IX. Lüneburger Gastroenterologisches Seminar 2017 Internationale Symposien und Workshops Wissenschaftlicher Dialog für therapeutischen Fortschritt Symposium 207 Gut Microbiome and Mucosal or Systemic Dysfunction: Mechanisms, Clinical Manifestations and Interventions Brisbane, Australien 19. – 20. Mai 2017 IX. Gastro-Konferenz Berlin 4. – 7. Oktober 2017 Symposium 208 Eosinophilic Esophagitis – Medical and Dietary Treatment Berlin 4. – 5. Oktober 2017 Symposium 209 IBD 2017 – Therapeutic and Biological Barriers Berlin 6. – 7. Oktober 2017 Workshop Workshop on Oral, Gastrointestinal and Pulmonary GvHD Regensburg 17. – 18. November 2017 2017 Kongressabteilung Tel.: 0761/1514-125 Fax: 0761/1514-359 E-Mail: [email protected] www.falk-foundation-symposia.org Kongressabteilung Tel.: 0761/1514-125 Fax: 0761/1514-359 E-Mail: [email protected] www.falk-foundation-symposia.org 14098_Falk_Lüneburg_Abstracts_UG.indd 1 Beiträge Symposium 206 From the New and Complex Concepts to the Real Patient: Science and Clinic in IBD Madrid, Spanien 31. März – 1. April 2017 IX. Lüneburger Gastroenterologisches Seminar 15. – 17. Juni 2017 Hotel Bergström Lüneburg G118 1-5/2017 Stü Workshop Future Perspectives in Hepatology: From Basics to Clinics Essen 19. – 20. Januar 2017 Falk Seminar Beiträge 18.05.17 16:21 Für die Inhalte der Beiträge sind einzig die Autoren verantwortlich. Die Inhalte spiegeln nicht unbedingt die Meinung und Empfehlungen der Falk Foundation e.V. wider. Tel.: 0761/1514-0 Fax: 0761/1514-321 E-Mail: [email protected] www.falkfoundation.de © 2017 Falk Foundation e.V. Alle Rechte vorbehalten 14098_Falk_Lüneburg_Abstracts_UG.indd 2 Veranstalter: Falk Foundation e. V. 18.05.17 16:21 IX. Lüneburger Gastroenterologisches Seminar Wissenschaftliche Organisation: T. Kucharzik, Lüneburg Co-Organisation: M.P. Manns, Hannover Begrüßung M.P. Manns, Hannover Seite Sitzung I Viszeralmedizin: Highlights 2016 – 2017 Vorsitz: T. Kucharzik, Lüneburg M.P. Manns, Hannover Hepatitis C und B (und A, D, E) – Update M.P. Manns, Hannover 5–9 Endoskopie (ohne Abstract) R. Kiesslich, Wiesbaden Gastroenterologische Onkologie A. Vogel, Hannover 10 – 12 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen A. Stallmach, Jena 13 – 21 Pankreas J. Mössner, Leipzig 22 – 23 Sonografie C.F. Dietrich, Bad Mergentheim 24 – 25 1 Sitzung II Viszeralmedizinisches Video-Forum Moderne endoskopische und chirurgische Techniken in der Viszeralmedizin Vorsitz: P.N. Meier, Hannover B. Schniewind, Lüneburg Aktuelle Standards in der bariatrischen Chirurgie: Techniken und Ergebnisse J.W. Mall, Hannover 26 – 27 TIPS – Technik und Indikationen (ohne Abstract) P. Buggisch, Hamburg Cholangioskopie: Möglichkeiten und Indikationen M. Götz, Tübingen 28 – 29 Die transanale TME (TaTME) M. Deeb, Westerstede 30 – 32 Radiologisch-interventionelle Therapien bei Lebertumoren H. Ittrich, Hamburg 33 – 35 EUS-geführte Interventionen im pankreatobiliären System U. Will, Gera 36 – 38 Roboter-unterstützte Chirurgie C. Reißfelder, Dresden 39 – 40 Sitzung III Koloproktologie – State-of-the-Art Vorsitz: G.W. Kolbert, Hannover M. Siassi, Lüneburg 2 Proktitis G.W. Kolbert, Hannover 41 – 43 Hämorrhoiden – Differenzialdiagnostik und Therapie V. Kahlke, Kiel 44 – 47 Abszesse und Fisteln C. Isbert, Hamburg 48 – 49 Sitzung IV Leberzirrhose, cholestatische Lebererkrankungen, Lebertumoren. Lebertransplantation – innovative Entwicklungen Vorsitz: T. Lankisch, Hamburg J. Ockenga, Bremen Lebertransplantation 2017 and beyond E. Jaeckel, Hannover 50 Medikamentöse, endoskopische und chirurgische Therapie der primär sklerosierenden Cholangitis C. Schramm, Hamburg 51 – 52 Medikamentöse, endoskopische und chirurgische Therapie der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) T. Lankisch, Hamburg 53 Komplikationen der Leberzirrhose – Update 2017 T. von Hahn, Hannover 54 – 55 Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) – Diagnose und Therapie H. Bantel, Hannover 56 – 58 Sitzung V Gastroenterologie im Alter Vorsitz: C. Maaser, Lüneburg A. Madisch, Hannover Ernährung im Alter J. Ockenga, Bremen 59 – 62 Anämie im Alter C. Maaser, Lüneburg 63 – 64 Medikamente in der Gastroenterologie bei betagten Patienten – ein kritischer pharmakologischer Blick M. Wehling, Mannheim 65 – 66 3 Sitzung VI Neue Leitlinien und „Beinahe“-Leitlinien Vorsitz: K. Herrlinger, Hamburg I. Koop, Hamburg Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen M.J. Bahr, Lübeck 67 – 71 Diagnostik und Therapie des Ösophaguskarzinoms R. Porschen, Bremen 72 – 74 S2k-Leitlinie: Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit W. Fischbach, Aschaffenburg 75 – 79 Gallensteine F. Lammert, Homburg 80 – 81 Sitzung VII Besondere viszeralmedizinische Themen Vorsitz: J.W. Konturek, Stade A. Pace, Neumünster 4 Eosinophile Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts A. Madisch, Hannover 82 – 84 Neue und alte Pfade in der Refluxtherapie A. Koop, Berlin 85 – 86 Seltene Pankreaserkrankungen A. Pace, Neumünster 87 – 88 Biologikatherapie bei CED – Wie hoch sind die Risiken wirklich und wie können wir vorbeugen? A. Sturm, Berlin 89 – 90 Verzeichnis der Referenten, Moderatoren und wissenschaftlichen Organisatoren 91 – 93 Hepatitis B und C (und A, D, E) – Update M.P. Manns Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), Braunschweig Am Anfang stand die Entdeckung des sogenannten Australia-Antigens im Serum im Jahre 1965, welches sich als Hüllprotein des Hepatitis-B-Virus (HBV) herausstellte und als Basis des HBV-Impfstoffs diente, der 1981 zugelassen wurde. Die anschließende Entdeckung des HBV selbst wurde gefolgt von der Entdeckung des Hepatitis-A-, -D-, -E- und zuletzt des Hepatitis-C-Virus (HCV) im Jahre 1989. Die Entdeckung der 5 verschiedenen Hepatitisviren wurde gefolgt von Impfstoffen gegen HBV, HAV und HEV und Therapien für die HBV-, HDV- und vor allem HCV-Infektion. Diese 3 Hepatitisvirusinfektionen können chronisch werden und verursachen somit chronische Hepatitis, Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom (HCC). Die Therapie der viralen Hepatitiden B und C hat sich in den letzten 30 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und erfährt aktuell nach der Einführung Interferon-freier Therapien für die Hepatitis C eine Revolution. Durch sie wurde erstmals eine chronische Virusinfektion des Menschen heilbar. Die wesentlichen Entwicklungen in der Therapie der Virushepatitiden werden nach aktuellem Stand zusammengefasst. Hepatitis A Die Hepatitis A ist eine akute, in der Regel selbstlimitierte Erkrankung, die nicht spezifisch antiviral behandelt wird. Sollte es zum akuten Leberversagen kommen, erfolgt die Behandlung wie beim Leberversagen anderer Genese. Es gibt eine effektive aktive Impfung gegen Hepatitis A, die als Indikationsimpfung bei Risikopersonen und bei Reisenden in Risikogebiete, z. B. tropische Länder, eingesetzt wird. Hepatitis B Während die HBV-Impfung seit 1980 verfügbar ist, hat die Therapie der Hepatitis B erst in den 90iger Jahren des letzten Jahrhunderts ihren Durchbruch erlebt. Seit der Zulassung des nukleotidischen Polymeraseinhibitors Tenofovir (TDF) für Hepatitis B im Jahre 2008 wurde 2016 mit TAF, einer Weiterentwicklung von TDF, erstmals wieder 5 ein neues Medikament zur Behandlung der Hepatitis B zugelassen. Es hat weniger Nebenwirkungen auf das Knochensystem und die Nierenfunktion. Da TDF weiter auf dem Markt bleibt, ist TAF Patienten mit Niereninsuffizienz und Knochenschäden wie Osteoporose vorbehalten. In den letzten Jahren wurden gut etablierte Leitlinien zur Behandlung der Hepatitis B publiziert, die immer wieder aktualisiert werden (www.dgvs.de; www.easl.eu). Grundsätzlich werden 2 verschiedene Behandlungskonzepte unterschieden: Zum einen kann durch potente HBV-Polymeraseinhibitoren eine effektive Hemmung der Virusreplikation erreicht werden, wobei die Resistenzentwicklung mit den hochpotenten Substanzen Entecavir und Tenofovir bzw. jetzt auch TAF praktisch kein Problem mehr darstellt. Allerdings benötigen die meisten Patienten aktuell eine lebenslange Therapie, eine Beendigung der Nukleos(t)idanalogatherapie ist derzeit nur in Ausnahmefällen möglich. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass eine erfolgreiche Langzeittherapie der Hepatitis B mit einer Rückbildung von frühen Leberzirrhosen und einer Reduktion der Bildung eines HCC assoziiert ist. Weiterhin kann eine Therapie mit pegyliertem Interferon-α (PegIFNα) für 1 Jahr in Erwägung gezogen werden. Damit ist eine zeitlich begrenzte Therapie möglich. Zudem ist bei einigen Patienten nicht nur eine HBV-DNA-Reduktion, sondern sogar ein Verlust des HBsAg ein realistischer klinischer Endpunkt, was einer serologischen und auch klinischen Heilung entspricht. PegIFN wird jedoch nur für eine kleine Gruppe von Patienten mit chronischer Hepatitis B erwogen, vor allem für Patienten mit niedriger Viruslast, aber hoher entzündlicher Aktivität, erkennbar an hohen Transaminasewerten (GPT/GOT). Zukünftige Herausforderungen betreffen die Entwicklung einer personalisierten Therapie der chronischen Hepatitis B durch die Kombination verschiedener Therapiekonzepte, u. a. Nukleos(t)idanaloga und Interferone. Als eine vielversprechende Methode zur Individualisierung der Behandlungsdauer wird die quantitative HBsAgMessung angesehen; weitere Biomarker werden entwickelt. Hoffnungsvolle innovative Medikamente stimulieren die angeborene Immunität („innate immunity“), wie z. B. Tolllike-Rezeptoragonisten (TLR-7), und die erworbene Immunität („adaptive immunity“), wie z. B. therapeutische Impfstoffe. Aber auch Inhibitoren der Hepatitis-B-Aufnahme in die Leberzelle und Nukleocapsidinhibitoren sind in frühen Phasen der klinischen Entwicklung. Insgesamt erlebt die Hepatitis-B-Therapie wieder zunehmendes Interesse mit zahlreichen neuen Therapieansätzen in präklinischer und klinischer Entwicklung. 6 Hepatitis C Begonnen hat die Therapie der Hepatitis C 1986 vor Entdeckung des Virus, als die Krankheit noch als Non-A-Non-B-Hepatitis bezeichnet wurde. Rekombinantes Interferon-α2b und natürliches biochemisch gereinigtes Interferon-α waren der Beginn mit etwa 10% Heilung und einer Therapiedauer von in der Regel 6–12 Monaten. Verbesserungen der Therapie wurden durch Weiterentwicklungen der Diagnostik ermöglicht mit Einsatz der quantitativen HCV-RNA-Bestimmung im Serum und der sich anschließenden individuellen Anpassung der Therapiedauer, je nach frühzeitigem Abfall der Viruslast. Medikamentöse Innovationen stellen die Entwicklung verzögert wirksamer pegylierter Interferone und deren Kombination mit Ribavirin dar. Zwar konnte somit erstmals eine chronische Viruserkrankung des Menschen geheilt werden, aber die lange Therapiedauer von 6 bis zu 72 Monaten, die mit dieser Therapie verbundenen signifikanten Nebenwirkungen sowie die vor allem beim häufigsten Genotyp 1 begrenzte Wirksamkeit von 50% stellten wesentliche Limitationen dar. Mit der Entwicklung zahlreicher neuer direkt-antiviraler Medikamente (sog. directacting antivirals, DAAs) hatte 2011 eine neue Epoche in der Therapie der chronischen Hepatitis C begonnen. Die Einführung der Triple-Therapie von PegIFNα, Ribavirin und einem der beiden Proteaseinhibitoren Telaprevir oder Boceprevir erbrachte bereits deutlich höhere Heilungsraten um die 70%. Allerdings war die Wirkung dieser Proteaseinhibitoren der ersten Generation an den gleichzeitigen Einsatz von Interferon und Ribavirin gebunden und sie selbst waren mit zusätzlichen Nebenwirkungen verbunden. Im Januar 2014 wurde ein hochpotenter nukleotidischer HCV-Polymeraseinhibitor, Sofosbuvir (SOF), zugelassen, der in Kombination mit Ribavirin erstmals eine Interferon-freie Therapie zumindest für die HCV-Genotypen 2 und 3 sowie im Falle einer Interferon-Kontraindikation bei verlängerter Therapiedauer auch für andere Genotypen ermöglichte. Sofosbuvir ist noch heute ein bei HCV-Infektion breit eingesetzes Medikament. Im Laufe des Jahres 2014 wurden weitere DAAs zugelassen: im Mai 2014 der erste Proteaseinhibitor der 2. Generation, Simeprevir, und im August 2014 der erste NS5A-Inhibitor, Daclatasvir, was die therapeutischen Möglichkeiten weiter verbesserte. Seit Anfang 2015 stehen in Deutschland 2 weitere neue Kombinationstherapien zur Verfügung, die eine Ausheilung der HCV-Infektion bei über 90% der Patienten innerhalb von 3 bis maximal 6 Monaten Therapie ohne Interferone ermöglichen. Es handelt sich einerseits um die Kombination eines HCVProteaseinhibitors (Paritaprevir) – geboostert mit Ritonavir – mit einem NS5A-Inhibitor 7 (Ombitasvir) sowie einem nicht-nukleosidischen Polymeraseinhibitor (Dasabuvir) mit oder ohne Ribavirin. Andererseits wurde im November 2014 die Kombination des nukleosidischen Polymeraseinhibitors Sofosbuvir mit einem weiteren neuen NS5AInhibitor (Ledipasvir, LDV) in einer Tablette als Fixed-dose Combination (FDC) zugelassen. Mit dieser FDC aus SOF/LDV ist unter bestimmten Voraussetzungen auch schon eine Verkürzung der Therapie auf 8 Wochen möglich. In Japan und weiteren Ländern Asiens wurde für den dort überwiegend vorkommenden Genotyp 1b die Kombination von Daclatasvir mit dem Proteaseinhibitor Asunaprevir als weitere Interferon-freie Therapie zugelassen. Im Jahre 2016 kamen dann 2 weitere Therapien zur Zulassung: Sofosbuvir in Kombination mit dem NS5A-Inhibitor Velpatasvir. Diese Kombination erzielt bei allen Genotypen hohe Heilungsraten, so auch bei dem bis dato schwer zu behandelnden Genotyp 3, und Elbatasvir plus Grazoprevir für die Genotypen 1 und 4. Letztere Therapie ist auch bei Patienten mit Niereninsuffizienz anwendbar. Somit stehen für alle Genotypen und Patientengruppen gut verträgliche Interferonfreie Therapien zur Verfügung, die Heilungsraten von 95–100% erreichen. Auch in diesem Jahr (2017) werden noch einmal weitere neue Kombinationstherapien zur Zulassung gelangen. Es handelt sich einmal um Glecaprevir plus Pibrentasvir (G/P), eine pangenotypische FDC für 8 Wochen. Bei den hohen Heilungsraten von über 95% gibt es nur wenige Therapieversager, dann in der Regel Rückfallpatienten nach Therapieende, sogenannte Relapser. Für diese Patienten werden zurzeit Triple-Therapien entwickelt, d. h. Kombinationstherapien bestehend aus allen 3 HCV-DAA-Medikamentenklassen, gerichtet jeweils gegen die 3 Haupttargets im HCV-Lebenszyklus: Protease, Polymerase, NS5AProtein. Als erste dieser neuen Triple-„Rescue“-Therapien steht die Kombination aus Sofosbuvir, Velpatasvir und Voxilaprevir (SOF/VEL/VOX) kurz vor der Zulassung, wahrscheinlich im 3. bis 4. Quartal 2017. Die Hepatitis-C-Therapie erfährt somit einen dramatischen Umbruch. Es lohnt sich nun im Besonderen, HCV-Screeningprogramme zu etablieren, und Patienten mit bekannter Hepatitis C einer Therapie zuzuführen, da die HCV-assoziierte Morbidität und Mortalität nur so mittel- bis langfristig signifikant gesenkt werden kann. 8 Hepatitis D Die chronische Hepatitis D gilt als die schwerste Form der chronischen Virushepatitis, da im Verlauf ein besonders hohes Risiko für Leberzirrhose und HCC zu verzeichnen ist und Leberzirrhosen durch HDV-Infektion im Schnitt 10 Jahre früher auftreten als bei chronischer Hepatitis B. Die Hepatitis D kann nur als Koinfektion mit der Hepatitis B auftreten, es handelt sich somit immer um eine Doppelinfektion von HBV und HDV. Die einzige bisher wirksame Therapieoption ist PegIFNα. Eine große Studie des „Kompetenznetz Hepatitis“ hatte zeigen können, dass etwa 25% der Patienten von einer Therapie von 12 Monaten profitieren. Eine längere Therapiedauer sowie Kombinationstherapien mit HBV-Nukleotid oder -Nukleosidinhibitoren wie Adefovir und Tenofovir scheinen keinen zusätzlichen Nutzen zu haben. Zurzeit sind mehrere neue Substanzen in der präklinischen und klinischen Entwicklung, wie der Prenylationshemmer Lorafenib oder der HBV-Entry-Inhibitor Myrcludex, beide auch in Kombination mit pegyliertem Interferon. Hepatitis E HEV-Infektionen sind in Deutschland wahrscheinlich sehr viel häufiger als bisher angenommen, da zoonotische Übertragungen des Genotyps 3 zum Beispiel durch Verzehr von nicht ausreichend erhitztem Schweinefleisch möglich sind. Während bei immunkompetenten Personen eine HEV-Infektion in der Regel zur klinisch unauffälligen Serokonversion oder akuten, selbstlimitierenden Hepatitis führt, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Fälle einer chronischer HEV-Infektion, assoziiert mit progressiver Lebererkrankung, bei verschiedenen Kohorten von immunsupprimierten Personen, wie zum Beispiel Organtransplantierten, beschrieben. Eine RibavirinMonotherapie ist effektiv und sollte zwischen 3 und 5 Monaten durchgeführt werden. Das „Hep Net Study House“ der Deutschen Leberstiftung zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung plant zurzeit auch eine Studie zur Therapie der chronischen Hepatitis E mit Sofosbuvir. Vor 2 Jahren wurde in China ein Impfstoff gegen Hepatitis E zugelassen, welcher allerdings in Europa bisher nicht verfügbar ist. HEV-Infektionen sind ganz aktuell auch mit extrahepatischen Syndromen, wie u. a. dem Auftreten von Guillain-Barré-Syndromen, assoziiert worden. 