zwei Komponenten: Die Kraftwirkung durch den Impulsübertrag
der auf die Staubteilchen treffenden Ionen und die Coulombwechselwirkung der vorbeiströmenden Ionen mit dem negativ geladenen Staub. Allgemein ergeben sich die beiden Komponenten durch der Faltung der Ionenverteilungsfunktion mit den Wirkungsquerschnitten
für Ioneneinfang σc bzw. Coulombwechselwirkung σs [KIMT02]:
2ρ0
2
σc (v) = πa 1 +
(3.13)
a
ρZmax
ρdρ
= 4πρ20 Γ
(3.14)
σs (v) = 4π
1 + (ρ/ρ0 )2
ρ
Z min
F i,c = mi vfi (v) vσc (v) dv
(3.15)
Z
F i,s = mi vfi (v) vσs (v) dv.
(3.16)
ρ0 = −eΦd a/mi v 2 ist der Coulomb- bzw. Landau-Radius. Der modifizierte Coulomb-Logarithmus
β+1
Γ = ln
(3.17)
β + (a/λD,eff )
mit dem mittleren normierten Stoßparameter
β=−
a
eΦd
kB Ti (1 + u2i ) λD,eff
(3.18)
ergibt sich aus der Wahl der Integrationsgrenzen in (3.14). Als untere Grenze wird der maximale Stoßparameter für den Aufprall eines Ions der Geschwindigkeit v auf das Staubteilchen
verwendet, was naturgemäß dem minimalen Stoßparameter für Coulombstreuung entspricht:
r
2eΦd
ρmin (v) = a 1 −
.
(3.19)
mi v 2
24
Kapitel 3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
Die obere Grenze wird so gewählt, dass alle Ionen mit einbezogen werden, deren Bahnen
sich bis auf λD,eff an das Staubteilchen annähern [KIMT02]:
s
2eΦd a
ρmax (v) = λD,eff 1 −
.
(3.20)
mi v 2 λD,eff
(3.20) ist eine phänomenologische Wahl, die zu einem genaueren Ergebnis führt, als der
klassische Ausdruck für Coulombstreuung (ρmax = λD,eff ). Die Ionenwindkraft, die sich im
klassischen Fall ergibt, ist bei typischen Plasmabedingungen um mindestens den Faktor fünf
zu niedrig, um etwa die Enstehung von Voids zu erklären [AG01]. Im Fall einer driftenden
Maxwellverteilung
!
3/2
1
mi (v − v i )2
fi (v) =
exp −
(3.21)
kB Ti
kB Ti
ergibt sich für die Ionenwindkraft [KIZM05]:
r √
2eΦd
ui
π
−2
2
2
F i,c = 2πa ni mi vTi
1 + ui + 1 − ui
1−
erf √
+
2
kB Ti
2
2 2eΦd
u
−1
2
+ ui
1−
+ ui exp − i
kB Ti
2
r
2 2 2
√
u
π −2
ui
4e Φd
−1
2
F i,s = 2πa ni mi vTi −
Γ.
+ ui exp − i
ui erf √
2
2
kB2 Ti2
2
(3.22)
(3.23)
Für typische Plasmaparameter im Bereich β . 5 stimmen (3.22) und (3.23) sehr gut mit
den Ergebnissen von Monte-Carlo-Simulationen der Ionenströmung um ein negativ geladenes
Testteilchen überein [Hutc05]. Die Abweichung in diesem Bereich beträgt maximal 20 %. Für
β > 5 führt (3.14) trotz Verwendung der effektiven Debye-Länge (3.8) zu großen Fehlern.
Größere Abweichungen können sich auch ergeben, wenn die mittlere freie Weglänge der
Ionen im Plasma kleiner wird als die effektive Debye-Länge [IZKM05]. Für β 1 und
subthermische Ionen (ui 1) dominiert die Kraftwirkung durch Coulombstreuung. Der
entsprechende Ausdruck (3.23) kann in diesem Fall in guter Näherung stark vereinfacht
werden [KIMT02]:
2√
e2 Φ2
(3.24)
F i ≈ F i,s ≈
2πa2 ni mi vT2 i ui 2 d2 Γ.
3
kB Ti
Thermophorese wird durch einen Temperaturgradienten induziert und ergibt sich aus einer
inhomogen über die Oberfläche verteilten Stoßrate mit Neutralgasteilchen. In guter Nährung
wird die thermophoretische Kraft durch folgene Beziehung wiedergegeben [GTR01]:
16 πa2
F th = − √
κT ∇Tn ,
(3.25)
15 2π vn,th
p
wobei κT die thermische Leitfähigkeit des Gases, vn,th = kB Tn /mn die thermische Geschwindigkeit der Neutralteilchen und Tn die (ortsbhängige) Neutralgastemperatur ist. Bei
einer Elektronendichte von ne ≈ 1017 m−3 , wie sie in ICP-Entladungen typischerweise vorherrscht, ist ein hoher Temperaturgradient erforderlich, damit die thermophoretische Kraft
in derselben Größenordnung wie die Ionenwindkraft liegt. Ein solcher Temperaturgradient
stellt sich normalerweise nur ein, wenn eine Elektrode des Reaktors geheizt oder gekühlt
wird. Dies ist im Experiment, wie es in 2.2 beschrieben wird, nicht der Fall. Thermophorese
wird daher in den nachfolgenden Betrachtungen vernachlässigt.
Die Gravitationskraft
4
F g = md g = πa3 ρd g
(3.26)
3
3.2 Void-Entstehung
25
erzielt diese Größenordnung erst bei Teilchenradien von einigem Mikrometern. Bei Teilchengrößen von einigen zehn Nanometern spielt die Gravitationskraft keine Rolle und wird daher
nachfolgend ebenfalls nicht beachtet.
Im Fall bewegter Staubteilchen wirkt die Reibung gegen den Neutralgashintergrund der
Bewegungsrichtung entgegen. Die Reibungskraft wird in guter Näherung durch die EpsteinBeziehung widergegeben [Epst24, BWA65, GTR01]:
"
2
F n = −2πa2 mn nn vn,th
#
√ r
8
π Td,sf v d − v n
√ + (1 − p )
√
,
3
Tn
3 π
2vn,th
(3.27)
wobei v d die Strömungsgeschwindigkeit der Staubteilchen, v n die Strömungsgeschwindigkeit
des Neutralgases und Td,sf die Temperatur an der Oberfläche des Staubteilchen ist. Dieselbe
Beziehung beschreibt den Effekt einer Gasströmung um ein ruhendes Staubteilchen. Die
Kraft auf Nanoteilchen durch die Gasströmung in der GEC-Zelle bleibt bei typischen Flussraten allerdings deutlich unterhalb der Größenordnung der Ionenwindkraft.
Die dominierenden Kräfte auf die Nanoteilchen im Experiment sind also die elektrostatische
Kraft und die Kraft des Ionenwinds. Die elektrostatische Kraft beschreibt die Wirkung des
gesamten elektrischen Feldes im Plasma auf die Staubteilchen, also auch die Coulombwechselwirkung der Staubteilchen untereinander. Tatsächlich stellt sich im stationären Fall das
elektrische Potential des staubigen Plasmas so ein, dass der Ionenwind an jedem Ort der
Staubteilchenwolke gerade durch die elektrostatische Kraft kompensiert wird.
3.2
Void-Entstehung
In bestimmten Bereichen des Parameterraums bilden sich im staubigen Plasma spontan eine ohne mehrere staubteilchenfreie Regionen, sogenannte Voids. Die Entstehung wird durch
statistischen Fluktuationen der Staubteilchendichte initiiert. In Bereichen geringer Staubteilchendichte ist die Plasmateilchendichte lokal erhöht, da die Ladungsträgerverluste an
der Oberfläche der Staubteilchen niedriger sind. Kann in dieser Situation der erhöhte Ionenwind nicht mehr durch die elektrostatische Kraft kompensiert werden, so führt dies
in einem sich selbst verstärkenden Prozess zu einer Entmischung von Plasma und Staub
[SG99, AG01, DPS+ 02, TVM04].
Der wahrscheinlichste Ort für die Enstehung eines Voids liegt in der Nähe der Reaktormitte,
da die Plasmadichte dort am größten ist. Die Voraussetzung für die Entstehung eines Voids
lautet allgemein:
Fi
> 1.
(3.28)
F el
Die Ionendrift nahe dem Zentrum der Entladung ist subthermisch, d.h. ui 1. In diesem Fall
ist das statische elektrische Feld über die Beweglichkeit µi mit der Ionendriftgeschwindigkeit
verknüpft:
v i = µi E
µi =
e
,
mi nn Xin
(3.29)
(3.30)
wobei nn die Neutralteilchendichte und Xin der Ratenkoeffizient für elastische Stöße zwischen
Ionen und Neutralteilchen ist. Damit gilt für die elektrostatische Kraft auf die Staubteilchen:
a
4π0
eΦd v i mi nn Xin ,
(3.31)
F el = Qd E = 2 a 1 +
e
λD,eff
26
Kapitel 3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
und die Bedingung für die Enstehung eines Voids lässt sich ohne eine explizite Abhängigkeit
vom elektrostatischen Feld ausdrücken:
Fi
ni
eΦd
e2
1
a √
= √
Γ > 1,
F el
3 2π0 nn mi kB Ti Xin kB Ti
(3.32)
wobei für die Ionenwindkraft der vereinfachte Ausdruck 3.24 angesetzt wird.
Bei fester Ionentemperatur ist das Verhältnis F i /F el direkt proportional zum Staubteilchenradius a und zum Ionisationsgrad ni /nn . Der Einfluss von anderen Plasmaparametern
über das Oberflächenpotential der Staubteilchen Φd und den Coulomb-Logarithmus Γ ist
dagegen nur schwach ausgeprägt. Damit kann für einen vorgegebenen Ionisationsgrad die
kritische Staubteilchengröße ermittelt werden, ab der es zur Entstehung eines Voids kommt.
Für Ionisationsgrade, wie sie für kapazitive Entladungen typisch sind, liegt der kritische Radius deutlich über 100 nm [SG99]. In induktiven Entladungen ist der Ionisationsgrad ni /nn
dagagen typischerweise ein bis zwei Größenordnungen höher. Für eine Argon-Entladung bei
einem Druck von p = 4 Pa, einer Ionendichte von ni ' 1017 m−3 , einer thermischen Ionenenergie kB Ti ' 26 meV, einem Stoßratenkoeffizient Xin ' 5. 9 · 10−16 m3 s−1 [EPM+ 76] und
einem Overflächenpotential eΦd ' 6 eV [Bouc99] liegt der minimale Staubteilchenradius, für
den die Bedingung 3.32 erfüllt ist, unter 1 nm!
Ein Void setzt sich gegenüber dem umgebenden, staubigen Plasma durch eine erhöhte Strahlungsintensität ab. Dies liegt daran, dass die Elektronendichte im staubigen Plasma durch
die Rekombination von Elektronen an den Staubteilchenoberflächen je nach Staubteilchendichte um ein bis zwei Größenordnungen gegenüber der Elektronendichte im Void reduziert
ist [AG03, DOYA06]. In kapazitiven Entladungen kann dieser Effekt dadurch teilweise kompensiert werden, dass die Elektronentemperatur im staubigen Plasma gegenüber dem Void
erhöht ist. Dies liegt daran, dass die lokale Stärke des elektrischen Wechselfelds umgekehrt
proportional zur lokalen Elektronendichte ist und damit der Leistungseintrag im staubigen Plasma wesentlich größer ist, als im Void. Im Gegensatz dazu hängt in der induktiven
Entladung die Stärke des elektrischen Wechselfelds in erster Linie von der volumengemittelten Elektronendichte ab [DOYA06]. Durch eine verminderte Elektronendichte erhöht sich
eher die Eindringtiefe der elektromagnetischen Welle [LL05] und man erwartet im Void tendenziell eine höhere Elektronentemperatur als im staubigen Plasma. Dies wird durch die
Langmuirsonden-Messungen im Experiment bestätigt (vgl. Kapitel 6.1). Auf Grund der erhöhten Emission im sichtbaren Bereich wird das Void im Folgenden phänomenologisch auch
als Plasmoid bezeichnet.
3.3
Void-Instabilität
Führt man das Experiment wie in Kapitel 2.2 beschrieben durch, beobachtet man nach dem
Umschalten des Plasmas vom kapazitiven Modus in den induktiven Modus (Phasen (iv–v)
in Abbildung 2.2) erwartungsgemäß einen Plasmoiden. Allerdings ist die Plasmaemission
nicht stabil. Dies ist in Abbildung 2.2 b anhand des Signals der Fotodiode für einen Versuch mit ∆tC2 H2 = ∆tCCP = 4 s, PCCP = 70 W und PICP = 100 W dargestellt: Während
der kapazitiven Phase (ii–iii) ist die Lichtemission des Plasmas auf Grund einer geringen
Elektronendichte niedrig im Vergleich zur induktiven Phase (iv–v). Zu Beginn der induktiven Phase (iv) bzw. nach dem Stopp der Acetylenzufuhr unterliegt die Lichtemission starken
chaotischen Schwankungen. Offenbar brennt die Entladung in dieser Phase noch nicht durchgehend induktiv sondern wechselt zwischen kapazitiven und induktiven Modus hin und her.
Nach einigen Sekunden brennt das Plasma rein induktiv und allmählich kristallisiert sich eine gleichmäßige Oszillation heraus (Phase (v)). Den Wechsel zur rein induktiven Entladung
erkennt man daran, dass die Strahlungsintensität durchgehend höher ist, als im kapazitiven
3.3 Void-Instabilität
27
Plasma. Sporadisch kommt es in Phase (v) zu heftigeren Schwankungen der Plasmaemissionen (z.B. im Bereich 85–95 s in Abbildung 2.2 b). Die Entladung bleibt dabei aber wiederum
im induktiven Modus. Nach einer Unterbrechung des Plasmas für einige Sekunden (Phase
(vi)) brennt die Entladung stabil und induktiv (Phase (vii)).
Die Zusammensetzung des Plasmas unterscheidet sich zwischen den einzelnen Phasen wie
folgt: Im kapazitiven Modus handelt es sich um ein Edelgas-Acetylen-Plasma, in dem Staubteilchen heranwachsen. Nach dem Abschalten der Acetylenzufuhr, d.h. im Laufe von Phase
(vi), wird zunächst der Prekursorgasvorrat verbraucht. Die Zeitkonstante hierfür liegt in der
Größenordnung der mittleren Aufenthaltsdauer für Neutralteilchen. Bei einem Plasmavolumen von 5 l und einem Druck von 4 Pa beträgt diese etwa 0,5 s. Während der ersten Sekunden von Phase (vi) befindet sich also noch Molukülgas im Plasma. Die Schwelle zwischen
kapazitivem und induktivem Modus liegt in diesem Fall in der Nähe der Generatorleistung
PICP = 100 W. Oszillationen zwischen den beiden Betriebsmodi sind in diesem Fall typisch
und erklären sich aus dem Zusammenspiel von Plasmaimpedanz, der Hysterese in der Leistungsbilanz des Plasmas und dem Anpassnetzwerk, das sich zwischen Generator und Spule
befindet (vgl. [LL05]).
Ist das Quellgas verbraucht, liegt eine reine Edelgasentladung vor, in der die Staubteilchen,
die in der kapazitiven Phase (ii–iii) erzeugt werden, gefangen sind. Die Schwelle zwischen
den Betriebsmodi liegt dann deutlich unterhalb der Generatorleistung PICP = 100 W und
das Plasma brennt durchgehend induktiv. Die Plasmaoszillationen, die in dann beobachtet
werden, werden allein durch die Anwesenheit der Staubteilchen verursacht. Als Mechanismen, durch die anwesender Staub Plasmaoszillationen verursachen kann, wurden in früheren Untersuchungen Ladungsinstabilitäten und Transportinstabilitäten betrachtet [vKB04].
Der Frequenzbereich der beobachteten Instabilitäten liegt zwischen 10 und 100 Hz und
liefert damit einen Anhaltspunkt über die Natur der Oszillationen: Ladungsinstabilitäten
sind charakteristisch für elektronegative Plasmen. Dabei unterliegt der Ladungszustand der
beteiligten Spezies periodischen Schwankungen. In einer Argon–SF6 Entladung durchlaufen beispielsweise SF6 Moleküle einen Zyklus von Elektronenanlagerung (Neutralteilchen →
negatives Ion), Ion-Ion-Rekombination (negatives Ion → Neutralteilchen), Ionisation (Neutralteilchen → positives Ion) und Wandrekombination (positives Ion → Neutralteilchen).
Die begrenzende Zeitdauer für diese Instabilität ist die Ion-Ion-Rekombinationszeit, die in
der Größenordnung 1 ms liegt [LL05]. Im Fall agglomerierter Teilchen ist die begrenzende
Zeitdauer für Ladungsschwankungen die Aufladungszeit. Diese liegt im Bereich einiger 10
µs [Bouc99] und damit deutlich unterhalb der Periodendauer der beobachteten Plasmaoszillationen. Ladungsinstabilitäten müssten zu Oszillationen mit deutlich höheren Frequenzen
führen und können damit nicht als Erklärung für die beobachteten Phänomenen dienen.
Für eine Betrachtung von Teilchentransportphänomenen geht man von driftenden Staubteilchen aus, für die Ionenwindkraft und Neutralgasreibungskraft im Gleichgewicht stehen.
Aus Gleichungen (3.24) und (3.27) folgt für die Driftgeschwindigkeit:
√
ni e2 Φ2d
pi
v d = √ v Ti ui
Γ.
(3.33)
nn kB2 Ti2
8 2
Als typische Transportzeit ergibt sich für ein Staubteilchen mit Radius a = 25 nm bei
ui = 0,1 und den Plasmaparametern aus 3.2 H/v d ≈ 10 ms. Die Periodendauer der Plasmaoszillationen liegt also im Bereich typischer Transportzeiten für die Staubteilchen im
Reaktor. Transportinstabilitäten können also die beobachteten Plasmaoszillationen im induktiven Modus erklären.
Da die Partikel in diesem Experiment so klein sind, dass sie nicht mit Lichtstreuung lokalisiert werden können, ist es leider nicht möglich, die Trajektorien der einzelnen Partikel
zu verfolgen. Allerdings werden ähnliche Plasmainstabilitäten in kapazitiven Entladungen
beobachtet [PG96, SG99]. Dort entstehen Voids nur in Staubplasmen mit deutlich größeren
28
Kapitel 3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
Partikel als im induktiven Fall (vgl. Kapitel 3.2) und entsprechend werden auch die Instabilitäten nur für deutlich größere Partikel beobachtet. In [SG99] werden entsprechende Beobachtungen für Partikel mit a ≈ 65 nm diskutiert. Die Partikelwolke wird dabei von einem
Laser in einer Ebene ausgeleuchtet und das Streulicht der Teilchen in dieser Ebene von einer
ICCD-Kamera erfasst. In Analogie zu den anfänglich chaotischen Oszillationen in der rein
induktiven Phase dieses Experiments (Phase (iii)) beobachtet man im kapazitiven Plasma
bei heranwachsenden Teilchen ein unregelmäßiges Erscheinen und Verschwinden mehrerer
Voids (in [SG99] als Filamentmodus bezeichnet) und damit verbunden ein chaotisches Flackern des Plasmaemission. Nach einiger Zeit verschmelzen diese Voids zu einem einzigen,
das um das Zentrum des Reaktors rotiert, oder im Zentrum liegt und pulsiert. Durch die
Bewegung oder die Pulsierung des Plasmoids kommt es zu periodischen Oszillationen der
Plasmaemission, wie sie von einer Fotodiode erfasst werden können. Die Frequenzen der
Instabilitäten liegen unter dem Bereich, der im ICP für kleinere Teilchen beobachtet wird.
Aus den Aufnahmen der ICCD-Kamera, die zeitlich und räumlich aufgelöst die Plasmaemission aus eine Ebene parallel zu den Elektroden erfassen, lässt sich schließen, dass in diesem
Experiment ähnlich wie im Fall der kapazitiven Entladung in [SG99] ein Plasmoid bzw. Void
um das Zentrum der Entladung rotiert (vgl. Kapitel 6). Mit der Bewegung des Plasmoids
bzw. Voids ist ein Transport von Staubteilchen weg von der Void-Grenze, die sich in Rotationsrichtung vorne befindet, verbunden. Die Diskussion über die Ursache für die Rotation
des Voids im CCP kommt in den zitierten Arbeiten zu keinem schlüssigen Ergebnis. Auch
die Skalierung der Umlauffrequenz mit wichtigen Plasmaparametern wird nicht genauer ausgeführt. Für das vorliegende Experiment wird die Skalierung der Umlauffrequenz mit der
Größe der Partikel in Kapitel 4.4.1 betrachtet. Kapitel 6 charakterisiert die Void-Rotation
mit Hilfe von plasmadiagnostischen Werkzeugen und zeichnet ein Bild der physikalischem
Ursachen für die Void-Rotation.
4. Charakterisierung der Teilchen
In den folgenden Abschnitten werden wichtige Ergebnisse bzgl. der Eigenschaften im Plasma
synthetisierter Kohlenwasserstoff-Teilchen diskutiert und Methoden zur ex-situ und in-situ
Charaketerisierung von Nanoteilchen vorgestellt. Die Kenntniss der chemischen und physikalischen Eigenschaften der Teilchen sind wichtig, um auf den möglichen Einsatz in technischen Anwendungen schließen zu können. Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es, Teilchen
mit vorgegebener Größe zu erzeugen. Dazu werden die etablierten ex-situ und die in der
Literatur vorgeschlagenen in-situ Methoden zur Vermessung von Teilchen kurz vorgestellt
und auf ihre Anwendbarkeit hin bewertet. Schließlich wird eine neue Methode basierend
auf der in Kapitel 3.3 erläuterten Plasmainstabilität vorgeschlagen und durch Vergleich mit
ex-situ Messungen kalibriert.
4.1
Physikalische und chemische Eigenschaften plasmasynthetisierter
Kohlenwasserstoff-Teilchen
Die Erzeugung von Kohlenwasserstoff-Teilchen im Plasma erfolgt aus einem KohlenwasserstoffMolekülgas. Als Quellgase werden kommen dabei z.B. Methan (CH4 ), Ethin bzw. Acetylen
(C2 H2 ), Ethen (C2 H4 ) [DAM+ 99] und Propen (C3 H6 ) [DTF+ 05] zum Einsatz. Die geläufigsten Gase sind dabei Methan und Acetylen. Die Teilchen die dabei im Plasma entstehen,
unterscheiden sich in ihrer Morphologie, ihrer Härte und ihrer chemischen Zusammensetzung. Zumeist findet man monodisperse, kugelförmige Teilchen, die unter hoher Auflösung
betrachtet eine blumenkohlartige Struktur aufweisen [SKB+ 05]. Die blumenkohlartige Struktur rührt aus dem Agglomerationsvorgang: Bei der Zusammenlagerung von Protopartikeln
kommt es zu einer unvollständigen Verschmelzung der Stoßpartner. Da es für die Anlagerung von Prekursoren an die heranwachsenden Teilchen im Normalfall keine Vorzugsrichtung
gibt, bleiben die Teilchen dabei kugelförmig. Dies entspricht auch dem energetisch günstigsten und chemisch stabilsten Zustand.
Durch die Zusammenlagerung von Teilchen mit Durchmessern in derselben Größenordnung
sind die heranwachsenden Staubteilchen allerdings nicht perfekt symmetrisch. In elektrostatischen Feldgradienten kann es dann durch Polarisation zu einer parallelen Ausrichtung
der unsymmetrischen Teilchen kommen. Solche Feldgradienten findet man in Plasmarandschichten vor. In der Folge kommt es zum Wachstum von elongierte Staubteilchen, wie sie
von Hong im Experiment beobachtet wurden [HRW06]. Neben diesen Morphologien konnte
in anderen Materialsystemen, wie z.B. Siliziumwasserstoff, die Bildung von einkristallinen,
würfelförmigen Nanoteilchen erzielt werden [BAP+ 04]. Dazu muss durch die entsprechende
Wahl der Entladungsbedingungen eine hohe innere Temperatur der Staubteilchen erzielt
werden. Durch Untersuchungen mit hochauflösenden Rastertunnelmikroskopen (TEM) liegen Hinweise vor, dass Protopartikel auch bei gewöhnlichen Entladungsbedingungen größere
kristalline Zonen aufweisen [VMB+ 02].
