Auf den Spuren der Partisanen im Salzkammergut

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Auf den Spuren der
Partisanen im
Salzkammergut
Landkarte aus “Partisan der Berge”
von Sepp Plieseis
Kommunistischer Widerstand
gegen das Naziregime von 1938
bis 1945 im Bezirk Gmunden
Seite 2
Vorwort
Diese aktualisierte und erweitere
Neuauflage einer 1998 erstmals erschienenen Dokumentation ist ein
Beitrag zum 70. Jahrestages der Annexion Österreichs durch Nazideutschland im März 1938 und eine
Würdigung des Widerstandes gegen
den Hitlerfaschismus in den Jahren
1938 bis 1945.
Die KPÖ hat bereits in der Nacht des
Einmarsches der Hitlertruppen in einem
Aufruf ihren Willen für das Wiedererstehen eines unabhängigen Österreich
bekräftigt und damit den im “Moskauer
Memorandum” der Alliierten von 1943
geforderten “eigenen Beitrag” zur Befreiung ernst genommen.
In Oberösterreich war neben Linz,
Steyr und Wels vor allem das Salzkammergut ein Schwerpunkt des Widerstandskampfes, wobei dieser hier sogar
die Form des Partisanenkampfes annahm. Durch eine bis zu 600 Personen
umfassende Bewegung wurden gewaltige Kräfte der Nazis gebunden.
Diese Dokumentation soll aber auch
die Arbeit von zwei Kommunisten würdigen, die sich für die Aufarbeitung des
Widerstandes im Salzkammergut besondere Verdienste erworben haben.
Prof. Peter Kammerstätter (1911-1993)
im Rahmen seiner unermüdlichen Forschungen zur Geschichte des Widerstandes auch die Partisanenbewegung
durch umfangreiche Materialsammlungen dokumentiert. Und Prof. Franz
Kain (1922-1997) hat neben zahlreichen journalistischen Beiträgen dem
Widerstand im Salzkammergut in seinem Buch “Der Weg zum Ödensee”
auch literarisch ein Denkmal gesetzt.
Widerstand im Bezirk Gmunden
Auf dem Boden jahrhundertelanger Traditionen
Zum Widerstand der KPÖ im
Salzkammergut
Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet im Salzkammergut eine sehr breite
und intensive Widerstandsbewegung gegen den Nazifaschismus entstand, vielmehr hat dies auch mit den besonderen historischen Traditionen des Salzkammergutes und seiner ArbeiterInnenbewegung zusammen.
Dieser Widerstand entwickelte den
Charakter einer Partisanenbewegung,
wie sie zwar für Länder wie Jugoslawien, Albanien, Italien, Frankreich und
die Sowjetunion typisch war, in Österreich in ähnlicher Weise aber ansonsten
nur in der Steiermark und Kärnten verzeichnet wurde.
Aktive KPÖ im Bezirk
Auf dieser radikalen Tradition und
den Auswirkungen der russischen Oktoberrevolution entstand in den 20er
Jahren auch die KPÖ im Salzkammergut, die ihre Zentren in Steyrermühl,
Grünau, Gmunden, Ebensee, Ischl und
Goisern hatte und bereits 1933 verboten
wurde.
Die Sektion der KPÖ in Gmunden,
offiziell 1930 im Gasthaus „Mühlwang“ gegründet, rief Anfang der 30er
Jahre ein Arbeitslosenkomitee ins Leben, auf dessen Forderung die Gemeinde eine öffentliche Wärmestube einrichten mußte und beteiligte sich auch
1932 an berühmten „Hungermarsch“ in
Linz. Josef Ehmer, der Verantwortliche
für das „Bezirksecho“ war in diesen
Komitee unermüdlich tätig und organisierte nach Linzer Vorbild auch in
Gmunden einen solchen „Hungermarsch“, an dem den nicht wenige Arbeitslose teilnahmen. Ehmer wurde ver-
haftet und zu einer empfindlichen Arreststrafe verurteilt.
Ebensee war 1934 auch Schauplatz
der Februarkämpfe, die Solvay-Arbeiter streikten, Bahnhof und Postamt wurden besetzt bis am nächsten Tag das
Bundesheer den Februaraufstand niederschlug. Viele von der Politik der Sozialdemokratie enttäuschte Arbeiter
schlossen sich in der Folge der KPÖ an.
In der Illegalität ab Mai 1933 war die
Gmundner KPÖ organisatorisch mit der
Landesleitung Linz verbunden, während das obere Salzkammergut mit
Salzburg zusammenarbeitete. Der spätere KPÖ-Landesobmann Franz Haider
nahm oft an den konspirativen Zusammenkünften teil. Diese Sitzungen, bei
denen die politische Lage beraten und
verschiedene Aktionen vorbereitet wurden, fanden bei der kommunistischen
Familie Pauline und Johann Beranek in
Pinsdorf statt.
Widerstand gegen
Austrofaschismus
Vom Widerstand der von Josef Ehmer, Matthias Hitzenberger und Josef
Jaritsch geleiteten KPÖ im Bezirk
Gmunden gegen den Austrofaschismus
zeugen zahlreiche Verhaftungen in den
Jahren zwischen 1934 und 1938. So
wurde bereits 1934 Franz Flachberger
Erika Krenn,
KPÖ-Bezirkssprecherin Gmunden
Leo Furtlehner,
KPÖ-Landessprecher OÖ
März 2008
Impressum: Medieninhaber (Verleger), Herausgeber, Hersteller: KPÖ-Oberösterreich, Melicharstraße 8, 4020 Linz, Telefon +43 732
652156, Mail [email protected], Web ooe.kpoe.at
Linzer KommunistInnen bei einer von Prof. Peter Kammerstätter geleiteten
Fahrt im Juni 1993 vor der "Villa Waldhütte"
Widerstand im Bezirk Gmunden
aus Bad Ischl verurteilt, weil in seinem
Haus kommunistische Druckwerke gefunden wurden. 1936 erfolgten bei einer illegalen Versammlung auf der Hoisenradalm bei Ischl 13 Verhaftungen.
Am 1. Mai 1936 wurde auf dem Schlot
des Solvay-Werkes in Ebensee demonstrativ eine rote Fahne gehisst.
In Polizeiberichten wird über durch
Radfahrer hergestellte Verbindungen
zwischen Steyrermühl und dem oberen
Salzkammergut berichtet. Auch wurde
festgestellt, dass der „Arbeiterstand der
Saline (200 Mann) durchaus kommunistisch gesinnt” ist und sich in der Papierfabrik Steyrermühl „wenig Begeisterung und Verständnis” für die austrofaschistische Gewerkschaft besteht.
Als besonders aktiv erwies sich die
sogenannte „OKA-Gruppe“ (Beranek,
Holy, Huemer) die am Schlot der Hatschek-Zementfabrik und auf verschiedenen Nochspannungsmasten rote Fahnen hisste und Flugblätter gegen den
„grünen Faschismus“ herstellte und
verteilte. In den letzten Tagen vor der
Annexion Österreichs durch hitlerdeutsche Truppen gelang es in Gmunden sogar eine lokale „Volksfront“ zu organisieren, die freilich nicht mehr politisch
wirksam werden konnte.
Gegen den „Anschluss”
Von Anfang an gab es daher im Bezirk Gmunden auch Widerstand der
KPÖ gegen den Nazifaschismus nach
der Annexion Österreichs durch Hitlerdeutschland im März 1938, wobei das
untere Salzkammergut mit Linz, das
obere hingegen mit Salzburg in Verbindung stand. So wurde Ende April 1938
in Laakirchen Franz Schallmeisner wegen Flugblattverteilungen gegen den
„Anschluss”, in Bad Ischl wurde Max
Gottwald wegen „Erregung von Unru-
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he” verhaftet. Schon ab 1940 bestand in
Bad Aussee die Widerstandsgruppe um
Albrecht Gaiswinkler, Hans Moser und
Valentin Tarra.
Die Ischler Gruppe der KPÖ wurde
bis 1941 vom Metallarbeiter Johann
Leimer aus Bad Goisern, in den Jahren
1941 und 1942 vom Salinenarbeiter Josef Kasberger aus Ebensee geleitet. Ein
wichtiges Zentrum des illegalen Kampfes war bis zur Verhaftung der wichtigsten Aktivisten im Jahre 1941 der KJV in
Bad Ischl, der seinen Schwerpunkt in
der „Literaturarbeit” – der Verbreitung
illegaler Flugblätter – hatte. Im Dezember 1941 wurden Josef Huber, Leopold
Scheutz, Alois Straubinger, Franz Kain,
Alois Zeppezauer, Herbert Filla, Ferdinand Kurzböck und Karl Adamec angeklagt.
Im April 1942 folgte die Anklage gegen Franz Föttinger, Friedrich Hirnböck und Raimund Zimpernik. Weitere
Verhaftungswellen folgten im Juni
1942 in Goisern (Johann Leimer, Martin Langeder, Josef Huemer, Johann
Holly und Georg Hohenberger) und im
September 1942 in Ebensee (Josef Kasberger, Josef Kefer und Maria Kasberger) sowie in Bad Ischl (Franz und Maria Wimmer).
Die politische Verbreiterung der Widerstandsbewegung und das Entstehen
der Partisanenbewegung erfolgte dann
1943 auf Initiative von Sepp Plieseis
nach dessen – durch Agnes Primocic,
Mali Ziegleder und Theresia Pesendorfer organisierte – Flucht aus dem Außenlagers des KZ Dachau in Hallein ins
heimatliche Salzkammergut.
Leo Furtlehner
Linzer KommunistInnen bei einer von Prof. Peter Kammerstätter geleiteten
Fahrt auf den Spuren des Widerstandes im Juni 1993 auf der Postalm
Literatur
¯ Gaiswinkler Albrecht, Sprung in die
Freiheit, Wien, 1947
¯ Gmunden 1938, Friedensgruppe
Gmunden, Eigenverlag, Gmunden, 1988
¯ Hammer Katharina, Glanz im Dunkel,
Die Bergung von Kunstschätzen im Salzkammergut am Ende des 2. Weltkrieges,
ÖBV Publikumsverlag, Wien, 1990
¯ Huber Ursula, Widerstandsbewegung
im Salzkammergut 1933 bis 1945, Hausarbeit, Pädagogische Akademie der Diözese Linz, 1977
¯ Jachs Sepp, 40 Jahre KPÖ 1918-1958,
KPÖ-Gmunden, 1958
¯ Gugglberger Martina, „Versuche,
anständig zu bleiben“ - Widerstand und
Verfolgung von Frauen im Reichsgau
Oberdonau. In: Hauch Gabriella (Hg.),
Frauen im Reichsgau Oberdonau, Geschlechtsspezifische Bruchlinien im
Nationalsozialismus, Reihe: Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus, Band 5, OÖ Landesarchiv, Linz,
2006
¯ Kammerstätter Peter, Aus der Geschichte der KP Oberösterreichs. Daten
und Hinweise auf Materialien und Ereignisse. Manuskript, Linz, 1978
¯ Kammerstätter Peter, Dem Galgen,
dem Fallbeil, der Kugel entkommen, Edition Geschichte der Heimat, Grünbach,
2006
¯ Kammerstätter Peter, Materialsammlung über die Widerstands- und Partisanenbewegung Willy-Fred im Oberen
Salzkammergut 1943 bis 1945, Eigenverlag, Linz, 1978
¯ Karny Thomas, Lesebuch zur Geschichte der Oberösterreichischen Arbeiter, Edition Geschichte der Heimat, Grünbach, 1990
¯ Plieseis Sepp, Vom Ebro zum Dachstein, Lebenskampf eines österreichischen
Arbeiters, Linz, Verlag Neue Zeit, 1946,
400 Seiten, Neuauflagen unter dem Titel
„Partisan der Berge“, ab 1971
¯ Slapnicka Harry, Oberösterreich als es
“Oberdonau” hieß, 1938-1945, Landesverlag, Linz, 1978
¯ Tidl Marie, Frauen im Widerstand,
BDFÖ, Wien, 1977
¯ Topf Christian, Auf den Spuren der
Partisanen, Zeitgeschichtliche Wanderungen im Salzkammergut, Edition Geschichte der Heimat, Grünbach, 1996
¯ Vogl Friedrich (Hg.), Österreichs Eisenbahner im Widerstand, Verlag des
ÖGB, Wien, 1968
¯ Widerstand und Verfolgung in Oberösterreich 1934-1945, Band 1-2, Bundesverlag Wien, 1982
¯ Zimpernik Raimund, Der rote Strähn,
Dokumentation über den antifaschistischen Widerstand im Salzkammergut, Eigenverlag, Bad Ischl, 1995
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Widerstand im Bezirk Gmunden
Fred, Willy und die Österreichische Widerstandsbewegung
Enorme Kräfte der Nazis
gebunden
Im Ausseer Gebiet waren die Organisatoren der KPÖ die Gebrüder Egger,
Hans Moser, Karl Feldhammer, Walter Peer, Albrecht Gaiswinkler und andere. In Goisern waren es Martin Langeder, der Jugendorganisator war Alois
Straubinger usw. In Bad Ischl und über das obere Salzkammergut hinaus war
der Organisator Franz Jaritsch, Johann Rettenbacher und andere, dazu stießen Sepp Plieseis, Karl Seidl, die Familien Sams, Pesendorfer usw.
Von der illegalen KP-Organisation
Bad Ischl nehmen in Spanien im Kampf
gegen den Franco-Faschismus Sepp
Plieseis, Franz Jaritsch, Karl Seidl,
Hans Stadler, Josef Vorkner teil. Eine
ganze Reihe von Kommunisten des
oberen Salzkammergutes werden in der
Zeit von 1934-1938 wegen illegaler Betätigung in die Kerker geworfen. Nach
dem Einmarsch der Hitlertruppen werden einige vorübergehend inhaftiert,
aber sofort nach ihrer Entlassung wird
die Aufklärungsarbeit gegen den Hitlerfaschismus aufgenommen.
Es erfolgen die Verhaftungen der
OKA-Arbeiter im Bezirk Gmunden, mit
ihnen wird der Goiserer Organisator
Martin Langeder verhaftet. Dann wiederum griff die Gestapo in Bad Ischl zu,
es werden Hans Rettenbacher, Fritz
Hirnböck, Johann Flachberger und die
KJVler Raimund Zimpernik, Josef Filla, Feri Kurzböck, Hans Zeppezauer
und von Goisern Alois Straubinger und
Franz Kain verhaftet. Trotz dieses
Schlages wird die Parteiarbeit in Ischl
von Franz Kefer und in Goisern von
Hans Laimer wieder weitergeführt.
Nach wenigen Monaten trifft auch sie
das Los, von der Gestapo verhaftet zu
werden, und neue Funktionäre treten an
ihre Stelle.
Die Tätigkeit gegen das nationalsozialistische Regime in dem Gebiet von
Bad Ischl bis ins Ausseerland ist trotz
Verhaftungen und dass eine Reihe von
kommunistischen Funktionären und
Mitgliedern zum deutschen Heer eingezogen wurden, kaum unterbrochen worden. Den Ausseer Kommunisten ist es
gelungen, ohne dass ihre Tätigkeit
durch Verhaftungen unterbrochen worden wäre, 1940 eine Widerstandsorganisation zu bilden, vielmehr vorerst eine
Leitung, die weit über ihre Reihen hinausging.
Nach der gelungenen Flucht aus Gefängnis und Konzentrationslager von
Alois Straubinger, Karl Gitzoller
(1942) und Sepp Plieseis (August 1943)
kommt im November das erste Zusammentreffen dieser zustande und damit
der Beginn des Zusammenschlusses aller Widerstandsgruppen zu einer ein-
heitlichen und geschlossenen Widerstandsorganisation im oberen Salzkammergut, die gemeinsam gegen das nationalsozialistische Regime kämpfte.
Die Organisation bekam den Namen
Willy, unter diesem Namen vereinte
man alle bestehenden Gruppen und
Verbindungen von Einzelpersonen im
Gebiet von Bad Ischl bis zum Pötschenpaß, und erst nach diesem erfolgte der
Anschluss der Bewegung im Ausseergebiet.
Später wurde eine Namensänderung
der Widerstands- und Partisanenbewegung notwendig. Der Name Willy war
so bekannt geworden und mit der Person Sepp Plieseis so eng verbunden,
dass es sehr notwendig wurde, den Namen auf Fred zu korrigieren, auch die
führenden Mitglieder fanden es notwendig, ihre schon vorhandenen illegalen Namen zu ändern. Am Ende des
Krieges wurde der Name nochmals geändert auf Österreichische Freiheitsbewegung. Im Untergrund war es aus konspirativen Gründen notwendig, eben
Namen wie Willy, Fred zu verwenden,
beim Übertritt in die Legalität war es
notwendig, unter der Fahne, für die gekämpft worden ist, aufzutreten.
