Master 43 Energieoptimiertes Bauen Das Einsparen von Energie und das ressourcenschonende Bauen sind zu unverzichtbaren Komponenten der Planung geworden. Die formale Bewältigung der Verbindung von klimatischen Randbedingungen mit baukonstruktiven und technischen Erfordernissen stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Die ästhetische Bewältigung der Verbindung von klimatischen Randbedingungen mit baukonstruktiven und technischen Einrichtungen war schon immer eine der größten Herausforderungen der Architektur. Es bedeutet nicht, dass klimagerechtes, ökologisches Entwerfen und Bauen ästhetische Einschränkungen mit sich bringen; vielmehr kann das Einbeziehen der natürlichen Gegebenheiten dem Entwerfen fundamentale, formal verwertbare Impulse bieten. So sagt Norman Foster zum Einbezug der Sonne in den Entwurfsprozess: „Solararchitektur bringt zwei der überzeugendsten und inspirierendsten Quellen von Architektur zusammen – Tradition und Technologie“ Das Entwerfen und Konstruieren unter Einbezug energetischer und ökologischer Aspekte ist eine Kernkompetenz der zukünftigen Architektinnen und Architekten. Der Energieverbrauch eines Gebäudes wird den Wert einer Immobilie in Zukunft so sehr bestimmen, wie seine 44 Lage oder sein Bauzustand. Das Erlernen und Umsetzen energieoptimierten Planens begleitet die Studierenden in allen Phasen ihres Masterstudiums. Neben dem Entwurf und der Baukonstruktion umfasst das „energieoptimierte Bauen“ die Erarbeitung von Konzepten der natürlichen Klimatisierung und die Entwicklung von klimaaktiven Fassaden. Die Optimierung funktionaler, gestalterischer, konstruktiver und energetischer Aspekte wird durch rechnergestützte Simulationen in allen Planungsphasen begleitet. menhang mit Forschungsfragen oder mit Partnern in Wirtschaft und Verwaltung bearbeitet werden. Die Projektarbeit widmet sich sowohl Neubauaufgaben wie auch dem Bauen im Bestand. Prof. Dipl.- Ing. Fred Ranft Prof. Dipl.- Ing. Die beiden ersten Semester des Masterstudiums (und damit auch des Entwurfsprojekts) sind dem Neubau gewidmet, das dritte Semester beinhaltet einen Projektentwurf im (Siedlungs-)Bestand. Charakteristisch für diesen Masterstudiengang ist die Projektarbeit, dort wird das in Seminaren und Vorlesungen vermittelte Wissen verschiedener Lehrgebiete angewandt. In der Regel handelt es sich um sehr konkrete Aufgaben, die im Zusam- Fred Ranft Im Jahr 2000 erhielt Fred Ranft den Ruf für die Professur Entwerfen und ökologische Planungs- und Entwurfskonzepte an die FH Köln. Er leitet das Institut für Technik und Ökologie. Nach seiner Maurerlehre und einem Studium an der FH Essen arbeitete er in verschiedenen Architekturbüros und begann 1973 sein Architekturstudium an der RWTH Aachen. Seit 1982 ist er Partner im Büro Casa. 45 Es werde Licht! Das Institut für Technik und Ökologie stellt die Mastervertiefung Energieoptimiertes Bauen und bindet unter anderem das Lichtlabor in die Lehre ein. Hier dreht sich alles um das Licht. Was ist Licht? Welche Farbe hat Licht? Was bedeutet die Planung mit Tageslicht und künstlichem Licht? Das Lichtlabor beschäftigt sich mit Licht aus allen Quellen, vom natürlichen Tageslicht bis zum Licht aus Leuchtmitteln aller Art. Eine Besonderheit im Lichtlabor ist der künstliche Tageslichthimmel. Wie der Name verrät, stellt eine mit Leuchtstoffröhren bestückte Kuppel die Eigenschaften eines natürlichen, uniformen Himmels nach. Ein uniformer Himmel ist ein definierter Himmelszustand, bei dem der horizontale und vertikale Lichteinfall identisch sind. In der Realität handelt es sich unter diesen Umständen um einen wolkenverhangenen Himmel, durch den die Sonne nicht sichtbar ist und für Messungen keine Blendungen