Perioprothetik 2 Zusatzmaßnahmen, Ästhetik

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Die Prothetik im Allgemeinen, die Perioprothetik im Besonderen hat in den letzten Jahren in den
Industrieländern eine rasante Entwicklung und Wandlung – vor allem im Bereich von Materialien
und Technologien – erfahren. Es geht nicht mehr nur um den funktionell und phonetisch akzeptablen Ersatz verloren gegangener Zähne, sondern auch weitgehend um eine optimale Ästhetik im
sichtbaren oralen Bereich, ja darüber hinaus um ein positives, ansprechendes Erscheinungsbild
des ganzen Individuums. Heutzutage zählt für den gesellschaftlichen Erfolg bis zu einem gewissen
Grad auch das gesamte äußere Erscheinungsbild.
Dabei müssen auch die Zahnärzte sich darüber im Klaren sein, dass ästhetische Forderungen des
Patienten (s. auch Schönheitschirurgie) und ihre Lösungen nicht unmittelbar mit körperlicher Gesundheit zu tun haben. Einzig die individuelle Psyche lässt sich durch die erwähnten ästhetischen
Maßnahmen festigen, diese haben damit doch wieder eine gewisse medizinische Bedeutung.
Ziele, Probleme und Lösungen der ästhetischen Perioprothetik
Ziel der ästhetischen Perioprothetik kann es nicht sein, einen Idealzustand bezüglich Zahnfarbe,
-form und -stellung sowie Gingivaverlauf usw. herzustellen. Vielmehr ist die Rekonstruktion dem
ganzen Individuum und seinen Wünschen anzupassen (Chen u. Schärer 1995; Garber u. Salama
1996; Schmidseder 1999; Rüfenacht 2000).
Dargestellte ästhetische Probleme der Perioprothetik und mögliche Lösungen:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Kronenrand – biologische Breite (Weite), dentogingivaler Komplex
ästhetische Breite („esthetic width“, EW) – Umbrella-Effekt
Lachlinie („smile line“) – Rot-Weiß-Proportionen
chirurgische Kronenverlängerung – Prinzipien und Fall
Papillenverlust – Klassifikation, Chirurgie und/oder Prothetik?
Papillenverlust – prothetische Lösung mit Veneers
Papillenverlust – prothetische Lösung mit Kronen
zahnloser Kieferkamm – Zwischenglieder
Kammdefekte – Klassifikationen
Kammdefekt – prothetische Korrektur
Kammdefekte – chirurgische Korrekturen im Prinzip
Kammdefekt – chirurgische Augmentation einer Klasse 3
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Perioprothetik 2
Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
490
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
Kronenrand – biologische Breite – dentogingivaler Komplex
Im sichtbaren Bereich kann der Kronenrand intrasulkulär
der Gingiva entsprechend verlaufen. Dabei dürfen aber die
parodontalen Gewebe in keiner Weise geschädigt werden.
Dies erfordert Kenntnisse über Ausdehnung und Platzbedarf der suprakrestalen Strukturen, also über die sog. biologische Breite und den dentogingivalen Komplex (DGK)
(Gargiulo et al. 1961; Nevins u. Skurow 1984). Dabei ist zu
berücksichtigen, dass diese Parameter nicht bei allen Patienten gleich sind. So liegt die Höhe des Alveolarknochenrandes normalerweise ca. 3 mm vom Margo entfernt, eventuell aber auch weniger oder mehr. Dies lässt sich nur unter
Lokalanästhesie ermitteln („bone sounding“). Nicht nur die
Höhe des Alveolarknochens, sondern auch die Dicke des
Knochens und der Gingiva (Phänotyp, S. 8) sind für die Lage
des Kronenrandes von Bedeutung (Abb. 1206).
1204 Lage des Kronenrandes –
Beispiel VMK-Krone
1 supragingival
2 epigingival (marginal)
3 intrasulkulär
1 und 2 sind parodontal freundlich,
erfüllen aber nicht die heutigen
hohen ästhetischen Ansprüche, v. a.
bei VMKs. Die für den sichtbaren
Bereich empfohlene intrasulkuläre
Lage des Kronenrandes verlangt bei
Präparation und Herstellung hohe
Präzision, zugleich eine zuverlässige
Zahnpflege.
1205 Biologische Breite und
dentogingivaler Komplex (DGK)
A Sulkus ca. 1 mm
B epitheliales Attachment,
Saumepithel ca. 1 mm
C bindegewebiges Attachment
ca. 1 mm
Die Werte von A, B, C variieren von
Zahn zu Zahn und individuell.
Als biologische Breite = B + C wird
der minimale Platzbedarf dieses
Gewebes bezeichnet. Er darf nicht
unterschritten werden. Wichtiger
ist der dentogingivale Komplex
(DGK).
m
s-g
1
i-s
2
3
MGL
Mukogingivallinie
BW
biologische Breite
„attached“ Gingiva
= angewachsene Gingiva
DGK
freie Gingiva
C
C
B
B
„biologic width“
A
1206 Unterschiedlicher Verlauf
des alveolären Knochenrandes
– Höhe und Dicke – gingivale
Phänotypen
1 hoher Knochenrand, kurzer DGK
DGK < 3 mm/„high crest“ –
Vorsicht geboten: Die Präparation sollte höchstens 0,5 mm in
den Sulkus gelegt werden!
2 normaler Knochenrand
(„bone sounding“ mit Sonde)
3 tiefer Knochenrand, langer DGK
Die Platzierung des Kronenrandes
hängt maßgeblich vom DGK ab.
>3
mm
=3
mm
<3
mm
1
2
3
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In der Standardprothetik bzw. im nichtsichtbaren Bereich
sollte der Kronenrand nach wie vor supragingival liegen, um
eine optimale Mundhygiene bzw. Plaquekontrolle zu ermöglichen.
Ästhetische Weite – Umbrella-Effekt – Transparenz
491
Ästhetische Weite – Umbrella-Effekt – Transparenz
schattet: Papillen und Margo gingivae des Kronenzahns erscheinen bläulich-dunkel.
Beleuchtete transparente Kronen (Feldspatkeramik etc.) leiten das Licht weiter; die erwähnten Gingivaabschnitte werden von der Hinterseite aufgehellt: Sie zeigen ihre gewohnte rosa Färbung.
Transparenz: Reflexion, Streuung und Transmission des
Lichts hängen von den Materialeigenschaften der Rekonstruktion ab, bei transparenten Kronen und Veneers auch
vom Zahnstumpf (Verfärbung, Aufbauten/Stifte) und Befestigungszement.
1207 Umbrella-Effekt
Links: Schräg von oben einfallendes Licht (gelb; z. B. Zimmerbeleuchtung) kann nicht auf die
Gingiva treffen, weil sie von der
Oberlippe „abgeschirmt“ wird.
Die VMK-Krone verhindert zudem
eine Aufhellung „von hinten“:
die marginale Gingiva erscheint
deshalb dunkel, „tot“.
Rechts: Semitransparente Materialien (Krone, Befestigungszement,
Dentin) streuen das einfallende
Licht: Daher zeigen die gingivalen
Randpartien ihre natürliche Farbe.
Opake vs. transparente Kronen
und Veneers
1208 Im Durchlicht ...
Links: Trotz schöner Transparenz
im Inzisalbereich ist der Kronenkörper und die gesamte Gingiva
abgedunkelt (Metallgerüst).