Die Aufgabenverteilung und die
Durchführung war nichts Starres, es
veränderte sich ständig je nach Situation und Entwicklung der Dinge und
natürlich auch nach der Verfolgung
durch das NS-Regime. Die gesamte Bewegung, die Beteiligten muß man in
mehrere Gruppen mit verschiedenen
Aufgaben einteilen. Eine davon waren
jene Menschen, die aus dem Gefängnis
und KZ geflüchtet sind, es waren jene,
die nicht mehr von ihrem Heimat- oder
Fronturlaub eingerückt sind, und solche, die den Einrückungsbefehlen oder
der Aufforderung nicht nachgekommen
sind, die im Untergrund lebten. Hoch
oben im Gebirge oder im Tal im Verborgenen, je nach Situation und Jahreszeit, waren sie jederzeit bereit mit der
Waffe in der Hand den Kampf mit dem
Gegner aufzunehmen.
Die zweite Gruppe der Beteiligten
waren in den Betrieben Beschäftigte
oder sind anderen Tätigkeiten nachge-
Sepp Plieseis (1913-1966) war der
wichtigste Organisator der Widerstandsbewegung im Salzkammergut.
gangen, die unermüdliche Aufklärungsarbeit, bis zur Sabotage leiteten. Dazu
gehörten auch jene, die alles taten, bis
zur Selbstverstümmelung, um nicht einrücken zu müssen. Die nach ihrer Genesung in den Betrieben, in denen sie beschäftigt waren, weiter für die Bewegung tätig waren. Das war die große
Masse der Gesamtbewegung.
Und der dritten Gruppe oblag es,
Verbindungen herzustellen, illegale
Quartiere zu besorgen, die Versorgung
mit Lebensmitteln zu gewährleisten und
andere Dinge für die im Untergrund Lebenden zu beschaffen. Natürlich konnten sie dies nicht alleine tun, sie wurden
von der zweiten Gruppe unterstützt. Bei
dieser Gruppe nehmen die Frauen einen
ganz hervorragenden Anteil ein.
Die Tätigkeit der Frauen erstreckte
sich von der Organisierung der Flucht,
von Überbringung von Nachrichten bis
zur Versorgung. Manche wurden auch
für Waffen-, Munitions- und Sprengstofftransporte eingesetzt. Ohne Frauen
wäre diese ganze Bewegung unmöglich
gewesen. Alle Beteiligten und Sympathisierenden haben auch große materielle Opfer auf sich genommen. Die Größe
ist nicht abzuschätzen.
Die vierte Gruppe waren die Ausländer. Wenn sie in der ganzen Widerstandsbewegung nicht so zum Tragen
gekommen sind, hatte das seinen
Grund, denn die Organisatoren der Bewegung sahen zwar große Möglichkeiten, mit ihnen zusammenzuarbeiten,
aber sie versuchten nur einzelne in die
Bewegung hereinzuziehen, denn bei einer größeren Anzahl wäre die Unterbringung und auch die Versorgung auf
Schwierigkeiten gestoßen. Sie gehörten
u. a. zum Bestandteil der Bewegung
und zur Betreuung. Es galt, diesen Leu-
Widerstand im Bezirk Gmunden
ten ihr schweres Los, das sie in der
Fremde tragen mußten, zu erleichtern
und ihnen das Gefühl zu vermitteln,
dass sie unter österreichischen Freunden leben, nicht aber Feinden.
Die letzte, eine kleine Gruppe, die
unter der Führung von Albrecht Gaiswinkler stand, war von den Alliierten
für andere Aufgaben im oberen Salzkammergut mit dem Fallschirm abgesetzt worden. Die ihr gestellte Aufgabe
nach dem Absprung konnte sie nicht
mehr durchführen, aber sie konnte doch
noch in den letzten Tagen des NS-Regimes Wertvolles für die Befreiung unseres Landes beitragen. Die Gesamtbewegung, die unter der Führung von
Sepp Plieseis stand, versuchte mit den
Alliierten Verbindung aufzunehmen,
um von ihnen Waffen und anderes
Kriegsgerät zu bekommen. Es ist ihnen
nicht gelungen, diese Verbindung herzustellen.
Es wirft sich die Frage auf, wo und
wie muß man diese Bewegung einreihen, einstufen. Ist sie eine Widerstandsoder eine Partisanenbewegung? Wenn
man im Lexikon nachliest, wird man
dort Partisanenbewegung als bewaffnete Widerstandskämpfer, die in einer
Kampfgruppe auf dem Heimatboden im
Rücken des Feindes gegen den Aggressor kämpfen, bezeichnet sehen. Die Widerstandsorganisation wird bezeichnet
als eine Organisation, die die Beeinträchtigung der Tätigkeit der Organe
des Staates durch gewaltsamen Widerstand gegen die Durchführung einer
staatlichen Maßnahme oder den tödlichen Angriff auf einen Staatsfunktionär
wahrend der Ausübung seines Amtes
zum Ziel hat.
Somit kann man aus der obigen Erklärung ableiten, dass die Bewegung im
oberen Salzkammergut einschließlich
des Ausseerlandes, in der etwa 600
Menschen vereint waren, von denen
man eine Reihe als Angehörige einer
Elite bezeichnen kann, die ständig mit
Pistolen, Maschinenpistolen, Handgranaten bewaffnet waren, die jederzeit bereit waren, von diesen Schusswaffen
Gebrauch zu machen, um sich zu verteidigen oder in Angriff überzugehen, als
eine Widerstands- und Partisanenbewegung zu bezeichnen ist, trotzdem sie
kein NSDAP-Parteilokal oder einen
Gendarmerieposten überfallen und auch
keine Funktionäre der NSDAP beseitigt
hat.
Sie hat in diesem Gebiet durch ihre
Anwesenheit und ihr Verhalten erreicht,
dass viele gegnerische Kräfte gebunden
wurden, dass die Sympathie für ihre Bewegung im ständigen Steigen begriffen
war und dass ihre Agitation und die
Auseinandersetzung mit der Ideologie
des Nazismus fruchtbringend war. Sie
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hat durch ihr Vorhandensein, durch
Verschwinden und Wiederauftauchen
die Gestapo, SS und Gendarmerie ständig in Unruhe versetzt und Aktionen
ausgelöst.
Eine solche wurde im September
1944 mit über 50 Mann Gestapo, SS
und Gendarmerie in dem Gebiet der
Schoberwiesenalm, Appel-Haus, Wildenseealm durchgeführt, um die Partisanen zu stellen. Die Partisanen wussten von dieser Aktion, sie haben sich
nicht gestellt. Ein beteiligter Gendarm
berichtete über diese Aktion: ”Sie hätten uns jederzeit abschießen können,
ohne dass wir in ihre Nähe gekommen
waren.” Sie hätten dies können, aber sie
sind ihnen aus dem Wege gegangen.
Dadurch ist es ihnen gelungen, ihre
Verfolger über ihre Größe und Kampfkraft im unklaren zu lassen.
Die Gestapo versuchte, die Widerstands- und Partisanenbewegung und
ihre Anhänger mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen, sei es durch
Provokation, durch Spitzel, Erpresser,
Herausfordern zu bekämpfen. Es gelang ihnen nur in Einzelfällen, ansonsten gingen die Aktionen in die Leere.
Von ganz großen Aktionen mußten sie
absehen, sie wollten zwar dieses Gebiet
von den Feinden des Nationalsozialismus säubern - wegen der Alpenfestung,
der Luftschutzkeller für die NS-Prominenz, Sammelbecken für die geflüchteten Satellitenregierungen des NS-Regimes und der vielen Lazarette, die sich
im Salzkammergut befanden.
Zur selben Zeit, als die Gestapo die
Schoberwiesenalm-WiIdenseealm-Aktion durchführte (September 1944) wurde von der Gestapo die von ihnen als
”Welser-Gruppe” bezeichnete Landesleitung der KPÖ Oberösterreich ausgehoben. Von etwa 100 verhafteten Frauen und Männern (aus Wels, Stadl-Paura, Steyrermühl, Gmunden, Ebensee,
Steyr, Linz und Wien) wurden 69 Männer und Frauen im KZ Mauthausen und
Schörgenhub ermordet.
Die Widerstands- und Partisanenbewegung, Freiheitsbewegung, war eine
Gemeinschaft von Personen und Gruppen, die verschiedenen politischen
Richtungen und Konfessionen angehört
haben, die durch keine Leitung angeleitet wurden oder auch unterstanden.
Vier Grundprinzipien waren für jeden, der dieser Bewegung angehörte,
grundsätzlich zu befolgen: Die Eigeninitiative zum baldigen Erreichen des gestellten Zieles; die freiwillige Disziplin
bei der Durchführung von Anweisungen; Konspirativität in seiner Tätigkeit
zum Schutz der gesamten Bewegung;
Verschwiegenheit gegenüber dem
Feind, in welche Lage er auch kommen
mag.
Die Bewegung wurde angeleitet von
einzelnen Personen durch persönliche
Kontakte in der Zeit von 1938-1945, in
der ersten Zeit auch durch Vertreter des
ZK der KPÖ. In der Zeit von 1943/44
beginnt die Anleitung vorwiegend
durch Sepp Plieseis und seine nächste
Umgebung. Sie entsprach den Anweisungen des ZK der KPÖ (Die Rote Fahne, Februar 1939, ”Die Partei lebt. Die
neue Lage erfordert eine neue Organisationspraxis… Gerade heute ist es die
Aufgabe und Pflicht eines jeden Kommunisten, selbständig und initiativ zu
arbeiten, um sich einen Kreis von Antifaschisten zu sammeln...”)
Dazu kamen die politischen Richtlinien und Hinweise von Radio Moskau
und andere Auslandssender. Eine Leitung für das ganze Gebiet zu schaffen,
war mit großen Gefahren verbunden
und stand vollkommen im Gegensatz zu
den Erfahrungen aus der vergangenen
illegalen Tätigkeit und der Konspirativität. Darum wurde keine Leitung geschaffen.
Nach dem Zusammenbruch des Hitlerreiches wurde weiterhin, soweit es
überhaupt noch möglich war, soweit die
einzelnen Gruppen und Personen sich
nicht selbständig gemacht haben auf
Grund der örtlichen Verhältnisse, die
Zusammenarbeit durch die persönlichen Kontakte von Sepp Plieseis aufrechterhalten.
Diese Arbeitsform und die Beibehaltung der Kontakte war gut, widersprach
jetzt vollkommen der neuen Situation,
der Halblegalität, die die amerikanische
Besatzungsmacht zuließ. Zwar war die
Freiheitsbewegung anerkannt, d. h. Teile von ihnen übernahmen mit der Zustimmung der amerikanischen Besatzung in den Gemeinden und Betrieben
verschiedene Aufgaben. Aber ein Teil
der Anhänger der Bewegung sahen mit
dem Zusammenbruch des Hitlerregimes
ihre Aufgabe als erfüllt und gingen ihrem Beruf oder sonstigen Tätigkeit wieder nach.
Diese Personen überließen wegen
des Berufes oder ihrer Bescheidenheit
oder wegen anderer repräsentativer Personen oder für jene, die schon früher in
der Öffentlichkeit gewirkt hatten, die
aber oftmals mit der Widerstands- und
Partisanenbewegung fast in keinerlei
Verbindung standen, aber das Vertrauen der Besatzungsmacht erworben hatten, ihren Platz.
l Quelle: Peter Kammerstätter, Die
Widerstandsbewegung im oberen
Salzkammergut
Seite 6
Widerstand im Bezirk Gmunden
Die Stadt durch die Widerstandsbewegung befreit
Bad Ischl vor der Zerstörung
bewahrt
In Linz hielt Gauleiter Eigruber noch drohende Reden und er machte die
Drohungen auch wahr. „Ich decke jeden Volkssturmmann, jedes Exekutivorgan und jedes Mitglied der NSDAP, wenn er gegen Verräter sofort von der
Schusswaffe Gebrauch macht“, erklärte er und er konnte noch verkünden:
„Die ersten zwei Fahnenflüchtigen hängen seit gestern an der Brücke von
Enns.“ Das geschah noch am 18. April 1945.
Aber im Salzkammergut konnten zur
selben Zeit, dank der unermüdlichen
und aufopferungsvollen Arbeit der Freiheitsbewegung, schon Taten gesetzt
werden, die der sinnlosen Zerstörungswut Einhalt geboten und dazu führten,
dass die Wahnsinnsbefehle Eigrubers
und seiner Clique nicht mehr furchtbare
Wirklichkeit werden konnten.
Schwerwiegende Entscheidungen
Bald nach der Befreiung Wiens trafen im altbekannten Hotel „Post“ in Bad
Ischl Männer der unterschiedlichsten
Weltanschauung zusammen. Inmitten
zurückflutender Heeresmassen und
SS-Truppen, die sich weiter in die Alpenfestung zurückziehen wollten, fand
hier, mitten im Zentrum von Bad Ischl,
eine Beratung statt, die schwerwiegende Entscheidungen zu treffen hatte.
Bad Ischl war eine offene Stadt, weil
es zu einem Lazarettzentrum geworden
war. Im Hotel „Kaiserkrone“, im Hotel
„Elisabeth“ und im Hotel „Bauer“ waren Verwundete untergebracht, dazu
kamen evakuierte Frauen und Kinder
aus vielen Teilen Deutschlands, und
dazu noch tausende Flüchtlinge aus jenen Gebieten, die bereits von der Front
überrollt waren. Aus dieser Situation ergaben sich für die Männer, die sich zum
Ziel gesetzt hatten, Bad Ischl vor Untergang und Zerstörung zu bewahren, besondere Aufgaben.
Es war eine scheinbar bunt zusammengewürfelte Gesellschaft, die sich
hier getroffen hatte, aber die Sorge um
die Stadt war das einheitliche Band, und
jeder der Männer wusste, dass es seinen
Kopf kosten würde, wenn die Pläne, die
sie hier ausarbeiteten, scheitern sollten
oder wenn die Machthaber von diesen
Plänen erfuhren.
Zentrum Hotel „Post“
An der Besprechung nahmen teil:
Oberst a.D. Wöhrle, Karl Fahrner, der
angesehene Kapellmeister der Salinenmusik, Graf Altenburg, der in der Kaisvervilla wohnte und ein Enkel des Kaisers Franz Joseph war, der Hotelier
Koch und dessen Mutter, Bahnhofsvorstand Binna, die Wehrmachtsoffiziere
Brandweiner und Kloimstein, der Besitzer der bekannten Wagnermühle Wagner, Medizinalrat Doktor Prochaska,
der Leiter des Kurmittelhauses, sowie
die Widerstandskämpfer Favoretti und
Sepp Plieseis.
Bei der Beratung, die um Mitte April
stattfand, wurden drei wichtige Beschlüsse gefasst: Ein Parlamentär sollte
zu den alliierten Truppen entsandt werden, um ihnen die Lage der Stadt zu
schildern und ihnen die Versicherung
zu geben, dass ihnen in der Stadt kein
Widerstand entgegengesetzt werde. Die
Sprengladungen sollten aus den Brücken entfernt werden, weil es im Falle
einer Sprengung zu Kampfhandlungen
kommen würde, die sich auf die offene
Stadt verheerend auswirken würden.
Schließlich sollten die gefährlichsten
Scharfmacher der NSDAP verhaftet
werden.
Die erste Aufgabe, die bewältigt
werden konnte, war die Entsendung eines militärischen Parlamentärs zu den
amerikanischen Truppen. Bald nachdem dieser zurückgekehrt war, konnten
auch die Sprengladungen von den Brücken entfernt werden. Einer der Offiziere, die nun zu dem Befreiungskomitee
gehörten, gab dem verantwortlichen
Sprengmeister, der dienstverpflichtet
war, den Befehl, die Minen zu entfernen. Dieser glaubte, dass die Anordnung wirklich von den militärischen
Stellen kam und führte den Befehl strikt
aus.
Ein wirkungsvolles Plakat
„Wir erfuhren von den Offizieren
viele Nachrichten, die sonst nicht so
leicht zu uns gekommen wären“, berichtet uns ein Teilnehmer an den Beratungen im Hotel „Post“, „und das machte unsere Aufgabe leichter.“
Die Ereignisse drängten, und es
mußten neue Maßnahmen ergriffen
werden. Es kam zu einem kühnen
Handstreich, der einzigartig dasteht in
den Tagen vor der Befreiung, weil er
sich zu einer Zeit ereignete, da in Mauthausen noch 40 Kommunisten und Sozialisten ermordet wurden und die Hinrichtungen in dem Raum, über den die
Gauleitung noch gebieten konnte,
sprunghaft anstiegen.
„Durch die beiden Offiziere erfuhren
wir, dass der Stadtkommandant Oberst
Münster sich abgesetzt hatte“, erzählt
ein Genosse, der an der Bewegung dieser Tage führend beteiligt gewesen war.
„Diese Tatsache war natürlich in Bad
Ischl nicht bekannt, nur einige Offiziere
wussten davon. Wir gingen nun dazu
über, die Autorität des geflüchteten
Kommandanten für uns auszunützen.