9 Gastroenterologische Onkologie A. Vogel Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover Molekulare Diagnostik und Therapien haben in den vergangenen Jahren Einzug in die Behandlung von Patienten mit malignen Tumoren im Gastrointestinaltrakt (GI-Trakt) gehalten und sind mittlerweile als Standard in der klinischen Betreuung dieser Patienten anzusehen. In Deutschland erkranken jährlich mehr als 100.000 Menschen neu an GI-Tumoren. Damit gehören diese Tumoren zu den häufigsten Tumor-Neuerkrankungen und sind nach dem Lungenkrebs bei Männern und dem Brustkrebs bei Frauen die zweithäufigste Krebstodesursache. Bei zunehmender Anzahl von Neuerkrankungen nimmt gleichzeitig die Zahl der Todesfälle kontinuierlich ab. Dies ist insbesondere auf die deutlich verbesserten therapeutischen Konzepte, einschließlich einer häufigeren Metastasenchirurgie und dem Einsatz lokal-ablativer Verfahren, zurückzuführen. In den letzten 15 Jahren wurde aber auch eine Reihe neuer Medikamente zur systemischen Therapie der metastasierten Karzinome zugelassen. Durch die Intensivierung der medikamentösen Therapie konnte z. B. das mediane Überleben der Patienten in dieser Zeit von 12 Monaten auf über 30 Monate beim Kolonkarzinom gesteigert werden. Die systemische Behandlung der GI-Tumoren erfolgt auf der einen Seite durch den Einsatz klassischer Chemotherapeutika, wie 5-Fluorouracil, Irinotecan, Platin-Derivate und Gemcitabin, aber auch neuere Substanzen, wie die Kombination aus Trifluridin und Tipiracil, die 2016 in der Salvage-Situation beim Kolonkarzinom zugelassen wurde. Diese Chemotherapeutika werden regelhaft mit zielgerichteten molekularen Therapien kombiniert, einige Multi-Tyrosinkinase-Inhibitoren werden dabei auch in der Monotherapie eingesetzt. Bei den GI-Tumoren werden insbesondere Medikamente zur Hemmung des VEGF-Signalwegs (Angiogenese-Hemmung), wie Bevacizumab, Aflibercept und Ramicirumab und Antikörper zur Hemmung der epidermalen Wachstumsfaktorrezeptoren, wie Cetuximab und Panitumumab (EGFR1/HER1 [ErbB-1] und Herceptin [HER2/c-neu, ErbB-2]), eingesetzt. Der Einsatz einiger molekularer Therapien erfordert die Testung von molekularen Biomarkern. Vor Einsatz der EGFR-Antikörper beim Darmkrebs sollten dabei insbesondere kRAS, nRAS und bRAF getestet werden und die Antikörper nur bei den 10 entsprechenden WT-Tumoren eingesetzt werden. Aktuelle Daten haben im vergangenen Jahr gezeigt, dass auch der Tumorlokalisation nicht nur eine prognostische, sondern auch eine prädiktive Bedeutung zukommt. So ergaben retrospektive Auswertungen aller großen Phase-II- und -III-Studien, dass die Wirksamkeit der EGFR-Antikörper nur beim linksseitigen, aber nicht beim prognostisch schlechten, rechtsseitigen Kolonkarzinom nachzuweisen ist. Im Gegensatz zu den EGFR-Antikörpern, die bislang nur beim Kolonkarzinom erfolgreich in der GI-Onkologie eingesetzt werden, zeichnet sich ein breiterer Einsatz der Her2/neu-Inhibitoren ab. Bei den für diese Antikörper geeigneten Patienten werden keine Mutationen, sondern eine erhöhte Expression des Rezeptors als prädiktiver Biomarker eingesetzt. Bereits 2009 konnte durch Einsatz von Herceptin beim Her2/neu-positiven Magenkarzinom eine deutliche Verlängerung des Überlebens erreicht werden. Aktuelle Daten der HERAKLES- und der MyPathwayStudie zeigen, dass durch eine Therapie mit Trastuzumab und Lapatinib beim intensiv vorbehandelten HER2/neu-positiven kolorektalen Karzinom (CRC) eine sehr gute Wirksamkeit zu beobachten ist. Interessanterweise hatte keiner der in dieser Studie behandelten Patienten vorab auf eine Therapie mit den EGFR-Antikörpern angesprochen, sodass es sich bei Her2/neu-Expression möglichweise nicht nur um einen positiven, sondern auch einen negativen prädiktiven Marker handelt. Erste Fallbeispiele lassen vermuten, dass auch Patienten mit anderen Her2-positiven GI-Tumoren, wie Gallenwegskarzinome, von einer dualen Inhibition des Rezeptors profitieren. Einschränkend muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass leider nur ein kleiner Teil der GI-Tumoren eine erhöhte Expression von Her2/neu aufweist. Für die Inhibitoren der Angiogenese konnte bislang noch kein in der Klinik nützlicher Biomarker für eine bessere Patientenselektion identifiziert werden. Im Gegensatz zu den EGFR- und Her2/neu-Antikörpern, die in den Subgruppen zu einer deutlichen Verlängerung des Überlebens geführt haben, sind mit diesen Antikörpern in den unselektionierten Populationen nur moderate Verbesserungen des Überlebens zu erreichen. Einige der anti-angiogenetisch wirksamen Antikörper wie Ramucirumab, aber auch Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Regorafenib zeigen bei verschiedenen GI-Tumoren eine Wirksamkeit. Aktuell wurden nach den positiven Daten beim Magenkarzinom auch interessante Daten für Ramucirumab beim Kolonkarzinom und dem hepatozellulären Karzinom (HCC) publiziert. Mit Regorafenib wurde nach den positiven Phase-III-Studien beim GIST und Kolonkarzinom im vergangenen Jahr erstmals eine signifikante Überlebensverlängerung in der Zweitlinie beim HCC erreicht. 11 Die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren stellt derzeit bei verschiedenen malignen Entitäten ein Gebiet mit sehr lebhafter Forschungsaktivität dar. Auch bei den GI-Tumoren konnte bei einer Reihe von Patienten eine Aktivität der Immuntherapie nachgewiesen werden. Unabhängig von der Tumorentität weisen Tumoren mit Mikrosatelliteninstabilität (MSI) eine hohe Sensitivität schon gegenüber der Monotherapie mit PDL1/PD1-Inhibitoren auf. Bei den MSS-Tumoren zeichnen sich Ansprechraten von maximal 20–30% bei den verschiedenen Tumoren ab, am vielversprechendsten sind derzeit die Daten beim Magenkarzinom und beim HCC. Für die übrigen Patienten wird intensiv nach Kombinationstherapien oder prädiktiven Biomarkern gesucht. Erste Daten beim Kolonkarzinom lassen auf eine Verbesserung der Aktivität der Immuntherapie in Kombination mit dem MEK-Inhibitor Cobimetinib hoffen. 12 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen A. Stallmach Gastroenterologie/Hepatologie, Universitätsklinikum Jena Ursachen und Epidemiologie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Für die Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CED) werden neben Umwelteinflüssen genetische Faktoren verantwortlich gemacht. Mittlerweile sind mehr als 260 sogenannte Suszeptibilitätsgene bekannt. Eine wesentliche Erkenntnis der letzten Jahre ist, dass die gastrointestinale Mikrobiota als möglicher Umweltfaktor in der Pathogenese der CED von Bedeutung ist. Diese wird durch zahlreiche Umwelteinflüsse wie den Geburtsakt (natürliche Geburt vs. Sectio), Stillen, häusliche Hygiene, Infektionen, Antibiotikaeinnahme, Rauchen, Ernährung und Stress moduliert. Die Arbeitsgruppe um Floris Imhann konnte zeigen, dass 1. Veränderungen der Mikrobiota die Entwicklung einer CED vorhersagen können, 2. die Zusammensetzung der Mikrobiota mit dem Befallsmuster korreliert und 3. die Akkumulation verschiedener genetischer Faktoren (ein sog. „genetischer Score“) mit der Reduktion der Gattung Roseburia in der Mikrobiota einhergeht [1]. Diese Arbeit betont, wie wichtig die bisher ungelöste „Henne-oder-Ei-Frage“ in der Pathogenese der CED ist. Was ist vorher da? Genetische Veränderungen, die die Mikrobiota kontrollieren, oder eine durch Umwelteinflüsse modulierte zunehmend pathologisch werdende Mikrobiota, die beim suszeptiblen Patienten zur Manifestation einer CED führt. Obwohl beim Morbus Crohn (MC) Rauchen schon seit vielen Dekaden als der zentrale Risikofaktor für die Entstehung und einen negativen Verlauf bekannt ist, ist es erstaunlich, dass nur wenige prospektive Studien den Einfluss eines „Rauch-Stopps“ auf den Verlauf untersuchten. In einer Multizenterstudie wurden 148 weiterrauchende MC-Patienten, 190 Nichtraucher, 160 Ex-Raucher und 75 Patienten, die mit dem Rauchen aufgehört haben, prospektiv für 4 Jahre im Verlauf untersucht. Es zeigte sich, dass Raucher ein um 50% höheres Risiko für einen Rückfall (Odds-Ratio = 1,53; 95% Vertrauensintervall [CI]: 1,1–2,17) haben als Nichtraucher oder Ex-Raucher. Diese Risikoerhöhung kann auch nicht durch den Einsatz von Anti-TNF-Antikörpern oder Immunsuppressiva reduziert werden [2]. 13 Eine populationsbasierte Studie aus den Niederlanden beschreibt eine zunehmende Prävalenz für CED. Dabei nimmt die Häufigkeit für MC und Colitis ulcerosa (CU) gleichermaßen zu [3]. Immunsuppressiva und TNF-Antikörper werden sowohl bei Patienten mit MC als auch bei Patienten mit CU, die in kommunalen Krankenhäusern hospitalisiert werden, seltener eingesetzt als bei Patienten, die in einem Referenzzentrum betreut werden. Anti-TNF-Therapie bei CED – Biosimilars Im Barmer-GEK-Arzneimittelreport 2016 werden für das Jahr 2015 unter den 10 kostenträchtigsten Medikamenten schon 5 Biologika ausgewiesen, wobei Adalimumab die Liste anführt. Vor diesem Hintergrund ist die Verfügbarkeit von Biosimilars für unser Gesundheitssystem von großer Bedeutung. Dabei stellen die Biosimilars keine pharmakologische Weiterentwicklung eines bereits vorhandenen Wirkstoffs dar, sie sollen vielmehr durch einen entsprechenden Herstellungsprozess in physikalischer Qualität, Sicherheit und Effektivität mit dem zugelassenen Original-Biologikum identisch bzw. hinreichend vergleichbar sein. Von der flächendeckenden Einführung der Biosimilars versprechen sich die gesetzlichen Krankenversicherungen eine relevante Senkung der patientenbezogenen Therapiekosten („Hauptsache billiger“). Mit Quotenregelungen, die in den Bundesländern unterschiedlich sind, werden Biosimilars in die Verordnung „gehebelt“. Wichtig für Patienten ist, dass es bezüglich Wirksamkeit und Nebenwirkungsprofil bisher in allen Studien keine signifikanten Unterschiede gibt. Eine große Metaanalyse [4] von April 2017 weist folgende Ergebnisse aus: MC CU Klinisches Ansprechen Woche 8–14/Neueinstellung 0,79 (95% CI: 0,65–0,88) 0,74 (95% CI: 0,65–0,82) Klinisches Ansprechen Woche 24–30/Neueinstellung 0,77 (95% CI: 0,63–0,86) 0,77 (95% CI: 0,67–0,85) Erhalt des Ansprechens nach „Switch“ zu Woche 48–63 0,75 (95% CI: 0,44–0,92) 0,83 (95% CI: 0,19–0,99) Wichtig erscheint auch der Hinweis, dass nach „Switch“ innerhalb eines Jahres bei ca. 20% der Patienten ein Wirkungsverlust zu beobachten ist; diese Rate liegt aber in der gleichen Größenordnung wie sie auch bei Fortführung der Originator-Therapie zu erwarten gewesen wäre und bedeutet nicht zwangsläufig, dass Biosimilars schlechter sind. 14 Einfluss einer immunsuppressiven Therapie auf den Krankheitsverlauf Kontrovers wird auch 2016/2017 diskutiert, ob eine immunsuppressive Therapie bzw. eine Behandlung mit TNF-Antikörpern den Verlauf günstig beeinflusst. Eine aktuelle Metaanalyse zeigt, dass der Einsatz von Biologika bei CED-Patienten sowohl das Risiko für eine Hospitalisierung als auch für eine Operation reduziert. Eine Detailbetrachtung für Einzelsubstanzen führt zum Schluss, dass bei Patienten mit MC die TNF-Antikörper dem Azathioprin bezüglich Risikoreduktion für eine Hospitalisierung oder Operation überlegen sind [5]. Eine der wichtigsten Arbeiten, die in den letzten beiden Jahren publiziert wurde, ist sicher das Manuskript der Arbeitsgruppe um M. Regueiro [6]. In dieser Arbeit wurde die Effektivität von Infliximab (IFX) bei Patienten mit Ileozökalresektion auf die Häufigkeit des endoskopischen und klinischen Rezidivs untersucht. So zeigte sich unzweifelhaft, dass eine IFX-Therapie das endoskopische Rezidiv insgesamt, aber auch das endoskopische Rezidiv plus Therapieversagen (Auftreten von Fisteln, Abszessen etc.) um 30% reduziert. Überraschenderweise zeigte sich für die Häufigkeit klinischer Rezidive nach 76 bzw. 104 Wochen kein signifikanter Unterschied zwischen der Placebo- und der IFX-Gruppe. Vedolizumab bei CED Als Alternative bei Patienten mit TNF-Antikörper-Versagen besteht neben der Möglichkeit einen zweiten (oder dritten) TNF-Antikörper einzusetzen, die Möglichkeit diese Patienten mit Vedolizumab (VDZ) zu behandeln. VDZ blockiert die α4β7-IntegrinMAdCAM-1-Interaktion zwischen Lymphozyten und Endothelzellen in Darmgefäßen. Es reduziert somit das Einwandern immunkompetenter Zellen in die Darmmukosa und stellt damit ein (relativ) selektives Therapieprinzip dar. Aufgrund großer Phase-IIIStudien ist VDZ in Deutschland seit dem Sommer 2014 zur Therapie des MC und der CU bei Patienten, die auf eine konventionelle Therapie nicht ansprechen, zugelassen. Eine wichtige Post-hoc-Analyse der Zulassungsstudien differenziert jetzt bei Patienten mit CU die Ansprechrate bei TNF-Antikörper-naiven Patienten von TNF-Antikörpererfahrenen Patienten [7]. Von den Patienten, die zu Woche 6 auf die Induktionstherapie angesprochen hatten, gelangten 48,9% der TNF-Antikörper-naiven und 27,7% der TNF-Antikörper-erfahrenen Patienten in eine Remission zu Woche 52 (vs. 26,8% und 12,8% in der Placebo-Gruppe). Die klinische Effektivität bei TNF-er15 fahrenen Patienten war nicht vom Typ des TNF-Antikörpers und der Summe der verschiedenen TNF-Antikörper abhängig. Das Sicherheitsprofil war in beiden Gruppen (TNF-Antikörper-naiv und TNF-Antikörper-erfahren) gleich. Das Studiendesign von Zulassungsstudien ist oft sehr komplex und es ist manchmal sehr schwierig zu erkennen, welche Subgruppe von Patienten mit welchem mittel- bis langfristigen Ergebnis therapiert wurde. Da auch Patienten aus klinischen Studien nur teilweise repräsentativ für die Gesamtheit der Patienten, die wir behandeln, sind, besitzen Daten zur Effektivität und Sicherheit von VDZ unter tagtäglichen Bedingungen eine besondere Bedeutung. So gibt es zum Einsatz von VDZ bei MC und CU im klinischen Alltag 2 neue wichtige Studien. Aus einem großen amerikanischen Konsortium, dem US VICTORY consortium, heraus wurde der Effekt von VDZ bei Patienten mit MC über 12 Monate untersucht [8]. In diese Studie gingen 212 Patienten mit mittel- bis schwer-aktivem MC ein: 90% dieser Patienten waren mit TNF-Antikörpern vorbehandelt. Es zeigten sich insgesamt nach 12 Monaten Nachbeobachtung kumulative Raten für eine klinische Remission, für „Mucosal Healing“ und eine sogenannte „Deep Remission“ (also die Kombination klinische Remission und „Mucosal Healing“) von 35%, 63% und 26%. Patienten mit einer TNF-AntikörperVorbehandlung (Hazard-Ratio [HR] = 0,40; 95% CI: 0,20–0,81), Raucher (HR = 0,47; 95% CI: 0,25–0,89), Patienten mit aktiver perianaler Erkrankung (HR = 0,49; 95% CI: 0,27–0,88) und