Rechts: Transparente Materialien
zeigen einen fließenden Übergang zum semitransparenten
Zahnstumpf.
Streulicht beleuchtet hier auch
Gingiva und Papillenkörper.
1209 ... und im Auflicht
Im direkten Auflicht – so wie der
Zahnarzt seine Rekonstruktionen
sieht – sind die oben erwähnten
Effekte bei beiden Kronentechniken
(VMK links, Empresskeramik rechts)
weniger augenfällig. Allenfalls am
Gingivarand sind Unterschiede zu
erkennen. Perlmutteffekte ähneln
denen am natürlichen Zahn.
Fazit: Ästhetisch voll befriedigende Resultate sollten auch im „roten Bereich“ (Zahnfleisch) hohen
Ansprüchen genügen.
Sammlung D. Edelhoff
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Ästhetische Aspekte werden bei Kronen- und Brückenkonstruktionen immer wichtiger (Frontzahnbereich!). Ergänzend zur biologischen Breite (BW) haben Magne et al.
(1999) unter dem Namen „ästhetische Weite“ („esthetic
width“, EW) Effekte zusammengefasst, von denen jeder einzelne das Behandlungsresultat – im Sinne eines Mimikri der
natürlichen Vorlage – verbessern hilft.
Umbrella-Effekt: Nichttransparente Kronenränder (Metallgerüste, Alu-Keramikkerne etc.) verhindern eine diffuse Beleuchtung der marginalen Gingiva von der Hinter- bzw.
Zahnseite, wenn die Oberlippe diesen Zahnrandbereich ab-
492
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
Lachlinie – Rot-Weiß-Proportionen
Im dentalen/parodontalen Bereich wird faziale Schönheit
(Schmidseder 1998, Rifkin 2000, Rüfenacht 2000 u. a.) häufig anhand folgender Punkte analysiert und beurteilt:
• Symmetrie von Gesicht und Dentition
• Lippenform, -linien, „smile line“ (Lächeln)
• sichtbare Rot-Weiß-Relationen (z. B. „gummy smile“)
• Zahnproportion, -form und -textur, Zahnfarbe
• Papillenverlust, Defekte des Kieferkamms
Auf den folgenden Seiten werden vor allem parodontale ästhetische Probleme und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt.
1210 Hohe Lachlinie – Score 3
Viel Zahnfleisch wird beim erzwungen scheinenden Lächeln
sichtbar (Score 0–3 siehe unten):
„gummy smile“.
Befunde: kurze Oberlippe, hyperplastische Gingiva, parodontale
Taschen, abstehende künstliche
Kronenränder, Mundatmung.
Therapie: Parodontalbehandlung!
Provisorischer Kronenersatz.
(Nasenatmung verbessern.)
Später Entscheid, ob das „gummy
smile“ noch zu therapieren ist.
1211 Lachlinien – Klassen
4 Scores von 0–3
Jensen et al. (1999) klassifizieren
die Position der Oberlippe in Relation zur Gingiva des Oberkiefers
beim „Lächeln“ (Planungshilfe,
falls eine Korrektur der Rot-WeißRelation erwünscht ist!).
Test: Unverkrampftes Lächeln will
geübt sein; die Dynamik der
Oberlippe sollte kurz gestoppt
werden, um die Lippenlinie bei geschlossenen Zahnreihen beurteilen
zu können (Ruhelage).
1212 Sehr hohe Lachlinie
Trotz normaler Lippenlänge wird
beim Lächeln viel mehr als 3 mm
Gingiva sichtbar (Score 3). Die zu
kurzen Zähne weichen ab von den
gewohnten Proportionen.
Ursachen: Beim Sondieren zeigen
sich entzündungsfreie Pseudotaschen infolge unvollständigem
passivem Zahndurchbruch; dicker
Gingivaphänotyp (vgl. S. 8)
„Therapie“: nur auf Wunsch des
Patienten faziale Kronenverlängerung durch Gingivektomie.
Klassifizierung der „smile line“
Oberlippe – interdentale Gingiva / Margo
Klasse
Typus
Bezeichnung
Beurteilung: IDG interdentale Gingiva
M Margo gingivae
Score 0
„low smile line“
IDG weniger als 25% sichtbar
M nicht sichtbar, Zähne versteckt
Score 1
„average/ideal smile line“
IDG 25–75% sichtbar
M an einzelnen Zähnen sichtbar
Score 2
„high smile line“
IDG >75% sichtbar
M <3mm (überall) sichtbar
Score 3
„very high smile line“
IDG überall ganz sichtbar
M < 3 mm breites Band maxillärer
Gingiva sichtbar,
evtl. über MGL hinaus „gummy smile“
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Über die Ästhetik des menschlichen Gesichts wird seit Menschengedenken nachgedacht und geschrieben.
Ästhetik ist in hohem Grade subjektiv, denn „die Schönheit
liegt im Auge des Betrachters“ (auch im Spiegel!). Dennoch
gibt es einige objektive, allgemein akzeptierte Richtlinien,
die für Analyse und eventuelle Behandlung von ästhetischen Mängeln im dentalen Bereich hilfreich sind (Belser
1982: The esthetic checklist). Immer stellt sich dabei auch
die Frage, ob und inwieweit Korrekturen überhaupt notwendig sind (Müller 1996, Zuhr 2001). Sie muss vorwiegend
vom Patienten selbst beantwortet werden.
Verlängerung der klinischen Krone – Prinzipien
493
Verlängerung der klinischen Krone – Prinzipien
Die Gingivektomie wird oft bei unvollkommener Eruption
des natürlichen Zahns oder bei Hyperplasien angewendet.
Ostektomien (partiell oder rundum) sind indiziert, wenn der
erforderliche Abstand zum Rand der geplanten künstlichen
Krone nicht mindestens 2–3 mm betragen würde (biologische Breite) oder der Pfeilerzahn primär zu kurz für eine
genügende Retention des prothetischen Ersatzzahns ist
(Kronendefekte durch Karies, Fraktur; abradierte Zähne
durch Knirschgewohnheiten etc.). Ästhetische Defizite wie
Asymmetrien der Zahnlängen, störendes „gummy smile“
(Abb. 1210) ergänzen diese Liste.
Die folgenden Seiten zeigen einen entsprechenden Fall.
1213 Chirurgische Kronenverlängerung – Schema
Immer sind die Papillenerhaltung
und die biologischen Maße zu beachten! Pfeilspitze (rot): verdünnter Lappen.
1
2
3
1 Gingivektomie/
Gingivoplastik
z. B. Gingivahyperplasie
2 totale, Rundum-Ostektomie
z. B. abradierter Zahn
3 partielle Ostektomie
„ramping“
z. B. Schrägfraktur
1214 Kronenverlängerung –
Fall
Von einer 59-jährigen Frau
(s. nächste Seite) werden Anfangsund Schlussbefund gezeigt.
Gründe des Eingriffs:
Attrition/Abrasion
große Füllungen mit Karies
Verfärbungen (vitale Z.)
allgemein: Ästhetik des Oberkiefer-Frontgebiets
•
•
•
•
C
B
BW
C
B
A
A
1215 Biologische Breite
bei Kronenverlängerung
durch Ostektomie
Die Erhaltung der biologischen
Breite (B + C) bzw. des individuellen dentogingivalen Komplexes
(DGK) muss bei der geplanten
Kronenverlängerung gewährleistet sein.