Wir ließen in der Druckerei Plasser Plakate drucken, die folgendes anordneten:
‘Die Zivilbevölkerung hat sofort alle
Waffen abzuliefern, außerdem wird für
das Stadtgebiet ein Ausgehverbot während der Nachtstunden verhängt.’ Diese
Plakate wurden angeschlagen, und da
sie die Unterschrift von Oberst Münster
zeigten, wurden die Anordnungen auch
eingehalten.
Es sammelten sich Waffen an, mit
denen die Freiheitskämpfer ausgerüstet
werden konnten. um der ‘Anordnung
von Oberst Münster’ Nachdruck zu verleihen, wurde der Inhalt des Plakats
auch ausgetrommelt. Einer der Offiziere, die bei uns mitmachten, ging mit einer Patrouille in der Umgebung der
Stadt umher, und nach einem Trommelwirbel und Trompetenstößen wurde wie
in alten Zeiten die Anordnung bekannt
gegeben. Gleichzeitig wurde der Befehl
ausgegeben, die drei gefährlichsten Fanatiker in Bad Ischl zu verhaften, und
wieder konnte die Sache so eingefädelt
werden, dass die Exekutivorgane glaubten, der Befehl käme von der Stadtkommandantur. Die drei wurden verhaftet
und ins Bezirksgericht eingeliefert.“
Das Plakat hatte jedoch einen Fehler:
Man hatte in der Eile vergessen, ein Datum unter die Anordnung zu setzen, und
das machte den Anschlag natürlich verdächtig. Außerdem wussten verschiedene Offiziere, dass Oberst Münster ja gar
nicht mehr da sei, und plötzlich tauchten Gegenbefehle auf. Es ist nie bekanntgeworden, von wem diese Gegenbefehle ausgingen. Jedenfalls hörte die
Waffenabgabe wieder auf, und auch die
drei verhafteten politischen Leiter wurden wieder freigelassen.
Jetzt war höchste Gefahr im Verzuge, denn nun lag es auf der Hand, dass
in Bad Ischl zwei Kräfte miteinander
ringen, und dieses Ringen mußte über
kurz oder lang einer Entscheidung zutreiben. Inzwischen hatten sich in Bad
Ischl neue Truppenkörper zusammengezogen. Im Pfandlwald lagerten große
Truppenverbände, ebenso im Rettenbachtal, im Wald zwischen der Traun
und dem Attersee, an der sogenannten
Engleithenstraße und von dort bis zum
Pötschenpaß hinauf.
Widerstand im Bezirk Gmunden
SS im Haus „Miramonte“
Die Truppen waren noch alle intakt
und schwer bewaffnet. Wenn in Bad
Ischl etwas passieren würde, das den
Kampf auslöste, und die Truppen eingreifen würden, dann wäre das Schicksal der Stadt, die zu normalen Zeiten
etwa 10.000 Einwohner gehabt hat,
jetzt aber rund 40.000 Menschen in ihren Grenzen hatte, besiegelt gewesen.
Den Ortsgruppenleitern, die nun wussten, dass die letzte Entscheidung heranreifte und die nun wieder frei waren,
war alles zuzutrauen.
Besonders gefährlich war die Besatzung des Hotels „Miramonte“ oberhalb
von Kaltenbach. Hier hatte sich eine
SS-Truppe einquartiert, die sich als
Luftwaffeneinheit tarnte und schnell
ihre Fahrzeuge mit einem anderen Anstrich versah. Es ist anzunehmen, dass
sich zwischen den politischen Leitern
von Bad Ischl und der SS im Hotel Miramonte Fäden spannen. Die SS im Miramonte und seiner Umgebung wurde
zudem täglich stärker. Sie erhielt Zuzug
aus dem Konzentrationslager Ebensee,
von wo sich Offiziere und Unteroffiziere absetzten, die schwere Blutschuld auf
sich geladen hatten. Dieser Gruppe war
zuzutrauen, dass sie in einem letzten
Verzweiflungsakt die ganze Stadt in ihren eigenen Untergang mit hineinreißen
würde.
Das Komitee im Hotel „Post“, das
nun in Permanenz tagte, bekam Nachricht, dass die SS in Kaltenbach sich
anschicke, die Gesetze einer offenen
Stadt missachtend, in den Kern der
Stadt einzudringen, um das Hotel
„Post“ „auszuheben“. In fliegender Eile
wurde alles in Verteidigungsbereitschaft gebracht. Als sich die Dinge so
zugespitzt hatten, erschien ein einzelner
amerikanischer Panzer. Er kam offenbar im Zusammenhang mit den Verhandlungen des Parlamentärs, die dieser eine Woche vorher geführt hatte. Er
war von Mitterweißenbach heraufgekommemn und fuhr langsam durch die
Stadt.
Das Befreiungskomitee im Hotel
„Post“ war der Meinung, dass nun der
Einmarsch der Amerikaner erfolgen
würde und gab die Anweisung, dass
sich die Freiheitsbewegung nun öffentlich zeigen soll. Auf den Straßen sah
man auf einmal hunderte Menschen,
die, mit einer roten Armbinde versehen,
ihre Zugehörigkeit zur Freiheitsbewegung bekundeten. Eine Delegation des
Komitees ging zum Bürgermeister und
eröffnete ihm, dass er bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen die
Weisungen des Befreiungskomitees zu
befolgen habe. Er willigte ein und blieb
daher noch im Amt.
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Der Vorhutpanzer war indessen von
Bad Ischl nach Goisern gefahren und
war dort, am Fuße des Pötschenpasses,
auf Widerstand gestoßen. Darauf machte er sofort kehrt und fuhr über Bad
Ischl zurück. Kurz darauf wurden die
Heereskolonnen und die Zivilbevölkerung am Fuße des Pötschenpasses von
einem Jagdbomberverband mit Bomben
belegt und mit Bordwaffen beschossen.
Nun stand das Schicksal von Bad Ischl
noch einmal auf des Messers Schneide.
Das Komitee fasste den Beschluss, die
zwei fanatischen Ortsgruppenleiter wieder zu verhaften. Sie wurden bei der
Festnahme, da sie Widerstand leisten
wollten, erschossen. Sie waren die einzigen Opfer jener Tage, und auch sie
wären nicht umgekommen, wenn sie
wenigstens jetzt ihre sinnlose Haltung
aufgegeben hätten.
Großes Depot gesichert
In den Tagen vom 2. bis 5. Mai 1945
übte das Befreiungskomitee in Bad
Ischl die Macht aus, noch bevor die
amerikanischen Truppen die Stadt besetzten. In der Villa Rothstein bei Lauffen war ein riesiges Depot für Verpflegung und andere Waren untergebracht.
Das Lager wurde beschlagnahmt und
bewacht. Auch dies geschah noch immer inmitten von starken Truppenkontingenten. So konnte die Verpflegung
für die nächste Zeit gesichert werden.
Die Befreiung von Bad Ischl war das
Signal zum Losschlagen in Goisern,
und die Macht des „Dritten Reiches“
hatte im Salzkammergut zu bestehen
aufgehört, zu einer Zeit, da in Linz noch
das Standgericht wütete. Am 5. Mai
marschierten dann, von Salzburg kommend, amerikanische Truppen in Bad
Ischl ein, und als die Spitze das Rathaus
erreichte, konnte von der Freiheitsbewegung eine unversehrte Stadt in voller
Ordnung übergeben werden. Wenn es
in Bad Ischl nicht gelungen wäre, den
sinnlosen Zerstörungsbefehlen entgegenzuwirken, und wenn dadurch die
Bombardierung und die Verheerung der
Stadt verhindert werden konnte, dann
verdankt die Stadt dies den tapferen
Männern jener Tage, die in der Stunde
der höchsten Gefahr unter Einsatz ihres
Lebens für ein gemeinsames Ziel in Aktion getreten sind.
NS: Der Bericht wurde gemeinsam
mit Sepp Plieseis erstellt und für den
Druck autorisiert.
Franz Kain
Widerstand von Frauen im Salzkammergut:
Das Rückgrat der Partisanen
Ab April 1944 hielten sich sechs bis acht politisch Verfolgte im sogenannten
„Igel“ im Toten Gebirge verborgen, ihre Zahl wuchs bis zum Frühjahr 1945
auf 35 und mehr Personen an. Sie mußten zum Großteil vom Tal aus mit Lebensmitteln versorgt werden. Insgesamt halfen zwischen 500 und 600 Menschen mit, die Ernährungsgrundlage der Gebirgspartisanen zu sichern.
Ab 1943 hatte sich die Stimmung
dermaßen zu Ungunsten des Regimes
verändert, dass aus allen sozialen Gruppen und politischen Lagern Beispiele
für „individuellen Widerstand“ nachzuweisen sind. Diese Bereitschaft verbindet sich mit den Aktivitäten der vor allem von KommunistInnen, Katholiken,
„kleinen“ Nationalsozialisten und Parteilosen getragenen Widerstandsgruppe
im engeren Sinn.
Die historisch belegten Kontakte
zwischen Arbeitern, Jägern, Geschäftsleuten und einer Reihe von Pfarrhöfen
des Salzkammergutes wurden vor allem
von Frauen hergestellt. In den meisten
Fällen nützten sie die gängigen weiblichen Rollenbilder dazu, um möglichst
unscheinbar zu wirken. Lange Zeit blieben die Verdienste der Frauen in der
Widerstandsbewegung des Salzkammergutes aus der Geschichtsschreibung
ausgespart. Erst Peter Kammerstätter
hat die Thematik des weiblichen Widerstandes in dieser Region in seiner „Ma-
terialiensammlung“ zu aktualisieren
vermocht.
Elisabeth Reichart macht in ihrer
1983 an der Universität Salzburg approbierten Dissertation auf ein interessantes Detail aufmerksam, indem sie darauf
hinweist, dass Sepp Plieseis’ autobiografische Darstellung der Ereignisse
(Vom Ebro zum Dachstein, Lebenskampf eines österreichischen Arbeiters,
Wien, 1946) von den Erzählungen der
Frauen abweicht, die sie interviewt hat:
„Die Handlungen der Frauen sind
entweder ganz weggelassen … oder sie
werden den Männern zugeschoben: Besorgung der Fluchtutensilien, des Quartiers - und hier beantwortet sich unsere
Frage: Deshalb durfte Plieseis auch die
Resi Pesendorfer nicht kennen, denn
alle konspirativen Handlungen `müssen
Männerhandlungen sein.’ Das geht soweit, dass die Frauen zwar das Essen
bringen, aber woher sie es bekommen,
wie sie es organisieren, das wird wieder
den Männern, wenn schon nicht zuge-
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Widerstand im Bezirk Gmunden
schrieben, so doch in den Mund gelegt:
`...wir futtern schon drei Genossen
durch...’, `...ich hab dir was zum Essen
mitgebracht...’ - die Frauen, die dieses
Essen ermöglichten, werden verschwiegen, sie werden ihrer Handlungen enteignet.“
Am Beispiel der Flucht von Sepp
Plieseis aus dem Nebenlager Hallein
soll gezeigt werden, wie unterschiedlich
die Rolle der Frauen im Widerstand
dargestellt wird. Die Rückkehr Sepp
Plieseis’ ins Salzkammergut im Herbst
1943 stellte in gewisser Weise den Beginn der Widerstandsbewegung in dieser Region dar und rechtfertigt somit
die nähere Aufmerksamkeit.
In Hallein hatten Agnes Primocic
und Mali Ziegleder Zivilkleider besorgt
und Kontakte zu Frauen des Salzkammergutes, besonders zu Resi Pesendorfer, hergestellt. Sie organisierte ein
Quartier und die notwendigen Lebensmittel für Plieseis und den als Fluchthelfer fungierenden Karl Gitzoller. Resi
Pesendorfer beschreibt ihre Widerstandstätigkeit folgendermaßen: „Die
Zeit vom Herbst bis ins Frühjahr
(1944/45, die Verf.) war am allerschlimmsten, es hat uns viel Nervenkraft gekostet. Die ganze Zeit bestand
meine Aufgabe darin, Kurierdienste zu
tun, nach Goisern, Ebensee, Hallein,
Bad Aussee.
Nach Aussee zur Feldhammer Marianne kam ich an dem Tag nach der Ermordung des Feldhammer Karl durch
die Gestapo im Jänner 1945 hin. Wenn
Plieseis etwas benötigte, dann schickte
er mich, seine Aufträge durchzuführen.
Die Lebensmittelbeschaffung war
eine sehr schwierige Aufgabe. Wir haben bei unseren Bekannten und verläßlichen Menschen in Bad Ischl gesammelt. Es waren auch ehemalige Nationalsozialisten, u.a. Geschäftsleute, dabei, die uns Brotmarken und andere
Esswaren, die sie abzweigen konnten,
gaben.“
Wiederholte Male ist auf Karl Feldhammer aus Bad Aussee und die Bedeutung seines Hauses für die Widerstandsbewegung hingewiesen worden.
Seine Frau Marianne hat mit ihrem Mut
und ihrer Zähigkeit unzählige Male mitgeholfen, die Versorgung der Männer
im „Igel“ zu sichern.
Ingrid Moser
Widerstandskämpfer in ihrem Versteck im "Igel" auf der steirischen
Seite des Salzkammergutes
Sepp Plieseis (1913-1967)
Der Partisan der Berge
Josef Plieseis, geboren am 20. Dezember 1913 in Bad Ischl - Lauffen, gestorben am 21. Oktober 1966 in Bad Ischl, ist in der Österreichischen Geschichte als wichtiger Organisator des antifaschistischen Widerstandes im
Salzkammergut von 1943-1945 bekannt geworden. Deshalb dazu einige kurze
bio-bibliographische Notizen:
In Kindheit und Jugend war Plieseis
tätig bei den Kinderfreunden und in der
Sozialistischen Arbeiterjugend. Nach
dem Februar 1934 wurde Plieseis wie
viele andere Mitglied der Kommunistischen Partei. Dem antifaschistischen Internationalismus verbunden beteiligte
er sich an den Internationalen Brigaden
in Spanien, wohin er 1937 auf abenteuerliche gelangte und für die Verteidigung der republikanischen Demokratie
unter anderem als Sprengexperte
kämpfte, an der Hinterfront und an der
Aragonfront. Verwundet wurde er ein
zweites Mal an dieser Front eingesetzt.
Nach dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges ging er nach Frankreich und
war hier in verschiedenen Anhalte- und
Konzentrationslagern wie Gurs, St. Cyprienne und Argiles. Nach einem missglückten Fluchtversuch versuchte er
1941 ins Salzkammergut zurückzukehren. Beim Übertritt über die französische Demarkationslinie wurde er von
den deutschen Behörden übernommen
und als „Rot-Spanier“ ins Polizeigefängnis Linz übergeführt. Nachdem er
eine freiwillige Meldung an die Front
abgelehnt hatte, kam er ins Konzentrationslager Dachau.
Es glückte ihm, vom KZ Dachau aus
in das KZ-Außenlager Vigaun bei Hallein zu kommen. Allerdings befanden
sich hier, in einem Ausbildungslager
der SS, etwa 1.500 bis 2.000 Männer
der SS. Mit Hilfe von Landarbeiterinnen aus der Umgebung gelang ihm,
nachdem bereits sein Rücktransport in
das KZ Dachau geplant war, am 23. Ok-
tober 1943 die Flucht über die Berge.
Massive Suchbemühungen der SS verliefen erfolglos.
Plieseis konnte sich bis zum Kriegsende, bis zur Befreiung, in verschiedenen Verstecken des Salzkammergutes,
insbesondere im Gebirgswald, dem gut
versteckten „Igel“-Lager verbergen.
Von diesem aus entwickelt sich die Leitung der Widerstandsgruppe „Willy“,
die dann „Fred“ hieß, die dank der großen Erfahrungen Plieseis´ bei den InterbrigadistInnen und in den verschiedenen Konzentrationslagern vorsichtig
und realistisch zahlreiche deutsche
Kräfte der Nazis binden konnte und das
innere Salzkammergut zum Schwerpunkt des antinazistischen Widerstandes in Oberösterreich machte. Die mit
ihm sich relativ einheitlich entwickelnde Widerstandsgruppe arbeitete dann
auch mit der schon 1940 im Ausseerland gegründeten Gruppe (Valentin
Tarra, Moser, Albrecht Gaiswinkler)
zusammen.
Nach der US-Besetzung von Ischl
wurde Plieseis für Sicherheitsfragen im
Raum Ischl zuständig und anschließend
Beamter der Stadtgemeinde Bad Ischl.
Er wirkte auch in verschiedenen Punktionen der KPÖ und des Bundesverbandes der österreichischen Widerstandskämpferinnen (KZ-Verband). Plieseis
war mit Maria, geborene Wagner, verwitwete Ganhör, verheiratet. Einzelne
Abschnitte seines bewegten Lebens
schrieb er nieder.