Bezüglich der chemischen Struktur von Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen gibt es Ergebnisse
29
30
Kapitel 4 Charakterisierung der Teilchen
aus Raman- und Fourier-Transformations-Infrarot-Sprektroskopie, aus denen man schließt,
dass die Eigenschaften denen aus dem Plasma abgeschiedener amorpher Kohlenwassertoffschichten (a-C:H) entsprechen: Die Teilchen bestehen aus einem Netzwerk von sp2 und
sp3 Verbindungen, wobei die sp2 Phase in Molekül-Clustern, -Ringen und -Ketten auftritt
[HW05]. Insbesondere beträgt die sogenannte nanokristalline Größe der Teilchen ca. 0,55–
0,85 nm, was Verbünden aus zwei bis vier Graphitringen entspricht, wie man sie auch in
a-C:H Schichten findet. Der Wasserstoffanteil liegt ebenfalls im für a-C:H Schichten Bereich
und beträgt typischischer Weise ca. 30 %. Ellipsometrische Untersuchungen zeigen dabei,
dass das Material bei großen Teilchen nicht homogen ist, sondern die Teilchen aus einem
harten Kern mit einem Radius von bis zu 65 nm bestehen, der sich durch einen hohen Brechungsindex auszeichnet (m ≈ 2,0−1,0i) und der von einer weicheren Schicht eingeschlossen
ist, die entsprechend einen niedrigeren Brechungsindex aufweist (m ≈ 1,96 − 0,125i für das
Quellgas C2 H2 bzw. m ≈ 1,85 − 0,23i für CH4 ) [HRW06]. Grundsätzlich ist das Material
weicher, wenn es in einer wasserstoffreichen Atmosphäre erzeugt wird.
Die elektronischen und optischen Eigenschaften von Nanoteilchen werden in besonderer
Weise durch ihre Größe bestimmt: Ab einer Größe von einigen zehn Atomen kann man
die physikalischen Eigenschaften quantenmechanisch wie in einem Festkörper beschreiben.
Insbesondere existiert dann eine Bandstruktur, bei der die Bänder zunächst im Vergleich
zum Festkörpermaterial zu größeren Energien hin verschoben sind, und die mit steigender
Teilchengröße im Bereich einiger Nanometer in die Bandstruktur des Festkörpermaterials
übergeht. Bei Siliziumteilchen wurde die Verschiebung der Bänder experimentell ermittelt
[vBDC+ 98]. Die Bandlücke von 2 nm großen Teilchen wurde dort mit etwa 1,8 eV angegeben,
genenüber 1,17 eV im Festkörper. Die Tatsache, dass die Bandlücke von Nanoteilchen eine
Funktion ihrer Größe ist, stellt eine wichtige Motivation für die Herstellung von Teilchen
vorgegebener Größe dar.
4.2
Ex-situ Charakterisierung durch Mikroskopie
Die wichtigste Methode zur Vermessung der Teilchen ist die Mikroskopie, da sie eine direkte
Angabe der Größe ermöglicht. Dabei erreichen zwei verbreitete Verfahren die notwendige
Auflösung im Nanometerbereich: Rasterelektronenmikroskopie (REM) und Rasterkraftmikroskopie. Beide Verfahren werden in dieser Arbeit verwendet, um die Größe von Teilchen
ex-situ zu bestimmen.
Bei der Rasterelektronenmikroskopie wird die Probe mit einem Strahl hochenergetischer
Elektronen beschossen. Dabei kommt es zu verschiedenen Wechselwirkungen mit der Probe: Teilweise werden die Elektronen elastisch und inelastisch gestreut, teilweise treten sie
durch die Probe hindurch und teilweise werden Sekundärelektronen und Augerelektronen
aus dem Material ausgelöst, wobei durch letzteren Prozess Röntgenstrahlung entsteht. Durch
die Detektion der Wechselwirkungsprodukte ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, um
Informationen über den Aufbau der Probe zu erhalten. Eine Abbildung der Oberflächentopologie wird durch die Erfassung der Sekundärelektronen bei einer Abrasterung der Probe
mit dem Elektronenstrahl ermöglicht. Es können nur solche Sekundärelektronen die Probe verlassen und zum Detektor gelangen, die in den obersten Schichten abgelöst werden
[Joy00]. Die laterale Auflösung wird dabei durch die Ausdehnung des Elektronenstrahls an
der Probenoberfläche und die Beschussenergie festgelegt. Das Gerät, das für diese Arbeit
zur Verfügung steht, erreicht bei der niedrigsten Beschussenergie von 5 keV eine Auflösung
von etwa 2 nm [Neus06]. Damit lassen sich Teilchen ab einem Durchmesser von etwa 15
nm detektieren und vermessen. Kleinere Teilchen werden durch den Elektronenbeschuss so
stark beschädigt, dass sie sich nicht abbilden lassen.
Die Vermessung der Teilchen wird durch einen Algorithmus automatisiert: In den REM-
4.3 In-situ Charakterisierung mit direkten Methoden
31
Bildern ist der Rand der zweidimensionalen Projektion eines Teilchen als heller Saum erkennbar. Durch ein Schwellwertverfahren werden solche Ränder in geschlossene Linienzüge
umgewandelt. Anschließend werden Bildpixelanzahlen der zusammenhängenden Bereiche
ermittelt. Die Pixelanzahl P eines solchen Bereichs ist proportional zur Querschnittsfläche
eines Teilchens, so dass sich der Teilchenradius auf einfache Weise berechnen lässt:
√
a = f · P.
(4.1)
Der Kalibrierfaktor f ergibt sich dabei aus dem Maßstab der Aufnahme. Die Teilchendichte auf der Probe ergibt sich aus dem Verhältnis der detektierten Teilchenanzahl und der
abgebildeten Fläche.
Teilchen, die kleiner sind als 15 nm, lassen sich mit dieser Methode nicht vermessen. Proben,
auf denen man solche Teilchen vermutet, werden daher mittels Rasterkraftmikroskopie vermessen. Bei der Rasterkraftmikroskopie wird die Probe mittels eines Piezokristalls lateral
unter einem Tastkopf hergeführt. Der Tastkopf wird mit einer Tastspitze beladen, die an
ihrem Ende einem Durchmesser von wenigen Nanometern besitzt. Die Oberseite der Spitze
wird von einem Laserstrahl beleuchtet und das reflektierte Licht von einem geteilten Photodetektor erfasst. Das Differenzsignal der beiden Teile des Photodetektors ist ein Maß für
die Verbiegung der Spitze. Zur Abrasterung der Oberflächentopologie einer Probe wird die
Verbiegung durch Nachführen der vertikalen Position des Probentellers auf einen Sollwert
geregelt. Bei entsprechend feiner Tastspitze kann mit diesem Verfahren eine nahezu atomare
Auflösung erreicht werden.
Der Nachteil des Verfahren ist, dass die Tastspitze in direktem Kontakt zur Probe steht. Es
zeigt sich, dass die Bindung der Nanoteilchen auf der Probenoberfläche so schwach ist, dass
die Teilchen an der Tastspitze hängenbleiben. Eine Vermessung der Teilchengröße ist auf diese Weise nicht möglich. Als Ausweg wird das Rasterkraftmikroskop im sogenannten nichtkontaktierenden Modus betrieben. Dabei wird als Regelgröße für die vertikale Probenposition
die Amplitude einer in Resonsanz schwingenden Tastspitze verwendet. Schwingungsamplitude wird dabei wieder über den reflektierten Laserstrahl erfasst. Die freie Schwingungsamplitude beträgt dabei typischerweise einige 10 nm. Durch van-der-Waals-Wechselwirkung
verringert sich die Resonanzfrequenz der Tastspitze bei Annäherung an die Probe und in Folge sinkt die Amplitude. Die dabei auf die Probe wirkende Kraft ist wesentlich kleiner als im
kontaktierenden Modus und auf der Probe befindliche Nanoteilchen können auf diese Weise
problemlos detektiert werden. Der zugängliche Größenbereich der Teilchen liegt zwischen 0,5
und 20 nm. Die Untergrenze ergibt sich auf dem Signal-Rausch-Verhältnis des Detektors.
Die Obergenze wird durch die endliche Regelgeschwindigkeit der Probenposition bestimmt:
An Stufen, die Größer sind als 20 nm kommt es auch bei langsamen Abtastgeschwindigkeit
zu einem Kontakt der Spitze mit der Probe. Dabei kann die Spitze irreversiblen Schaden
nehmen.
Die weitere Verbeitung der AFM-Bilder erfolgt in Analogie zu den SEM-Aufnahmen. Da in
den Bildern z.T. Stufen auftreten, wird ein semi-automatischer Algorithmus verwendet, bei
dem der Benutzer die Teilchen auf den Bildern markiert. In der Umgebung der Teilchen wird
dann jeweils der Median das Maximum des Höhensignals berechnet. Die Differenz entspricht
dem Durchmesser des Teilchens.
4.3
In-situ Charakterisierung mit direkten Methoden
Für eine zuverlässige Prozesssteuerung bei der Plasmasynthese von Nanoteilchen benötigt
man inherent eine in-situ Methode zur Bestimmung der Größe der im Plasma gefangenen
Teilchen. Idealerweise würde man die Größe während des laufenden Prozesses erfassen und
32
Kapitel 4 Charakterisierung der Teilchen
das Wachstum der Teilchen bei der vorgegebenen Zielgröße unterbrechen. Im Folgenden werden die existierenden Ansätze zur in-situ Bestimmung von Teilchengrößen kurz vorgestellt
und ihre Einsatzfähigkeit bewertet.
4.3.1
Lichtstreuung an Teilchen
Eine Klasse von Verfahren beruht auf der Lichtsteuung an Teilchen. Dabei wird ein Teil
des Plasmavolumens von einer externen Lichtquelle ausgeleuchtet und das Streulicht der
Teilchen von einem Detektor erfasst. In der Regel wird als Lichtquelle ein linear polarisierter
Laserstrahl mit einer Wellenlänge λ im sichtbaren Bereich verwendet und das Streulicht
unter einem oder mehreren verschiedenen Winkeln erfasst. Die Lichtstreuung an den Teilchen
wird durch dabei die Rayleigh-Mie-Theorie beschreiben. Rayleigh-Streuung gilt für Teilchen,
deren Durchmesser sehr viel kleiner ist als die Wellenlänge des Lasers. Die Intensität des
Streulichts von einem Teilchen mit dem Brechungsindex n unter einem Winkel θ im Abstand
R senrecht bzw. parallel zur Polarisationsrichtung ist dann:
2
16π 4 a6 n2 − 1
I⊥ = I0 4 2
,
(4.2)
λR
n2 + 2
2
16π 4 a6 n2 − 1
cos2 θ.
(4.3)
Ik = I0 4 2
2
λR
n +2
Das gesamte vom Detektor erfasste Streulicht ist dann proportional zur Staubteilchendichte
und zu a−6 . Rayleigh-Streuung kann z.B. verwendet werden, um die frühe Phase des Teilchwachstums zu charakterisieren: Unterbricht man das Teilchenwachstum zu verschiedenen
Zeitpunkten durch Abschalten des Plasmas und bestimmt mit ex-situ Methoden die Teilchengröße, kann man auf die Dichte der Teilchen in der Entladung zurückschließen [BB93].
Allein durch Rayleigh-Streuung kann man die die Größe der Teilchen allerdings nicht in-situ
bestimmen!
Ab einem Teilchendurchmesser von etwa 5% der Wellenlänge des Laserlichts setzt allmählich
Mie-Streuung ein. Durch Mie-Streuung wird der Polarisationszustand des reflektierten Lichts
geändert. Mit ellipsometrischen Verfahren kann man diese Änderung des Polarisationszustands erfassen und auf die Größe und den Brechungsindex der Streuzentren zurückschließen.
Einfache Verfahren erfassen das Streulicht unter verschiedenen Winkeln senkrecht und/oder
in der Polarisationsebene und berechnen aus den Verhältnissen der Signale die gesuchten
Größen [BB93, ?]. Intelligentere Verfahren bestimmen mit einem Ellipsometer explizit die
ellipsometrischen Winkel Ψ und ∆. Durch Anpassung der Parameter eines entsprechenden
Modells für die Mie-Streuung findet man wiederum die gesuchten Größen [HW06]. Die Methode funktioniert zuverlässig für Teilchen mit einem Radius größer als 25 nm. Für kleinere
Teilchen ist die Interpretation der Daten schwierig und führt z.T. zu widersprüchlichen Ergebnissen. Für Größen im Bereich weniger Nanometer ist Mie-Streuung zur Vermessung der
Teilchengröße nicht geeignet.
4.3.2
Weitere direkte Verfahren
Als weitere direkte Verfahren zur Vermessung von Teilchen kommen Massenspektrometrie,
laserindzuierte Elektronenablösung und Teilchenverdampfung in Frage. Massenspektrometrie ist dabei auf etwa 1000–2000 Atommassen begrenzt, was einem Teilchendurchmesser
von unter 1 nm entspricht. Bei der laserinduzierten Elektronenablösung werden Laserpulse
mit typischen Energien von einigen 10 mJ in das Plasmavolumen geschossen und die transiente, lokale Erhöhung der Elektronendichte gemessen [SSKdH96]. Da die Menge der von den
Teilchen abgelösten Elektronen von vielen unbekannten Parametern, u.a. der Teilchendichte abhängt, kann man mit dieser Methode die Teilchengröße nicht bestimmen. Ähnliches
4.4 In-situ Charakterisierung mit indirekten Methoden
33
gilt für die laserinduzierte Verdampfung von Teilchen [BB94]. Bei dieser Methode werden
mittels energiereicher ns-Laserpulse im UV-Bereich Teilchen verdampft. Die dabei auftretende Bremsstrahlung im UV- und sichtbaren Bereich wird mit einem Spektrometer mit
ns-Zeitauflösung erfasst und über das Spektrum integriert. Das Signal-Rausch-Verhältnis
dieser Methode ist für kleine Teilchen deutlich größer als bei der Rayleigh-Streumethode.
Auch hier sind jedoch Teilchendichte und Teilchengröße inherent verknüpft. Außerdem ist
ein hoher experimenteller Aufwand nötig. Noch kaum erforscht ist die Möglichkeit, mit
Terahertz-Spektroskopie Rückschlüsse auf die Teilchengröße zu ziehen. Es besteht die Möglichkeit, dass dielektrische Nanoteilchen Eigenmoden im Terahertz-Frequenzbereich aufweisen. Die Diagnostik dieser Moden mittels Terahartz-Spektroskopie wird gegenwärtig erfoscht
[ESS+ 06].
4.4
In-situ Charakterisierung mit indirekten Methoden
Für direkte Verfahren zur in-situ Bestimmung von Teilchengrößen ist der Größenbereich
unterhalb eines Teilchenradius von 25 nm damit nicht zugänglich. Die einzige Alternative
ist es, indirekte Methoden zu verwenden, um auf die Teilchengröße rückschließen zu können.
Indirekte Verfahren zur Teilchencharakterisierung beruhen auf der Wechselwirkung der Teilchen mit dem Plasma. Die Plasmaparameter können empfindlich auf die Anwesenheit von
Teilchen reagieren, da die Ladungsbilanz des Plasmas erheblich beeinflusst wird. Insbesondere können sich Instabilitäten ausbilden, die man mit einfachen Mitteln beobachten kann. In
den folgenden Abschnitten wird gezeigt, wie durch die in Kapitel 3.3 beschriebene Plasmainstabilität Nanoteilchen im Plasma in-situ vermessen werden können. Anschließend werden
alternative Methoden erläutert, die in der Literatur vorgeschlagen wurden.
4.4.1
Teilchenvermessung mittels der Void-Instabilität
Führt man das in Kapitel 2.2 beschriebene Experiment für verschiedene Injektionszeiten
von Acetylen ∆tC2 H2 durch, stellt man fest, dass die Periodendauer der Plasmaoszillationen und damit die Umlaufzeit des rotierenden Voids (vgl. Kapitel 6) in etwa linear mit
∆tC2 H2 skaliert. Für eine genauere Analyse werden die Teilchen durch Abschalten des Plasmas am Ende des jeweiligen Versuchs auf Siliziumplättchen gesammelt. Die Proben werden
anschließend aus dem Reaktor geschleust und der ex-situ Analyse mittels Rasterelektronenmikroskopie zugeführt (vgl. Kapitel 4.2). Die Ergebnisse sind in Abbildung 4.1 und Tabelle
4.1 zusammengestellt. Man erkennt, dass der mittlere Teilchendurchmesser mit steigender
Injektionszeit zunimmt, während die Dichte der Teilchen auf den Proben sinkt. Größe und
Oszillations∆tCCP (s) periode (ms)
2
42
2
36
4
62
8
80
101
16
32
124
mittlerer Teilchendurchmesser (nm)
17.4
20.6
23.2
28.1
35.6
44.2
Tabelle 4.1: Gemessene Oszillationsperioden und mittlere Teilchendurchmesser bei einer Variation
der Dauer der kapazitiven Phase bzw. der Injektionsdauer von C2 H2 ∆tCCP = ∆tC2 H2 .
34
Kapitel 4 Charakterisierung der Teilchen
(a)
200 nm
(b)
200 nm
(c)
200 nm
⟨d⟩ = 23 nm
N = 95 µm-2
∆ tCCP = 4 s
⟨d⟩ = 28 nm
N = 58 µm-2
∆ tCCP = 8 s
⟨d⟩ = 44 nm
N = 11 µm-2
∆ tCCP = 32 s
Bild 4.1: SEM-Aufnahmen der auf Silizium-Proben gesammelten Teilchen bei einer Variation der
Dauer der kapazitiven Phase bzw. der Injektionsdauer von C2 H2 ∆tCCP = ∆tC2 H2 .
4.4 In-situ Charakterisierung mit indirekten Methoden
35
mittlerer Teilchendurchmesser / nm
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
0
20
40
60
80
100
120
140
Periodendauer / ms
Bild 4.2: Graphische Darstellung der Korrelation zwischen der mittleren Teilchengröße und der
Periodendauer der Plasmaoszillationen. Die Fehlerbalken geben die Schwankung der Periodendauer bzw. die Standardabweichung der gemessenen Größenverteilung an. Wie
durch die durchgezogene Linie veranschaulicht, wird der Zusammenhang in guter Näherung durch eine lineare Verknüpfung wiedergegeben.
Dichte der Teilchen skalieren dabei wie in Kapitel 2.4 beschrieben mit den für Aggleromationsprozesse typischen Potenzen der Zeit (vgl. Abbildung 2.9). Die Korrelation der Umlaufzeit des Voids mit der Teilchengröße ist in Abbildung 4.2 dargestellt. Man erkennt, dass die
Umlaufzeit eine Funktion der Teilchengröße ist. Im Rahmen der in Abbildung 4.2 dargestellten Messfehler lässt sich die Abhängigkeit der Umlaufzeit von der Teilchengröße durch
eine lineare Verknüpfung darstellen. Die Ursache für diesen Zusammenhang konnte dabei im
zeitlichen Rahmen dieser Arbeit nicht endgültig geklärt werden: In Kapitel 6 wird anhand
experimenteller Daten der physikalische Mechanismus, der zu den Oszillationen führt, aufgeklärt. Dabei wird man feststellen, dass eine quantitative Modellierung der Phänomene mit
dem gegenwärtig verfügbaren Wissen über Plasmamodellierung extrem aufwändig ist. Ein
einfaches analytisches Modell zur Beschreibung der Zusammenhänge konnte nicht gefunden
werden.
Dennoch kann man die skizzierte Korrelation zwischen Umlaufzeit und Teilchengröße ausnutzen, um die Teilchengröße in einem Prozess zur Nanoteilchenerzeugung zu kontrollieren:
Die Teilchengröße ergibt sich aus dem Wachstumsprozess während der kapazitiven Phase
des Experiments (vgl. Kapitel 2). Durch externe Parameter, wie z.B. die Injektionsdauer des
Acetylen oder der Umschaltzeitpunkt in den induktiven Modus, dann der Wachtumsprozess
justiert werden, so dass Nanoteilchen der gewünschten Größe entstehen. Die Plasmaoszillationen im induktiven Modus können dann dazu verwendet werden, um die Teilchengröße
zu messen. Dazu muss einmal eine Kalibrierkurve mittels ex-situ Vermessung der Teilchen
erzeugt werden. Danach kann die Diagnose der Teilchengröße in-situ erfolgen und der Herstellungsprozess kann ohne weitere ex-situ Kalibrierungen optimiert werden. Anschließend
kann die Korrelation routinemäßig verwendet werden, um die Größe der Nanoteilchen, die
aus dem Herstellungsprozess hervorgehen, zu kontrollieren und die Parameter des Prozesses
ggf. nachzuregeln.
36
4.4.2
Kapitel 4 Charakterisierung der Teilchen
Messungen der Plasmaimpedanz
Eine alternative Methode ist die Bestimmung der Teilchengröße durch die direkte oder indirekte zeitaufgelöste Messung der Plasmaimpedanz. Dabei wird eine Strom-Spannungssonde
zwischen dem Anpassnetzwerk und der getriebenen Elektrode eingebracht und das Fourierspektrum der gemessenen Spannung bzw. des gemessenen Stroms analysiert [SHW04]. In
acetylenhaltigen Plasmen beobachtet man beim Einsetzen der Agglomeration einen Sprung
in der Plasmaresistivität, gefolgt von einer Relaxation mit einer Zeitdauer im Bereich mehrerer Sekunden. Für eine Diagnostik der heranwachsenden Teilchen genügt es, die Signaländerungen einer einzelnen Harmonischen der gemessenen Spannung zu verfolgen. In der
Literatur findet man derartige Messungen an kohlenwasserstoffhaltigen Plasmen [SHW04]
und silanhaltigen Plasmen [BGH+ 01]. Das größte Problem dieser Diagnostik ist die starke
Abhängigkeit der Plasmaimpedanz von externen Parametern. Abgesehen von den internen
Plasmaparametern hat z.B. der Zustand der Kammerwände einen entscheidenden Einfluss.
Eine Kalibrierung dieses Verfahren ist daher nur schwer durchzuführen.
4.4.3
Weitere Plasmainstabilitäten
In Kapitel 3.3 wurde dikutiert, dass in elektronegativen Entladungen Anlagerungsinstabilitäten auftreten können, bei denen eine Modulation der Plasmaparameter im Frequenzenbereich einiger kHz statt findet. Tatsächlich ist in Silanhaltigen Plasmen eine solche Instabilität gefunden worden, die eben genau dann einsetzt, wenn die kritische Protopartikeldichte
für Agglomeration erreicht wird [CJR+ 06, CMPB06]. Die Modulation der Plasmaparameter
wurde dabei mittels einer Strom-Spannungssonde erfasst, die zwischen dem Anpassnetzwerk
und der getriebenen Elektrode eingebracht wird. Die Instabilität endet zu einem relativ frühen Zeitpunkt der Agglomeration. Die Teilchen haben dann einen mittleren Radius von etwa
6 nm [CMPB06]. Zusammen mit der zeitlichen Entwicklung der Frequenz der Instabilität
kann man mit dieser Methode im Prinzip die Agglomeration direkt bei der gewünschten
Teilchengröße durch Abschalten der Entladung unterbrechen. Der für eine solche Messung
zugängliche Größenbereich von 2 bis 6 nm Teilchenradius ist für viele Anwendungen interessant. Das größte Problem dieser Methode ist die starke Abhängigkeit der Frequenz der
Instabilität von externen Parametern, wie z.B. der Prekursorgasdichte. Daher ist unklar,
wie häufig das Verfahren mit aufwändigen ex-situ Messungen rekalibriert werden muss. Zu
prüfen ist ferner, ob sich das Verfahren auf andere Materialsysteme übertragen lässt.
Zuletzt soll ein exotisches Verfahren zur Bestimmung der Teilchengröße Erwähnung finden,
das von Korshagen vorgeschlagen wurde [Kort97]. Kortshagen stellt fest, dass die Dispersionsbeziehung der Staub-Akustischen Plasma-Welle von der Teilchenmasse abhängt. Regt
man eine solche Welle mit einer intrusiven Methode an, müsste ein Empfänger, der die Welle
in einigen Millimeter Entfernung vom Sender aufnimmt, eine Phasendifferenz messen, die
eine eineindeutige Abhängigkeit vom Teilchradius aufweist. Der Größenbereich, der für diese
Methode zugänglich ist, ist durch die Dämpfung der Welle begrenzt, die mit dem Teilchenradius zunimmt. Experimentell konnte diese Überlegung bisher nicht bestätigt werden.