Um z. B. einen „Zahn“ um 2 mm
zu verlängern bzw. den Kronenrand tiefer zu legen, muss der
Alveolarrand („crest“) > 5 mm
tiefer liegen als der „alte“ Gingivarand!
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Kronen lassen sich je nach Indikation prothetisch, chirurgisch oder kombiniert verlängern. Die chirurgischen Möglichkeiten sind vielfältig (Brägger u. Lang 1991, Lauchenauer
et al. 1991, Jorgensen u. Nowzari 2001) und der Situation
entsprechend zu wählen. Gebräuchlich sind z. B.:
• Gingivektomie/Gingivoplastik (GE/GP)
• Lappen mit partieller Ostektomie („ramping“)
• Lappen mit „Rundum“-Ostektomie
494
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
Chirurgische Kronenverlängerung – Schritt für Schritt
Der Eingriff erfolgte nach folgendem Protokoll:
• Scaling/Entfernung des Zahnzements an den freigelegten
Wurzeloberflächen: cave „creeping attachment“ (S. 412)
• Pfeiler-Vorpräparation vor der Operation, zirkuläre Stufe • apikale Reposition der evtl. verdünnten Lappen, dem Alveolarknochen satt angelegt (Ziel: „0-mm-Taschen“)
• Nahtverschluss; Zahnnachpräparation; neue Stufen min-
•
• Modifizierung
•
•
destens 1–2 mm supragingival; Provisorium anpassen
der Mundhygiene: im Operationsgebiet
vorerst nur chemische (CHX), dann auch schonende mechanische Plaquekontrolle (feinste Spezialbürsten!)
definitiver Kronenersatz erst nach vollständiger Heilung/
Maturation der Weich- und Hartgewebe
1216 Markierung der initialen
Präparation – Stufen am
ursprünglichen Margo
Der erste der 5 Zähne 13, 12, 11;
21, 22 ist bereits vorpräpariert
(Stufe und Inzisalkante).
Rechts: Planung. Inzisal sollen die
Kronen nur minimal verlängert
werden (+). Der Knochen wird um
ca. 3 mm abgesenkt (schraffiert).
Bei dem zu erhaltenden dentogingivalen Komplex (roter Doppelpfeil) können/müssen die Kronenstümpfe um ca. 2–3 mm verlängert werden (vgl. gegenüber).
1217 Lappenbildung und
Ostektomie – Beachten des DGK
Der Präparationsrand an Zahn 11
(Sonde) entspricht dem präoperativen Gingivaverlauf. Um den
Kronenstumpf auch um 3 mm zu
verlängern, ist der Knochenrand
um diesen Betrag apikalwärts
abzutragen (s. rechts der Sonde).
Rechts: Hand- und maschinengetriebene Instrumente für Ostektomie und Scaling.
1218 Überprüfen
der Ostektomie
Provisorisch wird nach ausgeführter Knochenresektion der
ausgedünnte, bei Bedarf gekürzte
Lappen – leicht nach apikal verschoben – reponiert. Es ist ersichtlich, dass ca. 3 mm Kronenlänge
gewonnen werden, genügend,
um eine einwandfreie Kronenretention zu gewährleisten (roter
Doppelpfeil in Abb. 1220 links).
AR
–
–
?
+
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auf Höhe des Gingivaverlaufs
Horizontalinzisionen, fazial und oral,
vertikale Entlastungen, Mobilisierung der Volllappen
Ostektomie rund um die Frontzähne, mit gleich bleibendem Abstand – hier ca. 5 mm – zur zirkulären Stufe der
Pfeilerpräparation
Osteoplastik des fazialen Knochens: Bildung interradikulärer Einziehungen („embrasures/sluice ways“)
• girlandenförmige
Chirurgische Kronenverlängerung – Schritt für Schritt
1
1
A
B
C
1219 Schematische Darstellung des Eingriffs – Hartgewebe
A Stummelförmiger, bis auf das
Dentin abradierter Zahn. Gingivaverlauf (rot, 1). Zur Hälfte
durchgeführte Knochenresektion. Wurzeloberfläche blau
(„periodontal ligament“).
B Durchgeführte Ostektomie.
Schmale blaue Schraffur = reduzierter Faserapparat. Zwischen
den schwarzen Pfeilen die erforderliche „biologische Breite“.
C Knochen-Gingiva-Verlauf (2),
frühere (1) und jetzige Präparationsstufe.
1220 Nachpräparation – „Verlängerung“ der Pfeilerzähne
Der faziale Lappen ist reponiert
und mit dem oralen vernäht. Nun
werden die zirkulären Stufen der
Pfeilerzähne nicht näher als 1 mm
an den neuen Gingivarand abgesenkt.
Links: Im Schema ist die nur geringe apikale Lappenreposition (AR)
eingezeichnet wie auch die Pfeilerverlängerung (roter Doppelpfeil)
und die geringe inzisale Kronenverlängerung.
1221 2. Provisorium
Nach 4 Wochen wird hier aus
funktionellen Gründen (starke
Parafunktionen der Patientin) ein
verblocktes Langzeitprovisorium
inkorporiert. Enge Interdentalräume sollen die „Neubildung“
der Papillen zwischen den relativ
weit auseinander stehenden
Zähnen fördern.
Links: Operationsgebiet 7 Tage
nach dem Eingriff. Die Heilung ist
wenig fortgeschritten, Papillen
fehlen ganz.
1222 Rekonstruktion –
6 Monate postoperativ
Die definitiven, kräftigen VMKKronen mussten bereits 3 Monate
nach der Operation eingegliedert
werden. Die Zahnformen konnten
etwas natürlicher (dreieckiger) gestaltet werden. Trotzdem haben
sich in den weiten Zahnzwischenräumen spitz auslaufende Papillen
ausgebildet. Auf Wunsch der Patientin wurde nun auch die Brücke
23–26 erneuert.
Links: Im Röntgenbild sind die breiten Interdentalsepten erkennbar.
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2
495
496
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
Papillenverlust – Klassifikation, Regeln
• interproximaler Knochenabbau bei Parodontitiden;
fehlende Stütze durch den Alveolarknochen
1223 Papillenindex – PIS
Jemt hat 1997 eine Klassifizierung
des Papillenverlusts publiziert,
den „Papilla Index Score“ (PIS) mit
den fünf Graden 0–4, der primär
für Implantatkronen und benachbarte natürliche Zähne angewendet wird. Er unterscheidet drei
Referenzlinien für die Messung der
Papillen (rote Messlinien 0, á, 1 –
oben links).
punkte); bei Zähnen und Implantaten
Papillen lassen sich nach wie vor nur schwerlich chirurgisch
aufbauen (Miller-Rezessionsklassen 3 und 4; S. 163). Prothetisch hingegen ist der Erhalt oder Wiederaufbau einer
Papille möglich, wenn die Distanz zwischen approximalem
Knochenniveau und interdentaler Kontaktfläche unter ca.
5 mm gehalten wird (Tarnow et al. 1992).
