GEKOMMEN, UM ZU LERNEN UND ZU ARBEITEN WWW.ZSH-ONLINE.DE 02-2016 Im Jahr 2013 kamen 128 Spanier_innen voller Hoffnung nach Deutschland. Sie entflohen der Arbeitslosigkeit im eigenen Land und wollten über das MobiProEU-Förderprogramm der Bundesagentur für Arbeit „The Job of my life“ in Deutschland eine Berufsausbildung oder Arbeit aufnehmen. Eine private Arbeitsagentur hatte die überwiegend jungen Menschen reichlich unvorbereitet und mit falschen Erwartungen nach Thüringen gelockt. Trotz der Enttäuschungen und Probleme am Anfang sind die meisten Spanier_innen geblieben. Über 80 Prozent der jungen Spanier_innen leben noch heute in Thüringen. Nur eine/r der Befragten hat das Bundesland gewechselt und jede/r Sechste ist nach Spanien zurückgegangen. Die Hälfte, der in Thüringen verbliebenen ca. 100 Jungerwachsenen leben heute in Erfurt, die anderen verteilen sich auf Städte wie Jena, Gera, Sonneberg, Meiningen, Bad Berka und den ländlichen Raum. 70 Prozent der Spanier_innen waren arbeitslos, bevor sie nach Deutschland kamen, 15 Prozent waren in einer Berufsausbildung. Fast alle Befragten gaben an, dass die schlechte Arbeitsmarktsituation Grund für sie war, das Heimatland zu verlassen. Über die Hälfte der Befragten hatte außerdem ein allgemeines Interesse daran Auslandserfahrungen in Deutschland zu sammeln. Beim Ankommen in Deutschland waren die Sprachkenntnisse bei zwei Dritteln der Spanier_innen auf das Verständnis und die Anwendung bei alltäglichen Dingen in einfachen Sätzen reduziert (A1-Niveau). Die Sprachkenntnisse haben sich laut Selbsteinschätzung bis heute bei den meisten Spanier_innen deutlich verbessert. Der große Teil befindet sich nach eigener Einschätzung heute mindestens auf dem B1-Niveau, das nach den neuen Wohnorte der Spanier_innen im Sommer 2015 Nordhausen Sondershausen Weimar Gotha Erfurt Jena Gera Meiningen Sonneberg Rödental (Bayern) Anforderungen im MobiPro-EU-Programm zu Recht als das sprachliche Einstiegsniveau zur Ausbildung gefordert wird. Gute Sprachkenntnisse werden von Betrieben wie den Spanier_innen selbst immer als eine der wichtigsten Einstiegsvoraussetzungen zum beruflichen Erfolg genannt. Fast 60 Prozent der befragten Spanier_innen befinden sich zurzeit in einer Berufsausbildung. Die anderen Befragten sind berufstätig, überwiegend im Hotel- und Gaststättengewerbe aber auch im Baubereich und in der Industrie; einige wenige haben den Weg in die Altenpflege gefunden. Sehr wenige sind noch arbeitsuchend. Von den Auszubildenden gibt es besonders positive Einschätzungen zur Berufsschule. Recht gut wird auch die Integration in den Betrieben eingeschätzt. Die Meinungen über das Engagement der Betriebe beim Einleben und Einarbeiten gehen mit denen der Spanier_innen jedoch relativ weit auseinander. Die Betriebe schätzen ihre Hilfen deutlich positiver ein, als es von den Zugewanderten empfunden wird. Auszug aus dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) A Elementare Sprachverwendung B Selbstständige Sprachverwendung B1 Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben. C Kompetente Sprachverwendung Berufe in denen die Spanier_innen lernen und arbeiten Restaurantfachkraft Kauffrau für Büromanagement Entwicklungsingenieur/-in Monteur/-in Friseur/-in KFZ-Mechatroniker/-in Koch/Köchin Hotelfachkraft Pflegekraft Die meisten Spanier_innen fühlen sich inzwischen trotz der großen Anfangshürden in Thüringen wohl. Mit dazu beigetragen hat ganz sicherlich das Welcome Center Thuringia, das von den Spanier_innen die besten Noten für seine Unterstützungsleistungen erhielt. Auch die Betriebe nennen diese Einrichtung mit ganz vorn bei den Institutionen, die ihnen helfen. Eine große Gruppe von Spanier_innen will bleiben, andere denken darüber nach, demnächst wieder in ihre Heimat zurück zu gehen. Der hauptsächliche Grund sind Familie und Partnerschaft, was ganz nebenbei auch im Sinne des MobiPro-EU-Programms ist, das junge Menschen aus Regionen mit besonders hoher Arbeitslosigkeit in Europa beim beruflichen Vorankommen unterstützt. Wenn Betriebe in Einarbeitung und Konditor/-in Bäcker/-in Mechatroniker/-in für Kältetechnik Elektroinstallateur/-in Industriemechaniker/-in Tischler/-in Küchenhilfe Stahlbetonbauer/-in Ausbildung von Zugewanderten inves- Studie „Bienvenidos - Junge Spanier in tieren, um sie längerfristig für sich zu Thüringen. Eine wissenschaftliche Begewinnen, gehört neben der Gleichbe- gleitung zur Arbeitsgruppe <Junge Euhandlung und einem angemessenen, ropäer in Thüringen Willkommen>“ vor pünktlich bezahlten Lohn vor allem auch (siehe www.zsh-online.de). die Unterstützung beim Ankommen der „Fremden“ dazu. So sind die am wenigsten zufriedenstellenden Befragungswerte zurzeit jene, welche die emotionale Auf den Punkt gebracht… Ebene berühren. Es fällt den Spanier_ innen nach wie vor schwer, Kontakt Helfen Sie ausländischen Kolzu den Verwandten und Freund_inleg_innen oder Nachbar_innen, innen aus der Ferne zu halten sowie dem Sie den ersten Schritt machen zu Nachbar_innen und deutschen und ein Gespräch suchen. Das wird Kolleg_innen neu aufzubauen. Das Zentrum für Sozialforschung Halle e.V. an der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg (ZSH) wurde gebeten, nachzufragen, wie es den 128 „gestrandeten“ Spanier_innen ergangen ist. Inzwischen liegen die insgesamt sehr positiven Ergebnisse der meistens sehr dankbar angenommen und sorgt auf beiden Seiten für interessanten Gesprächsstoff.