5. Plasmadiagnostik
5.1
Langmuir-Sondenmessungen
Mit einer Langumuir-Sondenmessung kann die EEDF direkt gemessen werden. Dazu wird
eine elektrisch leitende Sonde in das Plasma eingebracht, mit einer Spannung beaufschlagt
und der Strom, der gegenüber der Systemmasse fließt, gemessen. Messungen bei verschiedenen Spannungen werden zu einer Strom-Spannungs-Charakteristik, der sog. Kennlinie
zusammengesetzt. Der Sondenstrom Ip , der bei Sondenspannung gegenüber dem Plasma
Up über die Sonde zur Systemmasse fließt, lässt sich bei gegebenen Plasmaparametern im
Fall stoßfreier Randschichten und unter Vernachlässigung von Sekundärelektronenemission
mit Hilfe der OML Theorie beschreiben (vgl. Kapitel 3.1.1). In dieser Arbeit wird mit einer
Sonde in zylindrischer Geometrie gearbeitet. Wie im Anschluss erläutert wird, führt das
OML-Modell in diesem Fall auf die Druyvestein-Beziehung, eine analytische Formel, die die
zweite Ableitung des Elektronenstroms auf die Sonde explizit mit der EEDF des umgebenden Plasmas verknüpft. Aus den Momenten der EEDF kann man u.a. die Elektronendichte
und die mittlere Elektronenenergie am Ort der Messung bestimmen.
In der Praxis sind die gemessenen Kennlinien mit Rauschen behaftet und die berechneten
Parameter sind als Schätzwerte für die tatsächlichen Plasmaparameter aufzufassen. Insbesondere wird die zweite Ableitung des Elektronenstroms nicht explizit gemessen, sondern
muss aus der verrauschten Kennlinie geschätzt werden. Eine weit verbreitete Methode hierfür
ist eine lineare Filterung der Kennlinie und anschließendes zweimaliges numerisches Differenzieren. Die meisten Filter arbeiten dabei mit fester Bandbreite. Dies wird der Dynamik
der Kennlinie nicht gerecht und kann zu erheblichen systematischen Fehlern führen [Gä06].
Darüber hinaus bieten die in der Literatur beschriebenen Filterverfahren keine statistische
Behandlung der ausgewerteten Größen. Im Rahmen der Arbeiten von Gaelger [Gä06], Wenig
[Weni06], und der vorliegenden Arbeit wurde ein Verfahren entwickelt, das ein adaptives Filter auf die Auswertung der gemessenen Sondenkennlinien anwendet und Schätzwerte für die
statistischen Fehler der Ergebnisse angibt. Dieses Verfahren wird im Folgenden vorgestellt.
5.1.1
Statistisches Modell der Messung
Statistisch gesehen besteht das Filterproblem darin, aus einer endlichen Anzahl mit Rauschen behafteter Datenpunkten einen Schätzer für die den Daten zugrundeliegende, wahre
Funktion zu finden. Als Funktion wird in diesem Zusammenhang der unverrauschte Strom
auf die Sonde in Abhängigkeit des Sondenpotentials gegenüber Systemmasse angesehen. Da
aus dem Sondenstrom bzw. seiner zweiten Ableitung später die nicht parametrisierte EEDF
berechnet werden soll, wird für diese Funktion kein parametrisches Modell vorgegeben. Mathematisch gesehen entspricht die Filterung daher einer sogenannten nichtparametrischen
Regression.
Für die Messdaten wird das folgende statistische Modell formuliert:
Ii (Ui ) = m (Ui ) + M essf ehler,
37
(5.1)
38
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
wobei die Ii den Messwerte zu den Sondenpotentialen gegenüber Systemmasse Ui entsprechen und die Funktion m (u) das Sondenpotential auf den unverrauschten Sondenstrom
abbildet. Man beachte, dass das im physikalischen Modell das Sondenpotential Up gegenüber dem Plasmapotential Upl gewählt wird, während bei der Messung das Sondenpotential
U dem Aufbau der Messapperatur entsprechend stets auf die Systemmasse bezogen ist. Für
den Messfehler wird angenommen, dass er aus einem zeitkontinuierlichen, unkorreliertem
stochastischen Prozess entsteht. Zusammen mit der impliziten Annahme, dass sich Messfehler mit dem wahren Funktionswert zum Gesamtsignal addiert, wird ein solcher Prozess in
der Signalverarbeitung als additives, weißes Rauschen bezeichnet. In der Praxis setzt sich
der Messfehler aus vielen verschiedenen Rauschprozessen zusammen. Diese Prozesse können
teilweise korreliert sein, also von der Historie der Messung abhängen. Dies im Nachfolgenden
vernachlässigt. Statistisch gesehen, entsprechen die Messdaten (Ui , Ii ) der Stichprobe einer
zweidimensionalen, unabhängigen Zufallsgröße (U, I). Die wahre Funktion m (u) bzw. der
unverrauschte Sondenstrom entspricht dem bedingten Erwartungswert von I bei gegebenem
Sondenpotential U = u,
m (u) = E [I|U = u] ,
(5.2)
mit der bedingten Varianz
σ 2 (u) = Var [I|U = u] .
(5.3)
Die Varianz ist ein Maß für das Rauschen bzw. die Messfehler. Diese ist nicht bekannt, sondern muss aus den Daten geschätzt werden. In der Regel ist die Varianz von der abhängig
vom eingestellten Sondenpotential, da es Rauschprozesse gibt, deren Standardabweichung
z.B. linear mit dem Messwert skaliert. Man spricht dann von einem heteroskedastischen
Modell. Um die Ableitung des Filters einfach zu halten, wird im Folgenden aber von gleichförmigen Rauschen ausgegangen, dessen Varianz vom Sondenpotential unabhängig ist, also
σ 2 (u) = σ 2 . Dies entspricht dem sog. homoskedastischen Fall. Die Schätzer der Funktion
m (u) und ihrer Ableitungen m(ν) (u) werden im Folgenden mit m̂ (u) und m̂(ν) (u) bezeichnet. Die Wahl der Filtermethode hängt von den Anforderungen ab, die sich aus der Form des
Signals, den Rauschprozessen und den zu bestimmenden Daten ergeben. Bevor auf die Filterung eingegangen wird, wird im folgenden ein physikalisches Modell für den Sondenstrom
m (u) entwickelt und die Zusammenhänge mit den zu bestimmenden Plasmaparametern
erläutert.
5.1.2
Phyikalisches Modell des Sondenstroms
In Niederdruckplasmen lassen sich die Plasmateilchenströme auf eine Langmuirsonde in guter Näherung aus der OML-Theorie ableiten, die auch für die Berechnung der Ströme auf
ein Staubteilchen angewandt wird (vgl. Kapitel 3.1.1). In Zylindergeometrie trifft man zusätzlich die Annhame, dass die Länge der Sonde Lp sehr viel größer als ihr Radius Rp ist.
Die Geschwindigkeit eines Ladungsträgers an der Schichtkante wird dann in zylindrische
Koordinaten vs,r , vs,t und vs,z zerlegt. Für Ladungsträger, die die Sonde erreichen gelten
dann die Einschränkungen (3.2) und (3.3). Für den Teilchenstrom einer Ladungsträgersorte k mit der Ladung qk und der Masse mk auf die Sonde unterscheidet man entsprechend
Gleichung (3.2) zwischen einem anziehenden bzw. abstoßenden Sondenpotential und spricht
entsprechend von Anlaufstrom bzw. Sättungsstrom. Integration einer homogenen Geschwindigkeitsverteilung fv ,k über den Geschwindigkeitsraum und die Oberfläche der Schichtkante
ergibt:
Z∞
vs,t,max
Z
Z∞
Ip,k = −qk As
vs,r =vs,r,min vs,t =−vs,t,max vs,z =−∞
vs,r fv ,k (vs,r ,vs,t ,vs,z ) dvs,z dvs,t dvs,r
(5.4)
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
39
wobei As = 2πrs Lp die Mantelfläche eines Kreiszylinders mit dem Radius der Randschicht
rs ist. Für den Fall einer isotropen Geschwindigkeitsverteilung und einer dicken Randschicht
(rs Rp ) lässt sich der Ausdruck wie folgt auf einfache Integrale reduzieren:

R∞
2qk Up

2

−qk Ap
πv v − mk fv,k dv,
−qk Up ≤ 0



v=vs,r,min



Ip,k =
R∞ 2 q 2qk Up 
2qk Up



−q
A
−
2v
+
v
−
arcsin  r v2q U  fv,k dv, −qk Up > 0,

mk
vmk
 k p v=0
v2 − k p
mk
(5.5)
wobei Ap = 2πRp Lp die Mantelfläche der Zylindersonde ist. Für den Fall einer MaxwellBoltzmann-Verteilung gilt:

q
−qk Ap nk kB Tk exp −qk Up ,
−qk Up ≤ 0
q 2πmk qkB Tk
q
Ip,k =
.
−qk Up
−qk Up
−qk Up
−qk Ap nk kB Tk √2
+
exp
erfc
,
−q
U
>
0,
k
p
2πmk
kB Tk
kB Tk
kB Tk
π
(5.6)
Gleichung (5.5) kann genutzt werden, um die sogenannte Druyvesteyn-Beziehung zur Bestimmung der Energieverteilungsfunktion (EDF) abzuleiten [Druy30]:
√
8mk E d2 Ip,k fk (E) =
, E ≥ 0.
(5.7)
Ap e3
dUp2 U =E/q
p
k
Die Ladungsträgerdichte und die mittlere Energie ergeben sich aus den Momenten der EDF:
Z∞
µl =
E l fk (E) dE
(5.8)
0
n k = µ0
µ1
hEk i = .
µ0
(5.9)
(5.10)
Einsetzen der Druyvesteyn-Beziehung und Bezug des Potentials auf Systemmasse ergibt:
ZUpl
l+1/2
(Upl − U )
φl (Upl ) =
√
µl = e
dU
(5.11)
p =U −Upl
±∞
l
d2 Ip,k dUp2 U
−8mk qk
φl (Upl ) ,
Ap e2
(5.12)
wobei das Plus-Zeichen in der unteren Integrationsgrenze für positive und das Minus-Zeichen
für negative Ladungsträger einzusetzen ist.
5.1.3
Ionenstromkorrektur
In der Regel genügen die Ladungsträger im Plasma keiner Maxwell-Boltzmann-Verteilung.
Daher kann man kein allgemeingültiges parametrisches Modell für die gesamte Sondenkennlinie aufstellen. Nach dem nichtparametrischen Modell (5.5) hingegen überlagern sich Ströme beliebiger Form zum gesamten Sondenstrom. Entsprechend kann man die Stromanteile
der verschiedenen Spezies zunächst nicht voneinander trennen. Auf Grund des Masseunterschieds von Elektronen und Ionen ist aber bei gleichen Ladungsträgerdichten der Elektronenstrom auf die Sonde wesentlich größer, als der Ionenstrom. Über einen großen Bereich
40
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
der Sondenkennlinie entspricht der Elektronenstrom also in guter Näherung dem gesamten
Sondenstrom. Diese Näherung wird um so schlechter, je stärker die Sonde gegenüber dem
Plasma negativ vorgespannt ist, da der Elektronenstrom dann exponentiell abnimmt. In ausreichendem Abstand vom Plasmapotential wird der Sondenstrom in guter Näherung allein
von Ionen getragen. Dieser Bereich der Sondenkennlinie heißt Ionensättigungsstrombereich.
In der Praxis nutzt man die Daten in diesem Bereich für eine sogenannte Ionenstromkorrektur: Man geht von einer einfachen, parametrischen Näherungsformel für den Ionenstrom
aus, schätzt die Parameter anhand der Daten im Ionensättigungsstrombereich, zieht das Ergebnis für den gesamten Spannungsbereich von den Messdaten ab und erhält zur weiteren
Bearbeitung den Elektronenstrom. Der systematische Fehler wird dann von der Qualität des
Modells für den Ionenstrom bestimmt.
Es zeigt sich, dass Gleichung (5.6) eine schlechte Näherung des Ionenstroms darstellt. Dies
liegt daran, dass man für die Beschreibung des Ionenstroms auf die Sonde auch in Niederdruckplasmen Stöße mit Neutralteilchen in der Randschicht um die Sonde nicht vernachlässigen kann. Weitere Gründe sind z.B. die Anisotropie der Ionengeschwindigkeitsverteilung
durch die Beschleunigung in der Vorschicht auf die Bohmgeschwindigkeit. Daher existiert
keine allgemeingültige Parametrisierung des Ionenstroms. Um den Preis, dass der Bezug
zu physikalischen Größen teilweise verloren geht, hat sich die Beschreibung des Ionenstroms
mittels einer allgemeinen Potenzfunktion durchgesetzt. In dieser Arbeit wurde dazu folgende
Darstellung gewählt:
(
exp (b0 ) (−Up )b1 , Up < 0
(5.13)
Ii (Up ) =
0,
Up ≥ 0,
wobei b0 und b1 freie Parameter sind, die aus dem Ionensättigungsstrombereich mit der
Methode kleinste Quadrate aus den ersten nion Datenpunkten geschätzt werden:
nion X
Ii − exp (b0 ) (− (Ui − Upl ))b1 → min!,
(5.14)
i=1
Die Werte Ui sind die vom Messsystem vorgegebenen Spannungswerte, die wie oben erläutert auf Systemmasse bezogen sind. Zur Auswertung von (5.14) benötigt man das Plasmapotential. Dieses ist zunächst nicht bekannt und muss aus den Daten geschätzt werden.
Die Bestimmung des Schätzers erfolgt durch die nichtparametrische Regression und wird in
Kapitel 5.1.4 erläutert.
Bei (5.14) handelt es sich um ein nichtlineares kleinste Quadrate Problem. Die Lösung
lässt sich nicht analytisch darstellen und wird daher numerisch mittels des Gauß-NewtonVerfahrens durchgeführt. Für die Implementierung ist es hilfreich, (5.14) in Matrix-VektorNotation darzustellen:
|I ion − η (b)|2 → min!,
(5.15)
mit dem Vektor der Strommesswerte I ion = (I1 , . . . , Ini )T , dem Koeffizientenvektor b =
(b0 , b1 )T und dem Vektor der Stromwerte nach Gleichung (5.13) η (b) = (Ii (U1 − Upl ) , . . . , Ii (Uni − Upl
Ausgehend von Startwerten b0 konstruiert das Gauß-Newton-Verfahren nun aus dem linearisierten kleinste Quadrate Problem eine Folge von Koeffizienten bi , die für gut gewählte
Startwerte gegen die Lösung b̂ des nichtlinearen Problems konvergiert:
|I ion − η (bi ) − V (bi ) δ i |2 → min!,
(5.16)
wobei V (bi ) = (∂/∂b) η (bi ) die Jakobi-Matrix von η (b) und δ i = bi+1 − bi der zu bestimmende Korrekturterm für den Koeffizientenvektor ist. Die Lösung des linearen kleinste
Quadrate Problems (5.16) lautet:
−1 T
δi = V TV
V I ion .
(5.17)
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
41
In der Implementierung wird die QR-Zerlegung der Jakobi-Matrix V = QR bestimmt. Q
ist eine orthogonale Matrix, R ist eine obere Dreiecksmatrix und damit die Lösung des
linearisierten kleinste Quadrate Problems.
Zur Bestimmung der Startwerte b0 wird das kleinste Quadrate Problem für die logarithmierten Stromwerte aufgestellt:
|ln (−I ion ) − ln (−η (a0 ))|2 → min!.
(5.18)
Die logarithmierten Stromwerte sind lineare Funktionen der Sondenspannung, d.h. die JakobiMatrix ist unabhängig von den Koeffizienten b0 und die Lösung des Problems ist durch eine
einfache QR-Zerlegung gegeben. Man beachte, dass die Koeffizienten b0 nicht als Schätzwerte für das Ionenstrommodell verwendet werden können, da durch die Logarithmierung
der Fehlerterm des statistischen Modells falsch behandelt wird. D.h. die Lösung, die die
Fehlerquadrate des logarithmierten Problems minimiert, entspricht nicht dem MaximumLikelihood Schätzer b̂ des ursprünglichen, nichtlinearen Problems. Die Werte b0 liegen aber
in aller Regel genügend Nahe an b̂, so dass das Gauß-Newton-Verfahren konvergiert.
Für die statistische Auswertung benötigt man das Verteilungsergebnis der Schätzer b̂. Da b̂
iterativ bestimmt wird, gibt es keine analytischen Ausdrücke für Erwarungswert und Standardabweichung. Man kann aber zeigen, dass die Schätzer b̂ asymptotisch erwartungstreu
und normalverteilt sind. Je größer die Anzahl an Datenpunkten nion , desto näher kommt
die tatsächliche Verteilung der Schätzer dem asymptotischen Ergebnis. Für die VarianzKovarianz-Matrix der asymptotischen Verteilung gilt in guter Näherung:
h i
−1
Var b̂ = σ 2 V T V
(5.19)
und für eine beliebige Funktion der Schätzer g(b̂):
i
∂g(b̂)
Var g(b̂) = σ 2
∂ b̂
h
!T
V TV
−1 ∂g(b̂)
∂ b̂
.
(5.20)
Die Varianz der Messfehler σ 2 ist in der Praxis nicht bekannt und muss aus den Daten
geschätzt werden. Der Algorithmus zur Varianzschätzung verwendet Ergebnisse der nichtparametrischen Regression und wird daher in Kapitel 5.1.5 vorgestellt.
Für die Herleitung von Gleichungen (5.19) und (5.20) wird die lineare Näherung des Modells
η (b) in der Umgebung der Schätzer b̂ verwendet. η (b) kann man geometrisch als Hyperebene auffassen. Die lineare Näherung ist umso besser, je kleiner die Krümmung dieser Ebene im
Punkt b̂ ist. Diese Krümmung kann man mit der Parametrisierung des Problems beeinflussen. Aus dieser Tatsache ist die exponentielle Darstellung des Vorfaktors exp (b0 ) motiviert,
die zur kleinstmöglichen Krümmung der Hyperebene bzgl. des Parameters b0 führt.
Der Schätzer für den Ionenstrom kann nun vom gesamten Sondenstrom abgezogen werden,
um den reinen (verrauschten) Elektronenstrom zu erhalten. Bei dieser Vorgehensweise addieren sich allerdings die Messfehler und die Fehler des Ionenstromschätzers. Dies führt zu dem
Problem, dass die Fehler der einzelnen Messpunkte dann nicht mehr stochastisch unabhängig sind, was eine nichtparametrische Regression des Elektronenstroms erheblich erschwert.
Ähnliche Probleme entstehen, wenn man eine nichtparametrische Regression des gesamten
Sondenstroms durchführt und die Schätzer des Ionenstrom bzw. seine Ableitungen von den
Schätzern des Gesamtstroms bzw. dessen Ableitungen abzieht. Während man dann für die
EEDF an jeder Auswertestelle die Standardabweichungen der Schätzer addieren kann, muss
man zur Bestimmung der Fehler für die Schätzer der Momente die Varianz-Kovarianzmatrix
der gesamten zweiten Ableitung berechnen. Eine einfachere Lösung ist die Bestimmung der
42
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Momente aus der zweiten Ableitung des gesamten Sondenstroms bei anschließender Subtraktion der Momente der zweiten Ableitung des Ionenstroms. Letztere kann man mittels
Gleichung (5.13) analytisch bestimmen:
ZUpl
∆φ̂l (Upl ) = −
b̂1
b̂1 − 1 exp b̂0 (Upl − U )b1 −2+l+1/2 dU
−∞
b̂1
=
(5.21)
b̂1 − 1 exp b̂0 h
b̂1 − 1 + l + 1/2
(Upl − U )b1 −1+l+1/2
iUpl
−∞
, b1 + 1/2 6= l − 1.
Die Varianz kann man schließlich mit Gleichung (5.20) berechnen. Leider ist der Ausdruck
(5.21) für b̂1 −1+l+1/2 ≤ 0 nicht bestimmt. Insbesondere lässt sich für den Fall der stoßfreien
Randschicht (b = 0,5) und maxwell-boltzmannverteilter Ionen die Ionenstromkorrektur des
nullten Moments ∆φ̂0 nicht berechnen. Das Problem rührt von der Nichtdifferenzierbarkeit
von Gleichung (5.13) bei U = Upl her. Die Knickstelle der Gleichung ist allerdings unphysikalisch. Der tatsächliche Ionenstrom ist in jedem Fall beliebig oft stetig-differenzierbar. In
der Umgebung des Plasmapotentials ist das Modell also eine schlechte Näherung des Ionenstroms. Eine einfache Lösung besteht darin, bei der Ionenstromkorrektur die Integration
nicht bis zum Plasmapotential durchzuführen. Die optimale“ Integrationsgrenze, die zu ei”
nem minimalen systematischen Fehler führt, ist nicht bekannt. Für die Implementierung in
dieser Arbeit wird daher willkürlich der Wert 0,9 · Upl gewählt.
5.1.4
Nichtparametrische Regression mittels lokaler Polynome
Zur Auswertung von Gleichung (5.7) benötigt man nun die zweite Ableitung des Sondenstroms. Zusätzlich muss das Plasmapotential bekannt sein. Für die Angabe der Standardabweichungen der Schätzer benötigt man schließlich noch einen Schätzer für die Varianz
der Messfehler. Im Folgenden wird ein lineares Filterverfahren vorgestellt, das auf einem
endlichen Definitionsbereich die Bestimmung von Schätzern für eine beliebige Funktion zusammen mit ihren Ableitungen unter Angabe des statistischen Fehlers ermöglicht, wobei die
Eigenschaften des Filters lokal und adaptiv angepasst werden. Hierbei handelt es sich um
das Verfahren der lokalen Polynome.
Zur Bestimmung eines lokalen Polynoms passt man mit der kleinsten Quadrate Methode in
der Umgebung einer Auswertestelle u0 ein Polynom m̂u0 (u) vom Grad p an die Daten an. Die
Koeffizienten âν dieses Polynoms sind Schätzer für die Koeffizienten der Taylor-Entwicklung
der Funktion um die Auswertestelle,
mu0 (u) = m (u0 ) + m(1) (u − u0 ) + . . . +
m(p)
(u − u0 )p
p!
m (u) ≈ mu0 (u)
(5.22)
(5.23)
Die Anpassung lässt sich wie folgt darstellen:
n
X
2
Kh (Ui − u0 ) [Ii − a0 − a1 (Ui − u0 ) − . . . − ap (Ui − u0 )p ] → min!.
(5.24)
i=1
Dabei ist Kh (u) eine Gewichtsfunktion, die die quadrierten Residuen in der Umgebung
der Auswertestelle stärker gewichtet als solche, die von der Auswertestelle weit entfernt
liegen. Kh (u) wird auch als Kernfunktion oder Kern bezeichnet. Der Index h bezeichnet die
Bandbreite des Kerns, mit der sich Kh (u) auf einen normierten Kern zurückführen lässt:
Kh (u) = h−1 K (u/h) .
(5.25)
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
43
Die Schätzer für den Funktionswert und seine Ableitungen an der Auswertestelle u0 ergeben
sich aus der Lösung des kleineste Quadrate Problems wie folgt:
m̂(ν) (u0 ) = ν!âν .
(5.26)
Das Verfahren der lokalen Polynome konstruiert nun kontinuierliche oder diskrete Schätzer für die den Messdaten zugrunde liegende wahre Funktion und ihre Ableitungen aus
den Koeffizienten der lokalen Polynome an allen Auswertestelle auf dem Definitionsbereich
der Funktion. Man kann zeigen, dass die Form des normierten Kerns auf die Qualität der
Schätzer eine untergeordnete Rolle hat [Load99]. In dieser Arbeit wird durchgehend der
sogenannte trikubische Kern benutzt:
(
3
70
1 − |u|3 , |u| ≤ 1
81
K (u) =
(5.27)
0,
|u| > 1.
Die Wahl der Bandbreite ist dagegen entscheidend für das Ergebnis, da sie die Breite des
Bereichs vorgibt, aus dem Daten für die Anpassung eines lokalen Polynoms verwerdet werden. Die Bandbreite kann mit Hilfe eines entsprechenden Algorithmus adaptiv und lokal
an die Dynamik der Daten angepasst werden. In dieser Arbeit wird die lokale Bandbreite
anhand das sogenannte CP-Kriterium bestimmt (vgl. Kapitel 5.1.6).