verursacht. Vollständig wird die Simulation durch eine künstliche Sonne, die entsprechend der geografischen Lage des Gebäudes und den einflussreichen Zeiten im Jahresverlauf programmiert wird. Zu den aussagekräftigen Jahreszeiten gehören ein Winter- und ein Sommertag, denn der 46 Sonnenstand und damit der Einfallswinkel auf die Erde unterscheiden sich hier wesentlich. Die Fakultät für Architektur verfügt mit dem künstlichen Tageslichthimmel über ein Instrument, mit dem die Tageslichtführung als Teil der Tageslichttechnik praktisch belegt und kontrolliert wird. Studierende experimentieren mit Sonnen- und Blendschutzmaßnahmen und der Belichtung über Fenster, Umlenksysteme, Seiten- und Oberlichter. Zusammenhänge von der gebauten Idee und der Implementierung in ein gegebenes Milieu werden sichtbar und helfen, eine fundierte Aussage über die geplante optimale Nutzung des Tageslichtes im Innenraum zu treffen. Eingesetzte Materialien spielen bei der Lichtplanung sowohl im Innenraum als auch im Außenraum eine Rolle. Im größeren Maßstab untersuchen die Studierenden städtebauliche Gefüge und gegenseitige Abhängigkeiten des Umfelds durch Verbauungen und Verschattungen. Kunstlicht bildet den zweiten Schwerpunkt im Lichtlabor und ist das Pendant zur Tageslichtsimulation. Die subjektive Empfindung steht bei der Erkundung von Abhängigkeiten zu Lichtfarbe, Helligkeit, Position und Lichtquelle im Vordergrund. Nur wer die Wirkung der verschiedenen Lichtquellen im Vergleich gesehen und erlebt hat, kann die Erkenntnisse in der zukünftigen Planung umsetzen. Übungen zur Ausleuchtung einzelner Objekte trainieren den Umgang mit den immateriellen Wellen. Veränderbarkeiten vorhandener simpler Raumgeometrien bilden einen weiteren wichtigen Aspekt der Lichtplanung. Erkenntnisse über den gezielten Einsatz zusammen mit der praktischen Anwendung schlagen die Brücke zur späteren Berufspraxis und sichern die professionelle Planung. Martina Schulz .. Tageslichttechnik Prof. Dipl.- Ing. Gabriele Willbold-Lohr Gabriele Willbold-Lohr ist seit 1991 Professorin an der Fakultät für Architektur. Am Institut für Technik und Ökologie hat sie das Lehrgebiet Integrierte Gebäudetechnik. Bis 2009 war sie Mitinhaberin des Büros für energieoptimiertes Bauen in Köln. Ihr Studium absolvierte sie an der TU in Darmstadt und wurde später wissenschaftliche Mitarbeiterin an der RWTH Aachen. 47 Module im Master Energieoptimiertes Bauen Tageslichttechnik Mit professionellen Instrumentarien, Softwaretools und Modellen analysieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tageslichtbeleuchtete Gebäudekonzepte und deren tageslichttechnische Komponenten. Durch die Analyse der ermittelten Daten können Lösungen erarbeitet und für die bestehenden Gebäude konkret benannt werden. Die Planung mit der natürlichen Lichtquelle Tageslicht trägt zum Wohlbefinden des Menschen in seiner gebauten Umwelt bei und ist gleichzeitig ressourcenschonend. 48 Exkursionen ergänzen den seminaristischen Unterricht. Mit einem frei gewählten Bürogebäude beginnt die Erkundung der Bauwerke. Professionelle Messinstrumente und Simulationsprogramme stehen den Studierenden zur Verfügung, um fundierte Daten für die folgende Auswertung zu ermitteln. Dabei wird das Spektrum der Mittel für die unterschiedlichen Problemfelder ausgeschöpft und spezielle Vorschläge zur Optimierung erarbeitet. Abschließend überprüfen die Studierenden ihre geplanten Maßnahmen in einer Computersimulation und in dem künstlichen Tageslichthimmel, um die Verbesserung der Situation zu belegen. .. Tageslichttechnik 49 Qualitätssicherung Fassadentechnologie Klimadesign Zum Nachweis der energetischen Qualität eines neuen Gebäudes sind die Thermografie der