Günther Grabner
Literatur:
¯ Topf Christian, Auf den Spuren der
Partisanen…
¯ Langbein Hermann, .....nicht wie die
Schafe zur Schlachtbank, Widerstand in
den nationalsozialistischen Konzentrationslagern, Frankfurt am Main, Fischer
Taschenbuch, 25. Tausend, 1997, Seiten 80,193,251,281,322
¯ Plieseis Sepp, Vom Ebro zum
Dachstein…
¯ Kammerstätter Peter, Materialsammlung…
Widerstand im Bezirk Gmunden
Seite 9
Kurzbiographien der Partisanenbewegung im Salzkammergut
Beispiele des Widerstandes
Die nachstehenden Kurzbiografien umfasst Personen, die in der insgesamt
rund 600 Personen umfassenden antifaschistischen Widerstands- und Partisanenbewegung im oberen Salzkammergut und Ausseer Land eine wichtige Rolle spielten. KommunistInnen spielten in dieser Bewegung eine tragende Rolle:
Egger Leni (geb. Schaunitzer),
geb. am 2. August 1910 in Rottenmann,
arbeitete nach dem Volksschulbesuch
im Haushalt, 1940 heiratete sie Ludwig
Egger und unterstützte ihren Gatten politisch, später Mitglied der Widerstandsgruppe ”Willy”, gest. in Bad
Aussee am 12. Jänner 1992
Feldhammer Karl, geb. am 16. Dezember 1910 in Bad Aussee, erlernte
das Tischlerhandwerk, während der
Zeit der Wirtschaftskrise arbeitslos,
1939 an die Westfront eingezogen,
1941 nach dem Militäreinsatz in der Saline Ebensee dienstverpflichtet, verweigerte am 10. September 1944 eine neuerliche Einberufung zum Millitärdienst
durch Flucht in die Berge, dort Kontakt
mit der Gruppe von Plieseis, Deckname
”Otto”, gest. in Bad Aussee am 15. Juni
1988
Feldhammer Karl, geb. am 23. September 1909, arbeitete nach dem Volksschulbesuch als Holzknecht, Hilfsarbeiter und Tischler, nach längerer Arbeitslosigkeit (7 Jahre) Holzschuhmacher
mit der Saline Bad Aussee als Abnehmer, schon früh in der Arbeiterbewegung, bis 1934 Mitglied der SPÖ, nach
dem Februaraufstand Beitritt zur KPÖ
und aktiver Funktionär in Bad Aussee,
nach dem Einmarsch der Hitlertruppen
verhaftet und in das Bezirksgericht Bad
Ischl gebracht, jedoch 14 Tage später
wieder freigelassen, Kontakt zur Widerstandsgruppe in Bad Ischl durch
Hans Rettenbacher Hans und Resi Pesendorfer, am 26. Jänner 1945 bei der
Flucht aus dem Fenster seines Hauses
von der Gestapo erschossen
Feldhammer Marianne, geb. am
14. März 1909 in Altaussee, besuchte
die Volksschule, kam durch ihren Gatten Karl zur KPÖ, in der Widerstandsgruppe bei der Quartierbeschaffung für
Deserteure und zur Nachrichtenübermittlung eingesetzt, beschaffte und
transportierte Nahrungsmittel für die
um die Blaa-Alm versteckten Partisanen, in Bad Ischl ständiger Kontakt zu
Resi Pesendorfer, ihre Lebensgeschichte wurde von Walter Wippersberg unter
dem Titel ”Das Ende eines langen Winters” verfilmt, gest. in Bad Aussee 1996
Gaiswinkler Albrecht, geb. am 29.
Oktober 1905 in Bad Aussee als Sohn
eines Salinenarbeiters, nach dem Besuch der Volks- und der Bürgerschule
Straßenarbeiter, dann bei der Ausseer
Gebietskrankenkasse beschäftigt, schon
als Jugendlicher Mitglied der SAJ, später Schriftführer in der SPÖ und Kompaniekommandant beim Schutzbund,
nach dem Februar 1934 politisch verfolgt, acht Monate im Gefängnis in Leoben, später Bezirksorganisator der Revolutionären Sozialisten, kurze Zeit
auch Mitglied der KPÖ, am 23. Februar
1940 Gründungsmitglied der Ausseer
Widerstandsbewegung, nach 1945 Bürgermeister von Altaussee und Nationalratsabgeordneter, gest. am 11. Mai 1979
Gitzoller Karl, geb. am 1. Jänner
1905 in Strobl, nach dem Besuch der
Volksschule erlernte er den Beruf eines
Maschinenschlossers, 1929 lernte er
Sepp Plieseis kennen, von 1931 bis
1938 zeitweise beim Straßenbau beschäftigt, 1934 Eintritt in die KPÖ, dort
lernte er Franz Jaritsch kennen, in den
Steyrwerken dienstverpflichtet, Kontakt zur Widerstandsorganisation in
Steyr durch Vermittlung von Hans Rettenbacher, im Oktober 1942 erstmals
von der Gestapo verhaftet und nach
Wels überstellt, kurz vor dem Kreisgericht Flucht nach Bad Ischl, dort von
Resi Pesendorfer in der leerstehenden
”Villa Waldhütte” unterbrachte, lebte
dann bis zum Zusammentreffen mit
Plieseis im Oktober 1943 in verfallenen
Almhütten sowie in einer Höhle im
Höllengebirge, lebte später als Pensionist in Neuhaus an der Triesting (NÖ)
Grafl Josef-Hans, geb. am 14. Oktober 1921 in Schattendorf im Burgenland, erlernte nach Besuch der Volksund Bürgerschule das Maurerhandwerk, schon als Kind bei den ”Kinderfreunden” und dann kurze Zeit in der
SAJ, nach dem Februar 1934 Mitglied
der KPÖ und illegale Betätigung, 1937
drei Monate lang im Anhaltelager Wöllersdorf, zunächst für wehrunwürdig erklärt, 1940 dann doch zur Nachrichtenkompanie der Wehrmacht eingezogen,
1941 nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Sowjetunion im
Gebiet von Perekop zu den russischen
Partisanen abgesetzt, 1942 Ausbruch
mit Hilfe bulgarischer Partisanen und
von diesen in einem 24-tägigen Marsch
bis nach Florina im Norden Griechenlands gebracht, im Gebiet von Piräus
unter dem Decknamen ”Odysseus” mit
griechischen Partisanen im Einsatz,
Josef Huemer (1905-1959)
Ende Dezember Kontakt zu den Engländern und von diesen mit einem
U-Boot nach Alexandria in Ägypten
gebracht, in Kairo von der ”Austrian
Legion” angeworben, nach einer kurzen Ausbildung unter dem Decknamen
”Josef Green” dem ”Action-Service”
zum Einsatz im Hinterland eines Feindes beigetreten, Einsatz bei 34 Fallschirmabsprüngen in zahlreichen Ländern, zuletzt im Höllengebirge mit dem
Auftrag zur Verhaftung des dort vermuteten Joseph Goebbels, lebt als Pensionist in Bad Aussee
Huemer Josef, geb. am 14. Dezember 1905 in Unterach, gelernter Schlosser, ab 1934 Mitglied der KPÖ, wegen
Vorbereitungen zum Hochverrat zu 3½
Jahren Gefängnis verurteilt, während
seines Aufenthalts im Gefängnis des
Kreisgerichtes Wels als Hausarbeiter
Zugang zum Medikamentendepot und
versorgte die Widerstandsorganisation
mit Medikamenten, gest. am 8. Dezember 1959 in Ried/Innkreis
Huemer Maria (geb. Malinger),
geb. am 24. April 1900, lebte vorerst als
Landarbeiterin in Ried, 1927 Übersiedlung nach Bad Ischl, 1929 heiratet sie
Josef Huemer, Unterbringung von Sepp
Plieseis nach der Flucht aus dem KZ
Hallein in ihrer Wohnung für einige
Monate, Überbringung von Medikamenten vom Welser Gefängnis nach
Bad Ischl zu den Partisanen
Langeder Zilli (geb. Greifeneder),
geb. am 6. April 1910 in Altenhof, nach
Besuch der Volksschule im Gastgewerbe tätig, heiratete Martin Langeder, der
später vom NS-Regime zu einer 7-jährigen Haftstrafe verurteilt wurde, seit
1933 Mitglied der KPÖ, durch Vermittlung von Resi Pesendorfer Ende November 1943 in ihrer Wohnung Zusammentreffen von Straubinger und Plieseis als Beginn der einheitlichen und organisierten Widerstands- und Partisanenbewegung im oberen Salzkammergut, gest. 1995
Seite 10
Moser Elsa (geb. Kraft), geb. am
21. Oktober 1909, als Hausfrau tätig,
zusammen mit ihrem Mann von der Gestapo verhaftet und nach Linz ins Frauengefängnis Kaplanhof eingeliefert, am
23. März 1945 enthaftet und nach Aussee zurückgekehrt, lebte später in Bad
Aussee
Moser Johann (vulgo Renner
Hans), geb. am 24. April 1905 in Bad
Aussee, nach Besuch der Volks- und
Bürgerschule in der Saline Bad Aussee
beschäftigt, am 23. Februar 1940 in seinem Haus Gründung der Widerstandsbewegung des Ausseer Landes, für diese bis zu seiner Verhaftung am 15. September 1944 tätig, ins Linzer Polizeigefangenenhaus Mozartstraße überstellt
und dort am 24. Februar 1945 bei einem
amerikanischen Bombenangriff auf
Linz ums Leben gekommen
Neumann Josef, geb. 9. August
1912 in Bad Aussee, besuchte die
Grundschule und war später Salinenarbeiter, Mitglied der SPÖ und nach 1934
bei den Revolutionären Sozialisten,
gest. 5. September 1986 in Bad Aussee
Pesendorfer Theresia (”Resi”),
geb. am 21. Juni 1902 in Bad Ischl, ihr
Vater war Bergarbeiter, ihre Mutter
starb, als sie 10 Jahre alt war, nach ihrer
Schulzeit arbeitete sie auf verschiedenen Bauernhöfen, später bei einem
Goldschmied und dann bei einer Gräfin
in Schwarzenbach als Stubenmädchen,
kurz nach ihrer Heirat wurde ihr Gatte
arbeitslos, 1935 Beitritt zur KPÖ, im
Herbst 1942 beschaffte sie für Gitzoller
Karl ein Versteck in der leerstehenden
”Villa Waldhütte”, in der sie gerade als
Putzfrau beschäftigt war, wichtiges
Verbindungsglied in der regionalen Widerstandsorganisation, mit dem ”Ehrenzeichen für die Verdienste um die Befreiung Österreichs” ausgezeichnet,
gest. am 31. Oktober 1989
Plieseis Josef (”Sepp”), geb. am 29.
Dezember 1913 in Lauffen bei Bad
Ischl, besuchte die Volks- und Bürgerschule, seit frühester Jugend in der sozialistischen Bewegung tätig, zuerst bei
den ”Kinderfreunden”, später bei der
SAJ und beim Österreichischen Schutzbund, nach den Februarkämpfen 1934
Beitritt zur KPÖ, 1937 nach Spanien zu
den Internationalen Brigaden, nach seiner Rückkehr ins KZ Dachau eingeliefert, von dort durch die Unterstützung
der illegalen Lagerorganisation Überstellung in ein Außenlager in Vigaun
bei Hallein, 1943 Flucht nach Bad Ischl,
anschließend Initiator der regionalen
Widerstandsbewegung, nach 1945 Gemeinderat in Bad Ischl und im KZ-Verband tätig, gest. am 22. Oktober 1966
Plieseis Maria (geb. Wagner), geb.
am 15. August 1920 in Wolfsegg, nach
Besuch der Hauptschule absolvierte sie
Widerstand im Bezirk Gmunden
die Fachschule für Weißnähen und
Kleidermachen, nach verschiedenen
Beschäftigungen als Erzieherin im
Heim für schwererziehbare Kinder in
Gleink tätig, Übersiedlung nach Bad
Ischl, Tätigkeit in der Widerstandsbewegung ab Herbst 1943 mit der Unterbringung von dem aus Hallein geflohenen Sepp Plieseis – den sie nach Kriegsende heiratete – in der Wohnung ihrer
Mutter Maria Huemer, von Plieseis vor
allem für Kurierdienste eingesetzt, lebte
später als Pensionistin in Bad Ischl, gestorben 2004
Primocic Agnes (geb. Reinthaler),
geb. am 30. Jänner 1905 in Hallein,
nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule bis 1933 in der Halleiner Tabaktrafik beschäftigt, Mitglied der
KPÖ, während des Dollfuß-Regimes
druckte sie Flugblätter und Marken für
die Rote Hilfe, 1941 verhaftet, aus
Mangel an Beweisen wieder freigekommen, unterstützte zusammen mit Amalia Ziegleder die Flucht von Häftlingen
aus dem Außenlager von Dachau in
Hallein, wegen ihrer Tätigkeiten insgesamt 1¼ Jahre Gefängnis, von
1945-1946 Stadträtin von Hallein, lebte
später in Hallein, gestorben 2007
Rettenbacher Johann, geb. am 4.
August 1893 in Bad Ischl, versorgte als
gelernter Schuhmacher die Partisanen
mit Bergschuhen und Schischuhen, seine Schusterwerkstätte war Anlaufstelle
und Treffpunkt für viele Antifaschisten,
gest. am 13. April 1952 in Bad Ischl
Rottenhofer Johann, geb. am 13.
März 1895 in Annaberg in Salzburg,
nach seiner Übersiedlung nach Bad
Ischl als Heizer im Landeskrankenhaus
tätig, bewirtschaftete nebenbei eine
kleine Landwirtschaft, die ab 1943 auch
das Hauptdepot für Lebensmittel und
Waffen der Widerstandsbewegung war,
hier häufige Zusammenkünfte zwischen
Plieseis, Straubinger und anderen Mitgliedern, gest. am 16. Dezember 1963
Johann Rettenbacher (1893- 1952)
Maria Sams, die “Partisanenmutter”
in Bad Goisern
Sams Maria, geb. am 26. Jänner
1879 in Bad Ischl, 1916 Beitritt zur
SPÖ, nach dem Februaraufstand 1934
Mitglied der KPÖ, als ”Partisanenmutter”war sie für die Widerstandsbewegung eine Anlaufstelle und übermittelte
Nachrichten und gewährte Antifaschisten Unterschlupf, von den Nazis verhaftet, aber nach vier Wochen mangels
an Beweisen wieder freigelassen, 1947
wegen Aufruf von den US-Besatzungsbehörden verhaftet und beim ”Milchprozeß” zu einem Jahr Kerker verurteilt, nach Protestwelle freigesprochen
Stieger Franz, geb. am 23. März
1895 in Grubeck in der Steiermark, ab
1927 Straßenwärter auf der Strecke
zwischen Mitterweißenbach und Weißenbach am Attersee, in den Reichsstraßendienst übernommen, in Bad
Ischl Kontakt zu Resi Pesendorfer,
1943 begleitet er sie und kurz darauf
Gitzoller nach Hallein zu Plieseis, in
der von ihm beaufsichtigten Wegmacherhütte fanden Plieseis und Gitzoller
später ihr erstes Versteck nach ihrer
Flucht über die Berge, gest. am 16. Mai
1966 in Bad Goisern
Straubinger Alois, geb. am 17. Februar 1920 in Bad Goisern, nach 1934
durch Jaritsch von der KPÖ angeworben, am 10. Oktober 1940 zur Infanterie in Linz eingezogen, am 26. April –
mittlerweile in Polen stationiert – aufgrund seiner früheren Tätigkeit im KJV
von der Feldpolizei verhaftet und ins
Militärgefängnis Litzmannstadt in Polen eingeliefert, am 10. Dezember 1941
nach Wels in das Kreisgericht ”zur Verfügung der Gestapo” überstellt, in der
Nacht des 10. Juli 1942 zusammen mit
Schwager Fritz Flucht aus dem Gefängnis über Salzburg nach Bad Ischl und
Goisern, hielt sich dort bei Verwandten
Widerstand im Bezirk Gmunden
und Bekannten versteckt, verbarg sich
dann einige Monate in Traunkirchen,
Ende November 1943 erstes Zusammentreffen von Straubinger und Plieseis in der Wohnung von Zilli Langeder, nach 1945 Bankangestellter, lebte
später als Pensionist in Bad Goisern,
gestorben 2000
Tarra Valentin, geb. am 11. Februar
1896 in Spittal am Semmering, war ab
1916 Gendarm in Graz und kam kurz
darauf zum Posten Bad Aussee, ab 1929
Postenkommandant, von Mai 1933 bis
zum Einmarsch der deutschen Truppen
im März 1938 auch Sicherheitskommissär im Gerichtsbezirk Bad Aussee, wegen dieser Tätigkeit für die Ständeregierung wurde er am 13. März 1938 verhaftet und zur Gestapo nach Linz überstellt, bis zum 20. Februar 1940 in Haft,
am 23. Februar 1940 einer der Mitbegründer der Ausseer Widerstandsgruppe gegründet wurde, gest. am 12. Februar 1980 in Bad Aussee
Weiß Theresia, geb. am 18. Februar
1886 in Vigaun, Bäuerin der ”Rabenmühle”, galt als sehr christliche Frau
und ausgesprochene Gegnerin der Nationalsozialisten, von allem Anfang an
unterstützte sie die arbeitenden Häftlinge des KZ-Lagers in Hallein, welche
nahe der Rabenmühle zu Übungszwecken für die SS ein Partisanendorf und
einen Schießstand errichten mußten mit
Nahrungsmitteln, hatte wesentlichen
Anteil am Gelingen der Flucht von
Sepp Plieseis, gest. am 10. April 1966
in Kuchl
Ziegleder Amalia (geb. Kothmeier), geb. am 29. Jänner 1899 in Laakirchen, vom Beruf Köchin, ab 1. August
1940 in der Werksküche der Firma Eugen Grill in Hallein tätig, half die Verbindung zwischen KZ- Häftlingen und
bereits geflohenen Häftlingen aufrechtzuerhalten, gest. am 12. Juli 1971 in
Hallein
l Quelle: Topf Christian, Auf den
Spuren der Partisanen
Seite 11
Die Flucht von Alois Straubinger und Fritz Schwager
Schwerer Weg in die Freiheit
Der 11. Juli 1942 war ein regnerischer Tag. Bei der Ausgabe des morgendlichen Feigenkaffees im Erdgeschoss des Untersuchungstraktes im damaligen
Landgericht Wels war es daher noch nicht richtig hell. Das Wachorgan wunderte sich, dass die beiden Häftlinge in der Zelle 38 anscheinend noch im Bett
lagen.