einer hohen Krankheitsaktivität (HR = 0,54; 95% CI: 0,31–0,95) erreichten signifikant seltener eine klinische Remission. So beträgt für Patienten mit TNF-Vorbehandlung die kumulative Remissionswahrscheinlichkeit nach 12 Monaten ca. 34%. In einem deutschen Konsortium wurden 127 Patienten (67 Patienten mit MC, 60 Patienten mit CU) über 12 Monate prospektiv nach Einleitung einer Therapie mit VDZ nachbeobachtet [9]. Auch hier handelt es sich um ein Patientenkollektiv, welches zu einem sehr großen Anteil mit TNF-Antikörpern vorbehandelt worden war (91% der MC-Patienten und 81,7% der CU-Patienten). Unter Verwendung einer „NonResponder-Imputation-Analyse“ konnten die in der Tabelle dargestellten Remissionsraten erreicht werden: MC CU Klinische Remission 21% 25% Steroidfreie klinische Remission 15% 22% 16 Ustekinumab bei MC Der monoklonale Antikörper Ustekinumab bindet an die gemeinsame Untereinheit p40 von Interleukin-12 (IL-12) und Interleukin-23 (IL-23) und blockiert somit die Wirkung dieser beiden pro-inflammatorischen Zytokine. Ustekinumab ist bereits seit 2009 zunächst zur Behandlung der Psoriasis vulgaris und später auch zur Psoriasis-Arthritis zugelassen. Die Ergebnisse einer Phase-III-Studie bei Patienten mit MC, die nicht auf eine Standardmedikation bzw. eine TNF-Antikörper-Therapie ansprachen, zeigten, dass mit Ustekinumab eine Remission erreicht werden kann und in der Erhaltungstherapie Rezidive verhindert werden. Diese Ergebnisse, die im New England Journal of Medicine publiziert wurden [10], haben im November 2016 zu einer Zulassungserweiterung für Ustekinumab bei MC in Europa und den USA geführt. Es zeigte sich, dass in der Erhaltungstherapie (nur Patienten, die initial angesprochen haben) zu Woche 44 (nach 52 Wochen Studienmedikation) mit Ustekinumab 90 mg s.c. alle 12 Wochen bei 48,8% der Patienten und Ustekinumab 90 mg s.c. alle 8 Wochen bei 53,1% der Patienten (statistisch nicht-signifikanter Unterschied) eine Remission erreicht werden konnte. Neben einer anhaltenden Normalisierung des CRP als Surrogatmarker liegen auch erste Ergebnisse zur Wirkung von Ustekinumab auf die endoskopisch erfassbaren Veränderungen bei MC in einem offenen Teil der UNITIStudien vor. So führt insbesondere die 8-wöchige Gabe von 90 mg Ustekinumab s.c. zu einem signifikanten Abfall eines endoskopischen Scores (SES-CD-Score). Der SES-CD-Score ist ein etwas vereinfachter Score, welcher gut mit dem CDEIS übereinstimmt. Ebenso wie zu VDZ sind bereits jetzt zu Ustekinumab sogenannte „Real-World-Daten“ vorgelegt worden [11]. Durch die französische GETAID-Gruppe wurden insgesamt 135 Patienten mit einer Ustekinumab-Therapie in eine Fallsammlung aufgenommen. Entsprechend dem Multizenterdesign einer Fallsammlung sind die Kriterien für ein klinisches Ansprechen und eine Verbesserung endoskopischer Befunde relativ „weich“. So zeigten nach 3 Monaten 79 von 122 auswertbaren Patienten ein klinisches Ansprechen (65%); dabei war der Anteil der Patienten, die bei luminaler Krankheitsaktivität ansprachen, bzw. der Anteil der Patienten mit perianalen Fisteln (sehr kleines Kollektiv), die ansprachen, gleich. Bei 40% der Patienten wurde eine CRP-Normalisierung und bei 10% (2/22) ein Abheilen der endoskopischen Veränderungen aufgezeigt. 17 Neue Therapeutika bei CED: Was ist am Horizont? Zu einer ganz anderen Gruppe neuer Therapeutika gehört Mongersen (GED-0301). Mongersen ist ein Antisense-Oligonukleotid, das im Zellkern gezielt an eine Messenger-RNA bindet und dadurch die Umsetzung eines Gens verhindert. SMAD7 ist bei Patienten mit MC vermehrt aktiviert und SMAD7 blockiert den „Transforming Growth Factor“ (TGF)-β1, der die Aktivität von Makrophagen und anderen Immunzellen hemmt, die beim MC pathogenetisch relevant sind. Die doppelte Verneinung ergibt hier, dass zu viel SMAD7-Protein die Darmentzündung fördert, was durch Mongersen verhindert werden soll. In einer Phase-II-Studie wurde die Effektivität von Mongersen nach oraler Gabe (10, 40, 160 mg/Tag) versus Placebo über 14 Tage evaluiert [12]. Der primäre Endpunkt der Studie war eine dann über mindestens 2 Wochen anhaltende klinische Remission (CDAI < 150 Punkte) zu Tag 15. In dieser Studie zeigten sich hoch erstaunliche Ergebnisse. So wurde der primäre Endpunkt in der 160-mg-Gruppe mit einer Remissionsrate von 65% erreicht (siehe Tabelle). Remission zu Tag 15, die über weitere 14 Tage anhält Placebo 10% 10 mg 12% 40 mg 55% 160 mg 65% Diese Daten sind umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass bisher keine einzige Studie zu Steroiden in einem ähnlichen Design (14 Tage Behandlung, dann Frage der anhaltenden Remission) eine vergleichbare Effektivität ausweisen konnte. Nebenwirkungen wurden sowohl in der Placebo-Gruppe als auch in den VerumGruppen nur im einstelligen Prozentbereich beobachtet. In einer separat publizierten Post-hoc-Analyse untersuchten die Autoren, welche Patienten besonders gut auf diese Therapie ansprachen. Es zeigte sich, dass 1. Patienten mit niedrigerer Krankheitsaktivität (CDAI < 260 Punkte) und 2. Patienten mit höheren Dosen von Mongersen (40 bzw. 160 mg im Vergleich zu 10 mg) besser auf die Therapie ansprachen [13]. Wenn sich diese Ergebnisse in der zurzeit laufenden Phase-III-Studie bestätigen, ist ein revolutionärer Schritt in der Behandlung des MC gemacht. 18 JAK-Antagonisten Die neuen Wirkstoffe für eine zielgerichtete Immunmodulation bei entzündlichen Systemerkrankungen beeinflussen die Wirkung gleich mehrerer Zytokine, indem sie Kinasen blockieren und damit das Zytokinrezeptor-vermittelte Signal inhibieren. Diese Kinasen fungieren dabei als Schnittstellen der Signaltransduktion für multiple Zytokine. Therapeutisch interessant sind vor allem Inhibitoren von Tyrosinkinasen, einer Familie mit bisher mehr als 80 Mitgliedern, zu denen auch die Janus-Kinasen (JAK) gehören. JAK sind wesentlich an der Entzündungsregulation durch die Regulation von Transduktionsfaktoren verantwortlich. Der nicht-selektive JAK-Inhibitor Tofacitinib erhielt im November 2012 die FDA-Zulassung für die Therapie erwachsener Patienten mit moderater bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis, die nicht ausreichend auf Methotrexat angesprochen oder dieses nicht vertragen hatten. Für Europa wurde die Zulassung 2011 beantragt und aufgrund von Bedenken erst 2017 durch die europäische Zulassungsbehörde EMA ausgesprochen. Die Arbeitsgruppe um S. Vermeire hat die ersten Ergebnisse zu Filgotinib, einem selektiven JAK1-Inhibitor, publiziert [14]. Sie konnte zeigen, dass bei 174 Patienten mit MC (3:1-Randomisierung) Filgotinib (200 mg/Tag p.o. die ersten 10 Wochen, dann Responder 100 mg/Tag für weitere 10 Wochen) im Vergleich zu Placebo über 10 Wochen effektiv ist. In einer Intentionto-Treat-Analyse wurde bei 60 (47%) von 128 Patienten mit Filgotinib eine klinische Remission zu Woche 10 erreicht; im Vergleich dazu trat dies nur bei 44 Patienten aus der Placebo-Gruppe ein (Differenz 24%; 95% CI: 9–39; p = 0,0077). Es zeigten sich auch deutliche Effekte bei der Beurteilung der endoskopisch erfassbaren Veränderungen. Eine gepoolte Analyse aller Behandlungsepisoden über 20 Wochen ergab schwere Nebenwirkungen bei 14 (9%) von 152 Patienten unter der FilgotinibEinnahme im Vergleich zu 3 (4%) von 67 Patienten in der Placebo-Gruppe. 27 Patienten (18%) in der Filgotinib-Gruppe mussten aufgrund von Nebenwirkungen die Therapie beenden; in der Placebo-Gruppe waren dies 6 Patienten (9%). Schwere Infektionen fanden sich bei 4 (3%) der gepoolten Daten von 152 Patienten und bei keinem in der Placebo-Gruppe. Die Behandlung mit Filgotinib über 20 Wochen führte zu einem 11%igen Anstieg der HDL-Spiegel und einem 12%igen Anstieg des LDLWerts, was sich nicht signifikant von der Placebo-Gruppe unterschied. In der Zusammenfassung werden wir in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von verschiedenen neuen Substanzen zur Therapie der CED bekommen. Über die 19 Zulassungsstudien hinaus erscheint es wichtig, klinische Studien durchzuführen, die prädiktive Faktoren für das individuelle Ansprechen aufzeigen, um für den einzelnen Patienten frühzeitig die richtige Therapie zu identifizieren. Literatur: 1. Imhann F, Vich Vila A, Bonder MJ, Fu J, Gevers D, Visschedijk MC, et al. Interplay of host genetics and gut microbiota underlying the onset and clinical presentation of inflammatory bowel disease. Gut. 2016. [Epub ahead of print] 2. Nunes T, Etchevers MJ, García-Sánchez V, Ginard D, Martí E, Barreiro-de Acosta M, et al. Impact of smoking cessation on the clinical course of Crohn's disease under current therapeutic algorithms: a multicenter prospective study. Am J Gastroenterol. 2016;111(3):411–9. 3. de Groof EJ, Rossen NG, van Rhijn BD, Karregat EP, Boonstra K, Hageman I, et al. Burden of disease and increasing prevalence of inflammatory bowel disease in a population-based cohort in the Netherlands. Eur J Gastroenterol Hepatol. 2016;28(9):1065–72. 4. Komaki Y, Yamada A, Komaki F, Micic D, Ido A, Sakuraba A. Systematic review with meta-analysis: the efficacy and safety of CT-P13, a biosimilar of anti-tumour necrosis factor-α agent (infliximab), in inflammatory bowel diseases. Aliment Pharmacol Ther. 2017;45(8):1043–57. 5. Mao EJ, Hazlewood GS, Kaplan GG, Peyrin-Biroulet L, Ananthakrishnan AN. Systematic review with meta-analysis: comparative efficacy of immunosuppressants and biologics for reducing hospitalisation and surgery in Crohn's disease and ulcerative colitis. Aliment Pharmacol Ther. 2017;45(1):3–13. 6. Regueiro M, Feagan BG, Zou B, Johanns J, Blank MA, Chevrier M, et al. Infliximab reduces endoscopic, but not clinical, recurrence of Crohn's disease after ileocolonic resection. Gastroenterology. 2016;150(7):1568–78. 7. Sands BE, Sandborn WJ, Van Assche G, Lukas M, Xu J, James A, et al. Vedolizumab as induction and maintenance therapy for Crohn's disease in patients naïve to or who have failed tumor necrosis factor antagonist therapy. Inflamm Bowel Dis. 2017;23(1):97–106. 8. Dulai PS, Singh S, Jiang X, Peerani F, Narula N, Chaudrey K, et al. The realworld effectiveness and safety of vedolizumab for moderate-severe Crohn's disease: results from the US VICTORY consortium. Am J Gastroenterol. 2016;111(8):1147–55. 9. Stallmach A, Langbein C, Atreya R, Bruns T, Dignass A, Ende K, et al. Vedolizumab provides clinical benefit over 1 year in patients with active inflammatory bowel disease – a prospective multicenter observational study. Aliment Pharmacol Ther. 2016;44(11–12):1199–1212. 10. Feagan BG, Sandborn WJ, Gasink C, Jacobstein D, Lang Y, Friedman JR, et al. Ustekinumab as induction and maintenance therapy for Crohn's disease. N Engl J Med. 2016;375(20):1946–60. 11. Wils P, Bouhnik Y, Michetti P, Flourie B, Brixi H, Bourrier A, et al. Subcutaneous ustekinumab provides clinical benefit for two-thirds of patients with Crohn's disease refractory to anti-tumor necrosis factor agents. Clin Gastroenterol Hepatol. 2016;14(2):242–50.e1–2. 12. Monteleone G, Neurath MF, Ardizzone S, Di Sabatino A, Fantini MC, Castiglione F, et al. Mongersen, an oral SMAD7 antisense oligonucleotide, and Crohn's disease. N Engl J Med. 2015;372(12):1104–13. 20 13. Monteleone G, Di Sabatino A, Ardizzone S, Pallone F, Usiskin K, Zhan X, et al. Impact of patient characteristics on the clinical efficacy of mongersen (GED0301), an oral Smad7 antisense oligonucleotide, in active Crohn's disease. Aliment Pharmacol Ther. 2016;43(6):717–24. 14. Vermeire S, Schreiber S, Petryka R, Kuehbacher T, Hebuterne X, Roblin X, et al. Clinical remission in patients with moderate-to-severe Crohn's disease treated with filgotinib (the FITZROY study): results from a phase 2, double-blind, randomised, placebo-controlled trial. Lancet. 2017;389(10066):266–75. 21 Pankreas J. Mössner Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Leipzig Da noch nicht die Hälfte des Jahres 2017 vergangen ist und einige wirkliche „Highlights“ zu Pankreaserkrankungen 2015 publiziert wurden, werden ein paar dieser Arbeiten mit eingeschlossen. Akute Pankreatitis (AP) Kontroverse Diskussion: Geht eine rezidivierende AP in eine chronische Pankreatitis über? Metaanalyse: Eine rezidivierende alkoholinduzierte Pankreatitis bei rauchenden Männern kann chronisch werden (Sankaran SJ, Gastroenterology. 2015;149:1490– 1500). Woher wissen die Autoren, dass es sich bei der AP nicht um den ersten Schub einer bereits chronischen Pankreatitis gehandelt hat? Indikation zur Cholezystektomie nach biliärer Pankreatitis unstrittig. Milde bis mittelschwere Pankreatitis: Cholezystektomie sollte noch während des stationären Aufenthalts innerhalb von 4 Wochen durchgeführt werden. Bei 20% der Patienten wird von dieser Empfehlung in praxi abgewichen! Folge: Patienten haben ein hohes Pankreatitis-Rezidivrisiko (Kamal A, et al., Am J Gastroenterol. 2017;112:503–10). Werden lumen-apposing fully covered selfexpanding metal stents (LAMS) bereits Standard zur transgastralen Drainage von WONs (walled off necroses)? LAMS sind effizienter als eine Drainage via pigtail oder SEMS (Siddiqui AA, et al., Gastrointest Endosc. 2017;85:758–65). Unbeantwortete Fragen zu LAMS: Kosteneffizienz? Schwere Nebenwirkungen, wie verzögert auftretende Blutungen, in der Literatur beschrieben. Chronische Pankreatitis (CP) Eine gestörte Autophagie spielt in der Pathogenese der CP eine Rolle (Kalliope N, et al., Gastroenterology. 2015;148:626–38). Alkohol trägt über eine Schädigung der CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator)-Funktion zur Pathogenese bei (Maléth J, et al., Gastroenterology. 2015;148:427–39). Weitere GenMutationen sind mit dem Risiko der Entwicklung einer CP assoziiert, so z. B. CEL 22 (Carboxyl-Ester-Lipase) (Field K, et al., Nat Genet. 2015;47:518–22). In der Pathogenese spielt daher nicht nur die Aktivierung von Proteasen eine Rolle. Patienten mit Maldigestion: erhöhtes Frakturrisiko. Knochendichtemessung bei jedem Patienten mit CP (Munigala S, et al., Pancreas. 2016;45:355–61)? Pregabalin ist zugelassen in der Therapie von Angststörungen, Epilepsie und neuropathischen Schmerzen. In Kombination mit Analgetika: weitere Besserung der Schmerzen bei CP. Effekt unabhängig, wie lang die CP bereits besteht oder ob bereits Opiate eingesetzt wurden (Olesen SS, et al., Pancreas. 2016;45:381–7). Pankreaskarzinom 50% der Patienten mit Pankreaskarzinom entwickeln vor Diagnosestellung einen Diabetes mellitus. Ist daher eine Frühdiagnose des Pankreaskarzinoms bei allen Patienten mit neu aufgetretenem Diabetes möglich? (Boursi B, et al., Gastroenterology. 2017;152:840–50). Es werden in dieser Studie 48 Risikoparameter bei Patienten mit neu aufgetretenem Diabetes vorgestellt, nach denen man fragen soll. Zu den Variablen zählen anthropometrische Faktoren, Lifestyle, Medikation, Komorbiditäten, Laborparameter. Die Fragen zu Sensitivität, Spezifität, Praktikabilität, Kosten-Nutzen-Effizienz werden noch nicht abschließend in dieser Studie beantwortet. Zu den Medikamenten, die gering das Risiko erhöhen, könnten auch PPIs zählen (Kearns MD, et al., Cancer Epidemiol. 2017;46:80–4). Bei Personen mit einem familiären Karzinomrisiko sollte ein Screening mittels MRT durchgeführt werden, um prämaligne Pankreasläsionen, z. B. IPMN, zu diagnostizieren (del Chiaro M, et al., JAMA Surg. 2015;150:512–8). ESPAC-4-Trial: Nach R0-Resektion eines Pankreaskarzinoms ist die Kombination Gemcitabin mit Capecitabin neuer Standard in der adjuvanten Therapie, da das Überleben länger ist als nach Gemcitabin allein (Neoptolemos J, et al., Lancet. 2017;389:1011–24). Nanoliposomales Irinotecan + 5-Fluorouracil + Folinsäure ist eine weitere Therapieoption, um nach GemcitabinVorbehandlung das Leben bei Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom etwas zu verlängern (Wang-Gillam A, et al., Lancet. 