Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr. 1 Quellen des Arbeitsrechts Die Rechtsquellen im Einzelnen EG-Recht Grundgesetz einfaches Gesetzesrecht Tarifvertrag Betriebsvereinbarung (beachte aber § 77 III BetrVG) Arbeitsvertrag Rangfolge der Rechtsquellen Grundsatz: Günstigkeitsprinzip, d.h. eine rangniedere Norm darf nur zugunsten des Arbeitnehmers von einer ranghöheren Norm abweichen Ausnahme: Tarifdispositives Gesetzesrecht = Tarifvertrag darf in bestimmten gesetzlich geregelten Fällen auch zuungunsten des Arbeitnehmers von einer gesetzlichen Regelung abweichen, z.B. §§ 622 IV BGB, 13 I 1 BUrlG, 4 IV EFZG © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr. 2 Abgrenzung Arbeitsvertrag / „freier“ Dienstvertrag Freier Dienstvertrag = Erbringung selbständiger Dienste Arbeitsvertrag = Erbringung unselbständiger Dienste Entscheidendes Kriterium der Unselbständigkeit = persönliche (rechtliche, nicht wirtschaftliche!) Abhängigkeit des Arbeitnehmers (h.M:) Voraussetzungen (alternativ) Weisungsgebundenheit (vgl. § 84 I 2 HGB) Eingliederung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation Beachte: Dienstverhältnis von Vorständen/ Geschäftsführern = „freier Dienstvertrag © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr. 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Verbot §§ 7 I, 2 I Nr. 1 AGG = Verbot der Benachteiligung von u.a. Bewerbern/Bewerberinnen um ein Beschäftigungsverhältnis aus folgenden Differenzierungsgründen Rasse / ethnische Herkunft Geschlecht Religion / Weltanschauung Behinderung Alter sexuelle Identität Benachteiligung ausnahmsweise zulässig gemäß §§ 8-10 AGG insbesondere: § 8 AGG: Differenzierungsgrund = entscheidende berufliche Voraussetzung Sanktionen § 15 II AGG: Angemessene Entschädigung in Geld für immaterielle Schäden (grds. nicht > 3 Monatsgehälter) § 15 I AGG: Ersatz des Vermögensschadens, z.B. wenn Bewerber/Bewerberin ohne Benachteiligung eingestellt worden wäre. Zusätzliche Voraussetzung: Verschulden i.S.d. § 276 BGB. § 15 VI AGG: Kein Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr. 4 Fragerecht des Arbeitgebers 1. Zulässige/ unzulässige Fragen Zulässige Fragen fachliche Qualifikation (beruflicher Werdegang einschließlich Aus- und Weiterbildung bislang h.M: Schwerbehinderteneigenschaft Begrenzt zulässige Fragen Vorstrafen Krankheiten Unzulässige Fragen Gewerkschaftszugehörigkeit Parteizugehörigkeit, Konfession Schwangerschaft (vgl. Rspr. EuGH) Rechtsfolge von Falschauskünften Zulässige Frage: Anfechtbarkeit des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) Unzulässige Frage: Recht des Arbeitnehmers zur „Lüge“ © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr. 5 Befristung von Arbeitsverhältnissen Befristeter Arbeitsvertrag = klarer Anfangs- und Endtermin Arbeitsverhältnis endet automatisch mit Eintritt des Endtermins (= keine ordentliche Kündigung erforderlich) außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB) auch vor Eintritt des Endtermins möglich Gesetzliche Beschränkung bezüglich Abschluss befristeter Arbeitsverträge nach TzBfG. Möglichkeiten der Befristung: Befristungen mit sachlichem Grund (§ 14 I 1 TzBfG) Befristungen ohne sachlichen Grund bis zu (Gesamt-)Dauer von 2 Jahren (§ 14 II TzBfG) bei Existenzgründung bis zur (Gesamt-)Dauer von 4 Jahren (§ 14 II a TzBfG) Arbeitnehmer, die das 52. Lebensjahr vollendet haben bis maximal 5 Jahre (§ 14 III TzBfG, geändert nach Urteil des EuGH v. 22.11.2005 - „Mangold“) § 14 IV TzBfG: Befristungsabrede bedarf Schriftform Rechtsfolge bei unwirksamer Befristungsabrede: ⇒ unbefristetes Arbeitsverhältnis © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr. 6 Inhalt des Arbeitsverhältnisses 1. Pflichten des Arbeitnehmers Arbeitspflicht (§ 611 I BGB) Quelle: Arbeitsvertrag Konkretisierung durch: Weisungsrecht (vgl. § 106 GewO) Inhalt richtige Arbeit am richtigen Ort zur richtigen Zeit Treuepflicht 2. Pflichten des Arbeitgebers Vergütungspflicht (§ 611 I BGB) Beschäftigungspflicht (Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 GG) Pflicht zur Freistellung (§ 3 BUrlG, §§ 3, 6 I MuSchG) Fürsorgepflicht © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.7 Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis 1. Leistungsstörungen auf Seiten des Arbeitnehmers a) Fehlende Erbringung der Arbeitsleistung Unmöglichkeit: Fehlende Arbeitsleistung wird durch Zeitablauf gem. § 275 I BGB unmöglich (Fixschuld) Vergütung? Unmöglichkeit vom Arbeitgeber zu vertreten: ⇒ Vergütungspflicht (+) gem. § 326 II BGB Unmöglichkeit vom Arbeitnehmer zu vertreten: ⇒ Vergütungspflicht (-) gem. § 326 I BGB Unmöglichkeit von keiner Partei zu vertreten: ⇒ grds. Vergütungspflicht (-) gem. § 326 I BGB = „Kein Lohn ohne Arbeit“. Aber: Ausnahmen: § 616 BGB: vorüberg. Dienstverhinderung § 3 I EFZG: Entgeltfortzahlung bei Krankheit § 615 3 BGB: Betriebsrisiko Annahmeverzug des Arbeitgebers (§ 615 1 BGB b) Schlechte Erbringung der Arbeitsleistung Arbeitnehmer haftet auf Schadensersatz gem. §§ 280 ff. BGB BAG: Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung bei vertrieblich veranlasster Tätigkeit (zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht) © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.7 Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis (Fortsetzung) 2. Leistungsstörungen auf Seiten des Arbeitgebers verspätete Zahlung der Vergütung ⇒ Ersatz des Verzögerungsschadens gem. §§ 280 I, II, 286 BGB) Verletzung weiterer Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis (z.B. Fürsorgepflicht) ⇒ Haftung auf Schadensersatz gem. §§ 280 ff. BGB Beachte: § 104 SGB VII Sonderregel für durch den Arbeitgeber verursachte Personenschäden des Arbeitnehmers: Arbeitgeber haftet nur bei vorsätzlichem Handeln Arbeitnehmer hat Ansprüche gegen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.8 Kündigung des Arbeitsverhältnisses Kündigung = einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses 1. Ordentliche Kündigung (§ 620 II BGB) nur bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen grds. keine Begründung erforderlich. Ausnahme: Kündigung durch Arbeitgeber Allgemeiner Kündigungsschutz (KSchG) Besonderer Kündigungsschutz Kündigungsfrist (§ 622 BGB) 2. Außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB) bei befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen „wichtiger Grund“ erforderlich grds. keine Kündigungsfrist (= „fristlose“ Kündigung) © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.9 Ordentliche Kündigung (Übersicht) 1. Kündigung durch den Arbeitnehmer Keine Begründung Kündigungsfrist: § 622 I BGB = Vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats 2. Kündigung durch den Arbeitgeber i.d.R. Kündigungsgrund erforderlich Allgemeiner/besonderer Kündigungsschutz allg. zivilrechtliche Grenzen (Generalklauseln) Kündigungsfrist: § 622 II BGB: Abstufung nach Dauer der Betriebszugehörigkeit (i.d.R. länger als bei Kündigung durch Arbeitnehmer) © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.10 Allgemeiner Kündigungsschutz nach dem KSchG 1. Anwendbarkeit des KSchG Anwendbarkeit in persönlicher Hinsicht Arbeitnehmer Bestand des Arbeitsverhältnisses über mindestens 6 Monate Anwendbarkeit in betrieblicher Hinsicht AN nach dem 31.12.2003 eingestellt ⇒ mehr als 10 AN AN vor dem 31.12.2003 eingestellt ⇒ Mehr als 5 AN 2. Sozialwidrigkeit der Kündigung § 1 II 1 KSchG: Kündigung ist sozialwidrig wenn sie nicht durch folgende Gründe gerechtfertigt ist Gründe im Verhalten des AN Gründe in der Person des AN dringende betriebliche Gründe. die einer Weiterbeschäftigung des AN in diesem Betrieb entgegenstehen © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.11 Kündigungsgründe nach § 1 II 1 KSchG Kündigungsgründe Sphäre des AN Gründe im Verhalten des AN Möglichkeit der Beeinflussung durch AN Sphäre des AG Gründe in der Person des AN keine Möglichkeit der Beeinflussung durch AN © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Dringende betriebliche Gründe Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.12 Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch das BAG 1. Kündigungsgrund „an sich“ 2. Negativprognose = Störung des Arbeitsverhältnisses auch zukünftig gegeben 3. Verhältnismäßigkeit insbesondere: Erforderlichkeit der Kündigung zur Beseitigung der Störung des Arbeitsverhältnisses = Ultima-RatioPrinzip. (-), wenn vorrangiges milderes Mittel zur Verfügung steht (z.B. Abmahnung) Angemessenheit der Kündigung zur Beseitigung der Störung des Arbeitsverhältnisses. Abzuwägen sind: Auflösungsinteresse des Arbeitgebers Bestandsinteresse des Arbeitnehmers © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.13 Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers 1. Kündigungsgrund „an sich“ Verletzung der vertraglichen Haupt- oder Nebenleistungspflichten, z.B. • • • • • Beharrliche Arbeitsverweigerung Häufiges Zuspätkommen Verstoß gegen Alkohol-/Rauchverbot Beleidigungen/Bedrohungen ggü. Arbeitgeber Vermögensdelikte (Diebstahl/Betrug) etc. 2. Negativprognose grds. Wiederholungsgefahr? Ausnahme: schwerwiegende Pflichtverletzung 3. Ultima-Ratio-Prinzip i.d.R.: Abmahnung erforderlich ggf. Versetzung auf anderen Arbeitsplatz 4. Angemessenheit Interessenabwägung, keine Besonderheiten © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.14 Gründe in der Person des Arbeitnehmers 1. Kündigungsgrund „an sich“ Entfallen der persönlichen Fähigkeit und Eignung des Arbeitnehmers zur Erreichung des Vertragszwecks, z.B. • Krankheit • Alkohol-/Drogensucht • Verlust von behördlichen Erlaubnissen (Führerschein, Fluglizenz, Arbeitserlaubnis für Ausländer) soweit zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich 2. Negativprognose z.B. bei Krankheit: Negative Gesundheitsprognose 3. Ultima-Ratio-Prinzip Abmahnung wegen fehlender Beeinflussbarkeit des Kündigungsgrundes nicht erforderlich ggf. Versetzung auf anderen Arbeitsplatz 4. Angemessenheit Interessenabwägung, keine Besonderheiten © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.15 Dringende betriebliche Gründe 1. Kündigungsgrund „an sich“ Entscheidung des Arbeitgebers zum Personalabbau aufgrund: innerbetrieblicher Entscheidungen (zb. Rationalisierung) außerbetriebliche Umstände (Rohstoffmangel etc.) Beachte. Keine Kontrolle der unternehmerischen Entscheidung = reine Willkürkontrolle. Aber: Darlegungspflicht (§ 1 II 4 KSchG) 2. Negativprognose Vorhersage, dass Personalbedarf am Ende der Kündigungsfrist gesunken ist 3. Ultima-Ratio-Prinzip Keine weniger einschneidenden Maßnahmen (z.B. Abbau von Überstunden, anderweitige Beschäftigung im Betrieb) 4. Angemessenheit Sozialauswahl bei mehreren betroffenen Arbeitnehmern Kriterien: Dauer der Betriebszugehörigkeit Lebensalter Schwerbehinderung © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.16 Außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB) unbefristete und befristete Arbeitsverhältnisse Voraussetzung: „Wichtiger Grund“ = Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist / dem vereinbarten Zeitpunkt Prüfung in zwei Schritten Wichtiger Grund „an sich“ (= Gründe im Verhalten/der Person bzw. dringende betriebliche Gründe) Verhältnismäßigkeitsprüfung Negativprognose Ultima-Ratio-Prinzip (verstärkt) = keine weniger einschneidenden Mittel (Abmahnung/ord. Kündigung) Angemessenheit = umfassende Interessenabwägung Bei Kündigung durch AG: Bestandsinteresse des AN ist höheres Gewicht einzuräumen als Auflösungsinteresse des AG (Grund: Keine Kündigungsfrist) ⇒ i.d.R. nur Gründe im Verhalten des AN (steuerbar) Rechtsfolge: Möglichkeit zu sofortiger Kündigung = keine Frist! Beachte: Ausschlussfrist (§ 626 II BGB) ⇒2 Wochen ab Kenntnis Keine (einzel- bzw. kollektivvertragliche) Abdingbarkeit © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.17 Kündigung durch den Arbeitgeber Anhörung des Betriebsrats § 102 BetrVG Betriebsrat ist vor jeder beabsichtigten (ordentlichen oder außerordentlichen) Kündigung anzuhören. Anhörung = Mitteilung von Kündigungsabsicht + Gründe Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrats Keine Reaktion Stellungnahme bei ordentlicher Kündigung: Widerspruchsrecht aus bestimmten Gründen (§ 102 III BetrVG) Rechtsfolgen unterlassene Anhörung = Keine Mitteilung an Betriebsrat / Kündigung vor Stellungnahme des Betriebsrats bzw. vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 II 1, 2 BetrVG ⇒ Unwirksamkeit