PIS 0
PIS 1
0
1/
2
0
1
1
Referenzpunkte/-linien:
höchste Kurvaturen (0),
Mitte (1/2) und Kontaktpunkt
(1) der Nachbarzähne
Modif. Jemt 1997
Teilpapille füllt den Zwischenraum
halb oder mehr; aber noch nicht
vollständig
Modif. Tarnow et al. 1992
oder chirurgischer Parodontitisbehandlung
• Stellungsanomalien, lückiges Gebiss (fehlende Kontakt-
Messung PIS
Grad 0 PIS 0 – vollständiges Fehlen der Papille (großes
schwarzes Dreieck)
Grad 1 mehr als die Hälfte
der Papille fehlt
Grad 2 mindestens die Hälfte
oder mehr der Papille ist
vorhanden
Grad 3 optimale Weichgewebskontur, die Papille füllt
den ganzen Interdentalraum aus
Grad 4 hyperplastische und entzündete Papille, unregelmäßige Weichgewebskonturen
1224 Möglichkeiten und Grenzen der Papillenrekonstruktion
A Interdentaler Knochenverlust
Die Distanz zwischen Knochenkamm (BC) und Kontaktpunkt/
-fläche (CP) sollte weniger als
5 mm betragen (roter Doppelpfeil), um eine Papille zu sichern
oder zu „regenerieren“.
B prothetisch: durch apikales Verlängern des Kontaktpunkts
C chirurgisch: durch Versuch einer
interradikulären Knochenregeneration?
• Schrumpfungen nach klassischer geschlossener
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Die mukogingivale, plastische Chirurgie bietet heute viele
Möglichkeiten, die Ästhetik zu verbessern. So lassen sich
Rezessionen decken, Alveolarkammdefekte aufbauen, ein
ungleichmäßiger Verlauf der Gingiva lässt sich ausgleichen
und ein „gummy smile“ reduzieren. Der Verlust der Papille
(resultierende „schwarze Dreiecke“), eine der für die Ästhetik wichtigsten Strukturen, stellt sie dagegen vor größte Probleme. Ursachen des Papillenverlusts sind:
Teilpapille füllt weniger als
die Hälfte des Zwischenraums;
Gingiva mit leichter konvexer
Kurvatur
ganze Papille fehlt
(schwarzes Dreieck);
Gingiva ohne konvexe
Kurvatur
PIS 2
Norm
PIS 3
N
2
PIS 4
3
4
Papille füllt den ganzen
Zwischenraum:
ideale Gewebekontur und
Gewebeharmonie
Papille hyperplastisch
bedeckt zu viel Zahnsubstanz;
unregelmäßige Gewebekontur
veränderte Textur, evtl. Farbe
BC
?
<5
CP
?
mm
A
B
C
Papillenverlust – prothetische Lösung mit Veneers
497
Papillenverlust – prothetische Lösung mit Veneers
Optimale Ergebnisse ergeben sich aus der Zusammenarbeit
von „Spezialisten“ der entsprechenden Fachgebiete.
Eine 38-jährige Patientin mit aggressiver Parodontitis (AP)
möchte ihre ästhetisch belastende Oberkieferfront (lange, gewanderte Zähne, unregelmäßige Lücken bzw. große schwarze
Zwischenräume) sanieren lassen. Vorgeschlagen wird eine
dreizeitige Therapie:
1 Parodontitistherapie bis zur Entzündungsfreiheit und stark
reduzierten Sondierungstiefe
2 Orthodontie: Frontzahnachsen nach ästhetischen Richtlinien einstellen; gleichmäßige Abstände erzielen
3 Prothetik: Zähne verbreitern und Lücken schließen mit
Veneers (Papillenersatz durch „lange“ Kontaktpunkte).
1225 Anfangsbefund
Beim Lächeln der Patientin stören
lange, schmale Zähne und durch
Wanderungen entstandene,
ungleichmäßig breite, „dunkle“
Lücken („negative spaces“). Der
Verlauf der Inzisallinien ist unharmonisch.
Diese ästhetischen Defekte bilden
ein so großes psychisches Problem, dass sich die Patientin kaum
mehr traut, den Mund zu öffnen
oder gar zu lachen.
f
ZB
o
f
ZB
o
5
4
3
2
1
1
2
3
4
5
1226 Sondierungstiefen
und Zahnbeweglichkeit
im Anfangsbefund
Interdental werden im ästhetisch
besonders sensiblen Gebiet der
Zähne 14–24 bis zu 9 mm tiefe
Taschen gemessen.
Die Zähne sind demgegenüber
erstaunlich fest (ZB-Grad 1).
Röntgenanfangsbefund
Horizontale und vertikale approximale Knochendefekte, zum Teil
über die Hälfte der Wurzellänge
hinausgehend.
1227 Nach Schritt 1 –
Parodontalbehandlung
Das Parodont ist nach den Therapiephasen 1 und 2 weitgehend
saniert und stabil. Risikofaktoren
(genetische, erworbene) sind nicht
bekannt. Die Patientin betreibt eine
gute Mundhygiene, die während
der parodontalen Erhaltungstherapie immer wieder kontrolliert wird.
Nächster Behandlungsschritt ist
die gleichmäßige Verteilung der
Lücken durch den Kieferorthopäden.
Sammlung P. Magne, B. Dubrez
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Bei der Behandlung (Lösung) schwerer ästhetischer Probleme müssen häufig neben mukogingivoplastischen Eingriffen sowie prothetischen Interventionen auch orthodontische Maßnahmen kombiniert angewendet werden. In
solchen Fällen sollte das angestrebte Ziel genau definiert
sein, um eine adäquate Planung zu gewährleisten. Der Patient ist auf den großen Aufwand einer solchen Therapie –
zeitlich und kostenmäßig – hinzuweisen.
498
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
1228 Nach Schritt 2 – der
orthodontischen Behandlung
Mit fixen Apparaturen wurden die
Oberkiefer-Frontzähne so verschoben, dass gleichmäßig breite
Lücken entstanden.
In der jetzt vorgegebenen Stellung
ist eine Versorgung der unproportionierten Zähne mit natürlich
geformten, ideal proportionierten
Veneers, bei gleichzeitigem Verschluss der Zahnzwischenräume,
möglich.
1229 Schematische Planung
der Präparation für die speziell
gestalteten Veneers (Laminates)
Links: Präparationsgrenzen, Einschubrichtung von fazial!
Mitte: Eingesetzte Veneers spezieller Machart – natürliche Zahnform
(gelb); abgedunkelte „wings“
(orange) bilden interdentale Kontaktflächen und füllen prothetisch
die schwarzen Dreiecke!
Rechts: Präparierter Zahn und
Veneer mit „wings“ (orange),
Pfeil: Einschubrichtung.
1230 Schritt 3: prothetische
Versorgung – Präparation
klinisch
Die Zähne 13–23 sind für die Aufnahme der Verneers präpariert.
Die Schneidekanten sind erheblich gekürzt, die Präparation
reicht approximal relativ weit
nach palatinal. Die faziale Stufe
liegt gingivanah.
Rechts: Markierdiamanten, die unterschiedliche Abtragtiefen einer
Präparation präzise vorgeben.
1231 Zervikale Ansicht der
Laminates der Zähne 11 und 21
und Spiegelbild
Diese Detailansicht zeigt die
ausgeprägte Verbreiterung der
Zähne und auch Teile der aufgesetzten approximalen „wings“
(räumlich und infolge der dunkleren Färbung „zurückgesetzt“).
Gut sichtbar ist die lange Kontaktlinie. Sie reicht von den Inzisalkanten bis unmittelbar zur Gingiva,
die so eine flache „Papille“ bilden
(vgl. Abb. 1233).