Außenbauteile mit einer Wärmebildkamera und die Prüfung der Luftdichtheit der Gebäudehülle mit einem Blower-Door Test die notwendigen Instrumente. Ziel ist es, die Ausführungsqualität abzubilden, Schwachstellen zu finden und nachzubessern. Die speziellen Anforderungen der energetischen Sanierung bereits bestehender und auch schützenswerter Bauwerke, sind ebenfalls Gegenstand der Untersuchungen. Die Hülle eines Gebäudes muss auf wechselnde Verhältnisse innen und außen reagieren können, die mit fortschreitenden technologischen Möglichkeiten immer komplexer werden. In dem Seminar werden unterschiedliche Fassadentypologien untersucht und analysiert, um die Komplexität von Fassaden zu verstehen. Die eigene Entwicklung einer Fassade unter energetischen Aspekten erfolgt auf Grundlage des Entwurfs aus MM 1.3 Klimadesign hat das Ziel Gebäude zu entwickeln, die mit einem Minimum an Energie ein Maximum an Behaglichkeit bieten. Zugleich sind aus klimatischen Anforderungen gestalterisch verwertbare Impulse gegeben. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein ganzheitlicher Planungsansatz erforderlich. Der Gebäudeentwurf MM 1.3 wird mit Hilfe einer Software zur thermischen Gebäudesimulation auf Energieeffizienz und Behaglichkeit überprüft. Energetische Sanierung Das Seminar beinhaltet die Analyse und Bewertung bestehender Bauwerke hinsichtlich der energetischen Qualität mit dem Ziel der Entwicklung eines Sanierungskonzepts sowie der Erstellung eines Energiebedarfs-Ausweises. Auch spezielle Maßnahmen zur energetischen Sanierung schützenswerter Bauwerke werden betrachtet. Integration von erneuerbaren Energien Baukonstruktion energieoptimiertes Gebäude Der Einsatz von erneuerbaren Energien in aktiven und passiven Systemen der Gebäude mit der angeschlossenen Analyse von bestehenden Objekten gibt den Einstieg in das Thema. Daraus resultierende Optimierungsszenarien der Architektur werden u.a. mit Computersimulationen hinsichtlich ökonomischer und ressourcenschonender Aspekte untersucht und bewertet. Die Energieoptimierung von Gebäuden ist eng mit der baukonstruktiven Ausbildung verknüpft. In dem Modul werden Konzepte zu Bauweise, Materialien und Detailausbildungen erarbeitet, die dazu beitragen Entwurfsansätze zu nachhaltigen Gebäudekonzepten weiter zu entwickeln. . Integration von erneuerbaren Energien I .. Fassadentechnologie .. Baukonstruktion energieoptimierter Gebäude .. Klimadesign und thermische Gebäudesimulation .. Energetische Sanierung .. Qualitätssicherung mit Thermografie und Blower-Door 50 51 Update – energetische Sanierung Hauptschule Nettersheim Im dritten Mastersemester liegt der Fokus des Projektes auf dem Umgang mit bestehenden Gebäuden. Die Inhalte der Mastermodule Energetische Sanierung und Qualitätssicherung wurden in dem modulübergreifenden Projekt von den Studierenden angewendet. Im Wintersemester 2009/10 war die Hauptschule Nettersheim in der Eifel das reale Objekt, mit dem sich die Studierenden beschäftigten. Die Schule besteht aus zwei Gebäudeteilen, von denen nur noch eines infolge sinkender Schülerzahlen gebraucht wird. Für einen Gebäudeteil war ein Konzept zur energetischen Sanierung gefordert , während der zweite Teil abgerissen und das Baufeld für einen Neubau, ein Mutter-Kind-Haus, vorgesehen werden sollte. Ziel des Sanierungskonzepts war es, einen hohen thermischen Komfort bei gleichzeitiger Senkung des Heizenergiebedarfs zu erreichen. Die Studierenden begannen mit der Bestandsanalyse und der Sammlung von Daten, führten eine fundierte Analyse durch und entwickelten gezielte Maßnahmen für die Sanierung, immer vor dem Hintergrund der entsprechenden Normen und aktuellen Verordnungen. Die Schulsanierung wird an dieser Stelle nur exemplarisch an einem Bauteil, der Außenwand Typ 1, und den Fenstern 52 dargestellt. Weitere Maßnahmen und Ergebnisse können in ihrer gesamten Komplexität nicht einzeln beleuchtet werden, wurden aber umfassend erarbeitet. Die Anforderungen an das Mutter-Kind-Haus lagen in der Erfüllung der Auflagen des Passivhausstandards und in der Errichtung in Holzbauweise. 