Technische und wirtschaftliche Aspekte der Teilerdverkabelung Prof. Dr.-Ing. habil. Lutz Hofmann Institut für Energieversorgung und Hochspannungstechnik Fachgebiet Elektrische Energieversorgung http://www.iee.uni-hannover.de Einleitung • neue Übertragungs- und Verteilungsaufgaben für die Netzbetreiber • Ausbau der Übertragungsnetze ist notwendig und unumstritten – z. B.: dena-Studie: 850 bzw. 3600 km neue HöS-Leitungen bis 2015/20 – Verstärkung der Haupttransportwege – Ausbau der Kuppelleitungskapazitäten – Ausbau / Umstruktuierung der Verteilungsnetze • Kabel oder Freileitung (oder Gasisolierte Übertragungsleitung (GIL)) – technische Eigenschaften – Betriebsverhalten – wirtschaftliche Gesichtspunkte – Umweltverträglichkeit – Akzeptanz Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 2 HöS-Netzausbau mit HDÜ und HGÜ HochspannungsDrehstrom-Übertragung (HDÜ) HochspannungsGleichstrom-Übertragung (HGÜ) Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 3 HöS-Netzausbau mit HDÜ und HGÜ HochspannungsDrehstrom-Übertragung (HDÜ) HochspannungsGleichstrom-Übertragung (HGÜ) LCC HGÜ Freileitung Kabel GIL Teilverkabelung Freileitung VSC HGÜ GIL Kabel Teilverkabelung • HDÜ-Freileitungen dominierend im vermaschten UCTE-Verbundsystem • LCC HGÜ dominierend als Punkt-zu-Punkt-Verbindung (Grenzen der HDÜ) • Strecke Ganderkesee – St. Hülfe nicht als HGÜ-Pilotstrecke ausgewählt GIL = Gasisolierte Übertragungsleitung Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 4 Drehstromtechnik auf Basis von Freileitungen • einfache, bewährte robuste Drehstromtechnik, am kostengünstigsten • Übertragungskapazität bei 380 kV > 3000 MVA, geringe Verluste • Überlastungsreserve durch Ausnutzung klimatischer Verhältnisse • selbstheilende Isolation, Fehlerbeseitigung (Lichtbogenfehler) durch Kurzunterbrechung mit Automatischer Wiedereinschaltung (AWE) • hohe Verfügbarkeit, kurze Reparaturdauern, wartungsarm, sehr hohe Nutzungsdauern (> 80 a) • große Isolationsabstände (5000 mm bei 380 kV), breite Trasse Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 5 28,70 28,70 28,70 39,90 50,20 3,20 61,20 11,00 11,00 8,00 2,50 11,00 8,00 2,50 8,00 Mastbilder Schutzstreifenbreite für 400 m Spannfeld und 46 N/mm2 Mittelzugspannung: ≈ 70 m ≈ 57 m ≈ 48 m Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 6 Konventionelle Drehstromtechnik auf Basis von Kabeln 1/2 Quelle: Nexans • einfache, bewährte Technik • begrenzte Reichweite, erweiterbar durch Blindleistungskompensation • begrenzte Übertragungskapazität, geringe Verluste, ggf. zusätzliche Kompensationsverluste 30 mm • fester Isolationsstoff, Isolationsabstände bei 380 kV: 30 mm • hohe Verfügbarkeit, aber im Fehlerfall sehr lange Ausfallzeiten, Nutzungsdauer ca. 40- 50 Jahre • Muffengruben/Muffenbauwerke (mind. alle 900 m), Muffenlänge ca. 3 m Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 7 Besonderheiten 1/2 • Erstellung von Muffengruben oder Muffenbauwerken aus Beton in einem Abstand von max. 900 m (max. Transportlänge Kabel) Quelle: BEWG Sonderdruck ew Nr. 4981 Länge ca. 3 m 380-kV-Aufschiebemuffe aus EPDM (Ethylen-Propylen-Dien Kautschuk) Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 8 Muffenbauwerk Quelle: Dr. Y. Saßnick, Vattenfall Europe Transmission, Fachsymposium Deutsche Umwelthelfe, Berlin, 17. März 2009 Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 9 Grabenprofile für vier Drehstromkabelsysteme Trassenbreite ca. 14,5 m Trassenbreite ca. 13,5 m Trassenbreite ca. 20,0 m Kabelgraben u.a. abh. von: • Anzahl Systeme • Kabelsystemabstände • Leitermittenabstände Tiefe: ca. 1,75 – 2,00 m Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 10 Aufbau 380-kV-Grabenprofil für zwei Drehstromsysteme (Amprion) Quelle: Amprion GmbH Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 11 Tunnelbauwerke Drehstromkabel 380-kV-Tunnelbauwerk mit Kabelmuffe, Flughafen Madrid, Quelle: Prof. H. U. Paul 380-kV-Tunnelbauwerk Berlin, Quelle: C. Rathke Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 12 Zwischenverkabelung: Übergang Freileitung – Kabel Kabeltrasse Freileitungstrasse Kabel-FreileitungsÜbergangsanlage