Öffentliches Recht I – Sommersemester 2008 Fall 6 Fall 6 Verwaltungsrecht Der Ortsverband Nürnberg e.V. der extrem rechtsorientierten Partei der nationalen Erneuerung Deutschlands (PNED) will am Sonntag, dem 24.08.2008, in der Stadt Nürnberg eine öffentliche Großkundgebung in der Friedenshalle abhalten (Thema: Die Rolle des Staatsmannes Rudolf Heß als Friedenspolitiker und seine Bedeutung für ein vereintes Europa). Die Friedenshalle steht im Eigentum der Stadt Nürnberg und wird von dieser betrieben. Sie war 1978 von der Stadt Nürnberg als Mehrzweckhalle errichtet worden. Im damaligen Widmungsbeschluss des Stadtrates ist ausdrücklich auch die Durchführung politischer Veranstaltungen durch die Ortsverbände der politischen Parteien aufgeführt. Der Ortsverband der PNED wandte sich - vertreten durch den Ortsvorsitzenden Heiner Gimmler - am 18.10.2007 schriftlich an den OB der Stadt Nürnberg und beantragte die Zulassung zur Friedenshalle für den 24.08.2008. Nachdem der PNED die Zulassung zur Friedenshalle zunächst im November 2007 mündlich „in Aussicht gestellt“ wurde, gelangte man im März 2008 seitens der Stadt Nürnberg aber zum Ergebnis, den Abschluss eines Mietvertrages zu verweigern. Nach den neuesten Erkenntnissen der Stadt und den aktuellen Berichten der Verfassungsschutzbehörden werde nämlich durch die PNED rechtsextremistisches Gedankengut vertreten. Auch war durch die PNED bereits seit November 2007 im Stadtgebiet von Nürnberg mit Flugblättern für die Veranstaltung geworben worden, deren Inhalt den strafrechtlichen Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) erfüllte. Es wurde darin auch dazu aufgefordert, sich die Veranstaltung „unter keinen Umständen von linken Kampfzecken“ sabotieren zu lassen. Tatsächlich wurde seit Ankündigung der Veranstaltung auch mehrfach zu Gegendemonstrationen aufgerufen. So hatten insbesondere die gewaltbereiten „Vereinten Autonomen Hassfurt“ (VAH) eine „direkte Aktion“ angekündigt. Die zuständige Polizeidirektion rechnete mit ca. 250 Teilnehmern. Der Antrag der PNED wurde folglich durch den OB mit Bescheid vom 28.03.2008 abgelehnt. Dieser ablehnende Bescheid wurde dem Ortsverband der PNED mittels Postzustellungsurkunde am 01.04.2008 zugestellt; eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung war beigefügt. In den Gründen des Bescheides war ausgeführt, dass die PNED eindeutig verfassungswidrig sei. Schließlich wurde auf die Flugblattaktion sowie auf die angekündigten Gegendemonstrationen verwiesen. Um die geplante Kundgebung in der Friedenshalle abhalten zu können, erhebt der Ortsvorsitzende Gimmler am 30.04.2008 namens und im Auftrag des Ortsverbandes eine Klage zum zuständigen Verwaltungsgericht Ansbach gegen die Stadt Nürnberg. Bearbeitervermerk: In einem Gutachten sind die Erfolgsaussichten der erhobenen Klage in formeller und materieller Hinsicht zu beurteilen! Auf die in der Anlage abgedruckten Vorschriften wird hingewiesen. Seite 1 von 2 Öffentliches Recht I – Sommersemester 2008 Fall 6 ANLAGE: Auszug aus der Zivilprozessordnung (ZPO): § 222. Fristberechnung. (1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. … Auszug aus der Bayerischen Gemeindeordnung (BayGO): Art. 21. Benutzung öffentlicher Einrichtungen. (1) Alle Gemeindeangehörigen sind nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen. ... (4) Die Vorschriften in den Absätzen 1 und 3 finden auf juristische Personen und Personenvereinigungen entsprechende Anwendung. ... 01.06.2008 Ass. iur. A. Brigola, wiss. Mitarb. Seite 2 von 2