Das Verfahren des lokalen Polynome gehört zu der großen Klasse der linearen Filterverfahren.
Zur Bestimmung der Varianz der Schätzer benötigt man eine Darstellung in Matrix-VektorNotation. Mit der Matrix der Kerngewichte,
W = diag [Kh (Ui − u0 )] ,
(5.28)
dem Vektor der Strommesswerte I = (I1 , . . . , In )T , dem Vektor der Polynomkoeffizienten
a = (a0 , . . . , ap )T und der sogenannten Designmatrix


1 (U1 − u0 ) . . . (U1 − u0 )p


..
..
(5.29)
X =  ...

.
.
p
1 (Un − u0 ) . . . (Un − u0 )
nimmt das gewichtete kleinste Quadrate Problem folgende Form an:
2
1/2
W (I − Xa) → min!.
(5.30)
Dies Lösung diese Problems ergibt sich zu:
â = X T W X
−1
X T W I,
(5.31)
−1
M T b,
(5.32)
oder äquivalent dazu:
â = M T M
mit M = W 1/2 X und b = W 1/2 I. In der Implementierung wird die QR-Zerlegung M =
QR bestimmt. Die obere Dreiecksmatrix R ist die Lösung des kleinsten Quadrate Problems.
Die QR-Zerlegung wird desweiteren dazu verwendet, um die Linearkoeffizienten des Filters
und wichtige Größen für die Varianzschätzung und die Auswertung des CP-Kriteriums zu
berechnen (vgl. Kapitel 5.1.5 und 5.1.6). Für die Schätzer der Funktion und ihre Ableitungen
gilt:
m̂(ν) (u0 ) = ν!eν+1 T â.
(5.33)
44
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
−1 T
Mit der Definition lν (u0 )T = ν!eν+1 T X T W X
X W erhält man die Linearkoeffizienten der Abbildung der Strommesswerte auf die Schätzer:
m̂(ν) (u0 ) = lν (u0 )T I.
(5.34)
Da die Messfehler nach den Voraussetzungen stochastisch unabhängig sind, kann man sofort
die Varianz der Schätzers berechnen:
Var m̂(ν) (u0 ) = |lν (u0 )|2 σ 2 .
(5.35)
Die Faktoren |lν (u0 )|2 heißen Varianzreduktionsfaktoren, da sie angeben, in welchem Maß
die Varianz der Schätzer im Vergleich zu der Varianz der ungefilterten Messdaten reduziert
wird. Fasst man die Schätzer an allen Auswertestellen zu den Vektoren I (ν) und die Vektoren
lν für alle Auswertestellen zu den Matrizen Lν zusammen, so erhält man:
I (ν) = Lν I.
(5.36)
Die Matrizen Lν benötigt man für die statistische Auswertung der Plasmaparameter (vgl.
Kapitel 5.1.7).
Eine wichtige Eigenschaft des Verfahrens der lokalen Polynome liegt in seiner Linearität
begründet: Im Fall einer großen Anzahl von Messpunkten n → ∞ und asymptotisch gleichverteilter Dichte der Messpunkte auf der Spannungsachse f (u) → (Un − U1 )−1 verhält sich
das Verfahren der lokalen Polynome wie ein Kernglätter, d.h. die Lösung des kleinste Quadrate Problems ist deterministisch und die Linearkoeffizienten lν ergeben sich aus den so∗
genannten äquivalenten Kernen Kν,p
. Dabei unterscheidet man zwischen dem Volumenkern
und den Randkernen. Der Volumenkern gilt für alle Auswertestellen u0 , für die das Intervall
[u0 − h (u0 ) , u0 + h (u0 )] die Ränder des Datenbereichs [U1 , Un ] nicht überdeckt. Für Auswertestellen außerhalb dieses Intervalls hängt der äquivalente Kern von der Auswertestelle
ab. Da die äquivalenten Kerne zur Berechnung der Varianzen der Schätzer für das Floatingund das Plasmapotential benötigt werden, wird das Ergebnis hier angegeben:
∗
Kν,p
(u) = eν+1 T (S)−1 (1, . . . , up )T K (u) ,
(5.37)
wobei die Einträge sij der Matrix S durch die Momente der ursprünglichen Kernfunktion
gegeben sind:
cZmax
sij =
(u − u0 )i+j Kh (u − u0 ) du,
(5.38)
−cmin
mit den auf die lokale Bandbreite normierten Abständen der Auswertestelle zu den Rändern
cmin = (u0 − U1 ) /h (u0 ) bzw. cmax = (Un − u0 ) /h (u0 ).
Mit Hilfe der äquivalenten Kerne erhält man asymptotische Ergebnisse für die systematische
Abweichung und die Varianz des lokalen Polynomsschätzers. Diese lassen sich nicht direkt
berechnen, da sie ihrerseits von unbekannten Größen abhängen. Ein wichtiges Ergebnis ist
allerdings die Skalierung mit dem Polynomgrad: Man kann zeigen, dass der systematische
Fehler beim Übergang von p = 2q auf p = 2q + 1 mit derselben Ordnung von n−1 skaliert,
während sich die Ordnung beim Übergang auf p = 2q +2 verschlechtert. Analoges gilt für die
asymptotische Varianz beim Übergang von geradem p−ν = 2q auf ungerades p−ν = 2q +1.
Für gerades ν, also insbesondere für die Bestimmung der wahren Funktion und ihrer zweiten
Ableitung, wird entsprechend ein ungerader Polynomgrad bevorzugt. In dieser Arbeit wird
daher der Polynomgrad p = 3 verwendet.
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
5.1.5
45
Varianzschätzung
Zur Bestimmung der Varianz der Schätzer für die nichtparametrische Regression gemäß
Gleichungen (5.19) und (5.39) und für die Auswertung des Kriteriums zur Wahl der optimalen Bandbreite (vgl. Kapitel 5.1.6) benötigt man die Varianz der Messfehler σ 2 . Diese
ist nicht bekannt und muss daher aus den Daten geschätzt werden. Dazu betrachtet man
den Erwartungswert der Summe der quadrierten Residuen der lokalen Polynome an den
Messpunkten und wendet den Satz von Steiner an:
"
#
2
h
i X h
i2
X
X
E
Ii − Iˆi
=
Var Ii − Iˆi +
E m (Ui ) − Iˆi .
(5.39)
i
i
i
Der zweite Term entspricht der Summe der quadrierten systematischen Abweichungen. Der
erste Term lässt sich unter Verwendung der Varianz-Kovarianz-Matrix wie folgt umformen:
h
i
X
Var Ii − Iˆi = Spur [Var [(E n − L0 ) I]]
i
(5.40)
h
i
= Spur (E n − L0 )T (E n − L0 ) Var [I]
= σ 2 n − 2Spur [L0 ] + Spur L0 T L0 .
Für die Varianzschätzung wählt man nun eine kleine Bandbreite, so dass die systematischen
Fehler klein sind und man den zweiten Term in Gleichung (5.39) in guter Näherung vernachlässigen kann. Gleichung (5.39) kann dann nach der Varianzder Daten aufgelöst werden und
mit den Definitionen v0 = Spur [L0 ] und v2 = Spur L0 T L0 ergibt sich:
(0) 2
E I − Î 2
σ ≈
.
(5.41)
n − 2v0 + v2
Einen Schätzer für diesen Ausdruck erhält man, indem man den Erwartungswert der Summe
der quadrierten Residuen durch den Wert ersetzt, den man bei einer Anwendung des Filters
mit kleiner Bandbreite auf die Daten erhält:
(0) 2
I − Î σ̂ 2 =
.
(5.42)
n − 2v0 + v2
Analog kann man einen Schätzer für eine lokal variierende Varianz finden. Dazu betrachtet
man den Erwartungswert der gewichteten Summe der quadrierten Residuen eines einzelnen
lokalen Polynoms m̂u0 (u) an allen Auswertestellen:
"
#
X
X
X
Kh (Ui − u0 ) Var [Ii − m̂u0 (Ui )]+
E [m (Ui ) − m̂u0 (Ui )]2 .
E
Kh (Ui − u0 ) (Ii − m̂u0 (Ui ))2 =
i
i
i
(5.43)
Das lokale Polynom ist der Schätzer der Taylorentwicklung um die Auswertestelle u0 gemäß
Gleichung (5.22). Der zweite Term in Gleichung (5.43) besteht daher aus der Summe der
quadrierten Fehler der Taylor-Entwicklung um die Auswertestelle selbst und der quadrierten
systematischen Abweichungen des lokalen Polynoms von der Taylor-Entwicklung. Der erste
Term lässt sich durch Einsetzen der Lösung des kleinste Quadrate Problems umformen:
h
h
X
−1 T 1/2 ii
M W I
Kh (Ui − u0 ) Var [Ii − m̂u0 (Ui )] = Spur Var E n − M T M
i
h
i
−1 T
= σ 2 (u0 ) Spur [W ] − σ 2 (u0 ) Spur M T M
M WM
X
=
Kh (Ui − u0 ) σ 2 (u0 ) − Var [m̂u0 (Ui )] .
i
(5.44)
46
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Wählt man nun wieder die Bandbreite klein genug, so dass man den Fehlerterm
vernachlässi- i
h
−1 T
T
gen kann, und verwendet die Definitionen t0 = Spur [W ] und t2 = Spur M M
M WM
so ergibt sich für die lokale Varianz:
P
σ 2 (u0 ) ≈
Kh (Ui − u0 ) E (Ii − m̂u0 (Ui ))2
i
,
t0 − t2
(5.45)
bzw. für ihren Schätzer:
P
σ̂ 2 (u0 ) =
Kh (Ui − u0 ) (Ii − m̂u0 (Ui ))2
i
t0 − t2
.
(5.46)
In dieser Arbeit wird nur der Fall gleichverteilter Messfehler betrachtet und daher der homoskedastische Varianzschätzer gemäß Gleichung (5.42) verwendet. Der heteroskedastische
Varianzschätzer wird im folgenden Abschnitt für die adaptive Wahl der Bandbreite benutzt.
Die zur Auswertung von Gleichung (5.42) benötigten Größen werden aus der Anapssung
der lokalen Polynome an die Sondenkennlinie mit einer konstanten Bandbreite von 1 V
berechnet.
5.1.6
Bestimmung des optimalen Bandbreiteprofils
Für die eigentliche Filterung arbeitet man mit einer lokalen, problemangepassten Bandbreite. Gesucht ist ein Algorithmus, der Bandbreite die an jeder Auswertestelle die optima”
le“ Bandbreite bestimmt. Optimal“ soll in diesem Zusammenhang heißen, dass einerseits
”
der systematische Fehler der Schätzer klein ist, andererseits die Varianzreduktionsfaktoren
möglichst groß werden. Grundsätzlich wirken diese beiden Kriterien entgegengesetzt: Eine
kleine Bandbreite führt zu einem kleinen systematischen Fehler, aber einer großen Varianz
der Schätzer und umgekehrt. Ein Verfahren zur Wahl der Bandbreite muss also einen guten
Kompromiss zwischen den beiden Kriterien finden. Das Verfahren, dass in dieser Arbeit
verwendet wird, ist das lokale Mallows’sche CP-Kriterium. Dieses bewertet die Güte der
Anpassung eines lokalen Polynoms anhand der gewichteten Summe der quadratischen Abweichung des Polynoms von den wahren Funktonswerten bezogen auf die Rauschleistung
σ2:
P
Kh (Ui − u0 ) (m̂u0 (Ui ) − m (Ui ))2
P
Ru0 (h) = i
.
(5.47)
σ 2 Kh (Ui − u0 )
i
Es zeigt sich, dass Ru0 (h) stets ein lokales Minimum bei einer Bandbreite hopt verschieden
von Null gefolgt von einem steilen Anstieg besitzt. Diese Bandbreite wird als optimale“
”
Bandbreite am Ort u0 verwendet.
Zur Auswertung von Ru0 (h) werden die wahren Funktionswerte m (Ui ) an den Messpunkten
benötigt. Diese sind nicht bekannt und hopt lässt sich entsprechend nicht direkt bestimmen.
Man betrachtet daher den Erwartungswert von Ru0 (h):
P
E [Ru0 (h)] =
i
Kh (Ui − u0 ) E [m̂u0 (Ui ) − m (Ui )]2 + Var [m̂u0 (Ui )]
P
,
σ 2 Kh (Ui − u0 )
(5.48)
i
Der erste Summand im Zähler lässt sich unter Verwendung der Umformungen (5.43) und
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
47
(5.44) eliminieren:
1 X
2
2
K
(U
−
u
)
E
[
m̂
(U
)
−
I
]
+
2Var
[
m̂
(U
)]
−
σ
h
i
0
u
i
i
u
i
0
0
σ 2 t0 i
!
X
1
2
σ −2
Kh (Ui − u0 ) E [m̂u0 (Ui ) − Ii ] + 2t2 − t0 .
=
t0
i
E [Ru0 (h)] =
(5.49)
Die verallgemeinerte, lokale CP-Kurve ist wie folgt definiert:
1
LCPu0 (h) =
t0
!
σ −2
X
Kh (Ui − u0 ) (m̂u0 (Ui ) − Ii )2 + αt2 − t0
.
(5.50)
i
Für α = 2 ist LCPu0 (h) ein erwartungstreuer Schätzer der Abweichung des lokalen Polynoms Ru0 . Mit α 6= 2 kann man das Gewicht des Varianzterm, also der Streuung des
lokalen Polynoms verändern. Insbesondere führt α > 2 dazu, dass sich das Minimum des
CP-Werts zu einer größeren Bandbreite verschiebt und damit stärker geglättet wird. Da der
lokale CP-Wert eine Zufallsgröße ist, kann es in der Praxis vorkommen, dass kein lokales
Minimum gefunden werden kann. Dieser Fall kann insbesondere dann auftreten, wenn die
Streuung der Messwerte gegenüber der homoskedastischen Varianz der Messfehler lokal erhöht ist. Das CP-Kriterium wird robuster, wenn man anstelle des lokalen CP-Werts gemäß
Gleichung (5.51) das Maximum von LCPu0 für den homoskedastischen Varianzschätzer und
für den heteroskedastischen Varianzschätzer verwendet. Dann erhält man das von Loader
implementierte und auch in dieser Arbeit verwendete Ergebnis:
!
!
X
1
2
−2
LCPu0 (h) =
max σ̂
Kh (Ui − u0 ) (m̂u0 (Ui ) − Ii ) , t0 − t2 + αt2 − t0 .
t0
i
(5.51)
Zur Bestimmung der optimalen Bandbreite hopt muss man nun das lokale Minimum der
CP-Kurve vor dem steilen Anstieg finden. Dazu wird der folgende heuristische Algorithmus
verwendet: Ausgehend von Null wird die Bandbreite in Schritten von 0,4 V erhöht. Wird
ein lokales Minimum gefunden, wird mit den nächsten Schritten, die mittlere Steigung des
CP-Werts bestimmt. Werden weitere lokale Minima gefunden, werden die zuvor detektierten
Werte überschrieben. Die Schleife endet, wenn der lokale CP-Wert den Wert 5,0 oder das
zehnfache des gemerkten lokalen Minimums überschreitet. Durch die zweite Abbruchbedingung wird vemieden, dass lokale Minima, die innerhalb des steilen Anstiegs der CP-Kurve
auftreten, berücksichtigt werden. Wird kein Minimum gefunden, schlägt der Algorithmus
fehl. Ansonsten wird nun ausgehend von der Bandbreite mit dem doppelten CP-Wert des
Minimums (oder dem ersten Wert größer 5,0) die Bandbreite in Schritten von 0,1 V verringert, bis die Steigung kleiner als ein zehntel der gemerkten mittleren Steigung ist. Dann
wird die Bandbreite in Schritten von 0,05 V vergrößert oder verkleinert, bis man das lokale
Minimum hopt überschreitet.
Für die Auswertung der Sondenkennlinien wird mit diesem Verfahren zunächst die optimale
Bandbreite bei einer vorgegebene Anzahl von Auswertestellen bestimmt. Schlägt der Algortihmus an einer Auswertestelle fehl, wird das Verfahren statt dessen an einer benachbarten
Auswertestelle angewandt. Zusätzlich werden Auswertestellen in unmittelbarer Umgebung
eines ersten Schätzers für das Plasmapotential bearbeitet, um diesen Bereich möglichst gut
zu charakterisieren. Der komplette Bandbreiteverlauf hopt (u) nach dem CP-Kriterium wird
durch Interpolation der optimalen Bandbreiten konstruiert. Für die Interpolation werden
wiederum lokale Polynome verwendet, wobei für die hierfür verwendete Bandbreite der mittlere Abstand der ausgewählten Auswertestellen verwendet wird. Es zeigt sich, dass das so
konstruierte Bandbreiteprofil in der Regel am Plasmapotential ein Minimum aufweist und
48
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
links davon monoton ansteigt. Simulationsstudien zeigen, dass durch das CP-Kriterium in
einiger Entfernung vom Plasmapotential die Bandbreite unnötig groß gewählt wird, so dass
das Ergebnis zwar sehr rauscharm ist, aber einen nicht vernachlässigbaren systematischen
Fehler aufweist. Die Situation lässt sich dadurch verbessern,
D E dass man die Bandbreite auf
den Wert begrenzt, den man in der Entfernung von 2 Êe /e vom geschätzten PlasmapoD E
tential Ûpl findet, wobei Êe ein vorläufiger Schätzer der mittleren Elektronenenergie ist.
D E
Dazu wird der linke Teil des Bandbreiteprofil bis zu einem Abstand von 2 Êe /3e vom
Plasmapotential durch eine glatte Funktion ersetzt:
D E


D E
2 Êe
2
2
D E  m
Êe
+ 1 −
,
(5.52)
hopt
3e
3e
1 + exp −b u − Û + 2 Ê
pl
3e
e
D E
D E
wobei m die mittlere Steigung von hopt (u) zwischen Ûpl − 2 Êe /e und Ûpl − 2 Êe /3e ist
D E
und der Parameter b so berechnet wird, dass die Steigung der Funktion bei Ûpl − 2 Êe /3e
D E
gleich m ist. Die vorläufigen Schätzer für Ûpl und Êe werden im ersten Durchlauf der
nichtparametrischen Regression mit konstanter Bandbreite bestimmt.
5.1.7
Bestimmung der Plasmaparameter
Aus der rekonstruierten Kennlinie bzw. ihrer zweiten Ableitung werden nun Schätzer für
die Plasmaparameter Floatingpotential, Plasmapotential, Elektronendichte und Elektronenenergie bestimmt. Das Floatingpotential liegt per Definition in der Nullstelle der Sondenkennlinie. Am Plasmapotential besitzt das Modells für den Sondenstrom einen Krümmungswechsel und entsprechend wird als Schätzer die Nullstelle der zweiten Ableitung verwendet.
Weist die geglättete Kennlinie mehrere Nullstellen auf, so wird diejenige Nullstelle verwendet, die am nächsten am absoluten Maximum der ersten Ableitung liegt. Wird keine Nullstelle gefunden, wird das absolute Maximum der ersten Ableitung verwendet. Gesucht sind
nun die statistischen Eigenschaften dieser Schätzer. Nutzt man aus, dass sich das Verfahren
der lokalen Polynome für eine große Anzahl an Messpunkten wie ein Kernglätter verhält,
kann man das asymptotische Ergebnis für eine Nullstelle des Schätzers der ν-ten Ableitung ζ̂ν von Müller verwenden [Mü85]. Müller zeigt, dass eine solche Nullstelle asymptotisch
normalverteilt sind, mit der systematischen Abweichung bzw. der Varianz
h
i
E m̂(ν) (ζν )
E ζ̂ν − ζν = − (ν+1)
,
(5.53)
m
(ζν )
∗
h i
σ 2 (ν!)2 νν,p,0
Var ζ̂ν =
(5.54)
2.
nh2ν+1 f (ζν ) (m(ν+1) (ζν ))
Dabei ist f (ζν ) die Dichte der Messpunkte auf der Spannungsachse am Ort der Nullstelle
∗
und νν,p,0
das Nullte Moment des quadrierten äquivalenten Kerns gemäß
∗
νν,p,j
Z∞
=
uj (K ∗ ν (u))2 du.
(5.55)
−∞
Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Formeln ist eine ausreichend große Dichte von
Auswertestellen, so dass die Schätzer durch die äquivalente Kerne in guter Näherung beschrieben werden. In der Praxis werden typischerweise etwa 1000 Messpunkte in einem
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
49
Spannungsintervall von bis zu 50 V verwendet. Simulationen zeigen, dass in diesem Fall mit
den äquivalenten Kernen gearbeitet werden kann. Die systematische Abweichung kann in
der Praxis allerdings nicht bestimmt werden, da Gleichung (5.53) nur unbekannte Größen
enthält. Für die Varianzen von Floating- bzw. Plasmapotential erhält man hingegen folgende
Schätzer:
σ̂U2 fl
∗
σ̂ 2 ν0,p,0
=
2 ,
nhfˆ Uˆfl m̂(1) Uˆfl
σ̂U2 pl =
∗
4σ̂ 2 ν2,p,0
2 ,
5
(3)
ˆ
ˆ
nh f Upl m̂
Uˆpl
(5.56)
(5.57)
wobei die Dichte der Messpunkte in guter Näherung durch den Parzen-Rosenblatt-Schätzer
bestimmt ist:
X
Kh (Ui − u0 )
(5.58)
fˆu0 = n−1
i
Ein diskreter Schätzer für die EEDF wird durch die Druyvesteyn-Beziehung berechnet, wobei
zu beachten ist, dass die zweite Ableitung des gesamten Sondenstroms eingesetzt und der
Beitrag des Ionenstroms zur zweiten Ableitung des Sondenstroms nachträglich abgezogen
wird:
√
8me Ei (2) ˆ
ˆ
m̂
U
−
E
/e
−
.
.
.
.
(5.59)
fe (Ei ) =
pl
i
Ap e3
Die Auswertestellen Ei werden so gewählt werden, dass die Uˆpl − Ei /e mit den Auswertestellen von m̂(ν) zusammenfallen. Für alle Auswertestellen, für die Uˆpl − Ei /e nicht im Bereich
des Ionensättigungsstroms liegt, sind die Schätzer der zweiten Ableitungen von Sondenstrom
bzw. Ionenstrom stochastisch unabhängig und die Varianz des Schätzers der EEDF ergibt
sich aus Gleichungen (5.39) und (5.20):
2
8me Ei ˆ
2
2
σfˆe (Ei ) = σ
(5.60)
lν Upl − Ei /e + . . . .
A2p e6
In der Praxis ist der Schätzer der zweiten Ableitung im Bereich des Ionensättigungsstroms
schlecht bestimmt, da die zweite Ableitung mit zunehmender Entfernung vom Plasmapotential exponentiell abfällt. Der Schätzer der EEDF wird daher nur außerhalb dieses Bereichs
bestimmt und für größere Energien auf Null gesetzt.
Für die Schätzer der Elektronendichte und der mittleren Elektronenenergie benötigt man die
Momente der EEDF. Diese erhält man durch numerische Integration des diskreten Schätzer der EEDF. In dieser Arbeit wird dazu die Trapezregel benutzt. Verallgemeinert auf ein
beliebiges lineares Integrationsverfahren kann man die numerische Berechnung der Hilfsgrößen φl gemäß Gleichung (5.11) in Matrix-Vektor-Notation darstellen und zusammen mit der
Ionenstromkorrektur gemäß Gleichung (5.21) gilt für die Schätzer der Momente der EEDF:
(2)
φ̂l (Upl ) = wl (Upl )T Î = λl (Upl )T I,
√
el 8me e µ̂l (Upl ) =
φ̂l (Upl ) − ∆φ̂l ,
Ap e2
(5.61)
(5.62)
wobei wl (Upl ) der Vektor der Integrationsgewichte ist und λl (Upl )T = L2 T wl (Upl ) der
Vektor der Linearkoeffizienten zur Berechnung der Momente aus den Strommesswerten Ii .
Da die Messfehler nach Voraussetzung stochastisch unabhängig sein sollen, berechnen sich
ˆ l zu:
die Varianzen der Schätzer phi
h
i
Var φ̂l |Upl = |λl (Upl )|2 σ 2 .