Er sperrte das Türchen an der Zellentür auf und rief unwirsch in die Zelle:
„Hallo, he he, aufstehen, was ist denn?“
Dann sperrte er die Zellentür auf und
nun erst war zu sehen, dass ein Gitterstab des Fensters unten abgesägt und
oben hinausgebogen war. „Dö san in da
Bliah“ knurrte er erschrocken, alarmierte die Wache und dann begannen die Sirenen des Gefängnisses zu heulen, wohl
eine halbe Stunde lang.
Die zwei entsprungenen Häftlinge
waren die Kommunisten Alois Straubinger, Jahrgang 1920, aus Bad Goisern
und der Monteur Fritz Schwager, Jahrgang 1913, aus Knittelfeld, zuletzt in
Wien wohnhaft. Beide waren politisch
schon „aufgefallen“. Straubinger war
1937 von einem Jugendgericht zu drei
Monaten Arrest verurteilt worden.
Schwager, der zeitweilig auch als Instrukteur der KPÖ tätig war, war ebenfalls schon einigemale verhaftet worden.
Im Februar und März 1941 setzte mit
dem Auffliegen einer Gruppe des Kommunistischen Jugendverbandes (KJV)
eine Verhaftungswelle ein, wobei
Straubinger, der in der Wehrmacht war,
erst Ende April in Polen verhaftet und
erst im Dezember 1941 nach Wels, seinem „Heimatgefängnis“ überstellt wurde.
Er hatte zwar vom Wiederaufbau des
KJV und der KPÖ gewusst, da er aber
zunächst am Westwall und auf der Insel
Sylt arbeitsverpflichtet war und dann
einrücken mußte, hatte er mit der neuen
Organisation nur indirekt zu tun, er gehörte also nicht zu den „schweren Fällen“.
Fritz Schwager hingegen legte die
Gestapo den Wiederaufbau ganzer Organisationen zur Last und wichtige Ver-
bindungen nach Linz und Wien. Er bekam in der Haft in Wels auch bereits die
Anklageschrift vom 2. Senat des berüchtigten Volksgerichtes in Berlin, der
von den Häftlingen sarkastisch und mit
grimmigen Galgenhumor der „Köpflersenat“ genannt wurde. Er mußte daher
mit dem Schlimmsten rechnen und deshalb mußte auch eine waghalsige Flucht
ins Auge gefasst werden.
Eine kleine Eisensäge
Für Straubinger bedeutete das gemeinsame Vorgehen eine schwere Entscheidung, denn rein von der gerichtlichen Verfolgung her hätte er wohl nur
mit einer mittelschweren Strafe rechnen
müssen. Dass er sich trotzdem voll und
ganz auf den Fluchtplan Schwagers mit
all seinen tödlichen Risken einstellte,
war ein Solidaritätsakt von ganz besonderer Art.
Es gelang Schwager, eine kleine Eisensäge zu beschaffen und die beiden
begannen in Etappen - ohne Lärm eine
Meisterleistung - einen Stab des wuchtigen Eisengitters am unteren Ende
durchzusägen. Den oberen Teil des Gitterstabes sägten sie noch in der Nacht
der Flucht soweit durch, dass sie ihn mit
Hilfe der Tischbeine hinausbiegen
konnten. Etwa um Mitternacht gelangten sie in den Gefängnishof, dann dauerte es längere Zeit, bis sie mit Hilfe von
allerlei Gartengeräten endlich auf die
etwa vier Meter hohe Mauer gelangen
konnten. Beim Sprung auf die Straße
hinunter verstauchte sich Schwager den
Knöchel, sodass er sich nur mühsam
humpelnd weiterbewegen konnten.
Die Verdunklung half
Das Rätsel, wieso es die ganze Nacht
dauerte, bis die Flucht der beiden Häftlinge bemerkt wurde, lässt
sich so aufklären, dass der
Wachhabende bei seinem
stündlichen Kontrollgang
wegen der Verdunklung
nur spärlich Licht gebrauchen konnte. Er schaute
nur durch das Guckloch
Gestapo-Aufnahmen
von Alois Straubinger
bei dessen Verhaftung.
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des Zellentürchens, aufsperren war nur
dann üblich, wenn dem Wachorgan etwas verdächtiges auffiel.
Durch das kleine Guckloch, das genau gegenüber dem Fenstergitter situiert war, konnte man nicht erkennen, ob
ein Stab des Fenstergitters nach außen
gebogen war. Die beiden Häftlinge hatten zudem Kübel und Stockerl in die
Betten gestellt, die Decke darübergeworfen, sodass es aussah, als lägen sie
mit angezogenen Knien in den Eisenbetten. Den gebogenen Gitterstab konnte man erst bemerken, wenn man in der
Zelle schräg unten auf das Gitter
schaute.
Verschärfung und Hoffnung
Mit dem Ausbruch der beiden Häftlinge Straubinger und Schwager wurde
das Regime im Gefängnis sehr verschärft. Ich selbst, der ich trotz meiner
19 Jahre schon ein „Altgedienter“ in
Wels war und die meisten Wachleute
mich schon von 1936 her kannten, wo
ich das erstemal mit dem Haus in der
Welser Hamerlingstraße Bekanntschaft
gemacht hatte, wurde sofort von meiner
Funktion als Fazi abgezogen. Ich war
„dabei“ gewesen, als die Flucht bei der
Kaffeeausgabe entdeckt wurde.
Der „Fazi“ war ein Hausarbeiter, der
bei der Essensausgabe mithelfen mußte,
die Scheißkübel zu entleeren hatte und
das Zellenhaus kehren mußte, wobei er
sich viele Stunden außerhalb der Zelle
bewegen konnte. Diese „Freiheit“
machte den Fazi zu einem wichtigen
Widerstand im Bezirk Gmunden
Kurier. Er konnte Kassiber befördern,
Nachrichten weitergeben und alle
möglichen Informationen hin und
hertragen.
Jetzt nach dem Ausbruch herrschte
ein strenges Regime. Kein „Politischer“
konnte mehr Fazi sein und bei den spärlichen Besuchen gab es scharfe Kontrollen. Die Besatzung der einzelnen
Stockwerke wurde neu „gemischt“. Wir
stöhnten wohl unter all diesen Verschärfungen, aber sie waren von der
Hoffnung begleitet, dass es den beiden
gelingen möge, wirklich in die Freiheit
zu gelangen. Jeder Tag, der verstrich,
ohne dass die Ausbrecher wieder eingeliefert
wurden,
stärkte
unsere
Zuversicht.
Erste Station Vöcklabruck
Straubinger und Schwager hatten zunächst vor, auf einen Kohlenzug aufzuspringen, der nach Polen fuhr. Sie mußten jedoch den Plan fallenlassen, weil
Schwager stark gehbehindert war und
sie nicht erkennen konnten, welche Lastenzüge wohin fuhren. Sie schleppten
sich auf die Welser Heide hinaus, wo
sie bei strömenden Regen die letzten
Nachtstunden verbrachten.
Sie kamen nach Vöcklabruck und
fanden bei der Familie des kommunistischen Postangestellten Johann Stadler,
die Fritz Schwager von der illegalen Tätigkeit her kannte, im Hause Schubertstraße 19 eine erste Bleibe. Mit Hilfe
dieser Familie konnte die Verbindung
mit Wien hergestellt werden und
Schwager tauchte dann auch in Wien
unter.
Straubinger konnte unter abenteuerlichen Umständen - er trug noch die
schon recht mitgenommene Wehrmachtsuniform - über Salzburg nach
Bad Ischl gelangen und kam später
ebenfalls nach Wien. Dann aber kehrte
er ins Salzkammergut zurück und hielt
sich abwechselnd in Bad Ischl, Goisern,
Bad Aussee und Traunkirchen verborgen. Bis er mit Sepp Plieseis zusammentraf, der aus einem Nebenlager des
KZ Dachau in Hallein flüchten konnte.
Zusammen mit Plieseis konnten er und
andere KommunistInnen ein umfangreiches Netz einer Widerstandsbewegung mit über 300 Verbindungen
aufbauen.
Ein Überlebender
Fritz Schwager wurde im November
1942 in Wien verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht. Den Aufenthaltsort Straubingers, den er kannte, hat
er nicht preisgegeben, trotz schärfstem
Druck, dem er unterworfen wurde. Er
kam mit dem Leben davon und war
nach dem Krieg in der DDR wohnhaft,
wo er vor auch gestorben ist.
Alois Straubinger, der u.a. 47 Jahre
lang auch führender Funktionär des erfolgreichen Konsum Salzkammergut
und Direktor der Volksbank war, lebte
in Goisern und nahm am politischen Leben nach wie vor lebhaften Anteil.
Franz Kain
Streiflichter aus den Zeiten des antifaschistischen Widerstandes
Schwere, aber unvergessene
Tage
In der Materialsammlung von Prof. Peter Kammerstätter, die auch im Linzer Stadtarchiv und im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes aufliegt, sind viele Lebensläufe und Tätigkeitsberichte von WiderstandskämpferInnen zusammengefasst. Einer dieser Berichte betrifft Karl
Gitzoller (geboren 1905 in Strobl), der in der Bewegung eine wichtige Rolle
gespielt hat, er lebte später in Neuhaus an der Triesting in Niederösterreich.
Gitzoller wurde 1939 in die
Steyr-Werke dienstverpflichtet. Durch
Vermittlung von Hans Rettenbacher
(Bad Ischl) und Albert Schwarz (Steyr)
kam er mit der Widerstandsbewegung
in Verbindung. Er berichtet:
Meine Verhaftung erfolgte im Oktober 1942. Vorerst sollten alle Verhafteten nach Mauthausen gebracht werden,
ich wurde aber dann mit fünf Häftlingen
nach Wels (dem „Stammgefängnis” der
aus dem Salzkammergut stammenden
Häftlinge, die Red.) überstellt. Wir sind
mit der Bahn befördert worden, es waren auch zwei Steyrer Genossen dabei.
In Wels nicht angekommen
Mit den Steyrern haben wir während
der Fahrt ausgemacht, wir hauen ab.
Und als wir in Wels ausgestiegen sind,
hat der begleitende Gendarmeriebeamte
zu uns gesagt: „Fesseln brauch´ ich
euch nicht, ihr lauft´s mir ja nicht davon.” “Nein”, haben wir gesagt.
Wir sind zum Kreisgericht gegangen. Wie ich gesehen habe, dass es eine
günstige Gelegenheit zur Flucht gibt,
habe ich den beiden einen Stoß versetzt
und bin weggelaufen. Bis der Gendarmeriebeamte seine Pistole aus der Ta-
Karl Gitzoller
sche herausgerissen hatte, war ich
schon in einem Haus drinnen. Durch
ein Fenster hinaus in den Garten, über
den Zaun über die Straße und hinaus
zum Bahnhof. Ich habe gesehen, dass
Widerstand im Bezirk Gmunden
die anderen nicht nachkamen.
Ich hatte eine Tante in Wels, die das
Kaffeehaus „Kettl” führte. Dort habe
ich mich in der Küche versteckt. Meiner
Tante habe ich nicht gesagt, was mit mir
los ist, denn die Familie war für mich
nicht verlässlich genug. Ich habe ihr gesagt, dass ich Urlaub habe. Es war etwa
vier Uhr Nachmittag, als die Flucht begann, es war Oktober und es wurde bald
finster. Auf die Dunkelheit wartete ich.
Ich saß eine halbe bis eine Stunde in der
Küche und schon war eine Polizeistreife im Lokal draußen. Die Tante teilte
mir mit, dass draußen von der Polizei
kontrolliert wird. Welches Gefühl ich
hatte, kann man sich vorstellen. Ich
habe mir gleich ein Küchenmesser eingesteckt. Zu meinem Glück sind sie
nicht in die Küche gekommen.
Rettender Eisenbahnermantel
Verbleiben bei meiner Tante habe
ich mir nicht mehr getraut, und so bin
ich zum Bahnhof. Dort habe ich in eine
Eisenbahnhütte eingebrochen. In dieser
hing ein Eisenbahnermantel und eine
Kappe, die ich zu mir nahm. Dort war
auch ein großer Schraubenschlüssel,
den man zum Schwellenschrauben-Anziehen verwendete, den nahm ich auch
an mich. Und so habe ich mich zu den
anderen Arbeitern gesellt, es dürften
Ausländer gewesen sein, die an den Geleisen arbeiteten. Ich zog die Schwellenschrauben an.
Um Mitternacht ist ein Zug gekommen, es hat geheißen, dieser fährt nach
Attnang-Puchheim, ich bin sofort hinaufgesprungen. Dann aber hörte ich,
dass der Zug nach Passau fährt. Sofort
bin ich von diesem abgesprungen und
habe wieder gewartet. Endlich ist ein
Schnellzug gekommen, der in die gewünschte Richtung fuhr. Ich habe mich
zwischen der Dampflok und dem Waggon auf die Puffer gestellt, und so bin
ich nach Attnang gefahren. Dort bin ich
abgestiegen, in meinem Eisenbahnermantel und der Kappe bin ich nicht aufgefallen. Ich bin durch das Heizhaus,
um einer Kontrolle auszuweichen. Die
Züge und die Bahnhöfe wurden kontrolliert, ich bin aber nicht aufgefallen.
Unterschlupf in leerstehender
Villa
Mein Weg führte mich sofort in das
Gasthaus Maier, ich kannte den Gastwirt von früher, und er war mir als Nazigegner bekannt. Dem habe ich gesagt,
wie es um mich steht, dass ich geflüchtet bin, und ich konnte dort bleiben. Ich
war acht Tage in der Abwasch versteckt. Unterdessen hat mir Maier ein
Fahrrad verschafft, mit dem bin ich
nach Ischl gefahren. Ohne Waffen, die
ich noch in einem Versteck in Steyr hatte. Mein erster Weg war zur Pesendor-
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fer Resi, die mir als überzeugte Genossin bekannt war. Sie hatte mich sechs
oder sieben Wochen in er Villa Waldhütte untergebracht, die sie zu beaufsichtigen hatte und die momentan leer
stand.
Sie verpflegte mich die ganze Zeit.
Von dort bin ich zu einem meiner Bekannten, dem Straßenwärter Stieger
Franz, er hatte die Aufgabe, die Straße
nach Weißenbach bis zum Attersee zu
betreuen. Er hat mich in einem Dachkammerl in einer Straßenwärterhütte
untergebracht. Dort bin ich oben auf einem Strohsack gelegen. Die Hütte steht
vor der ehemaligen Kreidemühle, und
in der Nähe steht auch das erste
Jagdhaus.
Stieger Franz war Straßenwärter,
sein Arbeitsrayon reichte von Weißenbach bis zur letzten Wegmacherhütte, in
der wir die Unterkunft hatten nach der
Flucht von Plieseis aus dem Halleiner
Lager, Stieger war Kommunist.
In der Zeit von meiner Flucht in
Wels bis zu meinem Zusammentreffen
mit Plieseis Sepp im Oktober 1943 waren meine Unterkünfte wie schon geschildert, ich habe in zusammengefallenen Almhütten, in einer Höhle in Richtung Attersee im Höllengebirge
„gehaust”.
Vom Fahrrad geschossen
Es war Ende November 1943, ich bin
von Attnang mit dem Fahrrad nach
Ischl gefahren. Ich habe meine Fahrt in
Weißenbach unterbrochen, um bei dem
Genossen Gerhart Gustl Halt zu machen. Nachdem ich dort eine Zeitlang
verweilt hatte, bin ich weiter nach Ischl
gefahren. Beim Gefangenenlager, das
sich außerhalb von Ischl befand, fuhr
ich vorbei, der Posten ließ mich ohne
weiteres passieren, aber auf einmal rief
er mir nach: „Halt!” Ich habe diese Aufforderung nicht befolgt und habe in die
Pedale hineingetreten. Dieser Posten,
oder waren es mehrere, haben mir
sechs- oder siebenmal nachgeschossen.