Sammlung P. Magne
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Kieferorthopädische Therapie:
A. Darendeliler
Papillenverlust – prothetische Lösung mit Veneers
499
1233 Laminates in situ
Die Ästhetik ist optimal wiederhergestellt. Insbesondere fallen
der gleichmäßige Verlauf der Gingiva und die „wieder aufgebauten“ Papillen auf („rote Ästhetik“).
Links: Röntgenbild von Regio 11;
21. Das knöcherne Zahnbett ist
konsolidiert.
Wegen der vorangegangenen
kieferorthopädischen Behandlung
ist der palatinal – im Bereich des
natürlichen Schmelzes – eingeklebte dünne Retentionsdraht bis
auf weiteres belassen worden.
1234 Schlussbefund –
Lachlinie („smile line“)
Auch die „weiße Ästhetik“ ist
optimal wiederhergestellt: harmonischer Verlauf der Inzisallinie,
normale Zahnproportionen,
geschlossene Interdentalräume.
Die sensible Patientin „wagt sich
jetzt wieder unter die Leute“.
Links: Der Erfolg der Behandlung
fällt besonders im Vergleich zum
Anfangsbefund (Abb. 1225) auf.
1235 Veränderungen der
Sondierungstiefen an den
Zähnen 14–24 während der
Behandlung und im Recall
Die fazial und fazial-approximal
angegebenen drei Messungen der
Sondierungstiefen zeigen im Verlauf von 9 Jahren eine Reduktion
auf physiologische Werte.
–
9 Jahre!
2001
1999
1997
1996
1994
1992
14
13
12
11
21
22
23
24
Sammlung P. Magne
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1232 Approximale Ansicht der
Laminates der Zähne 11 und 21
auf Spiegeln
Die roten Markierungen zeigen
hier die langen approximalen
Kontaktlinien besonders gut. Mit
dem zervikalsten Teil dieser Linie
nähert man sich dem von Tarnow
(Abb. 1224) beschriebenen maximalen Abstand von 4–5 mm zum
Knochen an. Ab hier kann mittels
dieser prothetischen Maßnahme,
mit der Auffüllung des Zahnzwischenraums, mit einer „bleibenden“ Papille gerechnet werden.
500
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
Papillenverlust – prothetische Lösung mit Kronen
Die klassische Versorgung stark defekter Frontzähne ist nach
wie vor die Krone. Beide – Vollkeramikkrone und metallverstärkte Krone (VMK) – haben ihre Indikationen (Edelhoff et
al. 1998). Die semitransparente (feldspatische) Porzellankrone kommt dem natürlichen Zahn am nächsten, doch sind
gewisse Vorbedingungen zu beachten: Zahn nicht verfärbt;
keine opaken Füllungen, Befestigungszemente! Die VMKKrone ist indiziert bei stark verfärbten oder metallisch aufgebauten Zähnen (Schrauben, Stifte), insbesondere bei starken
Knirschern.
VMK- und andere, eher opake Kronen (Al- oder Zr-oxidisch)
zeigen den „Umbrella-Effekt“, also die Dunkeltönung der
marginalen Gingiva (S. 491), die auch bei aufgebrannter Stufe auftritt. Wo im Frontzahnbereich dennoch VMK-Kronen
unumgänglich sind (z. B. bei Bruxern), kann eine modifizierte Gerüstgestaltung diesen negativen Effekt „ausblenden“:
Das Metall endet 2–3 mm vor der Stufe. Diese ist rein keramisch, ohne Opaker, mit transluzentem Zement befestigt
(Magne et al. 1999, Magne 2002).
1236 Ästhetik unterschiedlicher Kronenkonstruktionen
1 Porzellanvollkrone, leicht intrasulkulärer Kronenrand: optimale Ästhetik.
2 VMK auf devitalem Zahn;
Metallstiftaufbau; Metallgerüst
endet auf der Stufe: mit „Umbrella-Effekt“.
3 VMK auf vitalem, nichtverfärbtem Zahn; Metallgerüst endet
ca. 2 mm vor der Präparationsstufe; Porzellan dort ohne
Opaker, transparenter Zement:
kein „Umbrella-Effekt“, Gingivasaum wird nicht abgedunkelt.
1
3
2
1237 Präparierte Zähne 11
und 21
Bei einer 40-jährigen Patientin mit
Parafunktionen sollen nach Parodontalbehandlung die massiv
verfärbten vitalen Frontzähne
überkront werden. Gleichzeitig
soll die Weichgewebsästhetik
(schwarze Dreiecke, fehlende
Papillen) verbessert werden.
Rechts: Wie im vorherigen Fall
(Restauration mit Veneers, S. 497 f)
werden die Zwischenräume statt
mit Papillen prothetisch – mit langen Kontaktlinien – geschlossen.
1238 Modifizierte VMKKronen auf Spiegel
Das Metallgerüst reicht nicht bis
zur Stufe. Die Kronenkeramik ist
in diesem für die „ästhetische
Breite“ wichtigen Bereich transluzent. Rot markiert die langen
axialen Kontaktlinien.
Rechts: Unteransicht der Kronen.
Die Verkleinerung des Interdentalraums erfolgt durch kleine
„Flügel“ aus Porzellan (s. auch
Abb. 1229).
Sammlung P. Magne
*
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Fall: VMK-Kronen mit „wings“, bei fehlenden Papillen.
Papillenverlust – prothetische Lösung mit Kronen
501
1240 Zahn- und Gingivaform
Trotz ihrer zervikalen Breite und
der langen Kontaktzone passen
sich die Kronen den Restzähnen
an.
Beachte die Transluzenz im Inzisalbereich und die Farbe, die sich
den Nachbarzähnen optimal anpasst. Die Zahnform wirkt dreieckig, schlank (hellere Partie), die
dunkler getönte interproximale
Partie mit den Kontaktwülsten
wird kaum wahrgenommen.
1241 Front- und Eckzahnbereich im Vorbiss des Unterkiefers
Die restaurierten zentralen Frontzähne artikulieren mit den Zähnen 42, 41 und 31. Die Patientin
ist sich der früher anamnestisch
angegebenen Parafunktionen
nicht mehr bewusst.
Beachte die gesunden parodontalen Verhältnisse und die Zahnformen im Unterkiefer.
1242 Harmonie von Inzisallinie
und Verlauf der Unterlippe
Dem Wunsch der Patientin nach
verbesserter Ästhetik konnte weitgehend entsprochen werden. Die
VMK-Kronen sind von den natürlichen Nachbarzähnen nicht zu
unterscheiden („Mimikri“).
Links: Die Plaquekontrolle muss
sowohl sorgfältig als auch effizient
sein. Sie erfolgt mit „Floss“, „Tape“
oder „Superfloss“.
Sammlung P. Magne/QuintessenzVerlag 1999
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1239 Kontaktlinien und Papillenbereich auf Modell (links)
und im Mund (rechts)
Durch die modifizierte Form der
Kronen ist der Interdentalraum
verkleinert, die fehlende Papille
stört die Ästhetik nicht
(s. Anfangsbefund, Abb. 1236).
Nicht nur ist das ästhetische
Resultat wesentlich verbessert,
auch das häufige Speien beim
Sprechen (Sprechhemmung!)
wird damit behoben.
502
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
Zahnlose Kieferkammabschnitte – Zwischenglieder
Aus hygienischen Gründen wurde früher gefordert, ein Zwischenglied (ZWG) immer punkt- oder linienförmig auf den
Alveolarfortsatz aufzulegen. Mit den erhöhten Anforderungen an die Ästhetik wurden – besonders im sichtbaren Frontzahnbereich – diese Regeln relativiert unter der Voraussetzung, dass die Patienten eine adäquate Hygiene auch unter
den neu gestalteten („designten“) Zwischengliedern betreiben.