1977 wurde die Hauptschule Nettersheim in der Eifel fertig gestellt. Konstruktionen, Materialien und Energieversorgungskonzepten, entsprechen heute nicht mehr dem Stand der Technik . Die Studentin Rebecca Shore begann ihre Bestandsanalyse im Rahmen des Moduls Energetische Sanierung mit der Erstellung eines Bauteilkatalogs, in dem sie Wände, Decken und das Dach katalogisierte und Kategorien aufstellte. Wände beispielsweise wurden auf ihre Bestandteile analysiert und durch die Position innerhalb des Gebäudes differenziert. Bauteil Typ 1 war bei ihr eine nichttragende Außenwand aus Betonstein. Gedämmt wurde die Außenseite mit Steinwolle in einer Stärke von 3cm, die hinter einem vorgehängten Kunststein verschwindet. Dieses Bauteil ist für die Gebäudehülle besonders wichtig, da es mit etwa 35% den größten Anteil ausmacht und sogar vor dem Fensteranteil mit 30% liegt. Mit Informationen über die verwendeten Materialien konnte die Studentin einen U-Wert von 0,776 W/(m2K) ermitteln. Der U-Wert beschreibt den Wärmedurchgangskoeffizienten. Je höher der Wert, desto schlechter ist die Wärmedämmeigenschaft des Materials, da über jedes Bauteil Wärme verloren geht. Nach der Sanierung soll der Standard eines Niedrigenergiehauses (3-Liter Haus) erreicht sein, was für die beschriebene Außenwand bedeutet, dass ein empfohlener Wert von 0,2 W/(m2K) erreicht werden sollte. Nur mit Kenntnis aller verwendeten Materialien kann später eine fundierte Energieberatung und eine entsprechende Gebäudeertüchtigung durchgeführt werden. U [ W/m2K ] 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 EnEV09 Boden/Erdr. EnEV07 Wand EnEV07 Kellerdecke EnEV07 Dach EnEV09 Wand/Dach EnEV09 Flachdach 3-Liter-Haus Passivhaus 0 . Projektentwurf II Energieoptimiertes Bauen .. Projektvertiefung Energieoptimierte Planungs- und Entwurfskonzepte III Bauen im Bestand .. Energetische Sanierung .. Qualitätssicherung mit Thermografie und Blower-Door 53 14. 12. 2009 _ TA: -4 °C T [°C] eps P01 7,2 1,00 P02 10,5 1,00 P03 2,5 1,00 P04 -2,6 1,00 P05 4,0 1,00 Durch die Luftschicht zwischen der äußeren Dämmung und der vorgehängten Fassade ist der Wärmeverlust auf dem Foto nicht erkennbar. Es sieht so aus, als wäre die Außenwand gut gedämmt. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, müssen daher mehrere Methoden angewendet werden. Die Aufnahme des Eingangs zeigt die schlechte thermische Qualität der Einscheibenverglasung über den Eingangstüren. Messpunkt P01 mit einer Temperatur von 7,2 °C deutet auf einen enormen Energiestrom durch die Scheiben hin und auf die Undichtigkeit der Eingangstüren, denn oberhalb des Eingangsbereiches steigt warme Luft an der Fassade hoch. Der gesamte Eingangsbereich stellt eine Wärmebrücke dar. 54 Thermographie Die Messungen als zweiten Schritt der Untersuchung des Gebäudes machte die Gruppe aller Studierenden des Moduls Qualitätssicherung gemeinsam. Sie begannen mit Thermographieaufnahmen am 14. Dezember 2009 in der Zeit von 5:45 Uhr bis 12:00 Uhr. Das Funktionsprinzip der Thermographie beruht darauf, dass jeder Gegenstand mit einer Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunkts Wärmestrahlungen aussendet. Mit steigender Temperatur verschiebt sich das ausgesandte Spektrum der Energie in den Bereich kürzerer Wellenlängen. Die Thermographie wird bevorzugt im infraroten Bereich