Ich habe einen Schuss abbekommen in
den rechten Schenkel. Es war ein
Dumdumgeschoss. Nachdem ich in momentaner Sicherheit war, sah ich, dass
ich ein faustgroßes Loch ober dem Knie
hatte und der weiße Knochen hervorschaute. Da wusste ich momentan nicht,
wie es um mich stand, noch dazu auf
der Flucht. Ich wusste nur, dass ich
schwer verwundet war, und in meiner
Hose verspürte ich nur nass, und ich
mußte weiter.
Nadel und Zwirn für die Wunde
Das Fahrrad ließ ich liegen, in der
Eile konnte ich nur feststellen, dass die
Fahrradgabel abgeschossen war. Ich bin
in den Wald hinauf, an der Rückseite
des Lagers vorbei und zurück nach
Weißenbach zum Gerhart Gustl. Den
ersuchte ich, dass er mich in das Haus
hineinlässt, und nachdem wir die Wunde gesehen haben, ersuchte ich ihn, mir
die Wunde mir Nadel und Zwirn zusammenzunähen. Er lehnte dies ab, er
könne das nicht. Dann haben wir seine
Frau geholt, als sie die Wunde sah, wurde ihr gleich schlecht. So blieb mir
nichts anderes übrig, als selbst zu Nadel
und Zwirn zu greifen, und ich habe mir
die Wunde zusammengenäht. Vier oder
fünf Haft habe ich gemacht. Und so bin
ich drei Tage bei ihm geblieben. Gerhart Gustl teilte mir mit, dass die Gestapo die Häuser durchkämme. Für mich
gab es keine Bleibe mehr, es ging nicht
nur um mich, es ging um die Familie,
die sehr kinderreich war.
So mußte ich vor Mittag weg, mein
Fuß hat geradezu gekocht. Ich mußte
über den Berg hinaus. Langsam ist es
gegangen, aber abwärts konnte ich nicht
gehen, es blieb mir nichts anderes übrig,
als verkehrt hinunter zu gehen. So bin
ich zur Familie Zimpernik gekommen.
Bei normalen Verhältnissen benötigte
ich für diese Strecke zwei Stunden, in
diesem Zustand bin ich um zehn Uhr
weggegangen und zwischen 21 und 22
Uhr dort angekommen.
Die Familie Zimpernik wohnte in Aigen-Voglhub, ich habe mich dort im
Schweinestall versteckt. Dort konnte
ich nur zwei Tage bleiben, es war aus
konspirativen Gründen nicht länger
möglich. Der Sohn der Familie Zimpernik war wegen kommunistischer Betätigung im Gefängnis. Dem Stieger habe
ich geschrieben, er soll mir eine Wundsalbe schicken. Von der Familie Zimpernik bin ich hinauf nach Sankt
Wolfgang.
Ein gewisser Edlmaier hat mich aufgenommen. Bei dem war ich drei oder
vier Wochen lang, bis die Wunde halbwegs zugeheilt war, und ich konnte mir
ein anderes Quartier suchen, um dort
die Wunde endgültig zu heilen. Denn
ich hatte fingerdickes wildes Fleisch auf
der Wunde, das ich mir im neuen Quartier „heilte”, indem ich dieses wilde
Fleisch mit Staubzucker bestreute, und
nach einiger Zeit war ich von diesem
wilden Fleisch befreit. Ich bin in die
Schöffau auf die Alm hinaufgegangen,
auf die Koglerhütte. Diese Hütte hat
dem Koglerbauern von Goisern gehört.
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Widerstand im Bezirk Gmunden
Maria Plieseis (1920-2004):
Lebensmitteltransport als
Ausflug getarnt
Zahlreiche Frauen waren von 1943 bis 1945 am Bestehen der Widerstandsgruppe „Willy-Fred“ beteiligt, deren Kern Josef Plieseis, Alois Straubinger
und Karl Gitzoller bildeten. Die Gruppe hielt sich ab April 1944 zwischen Bad
Ischl und Bad Aussee versteckt. Die Frauen organisierten Zusammenkünfte,
beschafften Verstecke, übermittelten Nachrichten und versorgten die Gruppe
mit Lebensmitteln, wozu Geldsammlungen und Tauschhandel erforderlich
waren.
Maria Plieseis, die spätere Ehefrau
von Josef Plieseis, erinnerte sich: „Meine Aufgabe war, zu den einzelnen Depots die Lebensmittel hinzubringen und
vorerst diese von den Spendern abzuholen. Eines der Depots war in der Rettenbachalm, in einer abseits gelegenen
Almhütte. Die Wände waren schon zusammengebrochen, nur das Dach war
noch in Ordnung, das über den Trümmern lag. Dort hin musste ich die Lebensmittel, Rauchwaren, Sanitätsmaterial oder andere Dinge hinterlegen. Dies
besorgte ich mit meinem Fahrrad.“
Zur Vorsicht nahm sie dabei auch öfter ihren kleinen Sohn mit, um den Lebensmitteltransport als Ausflug zu tarnen. Die bisweilen über 30 Männer, die
sich im Gebirge versteckten, versorgten
sich durch „Wilderei“ mit Fleisch, wobei das Wild von den Frauen gegen Zucker, Mehl oder Brot eingetauscht wurde. Zum Teil wurden die Lebensmittel
im Tal bei verschiedenen Familien deponiert, zum Beispiel bei Cäcilia Langeder in Bad Goisern oder bei Marianne
Feldhammer in Bad Aussee.
Maria Plieseis wurde als einzige
Tochter der Familie Wagner am 15. August 1920 in Wolfsegg geboren. Nach
dem frühzeitigen Tod des Vaters als
Folge einer Kriegsverletzung verheiratete sich die Mutter und die um drei
Kinder des Ehemanns aus erster Ehe
vergrößerte Familie übersiedelte nach
Ried im Innkreis, nach einer Versetzung des Vaters dann nach Bad Ischl.
Nach dem Besuch der Hauptschule
absolvierte Maria Wagner eine zweijährige Fachschule für Weißnähen und
Kleidermachen und war 1938 Schwesternschülerin für Säuglingspflege im
Riesenhof in Linz. Sie war nach verschiedenen
Beschäftigungen
als
Schwester im Liebeswerk Linz und
Steyr anschließend als Erzieherin im
Heim für schwererziehbare Kinder in
Gleink tätig, wo sie ihren späteren Ehemann, den Lehrer Walter Ganhör kennenlernte, den sie 1941 heiratete. Ganhör fiel am 21. Oktober 1941 als Wehrmachtssoldat. Am 3. August 1941 wurde ihr Sohn Peter Ganhör geboren.
In Bad Ischl kam Maria Ganhör dann
in Kontakt mit der antifaschistischen
Widerstandsbewegung. Sie unterstützte
ab Herbst 1943 den aus dem KZ-Außenlager in Hallein geflohenen Sepp
Plieseis – den sie 1956 heiratete – der in
der Wohnung ihrer Mutter Maria Hue-
Maria Plieseis (1920-2004)
mer untergebracht war und wurde dabei
vor allem für Kurierdienste eingesetzt.
Im Jahre 1947 war Maria Plieseis
eine der Angeklagten im „Milchprozeß“, konnte sich der US-Militärgerichtsbarkeit jedoch durch Flucht in die
sowjetische Besatzungszone entziehen.
Von 1961 bis 1970 war sie dann als
Schneiderin in der Kleiderfabrik Frey
tätig und dort bis Juni 1969 auch Betriebsratsobfrau. Ab Jänner 1970 bis zu
ihrer Pensionierung arbeitete sie im
KPÖ-Bezirkssekretariat Gmunden.
Maria Plieseis war seit 1942 Mitglied der KPÖ und war für die Partei,
den BDF und den KZ-Verband – dessen Landesvorstand sie bis 2002 angehörte – in zahlreichen Funktionen tätig.
Sie starb nach längerem schweren Leiden am 9. Jänner 2004.
Hermine Schleicher (1905-1945):
Im KZ Ravensbrück gestorben
Hermine Schleicher wurde am 25. Dezember 1905 in Ebensee geboren. Ihre
Eltern waren Anton Schleicher und Josefa, geb. Neubacher. Aus politischen
Gründen (Betätigung für die Kommunistische Partei und soweit bekannt auch
Unterstützung von Kriegsgefangenen) wurde sie 1943 verhaftet und im Herbst
1943 in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert.
Ihre letzte Nachricht stammt vom
März 1945. Aufgrund von Aussagen einer Mitgefangenen ist Hermine Schleicher kurz vor Kriegsende im April 1945
ums Leben gekommen. Laut Aussage
der Bettnachbarin in Ravensbrück,
Adelinde Ilko, wurde Hermine Schleicher Mitte April wegen Versteifung ihres Zeigefingers durch falsche Behandlung arbeitsunfähig und zum KZ-Verwaltungsgebäude befohlen.
Am 6. Februar 1953 wurde sie für tot
erklärt. Der Todestag wurde per Gerichtsbeschluss auf den 27.4.1945 festgelegt. Auf Antrag des Vereines Zeitgeschichte Museum wurde per Gemeinderatsbeschluss im Jahr 2001 eine Straße
in Ebensee „Hermine Schleicher Weg“
benannt.
l Quelle: Zeitgeschichtemuseum
Ebensee
Hermine Schleicher (links hinten)
auf einem Familienfoto aus den 20er
Jahren
Widerstand im Bezirk Gmunden
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Theresia Pesendorfer (1902-1989)
Schlüsselrolle in der
Widerstandsbewegung
Theresia Pesendorfer, allgemein bekannt als „Pesendorfer-Resi“, war eine
der markantesten Gestalten des Widerstandes im Salzkammergut. Sie wurde
am 21. Juni 1902 in Bad Ischl geboren. Ihr Vater war Bergarbeiter, ihre Mutter starb, als sie 10 Jahre alt war. Nach ihrer Schulzeit arbeitete sie auf verschiedenen Bauernhöfen, später bei einem Goldschmied und dann bei einer
Gräfin in Schwarzenbach als Stubenmädchen. Kurz nach ihrer Heirat wurde
ihr Gatte arbeitslos.
Pesendorfer war im illegalen Kampf
gegen den Austrofaschismus und
NS-Faschismus tätig. 1935 erfolgte ihr
Beitritt zur KPÖ. 1937 initiierte sie die
parteimäßige Organisierung einer
Gruppe von 15 Frauen. 1938 entkam sie
aufgrund besonderer politischer Umstände in „Oberdonau“ einer Verhaftung. In der Folge war sie an der Herstellung wichtiger Verbindungen der
antifaschistischen Widerstandsbewegung zwischen Bad Ischl, Goisern,
Lauffen und Ebensee beteiligt. Sie wurde damit ein wichtiges Verbindungsglied in der regionalen Widerstandsorganisation.
Nachdem durch eine Verhaftungswelle 1941 zahlreiche Mitglieder des
Kommunistischen
Jugendverbandes
und der KPÖ aus Bad Ischl verhaftet
worden waren erfolgte ein verstärktes
Engagement von Frauen. Theresia Pesendorfer hatte es daraufhin übernommen, die regionalen Verbindungen zwischen Bad Ischl, Bad Goisern, Lauffen
und Ebensee wieder aufzubauen.
Pesendorfer spielte eine Schlüsselrolle beim Aufbau der Widerstandsbewegung als Kurierin und Organisatorin,
indem sie unermüdlich unter Einsatz
des eigenen Lebens für illegale Quartiere, Ausrüstung und Verpflegung,
Sprengstoff und Munition für die Widerstandskämpfer sowie von aus Gefängnissen oder Konzentrationslagern
Entflohenen sorgte.
Im Herbst 1942 beschaffte sie für
den aus der Haft in Wels geflüchteten
Karl Gitzoller ein Versteck in der leerstehenden „Villa Waldhütte“, in der sie
gerade als Putzfrau beschäftigt war. Im
selben Jahr erfolgte ihre Verhaftung
durch die Gestapo, jedoch kam es zu einem Freispruch, weil es ihr gelang
durch beharrliches Leugnen die Gestapo zu täuschen,
Durch die vielfältigen Tätigkeiten
Pesendorfers reichten ihre Netzwerke
über Bad Ischl hinaus bis nach Salzburg. Diese überregionalen Verbindungen waren im Oktober 1943 von maßgeblicher Bedeutung, als sie von ihrer
Genossin Agnes Primocic aus Hallein
kontaktiert wurde, um die Flucht von
Theresia Pesendorfer (1902- 1989)
Josef Plieseis aus dem KZ-Außenlager
Hallein – wohin der ehemalige Spanienkämpfer Plieseis vom KZ Dachau zu einem Arbeitstrupp verlegt worden war –
mitzuorganisieren.
Theresia Pesendorfer oblag die Suche nach einer geeigneten Anlaufstelle
in Bad Ischl und die Organisation des
Fluchtweges von Hallein ins Salzkammergut. Nach wochenlangen Vorbereitungen konnte Plieseis am 20. Oktober
1943 bei einer witterungsbedingten Arbeitsunterbrechung entkommen und das
Salzkammergut erreichen.
Das erste Treffen zwischen Plieseis
und Alois Straubinger Ende November
1943 wurde von Theresia Pesendorfer
in die Wege geleitet und fand bei Cäcilia Langeder in Bad Goisern statt, deren
Mann wegen kommunistischer Betätigung inhaftiert war.
Am 25. August 1944 wurde in ihrer
Wohnung eine Besprechung der Ischler
KPÖ-Mitglieder abgehalten, bei der beschlossen wurde, eine neue Gesamtorganisation aller Gegner des Nazifaschismus zu schaffen, die den Namen
„Gruppe Willy“ erhalten sollte. Diese
Organisation wuchs in den folgenden
Monaten rasch an und umfasste Ende
1944 etwa 500 Personen.
Gemeinsam mit den Halleinerinnen
Agnes Primocic und Amalia Ziegleder
war Theresia Pesendorfer im Herbst
1944 an einem weiteren Befreiungsversuch von Häftlingen beteiligt, deren
Rettung letztendlich erst im April 1945
durch den Einsatz von Agnes Primocic
gelang.
Siebzehn Häftlinge aus dem KZ-Nebenlager Hallein waren im Sommer
1944 in ein leer stehendes Haus in der
Nähe von Weißenbach an den Attersee
verlegt worden. Bereits Monate vorher
hatten sie Kontakt zu den Frauen aufgenommen, da sie dringend Kleidung und
andere Gegenstände für die geplante
Flucht benötigten. Pesendorfer und Ziegleder versuchten mehrmals vergeblich,
Verbindung mit den Gefangenen aufzunehmen, um ihnen die gewünschten
Fluchtbehelfe zu übergeben.
Dafür musste Theresia Pesendorfer
trotz einer schweren Erkältung öfter mit
dem Fahrrad die weite Strecke zurücklegen: „Es waren große Strapazen speziell für mich, wo ich doch so leidend
war. Denn es war eine Tour, hin und zurück 90 Kilometer. Und dann musste
ich die große Fahrt machen, um einer
Gefahr auszuweichen und musste über
den Scharfling, St. Gilgen - Strobl nach
Bad Ischl zurück fahren. So waren das
hin und zurück etwa 110 Kilometer.“
Die intensive Tätigkeit im Widerstand bedeutete nicht nur eine große
körperliche, sondern vor allem eine
hohe psychische Belastung für die
Frauen, wie Theresia Pesendorfer weiters schilderte: „Die Zeit vom Herbst
1944 bis ins Frühjahr 1945 war am allerschlimmsten, es hat uns viel Nervenkraft gekostet. Die ganze Zeit bestand
meine Aufgabe darin, Kurierdienste zu
tun nach Goisern, Ebensee, Hallein,
Aussee. Wenn Plieseis etwas benötigte,
dann schickte er mich, seine Aufträge
durchzuführen.“
Nach der Befreiung war Pesendorfer
in vielen Funktionen in der KPÖ, im
KZ-Verband und im Bund Demokratischer Frauen (BDF) tätig. Sie wirkte
auch aktiv an der Herstellung eines Video-Filmes über die Widerstandsbewegung und der Gründung des Widerstandsmuseums Ebensee mit. Für ihre
Verdienste im Widerstand wurde sie
mit dem „Ehrenzeichen für die Verdienste um die Befreiung Österreichs“ ausgezeichnet. Theresia Pesendorfer starb
am 31. Oktober 1989.
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Widerstand im Bezirk Gmunden
Marianne Feldhammer (1909-1996):
„Da gibt´s kein Zurück…“
Die 14. März 1909 in Altaussee geborene Marianne Feldhammer besuchte
die Volksschule und kam durch ihren Gatten zur KPÖ. Karl Feldhammer
wurde in der Nacht vom 26. Jänner 1945 in Bad Aussee bei seiner Festnahme
von der Gestapo erschossen.
Der wehruntaugliche Salinenarbeiter
und Kommunist hatte enge Verbindungen zu den versteckten Männern rund
um Josef Plieseis. Bereits im September
1944 verhaftet, gelang ihm die Flucht,
nach der er trotz der großen Gefahr öfter bei seiner Frau untertauchte, wo er
schließlich gestellt wurde.