2016;387:545–57). 23 Sonografie C.F. Dietrich Medizinische Klinik 2, Caritaskrankenhaus Bad Mergentheim Die Bedeutung der Sonografie als erweiterte körperliche Untersuchung und als bildgebendes Verfahren mit der höchsten Ortsauflösung hat sich in der Viszeralmedizin etabliert. Sonografische Methoden haben auch für die Diagnostik akuter und chronischer chronisch entzündlicher Darmerkrankungen einen hohen Stellenwert erlangt. Gerade bei der Beurteilung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen ist die Erweiterung der körperlichen Untersuchung durch die sonografischen Möglichkeiten der direkten Interaktion von behandelndem Arzt mit dem Patienten von höchster Bedeutung, wird aber an vielen großen Zentren noch nicht ausreichend genutzt. Die European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB) erarbeitet aktuell Empfehlungen zur Darmsonografie, die teilweise auch schon publiziert worden sind. Von besonderer Bedeutung sind Studien, die in einem multizentrischen Design prospektiv den Wert der Sonografie und ihrer Techniken belegen. Besonders erwähnenswert sind die in multizentrischen DEGUM-Studien belegte Bedeutung der Kontrastmittelsonografie zur Charakterisierung von Lebertumoren und Pankreastumoren und der Zugewinn an Informationen zur Sicherheit ultraschallgestützter diagnostischer und therapeutischer abdomineller Interventionen sowie in der Nachsorge bei Patienten mit kolorektalen Karzinomen zur frühzeitigen Metastasendetektion. Leitlinien der EFSUMB wurden zur interventionellen Sonografie (INVUS) kürzlich publiziert. Die Arbeiten bewerten die Evidenz für transkutane sonografisch und endosonografisch gestützte und assistierte diagnostische und therapeutische Interventionen im Abdomen. Auf der Grundlage publizierter Daten werden zu Indikationen, Kontraindikationen sowie zur sicheren und effizienten Durchführung Empfehlungen für die klinische Praxis gegeben. Berücksichtigung finden die sonografisch geführte Drainage von Abszessen und Flüssigkeitsansammlungen, Tumorablationstechniken, die transkutane Zystensklerosierung symptomatischer Zysten und der Echinokokkose, die perkutane transhepatische Cholangiografie und Drainage, die perkutane 24 Gastrostomie, die Harnblasenpunktion und Drainage sowie die Nephrostomie und vielfältige weitere Verfahren. Die Kontrastmittelsonografie hat sich seit 15 Jahren etabliert und wurde nunmehr auch in den USA von der U.S. Food and Drug Administration zugelassen. Bemerkenswert ist, dass auch die pädiatrischen Indikationen berücksichtigt worden sind, ohne dass es hier spezifische Zulassungsstudien gegeben hat. Auf die aktuelle Stellungnahme der EFSUMB zu pädiatrischen Indikationen der Kontrastmittelsonografie wird besonders hingewiesen. Das Thema „off-label use“ wurde in der Pädiatrie diskutiert, ergänzt durch pharmaökonomische Überlegungen. Liver Imaging Reporting and Data System (LI-RADS) wurde kürzlich auch für die Kontrastmittelsonografie publiziert (Kono Y, Lyshchik A, Cosgrove D, Dietrich CF, Jang HJ, Kim TK, et al. Contrast Enhanced Ultrasound (CEUS) Liver Imaging Reporting and Data System (LI-RADS®): the official version by the American College of Radiology (ACR). Ultraschall Med. 2017;38(1):85–6). Durch Migration werden parasitäre Krankheitsbilder in Deutschland eingeführt, über die nur ein beschränktes Wissen besteht. Den Stellenwert der Sonografie in der Diagnostik und Therapie dieser Erkrankungen stellen Arbeiten, u. a. zu Echinokokkosen, Fasziolose und anderen parasitären Erkrankungen mit gastrointestinalen Manifestationen, dar. In dem Vortrag werden die sonografischen Highlights der letzten Jahre zusammengefasst. 25 Aktuelle Standards in der bariatrischen Chirurgie: Techniken und Ergebnisse J.W. Mall Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Adipositaschirurgie, Klinikum Nordstadt, Hannover Krankhaftes Übergewicht ist ein dramatisch zunehmendes Problem in Deutschland. Die morbide Adipositas führt zu multiplen Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonus, Fettstoffwechselstörungen, Fettleber sowie Schlafapnoesyndrom, chronischen/degenerativen Gelenkerkrankungen und höherer Krebsinzidenz mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität der Patienten. Im täglichen Praxisalltag stellt das morbide Übergewicht ein immer häufigeres Problem dar. Über 1,4 Millionen Menschen in Deutschland haben einen BMI > 40 kg/m². Ab einem BMI von 35 kg/m² und noch mehr ab einem BMI > 40 kg/m² kann die bariatrische/metabolische Chirurgie (gr. baros, schwer) unter bestimmten Voraussetzungen einen sinnvollen Beitrag in der Therapie dieses Problems darstellen. Die Operationszahlen in diesem Gebiet steigen in den letzten Jahren kontinuierlich an. Die Therapie wird nach einer multidisziplinären Evaluation der Patienten durch Diabetologen, Ernährungsmediziner, Ernährungsberater, Öcotrophologen, Psychologen und Chirurgen festgelegt und umfasst neben der konservativen Therapie operativ verschiedene Operationsmöglichkeiten. Die häufigsten Eingriffe weltweit und in Deutschland sind die laparoskopische Schlauchmagenbildung sowie die Magenbypassoperation. Die Implantation von laparoskopisch implantierbaren Magenbändern ist hingegen in Deutschland deutlich rückläufig. Die Ergebnisse der metabolischen Chirurgie sind wissenschaftlich sehr gut belegt und sind die effektivste Therapie bei morbider Adipositas Grad 3. Die Morbidität und Mortalität der Patienten ist nach einer Operation deutlich verringert und die Lebensqualität der Patienten bessert sich häufig deutlich. Insbesondere die Verbesserung der Folgeerkrankungen Typ-2-Diabetes mellitus, Hypertonie, Schlafapnoe und Gelenkerkrankungen ist sehr gut belegt. In der eigenen Klinik werden seit 2009 metabolische Primäroperationen und Redo-Operationen bei Patienten mit morbider Adipositas durchgeführt. Sowohl die apparativen/technischen Anforderungen an das Krankenhaus als auch die Ansprüche an die operativen Fertigkeiten des minimalinvasiv tätigen Operateurs sind hoch und steigen mit der stetigen Zunahme des Gewichts der Patienten. Die Verbesserungen der Begleiterkrankungen im Follow-up der Patienten 26 werden dargestellt, aber auch mögliche Komplikationen und die Behandlung derselben. Insbesondere das Management von operativen Komplikationen bei stark adipösen Patienten stellt sowohl operativ/technisch als auch intensiv- medizinisch/gastroenterologisch häufig eine Herausforderung dar und erfordert wiederum das Know-how verschiedener Disziplinen. Insgesamt gewinnt die bariatrische/metabolische Chirurgie durch die deutliche Zunahme der Zahl morbid adipöser Patienten in Deutschland weiter an Bedeutung. Die Qualität der operativen Behandlung ist in Zentren mit ausreichender Patienten- und Operationsfrequenz sehr gut und sollte ein fester Bestandteil der Behandlungsstrategie dieser Patienten sein. 27 Cholangioskopie: Möglichkeiten und Indikationen M. Götz Innere Medizin 1, Universitätsklinikum Tübingen Die Cholangioskopie ergänzt die Cholangiografie transpapillär oder perkutan. Die Cholangioskopie wird in verschiedenen Varianten eingesetzt: Am häufigsten ist zurzeit sicher die transpapilläre Cholangioskopie durch den ERCPeur (Single-OperatorCholangioskopie), die technisch am einfachsten ist. Aber auch die direkte perorale Cholangioskopie durch dünne Gastroskope kommt zum Einsatz mit dem Vorteil der höheren Auflösung und des größeren Arbeitskanals, ist technisch jedoch aufwendiger und gelegentlich mit einer instabilen Endoskoplage verbunden. Die perkutane Durchführung der Cholangioskopie ist meist größeren Zentren vorbehalten. Die diagnostische Cholangioskopie wird insbesondere bei unklaren Gallenwegsstenosen eingesetzt. Hier haben einige Studien gezeigt, dass die Einschätzung des Endoskopikers aufgrund des Aspekts der Stenose der Einschätzung aufgrund des vermeintlichen Goldstandards der Histologie überlegen zu sein scheint, sodass hier sicherlich eine sich wechselseitige Ergänzung im diagnostischen Algorithmus gerechtfertigt ist. Die Unschärfe der Biopsie liegt in den kleinen Gewebestückchen und der nach wie vor unsicheren Steuerung unserer Biopsieentnahme begründet. Der Verdacht auf Neoplasie ergibt sich im cholangiografischen Bild vor allem aufgrund des suspekten Gefäßmusters (insbesondere unregelmäßige Gefäße) und der Schleimhautstruktur (z. B. villöser Aspekt). Insbesondere vor dem Hintergrund einer Entzündung (z. B. bei PSC) bleibt die Differenzialdiagnose allerdings mit allen Methoden schwierig. In der Therapie kommt die Cholangioskopie häufig in Verbindung mit der Lithotripsie zum Einsatz. Bei schwierigen Gallenwegskonkrementen (aufgrund der Lage, Größe, Form) kann unter Sicht eine Lithotripsie-fähige Sonde (z. B. EHL) auf den Stein aufgesetzt und dieser unter endoskopischer Kontrolle fragmentiert werden. Bei der Single-Operator-Cholangioskopie limitiert der Arbeitskanaldurchmesser aktuell noch die Möglichkeiten des therapeutischen Instrumentariums, Schlingen und Körbchen zur Verwendung durch den 1,2-mm-Arbeitskanal werden jedoch demnächst das Armamentarium ergänzen. 28 Wir nutzen die Cholangioskopie außerdem bei schwierigen anatomischen Verhältnissen (z. B. nach Lebertransplantation) zur endoskopisch gezielten Rekanalisierung abgehängter Segmente, falls eine Rekanalisierung per ERC nicht gelingt. Eine solche Intervention kann auch perkutan erfolgen. In Ausnahmefällen kann die Cholangioskopie auch laparoskopisch gesteuert zum Einsatz kommen, z. B. zur Abklärung unklarer Gangbefunde während der Cholezystektomie. Obwohl es sicher noch zu früh ist, die Cholangiografie mit Durchleuchtung der Cholangiografie so gegenüberzustellen wie den Barium-Kontrasteinlauf der Koloskopie, hat sich doch ein erhebliches Mehr an diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten ergeben. 29 Die transanale TME (TaTME) M. Deeb Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie, Ammerland-Klinik, Westerstede Ziel Die laparoskopische totale mesorektale Exzision (LaTME) stellt bei Tumoren des mittleren und unteren Drittels eine anspruchsvolle Operation im Hinblick auf chirurgische Anatomie, onkologische Radikalität und Funktionserhalt dar. Insbesondere bei großen Tumoren in einem engen männlichen Becken und womöglich adipösen Patienten stößt die LaTME an ihre Grenzen. Eine Möglichkeit, die Limitationen der LaTME bei dieser Patientengruppe zu überwinden, könnte die erstmals 2010 von Lacy et al. beschriebene Technik der transanalen TME (TaTME) sein. Wir präsentieren ein Video über die wichtigsten Operationsschritte der TaTME und berichten über unsere ersten Erfahrungen mit der neuen Technik in einem Krankenhaus der Schwerpunktversorgung. Patienten Seit Juli 2015 wurden 25 Patienten (17 Männer, 8 Frauen) im Alter zwischen 48 und 84 Jahren mit Rektumkarzinom des mittleren oder unteren Drittels in TaTME-Technik operiert. Der Body-Mass-Index war im Durchschnitt 24,71 (20–36). Nach der ASAKlassifikation hatten 15 Patienten ASA II, 9 Patienten ASA III und 1 Patient ASA IV. Die Tumoren lagen durchschnittlich bei 3,1 (1–12) cm ab ano. Im präoperativen Staging wiesen 22 Patienten uT3uN+ auf. Bei 2 Patienten wurde uT2uN- und bei 1 Patienten uT2uN+ festgestellt. Dementsprechend bekamen alle Patienten eine neoadjuvante Radiochemotherapie. Methode Die TaTME-Operationstechnik wird mithilfe eines Single-Port-Systems, das transanal platziert wird, durchgeführt. Das System ermöglicht eine CO2-Insufflation und damit eine Entfaltung des Rektums. Über 3 Zugänge werden Optik und 2 Arbeitsinstrumente 30 eingeführt. Nach dem Einstellen des Tumors wird in einem definierten aboralen Abstand ein Tabaksbeutel angelegt. Circa 1 cm weiter aboral wird die Rektumwand zirkulär durchtrennt. Somit ist der aborale Sicherheitsabstand zu Beginn der Operation festgelegt. Als Nächstes erfolgt eine Eröffnung der gefäßfreien Präparationsschicht auf der mesorektalen Faszie. Das präparierte Rektum wird so von unten nach oben geschoben und die Präparation des Mesorektums zirkulär unter Sicht fortgesetzt. In der 2-Team-Technik präpariert das Laparoskopieteam simultan das linke Kolon und setzt Arteria und Vena mesenterica inferior zentral ab. Im Idealfall vollenden beide Teams zeitgleich die Präparationsphase und treffen in Höhe der peritonealen Umschlagfalte aufeinander. Die folgenden Arbeitsschritte erfolgen ähnlich wie bei der laparoskopischen Rektumresektion. Ergebnisse Die postoperative Morbidität lag insgesamt bei 36%. Es wurden einmal eine nicht interventionsbedürftige Anastomoseninsuffizienz und eine späte rektovaginale Fistel beobachtet. Eine Stomarevision erfolgte bei 3 Patienten (bei 2 Patienten wegen eines zu engen Fasziendurchtritts und bei 1 Patient wegen eines Prolaps). Die TME-Qualität zeigte in 24 Fällen (96%) Grad I und in 1 Fall Grad II. Der aborale Sicherheitsabstand lag durchschnittlich bei 23,7 (10–70) mm. Zirkumferenziell lag der mittlere Sicherheitsabstand bei 16,4 (3–25) mm. Zusammenfassung Die ersten Ergebnisse der TaTME zeigen eine sicher durchführbare, aber anspruchsvolle Technik. Schon während der Lernkurve zeigte die TaTME vergleichbare onkologische Ergebnisse wie die LaTME. Die TaTME bietet bei Tumoren des mittleren und tiefen Rektums möglicherweise Vorteile bezüglich der TME-Qualität, des aboralen Sicherheitsabstandes und der Stuhlkontinenz sowie der Sexualfunktion gegenüber der LaTME. 31 Gute Expertise in der laparoskopischen Rektumchirurgie, Erfahrungen in transanalem Operieren, gründliche Planung und Training des gesamten Teams und ggf. Proctoring tragen zur erfolgreichen Einführung der neuen Technik bei. 32 Radiologisch-interventionelle Therapien bei Lebertumoren H. Ittrich Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin, Zentrum für Radiologie und Endoskopie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Das Behandlungsspektrum maligner Lebertumoren durch die etablierten Therapien der Chirurgie, systemische Chemotherapie und Strahlentherapie konnte in den letzten Jahren durch minimalinvasive, bildgesteuerte (CT, US, MRT) endovaskuläre und perkutane lokal-ablative Verfahren erfolgreich erweitert werden. Diese Therapieverfahren sind unter dem Begriff der interventionellen Onkologie zusammengefasst. Bei den interventionellen onkologischen Verfahren zur Behandlung von primären und sekundären Lebermalignomen unterscheidet man durch die Art des Wirkmechanismus die (I) perkutane Direktinjektion toxischer Substanzen, (II) die transarterielle (Chemo-)Embolisation, (III) die perkutane Tumorablation sowie (IV) die interne Strahlentherapie. (I) Die perkutane Direktinjektion von Ethanol (PEI) oder Essigsäure nutzt deren dehydrierenden und nekrotisierenden Effekt nach intratumoraler FeinnadelDirektinjektion aus [1]. Weist die PEI bei kleinen enkapsulierten Tumoren (HCC) gute Erfolge auf, ist dieses Verfahren aufgrund der unkontrollierten Verteilung der Flüssigkeit in infiltrativen Tumoren sowie deren Umgebung oft ineffektiv. (II) Die transarterielle Chemoembolisation (TACE) als sichere und minimalinvasive palliative Therapiemaßnahme kombiniert die Wirkung von Chemotherapeutikum und Gefäßembolisat, was im Vergleich zur arteriellen Chemoperfusion zu einer höheren Wirkstoffkonzentration und einer zusätzlichen Tumorischämie führt. Sie wird bei primären und zunehmend auch sekundären Lebertumoren angewendet. Weiterentwicklungen der TACE sind Medikamenten-freisetzende Partikel (DEB-TACE) für die Therapie des HCC (Doxorubicin) oder von kolorektalen Lebermetastasen (Irinotecan, DEBIRI-TACE). Therapieziele sind die Unterbindung der Progression der Tumorerkrankung, die Verlängerung des progressionsfreien Intervalls, das Bridging bis zur Lebertransplantation oder das neoadjuvante Behandlungskonzept [2]. 