eingesetzt und auf einen elektronischen Bildsensor projiziert. Besonders effektiv ist eine gleichzeitige thermografische Untersuchung der Gebäudehülle in Verbindung mit einer Luftdichtheitsprüfung, der BlowerDoor Messung, die die Studierenden im Anschluss durchführten. Mit professionell durchgeführten Aufnahmen kann u.a. eine vorhandene Wärmedämmung überprüft, Wärmeverluste durch Wärmebrücken aufgedeckt und Leckagen geortet werden. In diesem Fall wurde die Thermographie zur Eingrenzung notwendiger Sanierungsmaßnahmen eingesetzt. Um eine aussagekräftige Thermographieaufnahme zu erstellen, müssen geeignete Klimabedingungen herrschen. Verfälschende Störfaktoren können eine zu hohe Luftfeuchtigkeit mit Nebelbildung und Feuchtigkeit durch Niederschlag auf der Gebäudehülle sein. Des Weiteren beeinflussen Schneefall, Regen oder Sonneneinflüsse die Messdaten. Die Temperaturdifferenz zwischen innen und außen muss mindestens 15 Grad Celsius betragen, wobei die Temperatur innerhalb von 12 Stunden vor den Messungen im Gebäude und außerhalb weniger als 30% schwanken und eine gleichmäßige Temperatur im Gebäude herrschen sollte. Der optimale Zeitpunkt für die Messung liegt vor Sonnenaufgang und mindestens sechs Stunden nach Sonnenuntergang. Das gesamte Gebäude ist schlecht gedämmt und weist hohe Energieverluste auf. Dieser Umstand wird jedoch auf den Außenaufnahmen durch die hinterlüftete Fassade (Bauteil Typ 1) verdeckt. Es gibt deutliche Wärmebrücken im Bereich der ungedämmten Stahlbetonstützen und den Fensterbändern. In ihrer Summe sind die Fensterflächen und die Außenwände besonders problematisch, weil sie zusammen mit etwa 75% den größten Teil der Gebäudehülle ausmachen. Die einzige thermische Verbesserungsmaßnahme, die sich auch auf den Thermographiebildern zeigt, ist die nachträgliche innenseitige Dämmung der Fensterbänder. Das gesamte Gebäude wurde durch extrem hohe Wärmeverluste charakterisiert und es reicht nicht aus, nur die Fenster auszutauschen. Der Grund ist, dass die Taupunkttemperatur im Fassadenbereich häufig unterschritten wird und bei der Sanierung neuer, luftdichterer Fenster diese Stellen durch Kondensatbildung einen Nährboden für Schimmelpilzbefall darstellen. . Projektentwurf II Energieoptimiertes Bauen .. Projektvertiefung Energieoptimierte Planungs- und Entwurfskonzepte III Bauen im Bestand .. Energetische Sanierung .. Qualitätssicherung mit Thermografie und Blower-Door 55 56 Blower-Door Test BlowerDoor beim Messen der natürlichen Druckdifferenz. Im Bereich des Rahmens werden starke Luftbewegungen gemessen. Durch die undichten Fenster tritt Nebel aus. Mit dem Blower-Door Test kann ein Gebäude auf seine Luftdichtigkeit überprüft und Leckagen geortet werden. Die Messung erhält ihren Namen durch ihr Prinzip: Ein Gebläse wird in einem Türrahmen platziert und allseitig luftdicht verklebt. Ein Computer mit spezieller Software wird an das Gebläse angeschlossen und überprüft, wie oft die Luft innerhalb einer Stunde ausgetauscht wird. Von einem luftdichten Gebäude spricht man, wenn die Luft im Gebäude unter Prüfbedingungen nicht häufiger als dreimal pro Stunde ausgetauscht wird. Die Ortung dieser Schwachstellen ist mit der Hand zu spüren, einer Nebelmaschine sichtbar zu machen oder mit dem Thermoanemometer zu messen. Luftdichtigkeit ist wichtig, um Bauschäden zu vermeiden, Energie einzusparen und den Innenraumkomfort zu erhöhen indem beispielsweise Zugerscheinungen vermieden werden. an einen Innenraum und ist zur Hälfte eine Außenwand. auf einen großen Wärmeverlust über Undichtigkeiten des Bauwerks hin. Ziel ist es, entsprechend der Energieeinsparverordnung 2009 (EnEV) zu sanieren und die empfohlene Luftwechselrate von 1,5 h¯1 nicht