Das Haus der Feldhammers war von
1943 bis 1945 Anlaufstelle für verfolgte
Männer aus der Partisanenbewegung.
Vor seiner Verhaftung unterstützte Marianne Feldhammer ihren Mann bei der
Produktion von Holzschuhen für die
Salinenarbeiter und verrichtete Waschund Putzarbeiten in diversen bürgerlichen Haushalten in Bad Ischl.
Ihre Beschäftigung als Wäscherin
nutzte sie, um auf vorgetäuschten Fahrten von Bad Aussee zur Wäscherei nach
Bad Ischl Lebensmittel für die untergetauchten Widerstandskämpfer zu transportieren: „Ich bin in die Putzerei nach
Ischl hinüber gefahren, dort war die
Mutter der Ganhör Mitzi (die spätere
Gattin von Sepp Plieseis) das war so
meine Deckung und von dort bin ich in
die Wohnung zur Mitzi gegangen. Ich
habe dort Sachen, Lebensmittel und anderes, abgeholt und habe die vollen Säcke nach Aussee hinübergebracht. Und
dann habe ich die Sachen nach Altaussee in die Ramsau in eine Heuhütte gebracht.“
Die widerständischen Frauen im
Salzkammergut versuchten ihre Aktivitäten für die Widerstandsgruppe in ihre
alltäglichen rollenspezifisch als typisch
weiblich definierten Reproduktions-Tä-
tigkeiten zu integrieren und diese als
Tarnung zu benutzen. Diese „Haushaltspflichten“ gingen jedoch weit über
den üblichen Alltagsrahmen hinaus und
hatten grundlegende Bedeutung für die
bis zuletzt unentdeckt gebliebene Widerstandsgruppe im Gebiet des Salzkammerguts. Trotzdem waren die Frauen kaum einbezogen in inhaltliche Auseinandersetzungen um die Zielrichtungen der Bewegung. Das Abhandeln von
politischen Strategien, Themen oder
Theorien war den Männern vorbehalten.
Elisabeth Reichart attestierte den
kommunistischen Männern im Widerstand eine sehr traditionelle Einstellung
zu den Geschlechterrollen. Die Fähigkeiten von Frauen wurden erst wahrgenommen und geschätzt, als sie Aufgabenbereiche der Männer ersetzen mussten. Vor allem Vorbehalte und Bedenken, dass Frauen eine zu große Gefahr
wären, die Bewegung zu verraten, dienten als Argument für das Nicht-Einbeziehen von Frauen in wichtige Entscheidungen. Auch der „Igel“ war ein
reines Männerversteck, Frauen wurden
prinzipiell vom Unterschlupf ferngehalten. Einzig Marianne Feldhammer sah
sich eines Tages gezwungen, eine dringende Nachricht den Männern direkt
zum „Igel“ zu überbringen.
„Wenn mein Mann keine Zeit gehabt
hat oder woanders war, hab ich gehen
müssen. Auch Post ausrichten, wenn
was dringend gewesen ist. Sonst hat ja
niemand rauf dürfen zum Igel, eine
Höhle war das. Mit so Holztrümmern
haben sie sich ein Lager gemacht, mit
Decken drauf, und Geschirr, alles haben
sie oben gehabt. Auch einen Abzug fürs
Heizen, dass der Rauch außi geht. Das
ist ein Hallo gewesen, wie ich’s erste
Mal kommen bin: Huh, ein Weib, haben´s gesagt. Dann haben sie sich freilich gefreut, wenn’s mich wieder einmal gesehen haben.“
Marianne Feldhammer war bei der
Quartierbeschaffung für Deserteure und
zur Nachrichtenübermittlung eingesetzt, beschaffte und transportierte Nahrungsmittel für die um die Blaa-Alm
versteckten Partisanen und hielt in Bad
Ischl ständigen Kontakt zu Resi PesenMarianne, Tochter Marianne und
Karl Feldhammer
dorfer. So wie Pesendorfer war auch
Marianne Feldhammer mehrmals von
der Gestapo vorgeladen und verhört
worden. Die Vorstellung der Gestapo-Beamten, wonach Frauen unpolitisch und nur zu subalternen Tätigkeiten
auf Anweisung fähig seien, konnte auch
als Schutz dienen. So wie in anderen
Fällen war auch für Feldhammer ein politisches, kommunistisches Umfeld
durch Heirat entscheidend. Netzwerke
sollten sozialdemokratische bzw. kommunistische Milieus schützen und die
bedrohten und verfolgten Männer unterstützen.
Marianne Feldhammer erinnerte
sich: „Da gibt’s kein Zurück mehr, da
muss man helfen. Mein Mann war dabei, der hat mich braucht, da kommst
unwillkürlich dazu. Und wie man dann
gesehen hat, was die Nazis aufführen,
war’s sowieso aus und geschehen. Wir
haben ja genug mitgemacht.“ Ihre Lebensgeschichte wurde von Walter Wippersberg unter dem Titel „Das Ende eines langen Winters“ verfilmt. Marianne
Feldhammer starb 1996 in Bad Aussee.
l Quelle: Gugglberger Martina,
„Versuche, anständig zu bleiben“...
Widerstand im Bezirk Gmunden
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Maria Ehmer (1910-1992):
Beim Bombenangriff schwer
verwundet
Maria Ehmer wurde am 15. Oktober 1910 in Gmünd (NÖ) als eines von elf
Kindern einer Eisenbahnerfamilie geboren. Der Vater verlor im 1. Weltkrieg
ein Bein und wurde mit einer geringen Pension frühpensioniert. Die Eltern
starben 1941 im Alter von 56 bzw. 63 Jahren, vier Brüder und eine Schwester
kamen im 2. Weltkrieg ums Leben.
Maria Ehmer besuchte fünf Klassen
Volksschule und drei Klassen Bürgerschule. Bereits im Alter von sechs Jahren wurde sie Mitglied der Kinderfreunde, mit zwölf Jahren im Turnverein und
bei der SAJ. Nach Absolvierung der
Schulpflicht arbeitete sie eineinhalb
Jahre in einer Wirkwarenfabrik, dann
zwei Jahre als Verkäuferin in einer Tabakfabrik. Im Alter von 18 Jahren heiratete sie den Telefonarbeiter und
SP-Funktionär Josef Ehmer und übersiedelte nach Gmunden, 1929 wurde ihr
Sohn Bruno geboren.
Bereits 1930 wurden Maria Ehmer
und ihr Mann Josef Mitglied der KPÖ
und traten gleichzeitig aus der katholischen Kirche aus. Die Familie war bereits in der Zeit vor 1938 als kommunistisch bekannt und Josef Ehmer während
des Ständestaates zweimal in Haft und
arbeitslos gewesen. Im selben Jahr wurde ihr Mann entlassen und war bis 1939
wegen seiner politischen Tätigkeit arbeitslos. Während der Haft ihres Mannes blieb sie mit ihrem Sohn ohne jegliche Unterstützung zurück und erfuhr
bereits in dieser Zeit den Zusammenhalt
der kommunistischen Genossinnen als
Rettung.
Nach der Machtübernahme durch die
NSDAP beteiligte sich das Ehepaar Ehmer an Flugblattaktionen in Betrieben
rund um Gmunden: „Flugblätter haben
wir verteilt und abgezogen, wir haben
alles miteinander gemacht, mein Mann
hat sie in den Betrieben verteilt und in
der Nacht haben wir sie in Briefkästen
gesteckt, und da waren schon noch
mehr Genossen, die alle mitgeholfen
haben. Dann ist der Genosse Hohenberger eingesperrt worden, seine Frau und
sein Kind haben halt nichts gehabt, jetzt
haben wir halt Geld gesammelt, damit
wir sie unterstützen konnten.“
Maria Ehmer hatte sich geweigert,
der NS-Frauenschaft beizutreten oder
sich an Sammlungen für das Winterhilfswerk zu beteiligen, und befürchtete
bereits ihre Verhaftung, als Mitglieder
der Roten Hilfe aus Gmunden und dem
Salzkammergut festgenommen wurden.
Josef Ehmer wurde 1942 zur Wehrmacht einberufen und geriet in französische Gefangenschaft, aus welcher er
erst 1946 heimkehrte. Das bedeutete
eine schwere Zeit für die Familie, die
Maria Ehmer als „schlimmsten Moment
in ihrem Leben“ bezeichnete. Sie nahm
viele Strapazen und Entbehrungen auf
sich, um Flugblätter weiterzubefördern,
Nachrichten für den antifaschistischen
Widerstand entgegenzunehmen und
Geld für die „Rote Hilfe“ zu sammeln,
die sie an Cäcilia Spitzbart aus Gmunden weiterleitete, die sie dann an hilfsbedürftige Personen verteilte oder zum
Teil auch an die versteckten Partisanen
im Salzkammergut weiterleitete. Diejenigen, die unterstützt wurden,
wussten in den meisten Fällen nicht,
von wem das Geld stammte.
Dieses System der Konspiration sollte die Möglichkeit von Verrat und Erpressung bei Verhören eindämmen: „Im
43er, im 44er Jahr haben ja wir Frauen
alles übernommen, was zuerst die Männer übergehabt haben. Hauptsächlich
haben wir die Gelder für die Rote Hilfe
gesammelt. Viele Männer sind eingesperrt gewesen oder im Krieg, und die
Frauen haben nichts gehabt. So bin ich
halt immer zu den Leuten sammeln gegangen, zum Bankdirektor, zu Geschäftsleuten in Gmunden, die keine
Kommunisten waren, aber auch nicht
bei den Nazis.“
Am 3. Oktober 1944 wurde Maria
Ehmer in Gschwandt verhaftet und
nach Linz transportiert. Sie wurde verdächtigt, für die Rote Hilfe tätig gewesen zu sein und ein kommunistisches
Netzwerk aufrecht zu halten. Ihr 15-jähriger Sohn Bruno blieb mit der knappen
Information „Bruno, sei tapfer, ich bin
verhaftet“ allein zurück und wurde im
März 1945 gerade 15jährig zum Volkssturm einberufen, blieb aber unversehrt.
Gleichzeitig mit ihr wurden auch Cilli
Spitzbart, Hilde Hohenberger und Fanny Kurz verhaftet, wobei letztere dem
Bombenangriff auf das Frauengefängnis in der Kaplanhofstraße zum Opfer
fielen.
In Linz wurde sie verhört, geprügelt
und beschimpft. Sie wurde in das KZ
Mauthausen gebracht, weiter verhört
und geschlagen und in das Frauenlager
nach Linz zurücküberstellt. Gemeinsam
mit anderen inhaftierten Frauen konnte
Maria Ehmer (1910-1992)
Maria Ehmer im Frauengefängnis Kaplanhofstraße durch Klopfsignale und
Kassiber ein Informationssystem entwickeln, mit dem andere Frauen vom Wissenstand der Gestapo in Kenntnis gesetzt und über Foltermethoden und
Gewaltausschreitungen
informiert
wurden.
Am 31. März 1945 wurde das Lager
bombardiert und Maria Ehmer unternahm einen Fluchtversuch. Sie wurde
aber von einer SS-Wache angeschossen
und bleibt von vier Kugeln getroffen
auf den brennenden Barackenteilen liegen. An diesen Verbrennungen litt sie
bis zum Lebensende. Erst Stunden nach
den Angriff wurde sie in ein Lazarett
gebracht, wo sie nur durch die Hilfe
zweier Krankenschwestern aus dem
Salzkammergut überlebt hat.
Später berichtete sie: „Nachdem sie
informiert waren, dass ich wegen Roter
Hilfe von der Gestapo verhaftet wurde,
so legte man mir nahe, als Soldatenfrau
dürfte ich die Bitte um Entlassung aussprechen. Ich gab zur Antwort, dass ich
keine Bitte habe. Kaltenbrunner fragte,
ob ich Kinder habe, ich sagte einen
Sohn 15 Jahre alt. Eigruber schrie mich
an, dass dieser Bub auch geholt wird
und ich Zuschauen darf, wie Er zugrunde geht. Eigruber holte sodann von meiner Zelle ein 15-jähriges Mädl heraus.
Er besah sie von allen Seiten und sagte
dann. So ein hübsches oberösterreichisches Bauerndirndl. Darauf das Mädl:
Ich bin Russin. Eigruber zur Wachtmeisterin, was kann das Mädl denn angestellt haben, die lassen wir frei. Nun
konnten wir wieder zurück in die Zelle.
Alle waren wir aufgeregt, was wird geschehen? Das Russenmädel wurde
nächsten Tag mit dem Auftrag: ‘Alles
mitnehmen’, herausgeholt. Was mit Ihr
geschah, erfuhren wir nicht. Ich hatte
Angst, dass man meinen Sohn auch
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holt. Er wurde nicht verhaftet, aber er
mußte mit 15 Jahren zum Volkssturm
einrücken, wie ich später erfuhr. Von
den Versprechung, dass alle Soldatenfrauen freigelassen werden, wurde
nichts gehalten. Keine kam frei.“
Bis Mai 1945 war Maria Ehmer inhaftiert, nach einem anschließenden
Spitalsaufenthalt kehrte sie erst im August 1945 schwer verletzt aus der Gefangenschaft heim und war künftig
Hausfrau. Josef Ehmer nahm seine Arbeit als Telegrafenbediensteter wieder
auf. 1948 wurde ihr zweiter Sohn Josef
geboren.
In den folgenden Jahrzehnten gehörte sie zu den unermüdlich tätigen AktivistInnen der KPÖ, des BDF und des
KZ-Verbandes im Bezirk Gmunden.
Für ihren Beitrag im Widerstand wurde
sie mit dem Ehrenzeichen um die Befreiung Österreichs ausgezeichnet. Maria Ehmer starb am 23. November 1992
im 83. Lebensjahr.
l Quelle: Gugglberger Martina, „Versuche, anständig zu bleiben“...
Die Opfer
der KPÖ
l Gmunden: Grossmaier Johann, Hessenberger Leopold, Hohenberger Hilda, Kurz Fanny,
Mayr Gustav, Pesendorfer Josef,
Leitner Josef, Mayr Gustav, Pesendorfer Josef, Stadler Heinrich
l Steyrermühl: Auinger Johann,
Blaha Josef (Pole), Blank Adam,
Grochot Michael, Jelimitzky Michael, Karzmarezyk Stanislaus
(Pole), Kramml Josef, Mascha
Franz, Navalany Ludwig (Pole),
Neubacher Josef, Sammer Johann,
Sigl Karl, Tuteja Leopold (Pole)
l Grünau: Huber Josef, Strasser
Alois
l Ebensee:
Druckenthanner
Franz, Loidl Josef, Ortner Alois,
Promberger Karl, Promberger
Lina, Schleicher Hermine
l Bad Ischl: Huber Josef, Jaritsch Franz, Moser Johann, Vogl
Franz
l Bad Aussee: Feldhammer
Karl, Moser Johann
Widerstand im Bezirk Gmunden
Das abenteuerliche Leben des Josef-Hans Grafl
Der Sprung ins Ungewisse
Josef-Hans Grafl, geboren am 14. Oktober 1921 in Schattendorf im Burgenland. Vater Grafl Johann, gestorben 1958, Mutter Elisabeth, geborene
Graner, gestorben 1941. Sie waren zusammen neun Geschwister.
Hans Grafl besuchte die Volksschule
und die Bürgerschule. Dann erlernte er
das Maurerhandwerk. Schon als Kind
war er in der sozialdemokratischen Kinderorganisation „Kinderfreunde“, dann
kurze Zeit in der Jugendorganisation
SAJ. In der Verbotszeit nach dem 12.
Februar 1934 wurde er Mitglied der
verbotenen Kommunistischen Partei
Österreichs und betätigte sich illegal.
1937 war er drei Monate lang im Anhaltelager Wöllersdorf interniert.
Nach dem Einmarsch der deutschen
Truppen und der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich wurde er
als wehrunwürdig erklärt, aber am 17.
Oktober 1940 doch zur deutschen
Wehrmacht eingezogen. Er kam nach
Stralsund in Norddeutschland in eine
Funkerschule, dann zur ersten Nachrichtenkompanie, von dort nach Rumänien. Dort war er bei einer Nachrichtenstelle. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Sowjetunion 1941
kam er in das Gebiet von Perekop.
Er setzte sich von der deutschen
Wehrmacht ab, ging vorerst zu den russischen und später zu den ukrainischen
Partisanen. Durch die verschärften Einsätze der SS in der deutschen Wehrmacht war er auf der Flucht durch Rumänien, Bulgarien.
Dort wurde er bei einer Razzia der
Deutschen Wehrmacht in der Nähe von
Varna gefangengenommen und in einem improvisierten Gefängnis festgehalten. Das war im Oktober 1942. Ihm
wurde eröffnet, dass er wegen Fahnenflucht und Zersetzung der Wehrmacht
vor das Militärgericht gestellt wird und
dass er mit der Todesstrafe zu rechnen
habe.