33 (III) Bei der perkutanen Tumorablation wird/werden bildgesteuert intratumoral eine/mehrere Sonde(n) platziert, mit der/denen über verschiedene Energiequellen eine Tumor-Nekrose hervorgerufen wird. Bei der Radiofrequenzablation (RFA) führt hochfrequenter Wechselstrom, bei der Laser-induzierten Thermotherapie (LITT) thermische Laserlicht-Energie, bei der Mikrowellenablation (MWA) führen elektromagnetische Wellen, beim hochintensiven fokussierten Ultraschall (HIFU) Ultraschallwellen und bei der irreversiblen Elektroporation (IRE) elektrische Mikro‐/Millisekundenpulse zur Tumor-Nekrose [3–5]. In Analogie zur chirurgischen Resektion wird eine lokale Kuration, d. h. die Zerstörung des Tumors einschließlich eines Sicherheitssaums, angestrebt. Vorteile der perkutan-tumorablativen Verfahren sind die minimale Invasivität, die geringen Komplikationsraten sowie die wiederholte Durchführbarkeit. Die Realisierbarkeit und der Erfolg der einzelnen Techniken werden von der Sondentechnologie und -platzierung, der Punktionstechnik, dem Kühl (Heat-Sink)-Effekt im Randbereich großer Tumoren oder der Nähe zu großen Gefäßen und durch thermosensible Strukturen (z. B. Gallenblase, Kolon, Herz, Magen) bestimmt. (IV) Die selektive interne Radiotherapie (SIRT) sowie auch die bildgesteuerte interstitielle Brachytherapie sind Verfahren der interstitiellen Hochdosisstrahlentherapie bei Lebermalignomen und basieren auf der arteriellen Applikation von 90 Yttrium-markierten Mikrosphären (SIRT) oder dem perkutanen Einbringen einer Strahlenquelle (192Iridium) über einen Therapiekatheter (interstitielle Brachytherapie) [6, 7]. Vortragsinhalt wird sein, die Vor- und Nachteile der endovaskulären und perkutanen Behandlungsmöglichkeiten bei Lebermalignomen vorzustellen und zu erläutern. Hierbei soll gezeigt werden, dass die Auswahl eines oder mehrerer kombinierter Verfahren(s) vom Tumortyp, der Tumorlokalisation und -größe sowie von der Therapieintention (kurativ, palliativ, symptomatisch) abhängig ist, und der Schlüssel zum Erfolg der interventionellen Onkologie nur in der interdisziplinären Abstimmung des Behandlungskonzepts, unter Anwendung chirurgischer, systemischer, strahlentherapeutischer und interventioneller Therapieoptionen, liegen kann. 34 Literatur: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Shiina S, Niwa Y, Shiratori Y, Terano A, Omata M. Percutaneous ethanol injection therapy for hepatocellular-carcinoma (review). Int J Oncol. 1993;2(4):669–75. Vogl TJ, Naguib NN, Nour-Eldin NE, Rao P, Emami AH, Zangos S, et al. Review on transarterial chemoembolization in hepatocellular carcinoma: palliative, combined, neoadjuvant, bridging, and symptomatic indications. Eur J Radiol. 2009; 72(3):505–16. Balogh J, Victor D 3rd, Asham EH, Burroughs SG, Boktour M, Saharia A, et al. Hepatocellular carcinoma: a review. J Hepatocell Carcinoma. 2016;3:41–53. Chinnaratha MA, Chuang MY, Fraser RJ, Woodman RJ, Wigg AJ. Percutaneous thermal ablation for primary hepatocellular carcinoma: A systematic review and meta-analysis. J Gastroenterol Hepatol. 2016;31(2):294–301. Padma S, Martinie JB, Iannitti DA. Liver tumor ablation: percutaneous and open approaches. J Surg Oncol. 2009;100(8):619–34. Ho S, Lau WY, Leung TW, Johnson PJ. Internal radiation therapy for patients with primary or metastatic hepatic cancer: a review. Cancer. 1998;83(9):1894– 907. Salem R, Thurston KG. Radioembolization with yttrium-90 microspheres: a stateof-the-art brachytherapy treatment for primary and secondary liver malignancies: part 3: comprehensive literature review and future direction. J Vasc Interv Radiol. 2006;17(10):1571–93. 35 EUS-geführte Interventionen am pankreatobiliären System U. Will Innere Medizin III, SRH Wald-Klinikum Gera EUS-BD: Die endoskopische retrograde Cholangiografie (ERC) ist die Standardmethode in der Therapie einer biliären Obstruktion. Bei Patienten mit Z. n. Operation (Billroth-II-Anatomie, Roux-Y-Anastomose, Hepatikojejunostomie, Gastroenteroanastomose), tumoröser Magenausgangsstenose, einer entzündlich oder tumorös destruierten Papille oder bei kompletter Obstruktion des Gallengangs ist eine primäre endoskopische Drainage nicht mehr möglich. In diesen Fällen kommen derzeit die enteroskopische ERC oder die perkutane transhepatische Cholangiodrainage (PTCD) zum Einsatz. Bei Patienten mit malignen, inkurablen Grundleiden und begrenzter Lebenserwartung stellt die externe Drainage ein beachtenswertes psychologisches Problem dar, da die sichtbare Galleableitung verbunden mit täglichen Spülungen dem Patienten permanent die unheilbare Situation und damit die Ausweglosigkeit seines Leidens vor Augen führt. Mit der EUS-geführten biliären Drainage (EUS-BD) steht eine Methode zur Verfügung, die bei Patienten mit maligner inkurabler Obstruktion und frustraner ERC das Therapieziel einer dauerhaften internen Galleableitung in der palliativen Situation erfüllen kann. Technisch sind mehrere Varianten der EUS-geführten Drainage möglich, die sich nach dem Zugangsweg, der formierten bilioenterischen Anastomose sowie der Flussrichtung der Galle einteilen lassen. Die Entscheidung, welche Drainage präferiert wird, richtet sich nach der Anatomie, der Obstruktionslokalisation und dem gangbaren Zugangsweg und ist meist in einer Planungssonografie zu treffen. Bei der Vielzahl von EUS-geführten Galleableitungsverfahren wird ein sinnvoller und differenzierter therapeutischer Algorithmus der EUS-BD vorgeschlagen. Weltweit wurden bisher in spezialisierten Zentren über 1000 Patienten mit diesen neuen Drainagetechniken bei Erfolgsraten von 75–98% und Komplikationsraten von 12–25% behandelt [1]. Im eigenen Krankengut von 300 Patienten können wir auf eine Drainageerfolgsrate von 94%, bei Komplikationen von 15% und eine Mortalität von 0,3% verweisen [2]. 36 Art der EUS-BD EUS – ERCP – Rendezvous EUS-antegrad-intern Hepatiko-Gastrostomie Hepatiko-Ösophagostomie Hepatiko-Jejunostomie Choledocho-Gastrostomie Choledocho-Duodenostomie Choledocho-Jejunostomie Cholezysto-Duodenostomie, Cholezysto-Gastrostomie Jejuno-Jejunostomie (Afferent-Loop-Syndrom) Zugangsweg transhepatisch extrahepatisch transhepatisch transhepatisch transhepatisch transhepatisch extrahepatisch extrahepatisch extrahepatisch extrahepatisch Abkürzung EUS-RV Drainagerichtung antegrad-anatomiegerecht EUS-AD EUS-HG EUS-HE EUS-HJ EUS-CG EUS-CD EUS-CJ EUS-CCD EUS-CCG EUSEnteroanastomose antegrad-anatomiegerecht retrograd retrograd retrograd antegrad-Neoostium antegrad-Neoostium antegrad-Neoostium antegrad-Neoostium Tab. 1: Möglichkeiten der EUS-BD inkl. Zugangswege und Drainagerichtung EUS-PD: Patienten mit einer symptomatischen Retention des Pankreasgangs und Z. n. Operationen am Pankreas oder Roux-Y-Rekonstruktion und frustraner konventioneller oder enteroskopischer ERP ist die EUS-geführte Intervention am Pankreasgang eine sinnvolle Alternative zur Re-Operation. Endosonografisch kann man aus dem Magen oder Dünndarm den erweiterten Gang punktieren und durch Kontrastmittelinstillation die Engstelle verifizieren und bei erreichbarer Papille und ausleitbarem Draht die Stenose in Rendezvous-Technik behandeln. Ist die Papille oder Anastomose nicht erreichbar, kann man die Striktur transpankreatisch nach Drahtpassage mit dem Ballon aufdehnen und die Anastomose durch Einlage einer Ringdrainage (GastroPankreato-Jejunostomie) für 8 Wochen schienen. Gelingt keine Passage der Striktur, ist eine retrograde Drainage (Pankreatiko-Gastro- bzw. Jejunostomie) des erweiterten Pankreasgangs durch Einlage von Plaststents oder gecoverten Metallstents möglich. Diese Drainagen können in Intervallen gewechselt werden oder es kann nach Entfernung ein Auslassversuch gemacht werden. Bei zureichender Pankreassekretion kommt es selten zu einem Verschluss des neu formierten Ostiums, sodass dieses auch ohne Neueinlage einer Prothese i. S. einer persistierenden inneren Fistel fungiert. Weltweit wurden bisher in spezialisierten Zentren über 400 Patienten mit diesen neuen Drainagetechniken bei Erfolgsraten von 60–90% und Komplikationsraten von 20–35% behandelt [3]. Im eigenen Krankengut von 120 Patienten können wir auf eine Drainageerfolgsrate von 72% bei Komplikationen von 20% und einer Mortalität von 0% verweisen [4]. 37 Literatur: 1. 2. 3. 4. 38 Fabbri C, Luigiano C, Lisotti A, Cennamo V, Virgilio C, Caletti G, et al. Endoscopic ultrasound-guided treatments: are we getting evidence based – a systematic review. World J Gastroenterol. 2014;20(26):8424–48. Will U, Fueldner F, Kern C, Meyer F. EUS-guided bile duct drainage (EUBD) in 95 patients. Ultraschall Med. 2015;36(3):276–83. Tyberg A, Sharaiha RZ, Kedia P, Kumta N, Gaidhane M, Artifon E, et al. EUSguided pancreatic drainage for pancreatic strictures after failed ERCP: a multicenter international collaborative study. Gastrointest Endosc. 2017;85(1):164–9. Will U, Reichel A, Fueldner F, Meyer F. Endoscopic ultrasonography-guided drainage for patients with symptomatic obstruction and enlargement of the pancreatic duct. World J Gastroenterol. 2015;21(46):13140–51. Roboter-unterstützte Chirurgie C. Reißfelder Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden Nachdem in den letzten 30 Jahren die laparoskopische Chirurgie mit ihren immer besseren Instrumenten in alle Gebiete der Viszeralchirurgie vorgedrungen ist, war es nur eine Frage der Zeit, dass Roboter-unterstützte Systeme zum minimalinvasiven Operieren auf den Markt kommen. Wenn nun neue Systeme auf den Markt kommen, muss man sich immer fragen, ob diese eine Verbesserung oder zumindest Gleichwertigkeit gegenüber den aktuell vorhandenen Verfahren darstellen. Die Frage der Patientensicherheit gilt es dabei zuerst zu klären. Anschließend sind 3 Fragen zu beantworten: • Ist eine bestimmte Operation mit der neuen Methode machbar? • Wie sind die Ergebnisse? • Birgt die neue Methode Vorteile gegenüber dem Goldstandard? Das aktuell genutzte und bislang einzige Roboter-unterstützte System kommt von Intuitive Surgical, der DaVinci-Roboter, wobei andere Systeme in den kommenden Jahren auf den Markt kommen werden. Die potenziellen Vorteile sind, dass man mit diesem System komplexe Bewegungen durch ein zusätzliches Gelenk in den Instrumenten machen kann, dass durch die 3D-Technik eine bessere Visualisierung möglich ist und die Kamera durch den Operateur selbst bedient werden kann. Des Weiteren wird der physiologische Tremor nicht in das System übersetzt. Nachteile sind eine nicht unerhebliche Lernkurve, kein haptisches Feedback und die primär erhöhten Kosten. Mittlerweile gibt es für jede Organ-Entität Publikationen, die die Machbarkeit selbst bei komplexen Resektionen mit dem DaVinci-System belegen. Schaut man sich nun die Ergebnisse an, so muss man zwischen dem Vergleich zu den konventionellen, offenen Resektionen und den minimalinvasiven Operationen differenzieren. Im Vergleich zu den konventionellen Operationen bietet das Roboter-unterstützte System die gleichen Vorteile wie laparoskopische Operationen mit einer verkürzten Liegedauer, weniger Wundheilungsstörungen und einer geringeren Narbenhernienrate. Im Vergleich zu den laparoskopischen Verfahren stellt sich aktuell übergreifend auf alle Operationen kein 39 Vorteil durch die Roboteroperation ein. Allerdings scheint es, dass gerade die komplexen minimalinvasiven Operationen wie eine Pankreaskopfresektion, eine Ösophagusresektion oder eine tiefe anteriore Rektumresektion mit dem Operationsroboter einem größeren Patientengut angeboten und erfolgreich durchgeführt werden können. Somit profitieren mehr Patienten von den Vorteilen der minimalinvasiven Chirurgie durch ein Roboter-unterstütztes System. Auch darf man nicht vergessen, dass die Computer-unterstützten Operationssysteme erst am Anfang ihrer Entwicklung stehen. Weitere Anwendungen werden sein, dass die präoperative Schnittbildgebung in die aktuellen laparoskopischen Bilder mit eingespielt und somit verdeckte Strukturen wie Blutgefäße visualisiert werden können. Dies führt zu einer Vereinfachung der Resektion und gleichzeitig zu einer Reduktion möglicher Fehler. Zusammenfassend ist zu sagen, dass das aktuell vorhandene Roboter-unterstützte System dem laparoskopischen Operieren sowohl von der Indikationsstellung als auch von der Durchführung her gleichwertig ist. Es ist allerdings zu erwarten, dass sowohl die Technik (Instrumente, Visualisierung) als auch die Rechenleistung der Roboterunterstützten Systeme weiterentwickelt wird und es somit zu einer Überlegenheit dieser Systeme (im Sinne einer „Robotic-guided Surgery“) kommen wird. 40 Proktitis G.W. Kolbert ehd – End- und Dickdarmzentrum Hannover Die Proktitis ist definiert als Entzündung im unteren Rektum. Die kolorektale Mukosa weist im Rahmen des Entzündungsprozesses relativ uniforme Reaktionsmuster auf verschiedenste Noxen auf. Dies führt im Rahmen der Diagnostik zu dem Problem, dass weder anhand der geschilderten Beschwerden, noch anhand des makroskopischen endoskopischen Befunds ein eindeutiger Schluss auf die Ätiologie gezogen werden kann. Am häufigsten beschreiben die Patienten eine Stuhlfrequenzerhöhung verbunden mit einem imperativen Stuhldrang, schleimig-blutigen Diarrhöen und Tenesmen. Eine strukturierte Diagnostik beinhaltet die ausführliche Anamnese, wobei auch immer eine Sexualanamnese erhoben werden sollte, sowie eine Mikrobiologie mit Stuhlkulturen und Abstrichen aus dem Rektum und eine endoskopische Diagnostik. Differenzialdiagnostisch muss neben den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auch an eine infektiöse, Medikamenten-induzierte oder radiogen bedingte Ursache der Proktitis gedacht werden. Deutlich seltener sind externe Agenzien, eine Ischämie oder vorangegangene Operationen Ursache einer Proktitis. Die Proktitis ulcerosa als häufigste Form der Proktitis wird im akuten Schub mit topischem Mesalazin, ggf. kombiniert mit oralem Mesalazin und einem Steroid, therapiert. Zur Remissionserhaltung wird topisches Mesalazin für mindestens 2 Jahre empfohlen. In der Reihenfolge der Häufigkeit folgt den chronisch entzündlichen Proktitiden dann die mechanisch bedingte Proktitis, entweder durch Druck von außen oder im Rahmen eines Rektumprolapses. Hier sollte therapeutisch primär mit stuhlregulierenden Maßnahmen und ggf. mit rektalen Entleerungshilfen gearbeitet werden. Ein operativer Eingriff ist erst nach einem konservativen Behandlungsversuch indiziert. Bei der radiogen bedingten Proktitis muss zwischen dem akuten Stadium mit direkter radiogener Schädigung der Mukosazelle und dem chronischen Stadium, einem Strahleneffekt auf die Blutgefäße und das Bindegewebe, in diesem Sinne eher eine Proktopathie, unterschieden werden. Im akuten Stadium, d. h. in den ersten 6 Wochen der Bestrahlung, kann mit topischem Sucralfat oder Mesalazin therapiert werden, die 41 Studienlage hierzu ist jedoch eher mäßig. Im chronischen Stadium der Strahlenproktopathie mit Blutungen und Ausbildung von Teleangiektasien kann ein Therapieversuch mit einer Argon-Plasma-Koagulation erfolgen. Einzelne Studien haben auch Therapieerfolge mit dem Angiogenesehemmer Thalidomid beschrieben. Auch zu diesen Therapien gibt es keine abschließenden Empfehlungen. Häufig hilft die Strategie der Befundaufklärung und „wait-and-see“ bei den meist älteren Patienten ohne weitere invasive Maßnahmen am besten. Bei den medikamentös induzierten Proktitiden sollte in der Anamnese insbesondere nach topischen nicht-steroidalen Antiphlogistika und Ergotamin-haltigen Suppositorien gefragt werden. Die Therapie der Wahl ist hier, die Noxen abzusetzen bzw. die weitere Verwendung zu unterlassen. Einen wichtigen Aspekt im Rahmen der infektiösen Proktitiden stellt die Sexualanamnese dar, die immer erhoben werden sollte. Eine Risikogruppe stellen homosexuelle Männer mit analem Geschlechtsverkehr und häufig wechselnden Sexualpartnern dar. Das Erregerspektrum (Chlamydien, Gonokokken, Treponemen, HIV, HSV etc.) sollte durch Abstriche (Trockenabstrich-PCR und Kultur) und durch serologische Untersuchungen abgeklärt werden. Hierbei sollte auch ein Augenmerk auf die Partner als Erregerreservoir gelegt werden. Die Therapie erfolgt entsprechend den Leitlinien der Deutschen STI-Gesellschaft. Zu den selteneren Ursachen einer Proktitis zählen von extern eingebrachte Fremdkörper oder Agenzien (Alkohol, heißes Wasser, Kaffeesatz etc.). Hier besteht die Therapie ebenfalls in der Vermeidung der Noxen. Die Schwierigkeit in der Therapie stellt hier eher die Eruierung durch die Anamnese dar. Bei den operationsbedingten Proktitiden müssen die Diversionskolitis und die Proktitis nach proktologischen Operationen Erwähnung finden. Die Therapie der Wahl der Diversionskolitis ist der Wiederanschluss des ausgeschalteten Rektums; ggf. kann bis zu diesem Zeitpunkt topisch mit kurzkettigen Fettsäuren (Butyrat) oder mit Mesalazin therapiert werden. Die Datenlage hierzu ist gering. Nach proktologischen Operationen unter Benutzung eines Staplers kann es im Bereich der Klammernaht zu entzündlichen Veränderungen kommen. Hier besteht die Möglichkeit der Agraffektomie oder der lokalen Therapie mit Mesalazin. 