8 0 . E. Schulz. — Gruciferae-Draba et Erophila. worden ist*), zeigt folgendes Verhalten: Die Blüten zeigen Knospenprotogynie, d . h . die reife Narbe dringt aus einer kleinen Öffnung der Knospe hervor und überragt diese u m 1 m m . W e n n sich die Blüte entfallet, gelangen die vier inneren Antheren durch die Streckung der Filamente in die Höhe der Narbe. Bei gutem W e t t e r spreizen sie stark nach außen, ohne die letztere zu berühren. Dabei wird der am Grunde der beiden ä u ß e r e n Staubblätter abgesonderte Honig von oben sichtbar. In dieser Stellung tritt bei Insektenbesuch F r e m d b e s t ä u b u n g ein. W e n n dagegen bei Regenwetter die Blüte halbgeschlossen bleibt, berühren die Antheren die Narbe, so d a ß Autogamie erfolgen k a n n . — D. eorrugata u n d vestita, zwei entschieden protogyne Pflanzen, sind dadurch ausgezeichnet, daß sie sich zur Anlockung der Insekten in n u r geringem Maße der Blumenblätter bedienen, da dieselben schmäler und nicht länger als die grünen, an der Basis violetten Kelchblätter sind. Dafür erscheint aber die gedrängte Infloreszenz dieser Arten durch die 1,2 m m langen, die Sepala und Petala weit überragenden Antheren goldgelb. Ahnlich liegen die Verhältnisse bei D. aureola. — Wie schon betont wurde, ist die Länge des Griffels bei vielen Draba-Arten recht schwankend. Derjenige von D. aizoides kann 1,5 bis 3 m m , ausnahmsweise sogar 6 m m lang sein. Aber von einer Heterostylie darf bei dieser Art nicht gesprochen werden, weil die Narbe die Antheren stets überragt. Hingegen finden sich bei der libanoLischen I). oxycarpa F o r m e n mit sehr kurzem (0,5 mm) Stylus, dessen Narbe tiefer als die Antheren steht, und Formen mit verlängertem (2 mm) Stylus. Sie wachsen miteinander. Noch ausgeprägter werden solche k u r z - und langgriffelige F o r m e n auf den Anden angetroffen: D. alyssoidcs, Griffellänge 1 und 4 m m , D. grandiflora 2,5 und ¿,5 m m , D. empetroides 1,2 und 2 mm. In diesen Fällen liegt also eine echte Heterostylie vor. Die wenigen bisher gesammelten Exemplare von D. Lindenii besitzen sogar Griffel von 1 cm L ä n g e ; vielleicht kommen auch kurzgriffelige F o r m e n vor. Bei D. empetroides ist infolge der Heterostylie sogar die Form der Früchte verschieden; Früchte der kurzgriffeligen Blüten sind elliptisch, 5 bis 6 m m lang, 3 bis 3,5 m m breit, diejenigen der langgriffeligen länglich-lanzettlich, •10 bis H m m lang, 2 , 5 m m breit. — Die Besucher der Draba- und Erophüa-Blüita sind Bienen, Musciden, Dipteren, Falter, selten kleine Käfer. J. B r a u n beobachtete am Piz Julier im Engadin noch bei 3 3 7 0 m ü. M. Besuch der Blüten von D. fladnizensis durch Fliegen. Unterbleibt die Fremdbestäubung, so besitzen wohl alle Arten die Möglichkeit spontaner Selbstbefruchtung. Man findet deshalb fast ohne Ausnahme, daß die Draba- und Erophila-Arten überreich mit Früchten bedeckt sind, selbst diejenigen, welche sich durch reichliche vegetative Vermehrung auszeichnen. Wie gewallig das Bestreben ist, Früchte und Samen zu erzeugen, geht daraus hervor, d a ß , wie oben geschildert, die einjährigen Draben aus den Sektionen Tomostima und Äbdra häufig teilweise oder gänzlich auf große, für Fremdbestäubung eingerichtete Blüten verzichten und viele winzige eleistog a m e Blüten hervorbringen, deren Knospen durch die auf dem Rücken der Kelchblätter befindlichen Borsten gefräßige Insekten abzuwehren s u c h e n * * ) . Öffnet sich eine solche Blüte, so erblickt m a n die vier inneren Staubblätter mit h a a r d ü n n e n Filamenten. Ihre äußerst kleinen Antheren liegen auf der Narbe u n d sind mit ihr verklebt. Blumenblätter und äußere Stamina sind v e r k ü m m e r t oder nicht ausgebildet. Es fragt sich nun, w a r u m diese Arten, die völlig autofertil sind, mitunter dennoch Nektar und auffallende Petalen besitzen. Diese Draben, wie auch die Erophila-Arlen, sind wohl im ersten Frühjahr, da auf den Heiden und Brachäckern noch ein großer Mangel an blühenden Pflanzen herrscht, für die ersten aus dem Winterschlafe erwachten Insekten eine bescheidene Nahrungsquelle. Sodann scheint es für diese Pflanzen selbst von großem Nutzen zu sein, d a ß sie hin und wieder durch Fremdbestäubung gewissermaßen »neues *) H . M ü l l e r , Alpenblumen (1881) 145 cum fig. — P. K n u t h , Handb. Blütenbiol, II. 1. (1898) 112 cum fig, 32. — A. G ü n t h a r t , 1. c. 13 cum fig. 4 7 — 5 2 . — A. T h e l l u n g 1. c. 379. **) Nach Beobachtungen von T h . M e e h a n entwickelte Erophila verna bei Philadelphia im Winter kleistogame Blüten; vgl. J u s t , Bot. Jahresber. XVII. 1. S. 547.