(5.63)
50
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Zu beachten ist, dass es sich um bedingte Varianzen handelt, da die obere Grenze der Integration gemäß (5.11) der Schätzer des Plasmapotentials ist und auch die Matrix vom
Plasmapotential abhängt und mithin eine Zufallsgröße ist. Zur Berechnung der totalen Vaˆ l bzw. µ̂l benutzt man daher das Gesetz der totalen Varianz:
rianzen von phi
h i
h
h
ii
h h
ii
Var φ̂l = E Var φ̂l |Upl + Var E φ̂l |Upl
(5.64)
h i
i
h
8me e2l ˆ l ,
(5.65)
Var [µ̂l ] = 2 3 Var φ̂l + Var ∆phi
Ap e
h
h
i
i
ˆ l |Upl = phi
ˆ l (Upl ) ist und die Berechnung der des Erwartungswerts von Var phi
ˆ l |Upl
wobei E phi
ˆ l (Upl ) durch die Faltung mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung des
bzw. der Varianz von phi
oben definierten Schätzers des Plasmapotentials erfolgt:
h
h
E Var φ̂l |Upl
ii
Z∞
i
Var φ̂l |Upl fÛpl (Upl ) dUpl
=
h h
ii
Var E φ̂l |Upl =
h
−∞
Z∞
(5.66)
2
φ̂l (Upl ) − φ̂l Ûpl
fÛpl (Upl ) dUpl
(5.67)
−∞
 fÛpl (Upl ) = √
1
 Upl − Ûpl
exp −
2σÛ2
2πσÛpl
pl
2 

.
(5.68)
Zu beachten ist, dass die Ergebnisse nur dann exakt gelten, wenn der Schätzer der Plasmapotentials keinen systematischen Fehler aufweist. Dies ist allenfalls näherungsweise erfüllt.
Simulationsstudien zeigen aber, dass die Varianzen der Schätzer mu
ˆ l durch Gleichungen
(5.63–5.68) gut wiedergegeben werden.
Der Schätzer der Elektronendichte ist nun durch das nullte Moment der EEDF gegeben:
n̂e = µ̂0 ,
σn̂2 e = Var [µ̂l ] .
(5.69)
(5.70)
Die mittlere Elektronenenergie berechnet sich mittles Division des zweiten und des nullten
Moments. Die Varianz des zugehörigen Schätzers kann nur über Umwege bestimmt werden:
Nach dem Gesetz der großen Zahlen wird die Verteilung der Momente in guter Näherung
durch eine Gauß-Verteilung beschrieben. Die allgemeine Verteilung des Verhältnisses zweier
gaußverteilter Zufallsgrößen hat eine komplizierte Struktur [HAG75]. Man kann aber mit
der Geary-Hinkley-Transformation eine neue Zufallsgröße konstruieren:
E [µ̂0 |Upl ] (µ2 /µ0 ) − E [µ̂2 |Upl ]
χ= q
,
(5.71)
2
Var [µ̂0 |Upl ] (µ2 /µ0 ) − 2Cov [µ̂2 , µ̂0 |Upl ] (µ2 /µ0 ) + Var [µ̂2 |Upl ]
wobei für die bedingte Kovarianz gilt:
h
i
T
8me e2l T
Cov [µ̂2 , µ̂0 |Upl ] = 2 3 Cov λ2 I, λ0 I|Upl + Cov ∆φ̂2 , ∆φ̂0
Ap e
(5.72)
h
i
8me e2l T
2
= 2 3 λ2 (Upl ) λ0 (Upl ) σ + Cov ∆φ̂2 , ∆φ̂0 ,
Ap e
h
i
und die Kovarianz der Ionenstromkorrekturterme Cov ∆φ̂2 , ∆φ̂0 durch Gleichung (5.20)
gegeben ist. Für den Fall, dass der Divisor mit großer Wahrscheinlichkeit positiv ist, ist
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
51
χ in guter Näherung standard-normalverteilt. In diesem Fall ist der Divisor der Schätzer
für die Elektronendichte. Solange die Varianz des nullten Moments keine zu großen Werte
annimmt, haben negative Werte für diesen Schätzer eine verschwindende Wahrscheinlichkeit.
Erwartungswert und Varianz des Schätzers für die mittlere Elektronenenergie erhält man
durch Rücktransformation von χ und Integration über die Wahrscheinlichkeitsverteilung von
Upl nach dem Satz von Bayes.
Bei dem Messsystem APS3, das in dieser Arbeit verwendet wird, ist nun noch zu beachten, dass das Sondenpotential gegenüber Systemmasse durch die Reihenschaltung von zwei
Spannungsquellen eingestellt wird, und zwar der Rampenspannungsquelle und der Floatingspannungsquelle. Die Spannung der Floatingspannungsquelle weist eine Drift von bis zu 0,1
V s−1 auf und wird daher vor jeder Kennlinienmessung auf den jeweiligen Sollwert eingestellt. Die tatsächliche Spannung wird von einem 12-Bit Analog-Digital-Wandler mit einem
Spannungsmessbereich von etwa 0 V bis 350 V gemessen. In der Praxis muss inbesondere bei
getriggerten Messungen darauf geachtet werden, dass die Drift der Floatingspannungsquelle
während der Messung vernachlässigbar klein bleibt. Für die Auswertung der Kennlinien ergeben sich die Spannungswerte Ui aus der Summe der eingestellten Rampenspannung und des
gemessenen Werts der Floatingspannungsquelle. Der Messwert der Floatingspannungsquelle
weist nun ein Rauschen σUflq auf, das die Varianz der Floating- bzw. Plasmapotentialschätzer um ein Vielfaches übersteigen kann. Bei der Bestimmung der Momente der EEDF stellt
dies kein Problem dar: Es gehen nur Spannungsdifferenzen Ui − Upl in die Auswertung ein
und diese sind unabhängig vom Rauschen der Floatingspannungsquelle. Die Varianzen der
geschätzten Werte für Floating- und Plasmapotential gegenüber Systemmasse ergeben sich
jedoch aus den Summen der Varianzen der Schätzer und der Varianz des Messwerts der
Floatingspannungsquelle:
2
2
σ̂U∗ fl = σ̂Ufl + σ̂U2 flq ,
∗2
2
σ̂Upl = σ̂Upl + σ̂U2 flq .
5.1.8
(5.73)
(5.74)
Ablauf der Auswertung der Sondenkennlinien
Die nichtparametrische Regression nach dem Verfahren der lokalen Polynome läuft nun in
mehreren Schritten ab. Zunächst wird eine vorläufige Anpassung an die Sondenkennlinie bei
Verwendung einer konstanten Bandbreite von 1 V durchgeführt. Die dadurch bestimmten
Lν -Matrizen werden verwendet, um die Größen v0 und v2 für den homoskedastischen Varianzschätzschätzer zu berechnen. Danach wird mit dem in Kapitel 5.1.6 erläuterten Verfahren
das optimale Bandbreiteprofil hopt (u) bestimmt. Anschließend wird die Glättung der Sondenkennlinie mit diesem Bandbreiteprofil wiederholt. Aus dem Ergebnis werden wie nachfolgend beschrieben vorläufige Schätzer der Plasmaparameter bestimmt. Das Bandbreiteprofil,
das sich wie in Kapitel 5.1.6 beschrieben durch Interpolation an wenigen Stützstellen ergibt,
wird in der Umgebung des geschätzten Plasmapotentials verfeinert und im Bereich links
vom Plasmapotential wie zuvor beschrieben nach oben beschränkt. Die vorläufigen Schätzer für das Plasmapotential und die mittlere Elektronenenergie werden verwendet, um den
Bereich des Ionensättigungsstroms zu erraten. Eine erneute Glättung mit dem so erhalteten
Bandbreiteprofil wird verwendet, um die endgültigen Schätzer für den Sondenstrom und
seine Ableitungen sowie Floating- und Plasmapotential inklusive der Varianzen zu berechnen. Mit den Daten im Ionensättigungsstrombereich wird das parametrische Modell für den
Ionenstrom angepasst und die zweite Ableitung sowie die Korrekturterme für die Momente
der EEDF zusammen mit den Varianzen ermittelt. Zuletzt werden aus der zweiten Ableitung des Sondenstroms unter Berücksichtigung der Ionenstromkorrektur die Schätzer für
die EEDF sowie die Plasmaparameter Elektronendichte und mittlere Elektronentemperatur
zusammen mit den Varianzen berechnet.
52
5.2
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Optische Emissionsspektroskopie
Mittels optischer Emissionsspektroskopie (OES) lassen sich Rückschlüsse auf viele wichtige Plasmaparameter ziehen. Mit Hilfe von Modellen für die Intensitäten und die Formen
von Spektrallinien kann man u.a. Elektronentemperaturen, Elektronendichten, Dichten angeregter atomarer Niveaus und Neutralgastemperaturen berechnen. Obwohl es sich bei der
OES um eine weit verbreitete Diagnostik der Plasmaphysik handelt, gibt es keine standardisierten Verfahren zur Interpretation der Daten. Dies liegt daran, dass es sich um eine
indirekte Methode handelt und sowohl beim Aufbau der Messapperatur als auch bei der
Wahl der Modelle zur Analyse der Daten große Freiheitsgrade bestehen. Die Modelle enthalten zumeist starke Vereinfachungen, die auf die jeweilige Situation mehr oder weniger
gut anwendbar sind. Dementsprechend muss eine quantitative Auswertung von Daten, die
mit OES gewonnen werden, sehr sorgfältig durchgeführt werden. Die folgenden Abschnitte
stellen die Verfahren zur Messung von Neutralgastemperaturen und Elektronenenergieverteilungsfunktionen (EEDF) vor, die in dieser Arbeit angewandt werden. Als Spektrometer
werden ein Ocean Optics Ocean—HR2000 bzw. ein Optics—USB2000 verwendet. Ersteres
besitzt ein Gitter der Strichdichte 2400 mm−1 , wodurch eine spektrale Auflösung von 0,05
nm volle Halbwertsbreite im spektralen Bereich 600–656 nm erreicht wird. Das USB2000 ist
mit einem Gitter der Strichdichte 600 mm−1 ausgestattet und hat eine spektrale Auflösung
von etwa 1,5 nm volle Halbwertsbreite bei 700 nm. Die Lichteinkopplung erfolgt jeweils über
eine Glasfaser mit 0,5 mm2 Durchmesser, die im Abstand von 32,4 cm vor dem Frontfenster
der Reaktorkammer angebracht ist. Eine Blende beschränkt den Sichtbereich der Glasfaser
auf einen Kegel. Für die quantative Analyse von Daten, die mittels OES gewonnen werden,
wird zu jedem Punkt im Plasmavolumen der Teil des Raumwinkels benötigt, aus dem bei
dieser Anordnung Licht in die Glasfaser eingekoppelt. Das Ergebnis einer entsprechenden
Berechnung aus geomtrischen Überlegungen ist in Abbildung 5.1 dargestellt.
5.2.1
Bestimmung von Neutralgastemperaturen
r / mm
Durch die Beimischung eines Molekülgases zu Niederdruckentladungen entsteht die Möglichkeit, mittels OES die Neutralgastemperatur zu bestimmen. Insbesondere findet man in
Spektren von molekularem Wasserstoff sogenannte Rotationsbanden, die durch StrahlungsRelaxation von elektronisch und vibratorisch bzw. rotatorisch angeregten Molekülen entstehen. Wenn die Lebensdauer des elektronisch angeregten Zustands deutlich kleiner ist als die
Relaxationszeit der rotatorischen Niveaus und die Bevölkerungsrate des angeregten Zustands
durch Kaskadenprozesse vernachlässigbar klein ist, sind die Verhältnisse der Zustandsdichten
der rotatorischen Niveaus im elektronisch angeregten Zustand identisch zu denen im Grundzustand (n = 0). Die Verhältnisse der Linienintensitäten im Spektrum der Entladung sind
dann ein Maß für die Verhältnisse der Zustandsdichten der rotatorisch angeregten Niveaus
20
4 · 10−7
10
3 · 10−7
0
2 · 10−7
−10
1 · 10−7
−20
0 · 10−7
−100
−50
0
50
100
z / mm
Bild 5.1: Ortsaufgelöste Einkoppeleffizient in die Glasfaser.
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
53
[GvdGD01]. In [ARGvdGD05] wird gezeigt, dass in induktiv gekoppelten Niederdruckplasmen diese Voraussetzungen auf den sogenannten Q-Zweig der diagonalen Fulcher-α Banden
im zweiten vibratorisch angeregten Niveau (ν = 2) des Wasserstoffmoleküls zutreffen. Dieser enthält die Linien, bei denen sich der rotatorische und der vibratorische Energiezustand
beim elektronischen Übergang nicht ändern (∆N = ∆ν = 0). Wenn sich die rotatorisch
angeregten Niveaus für ν = 2 und n = 0 im thermischen Gleichgewicht befinden, kann man
mittels eines Boltzmannplots der Zustandsdichten die Temperatur der Wasserstoffmoleküle
im Grundzustand bestimmen. Bei Neutralgasdrücken von einigen Pascal ist dies in guter
Näherung gegeben und die Stoßfrequenzen der Neutralgasteilchen sind so, groß dass die verschiedenen Spezies im Grundzustand die gleichen Temperatur besitzen. Abdel-Rahman zeigt
durch den Vergleich RF-phasenaufgelöst gemessener Temperaturen mit Simulationen, dass
der gemessene Mittelwert von der tatsächlichen Neutralgastemperatur um weniger als 20 K
nach oben abweicht [ARGvdGD05]. Die Neutralgastemperatur in diesem Experiment kann
damit durch die OES bei Zugabe einer geringen Menge an Wasserstoff zur Gasmischung
gemessen werden.
Die Messungen erfolgen mittels des HR2000 Spektrometers, welches eine genügend große
spektrale Auflösung besitzt, um die Rotationsbanden des Wasserstoffs zu zu unterscheiden.
Bei einer Beimischung von φH2 = 2 sccm Wasserstoff kann man nur die drei intensivsten
Linien der Fulcher-α-Banden mit ∆N = ∆ν = 0 von der Hintergrundstrahlung unterscheiden (622,48 nm, 623,03 nm und 623,84 nm). Die Genauigkeit der Messung reicht jedoch
aus, um die Gastemperatur auf etwa ±20 K genau zu bestimmen. Die Berechnung der
Temperatur aus den Messwerten erfolgt dabei durch die Anpassung einer Exponentialfunktion an die Messwerte nach dem in Kapitel 5.1.3 vorgestellten Methode der nichtlinearen
kleinsten Quadrate. Im Gegensatz zur Langmuirsondenmessung stehen in diesem Fall nur
wenige Messpunkte zur Verfügung. Eine konsistente statistische Behandlung des Problem
wird entsprechend dadurch verhindert, dass das asymptotische Verteilungsergebnis für die zu
schätzenden Parameter nicht gilt. Die asymptotischen Standardabweichungen der Schätzer
werden dennoch als Maß für den statistischen Fehler der Auswertung verwendet.
5.2.2
Bestimmung parametrisierter Elektronenenergieverteilungsfunktionen
Vereinfachtes Stoß-Strahlungsmodell
Das Verfahren zur Bestimmung von parametrisierten EEDFs basiert auf einem vereinfachten, stationären Stoß-Strahlungsmodell von Boffard [BLD04]. Das Modell geht von einem
Gleichgewicht der Elektronenstoßanregung aus dem Grundzustand und aus den metastabil
und resonant angeregten Niveaus mit spontaner Emission aus (in der Literatur als Koronamodell bezeichnet):
X
dni (r)
=0=
nk (r)
dt
k
Z∞
r
σki (E) fe (r,E)
0
X
2E
dE −
Ail ni (r) .
me
l<i
(5.75)
Dabei sind ni (r) die Besetzungsdichte des atomaren Zustands i, nk (r) die Besetzungsdichten des Grundzustands bzw. der metastabil und resonant angeregten Niveaus, σki die Wirkungsquerschnitte für Elektronenstoßanregung des Zustands i aus den Zuständen k und Ail
die Einsteinkoeffizienten für die strahlenden Übergänge aus dem Zustand k in die Zustände
l. Gegenüber einem vollständigen, stationären Stoß-Strahlungsmodell sind im Koronamodell
die Anregung der atomaren Niveaus durch Strahlungsübergänge aus höheren Niveaus (im
Folgenden als Stoßkaskaden bezeichnet) und durch Photonenanregung aus tiefer liegenden
Niveaus sowie Stoßabregung vernachlässigt. Dadurch enthält dieses Modell nur lokale Größen
54
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
und die Anzahl der Variablen und Eingabeparameter ist begrenzt. Andererseits haben Stoßkaskaden und Photonreabsorption in Niederdruckplasmen einen nennenswerten Anteil an der
Population der strahlenden Niveaus. Um diese Prozesse zu erfassen, wird das Koronamodell
daher wie folgt erweitert: Anstelle der Wirkungsquerschnitte für die direkte Elektronenstoßanregung werden druckabhängige, optisch gemesse Wirkungsquerschnitte verwendet, die die
Beiträge der Anregung durch Stoßkaskaden berücksichtigen. Für die Beschreibung der spontanen Emission werden effektive Einsteinkoeffizienten verwendet, wodurch die Reabsorption
von Strahlung erfasst wird. Das modifizierte Modell lautet damit:
0=
X
k
Z∞
nk (r)
App
σki
(E) fe (r,E)
r
0
X
2E
dE −
γil Ail ni (r) ,
me
l<i
(5.76)
App
wobei σki
die optisch gemessenen Wirkungsquerschnitte und γil Ail die effektiven Einsteinkoeffizienten sind. Zur Bestimmung der γil geht man einer homogenen Photonendichte im
Plasmavolumen aus. Die γil ergegben sich dann aus den mit ni gewichteten, volumengemittelten Escapewahrscheinlichkeiten θil (r) und werden in der Literatur daher als Escapefaktoren
bezeichnet [Hols47, Iron78]:
Z
−1 Z
γij =
(5.77)
ni (r)
ni (r) θij (r) .
V
V
Die Photonenrate φij (r) für einen optisch erlaubten Übergang i → j am Ort r, die auf einen
Photonendetektor außerhalb des Plasmas trifft, hängt von der Besetzungsdichte des strahlenden Niveaus ni (r), dem Einsteinkoeffizienten Aij , der Escapewahrscheinlichkeit θij (r)
und dem für den Detektor sichtbaren Teil des Raumwinkels c (r) wie folgt ab:
φij (r) = c (r) θij (r) Aij ni (r) .
(5.78)
Der gesamte Photonenfluss ΦObs
ij , der auf den Detektor trifft, ergibt sich aus der Integration
von Gleichung (5.78) über das für den Detektor sichtbare Plasmavolumen V Obs :
Z
Obs
Φij =
c (r) θij (r) Aij ni (r) .
(5.79)
V Obs
Mit einer modfizierten Definition des Escapefaktors,
γij = cni −1 cni θij ,
(5.80)
ΦObs
= V Obs cni γij Aij ,
ij
(5.81)
ergibt sich:
R
Obs
wobei . = 1/V
.dV für die Mittelung über das sichtbare Plasmavolumen steht.
V Obs
Ersetzt man ni (r) mit Hilfe von Gleichung 5. 76 und verwendet man volumengemittelte
Größen für die Besetzungsdichten nk und die gewichtete EEDF cfe , so erhält man:
∞
ΦObs
ij
Z
γij Aij X
App
Obs
P
=V
nk σki
(E) cfe (E)
l<i γil Ail k
r
2E
dE.
me
(5.82)
0
Mit Hilfe von Gleichung (5.82) kann ein implizites Gleichungssystem für die unbekannte
EEDF aufgestellt werden. Dazu parametrisiert man die EEDF und betrachtet die Photonenflüsse mehrerer strahlender Übergänge auf ein optisches Spektrometer gemäß Gleichung (5.82). Die Lösung eines solchen Gleichungssystem erfolgt numerisch, z.B. durch ein
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
55
Gauß-Newton-Verfahren. Voraussetzung ist die Kenntnis aller Eingabeparameter, also der
App
Wirkungsquerschnitte (σki
), der Besetzungsdichten des Grundzustands und der resonant
und metastabil angeregten Niveaus (nk ), der Einsteinkoeffizienten (Aij ) und der Escapefaktoren (γij ). Die Einsteinkoeffizienten sind bei Edelgasen für die meisten Übergänge im
sichtbaren Spektralbereich bekannt (vgl. [NIS06]). Für die Wirkungsquerschnitte gibt es gute Messwerte für die Anregung vieler wichtiger atomarer Niveaus (vgl. [BLD04]). Für die
Escapefaktoren gibt es analytische Näherungsformeln, die eine Näherung in ausreichender
Genauigkeit liefern, die allerdings wiederum von den Besetzungsdichten der metastabil und
resonant angeregten Nivaus abhängen (vgl. [Iron78]).
Während man die Dichte des Grundzustands mit der Gasgleichung aus dem eingestellten
Druck berechnen kann, sind die Besetzungsdichten der resonant und metastabil angeregten Niveaus nicht bekannt. Prinzipiell können diese Besetzungsdichten selbstkonsistent aus
dem mit (5.82) konstruierten Gleichungssystems geschätzt werden. Allerdings erhöht sich
dadurch zum einen die Anzahl der Unbekannten, zum anderen zeigt sich, dass die Ergebnisse auf Grund der Ungenauigkeiten der in der Literatur verfügbaren Wirkungsquerschnitte
inkonsistent sind. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher ein einfaches Verfahren entwickelt,
mit dem eine robuste Schätzung der gesuchten Besetzungsdichten anhang der gemessenen
Spektren möglich ist. Dieses wird im folgenden Abschnitt vorgestellt.
Bestimmung der Dichten von metastabil und resonant angeregten atomaren
Niveaus
Ausgangspunkt ist der von einem Detektor erfasste Photonenfluss eines Übergangs gemäß
Gleichung (5.81). Setzt man die Photonenflüsse von zwei Übergängen i → j und i → k, die
von einem gemeinsamen oberen Niveau i ausgehen, ins Verhältnis, so erhält man formal:
Φij
γij Aij
=
.
Φik
γik Aik
(5.83)
Auf Gleichung (5.83) gründet sich folgende diagnostische Idee: Betrachtet man nur das strahlende Niveau i und die tieferliegenden atomaren Niveaus, ist die gesamte Strahlungsemission
des Plasmas aus dem Niveau i unabhängig von der Photonreabsorption, da sich die Besetzung des Niveaus ni in dem Maße erhöht, in dem sich der Photonenfluss aus dem Plasma
verringert. Da sich aber die Escapewahrscheinlichkeiten θij und damit die Escapefaktoren
γij für die verschiedenen Strahlungsübergänge je nach Besetzungsdichte der unteren Niveaus
unterscheiden, verändern sich die effektiven Verzweigungsverhältnisse für die Strahlung aus
dem Niveau i gemäß Gleichung (5.83). Die Abhängigkeit der Verzweigungsverhältnisse von
den Besetzungsdichten der unteren Niveaus kann nun dazu ausgenutzt werden, um aus den
Verhältnissen gemessener Photonenflüsse auf die Besetzungsdichten zurückzuschließen.
Grundsätzlich können die Escapefaktoren exakt berechnet werden. Eine entsprechende Analyse erfordert allerdings die Kenntnis der räumlichen Profile sowohl des strahlenden, als auch
der tiefer liegenden Niveaus. Da diese nicht bekannt sind, wird eine globale Näherung verwendet. In der Literatur stehen dazu verschiedene, analytische Ausdrücke zur Verfügung
[Iron78]. Konsistente Ergebnisse bei der Analyse der metastabil und resonant angeregten
Niveaus wurden mit der Formel von Mewe [Mewe70] erzielt:
γij ≈
2 − exp (−10−3 κij (∆ν = 0) l)
,
1 + κij (∆ν = 0) l
(5.84)
wobei l die Tiefe des sichtbaren Plasmavolumens ist und die sogenannten Absorptionskoeffizienten κij wie folgt definiert sind:
κij (∆ν) =
λ2ij
gi
Pij (∆ν) nj Aij ,
8π
gj
(5.85)
56
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
mit der Wellenlänge des strahlenden Übergangs λij , den statistischen Gewichten des oberen
bzw. unteren Niveaus gi und gj , der volumengemittelten Besetzungsdichte des unteren Niveaus nj und der Frequenzverteilungsdichte des Linienprofiles Pij (∆ν). Für die hier betrachtete Situation ist die Dopplerverbreiterung der dominante Mechanismus, der das Linienprofil
festlegt, und es gilt [TLJ99]:
r
m
m
2
2
Pij (∆ν) = λij
exp −λij
∆ν .