zu überschreiten. Bei Nutzung der Räume über eine längere Zeit mit vielen Personen, wie es während des Unterrichts der Fall ist, muss jedoch eine Luftwechselrate von 3-4 h¯1 erreichen werden, damit eine gesundheitlich akzeptable Luftqualität für die Schülerinnen, Schüler und Lehrkörpern gewährleistet ist. Die Messzone ist ein typischer Klassenraum des Gebäudes im ersten Stock des Schulbaus mit Südorientierung, eine Grundfläche von 47 m2 und ein Luftvolumen von 176 m3. Der Raum grenzt im Norden und Osten an weitere Klassenräume an. Die Südseite ist eine Außenwand mit drei durchlaufenden Fenstern und die Westseite des Raumes grenzt zur Hälfte Für den Blower-Door Test ist die Windstärke des Tages von Bedeutung, die an diesem Tag aus Nordost mit 1 - 2 Beaufort angenommen wurde, entsprechend einer Windgeschwindigkeit von 0,3 - 3,4 Meter pro Sekunde. Die Messung wurde einmal mit Überdruck gemessen und einmal mit Unterdruck. Aus den beiden Messreihen ermittelten die Studierenden das arithmetische Mittel und erhielten als Ergebnis eine Luftwechselrate von 4,44 h¯1. Das bedeutet, die Luft wurde 4,4 Mal in einer Stunde ausgetauscht. Dieser Wert deutet . Projektentwurf II Energieoptimiertes Bauen .. Projektvertiefung Energieoptimierte Planungs- und Entwurfskonzepte III Bauen im Bestand .. Energetische Sanierung .. Qualitätssicherung mit Thermografie und Blower-Door 57 Maßnahmen der Schulsanierung Bestand Ansicht Ost Drei-Liter-Haus Ansicht Ost 58 Die Messungen und die Bestandsaufnahme wurden in der Gruppe gemeinsam erarbeitet, die konkreten Maßnahmen und den Entwurf des Umbaus entwickelten die Studierenden individuell. Rebecca Shore setzte sich zum Ziel, Werte für ein Niedrigenergiehaus zu erreichen. Konkret für das Bauteil Typ 1, die Außenwand, plante die Studentin, die komplette Wand zwischen den tragenden Stützen durch Holzwandelemente zu ersetzten. Sie unterschritt damit den empfohlenen U-Wert von 0,2 W/(m2K) und erreichte 0,091 W/ (m2K). Entsprechend der Datenauswertung aus der Thermographie ist ihr Vorschlag, die bestehenden Fenster mit Alurahmen und Zweifachverglasung gegen Holzrahmenfenster mit einer zweifachen Wärmeschutzverglasung auszutauschen. Damit halbierte sie beinahe die Wärmeverluste und verringerte den U-Wert von 3,0 W/(m2K) auf 1,3 W/(m2K). Indem Rebecca Shore die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle optimierte und den Wärmeverlust reduzierte, ist die Luftaustauschrate der Klassenräume zu gering während der Unterrichtsstunden. Empfohlen ist der Luftaustausch von 3-4 Mal in der Stunde für einen Raum, in dem sich viele Personen gleichzeitig über eine längere Zeit aufhalten. Zugunsten der Lufthygiene, plante die Studentin im Fensterbereich und vor den Heizkörpern ein dezentrales Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung ein. Alle Maßnahmen von Rebecca Shore im Überblick: Baumaßnahmen 1. Ersetzen der Außenwand zwischen den Stützen durch Holzwandelemente 2. Fenster mit zwei verschiedenen Verglasungen, 2-Fach WSV und Lamellenverglasung mit Steuerung (mit Lüftungssystem verbunden) 3. Sonnenschutz und Lichtlenkung durch Außenjalousien 4. Beseitigung von Wärmebrücken 5. Dachdämmung von außen 6. Sockeldämmung auf der Kalt- und Warmseite 7. Dämmung der Rohre 8. Ersetzen der Heizkörper Technische Maßnahmen 1. Einbau dezentraler Lüftung im Fensterbereich und vor Heizkörpern 2. Abdichtung der Lüftungskanäle 3. Installation von tageslichtabhängigem Beleuchtungssystem 4. Ersetzen der Heizkörper, Kontrolle durch regulierbare Thermostate in jedem Raum 5. Verwendung geringerer Vorlauftemperaturen und -zeiten 6. Ersetzen vorhandener Beleuchtung (KVG) durch effizientere Beleuchtungsarten (EVG) . Projektentwurf II