der Kündigung ablehnende Stellungnahme ⇒ kein Einfluss auf Kündigung Widerspruch gegen ordentliche Kündigung: ⇒ kein Einfluss auf Kündigung ⇒Weiterbeschäftigungsanspruch bis rechtskräftiger Abschluss Kündigungsschutzprozess (§ 102 V BetrVG) © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.18 Kündigung durch den Arbeitgeber Kündigungsschutzklage Klage auf Feststellung, dass Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung aufgelöst wurde. Klagefrist (§ 4 I KSchG): 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Versäumnis: Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 5 KSchG) ansonsten: Kündigung gilt als wirksam (§ 7 I KSchG) Gerichtliche Entscheidung Klageabweisung: Kündigung = wirksam. Arbeitsverhältnis ist aufgelöst. i.d.R. keine gegenseitigen Ansprüche während Prozessdauer. Ausnahme: Weiterbeschäftigungsanspruch bei Widerspruch des Betriebsrats gem. § 102 III BetrVG Stattgebendes Urteil: Kündigung = unwirksam. Arbeitsverhältnis besteht fort Pflicht des AG zur Gehaltszahlung während Dauer des Prozesses (§ 615 I BGB: Annahmeverzug!) ggf. Gestaltungsurteil auf Auflösung + Zahlung einer angemessenen Abfindung (§ 9 KSchG © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.19 Koalitionsfreiheit Art. 9 Abs. 3 GG individuelle positive Gründung Beitritt kollektive negative Fernbleiben + Austritt Bestandsschutz Zweckverfolgungsgarantie (= Garantie koalitionsmäßiger Betätigung) Tarifautonomie Recht zum Arbeitskampf © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Zusammenschlussförderung (insbes. Werbung) Betätigung im Betriebsverfassungswesen Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.20 Tarifvertrag Vertrag zwischen tariffähigen Partien zur Regelung von Rechten und Pflichten der Vertragsparteien sowie zur Festsetzung von Rechtsnormen für die tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer 1. Abschluss Allgemeine Regeln (§§ 145 ff. BGB) Schriftform (§ 1 TVG) Nichteinhaltung ⇒ Nichtigkeit (§ 125 BGB) Tariffähigkeit (§ 2 TVG) Arbeitgeberseite einzelner Arbeitgeber Arbeitgebervereinigung Arbeitnehmerseite: Gewerkschaft mit „sozialer Mächtigkeit“ © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.20 Tarifvertrag (Fortsetzung) 2. Rechtsfolgen Normativer Teil § 4 I TVG: Rechtsnormen, die Inhalt, Abschluss oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den Tarifgebundenen Tarifzuständigkeit (satzungsmäßiger Geschäftsbereich) Tarifgebundenheit in persönlicher Hinsicht = Mitglieder der beteiligten Arbeitgeberverbände / Gewerkschaften Geltungsbereich = konkrete Regelung im Tarifvertrag Probleme Tarifkonkurrenz = ein Arbeitverhältnis wird von mehreren Tarifverträgen erfasst. Lösung (h.M.): Tarifeinheit = 1 Betrieb, 1 Tarifvertrag. Gültiger Tarifvertrag wird nach Spezialitätsprinzip Tarifpluralität = mehrere Arbeitverhältnisse in einem Betrieb werden von unterschiedlichen Tarifverträgen erfasst. Lösung: noch h.M.): Tarifeinheit s.o. Folgeproblem: Rechtmäßigkeit Streik zum Abschluss eines Spartentarifvertrags. Schuldrechtlicher Teil Regelungen, die Rechte und Pflichten der Tarifparteien untereinander betreffen Friedenspflicht Durchführungspflicht © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.21 Arbeitskampfrecht Arbeitskampf = Kollektiver „Preiskampf“ am Arbeitsmarkt Kampfmittel • Streik • Aussperrung Rechtmäßigkeit des Arbeitskampfes Voraussetzungen Richtige Kampfpartei Zulässiges Arbeitskampfziel Kein Verstoß gegen die Friedenspflicht Kampfparität Verhältnismäßigkeit Arbeitskampf als „Ultima Ratio“ nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten einer friedlichen Einigung. Problem: „Warnstreiks“ während laufender Tarifverhandlungen. BAG: Zulässigkeit (+), wenn Verhandlungen nach Auffassung einer Partei gescheitert sind. Rechtsfolgen • Rechtmäßiger Arbeitskampf ⇒ Suspendierung der gegenseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis • Rechtswidriger Arbeitskampf ⇒ Pflichtverletzung, Kündigungsgrund, ggf. Anspruch auf Schadensersatz © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) – Teil 3 – Arbeitsrecht – Folie Nr.21 © 2007 Dr. Oliver Mörsdorf – Universität Bonn