42 Zusammenfassend sollte als rationelles Vorgehen in der Diagnostik und Therapie der Proktitis zunächst eine ausführliche Anamnese verbunden mit einer Sexualanamnese erhoben werden. Eine endoskopische Untersuchung mindestens bis zum Colon sigmoideum, ggf. mit Biopsieentnahme, schließt sich an. Bei entsprechenden anamnestischen Hinweisen sollte eine weiterführende mikrobiologische und serologische Diagnostik erfolgen. 43 Hämorrhoiden – Differenzialdiagnostik und Therapie V. Kahlke Proktologische Praxis Kiel Einleitung Das Hämorrhoidalleiden ist nach wie vor eine Volkskrankheit mit ca. 2 Mio. betroffenen Patienten pro Jahr in Deutschland. Symptomatisch wird das Hämorrhoidalleiden durch Blutungen, aber auch durch eine Störung der Feinkontinenz (Nässen), welche zu einer Irritation der Haut mit Pruritus ani, Brennen und Wundsein führt. Im fortgeschrittenen Stadium kommen das Fremdkörpergefühl, Prolaps, Druck und bei Thrombosierung entsprechend Schmerzen hinzu. Alle Symptome können auch singulär auftreten und korrelieren nicht zwingend mit dem Stadium. Systematik – Diagnostik Die Einteilung der Hämorrhoiden hat international Bestand. I° Nur proktoskopisch sichtbar: vergrößerter Plexus haemorrhoidalis superior II° Prolaps bei der Defäkation – Reposition spontan III° Prolaps bei der Defäkation – Reposition nicht spontan, sondern manuell IV° Prolaps permanent fixiert – irreponibel Aus der Definition ergibt sich, dass die Diagnose nach Anamnese, körperlicher und proktologischer Untersuchung einschließlich Proktoskopie erfolgt und nicht mittels Rektoskopie oder Koloskopie. Das Rektoskop und das Koloskop sind ungeeignet, Hämorrhoiden zu beurteilen. Grundsätzlich sollte eine peranale Blutung als Leitsymptom auch bei vorhandenen vergrößerten Hämorrhoiden zur weiteren Abklärung des Kolons führen, wenn sich Anhalte für eine höhergelegene Funktionsänderung ergeben oder Risikofaktoren bestehen. Konservative Therapie Die konservative Therapie basiert auf der Vermeidung von Obstipation und Diarrhö mit Erhöhung der Trinkmenge und ballaststoffreicher Ernährung. Ferner sollte das 44 Pressen bei der Defäkation und lange „Sitzungen“ vermieden werden. Die externe Therapie mit Proktologika hat ihren Stellenwert nur bei der symptomatischen Therapie und keinen bei der kausalen. An Wirkstoffen kommen Lokalanästhetika (z. B. Lidocain), Adstringenzien (z. B. Policresulen) oder Antiphlogistika (z. B. Kortikosteroide) in Betracht. Sklerosierung Die Hämorrhoidalsklerosierung wird ebenfalls zur konservativen Therapie gezählt und beinhaltet die Injektion von 2–5 ml narbeninduzierender Flüssigkeit, zumeist Polidocanol-Lösung (= Aethoxysklerol® 3% und 4%). Technisch unterscheidet man die Sklerosierung nach Blond (intrahämorrhoidale Sklerosierung) und die Technik nach Blanchard (suprahämorrhoidal). Beide werden vor allem beim Hämorrhoidalleiden I. und II. Grades eingesetzt. Die Komplikationsrate ist gering (< 1%), die Rezidivquote nach 3 Jahren mit 42–64% jedoch hoch. Semioperative Verfahren Gummibandligatur (GBL) Die semioperativen Verfahren beinhalten zunächst als das sicher etablierteste und evaluierteste Verfahren die GBL (nach Barron = suprahämorrhoidal). Sowohl in Deutschland als auch im angloamerikanischen Raum wird dieses Verfahren bei Hämorrhoiden I°–II° und teilweise auch III° eingesetzt. Insbesondere im Vergleich zur Sklerotherapie und Infrarottherapie zeigt sich die GBL überlegen. Eine CochraneAnalyse sieht die GBL bei Hämorrhoiden II° als Therapie der ersten Wahl und die operativen Verfahren bleiben Therapieversagern und Hämorrhoiden III° vorbehalten. HAL (Hämorrhoidalarterienligatur) und HAL-RAR (HämorrhoidalarterienligaturRecto-Anal Repair) Die HAL wurde zunächst intensiv propagiert und zeigte in einigen Studien kurzfristig gute Ergebnisse. Nach dem HubBLe Trial (Brown et al., Lancet 2016), das zeigte, dass die Ergebnisse nach GBL und HAL gleichwertig sind (bei mehr Schmerzen nach HAL), erscheint HAL kein Thema mehr. Als Neuerung der letzten 5 Jahre erfolgte nun die Ergänzung um eine operative, nicht resezierende Komponente, die RAR (Recto-Anal Repair). Nachdem gezeigt werden 45 konnte, dass die Ergebnisse nach RAR allein genauso gut sind, im Vergleich zur HALRAR, erscheint auch hier die HAL entbehrlich (Aigner et al., Colorectal Dis. 2016). Operative Therapie Exzidierende Verfahren Zunächst muss an dieser Stelle betont werden, dass die „alten“ Verfahren sich bewährt haben und nach wie vor ihren Stellenwert als „Goldstandard“ haben. Hierzu zählen die offene Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan, die geschlossene nach Ferguson und ebenso die selten angewandte submuköse Hämorrhoidektomie nach Parks als segmentär anzuwendende Operationen. Diese haben ihre klare Indikation bei den Hämorrhoiden III°, insbesondere beim segmentären Prolaps. In einer Metaanalyse konnte kein Vorteil eines Verfahrens gegenüber einem anderen gezeigt werden. Alle Verfahren haben eine sehr niedrige Komplikationsrate von 1–1,5% für Blutungen, Stenosen und Inkontinenz und auf der anderen Seite ca. 90% beschwerdefreie Patienten nach 1–7 Jahren. In den letzten Jahren haben die Instrumentarien der segmentären Hämorrhoidektomie eine gewisse Modifikation erfahren und insbesondere dem bipolaren Verfahren mit dem LigaSure™, UltraCision® oder der BiClamp® konnte in einer Metaanalyse eine verkürzte Operationszeit und eine schnellere Wundheilung zugeschrieben werden, ohne die Komplikationsraten oder die Heilungsraten gegenüber der konventionellen Diathermie zu verbessern. In der Summe gibt es bis heute kein Verfahren, das einem anderen klar vorzuziehen ist. Die plastische Rekonstruktion nach Fansler-Anderson/Arnold hat ihren klaren Platz bei zirkulären Hämorrhoiden IV°. Hämorrhoidopexie (Stapler-Hämorrhoidopexie, SH) Nach Einführung der SH zeigten Studien konstant gleiche Ergebnisse mit einem Vorteil der SH im Hinblick auf die verkürzte Operationsdauer, den geringeren Blutverlust, die rasche Genesung, die reduzierten Fehlzeiten bei der Arbeit und den geringeren postoperativen Schmerzen. In der Summe hat sich die SH für die operative Therapie der Hämorrhoiden III°, insbesondere der zirkulären Hämorrhoiden III°, durchgesetzt und sich nach Verlassen der Lernkurve als Verfahren mit hoher Akzeptanz und 46 Sicherheit gezeigt. Die Patientenzufriedenheit auch noch nach fast 7 Jahren ist mit 70–80% hoch. Fazit • Die Einteilung der Hämorrhoiden erfolgt international identisch (Hämorrhoiden I°–IV°). • Die Diagnostik beinhaltet immer Anamnese, Untersuchung und Proktoskopie. Die Koloskopie ist zur Diagnostik nicht geeignet, vielmehr ist die Indikation zur Koloskopie zu klären. • Eine Therapie erfolgt nur beim Hämorrhoidalleiden. • Hämorrhoiden I° können mittels Sklerosierungstherapie oder Gummibandligatur (GBL) behandelt werden. • Hämorrhoiden II° sollten mittels GBL therapiert werden. Alternative Verfahren wie die HAL und die HAL-RAR sind verlassen. • Hämorrhoiden III° stellen eine Indikation zur Operation dar, bei segmentärer Ausprägung kommen exzidierende Verfahren in Betracht, ohne dass einem Verfahren der Vorzug gegeben werden kann. • Hämorrhoiden III° mit zirkulärem Befall sind eine gute Indikation für die Hämorrhoidopexie mit dem Zirkularstapler. • Hämorrhoiden IV° sind eine Indikation für ein plastisch-rekonstruktives Verfahren (n. Fansler-Anderson/Arnold). • Akut thrombosierte Hämorrhoiden sollten zunächst konservativ therapiert werden, bevor das geeignete Verfahren nach oben genannten Maßgaben ausgewählt wird. 47 Abszesse und Fisteln C. Isbert Allgemein- und Viszeralchirurgie, Amalie-Sieveking-Krankenhaus, Hamburg Hintergrund Analabszesse und Analfisteln gehören zu den septischen Komplikationen der Anorektalregion. Ätiologisch werden sie in idiopathisch und chronisch entzündlich unterteilt. Der Analabszess stellt dabei eine ernste septische Komplikation der Analfistel dar. Klinisch unterscheidet man einfache von komplexen Analfisteln. Einfache Fisteln sind intersphinktär und transsphinktär mit < 30% Beteiligung der externen Schließmuskulatur. Komplexe Fisteln dagegen betreffen > 30% der externen Schließmuskulatur, verlaufen supra- oder extrasphinktär und/oder liegen per definitionem bei einem Morbus Crohn und/oder anderen Erkrankungen, wie z. B. einer Strahlenproktitis, vor. Diagnostik und Therapie Die Diagnostik von Analabszessen und -fisteln umfasst die klinisch-proktologische Untersuchung inkl. Endoskopie, die anale 2D/3D-Endosonografie und die Magnetresonanztomografie. Grundsätzlich stellt jeder Analabszess eine OP-Indikation dar. Es kann hier eine Inzision von einer Abszessexzision unterschieden werden. Wesentliches Ziel ist zunächst eine Entlastung des septischen Herdes. In manchen Fällen kann zusätzlich intraoperativ eine Drainage der ursächlich für den Abszess verantwortlichen Fistel erreicht werden. Ziel der zweizeitigen Fisteloperation ist dagegen die Behandlung und Kontrolle des septischen Fokus bei maximalem Erhalt der Schließmuskelfunktion. Dabei reicht die operative Verfahrenswahl von der einfachen Fistelspaltung bis hin zur komplexen plastischen Rekonstruktion, beispielsweise durch einen endorektalen Advancement-Flap oder eine Grazilisplastik. Ein neueres Verfahren ist die intersphinktäre Fisteltrakt-Ligatur (LIFT), die als besonders schließmuskelschonend angesehen werden kann. Crohn-bedingte Analfisteln Insbesondere die Crohn-bedingte Analfistel stellt auch heute noch ein besonderes klinisches Problem dar. Hier hängt die definitive Versorgungsmöglichkeit ganz 48 wesentlich von dem Grad und der Ausprägung einer begleitenden Proktitis/Kolitis/ Enteritis ab. Präoperativ sind daher die exakte Kenntnis der Anamnese inkl. Konservativer Vortherapie (z. B. die Behandlung mit Biologika) sowie der intestinale Befall inkl. intestinaler Voroperationen von entscheidender Bedeutung. Ein optimales Resultat kann nur erwartet werden, wenn Chirurgie und Gastroenterologie dabei eng verzahnt miteinander zusammenarbeiten. Ein besonderes Problem stellt die langjährige stenosierende und fistulierende Crohn-Proktitis dar. Zumeist ist sie Endstadium eines Crohn-bedingten Analfistelleidens und wird in den meisten Fällen mit einem Stoma deviiert und/oder einer definitiven Proktektomie zugeführt. Eigene Ergebnisse zeigen, dass bei einem durchschnittlichen Krankheitsverlauf von 18,5 Monaten mit einer malignen Transformation im anorektalen Bereich gerechnet werden muss. Aussichten Das vorliegende Referat beschäftigt sich mit allgemeinen Behandlungsprinzipien idiopathischer und Crohn-bedingter Analfisteln. Das Problem der stenosierend/fistulierenden Crohn-Proktitis wird dabei speziell unter den Aspekten des Kontinenzerhalts und der malignen Transformation diskutiert. 49 Lebertransplantation 2017 and beyond E. Jaeckel Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover Die Lebertransplantation stellt das einzige lebensrettende Therapieverfahren bei akutem Leberversagen oder fortgeschrittener Leberzirrhose dar. Aufgrund der geringen Spendenbereitschaft in Deutschland steht dieses Verfahren jedoch nur einer beschränkten Patientenzahl zur Verfügung. Es fehlt derzeit in der Gesellschaft, der Politik und der Ärzteschaft ein Bekenntnis zur Transplantationsmedizin, auch wenn mehr als 90% der bedürftigen Patienten ein Organ annehmen wollen. Bei zu erwartender niedrigerer Zahl der HCV-Zirrhosen auf der Warteliste, nimmt die Zahl der NASH-Zirrhosen und der hepatozellulären Karzinome weiter zu. Bei nicht ausreichenden Spenderorganen muss deshalb das Ziel sein, durch eine verbesserte Therapie von Lebererkrankungen den Bedarf zu senken und durch eine Verlängerung der Transplantatfunktion die Notwendigkeit zur Retransplantation zu senken. Hinsichtlich der verbesserten Therapien werden insbesondere neue Therapieoptionen der HCV- und der HBV-Infektion, der NASH, der PBC sowie genetischer Lebererkrankungen den zukünftigen Bedarf an Transplantationen reduzieren und eine bessere Therapie rekurrenter Erkrankungen nach Transplantation ermöglichen. Die chronische Transplantatdysfunktion wird durch Rekurrenz der Grunderkrankung, biliäre Komplikationen und chronische Abstoßungen bestimmt. Neue Konzepte der individualisierten Immunsuppression versuchen eine verstärkte Immunsuppression bei sensibilisierten Hochrisikopatienten und eine Minimisierung bei Patienten mit niedrigem Risiko. Erste Studien zeigen, dass in selektionierten Patienten die Immunsuppression komplett ausgeschlichen und eine Toleranz induziert werden kann. In der Nachsorge nach Lebertransplantation ist ferner eine Kontrolle des kardiometabolischen Risikos, eine Verhinderung der fortschreitenden Niereninsuffizienz, ein konsequentes Tumorscreening und eine konsequente Diagnostik und Therapie von Infektionen notwendig. Ferner sollten ein Alkohol- und ein Nikotinverzicht erreicht werden. Das neue nationale Transplantationsregister wird eine bessere Qualitätssicherung gewährleisten. Die Erhöhung der Organ-Spendenbereitschaft sollte ein zentrales Anliegen der Gesellschaft sein und durch die Ärzteschaft unterstützt werden. 