(5.86)
2πkB T
2kB T
Zur Bestimmung der mittleren Besetzungsdichten nk wird nun mit Hilfe von (5.83) ein implizites Gleichungssystem aufgestellt, das mehrere Linienverhältnisse mit einem jeweils gleichem strahlenden Niveau kombiniert. Mit Hilfe eines Gauß-Newton-Verfahren wird das Gleichungssystems nach den Unbekannten nk gelöst. Man beachte, dass durch die Verwendung
von Linienverhältnissen mit jeweils gleichem oberen Nivau das Gleichungssystem nicht von
den Besetzungsdichten dieser Niveaus abhängt. Im Gegensatz zu anderen Methoden werden
für die Analyse keine Wirkungsquerschnitte benötigt und es werden keine Annahmen bzgl.
der EEDF getroffen. Die einzigen atomaren Daten, die in die Analyse eingehen sind die Einsteinkoeffizienten, für die genaue Messwerte existieren [NIS06]. Das Verfahren funktioniert
auch dann, wenn die Besetzungsdichten der metastabil und resonant angeregten Niveaus
in der selben Größenordnung liegen. Diese Eigenschaft ist insbesondere bei Methoden, die
auf dem Vergleich den Linienintensitäten mit schwacher und starker Photonenreabsorption
beruhen, nicht gegeben [JT75, GGPS06]. Man beachte, dass in einem Gleichungssystem,
das linear von den Verhältnissen der Besetzungsdichten abhängt, nur relative Werte für diese Dichten berechnet werden können. Nur durch die Nichtlinearität von Gleichung (5.84)
können mit diesem Verfahren absolute Werte der nk berechnet werden.
Im Experiment wird das Verfahren auf das Argon-System angewendet, um die gemittelten
Besetungsdichten der beiden metastabilen Niveaus n1s3 und n1s5 sowie der resonanten Niveaus n1s2 und n1s4 zu bestimmen. Das sichtbare Volumen ergibt sich aus der experimentellen
Anordnung des Spektrometers. Wie in Kapitel 5.2 erläutert, erfolgt die Einkopplung durch
eine Glasfaser, die vor dem Frontfenster des Reaktors angebracht ist, wobei der Einkopplungsbereich durch eine Blende auf einen kegelförmiges Volumen begrenzt ist. Der Kegel
durchschneidet die gesamte Plasmaentladung in horizontaler Richtung, so dass für l der
Durchmesser des Plasmas verwendet wird. Für den Durchmesser der Plasmaentladung wird
l = 25 cm angenommen, was dem Durchmesser der GEC-Zelle entspricht. Man beachte, dass
die Ergebnisse für die über die Sichtlinie integrierten Besetzungsdichten nd · l von der Wahl
der Länge l unabhängig sind. In Tabelle 5.1 ist eine Auswahl von Argon-Linien im sichtbaren Bereich zusammmen mit den Anregungsenergien und den natürlichen Lebensdauern
der oberen Nivaus sowie den Einsteinkoeffizienten für die Übergänge zusammengestellt. Die
verschiedenen Übergänge sind in Abbildung 5.2 veranschaulicht. Die oberen Niveaus der
line
Ar-826
Ar-727
Ar-696
Ar-840
Ar-738
Ar-706
Ar-852
Ar-794
wavelength
826. 45 nm
727. 29 nm
696. 54 nm
840. 82 nm
738. 40 nm
706. 72 nm
852. 14 nm
794. 82 nm
transition
2p2 → 1s2
2p2 → 1s4
2p2 → 1s5
2p3 → 1s2
2p3 → 1s4
2p3 → 1s5
2p4 → 1s2
2p4 → 1s3
Eth
13. 33
13. 33
13. 33
13. 30
13. 30
13. 30
13. 28
13. 28
eV
eV
eV
eV
eV
eV
eV
eV
Aij
1. 53 · 107 s−1
1. 83 · 106 s−1
6. 39 · 106 s−1
2. 23 · 107 s−1
8. 47 · 106 s−1
3. 80 · 106 s−1
1. 39 · 107 s−1
1. 86 · 107 s−1
lifetime
28. 4 ns
28. 4 ns
28. 4 ns
28. 9 ns
28. 9 ns
28. 9 ns
24. 9 ns
24. 9 ns
Tabelle 5.1: Atomic data of argon lines used for the calculation of the densities of metastable and
resonant levels [NIS06].
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
57
14
Energie / eV
13. 5
2p2
n2p2
2p3
n2p3
2p4
n2p5
13
12. 5
12
1s4
n1s4
1s5
n1s5
11. 5
1s2
n1s2
1s3
n1s3
11
Bild 5.2: Termschema der 3p5 4s und 3p5 4p Zustände von Argon. Die Energieniveaus sind in Paschennotation angegeben. Die Pfeile stellen die optisch erlaubten Übergänge dar, die in
Tabelle 5.1 aufgelistet sind.
Übergänge liegen im 3p5 4s Orbital, also im zweiten elektronisch angeregten Zustand. Die
Spektralabstand zu benachbarten Linien und die Strahlungsintensitäten dieser Linien sind
über einen weiten Bereich des Parameterraums von argonhaltigen Entladungen so groß, dass
sich die Linienintensitäten problemlos auch mit einem Spektrometer mit schlechter spektraler Auflösung messen lassen. Das Spektrometer muss mindestens relativ kalibriert sein, so
dass die Verhältnisse der gemessenen Intensitäten den Verhältnissen der Photonenflüsse
entsprechen. Die wurde für das verwendete Ocean Optics—Spektrometer sichergestellt. Aus
den Linien von Tabelle 5.1 werden nun fünf unabhängige Verhältnisse mit jeweils gemeinsamen oberen Niveau gebildet, nämlich 2p2 → 1s5 : 2p2 → 1s2 , 2p2 → 1s4 : 2p2 → 1s2 ,
2p3 → 1s5 : 2p3 → 1s2 , 2p3 → 1s4 : 2p3 → 1s2 und 2p4 → 1s3 : 2p4 → 1s2 . Durch die Verwendung von mehr Linienverhältnissen als Unbekannte im Gleichungssystem vorhanden sind
wird die Robustheit des Schätzers verbessert und der Einfluss des Rauschens der Messwerte
auf das Ergebnis verringert.
1017
n · l / m−2
1016
1015
ne
nAr1s2
nAr1s3
nAr1s4
nAr1s5
1014
0
1
2
3
4
5
6
7
p / Pa
Bild 5.3: Variation der sichtlinienintegrierten Zustandsdichten der Argon-3p5 4s-Niveaus mit dem
Entladungsdruck.
58
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Zur Verifikation des Verfahrens wird eine Druckvariation in einer Argon-Entladung durchgeführt und die Ergebnisse für die Besetzungsdichten mit Literaturwerten verglichen. Abbildung 5.3 zeigt die über die Sichtlinie integrierten Besetzungsdichten im Druckbereich
p = 1 . . . 6 Pa bei einer Generatorleistung Pf = 100 W. Als Referenz ist die von der Langmuirsonde gemessene Elektronendichte eingezeichnet. Man erkennt dass die Dichten der
resonanten Niveaus mit dem Druck zunehmen. Dieser Trend lässt sich mit verlängerten
effektiven Lebensdauern der resonanten Niveaus auf Grund verstärkter Photonenreabsorption für die strahlenden Übergänge in den Grundzustand bei steigendem Druck erklären
[BGV98]. Die Dichten der metastabilen Zustände sind nahezu konstant sind, wobei die
Dichte des 1s5 metastabilen Zustands bei einem Druck von p = 1 Pa etwa um den Faktor 6,5 höher als die die Dichte des 1s3 Zustands und dieser Faktor mit steigendem Druck
auf etwa 4,7 bei p = 6 Pa abnimmt. Auf Grund des Verhältnisses der statistischen Gewichte der beiden Zustände würde man einen Unterschied um den Faktor 5 erwarten. Die
Abweichungen davon kann man etwa wie folgt erklären: Von Untersuchungen anhand detaillierter Stoß-Strahlungsmodelle weiß man, dass die wichtigesten Depopulationsmechanismen
der metastabilen Zustände Penning-Ionisation und Elektronenstoßanregung in höhere Zustände sind [BGV98]. Diese Prozesse sind für die beiden metastabilen Zustände verschieden
effizient und je nach Elektronendichte verschieben sich die Anteile der einzelnen Prozesse
an der Depopuplation. Die Elektronendichte ist wiederum eine druckabhängige Größe (vgl.
Abbildung 5.3).
Abbildung 5.4 ist eine Reproduktion von Abbildung 16 in einer Publikation von Hebner
[HM00] und enthält analog zu Abbildung 5.3 eine Druckvariation der Besetzungsdichten
der metastabilen und resonanten Zustände bei einer Argon-Entladung in einer induktiven
GEC-Zelle. Es fällt auf, dass die Ergbnisse der beiden Graphiken bis auf die absoluten Zahlen hervorragend übereinstimmen, obwohl die Ergebnisse von Hebner mit einer grundlegend
verschiedenen Messmethode gewonnen wurden, nämlich der Laserabsorptionsspektroskopie.
Mit dieser Methode erhält man direkt die über das Volumen eines Laserstrahls integrierten Besetzungsdichten, ohne eine Annahme über die räumlichen Profile treffen zu müssen.
Die Tatsache, dass die Ergbenisse sehr gut übereinstimmen rechtfertigt im Nachhinein die
Näherungen, die durch die Verwendung des globalen Escapefaktors nach Gleichung (5.84) gemacht wurden, insbesondere die Annahme einer homogenen Photonendichte im Plasma. Die
Absolutwerte zwischen den beiden Messreihen unterscheiden sich maximal um den Faktor
2, was auf Grund der verschiedenen Messmethoden und der verschiedenen Entladungsgeometrien und Spulengeometrien als gute Übereinstimmung zu werten ist. Ein grundlegender
Bild 5.4: Variation der sichtlinienintegrierten Zustandsdichten der Argon-3p5 4s-Niveaus mit dem
Entladungsdruck. Die Abbildung ist einer Publikation von Hebner entnommen (vgl. Abbildung 16 in [HM00]).
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
59
Unterschied besteht z.B. im Elektrodenabstand, der in diesem Experiment 6 cm beträgt,
wohingegen Hebner den im GEC-Design vorgesehenen Abstand von 3,8 cm verwendet.
Parametrisierung der EEDF und Auswahl von Spektrallinien für das Stoß-Strahlungsmodell
Die Besetzungsdichten der metastabil und resonant angeregten Niveaus und die Escapefaktoren können also mit dem soeben beschriebenen Verfahren berechnet werden. Um das
Stoß-Strahlungsmodell gemäß Gleichung (5.82) anwenden zu können, muss noch eine sinnvolle Parametrisierung der EEDF gefunden und Linien indentifiziert werden, für die alle
notwendigen Wirkungsquerschnitte mit ausreichender Genauigkeit bekannt sind. Aus Langmuirsondenmessungen, die in Kapitel 6.1 vorgestellt werden, ist bekannt, dass die lokale
EEDF einer Zwei-Temperaturverteilung ähnelt. Eine solche Verteilung kann etwa wie folgt
dargestellt werden:

ne a exp − E
E ≤ kB Te,pos
kB Te,1 fe =
.
(5.87)
ne ab exp − E
E
>
k
T
B
e,pos
kB Te,2
s
! s
!
√
√
T
π
T
T
π
e,pos
e,pos
e,pos
3/2
3/2
−1
a = (kB Te,1 )
−
exp −
+ (kB Te,2 ) b
erf
1 − erf
2
Te,1
Te,1
Te,1
2
(5.88)
Te,1 − Te,2
b = exp Te,pos
(5.89)
Te,1 Te,2
Die Verteilung besitzt vier Parameter, nämlich die beiden Temperaturen Te,1 und Te,2 für den
niederenergetischen bzw. den hochenergetischen Abschnitt, eine Schwellenergie kB Te,pos , die
die beiden Bereiche voneinander trennt und die Elektronendichte ne . Die über das sichtbare
Volumen des Detektors gemittelte EEDF hat eine ähnliche Form, wobei die Knickstelle
unschärfer“ ist. Die Parametrisierung erfolgt daher auf gleiche Weise, allerdings wird eine
”
Überblendfunktion zwischen den beiden Temperaturen verwendet.
Für die Auswahl von Spektrallinien wird die von der Langmuirsonde gemessene, volumengemittelte EEDF in Gleichung (5.82) eingesetzt und die berechneten Linienintensitäten mit
der Messung durch das Spektrometer verglichen. Die Messungen werden in einer ArgonNeon-Entladung durchgeführt und die Ne-585 Linie wird zur Analyse hinzugefügt. Im Falle
des Neon liegen keine Daten für die metastabil und resonant angeregten Niveaus zu Verfügung. Allerdings sind die Anregungsquerschnitte aus den drei Niveaus, die mit dem oberen
Niveau der Ne-585 Linie nicht optisch verbunden sind, niedrig und das einzig relevante
1s2 Niveau, in das die Ne-585 Linie strahlt, hat die niedrigste Besetzungsdichte. Als Wirkungsquerschnitte werden die optisch gemessenen Querschnitte von Lin [CBSL98, Lin04]
verwendet. Diese beinhalten einen kompletten Datensatz für die Elektronenstoßanregung
der 3p5 4s Niveaus aus dem Grundzustand und aus den metastabil angeregten Niveaus. Für
die Anregung aus den resonanten Niveaus stehen keine Wirkungsquerschnitte zur Verfügung. Da das Spektrometer nicht absolut kalibriert ist, werden die Spektren so skaliert, dass
der gemessene Photonenfluss der Ne-585 Linie bei 1 Pa mit dem Ergebnis von Gleichung
(5.82) übereinstimmt.
In Abbildung 5.5 ist das Ergebnis einer Messung bei eine Druckvariation im Bereich p =
1 . . . 6 Pa und einer konstanten Generatorleistung Pf = 100 W zusammen mit den berechneten Photonenflüssen dargestellt. Man erkennt eine gute Übereinstimmung der Werte für die
Linien Ne-585 und Ar-750. Dies ist leicht zu verstehen, da die oberen Zustände dieser Nivaus
optisch nur mit dem 1s2 Niveau von Neon bzw. Argon verbunden sind, die die niedristen
Besetzungsdichten aufweisen. Daher spielt die Photonenreabsorption bei diesen Linien eine
untergeordnete Rolle und die Elektronenstoßanregung erfolgt zum überwiegenden Teil aus
s
Te,pos
Te,2
!
60
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
amplitude (a. u.)
1011
Ar-750
(theoretical)
Ne-585
(theoretical)
Ar-696
(theoretical)
Are-706
(theoretical)
Ar-794
(theoretical)
Are-811
(theoretical)
1010
109
108
0
1
2
3
4
5
6
7
p / Pa
Bild 5.5: Vergleich von gemessenen und berechneten Intensitäten der Spektrallinien von Argon aus
Tabelle 5.1. Die Berechnung erfolgt nach Gleichung 5.82 mit den Besetzungsdichten der
metastabilen angeregten Niveaus und der EEDF aus OES- bzw. Langmuirsondenmessungen.
dem Grundzustand. Für die Linien Ar-696 und Ar-706 stimmen die berechneten Werte nicht
gut mit den gemessenen überein. Die berechneten Intensitäten sind dabei zu niedrig und die
Abweichung steigt mit zunehmenden Druck. Dies kann man damit erklären, dass auf Grund
der fehlenden Wirkungsquerschnitte die Elektronenstoßanregung aus den resonant angeregten Niveaus, inbesondere dem stark besetzten 1s4 Niveau nicht berücksichtigt werden kann.
Die Besetzungsdichte der resonanten Niveaus steigt mit zunehmenden Druck, wie in Abbildung 5.3 zu sehen ist. Die Intensität der Linie Ar-811 wird vom Modell zu hoch geschätzt.
Dies könnte z.B. daran liegen, dass der Wirkungsquerschnitt für Elektronenstoßanregung
aus dem metastabilen 1s5 Niveau zu hoch ist.
Als Spektrallinien für die Auswerung des Stoß-Strahlungsmodells kommen also die Linien
Ne-585 und Ar-750 in Frage. Bei vier unbekannten Parametern der parametrisierten EEDF
hat man damit mehr Unbekannte als Gleichungen. Die Situation verbessert sich, wenn man
den Anregungsquerschnitt für Elektronenstoßanregung des 2p9 Niveaus aus dem metastabilen 1s5 Niveau willkürlich so anpasst, dass das Modell die Messwerte aus Abbildung 5.5
wiedergibt. Um die Unbestimmtheit vollständig aufzuheben, kann man einen Parameter der
EEDF vorgeben. Dazu kann man aus Sondenmessungen die Schwellenergie bestimmen, die
die beiden Temperaturbereiche der EEDF voneinander trennt. Diese Schwellenergie wird im
Wesentlich durch die Anregungsenergien der Gase bestimmt, so dass bei gleichem Gasgemisch keine Änderung der Schwellenergie bei einer Parametervariation zu erwarten ist.
Vergleich mit Langmuir-Sondenmessungen
Zur Validierung des Verfahrens wird die volumengemittelte EEDF aus Langmuirsondenmessungen mit der wie im vorangegangen Abschnitt beschriebenen Methode bestimmten parametrisierten EEDF verglichen. Die Versuche werden wieder in einem Argon-Neon-Plasma
durchgeführt. Abbildung 5.6 zeigt das Ergebnis bei drei verschiedenen Drücken. Man findet
eine gute Übereinstimmung der Messergebnisse im dargestellten Druckbereich. Die Messung
der EEDF mittels OES kann damit insbesondere dann angewendet werden, wenn sich die
Kennlinien der Langmuirsondenmessungen nicht durch die OML-Theorie beschreiben lassen,
wie z.B. im teilweise magnetisierten Plasma.
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
61
1016
1.0
2.0
4.0
6.0
fe / m−3 eV−3/2
1015
Pa
Pa
Pa
Pa
1014
1013
1012
1011
0
5
10
15
20
25
E / eV
Bild 5.6: Vergleich der mit OES und Langmuirsonde gemessenen EEDF bei einer Variation der
Entladungsdrucks.
62
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
6. Untersuchung der Void-Rotation
In Kapitel 4.4.1 wurde die Möglichkeit diskutiert, mit Hilfe der gemessenen Umlaufzeit einer
sich selbst einstellenden Void-Rotation auf die Größe der im Plasma gefangenen Nanoteilchen Rückschlüsse zu ziehen. Die Void-Rotation tritt allerding nur auf, wenn ein externes statisches Magnetfeld vorhanden ist. Die physikalischen Ursachen, die zur Entstehung
der Void-Rotation führen, sollen nun im Detail untersucht werden. Dazu werden die im
vorangegangen Kapitel vorgestellten plasmadiagnostischen Werkzeuge eingesetzt, um die
Void-Rotation anhand zeitlich und räumlich aufgelöster Plasmaparameter zu charakterisieren. Abschließend wird ein physikalisches Bild entwickelt, das die Void-Rotation qualitativ
schlüssig beschreibt.
6.1
Charakterisierung der stationären Entladung
Zunächst wird die stationäre Plasmaentladung untersucht.
Abbildung 6.1 zeigt die Abhängigkeit der Plasmaparameter vom statischen externen Magnetfeld für B ≤ 0,9 mT in der Argon-Neon-Entladung. Man erkennt, dass sich auf Grund
des Magnetfeldeinflusses das Elektronendichteprofil zusammenzieht: Die Elektronendichte
ist bei eingeschaltetem Magnetfeld zwischen den beiden Elektroden höher und außerhalb
der Elektroden niedriger als ohne Magnetfeld. Analog dazu erhöht sich die mittlere Elektronenenergie zwischen den beiden Elektroden und verringert sich außerhalb der Elektroden.
Diesen Trend findet man bestätigt, wenn man die mit der ICCD-Kamera räumlich aufgelösten Emissionsprofile zweier Linien betrachtet (vgl. Abbildung 6.2): Das Plasma emittiert
bei eingeschaltetem Magnetfeld die Ar-696 Linie zwischen den Elektronen stärker und au12
8
0 mT
0,7 mT
10
7
8
5
6
4
3
4
hEe i / eV
ne / 1016 m−3
6
2
2
1
0
0
0. 05
0. 1
0. 15
0
0. 2
x/m
Bild 6.1: Ortsprofile der Elektronendichte und der mittleren Elektronenenergie entlang der Sichtlinie des Spektrometers mit und ohne externes statisches Magnetfeld. Auf der Abszisse
ist der Abstand von der Reaktormitte angetragen.
63
64
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
intensity (normalized to B = 0 mT)
Ar-696
Ne-585
0.7 mT
1
0 mT
1.5 mT
0. 1
−120 −80 −40
0
40
80 120
x / mm
Bild 6.2: Ortsaufgelöste Emissionsprofile der Linien Ar–696 und Ne–585 bei Variation des statischen Magnetfelds aus Messungen mit der ICCD-Kamera. Die Intensitäten steigen zunächst an und sinken für B > 0,7 mT wieder ab.
ßerhalb der Elektroden schwächer als bei ausgeschaltetem Magnetfeld. Diese Modulation ist
bei der Ne-585 Linie deutlich stärker ausgeprägt. Da das oberes Niveau der Neon Linie eine
höhere Ionisierungsschwelle besitzt, als das der Argon Linie, deckt sich die Beobachtung
mit dem von der Langmuirsonde gemessenen Trend der mittleren Elektronenenergie. Das
Zusammenziehen des Elektronendichteprofils kann mit einem reduzierten radialen Elektronentransport auf Grund des magnetischen Einschlusses erklärt werden: Die Elektronen mit
typischen Energie zwischen 0,1 eV und 10 eV gyrieren mit Radien zwischen 0,75 mm und 75
mm um die magnetischen Feldlinien. Der radiale Transport durch Diffusion nach außen ist
dann stark reduziert. Dies betrifft insbesondere Elektronen, die im Bereich der Absorption
der Spulenleistung Energie aufnehmen. Dadurch ist die mittlere Elektronenenergie zwischen
den Elektronen höher und man kann anhand der ICCD Bilder der Ne-585 Emissionslinie
den torusförmigen Bereich hoher induktiver Kopplung klar erkennen.
Bei höherem statischen Magnetfeld lassen sich die mit der Sonde gemessenen Kennlinien im
Rahmen der hier verwendeten Theorie nicht mehr auswerten. Um das Verhalten des Plasmas
charaketerisieren zu können, werden daher Messungen mit optischer Emissionsspektroskopie durchgeführt und die volumengemittelte, parametrisierte EEDF berechnet (vgl. Kapitel
5.2.2). Das Ergebnis ist in Abbildung 6.3 dargestellt, wobei für die magnetischen Flussdichtewerte 0 mT und 0,7 mT als Referenz die volumengemittelte EEDF, die mit der Langmuirsonde gemessen wurde, mit eingezeichnet ist. Man erkennt, dass die volumengemittelte
Elektronentemperatur bis zu einer magnetischen Flussdichte von 0,7 mT sinkt, während sie
danach wieder zunimmt. Die Elektronendichte verhält sich umgekehrt, was im Sinne einer
globalen Leistungsbilanz charakteristisch für eine konstant gehaltene Generatorleistung ist.
Die mittlere Elektronenenergie ergibt sich in Niederdruck-Edelgasplasmen grundsätzlich aus
dem Gleichgewicht der Wandverluste und der Volumengeneration [LL05]. In diesem Sinne
lässt sich das Absinken der Elektronentemperatur mit dem verbesserten radialen Einschluss
der Elektronen erklären. Bei höherer magnetischer Flussdichte werden die Verluste durch
6.1 Charakterisierung der stationären Entladung
65
1016
0 mT
0.7 mT
1.5 mT
fe / m−3 eV−3/2
1015
1014
0 mT
10
<Ee> = 5.85 eV,
ne = 1.81·1016 m-3
13
<Ee> = 5.67 eV,
0.7 mT
16
-3
ne = 2.44·10 m
1012
<Ee> = 6.14 eV,
1.5 mT
16
-3
ne = 1.25·10 m
1011
0
5
10
15
20
25
E / eV
Bild 6.3: EEDF bei Variation des statischen Magnetfelds. Die durchgezogenen Linien sind die
Ergebnisse von OES-Messungen, die gestrichelten Linien die Ergebnisse von Langmuirsondenmessungen für B ≤ 0,7 mT. Zunächst sinkt die mittlere Elektronenenergie bei
steigender Elektronendichte. Für B > 0,7 mT kehrt sich der Trend um.
axialen Transport wichtig. Diese werden dadurch verstärkt, dass kinetische Energie, die im
magnetisierten Plasma dem Elektronengas zugeführt wird, tendenziell in die Richtung parallel zu den magnetischen Feldlinien, in diesem Experiment also in axiale Richtung umgelenkt
wird. Die Wandverluste an den Elektroden und am Deckel bzw. Boden des Reaktors werden
daher mit steigender magnetischer Flussdichte verstärkt und die mittlere Elektronenenergie steigt, um die Verluste durch stärkere Ionisation auszugleichen. Wichtig ist, dass die
Lokalität der EEDF durch das statische Magnetfeld erhöht wird.