Energieoptimiertes Bauen .. Projektvertiefung Energieoptimierte Planungs- und Entwurfskonzepte III Bauen im Bestand .. Energetische Sanierung .. Qualitätssicherung mit Thermografie und Blower-Door 59 Dach U-Wert = 0,147 W/m²K Außenwand 2 – Stütze U-Wert = 0,461 W/m²K 0,95 cm Gipskartonplatte 15 cm Stahlbetondecke 0,5 mm Dampfsperre 2 cm vorgehandenes Steinwolle 0,8 mm vorgehangene Abdichtung 24 cm Hartschaum XPS, Attika erhöhen 0,8 mm Abdichtung 3 cm Kiesschüttung 2 cm Lärcheschalung 4 cm vertikale Lattung diffusionsoffene Folie 8 cm Holzweichfaserplatte 40 cm Beton (armiert) Dampfsperre 0,95 cm Gipsplatte Lamelleverglasung Fenster U-Wert = 1,1 W/m²K VSG 8 mm aus 2 x TVG 4 mm – SZR 16 mm – ESG 5 mm dezentrale Lüftungsanlage schulspezifisch Einbau horizontal auf der Brüstung, unterhalb des Fensters 120 cm x 60 cm x 19 cm 60-120 m³/h 60 . Projektentwurf II Energieoptimiertes Bauen .. Projektvertiefung Energieoptimierte Planungs- und Entwurfskonzepte III Bauen im Bestand .. Energetische Sanierung .. Qualitätssicherung mit Thermografie und Blower-Door 61 Primärenergiebedarf Mit einem Energieberaterprogramm belegte die Studentin ihre Maßnahmen. 3.000.000 [kWh/a] 2.500.000 2.000.000 1.500.000 1.000.000 500.000 0 ist saniert Transmission 62 ist Lüftung saniert ist Heizung saniert Nach Umsetzung aller vorgeschlagenen Maßnahmen reduziert sich der Endenergiebedarf des Gebäudes um 84%. Den Einfluss auf die Wärmeverluste über die einzelnen Bauteile und die Heizungsanlage zeigt das folgende Diagramm. Der derzeitige Endenergiebedarf von 2.998.621 kWh/Jahr reduziert sich auf 467.002 kWh/ Jahr. Es ergibt sich somit eine Einsparung von 2.531.618 kWh/Jahr bei gleichem Nutzverhalten und gleichen Klimabedingungen. Die CO₂-Emissionen werden um 96.281 kg Co₂/Jahr reduziert. Dies wirkt sich positiv auf den Treibhauseffekt aus und hilft, unser Klima zu schützen. Durch die Modernisierungsmaßnahmen sinkt der Primärenergiebedarf des Gebäudes auf 34 kWh/m2 pro Jahr. Der Primärenergiebedarf berücksichtigt auch die vorgelagerte Prozesskette für die Gewinnung, die Umwandlung und den Transport der eingesetzten Energieträger. Primärenergiebedarf Qp: Ist-Zustand Var.1 - NEH 34 kWh/m2a kWh/a 654660 133176 Einsparung Primärenergiebedarf qp pro m2: Ist-Zustand Var.1 - NEH 34 kWh/m2a kWh/a 168 34 Einsparung Anlagentechnische Verluste Qt: Ist-Zustand Var.1 - NEH 34 kWh/m2a kWh/a 2628369 235320 Einsparung Anlagentechnische Verluste qt pro m2: Ist-Zustand Var.1 - NEH 34 kWh/m2a kWh/a 674 60 Einsparung 521484 134 79,7 % 79,7 % Anlagentechnische Verluste 2393049 614 91,0 % 91,0 % Auszüge aus der Gruppenarbeit von Rebecca Shore, Midary Bongardt und Katja Schneider und der Einzelarbeit von Rebecca Shore. CO₂·Emissionen CO₂-Emissionen: Ist-Zustand Var.1 - NEH 34 kWh/m2a kg/a 123996 27715 Einsparung CO₂-Emissionen pro m2: Ist-Zustand Var.1 - NEH 34 kWh/m2a kg/m2a 32 7 Einsparung EUR/a 99459 17562 Einsparung 96281 25 77,6 % 77,6 % Brennstoffkosten Brennstoffkosten: Ist-Zustand Var.1 - NEH 34 kWh/m2a 81897 . Projektentwurf II Energieoptimiertes Bauen .. Projektvertiefung Energieoptimierte Planungs- und Entwurfskonzepte III Bauen im Bestand .. Energetische Sanierung .. Qualitätssicherung mit Thermografie und Blower-Door 82,3 % 63 Mutter-Kind-Haus Ein Gebäudeteil der Hauptschule Nettersheim wird nicht mehr genutzt und soll abgerissen werden. An dieser Stelle plante die Studentin Rebecca Shore einen Neubau unter energetischen Gesichtpunkten. Ein Mutter-Kind-Haus ist ein Angebot für Frauen mit sozialen, persönlichen und finanziellen Schwierigkeiten, in einer Wohngemeinschaft mit ihrem Kind und anderen Frauen zu leben. Sechzehn Frauen können in vier Wohneinheiten gemeinsam den Alltag meistern