Sattelförmige ZWG – „total ridge lap“ (Abb. 1243, A) können
jeglicher Form von Kieferkamm „angelehnt“ werden. Die
schwierige, meist mangelhafte Plaquekontrolle (Unterseite)
wurde durch die Modifikation zum „modified ridge lap“ (B;
Stein 1966) verbessert, geblieben sind die dunklen Zwischenräume (fehlende Papillen). Das „ovate pontic“ (C; Abrams 1981) wird in das modellierte Weichgewebe (mindestens 2–3 mm) eingelagert; es löst die obigen und weitere
Probleme (Illusion interdentaler Papillen, „emergence profile“; Hygiene, Phonetik etc.).
1243 ZwischengliedGestaltungen im Frontbereich
A „Total ridge lap“ ist schwierig
zu reinigen (diagonale Führung
des Superfloss).
B Modifiziertes „ridge lap“ ist
besser zu reinigen, neigt aber
von palatinal her zu unangenehmer Speiseretention.
C Ovoide sind optimal zu reinigen,
natürliches „emergence profile“. Ovoide ZWG verlangen aber
einen breiten Alveolarkamm
und eine mindestens 2 mm
dicke Schleimhaut (roter Pfeil).
1244 Nach Entfernung
eines Provisoriums mit vier
ovoiden Zwischengliedern –
Frontbereich
Mit dem Provisorium werden die
ovoiden Ausformungen im weichen Kammgewebe konsolidiert.
Bei dieser Art von ZWG formen
sich „interdental“ neue Papillen
aus (s. auch rechts). Die Zwischenglieder scheinen wie natürliche Zähne aus der Schleimhaut
herauszutreten („emergence
profile“). Diese Art Zwischenglied
ist heute die beste funktionelle
und ästhetische Lösung.
1245 Plaquekontrolle bei
ovoiden Zwischengliedern
Gleicher Patient wie oben mit
seiner neuen definitiven VMKRekonstruktion.
Superfloss ist auch hier das ideale
Hilfsmittel. Einmal „eingefädelt“
zwischen Pfeiler 13 und ZWG 12
(links), lassen sich alle Interdentalräume und die jeweilige ovoide
Basis des Zwischengliedes leicht
optimal reinigen (Mitte, zwischen
den Zähnen 11 und 21, rechts,
unter ZWG 21).
A
B
C
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Zwischenglied-Gestaltung im sichtbaren Bereich
Kammdefekte – Klassifikationen
503
Kammdefekte – Klassifikationen
Selbstverständlich können kleinere Defekte – vor allem im
ästhetisch weniger sensiblen Seitenzahngebiet – belassen
und/oder mit abnehmbarem Ersatz kaschiert werden.
Einen chirurgischen Aufbau benötigen hingegen, vor allem
im ästhetisch wichtigen Frontzahnbereich, Implantate (Knochenaufbau) oder fixe Brückenkonstruktionen (Weichgewebsaufbau; S. 505 f) für die Einlagerung der Zwischenglieder. Ein Unterlassen dieser vorbereitenden Eingriffe könnte
zu inakzeptablen strukturellen, funktionellen und vor allem
ästhetischen Kompromissen führen.
Alveolarkammdefekte
Alveolarkammdefekte –
qualitative Klassifikation
Nomenklatur nach Nomenklatur nach
Seibert 1983
Allen 1985
horizontal
bukkooraler Defekt
bei normaler Kammhöhe
vertikal
apikokoronaler Defekt
bei normaler Kammbreite
Kombination
horizontaler plus
vertikaler Kammdefekt
Klasse I
Typ B
Klasse II
Typ A
1246 Qualitative Klassifikationen aufgrund der räumlichen
Ausdehnung
Nach Seibert (1983) und nach
Allen et al. (1985):
• Klasse I (Typ B) 33 % der Fälle
• Klasse II (Typ A) 3 %
• Klasse III (Typ C) 56 %
9%
• kein Defekt
(Chen u. Schärer 1995)
Alveolarkammdefekte
–
Klasse III
Typ C
semiquantitative Klassifikation
horizontale Schweregrade
vertikale Schweregrade
Maße in Bezug
auf Zahnbogenkurvatur
Maße in Bezug auf
die benachbarten
Papillenspitzen
< 3mm
3–6mm
> 6mm
Nomenklatur
leicht
moderat
schwer
< 3mm
3–6mm
> 6mm
Nomenklatur
leicht
moderat
schwer
Prognosen im Detail
A Defektklasse
Klasse I
Klasse II
Klasse III
C horizontaler Defekt
leicht
moderat
ausgeprägt
Prognose
++
+
+/–
Prognose
++
+
+/–
B Ausdehnung des Defekts
Einzahndefekt
Zweizahndefekt
Dreizahndefekt
Vierzahndefekt
D vertikaler Defekt
kein
leicht
moderat
ausgeprägt
Prognose
++
+
+/–
–
Prognose
++
+
+/–
–
1247 Semiquantitative
Klassifikationen
Studer (1996) hat Alveolarkammdefekte nach ihrem Schweregrad
klassifiziert bezüglich der Zahnbogenkurvatur und der benachbarten Papillenspitzen.
Damit kann das Defektvolumen
bzw. die notwendige Augmentation bestimmt werden, was mit
obiger Klassifikation (Abb. 1206)
nicht möglich ist.
1248 Erfolgsaussichten von
Weichgewebsaugmentationen
Aufgrund der verschiedenen Kriterien – Dimension, Ausdehnung des
horizontalen und vertikalen Gewebeverlusts – lässt sich eine Prognose
stellen, wobei die jeweils leichtesten
und einfachsten Kammdefekte am
sichersten zu beheben sind.
Je ausgedehnter der Kammdefekt
ist (Anzahl fehlender Zähne),
umso mehr nimmt der Erfolg
einer Weichteilaugmentation ab
(Abb. 1255).
Modif. S. Studer et al. 1996
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Alveolarkammdefekte, wie sie nach Trauma, Extraktionen
oder parodontalen Erkrankungen entstehen, benötigen oft
parodontalchirurgische Korrekturen, vor der prothetischen
Versorgung. Sind Implantate (S. 511 f) oder festsitzende
Brücken geplant, sollten diese Defekte sorgfältig evaluiert,
klassifiziert und, wenn indiziert, korrigiert werden. Klassifikation der Defekte des Alveolarkamms (Seibert 1983, Allen
et al. 1985, Wang u. Al-Shammari 2002):
• horizontale Defekte H betreffen Kammbreite
V
betreffen Kammhöhe
• vertikale Defekte
• kombinierte Defekte C betreffen Breite und Höhe
504
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
Kammdefekt – prothetische Korrektur
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass chirurgische Kammaugmentationen (Weichgewebe) und prothetische Lösungen oft
kombiniert werden, wenn z. B. die operativen Korrekturversuche nicht zum vollen Erfolg geführt haben.
1249 Defekt und Ersatz
Die verloren gegangenen zentralen Frontzähne werden – als
doppeltes Zwischenglied – mittels langen, an die seitlichen
Schneidezähne geklebten Geschieben abnehmbar verankert.
