KliWaKom - Klimawandel-Kommunikation in Kommunen Rieke Scholz, Leoni Herhaus, Nardine Stybel (EUCC - Die Küsten Union Deutschland e. V., EUCC-D) Anett Bierholz (Verband Mecklenburgischer Ostseebäder, VMO) Hintergrund Chancen & Risiken für den Tourismus Die Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns ist eine attraktive Touristendestination. Vor allem in den Küstenregionen das Landes ist Tourismus der stärkste Wirtschaftsfaktor. In 2015 gab es 7,4 Mio. Ankünfte und 29,5 Mio. Übernachtungen in MV – einem Bundesland mit nur 1,6 Mio. Einwohnern. Die Touristenzahlen haben sich in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt und sind durch hohe Saisonalität geprägt. Das Norddeutsche Klimabüro hat für die deutsche Ostseeküste folgende mögliche Änderungen bis zum Jahr 2100 prognostiziert: ? Erhöhung der Lufttemperatur um 2,1–4,8 °C, stärkste Erwärmung dabei im Sommer ? Erhöhung der Wassertemperatur um ca. 2 °C ? Niederschlagsveränderungen: vermehrt Trockenheit im Sommer und Herbst, deutlich feuchter im Winter und Frühling ? Reduktion der Frosttage um etwa 18–50 Tage, eisbedeckte Gebiete der Ostsee schrumpfen um etwa 57–70 % ? Anstieg des Nährstoffgehaltes, Verringerung des Salzgehaltes, Verschiebung der Artenzusammensetzung ? Anstieg des Meeresspiegels der Ostsee um 20–80 cm ? Zunahme der Wintersturmgeschwindigkeit um bis zu 14 % Wetter und Klima bedingen den Küstentourismus. Ein sich änderndes Klima kann Chancen, aber auch Risiken für den Tourismus darstellen: Mögliche Chancen: ? Verlängerung der Saison (7–38 zusätzliche Sommertage) ? Erhöhtes Touristenaufkommen durch angenehme Klimaverhältnisse im Gegensatz zum Hinterland Mögliche Risiken: ? Zunahme von Extremwetterereignissen wie (Winter-)Überschwemmungen, Hitzewellen, Starkregenereignisse, Unwetter ? Wachstum bestimmter Mikroorganismen (Blaualgenblüten, mögliche Zunahme von Krankheitserregern wie Vibrionen) ? Strandverlust durch Erosion, Steilküstenabbrüche ? Mehr Strandanwurf durch verändertes Artenvorkommen ? Überlastung von Infrastruktur und Natur Ziel Erste Ergebnisse Ausblick Im Projekt KliWaKom (KLImaWAndel in KOMmunen und KOMmunikation) werden in Kooperation zwischen EUCC – Die Küsten Union Deutschland und dem Verband Mecklenburgischer Ostseebäder konkrete Bedürfnisse für die Anpassung an den Klimawandel in der Region analysiert, Strategien erarbeitet und erste Maßnahmen exemplarisch umgesetzt. Der Schwerpunkt liegt auf Maßnahmen, die das Bewusstsein zum Thema Klimawandel und -anpassung sowohl von Touristen als auch von Akteuren steigern. Ein Fragebogen zur Gewichtung der abgefragten Indikatoren zeigt, dass die Themen “Energie & Klimaschutz” sowie “Küstenveränderung & Anpassung” von den Touristikern aus der Region schon große Bedeutung beigemessen wird (Abb. 1). Die Initiative, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und Maßnahmen zu entwickeln, ist allerdings gering. Gründe dafür sind u. a. die Unsicherheiten über die Folgen des Klimawandels auf lokaler Ebene. Basierend auf der Zustandsanalyse der drei Gemeinden werden gemeinsam mit allen Küstengemeinden der Region Themen identifiziert, für die entsprechende Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden sollen. Aktuelle Bedeutung von Umweltthemen in der Projektregion (Einschätzung regionaler Tourismusexperten) Methode Für eine erste Zustandsanalyse wurden repräsentativ für die ganze Region drei Gemeinden ausgewählt: GraalMüritz, Kühlungsborn und die Insel Poel (siehe Karte). Diese Gemeinden weisen unterschiedliche landschaftliche Aspekte aus und unterscheiden sich in touristischer Infrastruktur und Zielgruppe. Um die aktuelle Situation in puncto Nachhaltigkeit und die Bemühung sich an den Klimawandel anzupassen in den Gemeinden zu analysieren, wurde ein international entwickeltes Indikatorset angewandt (basierend auf dem Siegel QualityCoast). Die Indikatoren decken breite Themenfelder ab und ermöglichen es, Stärken und Schwächen der Gemeinden zu analysieren. Aber nicht nur das Ergebnis an sich spielt eine Rolle, sondern vor allem auch die Auseinandersetzung der Akteure mit dem Thema Nachhaltigkeit. Strategien und Maßnahmen Information: Gäste und Gemeinden sollen einerseits über Klimafolgen, andererseits über Anpassungsmaßnahmen in der Region informiert werden. -> KlimaLehrpfad Kommunikation: Wer informiert wen, wenn der Strand wegen einer Algenblüte gesperrt werden muss? Wir wollen Informationsketten und Verantwortlichkeiten deutlich machen.-> Notfallkommunikationsplan Bildung: Frühzeitige Sensibilisierung der Touristiker von morgen mit der Thematik Klimawandel. -> Online-Lernmodul und Aktionstage in Berufsschulen Vernetzung: Einbindung möglichst vieler Akteure aus der Region für ein effektiveres Handeln und Implementieren von Maßnahmen. -> Workshops zu klimarelevanten Themen Abb. 1: Gewichtung der Themen in der Indikatorkategorie “Umweltqualität”. Einschätzung der aktuellen Situation von den VMO-Vorstandsmitgliedern (2015). Nachhaltiges Marketing: Steigerung der Attraktivität einer Destination durch die Zertifizierung mit einem Nachhaltigkeitslabel. -> QualityCoast Karte: Projektregion mit 3 Fallstudien Gemeindefläche Einwohner Tourismusintensität Zielgruppe Eigenschaften Mögliche Klimawandelfolgen 36,2 km² 2.488 Einwohner 285.369 Übernachtungen pro 1.000 Einwohner Familien und Naturtouristen NATURA 2000 Gebiet, Landwirtschaft Küstenerosion/Strandverlust, vermehrter Strandanwurf, Massentourismus Gemeindefläche: 16,2 km² Einwohner: 7.160 Einwohner Tourismusintensität: 227.756 Übernachtungen pro 1.000 Einwohner Zielgruppe: Familien und “best-agers" mit hoher Kaufkraft Eigenschaften: Lange Strandpromenade, Marina, Bäderarchitektur Mögliche Küstenerosion/Strandverlust, Klimawandelfolgen: vermehrter Strandanwurf Gemeindefläche: 8,3 km² Einwohner: 4.240 Einwohner Tourismusintensität: 190.666 Übernachtungen pro 1.000 Einwohner Zielgruppe: vorwiegend Senioren Eigenschaften: Mögliche Klimawandelfolgen: Luftkurort, Küstenwald und Feuchtgebiete, Bäderarchtektur Küstenerosion/Strandverlust, Überschwemmung, Status Luftkurort Laufzeit: 2015 - 2018 Projekthomepage: www.eucc-d.de/klimawandel.html Kontakt: [email protected] Quellen: Klimabüro 2012: Ostseeküste im Klimawandel; Statistisches Amt MV 2016; Schumacher, Stybel 2009: Auswirkung des Klimawandels auf den Ostseetourismus. Fotos: B. Satkowiak (IOW), S. Schumacher, R. Scholz, E. Vögele, Y. Hirako, N. Stybel Map: EuroGraphics