Abbildung 6.4 zeigt schließlich den Einfluss von Nanoteilchen auf die Parameter der Plasmaentladung exemplarisch für ein Argon-Helium-Gemisch bei p = 2 Pa und Pf = 130 W.
Das Plasma brennt bei diesen Parametern stabil mit einem Void in Reaktormitte. Die Nanoteilchen wurden in einer CCP-Phase bei 45 sccm Acetylenfluss, ∆tC2 H2 = ∆tCCP = 10 s und
PCCP = W erzeugt, was gemäß der in Abbildung 4.2 dargestellten Kalibrierkurve einem Teilchendurchmesser von etwa 30 nm entspricht. Die Elektronendichte im Void ist offensichtlich
deutlich höher als in der teilchenfreien Entladung, während die Elektronendichte im Bereich
des staubigen Plasmas um über eine Größenordnung niederiger ist. Dies entspricht den Beobachtungen in der Literatur [AG03, DOYA06], und erklärt sich durch die Rekombination
von Elektronen auf der Oberfläche der Nanoteilchen im Bereich des staubigen Plasmas.
Im Gegensatz zu den Ergebnissen der Simulationen in [AG03] wird in diesem Experiment
auch eine größere Elektronentemperatur im Void gemessen. Dies erklärt sich dadurch, dass
das Plasma auf die stärkeren Elektronenverluste mit einer erhöhten Ionisierung im Void
reagiert, wo in diesem Fall die elektromagnetischen Leistung durch induktive Kopplung
absorbiert wird. Dieses Verhalten unterscheidet sich von kapazitiven Entladungen, wo der
lokale Leistungseintrag in das Elektronengas umgekehrt proportional zur Elektronendichte
ist [DOYA06].
66
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
25
with dust
ne / 1016 m−3
20
15
10
without dust
5
0
0
20
40
60
80
100
120
140
x / mm
Bild 6.4: Ortsprofil der Elektronendichte und der mittleren Elektronenenergie entlang der Sichtlinie des Spektrometers mit und ohne Staubteilchen in der Entladung.
6.2
6.2.1
Charakterisierung der Void-Rotation
Zeitliches Verhalten und Abhängigkeit vom Magnetfeld
Für die nachfolgend beschriebenen Experimente werden die Plasmaparameter so gewählt,
dass sich eine Rotation des Voids im staubigen Plasma einstellt. Zunächst wird die zeitliche
Entwicklung der Umlaufgeschwindigkeit des Voids bei fest eingestelltem Magnetfeld untersucht. Das Experiment wird wie in Kapitel 2.2 beschrieben mit PCCP = 40 W, ∆tC2 H2 =
∆tCCP = 5 s und pargon : pneon : pacetylen = 1 : 3,2 : 1,6 Pa durchgeführt. Die Plasmaoszillationen setzen bei einer Periodendauer von T = 29 ms ein. Wechselt man dann von
einem Argon-Neon-Gasfluss zu einem Argon-Helium-Gasfluss ändert sich die Periodendauer
bei sonst gleichen Bedingungen auf T = ms, was nach der in Kapitel 4.4.1 entwickelten
Kalibrierkurve einer Nanoteilchengröße von a = 20 nm entspricht.
Abbildung 6.5 a zeigt die zeitliche Entwicklung der Periodendauer in Argon-Neon während
der ersten 25 Minuten von Phase (iv). Man erkennt, dass die Periodendauer mit der Zeit
langsam zunimmt, bis das System nach etwa 6 Minuten eine chaotische Phase durchläuft
und anschließend in einen langsameren Modus wechselt. Danach nimmt die Periodendauer
weiter zu, bis die Oszillationen schließlich enden und das Plasma stabil brennt. Dieser Trend
ist mit der Größe des Voids korreliert, das mit der Zeit langsam wächst. Solange die VoidGröße unterhalb einer kritischen Grenze bleibt, oszilliert die Plasmaemission bei steigender
Periodendauer im schnellen Modus. Nach dem Wechsel in den langsamen Modus wächst das
Void ebenso wie die Periodendauer der Oszillation weiter an.
Abbildung 6.5 b zeigt die Abhängigkeit der Periodendauer von der magnetischen Flussdichte des statischen Magnetfelds im Bereich 0 bis 2 mT. Grundsätzlich ist diese Abhängigkeit
nicht zeitlich konstant. Die dargestellte Kurve zeigt die Situation 4 min nach Beginn des Experiments. Man beobachtet Plasmaoszillationen im schnellen Modus für magnetische Flussdichten zwischen 0,3 und 0,9 mT und solche im langsamen Modus zwischen 0,9 und 1,7 mT.
Im schnellen Modus variiert die Periodendauer zwischen 39 ms und 43 ms wobei die Kurve
das Minimum bei etwa 0,7 mT durchläuft. Im langsamen Modus nimmt die Periodendauer
von 134 ms auf 239 ms etwa linear mit der magnetischen Flussdichte zu. Unterhalb von 0,3
mT und oberhalb von 1,7 mT brennt die Entladung stabil. Nimmt man die Abhängigkeit zu
6.2 Charakterisierung der Void-Rotation
(a)
67
(b)
160
250
i
ii iii
iv
v
140
200
120
fast
mode
80
150
slow
mode
fast
mode
τ / ms
τ / ms
100
slow
mode
100
60
40
50
20
B = 0.4 mT
0
0
5
10
15
20
t = 4 min
0
25
t / min
0
0. 4
0. 8
1. 2
1. 6
2
B / mT
Bild 6.5: (a) Zeitliche Entwicklung der Periodendauer der Plasmaoszillationen bei konstanter magnetischer Flussdichte. (b) Magnetfeldabhängigkeit der Periodendauer 4 min nach der
Zünden der Entladung.
einem späteren Zeitpunkt auf, verschiebt sich die Schwelle, die den schnellen und langsamen
Modus voneinander trennt, zu kleineren Flussdichten. Etwa 7 min nach Beginn des Experiments oszilliert das System für alle Flussdichten im Bereich 0,3 bis 1,7 mT im langsamen
Modus.
Qualitativ ist das Verhalten, das in Abbildungen 6.5 a und b dargestellt ist für alle Hintergrundgase und Nanoteilchengrößen identisch. Bei konstanter magnetischer Flussdichte
wächst die Periodendauer im Laufe der Zeit und wechselt zu einem bestimmten Zeitpunkt
von einem schnellen in einen langsamen Modus. Im schnellen Modus gibt es ein lokales Minimum der Oszillationsfrequenz in Abhängigkeit der magnetischen Flussdichte, im langsamen
Modus nimmt die Oszillationsfrequenz mit der magnetischen Flussdichte zu.
Die zeitlichen Veränderungen der Vorgänge auf der Zeitskala von Minuten erklären sich
durch das Wachstum des Voids. Dieses lässt sich einfach erklären: Im Prinzip sind die Nanoteilchen auf Grund ihrer negativen Ladung im staubigen Plasma, welches das Void umgibt,
gefangen. Allerdings können durch die Dynamik des Systems immer einige Teilchen neutral
werden, insbesondere in der Nähe der Randschicht, wo die mittlere Ladung der Teilchen am
niedrigsten ist [AG01]. Dadurch und durch Stoßübertrag von kinetischer Energie an negativ geladene Teilchen können Teilchen die Potentialbarriere durch die Randschichtspannung
überwinden und aus der Entladung entkommen. Das System verliert im Laufe der Zeit also
allmählich Nanoteilchen. Da sich die Void-Größe aus der Gesamtanzahl von Nanoteilchen
und der Dichte der Nanoteilchen im staubigen Plasma ergibt, wird das Void im Laufe der
Zeit größer.
6.2.2
Optische Emissionsspektroskopie
Mit Hilfe der ICCD-Kamera kann die Plasmaemission während der Plasmaoszillationen ortsund phasenaufgelöst gemessen werden. Dazu wird der Photenenverstärker der über Kopf installierten Kamera mit Hilfe des Signals der Photodiode und einer Verzögerungsschaltung
68
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
getriggert. Die Belichtungszeit der Kamera wird konstant auf 2 s gesetzt. Je nach Periodendauer wird eine unterschiedliche Anzahl von Triggerpulsen von einem Kamerabild erfasst.
Durch die Wahl der Verzögerungszeit wird die Phasenlage der Triggerpulse innerhalb der
Oszillationsperiode eingestellt. Die Länge der Triggerpulse ist konstant auf 10 ms eingestellt.
Abbildung 6.6 zeigt eine Bildsequenz für die Ne-585 Linie, die im schnellen Modus der Oszillation aufgenommen wurde. Die Bilder stellen einen Auschnitt des Reaktors der Fläche
6 × 6 cm dar, der den größten Teil der Deckelflächen der Quarzzylinder mit Durchmesser 7,2
cm erfasst. Die Bildbereiche in den Ecken der Bilder, die außerhalb der Quarz-Elektroden
liegen, sind schwarz eingefärbt, da die Emission in diesen Bildbereichen durch die Kante
bzw. die Mantelfäche des oberen Quarzzylinders verzerrt ist. In den Bildern erkennt man
den Plasmoiden, der entegegen dem Uhrzeigersinn zwischen den Quarzzylindern rotiert.
Nimmt eine entsprechende Bildsequenz auf, während das System im langsamen Modus oszilliert, stellt man fest, dass der Plasmoid bzw. das Void in entgegengesetzter Richtung,
also im Uhrzeigersinn rotiert! Das Verhalten kehrt sich um, wenn man den Strom durch
die Helmholtzspule und damit die Richtung des statischen Magnetfelds umkehrt. Das Void
rotiert dann im Uhrzeigersystem, wenn sich das System im schnellen Modus, und ändert
seine Umlaufrichtung im langsamen Modus entgegen dem Uhrzeigersinn.
Die Struktur des Plasmoiden kann man mit Hilfe der Konturlinien beschreiben, die in der
Bildsequenz in Abbildung 6.6 eingezeichnet sind. Man erkennt, dass der Plasmoid bzgl. der
Gratlinie, die die Flächenschwerpunkte der Konturlinien verbindet, in erster Näherung symmetrisch ist. Während des kompletten Umlaufs ist das Maximum der Plasmaemission im
Zentrum der Entladung, unabhängig von der Auslenkung des Voids. Die Auslenkung des
Voids erkennt man an der Verzerrung der aufeinanderfolgenden Konturlinien bzw. an der
Verschiebung ihres Flächenschwerpunkts gegenüber dem Reaktorzentrum. Auf der der Reaktormitte zugewandten Seite ist der Gradient der Emission deutlich größer, als auf der der
Reaktormitte abgewandten Seite. Die Emission im Void ist also nicht rotationssymmetrisch.
Dies wird auch anhand der Emissionsprofile entlang der Gratlinie deutlich. Diese Profiτ=0
60
Ne-585
40
y / mm
y / mm
30000
20
0
35000
40
40
20
20
0
35000
30000
25000
−40
20000
15000
−60
10000
−60 −40 −20 0
20 40
−20
−20
25000
20000
15000
10000
−40
−60
T=70 ms (fast mode)
−60 −40 −20
0
20
40
60
x / mm
60
60
τ=0.15
y / mm
60
60
20
20
0
40000
−20
35000
30000
25000
20000
15000
30000
25000
20000
15000
−40
−60
60
−60 −40 −20
15000
35000
20
40
60
40
60
τ=0.75
20
0
−40
0
35000
30000
25000
20000
15000
10000
−20
30000
25000
20000
−40
10000
−60
20
0
x / mm
40
−20
−60
x / mm
35000
−20
y / mm
40
y / mm
y / mm
40
0
0
60
τ=0.60
10000
−60 −40 −20
10000
x / mm
τ=0.45
−40
τ=0.30
40
60
−60
−60 −40 −20
0
x / mm
20
40
60
−60 −40 −20
0
20
x / mm
Bild 6.6: Von der ICCD-Kamera aufgezeichnete Bildsequenz der Ne–585 Linienemission zu äquidistanten Phasen während der Plasmaoszillationen. Der Plasmoid rotiert im schnellen
Modus gegen den Uhrzeiger um das Zentrum der Entladung.
6.2 Charakterisierung der Void-Rotation
(a)
69
(b)
1
0. 4 mT
0. 7 mT
1. 1 mT
0. 9
1
0. 4 mT
0. 7 mT
1. 1 mT
Ne-585
slow
mode
0. 8
Ar-696
0. 8
0. 6
fast
mode
0. 5
0. 4
intensity (a. u.)
intensity (a. u.)
0. 7
0. 6
0. 4
0. 3
0. 2
0. 2
0. 1
quartz dome
0
quartz dome
0
−80 −60 −40 −20 0
20 40 60 80
−80 −60 −40 −20 0
r / mm
20 40 60 80
r / mm
Bild 6.7: Ortsprofile der Ne–585 Linienemission entlang der Gratlinien der in Abbildung 6.6 dargestellten ICCD-Kamerabilder zu verschiedenen Phasenlagen der Plasmaoszillation.
le sind für drei verschiedene Phasenlagen der Void-Rotation in Abbildung 6.7 dargestellt.
Man erkennt, dass die Struktur während der Rotation stabil ist. Die maximale Emission in
der Mitte der Entladung unterscheidet sich dabei leicht für die einzelnen Phasenlagen. In
normierter Darstellung sind die Profile praktisch deckungsgleich Die linke Seite entspricht
für die einzelnen Profile jeweils der der Reaktormitte zugewandten Seite. Der Gradient ist
dort deutlich größer, als auf der rechten, der Reaktormitte abgewandten Seite. Dort erkennt
man bei etwa 3 cm eine Knickstelle in den Profilen, wobei der Gradient rechts von dieser
Knickstelle größer ist. Man kann den Plasmoiden also nicht als eigenständige Entladung
auffassen, deren Begrenzung das staubige Plasma ist. Vielmehr setzt der Staub die Plasmadichte gegenüber der teilchenfreien Situation lokal herab, während das Dichteprofil in einem
Abstand der Größenordnung einer Energierelaxationslänge von der Void-Grenze praktisch
unbeeinflusst ist.
Abbildung 6.8 zeigt die Emissionsprofile der Ne-585 Linie (a) und der Ar-696 Linie (b) entlang der Gratlinien für drei Flussdichtewerte des statischen Magnetfelds. Bei der niedrigsten
Flussdichte (0,4 mT) rotierte das System im schnellen Modus, bei den beiden anderen Flussdichten (0,7 mT und 1,1 mT) im langsamen Modus. Man erkennt, dass die Emissionsprofile
(b)
40000
τ
Ne-585
0
0. 3
slow0. 6
mode
35000
intensity (a. u.)
30000
25000
fast
mode
20000
15000
40000
30000
25000
20000
15000
10000
10000
5000
5000
quartz dome
0
τ
Ar-696
0
0. 15
0. 3
0. 45
0. 6
0. 75
35000
intensity (a. u.)
(a)
quartz dome
0
−80 −60 −40 −20 0
20 40 60 80
r / mm
−80 −60 −40 −20 0
20 40 60 80
r / mm
Bild 6.8: Ortsprofile der Ne–585- (a) bzw. Ar–696 Linienemission (b) entlang der Gratlinien in den
ICCD-Kamerabildern bei Variation des Magnetfelds zur Phasenlage τ = 0.
70
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
mit steigender magnetischer Flussdichte breiter werden, was einer Vergrößerung des Plasmoiden bzw. des Voids entspricht. Die Verbreiterung der Profile ist im Fall der Ne-585 Linie
deutlich stärker ausgeprägt als im Fall der Ar-696 Linie. Bei unveränderter Besetzungsdichte
der metastabilen Niveaus ist das Emissionsverhältnis Ne-585 : Ar-696 eine monotone Funktion der Elektronentemperatur. Das mit der Flussdichte steigende Emissionsverhältnis im
Bereich 4 bis 6 cm kann daher durch eine lokal erhöhte Elektronentemperatur bei Anwesenheit des statischen Magnetfelds erklärt werden. Eine lokal verminderte Besetzungsdichte der
metastabilen Niveaus würde das Emissionsverhältnis Ne-585 : Ar-696 ebenfalls erhöhen.
6.2.3
Langmuirsondenmessungen
Die Aufnahmen mit der ICCD-Kamera charakterisieren den Bereich der Void-Rotation zwischen den beiden Elektroden. Der größte Teil des staubigen Plasmas liegt außerhalb des
Bildbereichs und kann daher nicht erfasst werden. Das unvollständige Bild kann allerdings
mit Hilfe von Langmuirsondenmessungen wie folgt dargelegt ergänzt werden: Eine an einem
festen Ort im Reaktor installierte Sonde nimmt zeitaufgelöst die Plasmaparameter ne und
Te innerhalb einer Oszillationsperiode auf. Abbildung 6.9 stellt die Situation schematisch
für eine Void-Ratation entgegen dem Uhrzeigersinn dar, wie sie im schnellen Modus bei
nach oben gerichteten Magnetfeldlinien auftritt. Im Bezugssystem des rotierenden Systems
Void / Staubplasma folgt die Sonde einer Trajektorie im Uhrzeigersinn! Eine zeitaufgelöste Messreihe enthält damit die ortsaufgelösten Plasmaparameter entlang dieser Trajektorie
und kann dementsprechend auf eine Kreisbahn abgebildet werden.
Abbildung 6.10 zeigt phasenaufgelöst die Plasmaparameter, die mit der Sonde in 6 cm
Abstand zur Reaktormitte gemessen wurden. Die Messung erfolgte während Plasmaoszillationen im schnellen Modus mit Periodendauer 65 ms in einem Argon-Helium-Gasgemisch bei
p = 2 Pa und Pf = 100 W. Die Nanoteilchen wurden unter Beimischung von Φacetylene = 45
sccm bei PCCP = 45 sccm mit ∆tC2 H2 = ∆tCCP = 10 s präpariert und haben gemäß der Kalibrierkurve von Abbildung 4.2 einen Durchmesser von etwa 30 nm. Bis auf das Hintergrundgas entspricht die Situation damit in guter Näherung der während der Kamera-Messungen,
wobei der Ort der Messung am Rand der Quarzelektroden erfolgt. Die in der Abbildung
6.10 hervorgehobenen Zeitpunkte entsprechen den im Schema 6.9 eingetragenen Ortspunkten: Zum Zeitpunkt 1 tritt die Sonde in das staubige Plasma ein. Die Elektronendichte sinkt
3
2
x
4
plasma
1
particles
Bild 6.9: Schematische Darstellung der Sondenmessung im Bezugssystem des rotierenden Plasmoiden.
6.2 Charakterisierung der Void-Rotation
71
1018
7.5
7
1017
6
5.5
5
1016
hEe i / eV
ne / 1016 m−3
6.5
4.5
4
1015
3.5
0π
0.5π
1π
1.5π
2π
τ
Bild 6.10: Phasenaufgelöste Messung der Elektronendichte und der mittleren Elektronenenergie im
Abstand von 6 cm von der Mitte der Reaktorkammer. Die Periodendauer der Plasmaoszillation beträgt 65 ms. Die Ziffern entsprechen den im Schema 6.9 gekennzeichneten
Phasenlagen. Die durchgezogenen Linien sind willkürlich eingezeichnet.
72
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
entsprechend und erreicht zum Zeitpunkt 2 ihr Minimum. Zum Zeitpunkt 3 überstreicht
die Void-Grenze die Sonde. Entsprechend steigt die Elektronendichte und erreicht zum Zeitpunkt 4, wo sich die Sonde inmitten des Voids befindet, ihr Maximum. Man erkennt dass
die Flanke zur rechten Seite des Minimums in der Elektronendichte einen deutlich größeren
Gradienten aufweist, als die Flanke zur linken Seite. Auf das Ortsbild übertragen bedeutet
dies eine Asymmetrie des Voids bzgl. der in Kapitel 6.2.2 definierten Gratlinie.
Abbildung 6.11 fasst die Zeitverläufe der Elektronendichte zusammen, die bei verschiedenen
Abständen der Sonde zur Reaktormitte gemessen wurden. Die Kurven sind gegen die Phase
der Oszillationsperiode aufgetragen. Man erkennt, dass die Elektronendichte im zeitlichen
Mittel mit zunehmenden Abstand der Sonde zur Reaktormitte sinkt, wie man es für ein
diffusionsbestimmtes Elektronendichteprofil erwartet. Alle Kurven weisen eine starke Modulation auf, wobei der Phasenbereich, während dem die Elektronendichte in der Nähe ihres
jeweiligen Maximums liegt, mit zunehmenden Abstand von der Reaktormitte deutlich sinkt:
Am innersten Messpunkt (4 cm von der Reaktormitte entfernt) sind es etwa 75 % der Periode, an der äußersten Messposition (14 cm Abstand zur Reaktormitte) nur etwa 10 %. Die
Flankensteilheiten weisen mit zunehmenden Abstand zur Reaktormitte einen entgegengesetzten Trend auf: Der Anstieg der Elektronendichte am Punkt 3 im Schema 6.9 wird steiler,
der Abfall um den Punkt 1 deutlich flacher. Während das Elektronendichteprofil entlang des
innersten Kreises beinahe symmetrisch ist, ist das Profil entlang des äußersten Kreises also
stark verzerrt. Nach den Erkenntnissen aus Kapitel 6.2.2 und der Intensität der Modulation
muss der innerste Kreis vollständig im Bereich des Voids liegen während die Sonde sich an
den weiter außen liegenden Messpunkten wechselweise im Void und im staubigen Plasma
1018
ne / m−3
1017
1016
4 cm
5 cm
6 cm
10 cm
14 cm
1015
0π
0. 5π
1π
1. 5π
2π
τ
Bild 6.11: Orts- und phasenaufgelöste Messung der Elektronendichte während der Plasmaoszillationen. Die Periodendauer der Plasmaoszillation beträgt 65 ms. Die durchgezogenen
Linien sind willkürlich eingezeichnet.
6.2 Charakterisierung der Void-Rotation
73
befindet. Die Asymmetrie der Plasmadichteprofile müssen demnach in einer Asymmetrie der
Staubteilchendichte begründet sein.
Da die Zeitverläufe der Plasmaparameter als ortsaufgelöste Messungen entlang kreisförmiger Trajektorien im System Void / Staubplasma aufgefasst werden können, kann man
die Daten von Abbildung 6.11 in einen zweidimensionalen Konturplot transformieren. Das
Ergebnis der Transformation ist in Abbildung 6.12 dargestellt. Die Dichte innerhalb des
gestrichelten Kreises bei 4 cm Abstand zur Reaktormitte sind verzerrt, da in diesem Bereich keine Messung durchgeführt werden kann, ohne die Void-Rotation zu stören: Bringt
man die Sonde näher an das Zentrum heran, stoppt die Oszillation und das Plasma brennt
solange stabil, bis die Sonde weiter herausgezogen wird. Die geschätzte Ausdehung des Voids bzw. des Plasmoiden ist mit einer durchgezogenen Linie angedeutet und deckt sich gut
mit den gemessenen Emissionsprofilen, die in Kapitel 6.2.2 diskutiert wurden. Die steilen
Flanken auf den Kreisbahnen um das Reaktorzentrum sind in Abbildung 6.12 auf der dem
Plasmoiden gegenüberliegenden Seite als Bereich mit starkem azimutalen Gradienten der
Elektronendichte erkennbar. Die Konturen sind in diesem Bereich stark verzerrt. Evtl. gibt
es dort eine Zone mit erhöhter Staubteilchendichte, die von einem teilchenärmeren Bereich
“angeschoben´´ wird.