Er brach mit Hilfe von bulgarischen
Partisanen aus, und von diesen wurde er
in einem 24-Tagemarsch nach Florina
in Griechenland gebracht. Nachdem er
dort von den griechischen Partisanen
übernommen worden war, ging es in einem 18-tägigen Nachtmarsch durch ein
sehr bewegtes und dorniges Gebiet.
Dann wurde er in die Nähe von Athen
gebracht. Er kam durch viele Dörfer,
die niedergebrannt und menschenleer
waren. Das war seine „Griechenlandreise“.
Im Gebiet von Piräus war er mit den
griechischen Partisanen im Einsatz.
Sein illegaler Name war „Odysseus“.
Ende Dezember 1942 wurde die Ver-
bindung zu den Engländern hergestellt.
Diese brachten ihn mit einem U-Boot in
einer 20-stündigen Fahrt nach Alexandria in Ägypten. Von dort ging es nach
Kairo, wo er zur „Austrian Legion“ geworben wurde. Sie wurden gefragt, ob
sie bereit wären, für Österreich und für
die österreichische Freiheit zu kämpfen.
Dann wurden sie in englische Uniformen eingekleidet, mit rotweißrotem
Bändchen.
Er wurde durch einen „Schnellsiedekurs“ - wie er sich selber ausdrückte zum Flieger ausgebildet. Er war im Einsatz im Mittelmeer, wurde abgeschossen und landete in einem Wüstengebiet,
wo er von den Engländern aufgefunden
und zu seinem Standort gebracht wurde.
Nach einiger Zeit wurde seine Staffel
aufgelöst. Ihm wurde das Angebot gemacht, dem „Action-Service“, einer
Kampftruppe, die im Hinterland eines
Feindes eingesetzt wurde, beizutreten,
was er auch tat.
Er hat 33 Einsätze geflogen, in vielen
Ländern der Welt, wo er jeweils im
Hinterland ins Ungewisse abgesprungen ist. Bei jedem dieser Sprünge hat er
sich die Frage gestellt: Was erwartet
mich unten, wenn ich dort lande? Die
Kugel? Die schreckliche Gefangenschaft und die damit verbundenen
Grausamkeiten? Das Todesurteil? Oder
ein zerschlagener Körper. In diesem
Fall hätte es für ihn nichts anderes gegeben - vorausgesetzt, er hätte noch die
Kraft dazu besessen - als mit einer Kugel sein Leben zu beenden.
Sein 34. und letzter Absprung erfolg-
Widerstand im Bezirk Gmunden
te in seiner Heimat, die noch von der
bereits geschlagenen Hitlerarmee und
der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft besetzt war. Dieser Flug vollzog
sich während eines gewaltigen Sturms
und in großer Höhe, das heißt, bei irregulären Verhältnissen, die einfach ein
Wahnsinn waren.
Grafls Absprung war der Einstieg für
seinen Einsatz in der in England ausgebildeten Gruppe Gaiswinkler im Ausseerland und im Höllengebirge, über
welche er in seiner Lebenserinnerung
„Der
Sprung
ins
Ungewisse“
ausführlich berichtet:
„Beim Zusammenbruch war unsere
Rolle nicht sehr schwierig, es war ja
mehr oder minder alles führerlos. Wir
haben die Organisation und die Führung sofort in Aussee übernommen und
haben Sorge getragen, dass die Verpflegung geklappt hat, dass jeder seine Lebensmittelmarken verwerten hat können, dass er, alles bekommen hat. Wir
haben Zusatzrationen ausgegeben. Das
konnten wir, weil doch die Lager hier
waren. Wir haben getrachtet, dass eine
Ordnung
herrscht,
dass
keine
Übergriffe waren.
In dieser Zeit war es meine Funktion,
Teile der 6. Armee abzufangen, sie zu
entwaffnen und weiterzuleiten, sodass
sie auch notgedrungen verpflegt werden
mussten um nicht zum Plündern anzufangen. Weiters, die KZler, die über den
Pötschenpass kamen, weiterzutransportieren in das russisch besetzte Gebiet,
dass das alles klaglos abläuft.
Gaiswinkler hat die provisorische
Leitung dieses Gebietes übernommen
und ist dann provisorischer Bezirkshauptmann von Bad Aussee geworden.
Er hat einen Sicherheitskommissär eingesetzt, den Herrn Tarra, der später
Oberstleutnant wurde und der hundertprozentig mitgearbeitet hat.
Auf jeden Fall, in diesem Gebiet, wo
die Widerstandsbewegung von Ischl
und Aussee war, hat es keine Übergriffe
gegeben und die Verpflegung hat geklappt. Es ist alles klaglos, so weit man
dies von einer solchen Zeit überhaupt
sagen kann, abgelaufen.
Die Engländer sind gar nicht hergekommen. Die Besatzungsmacht wären
die Engländer gewesen, bis zum Pötschen. Aber die Amerikaner waren
schneller da und haben das Gebiet bis
zur Tauplitz für sich beansprucht, weil
ihnen dieses Gebiet so gefallen hat. Die
Engländer sind bei Tauplitz stehen
geblieben.
Unsere Gruppe ist einmal von Renner, der damals Kanzler war, empfangen worden. Aber für uns war nicht viel
drinnen. Jeder von uns suchte einen Anker, wo er wieder anfangen konnte. Wir
sind jeder einer Arbeit nachgelaufen. Es
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ist so verlaufen, wie sich das keiner von
uns vorgestellt hatte: Die zwei Wiener
sind wieder nach Wien gegangen, der
Gaiswinkler ist in den Nationalrat und
dann zur Krankenkasse zurück. Auszeichnungen oder Anerkennungen, außer dass uns der Renner einmal empfangen hat, haben wir für unsere Leistungen um Österreich nicht bekommen.
Wir sind eigentlich totgeschwiegen
worden.“
Josef Grafl hat sich, nachdem die
Voraussetzungen für den Wiederaufbau
des befreiten Österreichs geschaffen
waren, von den ihm übertragenen Aufgaben zurückgezogen. Er wurde in Bad
Aussee ansässig, heiratete die Ausseerin Hermine, geborene Hildebrand und
hat drei Kinder. Er ist seinem erlernten
Beruf als Maurer nachgegangen. Da
dieser Beruf saisonbedingt ist, hat er
seit der Befreiung Österreichs von der
Hitlerherrschaft, an der er so regen Anteil genommen hat, so manchen Winter
die Stempelstelle des Arbeitsamtes
aufsuchen
müssen.
Mittlerweile
befindet er sich in der Pension.
l Quelle: Peter Kammerstätter, Dem
Galgen, dem Fallbeil, der Kugel entkommen, Edition Geschichte der Heimat, 2006
Zimpernik Raimund (1923-1997)
Ein Leben für den Widerstand
Geboren am 8. März 1923 in Bad Ischl als Sohn eines Wagnermeisters. Erlernte nach Beendigung des Schulbesuches im Jahre 1937 den Beruf eines
Wagners und Zimmermanns. Bereits in früher Jugend kam er in Kontakt mit
dem Marxismus und wurde politisch in der kommunistischen Bewegung und
im Widerstand gegen den Faschismus aktiv, etwa beim Aufbau einer illegalen
Gruppe des KJVÖ.
Seit 1940 war Zimpernik Mitglied
der KPÖ. 1941 wurde er gemeinsam mit
Franz Föttinger und Friedrich Hirnböck
auch wegen Widerstand gegen das
Nazi-Regime angeklagt und durch ein
Urteil des NS-Volksgerichtshofes am 1.
April 1942 wegen Vorbereitung zum
Hochverrat zu zehn Jahren Zuchthaus
verurteilt.
Nach der Befreiung vom Faschismus
war Zimpernik maßgeblich am Aufbau
der Freien Österreichischen Jugend im
Salzkammergut beteiligt und deren Bezirksobmann. Bekannt wurde er im Zusammenhang mit dem „Milchprozess“
im Jahre 1947, als er von der US-Besatzungsmacht gemeinsam mit Maria
Sams, Herbert Filla und Johann Tosetto
als „Rädelsführer“ einer Protestaktion
gegen die schlechte Versorgungslage
angeklagt und zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde. Infolge einer breiten Protestbewegung musste dieses Urteil jedoch wenig später von der US-Behörde
annulliert werden. Beruflich war Raimund Zimpernik bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1983 als Zimmermann
bei der Baufirma Brandl tätig und wurde dort durch das Vertrauen seiner Arbeitskollegen wiederholt zum Betriebsratsobmann gewählt. Zimpernik war
auch viele Jahre Mitglied des ÖGB-Bezirksausschusses Gmunden und anderer
gewerkschaftlicher Gremien.
Zimpernik war Zeit seines Lebens
ein Aktivisten der KPÖ im Salzkammergut und gehörte viele Jahre auch der
Landesleitung und der Bezirksleitung
Gmunden an und war im KZ-Verband
als Bezirksobmann sowie in der Alfred-Klahr-Gesellschaft tätig. Er war
besonders um die Wahrung und Erhaltung der antifaschistischen Traditionen
bemüht. In dem 1995 im Eigenverlag
herausgegebenen
autobiografischen
Buch „Der rote Strähn“ dokumentierte
Zimpernik seine persönlichen Erinnerungen bis zum Ende des 2. Weltkrieges
und den antifaschistischen Widerstand
im Salzkammergut. Zimpernik starb
nach längerem schwerem Leiden am 18.
Jänner 1997 im 74. Lebensjahr.
Raimund Zimpernik (1923-1997)
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Widerstand im Bezirk Gmunden
Ein Epilog
Fragmente des Widerstandes
Unter dem Titel „Fragmente des Widerstands“ startete 2005 das Freie Radio Salzkammergut eine Sendereihe, die 9 Ausstrahlungen von je einer Stunde
umfasste. Die Idee ein solches Projekt zu realisieren, hatte im Frühjahr 2004
Redakteur David Guttner.
Es ist ihm gelungen, ein sehr sorgfältig recherchiertes, spannendes und zugleich unglaublich berührendes Hörspiel über den Widerstand gegen das
Naziregime im Salzkammergut zu erarbeiten.
Dieser Widerstand, schreibt Redakteur Guttner, war deshalb atypisch für
die damalige „Ostmark“, da im Salzkammergut, die sonst üblichen sprachlichen, ethnischen und kulturellen Gegensätze, die gemeinhin mit eine Voraussetzung für Widerstandsaktivitäten
bildeten, kaum vorhanden waren. Im
Gegenteil, gerade die „alpenländischen
Gaue“ waren durch deren so genannte
Volkskultur für die völkische Ausrichtung und einem männlichen Heldenmythos, welche integrale Bestandteile der
NS Ideologen bildeten. Dass gerade
diese Wildererkreise zu einem Kern des
Widerstands werden sollten, mag für
die damaligen Machthaber eine gewisse
Demütigung bedeutet haben.
Die Voraussetzungen für den Widerstand im Salzkammergut lagen zum einen in der traditionell stark verwurzelten Arbeiterbewegung (der erste Arbeiterkonsumverein Österreichs wurde bereits 1868 in Bad Goisern gegründet,
der Salzkammergutkonsum hat bis heute überlebt.) Zum anderen haben sich im
so genannten Zehnten Bundesland
strukturelle Formen einer gewissen Widerständigkeit entwickelt, die sich nur
zum Teil aus der Geschichte der Reformation und Gegenreformation, die im
Inneren Salzkammergut nur oberflächlich greifen konnte, erklären lassen. Euphemistisch könnte man behaupten, die
Menschen im Salzkammergut seien von
einer tief sitzenden Skepsis allem Neuen gegenüber geprägt. Provokant ausgedrückt: Der Salzkammergütler ist xenophob.“ (fremdenfeindlich)
„Für die Entstehung eines regionalen
Widerstandes gegen das NS System
konnte diese misstrauische Grundhaltung nur von Vorteil sein. Natürlich war
nicht das gesamte Salzkammergut ein
widerständiger Fels in der braunen
Brandung, genau so wenig wie die Bezeichnung eines klassischen Partisanenkampfes auf die lokalen Widerstandsaktivitäten im engeren Sinn zulässig ist.
Auch wenn die Widerstandsgruppierungen im Salzkammergut auf wirkliche Sabotageakte verzichteten, so be-
deutete das großzügige Verstecken von
Deserteuren und politischen Nazigegnern so wie Vorbereitungen zur Machtübernahme in Hinblick auf das nahende
Kriegsende, eine Besonderheit in der
Geschichte des gesellschaftlichen und
politischen Widerstands.
Dass die Grundlage der Widerstandsorganisationen, wie so oft, von
Frauen erarbeitet wurde, kann in Bezug
auf das Salzkammergut, dank der Arbeit Peter Kammerstätters, relativ gut
rekonstruiert werden.“
Über die Planung der Sendereihe
„Fragmente des Widerstands“ berichtet
Redakteur Guttner unter anderem folgendes: „Die Hauptschuld“ an der Entstehung der Sendereihe trägt ein Wanderführer des Gmundners Christian
Topf, der den Titel „Auf den Spuren der
Partisanen – zeitgeschichtliche Wanderungen im Salzkammergut“ trägt. Topf
geht darin an Hand von 12 klassischen
Wanderrouten, die immer im Kontext
mit geschichtlichen Ereignissen stehen,
dem Widerstand gegen dem Nationalsozialismus im Salzkammergut nach.
Das Ziel bei der Gestaltung des Projekts
Guttners war es, sich an den Wanderführer von Christian Topf, so werkgetreu, wie möglich zu halten.
Der Redakteur führt weiter aus: „Die
konkrete Arbeit bedeutete 1. relevante
historische Quellen zu erschließen, 2.
Menschen und Zeitzeugen ausfindig zu
machen, die mit den jeweiligen Themen
vertraut, bzw. bereit sind, sich der Interviewsituation zu stellen und über Erlebnisse zu berichten, die über 60 Jahre zurückliegen und 3. alles in eine hörzeigund nachvollziehbare Form zu bringen,
die jeweils mit einer Stunde das Auslangen finden muss. Für Fragmente des
Widerstands hieß das ca. 3 000 Seiten
historisches Quellenmaterial, 45 InterviewpartnerInnen und an die 2000 Tonaufnahmen auf 540 Sendeminuten zu
verteilen. Trotz dieses erheblichen Arbeitsaufwandes ist dieses Projekt ein
möglicher Versuch mit dem Freien Radio in Österreich, gerade in Zeiten eines
schwindenden Bildungsauftrages des
öffentlich- rechtlichen Rundfunks, ein
Stück mehr an Legitimation und Bedeutung erreichen zu können. Die Ergebnisse dieses Versuchs lassen sich
hören:
Im Rahmen des KUPF-Innovations-
topf 2005 – Lebendige Archive wurde
„Fragmente des Widerstands von FRS
eingereicht und unter 44 Projekten von
einer fünfköpfigen Jury an die erste
Stelle gereiht.“ Die 9 Ausstrahlungen
der Hörspielreihe können auf Wunsch,
vom Freien Radio Salzkammergut auf
CD gebrannt werden, und sind dort bestellbar. Es ist von immenser Bedeutung, dass solche Dokumentationen für
die Nachwelt, besonders für unsere jungen Menschen erhalten bleiben.
63 Jahre nach Kriegsende gibt es
kaum noch Zeitzeugen. Es gibt bald keine Widerstandskämpfer mehr, die es
uns sagen können, wie es ihnen in dieser schrecklichen Zeit ergangen ist.
Auch eine Agnes Primocic, die noch im
hohen Alter, in den vielen Schulen, die
sie aufsuchte, den gebannt lauschenden
Jugendlichen „ihre ureigenste Geschichte“ erzählte, ist nicht mehr unter
uns. Gerade den jungen Leuten, die sich
heute kaum noch für Politik interessieren, kann nicht oft genug über dieses
dunkle Kapitel zwischen 1938 und
1945 berichtet werden.
Vor allem dürfen die mutigen Männer und Frauen niemals in Vergessenheit geraten, die alles andere hintanstellten, und um den schrecklichen
Preis, ihr eigenes und das Leben ihrer
Familien aufs Spiel zu setzen, den
Kampf für ein freies Österreich aufgenommen haben. Viele von ihnen, wurden dafür von den Schergen Hitlers hingerichtet. Unsere Widerstandskämpfer
haben wesentlich dazu beigetragen, das
Salzkammergut vor der Zerstörung zu
bewahren. Dafür gebührt ihnen für alle
Zeiten Dank und höchste Anerkennung.
Wehret den Anfängen!
Erika Krenn
Die Bilanz des
Nazifaschismus
l 2.700 ÖsterreicherInnen wurden hingerichtet
l 16.100 ÖsterreicherInnen starben in Gestapohaft, Zuchthäusern
und Gefängnissen
l 16.500 Österreicherinnen starben in Konzentrationslagern
l 65.459 österreichische Juden
wurden ermordet
l 24.300 ZivilistInnen sind bei
Luftangriffen oder Kriegshandlungen umgekommen
l 247.000 zur Wehrmacht eingezogene Österreicher sind gefallen
oder dauern vermisst
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