und sich auf ein eigenständiges Leben mit ihrem Kind vorbereiten. Jede Familie hat eine eigene kleine Wohnung mit Bad, ergänzt durch gemeinsam genutzte Räume, zu denen Küche, Wohnzimmer und der Balkon gehören. Zwischen Neubau und (saniertem) Schulgebäude ist ein Platz angelegt. Wunsch des Bauherrn war jedoch, diesen Platz nicht gemeinsam zu nutzen und die Eingänge der beiden Gebäude voneinander zu trennen. Rebecca Shore plante ein dreigeschossiges Gebäude in einer kom- pakten Form mit einem A/V-Verhältnis von 0,215, also einem sehr guten Verhältnis der Oberfläche (A) des Gebäudes zum Volumen (V). Um die Südseite des Gebäudes energetisch auszuschöpfen und den Raum für das Tageslicht zu öffnen, plante sie diesen Gebäudeteil des Erdgeschosses anderthalb Mal so hoch wie die reguläre Raumhöhe der weiteren Geschosse. Daraus ergab sich für die weitere Gebäudeentwicklung das Splitlevel-Prinzip, in dem die Wohneinheiten auf jeweils einzelnen Etagen gegeneinander verschoben sind. Die Nordfassade ist nur mit kleinen Fenstern geöffnet. Die Ost- und Westfassaden des Mutter-Kind-Hauses öffnen sich mit raumhohen Fenstern, die mit Lamellenelementen vor zu viel Wärmeeintrag geschützt werden können. . Projektentwurf II Energieoptimiertes Bauen .. Projektvertiefung Energieoptimierte Planungs- und Entwurfskonzepte III Bauen im Bestand .. Energetische Sanierung .. Qualitätssicherung mit Thermografie und Blower-Door 64 65 Raumwärme und Raumkälte Maßnahme zur Minimierung Energieträger Technologie Technologie zur Verteilung im Gebäude kompakte Form, A/V Verhältnis=0,215 Fernwärme Holzhackschnitt Luft-Erdwärmetauscher Luftkanalsystem verläuft im Erdreich in 2,5m Tiefe. Die Kanäle enden im Technikraum in einer zentralen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Für die Belüftung wird die Abwärme genutzt, die kalte Zuluft wird auf bis zu 95% der Raumtemperatur vorgeheizt. Luftröhren mit 160mm Ø werden durch Geschossdecken geführt. PE-X Rohrleitungen verteilen Warmwasser auf die Fußbodenheizung alle Außenbauteile entsprechen dem Passivhausstandard minimale Wärmebrücken Erdgeschoss liegt zur Hälfte im Erdreich Wärmespeichermasse in Boden, Wänden und Decken Warmwasser Strom für Beleuchtung, Hilfsaggregate Nutzung der solaren Energie, da 50% der Nutzflächen an vollverglaste Flächen grenzen außenliegende Lamellenelemente schützen vor Überhitzung Menge der Warmwasserleitungen verringern, Räume mit Warmwasserbedarf sammeln effiziente Geräte in Küche, Bad und Waschküche optimale Ausnutzung des Tageslichts Fußbodenheizung, gespeist durch den Heizkessel der Hauptschule Nettersheim Warmwasserspeicher Fernwärme Holzhackschnitt Speicher-Wasserwärmer gedämmte PE-X Rohrleitungen Strom Photovoltaik auf dem Dach: Inverter im Technikraum 139m² mit 315 Modulen: 26.648 kWh effiziente Geräte 70m² mit semi-transparenten Modulen: 4.945 kWh Raumlüftung kleine Individualzimmer und große Gemeinschaftsräume verringern die Beleuchtungszeit im Haus Außenräume (Balkon, Dachterrasse) sind bei gutem Wetter eine Alternative zu den Innenräumen Quer- und Nachtlüftung ist möglich mit Lamellenelementen ist die Privatsphäre bei der Lüftung nicht gestört 66 elektrische Leitungen werden durch Geschossdecke geführt Gesamtertrag: 31.593 kWh Bedarf: ca. 18.000 kWh/J Überproduktion wird der Hauptschule zugeteilt Strom Luft-Erdwärmetauscher Lüftungszentralgerät mit Wärmerückgewinnung Luftröhren mit 160mm Ø werden durch Geschossdecken geführt Auszüge aus der Arbeit von Rebecca Shore. . Projektentwurf II Energieoptimiertes Bauen .. Projektvertiefung Energieoptimierte Planungs- und Entwurfskonzepte III Bauen im Bestand .. Energetische Sanierung .. Qualitätssicherung mit Thermografie und Blower-Door 67