Abbildung 6.13 zeigt den Konturplot des Plasmapotentials, der auf die gleiche Weise erstellt
wird, wie der Konturplot der Elektronendichte. Man erkennt dass das Plasmapotential eine monoton fallende Funktion des Abstand von der Reaktormitte ist. Das elektrostatische,
dust cloud
plasmoid
4 cm
7.2 cm
14 cm
Bild 6.12: Konturplot der Elektronendichte im Bezugssystem des Plasmoiden, der durch die Transformation der Orts- und Phasenaufgelösten Langmuirsondenmessung gemäß Abbildung
6.11 entsteht. Die gestrichelte Linie ist die innerste der Messung zugängliche Position. Die durchgezogenen Linien sind die geschätzten Maße des Voids und einer Region
erhöhter Staubteilchendichte.
74
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
Vp / V
10
28
26
dust cloud
24
5
22
y / cm
plasmoid
20
0
18
4 cm
16
7.2 cm
−5
14
−10
12
14 cm
10
−10
−5
0
x / cm
5
10
Bild 6.13: Konturplot des Plasmapotentials im Bezugssystem des Plasmoiden, der durch die Transformation der Orts- und Phasenaufgelösten Langmuirsondenmessung entsteht. Die Bedeutung der eingezeichneten Linien ist analog zu Abbildung 6.12
6.3 Physikalisches Bild
75
ambipolare Feld des Plasmas weist also erwartungsgemäß in Richtung der Reaktorwand.
Allerdings ist auch der Gradient des Plasmapotential in einem Bereich erhöht. Eine Abschätzung ergibt für den größten Bereich von Abbildung 6.13 einen Potentialgradienten
bzw. eine Feldstärke von etwa ' 1,3 V cm−1 . Im Bereich des starken Gradienten in der
Elektronendichte ist die Feldstärke deutlich größer (' 10 V cm−1 ).
6.3
Physikalisches Bild
Auf der Basis der in den vorherigen Abschnitte vorgestellten experimentellen Ergebnisse
wird nachfolgend ein physikalisches Bild der Void-Rotation entwickelt. Zunächst werden die
wichtigsten Punkte zusammengefasst, die ein solches Bild wiedergeben muss:
ˆ Im staubigen, induktiven Plasma entsteht ein Void für Teilchengrößen im Bereich
weniger Nanomemter.
ˆ Ein schwaches, statisches Magnetfeld in vertikaler Richtung verursacht eine Rotation
eines gegenüber der Reaktormitte verschobenen Voids.
ˆ Die Rotationsrichtung des Voids kehrt sich um, wenn die Richtung des Magnetfelds
umgekehrt wird.
ˆ Abhängig von der Größe des voids gibt es zwei Modi der Void-Rotation, die sich sowohl
in der Rotationsrichtung, als auch in der Umlaufzeit unterscheiden: Ein kleines Void
rotiert bei noch oben weisenden magnetischen Feldlinien schnell und entgegen dem
Uhrzeigersinn, ein großes Void deutlich langsamer und mit dem Uhrzeigersinn.
Im Prinzip müsste ein numerisches, dreidimensionales Modell, das die kinetischen oder hydrodynamischen Plasmagleichungen selbstkonstistent an die Bewegungsgleichungen der Nanoteilchen koppelt, in der Lage sein, das beobachtete Verhalten des Systems zu beschreiben. Ein solches dreidimensionales Modell einer staubigen Entladung, das alle Aspekte von
Teilchenaufladung, Teilchenbewegung, Elektronenkinetik, etc. gleichzeitig und selbstkonsisten behandelt ist derzeit nicht existent und übersteigt die Rechenkapazität handelsüblicher
Computer. Daher wird an dieser Stelle eine qualitatives Modell entwickelt.
Der Schlüssel zum Verständnis des Plasmaverhaltens ist die Vorstellung, dass sich in einem dynamischen System ein Void immer zur der Seite bewegt, wo die Teilchen vor der
Void-Grenze durch die wirkenden Kräfte am leichtesten abströmen können. Dies wird in
Abbildung 6.14 schematisch veranschaulicht:
ˆ Situation ohne Magnetfeld In Abbildung 6.14 a ist ein Void in einer staubigen Entladung eingezeichnet, wie es sich ohne statisches Magnetfeld einstellt. Die Nanoteilchen
im Bereich des staubigen Plasmas sind negativ geladen. Ihre Gleichgewichtsposition ergibt sich aus der Bilanz der dominanten Kräfte, also elektrostatischer und Ionenwindkraft. Auf Grund der Symmetrie ist die Konfiguration minimaler potentieller
Energie ein im Reaktor zentriertes Void. Diese Situation wird in vielen StaubplasmaExperimenten vorgefunden, insbesondere in Experimenten mit Plasmakristallen, wie
sie bei Verwendung mikrometer großer Teilchen entstehen. In diesem Experiment ist
die Reaktorsymmetrie u.a. durch die Flansche des GEC-Designs gestört. Dadurch
wird das elektrostatische Potential verzerrt, was einen entscheidenden Einfluss auf
die Gleichgewichtsposition der Nanoteilchen in der Entladung hat: Als energieminimierende, stabile Situtation stellt sich im Experiment ein Void ein, das in Richtung
einer der großen Flansche verschoben ist. Eine geringe Störung kann dazu führen,
dass das Void sich zu dem gegenüberliegenden Flansch hin bewegt oder zwischen den
76
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
a)
b)
E – force
E – force
E – force
·
·
·
·
·
·
E – force
·
·
·
·
·
·
·
·
·
fast
·
·
n
artic
op
·
le tr·aje
·
·
·
cto
r
· slow ·
i
·
es
·
na
void rotation
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
void
·
·
·
·
x
x
·
·
E – force
ion wind
reactor
center
void
B – field
B = 0 mT
dusty plasma
E – force
E – force
c)
·
·
er
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
E – force
E – force
·
ion wind
(ambipolar transport
+ Lorentz force)
eϕ
dusty plasma
·
d)
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
fast rotation
couterclockwise
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
E – force
·
E – force
E – force
·
dusty plasma
B – field
·
·
·
·
·
·
·
·
E – force
·
·
small void
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
bottleneck
outwards
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·inwards·
·
·
·
·
·
·
x
x
·
·
E – force
E – force
·
·
·
·
dusty plasma
·
B – field
·
· slow rotation
·
·
·
·
E – force
·
clockwise
big void
·
x
x
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
Bild 6.14: Schematische Darstellung der Teilchendynamik im induktiven Plasma. (a) Die radiale
Gleichgewichtsposition der Teilchen wird durch die elektrostatische Kraft und den Ionenwind bestimmt. (b) Bei Anwesenheit eines statischen Magnetfelds wird durch den
Ionenwind eine tangentiale Kraft auf die Nanoteilchen im staubigen Plasma übertragen. Die Teilchen rotieren um das Void und abhängig von der Void-Größe rotiert dieses
entgegen (c) oder mit (d) dem Uhrzeigersinn durch den Reaktor.
6.3 Physikalisches Bild
77
beiden Flanschen oszilliert. Diese Oszillation ohne statisches Magnetfeld ist empfindlich gegenüber Störungen von außen und schlecht reproduzierbar. Bei symmetrischer
Reaktorgeomtrie wird erwartet, dass sich das Void stabil im Zentrum befindet. Die
Void-Rotation stellt sich hingegen nur ein, wenn ein Magnetfeld vorhanden ist.
ˆ Kraftbilanz der Nanoteilchen mit statischem Magnetfeld Wenn ein statische Magnetfeld vorhanden ist, ist der Ionenfluss, der die aus dem Void in das staubige Plasma
strömenden Ionen beschreibt, nicht mehr senkrecht auf die Void-Grenze bzw. radial
nach außen gerichtet: Durch den Einfluss der Lorentz-Kraft und durch den ambipolaren
Transport entlang der E × B-Driftbewegung der Elektronen entsteht eine tangentiale
Komponente des Ionenflusses auf die Void-Grenze, die eine Kraftkomponente auf die
Nanoteilchen überträgt, die im Uhrzeigersinn gerichtet ist (bei nach oben weisenden
magnetischen Feldlinien). Eine einfache Abschätzung ergibt, dass die trangentiale Geschwindigkeitskompente in der Größenordnung der thermischen Geschwindigkeit liegt.
In Folge dessen rotieren Staubteilchen im Uhrzeigersinn um das Void. Diese Situation
ist in Abbildung 6.14 b dargestellt. Die Umlaufgeschwindigkeit der Staubteilchen wird
durch die Reibung gegen den Neutralgashintergrund begrenzt.
ˆ Situation bei kleinem Magnetfeld bzw. kleinem Void In Abbildung 6.14 c ist die Situation in diesem Experiment für ein kleines Void dargestellt. Das Void ist im Bild
bewusst gegenüber der Reaktormitte dezentriert eingezeichnet, da dies der stabilsten
Situation entspricht, wie im Folgenden erläutert wird: Die tangential Komponente des
Ionenwinds, die aus dem Void in das staubige Plasma tritt, erzwingt für Nanoteilchen, die sich im Bild oberhalb des Voids befinden, eine Bewegung weg vom Zentrum
des Reaktors, und für Nanoteilchen, die sich unterhalb des Voids befinden, eine Bewegung in Richtung der Reaktormitte. Da nun auf Grund der ambipolaren Diffusion
das Strömungsfeld der Ionen trotz Magnetfeld insgesamt nach außen weist, erfolgt der
Teilchentransport in dieser Richtung effizienter als in Richtung Reaktormitte. Nanoteilchen oberhalb des Voids werden also effizient abtransportiert, während Nanoteilchen unterhalb des Voids entgegen dem ambiporen Strömungsfeld anlaufen. Das Void
rotiert in dieser Situation entgegen dem Uhrzeigersinn im Reaktor, wobei eine eindeutige Auslenkung des Voids existiert, die die gesamte Bewegungsenergie des Systems
minimiert. Void, das sich im Zentrum der Entladung befindet, kann durch eine kleine
Störung auf diese stabile Bahn gezwungen werden. Diese Erklärung erfolgt in Analogie
zum sog. Magnuseffekt, der durch das Gesetz von Bernoulli beschrieben wird.
ˆ Situation bei stärkerem Magnetfeld bzw. großem Void Wird das Void in seiner Dimension so groß, dass sein Durchmesser mit dem Durchmesser des Reaktors vergleichbar
wird, ergibt sich eine andere Situation. Wie in Abbildung 6.14 d dargestellt wird der
Bereich zwischen dem Void und der Reaktorwand sehr klein. Dieser Bereich kann dann
zu einem Flaschenhals für die um das Void strömenden Nanoteilchen werden. In diesem
Fall wird der Teilchentransport oberhalb des Voids behindert und insgesamt werden
die Nanoteilchen unterhalb des Void durch die tangentiale Komponente der Ionenwindkraft effizienter abtransportiert. Die Bewegung des Voids erfolgt dann entsprechend
im Uhrzeigersinn. Je größer das Void wird, umso stärker wird der Teilchentransport
zu der Engstelle vor der Reaktorwand behindert. Insgesamt wird steigt die Reibung
und die Teilchenbewegung bzw. die Void-Rotation werden in Übereinstimmung mit
der experimentellen Beobachtung verlangsamt.
Überraschender Weise hat die magnetische Feldstärke bzw. die Größe des Voids nur einen
sehr schwachen Einfluss auf die Umlaufzeit des Voids, solange sich das System im schnellen
Modus befindet. Die Oszillationsperiode der Plasmaemission kann daher wie in Kapitel 6.14
78
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
beschrieben gemessen werden und die Kalibrierkurve 6.14 zur Detektion der Teilchengröße
benutzt werden.
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit untersucht das Verhalten einer Niederdruckentladung, die zur Erzeugung von Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen verwendet wird.
Für die Herstellung von Kleinstteilchen gibt es derzeit kein etabliertes Verfahren, das unabhängig vom Materialsystem Teilchen mit vorgegebener Größe im Bereich weniger Nanometer
erzeugen kann. Da solche Teilchen ein hohes Anwendungspotential z.B. in der Elektronik
und der Photonik besitzen, sind neue Herstellungsverfahren Gegenstand aktueller Forschung.
Die meisten möglichen Anwendungen erfordern geringe Mengen an qualitativ hochwertigen
Teilchen. Nanoteilchen, die in Niederdruckplasmen aus Molekülgasen synthetisiert werden,
zeichnen sich durch eine enge Größenverteilung aus und werden diesen Anforderung deshalb
gerecht. Ein ungelöstes Problem ist allerdings die Kontrolle der Größenverteilung während
des Wachstumgsprozesses.
In der vorliegenden Arbeit wird zunächst das Wachstum von Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen
in einer acetylenhaltigen, kapazitiven Entladung charakterisiert. Dabei wird insbesondere
auf die Entstehung von Protopartikeln und auf die Agglomeration dieser Partikel zu größeren Teilchen eingegangen. Protopartikel entstehen durch Kettenpolymerisation, Ringbildung und durch die Zusammenlagerung solcher Makromeleküle zu Clustern. Der Einsatz
der Agglomeration wird durch das Erreichen einer kritischen Dichte an Protopartikeln induziert. Die Dynamik der Agglomeration und die zeitliche Entwicklung der Größenverteilung
der heranwachsenden Teilchen werden anhand eines einfachen diskretisierten Modells numerisch untersucht und die Ergebnisse mit experimentellen Daten belegt. Als ein Schlüssel
zur kontrollierten Erzeugung von Nanoteilchen wird die Tatsache entdeckt, dass bei einem
Wechsel vom kapazitiven in den induktiven Modus der Entladung die Agglomeration unterbrochen wird. Dies wird durch eine globale Betrachtung der Ladungsträgerbilanz im Plasma
aufgeklärt. Die Teilchen bleiben beim Wechsel in den induktiven Modus in der Entladung
gefangen.
Kern der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung einer Plasmainstabilität, die während
der induktiven Phase des Experiments beobachtet wird und die durch die Anwesenheit von
Nanoteilchen induziert wird. Man stellt fest, dass die Oszillationsfrequenz dieser Instabilität
direkt mit der Größe der im Plasma befindlichen Teilchen verknüpft ist. Um ein Verständnis
über die der Instabilität zugrundeliegenden Ursachen zu erlangen, werden Methoden der
Plasmadiagnostik angewandt, die zeit- und ortsaufgelöste Messungen von wichtigen Plasmaparametern ermöglichen. Im einzelnen kommen Massenspektrometrie, Langmuirsonden
und optische Emissionsspektroskopie (OES) zum Einsatz.
Im Rahmen dieser Arbeit werden dabei die bestehenden Methodiken zur Gewinnung quantitativer Parameter wesentlich verbessert. Besonderes Augenmerk wird auf die Langmuirsondenmessungen gerichtet. Es wird ein neues Filterverfahren auf Basis der lokalen Polynome
etabliert, das eine statistische Bewertung der Schätzer für das Plasmapotential und der Elektronenenergieverteilungsfunktion (EEDF) zusammen mit ihren Momenten Elektronendichte
und mittlere Elektronenenerige erlaubt. Die statistischen Fehler werden dabei selbstkonsistent aus den Messfehlern berechnet und mittels Monte-Carlo-Simulationen anhand einer
Modellkennlinie verifiziert. Neben den Sondenmessungen wird die optische Emissionsspektroskopie eingesetzt, um aus einem erweiterten Koronamodell einen parametrisierten Schät79
80
Zusammenfassung
zer für die EEDF zu erhalten. Zur Unterstützung dieser Methode wird ein allgemeines Verfahren entwickelt, mit dem man die Dichten der metastabil und resonant angeregten Niveaus
des Argonatoms aus den Emissionsverhältnissen von Spektrallinien berechnen kann und das
als einzige Hilfsgrößen die Einsteinkoeffizienten und Informationen über den dominanten
Linienverbreiterungsmechanismus benötigt und insbesondere unabhängig von der Form der
EEDF zu korrekten Ergebnissen führt.
Im Ergebnis findet man durch die Anwendung der Plasmadiagnostiken, dass die beobachtete Plasmainstabilität durch die Rotation eines Voids in der partikelhaltigen Entladung
entsteht. Diese Rotation wird durch ein schwaches statisches Magnetfeld erzeugt, wie es z.B.
von einem Kaltkathoden-Druckmessgerät erzeugt wird. In der Folge wird die Abhängigkeit
dieser Rotation von der Magnetfeldstärke und anderen externen Parametern systematisch
untersucht. Man stellt fest, dass es zwei Modi gibt, die sich durch ihre Rotationsrichtung
unterscheiden und die durch konkurrierende Transporteffekte verursacht werden. Der erste
Effekt ist der Magnuseffekt, durch den Staubteilchen, die sich bei ihrer Rotation um das
Void mit dem Ionenfluss bewegen, effektiver transportiert werden als solche, die sich entgegen dem Ionenfluss bewegen. Bei nach oben weisenden Magnetfeldlinien wird dadurch eine
Rotation entgegen dem Uhrzeigersinn induziert. Der zweite Effekt entsteht durch eine Engstelle zwischen dem Void und der Reaktorwand, die den Transport von Nanoteilchen zur
Reaktorwand behindert. Ab einer bestimmten Void-Größe wird dieser Effekt dominant und
führt zu einem Richtungswechsel der Bewegung des Voids. Das Void bewegt sich dann im
Uhrzeigersinn um die Reaktormitte.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass indirekte Methoden zur in-situ Diagnostik von
Nanoteilchen im Plasma die vielversprechendsten Ansätze bieten. Die in dieser Arbeit untersuchte Void-Rotation besitzt eine Umlaufzeit, die im schnellen Modus linear mit der Größe
der sich im Plasma befindlichen Teilchen verknüpft ist. Die weiteren Einflussgrößen lassen
sich im Wesentlichen auf die Void-Größe zurückführen. Diese lässt sich optisch erfassen und
z.B. durch die Generatorleistung kontrolliert einstellen. Im Vergleich zu Verfahren, die auf
der Rückwirkung von Staubteilchen auf die elektrischen Eigenschaften des Plasmas beruhen, handelt es sich also um ein robustes Verfahren zur in-situ Diagnostik der Partikelgröße
anhand einer einmalig mit ex-situ Verfahren gewonnen Kalibrierkurve.
A. Verzeichnis wichtiger Formelzeichen
H
R
PCCP
PICP
∆tC2 H2
∆tCCP
∆tICP
φ
p
nd
ncr
vd
Xn
Rk
Rtotal
a
Qd
σQd
ne
ni
Te
Ti
me
mi
kB Td
ρd
md
Φd
ke
λD,e
λD,i
λD,eff
vs,r
vs,t
rs
fe
fi
nn
Tn
ve,th
vi
Elektrodenabstand (Höhe der Entladung)
Radius der Entladung
Generatorleistung im kapazitiven Modus
Generatorleistung im induktiven Modus
Zeitdauer des Prekursorgaseinlasses
Zeitdauer der kapazitiven Experimentphase
Zeitdauer der induktiven Experimentphase
Gasflussrate
Neutralgasdruck
Staubteilchendichte
kritische Staubteilchendichte für den Einsatz der Agglomeration
Staubteilchenvolumen
Ratenkoeffizient für inelastische Staubteilchen-Staubreilchen-Stöße
Agglomerationsrate für k-Teilchenstöße
gesamte Agglomerationsrate für alle möglichen k-Teilchenstöße
Staubteilchenradius
Ladung eines Staubteilchens (zeitlicher Mittelwert)
Standardabweichung für ein gaußverteilte Staubteilchenladung
Elektronendichte
Ionendichte
Elektronentemperatur
Ionentemperatur
Elektronenmasse
Ionenmasse
thermische Energie der ungerichteten Staubteilchenbewegung
Massendichte der Staubteilchen
Staubteilchenmasse
Oberflächenpotential eines Staubteilchens (zeitlicher Mittelwert)
Elektronenanlagerungskoeffizient
Elektronendebyelänge
Ionendebyelänge
effektive Debyelänge für das abgeschirmte Potential eines Staubteilchens
Radiale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens an der Schichtkante
Tangentiale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens an der Schichtkante
Radius der Randschicht
Elektrongeschwindigkeitsverteilung
Ionengeschwindigkeitsverteilung
Neutralteilchendichte
Neutralgastemperatur
thermische Geschwindigkeit der Elektronen
(Drift-) Geschwindigkeit der Ionen
81
82
v Ti
ui
vn
vn,th
vd
mn
Γe
Γi
Γi,th
E
F el
ρ0
β
σc
σs
Γ
Fi
κT
F th
Fg
Fn
Td,sf
µi
Xin
Up
Ufl
Uflq
Upl
Ip
Lp
Rp
m (u)
m(ν) (u)
m̂ (u)
m̂(ν) (u)
σ
σ̂
vs,z
vs,r,min
vs,t,max
fv
As
Ap
µl
φl
hEk i
Ii
nion
∆φl
mu0 (u)
m̂u0 (u)
Anhang A Verzeichnis wichtiger Formelzeichen
Ionenschallgeschwindigkeit
Machzahl eines Ions
Driftgeschwindigkeit des Neutralgases
thermische Geschwindigkeit des Neutralgases
Driftgeschwindigkeit der Staubteilchen
Neutralteilchenmasse
Elektronenfluss auf ein Staubteilchen
Ionenfluss auf ein Staubteilchen (monoenergetische Ionen)
Ionenfluss auf ein Staubteilchen (subthermische Ionen)
statisches elektrisches Feld
elektrostatische Kraft
Coulomb- (Landau-)Radius
mittlerer normierter Stoßparameter für die Ionenstreuung an einem Staubteilchen
Wirkungsquerschnitt für den Einfang von Ionen (Coulombradius)
Wirkungsquerschnitt für die Coulombstreuung von Ionen
modifizierter Coulomb-Logarithmus
Kraft durch den Ionenwind
Wärmeleitfähigkeit des Neutralgases
Thermophoretische Kraft
Gewichtskraft
Kraft durch Neutralteilchenstrom bzw. Reibungskraft
Oberflächentemperatur der Staubteilchen
Ionenbeweglichkeit
Ratenkoeffizient von elastische Ionen-Neutralteilchen-Stöße
Sondenpotential gegenüber dem Plasma
Floatingpotential
Wert der Floatingspannungsquelle
Plasmapotential
Sondenstrom
Länge einer zylindrischen Sonde
Radius der Sonde
unverrauschte Sondenkennlinie
ν-te Ableitung der unverrauschten Sondenkennlinie
Schätzer der Sondenkennlinie
Schätzer der ν-ten Ableitung der Sondenkennlinie
(homoskedastische) Standardabweichung der Messfehler
Schätzer der (homoskedastischen) Standardabweichung der Messfehler
Azimuthale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens an der Schichtkante
Minimale radiale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens an der Schichtkante
Maximale tangentiale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens an der Schichtkante
Geschwindigkeitsverteilungsfunktion einer Ladungsträgersorte
Mantelfläche einer zylindrischen Randschicht
Mantelfläche einer Zylindersonde
l-tes Moment der EDF einer Ladungsträgersorte
Hilfgröße zur Bestimmung des l-tes Moments der EDF
mittlere Energie einer Ladungsträgersorte k
Ionenstrom auf eine Sonde
Anzahl der Datenpunkte für die Anpassung des Ionenstrommodells
Ionenstromkorrektur für die Bestimmung des l-tes Moments der EEDF
Taylorentwicklung der Kennlinie um die Auswertestelle u0
lokales Polynom an der Auswertestelle u0
83
h
K (u)
Kh (u)
lν
∗
Kν,p
∗
νν,p,j
LCPu0 (h)
hopt (u)
ζν
ζ̂ν
Ûfl
Ûpl
n̂e E
D
Êe
Bandbreite des Glättungsverfahrens in V
Gewichtsfunktion bzw. Kern
skalierte Gewichtsfunktion bzw. skalierter Kern
Linearkoeffizienten an einer Auswertestelle für die ν-te Ableitung
äquivalenter Kern für die ν-te Ableitung im Fall lokaler Polynome vom Grad p
∗
j-tes Moment des quadrierten äquivalenten Kerns Kν,p
CP-Kurve eines lokalen Polynoms an der Auswertestelle u0
optimales Bandbreiteprofil gemäß dem lokalen CP-Kriterium
Nullstelle der ν-ten Ableitung einer Kennlinie
Nullstelle des Schätzers der ν-ten Ableitung einer Kennlinie
Schätzer des Floatingpotentials
Schätzer des Plasmapotentials
Schätzer der Elektronendichte
Schätzer der mittleren Elektronenenergie
84
Anhang A Verzeichnis wichtiger Formelzeichen
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