50 Medikamentöse, endoskopische und chirurgische Therapie der primär sklerosierenden Cholangitis C. Schramm I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Martin Zeitz Centrum für Seltene Erkrankungen, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine chronisch progrediente, fibrosierende Entzündung der intra- und/oder extrahepatischen Gallenwege. Die PSC ist in ca. zwei Drittel der Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung assoziiert, die häufig als milde Pancolitis imponiert. Die Pathogenese der Erkrankung setzt sich vermutlich aus Teilen einer immunvermittelten/autoimmunen Reaktion, einer Barrierestörung sowie einem fehlgesteuerten Gallensäurenmetabolismus zusammen. Das fehlende Verständnis der Pathogenese trägt dazu bei, dass derzeit keine gesicherte medikamentöse Therapie der PSC zur Verfügung steht. Die Therapie mit Ursodesoxycholsäure (UDCA) wird in Deutschland eingesetzt, ohne dass jedoch eine Evidenz für die positive Beeinflussung der Progression der Erkrankung vorliegt. Dies bedeutet allerdings nicht, dass UDCA in frühen Stadien der Erkrankung keinen Effekt hat. Belegt hingegen sind die deutliche Absenkung der Leberwerte und der Wiederanstieg nach Absetzen der Therapie. Die einzige gesicherte Therapie der PSC bleibt derzeit die Lebertransplantation, die mit guten 5-Jahres-Überlebensraten einhergeht. Mehr als die Hälfte der Patienten entwickelt im Verlauf der Erkrankung eine dominante Stenose. Die endoskopische Therapie dominanter Stenosen wird in der Regel durchgeführt, ohne dass hierfür die Wirksamkeit in kontrollierten Studien nachgewiesen wurde. Die Dilatation einer dominanten Stenose sollte mit Ballon oder Bougie durchgeführt werden und wenn möglich auf die Einlage eines Stents verzichtet werden. Bei jeder neu aufgetretenen dominanten Stenose stellt sich die Differenzialdiagnose eines Cholangiokarzinoms (CCA). Das Risiko ein CCA zu entwickeln ist bei PSC im Vergleich zu einer Kontrollpopulation ca. 400-fach erhöht. Das größte Risiko besteht im ersten Jahr nach Diagnosestellung der PSC. Danach beträgt die jährliche Inzidenz ca. 0,5–1%, was zu einem Lebenszeitrisiko von 20–30% führt. Das CCA ist die häufigste Todesursache bei PSC. Patienten mit PSC und Kolitis haben außerdem ein deutlich erhöhtes Risiko kolorektale Karzinome zu entwickeln. Daher ist ab 51 Diagnosestellung PSC und Kolitis eine jährliche Vorsorgekoloskopie indiziert. Dieses Vorgehen senkt für PSC-Patienten das Risiko an kolorektalen Karzinomen zu versterben. Die frühe Erkennung eines CCA stellt nach wie vor ein ungelöstes Problem dar. Es gibt keine Evidenz, dass eine regelmäßige Surveillance mittels Sonografie, Tumormarker oder MRT die Mortalität durch ein CCA senken kann. Dennoch wird in den meisten Zentren alle 6–12 Monate eine Sonografie sowie alle 12–24 Monate eine MRT/MRCP durchgeführt. Hier sollte besondere Aufmerksamkeit auf die Gallenblase gerichtet werden, da PSC-Patienten auch ein erhöhtes Risiko für Gallenblasenkarzinome haben und diese in frühen Stadien einer kurativen Therapie zugeführt werden können. Daher besteht bei einem Patienten mit PSC und Polypen < 10 mm die Indikation zur Cholezystektomie. Alternativ müssen diese Patienten sehr engmaschig überwacht werden, z. B. mit Sonografien initial alle 3 Monate. In der Zukunft werden risikoadaptierte Surveillance-Programme und sensitivere diagnostische Methoden die Früherkennung des PSC-assoziierten CCA verbessern. 52 Medikamentöse, endoskopische und chirurgische Therapie der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) T. Lankisch Endoskopie am Glockengießerwall, Hamburg Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine cholestatische Lebererkrankung, die vor allem junge und in etwa zwei Drittel aller Fälle männliche Patienten betrifft. Über eine progrediente Entzündung und Fibrose der intra- und/oder extrahepatischen Gallenwege führt diese Erkrankung zu Gallengangsstrikturen und im Langzeitverlauf zur biliären Zirrhose. Patienten mit einer PSC haben ein erhöhtes Risiko für ein cholangiozelluläres Karzinom, ein Gallenblasenkarzinom oder ein Kolonkarzinom. Bislang existiert keine gesicherte kurative medikamentöse Therapie der PSC. Ursodesoxycholsäure (UDCA) senkt zwar die cholestatischen Laborparameter, ein positiver Einfluss auf die Prognose konnte bislang jedoch nicht gezeigt werden. Eine randomisierte doppelblinde Studie zeigte sogar, dass eine Hochdosis-UDCA-Therapie mit 28–30 mg/kg/Tag mit einer signifikanten Verschlechterung assoziiert war und daher aktuell nicht empfohlen wird. Für die niedrige und mittlere Dosierung (10–20 mg/kg/Tag) existieren keine prospektiven Daten. Retrospektiv erhobene Befunde sprechen zumindest für eine Senkung des Risikos für ein Kolonkarzinom. Zu den endoskopischen Therapieoptionen der Gallengangsstenosen zählen die Bougierung und die Dilatation von Gallengangsstenosen. Oft sind wiederholt endoskopische Eingriffe notwendig, bis eine dauerhafte, ausreichende Gallenabflussmöglichkeit geschaffen ist. Die Erfolgsrate endoskopischer Dilatationen liegt bei ca. 90%. Stentimplantationen sind eher mit einer höheren Komplikationsrate assoziiert. Die einzige kurative Therapieoption bei PSC ist derzeit die Lebertransplantation. Dabei ist die Festlegung des optimalen Zeitpunkts die größte Herausforderung des behandelnden Arztes. Die Prognose von Patienten mit PSC, die transplantiert wurden, ist im Vergleich zu den anderen hepatobiliären Erkrankungen sehr gut. An der Medizinischen Hochschule Hannover erreichte das 5-Jahres-Überleben nach Lebertransplantation bei der PSC 89,4%. 53 Komplikationen der Leberzirrhose – Update 2017 T. von Hahn Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie und Institut für Molekularbiologie, Medizinische Hochschule Hannover Im Stadium der Dekompensation ist die Leberzirrhose eine Multisystemerkrankung, deren Komplikationen alle Organsysteme betreffen. Ziel des Vortrags ist es, neue Daten, die hohe Relevanz für das Management von Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose haben, zusammenzufassen und vor dem Hintergrund des bisherigen Wissenstands zu diskutieren. Infektionen Infektionen und insbesondere die spontan bakterielle Peritonitis (SBP) sind häufiger Trigger terminaler Dekompensationsereignisse. Es ist zunehmend klar, dass eine ambulant und eine im Krankenhaus erworbene SBP mikrobiologisch und klinisch verschiedene Entitäten sind, die auch ein differenziertes Management erfordern. Eine breitere empirische Antibiose scheint das Überleben bei im Krankenhaus erworbener SBP verbessern zu können. Portale Hypertension/Ösophagusvarizenblutung Nicht-selektive Betablocker haben einen festen Stellenwert in der Prophylaxe von Ösophagusvarizenblutungen bei kompensierter und früh-dekompensierter Zirrhose. Carvedilol, das neben einer beta- auch eine alpha1-blockierende Wirkung hat, etabliert sich zunehmend als erste Wahl in diesem Indikationsgebiet. Der optimale Einsatz von bzw. der Verzicht auf Betablocker bei weiter fortgeschrittener Dekompensation wird zurzeit kontrovers diskutiert. Eine zunehmende Bedeutung in der Steuerung der Therapie kommt möglicherweise der Messung des hepatovenösen Druckgradienten (HVPG) zu. Nierenversagen bei Leberzirrhose/Hepatorenales Syndrom Die üblichen Verfahren zur Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) unterschätzen die Nierenfunktionseinschränkung bei Leberzirrhose. Mit der „Royal Free 54 Hospital cirrhosis GFR“-Formel steht nun ein möglicherweise präziseres Instrument zur Verfügung. Terlipressin in Kombination mit Humanalbumin ist etabliert in der Therapie des hepatorenalen Syndroms. Neuere Daten weisen darauf hin, dass eine kontinuierliche Gabe von Terlipressin im Vergleich zur häufig praktizierten Bolusgabe ein äquivalentes Ansprechen mit niedrigeren Gesamtdosen und geringeren Nebenwirkungen ermöglicht. Mit dem vasoaktiven Peptid Serelaxin hat ein neues Wirkprinzip in der frühen klinischen Erprobung vielversprechende Effekte beim Nierenversagen bei Zirrhotikern gezeigt. Blutungsrisiko bei invasiven Prozeduren In der klinischen Routine eingesetzte Assays (INR, Thrombozyten) bilden das Blutungsrisiko bei Leberzirrhosepatienten, die sich invasiven Eingriffen unterziehen müssen, nur ungenau ab. Trotz deutlich pathologischer Werte sind Blutungskomplikationen selten. Die Thrombelastografie bietet möglicherweise eine globalere Einschätzung des Blutungsrisikos und erlaubt es, die unnötige Verabreichung von Blutprodukten vor Eingriffen zu reduzieren. 55 Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) – Diagnose und Therapie H. Bantel Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) umfasst die nicht-alkoholische Fettleber (NAFL) sowie die nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH), die zur fortschreitenden Leberfibrosierung, Leberzirrhose und Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) führen kann. Die globale Prävalenz der NAFLD beträgt 25%, wobei Risikogruppen wie Patienten mit Adipositas oder Typ-2-Diabetes eine deutlich höhere Prävalenz aufweisen [1–3]. In Risikogruppen kann deshalb eine Untersuchung auf das Vorliegen einer NAFLD durchgeführt werden [3]. Dabei ist die Ultraschalldiagnostik das bildgebende Standardverfahren zum Nachweis einer Leberverfettung [4]. Da die Leberfibrose einen wichtigen prognoserelevanten Faktor für den Krankheitsverlauf der NAFLD darstellt [5], kann zur besseren Risikoeinschätzung der NAFLD Fibrosis Score (NFS) bestimmt werden. Dieser nichtkommerzielle Score, dem einfach zu erhebende Faktoren wie Alter, BMI, Glukose, Thrombozytenzahl, Albumin und AST/ALT-Quotient zugrunde liegen, kann zum Ausschluss einer fortgeschrittenen Fibrose durchgeführt werden [3, 6]. Die transiente Elastografie ermöglicht als weitere nicht-invasive Methode den Ausschluss einer fortgeschrittenen Fibrose/Zirrhose mit hoher Wahrscheinlichkeit [7]. Die Leberbiopsie bleibt jedoch der diagnostische Goldstandard zur Unterscheidung einer NASH von einer NAFL und zur Beurteilung des Fibrosestadiums. Zur histologischen Differenzierung und Aktivitätsbestimmung der NASH stehen Scoring-Systeme wie der NAFLD Activity Score (NAS), der das Ausmaß der Steatose, der Entzündung sowie der Leberzellschwellung (Ballonierung) beurteilt, zur Verfügung [8]. Da bislang keine für die Indikation NAFLD zugelassenen Medikamente verfügbar sind, sind Lebensstilmodifikationen wie Gewichtsreduktion derzeitig die einzige therapeutische Option bei NASH-Patienten. Es konnte gezeigt werden, dass eine Gewichtsreduktion von 5–10% des Körpergewichts mit einer Verbesserung der histologischen NASH-Komponenten einhergeht [9]. Allerdings wird diese Gewichtsabnahme nur von 56 wenigen Patienten erreicht. Deshalb sind weitere Therapieoptionen für Patienten mit ungünstigem Krankheitsverlauf dringend erforderlich. Aktuell sind einige vielversprechende neue Medikamente mit unterschiedlichen Wirkprinzipien für die Behandlung der NAFLD in klinischer Entwicklung. Zu diesen zählen Agonisten des nukleären Farnesoid-X-Rezeptors (FXR) wie Obeticholsäure (OCA). In einer Phase-II-Studie (FLINT) führte eine 72-wöchige Therapie mit OCA bei NASH-Patienten zu einer signifikanten Verbesserung der histologischen NASHKomponenten sowie des NAS und der Fibrose im Vergleich zu placebobehandelten Patienten [10]. Eine weitere vielversprechende Therapieoption zur Behandlung der NASH wird in PPAR-Agonisten gesehen, die durch Aktivierung von PeroxisomenProliferator-aktivierten Rezeptoren günstige Stoffwechseleffekte erzielen. In einer Phase-II-Studie wurden NASH-Patienten für 52 Wochen mit Elafibranor, einem PPAR-α/δ-Agonist, in unterschiedlicher Dosis behandelt. Elafibranor (120 mg/Tag) führte im Vergleich zu Placebo signifikant häufiger zu einer Verbesserung/Rückbildung von histologischen Kriterien der NASH ohne Fibroseprogression [11]. Eine Rückbildung der histologischen NASH-Komponente Ballonierung und keine Verschlechterung der Fibrose konnte signifikant häufiger durch den Glucagon-like-Peptide-1 (GLP1)Rezeptoragonisten Liraglutid im Vergleich zu Placebo in einer Phase-II-Studie (LEAN) bei NASH-Patienten erzielt werden [12]. Für diese Substanz besteht neben der Zulassung für die Behandlung des Typ-2-Diabetes bereits auch eine Zulassung zur Behandlung der Adipositas bzw. des Übergewichts mit Komplikationen. Aramchol beeinflusst als Fettsäure-Gallensäure-Konjugat hepatische Signalwege des Lipidstoffwechsels und wird gegenwärtig in einer Phase-II-Studie (ARREST) bei NASHPatienten evaluiert. Nor-Ursodesoxycholsäure zeigte in präklinischen Studien antiinflammatorische und anti-fibrotische Effekte und wird gegenwärtig in einer Phase-IIStudie bei NASH-Patienten untersucht (NUC-4/NAS). Ergebnisse einer Phase-IIStudie (CENTAUR) zur Behandlung von NASH-Patienten mit Cenicriviroc zeigten, dass dieser duale Chemokinrezeptor-2/-5-Antagonist im Vergleich zu Placebo zu einer signifikanten Verbesserung der Fibrose und keiner Verschlechterung der Steatohepatitis führt. Da Apoptose eine zentrale Rolle in der Krankheitsprogression der NASH spielt, könnte sich die Inhibition von Caspasen, den Schlüsselenzymen der Apoptose, als weitere zukünftige Therapieoption bei NASH erweisen. Gegenwärtig wird der Caspase-Inhibitor Emricasan in einer Phase-II-Studie bei NASH-Patienten evaluiert (NCT02686762). 57 Für einige der oben genannten Substanzen, wie z. B. Elafibranor oder OCA, wurde bereits eine Phase-III-Studie initiiert. Es ist deshalb anzunehmen, dass zukünftig auch für die Behandlung der NASH spezifisch wirksame Therapieansätze zur Verfügung stehen werden. Bis zu deren Zulassung bleibt jedoch derzeitig nur die Behandlung der NASH durch Lebensstilmodifikationen und die Überwachung der Patienten bezüglich der Entwicklung von Komplikationen. Literatur: 1. Younossi ZM, Blissett D, Blissett R, Henry L, Stepanova M, Younossi Y, et al. The economic and clinical burden of nonalcoholic fatty liver disease in the United States and Europe. Hepatology. 2016;64(5):1577–86. 2. Leite NC, Salles GF, Araujo AL, Villela-Nogueira CA, Cardoso CR. Prevalence and associated factors of non-alcoholic fatty liver disease in patients with type-2 diabetes mellitus. Liver Int. 2009;29(1):113–9. 3. Roeb E, Steffen HM, Bantel H, Baumann U, Canbay A, Demir M, et al. S2kLeitlinie nicht alkoholische Fettlebererkrankungen. Z Gastroenterol. 2015;53(7): 668–723. 4. Machado MV, Cortez-Pinto H. Non-invasive diagnosis of non-alcoholic fatty liver disease. A critical appraisal. J Hepatol. 2013;58(5):1007–19. 5. Ekstedt M, Hagström H, Nasr P, Fredrikson M, Stål P, Kechagias S, et al. Fibrosis stage is the strongest predictor for disease-specific mortality in NAFLD after up to 33 years of follow-up. Hepatology. 2015;61(5):1547–54. 6. Angulo P, Hui JM, Marchesini G, Bugianesi E, George J, Farrell GC, et al. The NAFLD fibrosis score: a noninvasive system that identifies liver fibrosis in patients with NAFLD. Hepatology. 2007;45(4):846–54. 7. Wong VW, Vergniol J, Wong GL, Foucher J, Chan HL, Le Bail B, et al. Diagnosis of fibrosis and cirrhosis using liver stiffness measurement in nonalcoholic fatty liver disease. Hepatology. 2010;51(2):454–62. 8. Kleiner DE, Brunt EM, Van Natta M, Behling C, Contos MJ, Cummings OW, et al. Design and validation of a histological scoring system for nonalcoholic fatty liver disease. Hepatology. 2005;41(6):1313–21. 9. Vilar-Gomez E, Martinez-Perez Y, Calzadilla-Bertot L, Torres-Gonzalez A, GraOramas B, Gonzalez-Fabian L, et al. Weight loss through lifestyle modification significantly reduces features of nonalcoholic steatohepatitis. Gastroenterology. 2015;149(2):367–78.e5 10. Neuschwander-Tetri BA, Loomba R, Sanyal AJ, Lavine JE, Van Natta ML, Abdelmalek MF, et al. Farnesoid X nuclear receptor ligand obeticholic acid for non-cirrhotic, non-alcoholic steatohepatitis (FLINT): a multicentre, randomised, placebo-controlled trial. Lancet. 2015;385(9972):956–65. 11. Ratziu V, Harrison SA, Francque S, Bedossa P, Lehert P, Serfaty L, et al. Elafibranor, an agonist of the peroxisome proliferator-activated receptor-α and -δ, induces resolution of nonalcoholic steatohepatitis without fibrosis worsening. Gastroenterology. 2016;150(5):1147–59.e5. 12. Armstrong MJ, Gaunt P, Aithal GP, Barton D, Hull D, Parker R, et al. Liraglutide safety and efficacy in patients with non-alcoholic steatohepatitis (LEAN): a multicentre, double-blind, randomised, placebo-controlled phase 2 study. Lancet. 2016;387(10019):679–90. 58 Ernährung im Alter J. Ockenga Innere Medizin II, Gesundheit Nord, Klinikum Bremen-Mitte Aufgrund der demografischen Entwicklung steigt in der Gastroenterologie der Anteil der älteren Patienten sowohl in der Praxis als auch in der Klinik. Die Gastroenterologie ist ein Fach, in dem sich „naturgemäß“ viele Patienten mit Störungen der Ernährung finden. Das Risiko einer Ernährungsstörung erhöht sich mit zunehmendem Alter nochmals und führt häufig zu einer Fehl- bzw. Mangelernährung. Eine Mangelernährung ist ein unabhängiger Risikofaktor für eine erhöhte Morbidität und Mortalität und bedarf daher einer eigenständigen therapeutischen Beachtung in der Betreuung der Patienten. Die postulierten Mechanismen, über die ein schlechter Ernährungszustand zu einer ungünstigen Prognose im Krankheitsverlauf führen kann, sind: – Beeinträchtigung des Immunsystems mit Infektionsanfälligkeit, – Beeinträchtigung der gastrointestinalen Barriere mit systemischer Inflammation, – Muskelschwäche mit Fall- und Frakturneigung, verlängerten Beatmungszeiten in der Intensivmedizin, verzögerter Rekonvaleszenz nach Trauma und Operation, – verzögerte Wundheilung. 