Ästhetisch ist das Resultat unbefriedigend (fehlende Papillen
wegen Kammdefekt; dunkles
Dreieck); eine feuchte Aussprache
macht es nicht akzeptabel.
1250 Zahnzwischenglieder –
separates künstliches Zahnfleisch als Maske
Eine Gingivamaske wird als zweiter abnehmbarer Teil den Raum
zwischen ZWG und Kammdefekt
ausfüllen, durch den Zahnteil
„eingeklemmt“. Optimales
Resultat bei minimalen Kosten;
einfachste, wenn auch Sorgfalt
erfordernde Plaquekontrolle
(abnehmbarer Teil).
1251 Die kombinierte
Rekonstruktion in situ
Das Resultat lässt keinen Ersatz
vermuten. Der entstellende zentrale Defekt („black triangle“) wird
von der Zahnfleischmaske gefüllt/abgedeckt, ausgezogene
Papillen verschließen die offenen
Zahnzwischenräume. Der Verlauf
über den Einsern entspricht den
objektiven ästhetischen Prinzipien
(Belser et al. 1981); er geht harmonisch in das natürliche Zahnfleisch der Nachbarzähne über.
Sammlung C. Augustin
Bei einer 38-Jährigen wurden die ästhetischen Probleme
(fehlende Zähne 11; 21) nach unvollständiger Weichteilaugmentation auf einfache Art abnehmbar-prothetisch gelöst:
• Pfeilerzähne 12 und 22 mit minimal invasiven, geklebten,
geschiebeartigen Attachments für die ZWG
• zentrale Inzisivi als VMK-Zwischenglieder (ZWG) in den
natürlichen Proportionen (Länge und Breite)
• Zahnfleischmaske aus rosa Porzellan, separat
Die gesamte Rekonstruktion (Zähne, Zahnfleisch) ist für die
Hygiene herausnehmbar; die Ästhetik ist optimal.
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Wie bereits erwähnt, ist die einfachste prothetische Korrektur eines Kammdefekts die mit einer abnehmbaren Modellgussprothese. Aufwändiger, dafür ästhetisch besser, sind festsitzende oder bedingt abnehmbare Konstruktionen, z. B. auf
Teleskopen oder Stegen.
Kammdefekte – chirurgische Korrektur – Methoden
505
Kammdefekte – chirurgische Korrektur – Methoden
Techniken zur Weichteilaugmentation
• Rolllappen (Abrams 1980)
Indikation: Klasse-I-Defekte mit leichtem Schweregrad,
Einzelzahngebiet
Kontraindikation: zu dünne Gaumenschleimhaut
Vorteile: nur eine Operationsstelle; gute Ästhetik
Nachteile: limitierte Ausdehnung
• subepitheliales Bindegewebstransplantat
(Langer u. Calagna 1982)
Indikation: Klasse I-, -II- und -III-Defekte
Kontraindikation: dünne Gaumenschleimhaut („Donor“)
Vorteile: gute Ästhetik, minimales Risiko, großer Volumengewinn, kein Epitheldefekt im Gaumen
• Onlay-Transplantat (Seibert 1983a)
Indikation: Klasse-II-, aber auch Klasse-I- u. -III-Defekte
Vorteile: großer Volumengewinn
Nachteile: tiefe Gaumenwunde, ist zu decken
Gestielter Rolllappen
1252 Rolllappentechnik
Links: Deepithelisierung der
Schleimhaut palatinal und Inzision
für Bindegewebslappen.
Mitte: Mobilisierung eines Bindegewebslappens palatinal und fazial
(supraperiostale Weichteiltasche).
Rechts: Einschlagen des palatinalen
Lappens in die faziale „Tasche“.
Nahtfixation. Sekundärheilung der
palatinalen Wunde; Verband.
Cave: Die benachbarten Papillen
dürfen nicht verloren gehen.
Inlay-Graft, „Pouch“, „ interpositional techniques“
1253 Bindegewebstransplantation – Taschentechnik
(„envelope, poach“)
Links: Bildung eines großen,
dicken, trapezförmigen Spaltlappens von fazial bis weit nach palatinal (seitlich Vertikalinzision und
palatinale Horizontalinzision).
Mitte: Das aus dem seitlichen Gaumen entnommene Bindegewebe
wird auf dem Periost platziert und
mit Nähten fixiert.
BGT
Onlay-Graft
Rechts: Der Spaltlappen deckt das
Transplantat.
1254 Onlay-Transplantattechnik
Links: Das deepithelisierte
Empfängerbett wird mit kleinen
Einschnitten versehen, um die
Ernährung und Revaskularisierung
des Transplantats zu gewährleisten. (Teil-)Misserfolge sind relativ
häufig!
Mitte: Transplantatbett und FST.
FST
Rechts: FST in situ. Das stützende
Provisorium hat während der
postoperativen Phase druckfrei
anzuliegen (cave: Schwellung).
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Kammkorrekturen im sichtbaren Bereich können mit Weichgeweben für Brückenzwischenglieder durchgeführt werden.
506
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
Kammaugmentation mit teilepithelisiertem Bindegewebstransplantat
Bei Frontzahnverlust mit gleichzeitigem schwerem Kammdefekt ist eine definitive Kammrekonstruktion mit unterschiedlichen Techniken möglich:
• Defektaufbau durch Kunststoff, abnehmbar
• Zahnersatz durch Modellgussprothese (billig, einfach) oder
Teleskopkonstruktion (aufwändig)
• Weichteilaugmentation mit anschließender Versorgung
mit fixer Brückenkonstruktion
• Knochenaufbau und Zahnimplantate
1255 Präoperativer Befund
Situation 6 Monate nach Unfall:
Drei Frontzähne fehlen; der Kamm
zeigt in horizontaler Richtung einen
moderaten, vertikal einen schweren Defekt.
Während der Heilungszeit trug der
Patient ein einfaches, abnehmbares Klammerprovisorium.
Planung: Kammaufbau mit Weichgewebe, kombinierte Inlay-/OnlayGraft-Technik.
Rechts: Ausschnitt aus OPT – ausgeprägtester Knochendefekt!
1256 Schnittführungen
Horizontalinzision, 2–3 mm palatinal vom Alveolarkamm.
Vertikalinzisionen bis in die bewegliche Schleimhaut. Die Papillen der
benachbarten Zähne (13 und 22)
werden geschont.
Rechts: Ansicht im orofazialen
Schnitt nach Bildung eines Spaltlappens. Das geplante große, keilförmige Transplantat, das später aus
dem Gaumen entnommen wird, ist
an seiner Basis schmaler als auf der
Höhe des neu geplanten Kammes.
1257 Phase 1:
Lappenbildung
Wegen der alten Narben und der
ungleichmäßigen Knochenkontur
ist es ziemlich schwierig, den
Spaltlappen zu präparieren. Er
wird vorläufig mobilisiert und in
situ belassen, damit der Operateur sich nun der 2. Phase des
Eingriffs, der Entnahme des Transplantats aus dem Gaumen widmen kann.
Fall:
Sammlung S. Studer und A. Adler
Die Wahl der Lösung ist abhängig von der Ausdehnung des
Kammdefekts, der definitiven Rekonstruktion, deren Prognose, den Wünschen und Möglichkeiten des Patienten und
seiner Mitarbeit.
Bei einem knapp 19-jährigen Patienten hat man sich nach
seinem schweren Unfall mit dem Moped zu einer Weichteilaugmentation und anschließender Brückenversorgung seines ausgedehnten Frontzahn- und Kieferkammdefekts der
Klasse 3 (Seibert 1983, S. 505) entschlossen.