Kabeltrasse Freileitungstrasse Kabel-FreileitungsÜbergangsanlagen Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 13 Freileitung-Kabel-Übergangsanlage, Beispiel Madrid Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 14 Bemerkungen zur Verkabelung und Teilverkabelung • kaum Betriebserfahrungen mit Teilverkabelungsstrecken in der HöS-Ebene • Kabel bestimmen die Überlastbarkeit der gesamten Übertragungsstrecke • zusätzliche Betriebsmittel/Komponenten (Kabel, Muffen, Kabelendverschlüsse, etc. ggf. Leistungsschalter und Trenner) erhöhen die Nichtverfügbarkeit und Betriebskosten der gesamten Übertragungsstrecke • erhebliche Unterschiede hinsichtlich Verfügbarkeit zwischen Freileitungen und Kabeln (z. B. wegen selbstheilender Isolation der Freileitung, längerer Reparaturdauer Kabel) HDÜ-Freileitung HDÜ-Kabel1) geplant ungeplant geplant ungeplant 1) Ausfallhäufigkeit λ in 1/100km/a 0,17 0,353 --- 0,657 Ausfalldauer T in h 3,00 2,94 --- 68,2 Nichtverfügbarkeit f. 40 km in h/a 0,20 0,42 --- 17,89 Zuverlässigkeitsdaten von 110-kV-Kabeln (Beispielwerte VDN-Störungsstatistik), Wartungsdaten geschätzt Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 15 Ausfallverhalten Freileitung und Freileitung mit Zwischenverkabelung Zuverlässigkeitsdaten von 110-kV-Kabeln (Beispielwerte VDN- Störungsstatistik), ohne Wartung Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 16 Elektromagnetische Felder • Magnetisches Feld abhängig von der Höhe des Stromes • Elektrisches Feld abhängig von der Leiter-Erde-Spannung • Kabel besitzen aufgrund des Schirmes kein äußeres elektrisches Feld • elektromagnetische Felder abhängig von Abstand zur Leitung und Geometrie: • kleinere Leiterabstände führen zu kleineren Feldern • größere Abstände zur Leitung führen zu kleineren Feldern Verringerung der elektromagnetischen Felder durch geringere Leiterabstände, größere Verlegetiefe bzw. höhere Aufhängepunkte und geringeren Durchhang, optimale Phasenfolge, Sonstiges (z. B. Schirmung) Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 17 Beispiel: Vergleich der magnetischen Induktion 100 90 80 70 B / µT 60 50 40 30 20 10 0 -50 -40 -30 -20 -10 0 x/m 10 20 30 40 50 Magnetische Gesamtinduktion 20 cm über EOK bei 3000 MVA Ü-Leistung Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 18 18 Beispiel: Vergleich der magnetischen Induktionen Ergebnis: Grenzwert von 100 µT (50 Hz) wird bei allen Varianten eingehalten Magnetische Induktion gemäß 26. BImSchV Normalbetrieb in µT max1 200 m 400 m 12 m (∅ min. Durchhang) 26,20 0,25 0,06 7,8 m (Mindestabst.) 52,50 0,25 0,06 12 m (∅ min. Durchhang) 27,81 0,43 0,11 7,8 m (Mindestabst.) 46,30 0,43 0,43 0,11 12 m (∅ min. Durchhang) 36,46 0,04 0,005 7,8 m (Mindestabst.) 68,33 0,04 0,005 Kabel Variante 1 1,5 m Legetiefe 91,33 0,03 0,007 Kabel Variante 2 1,5 m Legetiefe 64,14 0,02 0,005 Kabel Variante 3 1,5 m Legetiefe 63,93 0,02 0,005 Leitungstyp Leiterabstand zur EOK Donaumast Tonnenmast Einebenenmast 1) maximal auftretende magnetische Gesamtinduktion bei maximalem Strom, bei Freileitung nur in Spannfeldmitte, bei Kabel entlang der gesamten Trasse zum Vergleich Haushaltsgeräte in 30 cm Abstand: • Staubsauger: 2-20 µT • Elektroherd: 0,15-8 µT • Handmixer: 0,6-10 µT • Fernseher: 0,04-2 µT Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 19 Wirtschaftlicher Vergleich Freileitung und Freileitung mit Teilverkabelung Investitionskosten bei 100 % Freileitung, 50 % Teilverkabelung in einem Abschnitt und in drei gleich langen Abschnitten und 100 % Kabel (schematisch) 100 % Kabel Kosten Optimierungspotenzial Kabelanlage 50 % Kabel 3 Abschnitte 50 % Kabel 1 Abschnitt Optimierungspotenzial Kabelübergänge 100 % Freileitung Quelle: Oswald, B. R., Hofmann, L., 2008 Länge Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 20 20 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Prof. Dr.-Ing. habil. Lutz Hofmann [email protected] Institut für Energieversorgung und Hochspannungstechnik Fachgebiet Elektrische Energieversorgung http://www.iee.uni-hannover.de Übertragungstechniken für das Höchstspannungsnetz – ein Vergleich 21