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Vorgehen Schritt für Schritt
Kammaugmentation mit teilepithelisiertem BGT
507
1258 Phase 2:
Transplantatentnahme
Großes, teilweise epithelbedecktes Transplantat, das aus Regio
22–26 des Gaumens entnommen
wurde. Fettgewebe wird in
diesem Fall zur Augmentation
bewusst belassen (ohne tragende
Funktion!).
1259 Phase 3:
Transplantat in situ
Der horizontale und vertikale, sich
über drei Zähne erstreckende
Defekt ist durch das sehr große
Transplantat gänzlich ausgefüllt.
Es ist palatinal mit resorbierbaren
Nähten fixiert. Wenn immer möglich, sollten nur diese Nähte verwendet werden, damit die Annahme des Transplantats nicht durch
die Nahtentfernung gestört wird.
1260 Unmittelbar
nach der Operation
Der zu Beginn des Eingriffs präparierte Spaltlappen ist über den
nichtepithelisierten Anteil des
Transplantats reponiert und an
dessen Rand zur keratinisierten
Mukosa mit nichtresorbierbaren
Nähten fixiert worden. Dann Verschluss der Vertikalinzisionen.
Schwellungsprophylaxe.
Links: Der faziale Lappen bedeckt
den nichtepithelisierten Teil des
Gaumentransplantats, während
dessen epithelisierter Teil freiliegt.
1261 8 Tage nach Operation –
orale Ansicht
Die primäre Heilung ist weitgehend abgeschlossen. Das Transplantat wurde bewusst etwas zu
groß bemessen, um die erwartete
Schrumpfung (ca. 20 %) zu kompensieren.
Der Patient spült während 14 Tagen mit CHX-Lösung; nachher
CHX-Spray im OP-Gebiet.
Das freigeschliffene Provisorium
soll jederzeit druckfrei im Operationsbereich sitzen.
Sammlung S. Studer und A. Adler
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Links: Situationsnähte über der
Entnahmestelle. Als Verband
dient das Plattenprovisorium.
508
Perioprothetik 2 – Zusatzmaßnahmen, Ästhetik
1263 Zustand nach 9 Monaten
Die Zwischenglieder (ZWG) der
vor 7 Monaten eingesetzten provisorischen Brücke (modif. „ridge
lap“) berührten während der Maturationsphase die augmentierten Weichteile linienförmig nur
leicht im fazialen Bereich (Phonetik, Ästhetik).
Rechts: Im Schema ein ZWG des
Brückenprovisoriums. Rot gestrichelt die geplante Auskehlung
(für ovoides ZWG) des mindestens
3 mm dicken Kammgewebes (hier
problemlos).
1264 Chirurgische Auskehlung
des Kammes
Mit einem chirurgischen Kleineingriff wurden für die Einlagerung
der 3 Zwischenglieder seichte Dellen gebildet; sie sind nach 2 Wochen (Bild) bereits epithelisiert.
Damit treten nun die ovoid umgestalteten ZWG wie natürliche
Zähne direkt aus dem Kamm heraus, es werden künstlich Papillen
geschaffen.
Rechts: Instrumente zur Gestaltung
der Weichgewebsdellen: 5-mmDiamantkugel oder Elektroschlinge.
1265 Definitive Rekonstruktion – 2 Jahre nach Operation
Die marginale Gingiva verläuft
girlandenförmig, die Zähne
scheinen aus dem Kammgewebe
herauszutreten („emergence profile“). Die Zahnzwischenräume
sind teils mit den neu gestalteten
Papillen geschlossen, teils mit den
langen interdentalen Kontaktflächen der ZWG bzw. Pfeilerzähne (vgl. Abb. 1262).
Rechts: Im Schema die gut zu
reinigenden, ovoid gestalteten
ZWG (VMK-Rekonstruktion).
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1262 Zustand 2 Monate
nach der Operation –
vorpräparierte Pfeilerzähne
Die zahnlosen Schleimhautabschnitte sind weitgehend verheilt.
Der Kieferkamm weist in horizontaler und vertikaler Dimension
fast physiologische Formen auf,
sodass die Zwischenglieder in
einem normalen Zahnbogen aufgestellt werden können.
Die Zähne 13; 22 und 23 sind für
das initiale fixe Provisorium bereits
vorpräpariert.
Kammdefekt – Aufbau mit Weichgewebstransplantat – Epikrise
509
Kammdefekt – Aufbau mit Weichgewebstransplantat – Epikrise
Augmentationen können auf diverse Art erfolgen. Die Wahl
hängt von der geplanten Rekonstruktion (Prothese, Brücke,
Implantate; „Rückwärtsplanung“) ab. Ferner spielen Patientenfaktoren wie Operationsfreudigkeit, Compliance, ästhetische Erwartungen eine entscheidende Rolle.
Bei dem Fall des 19-jährigen Patienten waren diese Grenzen
sicher erreicht. Der große Defekt in vertikaler und horizontaler Richtung erforderte ein sehr umfangreiches Transplantat, dessen Einheilung nicht mit Sicherheit voraussehbar
war. Auch ist die Entnahme eines so großen Gewebeteiles
aus dem Gaumen nicht problemlos und für den Patienten
belastend. Weitere ausfüllende und modellierende Nachoperationen sind zuweilen notwendig.
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Während für die Osseointegration von Implantaten knöcherne Augmentationen erforderlich sind, genügen bei Brückenkonstruktionen Weichgewebsaufbauten, vor allem wenn im
sichtbaren Bereich ovoide Zwischenglieder („ovate pontics“,
„emergence profile“) eingelagert werden sollen.
Solche Weichgewebsaugmentationen sind aber bezüglich
Ausdehnung und Volumen begrenzt (Spendergebiet!).
(Abb. 1266 L/R, 1267 L/R)
Planungsproblem: fixe Brücke oder Implantate?
Auf den Modellen wird die Ausdehnung der kombinierten
vertikalen (oben links) und horizontalen (oben rechts)
Defektanteile besonders deutlich: Klasse 3 (Seibert 1983).
Klinische Bilder nach 2 (unten links) und 9 Monaten: Die
Defektbehebung ist risikoreich (Ausdehnung, Maße). Trotz
der aus der Fallanalyse resultierenden, wenig sicheren
Prognose wurde bei diesem jungen Patienten der festsitzenden Brücke – nach vorheriger, ausgedehnter Weichgewebsaugmentation – der Vorzug gegeben.
Einer Implantatlösung als Alternative standen in diesem Fall
die folgenden, entscheidenden Nachteile entgegen:
• Alter 19 Jahre, männlich: Wachstum bzw. Zahneruption
nicht sicher abgeschlossen; Compliance?
• Dauer/Ausdauer: Heilung nach gesteuerter Knochenregeneration (GBR) und Implantatsetzen dauert (Maturation
des neuen Knochens); mehrere Provisorien?
• Chirurgie: Aus ästhetischen Gründen (Frontbereich) sind
in der Regel mehrere Eingriffe notwendig (Vestibuloplastik? BG-Transplantate vor GBR?
• Ästhetik: Problematisch sind u. a. Zahnstellung, „emergence profile“, Papillenaufbau? Umbrella-Effekt (S. 491).
Parodontologie und Zahnimplantate s. nächste Seiten.
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