59 Besondere Bedeutung hat der Verlust der Muskelmasse und daher der funktionellen Reserve, die insbesondere im Alter bei hypokalorischer Ernährung und/oder Immobilisation ausgeprägt und nur schwer reversibel ist. Daher sollte frühzeitig und präventiv einer adäquaten Ernährungstherapie der notwendige Stellenwert beigemessen werden. Initialer Schritt muss die Suche nach behebbaren Ursachen einer reduzierten Nahrungsaufnahme sein. Hierbei sind auch Probleme außerhalb des primären gastroenterologischen Fokus, wie z. B. Probleme mit dem Kauapparat oder künstlichem Gebiss oder auch psychososziale Ursachen wie Vereinsamung und Depression, zu beachten. 60 Primärer therapeutischer Ansatz ist eine ausreichende Kalorien- und Eiweißzufuhr. Anhaltspunkt ist hier ca. 25–30 kcal/kg KG/Tag und 1,2–1,5 g/kg KG/Tag. Grundsätzlich sollte – bei gegebener Indikation – eine Ernährungstherapie einem Stufenschema folgen, bei dem die künstliche Ernährung erst dann zum Einsatz kommt, wenn die Deckung des Nährstoffbedarfs durch Diätberatung, Unterstützung bei der Nahrungszubereitung und -zufuhr oder durch Modifikation der „üblichen“ Kost nicht mehr gewährleistet ist. Das Potenzial der Verbesserung der Nahrungszufuhr durch diätetische Modifikationen wird im Allgemeinen unterschätzt. So kann die Energiezufuhr allein durch Verwendung natürlicher, energiedichter Substrate (Sahne, Öl, Butter) sowie Zwischenmahlzeiten und Snacks um 35% erhöht werden (Ödlund 2003). Wenn eine künstliche Ernährung indiziert ist, sollte die enterale Ernährung gegenüber der parenteralen Ernährung als physiologischerer Zugangsweg mit geringerem metabolischem Risikoprofil, geringerem Infektionsrisiko und günstigerem Effekt auf die intestinale Mukosa bevorzugt werden. Nicht zuletzt ist die enterale Ernährung deutlich kostengünstiger als die parenterale Ernährung. 61 Ein besonderer Aspekt einer Ernährung des alten Patienten besteht bei Vorliegen einer fortgeschrittenen Demenz. Hier ist die Indikation zu einer invasiven Ernährung (z. B. PEG oder ZVK) sehr zurückhaltend zu stellen. Prospektive Studien haben hier keinen Vorteil gezeigt. 62 Anämie im Alter C. Maaser Ambulanzzentrum Gastroenterologie, Klinik für Geriatrie, Städtisches Klinikum Lüneburg Je nach Studie liegt die Prävalenz der Anämie im Alter, definiert als ein Hb-Wert < 12 g/dl, im Alter > 65 Jahre, zwischen 20 und > 50%. Somit handelt es sich zunächst einmal um ein häufiges Ereignis. Da eine Anämie im Alter u. a. zu einer Zunahme von Störungen der kognitiven Funktionen, depressiven Verstimmungen, Benommenheit, Schwindel und Zunahme von Restless-Legs-Syndromen führt, handelt es sich nicht nur um ein zahlenmäßig häufiges Phänomen, sondern auch um ein relevantes Problem. Zu den aus gastroenterologischer Sicht wichtigen Ursachen der Anämie im Alter sind die Malnutrition und die Malabsorption sowie der Blutverlust im oberen und unteren Gastrointestinaltrakt zu nennen. Ein weiteres wichtiges Gebiet sind chronische Erkrankungen wie chronische Niereninsuffizienz und Leberfunktionsstörungen sowie chronische Entzündungen, wobei hier speziell für das höhere Lebensalter das Vorliegen von Inflammaging, ein Zustand erhöhter Spiegel von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-1, IL-6 und TNF als mitursächlich beschrieben und diskutiert wird. Wichtig zu berücksichtigen ist, dass in Untersuchungen bei Patienten > 65 Jahre in bis zu 40% mehr als 1 Ursache für die bestehende Anämie vorliegt. Der Einfachheit halber, sowohl was die Diagnostik als auch die sich hieraus ergebende Therapie betrifft, sollte zunächst ein Ausschluss von Mangelzuständen wie Eisen, Folsäure und Vitamin B12 erfolgen. Zur Evaluation des Eisenspeichers sollte neben dem Ferritin im Serum die Transferrinsättigung bestimmt werden, da das Vorliegen chronisch entzündlicher Zustände u. a. durch vermehrt gebildetes Hepcidin falschnormale Ferritinwerte vortäuschen kann. Weitere Parameter, die eine noch differenziertere Betrachtung erlauben, sind der Hämoglobin (Hb)-Gehalt der Retikulozyten und der Retikulozyten-Produktionsindex. Liegt nun ein Vitamin-B12- und/oder Eisenmangelzustand vor, stellt sich als Gastroenterologe die Frage nach der Notwendigkeit zur endoskopischen Diagnostik. Grundsätzlich sind natürlich alle endoskopischen Verfahren auch im höheren Lebensalter 63 durchführbar. Jedoch sollte bedacht werden, dass Komplikationen im höheren Lebensalter zu wesentlich weiter reichenden Konsequenzen für den Patienten führen können. So ist das im Alter ohnehin erhöhte Sturzrisiko durch eine Sedierung noch weiter erhöht. Kommt es im höheren Lebensalter zu einem Sturz, bedingt dies als Komplikation nicht selten eine Fraktur. Auch sollte vorher ausführlich geklärt sein, welche Medikamente wann genommen oder eventuell auch pausiert werden sollten. Längere Phasen von Immobilität oder unzureichender Nahrungsaufnahme sollten unbedingt vermieden werden, um eine ohnehin vorliegende Sarkopenie und eine nicht selten vorliegende Mangelernährung zu verstärken. Für den Fall eines guten peri-interventionellen Managements konnte gezeigt werden, dass selbst komplexere Eingriffe wie ERCPs auch im höheren Lebensalter gut durchgeführt werden können. Vor jeder Untersuchung sollte jedoch immer die Frage geklärt werden, ob aus den Ergebnissen der Untersuchung überhaupt Konsequenzen gezogen werden. Neben der individuellen Behandlung von spezifischen Erkrankungsursachen sollten natürlich Mangelzustände behoben werden, wobei die Folsäuresubstitution in der Regel oral, die Vitamin-B12-Gabe, je nach Ursache, jedoch ggf. subkutan. oder intramuskulär erfolgen sollte. Bei der Eisensubstitution sollte bedacht werden, dass bei Vorliegen chronischer Entzündungen die intestinale Aufnahme von Eisen durch die vermehrte Hepcidin-Produktion eingeschränkt sein könnte. Zudem führt orales Eisen nicht selten zu gastrointestinalen Nebenwirkungen und steigert die ohnehin häufig schon nicht geringe Anzahl der einzunehmenden Tabletten. Eine Infusion von Eisen stellt daher in vielen Fällen die bessere Therapie dar, die zudem rascher zu einem Erfolg führt. Die Gabe von Erythrozytenkonzentraten sollte aufgrund multipler negativer Einflüsse wenn möglich vermieden werden. Zusammengefasst stellt die Anämie im höheren Lebensalter ein sehr häufiges Problem dar, dessen Behebung zu relevanten Veränderungen u. a. der Lebensqualität und der Hospitalisierungsrate führt und somit sehr lohnenswert ist. 64 Medikamente in der Gastroenterologie bei betagten Patienten – kritischer pharmakologischer Blick M. Wehling Zentrum für Gerontopharmakologie, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg Ältere Patienten sind die Hauptnutzer von Arzneimitteln. Naturgemäß steigt mit der Zahl der Diagnosen bei älteren Patienten auch die Anzahl der verordneten Medikamente. Nach einer amerikanischen Studie nehmen Patienten (älter als 65 Jahre) in etwa der Hälfte der Fälle 5 und mehr Arzneimittel und in 12% der Fälle sogar mehr als 10 Arzneimittel ein. Ein einfacher Erklärungsansatz für diese Polypharmazie besteht in der Leitlinienadhärenz der Ärzte, die ihnen ja als erstrebenswertes Ziel mit normativem Charakter überall angeraten wird: Jede Leitlinie empfiehlt etwa 3 Arzneimittel. Über 80-jährige Patienten haben im Schnitt etwa 3,5 Diagnosen. Hieraus ergibt sich eine Arzneimittelzahl von 3 mal 3, also etwa 10 Arzneimitteln pro Patient in diesem hohen Lebensalter, was leider auch der Realität entspricht. Allerdings gibt es aufgrund der großen Heterogenität der Hochbetagten und der mangelhaften Datenlage gar keine Leitlinien für dieses Alterskollektiv. Daher sind auch keine Leitlinienübertretungen nötig, um zu einer rationaleren Therapie im hohen Alter zu kommen. Dieses Problem ist z. B. auch oder gerade für die Obstipation im höheren Lebensalter relevant. Ihre Prävalenz steigt von etwa 15% in der Bevölkerung je nach Studie auf bis zu 30% bei den über 84-Jährigen und sogar auf 80% in Pflegeheimen an. Obstipation ist also eine Alterserkrankung, die durch die oben erwähnte Polypharmazie, die oft obstipationsauslösende Substanzen enthält, aber auch durch Immobilisierung, andere Erkrankungen wie Parkinson oder Schlaganfall und Mangel-/Fehlernährung ausgelöst wird. Die Therapieansätze müssen diese sehr multifaktorielle Auslösung der Obstipation berücksichtigen und sind daher in jedem Fall multimodal. Die wichtigsten obstipationsfördernden Arzneimittel sind häufig bei älteren Patienten zu finden: nicht-steroidale Antiphlogistika, Opiate, Anticholinergika (fast alle anderen ZNS-wirksamen Medikamente, insbesondere Trizyklika, zahlreiche Antikonvulsiva, Parkinsonmittel), Kalziumantagonisten (insbesondere Verapamil), Kalziumsubstitution mit Tabletten und Diuretika (Eindickung durch Dehydratation). In der Therapie stehen 65 daher die Elimination dieser Arzneimittel und der Ersatz durch bessere (z. B. nach FORTA-Kriterien, s. u.) sowie die Behandlung und Verbesserung der anderen Auslöser im Vordergrund. In der Therapie der Obstipation sind vor allem Macrogol und Lactulose (letztere mit leichten Einschränkungen) als FORTA-A-Mittel zu präferieren, auch in der Prophylaxe der Opiat-induzierten Obstipation. Ein weiteres Problem stellt die oft unkritische Verordnung von Protonenpumpenhemmern dar (70% Übertherapie), die bei chronischer Einnahme die Osteoporose, pulmonale und abdominale Infektionen sowie die Auslösung von Herzinfarkten fördern. Zusammen mit den noch nicht sicher etablierten Auswirkungen auf eine Demenz betreffen diese Nebenwirkungen altersrelevante Probleme. Die Besonderheiten in der Arzneimitteltherapie des alten Patienten sollten insgesamt jedoch nicht dazu verleiten, dieser hochrelevanten Zielgruppe hoffnungsvolle medikamentöse Therapieansätze vorzuenthalten. Wichtig ist es, sich auf essenzielle Therapien zu konzentrieren und somit die Zahl der Medikamente, wenn möglich, zu vermindern. Hierzu wurde eine neuartige Bewertung von Arzneimitteln nach ihrer Alterstauglichkeit (FORTA-Klassifikation) entwickelt (A: unbedingt geben; D: unbedingt vermeiden; B: in der Regel geben, es sei denn, dass Polypharmazie- oder Unverträglichkeitsgesichtspunkte dagegen sprechen; C: nur ausnahmsweise geben). Diese sollte auch eingesetzt werden, um bei Patienten mit Polypharmazie überflüssige oder gar schädliche Arzneimittel zu identifizieren und zu ersetzen. Insgesamt sollte die Arzneimitteltherapie mit zunehmendem Alter immer intensiver individualisiert werden. Leitlinienkonformität ist dabei oft nicht möglich, aber auch nicht zwingend erforderlich, da die Leitlinien für diese Altersgruppe meist keine Evidenzgrundlage besitzen. Neben Kriterien wie FORTA sind bei diesem Optimierungsprozess das Patientenassessment, die Gesamtperspektive und vor allem die Lebensqualität wichtig. Gerade zu letzterem Aspekt trägt eine erfolgreiche Obstipationstherapie maßgeblich bei. 66 Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen M.J. Bahr Medizinische Klinik I, Sana Kliniken Lübeck GmbH Die Leberverfettung ist der häufigste pathologische Befund in der klinischhepatologischen Praxis. Progrediente Verläufe sind mit dem Risiko einer Leberzirrhose und der Entwicklung hepatozellulärer Karzinome assoziiert. Daher gilt es, Risikopatienten zu identifizieren und einer entsprechenden Überwachung und Therapie zuzuführen. Definitionen Histologisch ist die Leberverfettung als eine Anreicherung von Lipidtröpfchen in mehr als 5% der Hepatozyten definiert. Bei nicht-alkoholischer Genese wird dies als nichtalkoholische Fettleber (NAFL) bezeichnet. Als Komplikation kann es zu einer Reaktion mit gemischtzellig-entzündlichem, lobulärem Infiltrat sowie zur Ballonierung der Hepatozyten kommen (nicht-alkoholische Steatohepatitis, NASH). Insgesamt bezeichnet man die unkomplizierte Fettleber (NAFL) und die Fettleberhepatitis (NASH) als nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) [12]. Differenzialdiagnose Hauptursachen der Leberverfettung sind einerseits die zunehmende Prävalenz der Adipositas mit Ausbildung eines metabolischen Syndroms und andererseits der übermäßige Alkoholkonsum. Davon abzugrenzen sind seltenere Ursachen einer Fettleber (Tab. 1). 67 Toxine, Alkohol, Umwelttoxine (Schwermetalle), berufliche Toxine, Medikamente Amiodaron, Tamoxifen, Steroide, MTX, Valproat, HAART, Chemotherapie etc. Insulinresistenz, Übergewicht, metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus, endokrine Morbus Cushing, Hypothyreose, polyzystische Ovarien, Störungen Hypogonadismus, Hypophyseninsuffizienz Lipidstoffwechsel- Hypertriglyzeridämie, Abeta-/Hypobetalipoproteinämie, störungen LAL-Mangel (Morbus Wolman, CESD), LCAT-Mangel Fehlernährung total parenterale Ernährung, jejunoilealer/gastrischer Bypass, schwere Hungerdystrophie, Bulimie Andere Hepatitis C (Genotyp 3), Morbus Wilson, Glykogenose Typ I/Typ IV, Sprue, bakterielle Überwucherung, Schwangerschaftsfettleber, Reye-Syndrom Tab. 1: Differenzialdiagnose der Fettleber Bereits ab einer regelmäßig konsumierten Alkoholmenge von 10 g/Tag bei Frauen und 20 g/Tag bei Männern besteht das Risiko einer signifikanten Leberschädigung [9]. Die Alkoholeffekte auf die Leber sind dosisabhängig, weisen aber eine große interindividuelle Variabilität auf. Die aktuelle EASL-Leitlinie sieht zum Ausschluss einer alkoholischen Lebererkrankung Grenzen von maximal von 20 g/Tag bei Frauen und 30 g/Tag bei Männern vor [6]. Basis für die Diagnose einer alkoholischen Lebererkrankung ist die Anamnese. Für die gezielte Erhebung eines Risikoverhaltens stehen standardisierte Instrumente, z. B. AUDIT (Alcohol Use Disorders Inventory Test), zur Verfügung [7]. Laborchemisch sprechen ein erhöhtes MCV und ein AST/ALT-Quotient > 1 für das Vorliegen eines signifikanten Alkoholkonsums. Diese haben auch Eingang in den ALD/NAFLD-Index (ANI) gefunden, der mit guter Sensitivität und Spezifität zwischen alkoholischer und nicht-alkoholischer Lebererkrankung differenziert [4]. Trotz gradueller Unterschiede verschiedener histologischer Parameter ist eine sichere bioptische Trennung der alkoholischen von der nicht-alkoholischen Fettleber in der Regel nicht möglich [10]. Epidemiologie Entsprechend einer aktuellen Metaanalyse liegt die Prävalenz der NAFLD in der erwachsenen Bevölkerung global um 25%, wobei regional deutliche Unterschiede 68 bestehen. Die höchste Prävalenz findet sich im mittleren Osten und in Südamerika, während sie in Afrika am niedrigsten ist. Europa weist eine Prävalenz der nichtalkoholischen Fettleber von 24% auf. Sie steigt mit dem Alter und ist eng mit dem metabolischen Syndrom assoziiert [13]. Natürlicher Verlauf Der natürliche Verlauf der nicht-alkoholischen Fettleber hängt wesentlich davon ab, ob zusätzlich zur Verfettung eine Steatohepatitis vorliegt. Während die alleinige NAFL nicht progredient verläuft, führt die NASH zur Fibrosierung bis hin zur Fettleberzirrhose und ist bei Vorliegen einer Fibrose mit der Entwicklung hepatozellulärer Karzinome (HCC) assoziiert [11]. Das Vorliegen einer NASH hat eine Übersterblichkeit gegenüber Vergleichspopulationen zur Folge [1]. Dabei sind Malignome und kardiovaskuläre Komplikationen die führenden Todesursachen, gefolgt von Leber-assoziierten Todesfällen. In den letzten Jahren hat die Inzidenz des Fettleber-assoziierten HCC deutlich zugenommen, sodass die Steatosis hepatis aktuell die wichtigste HCCÄtiologie darstellt [5]. Bei der Hälfte der Patienten liegt dabei noch keine Leberzirrhose vor. Insgesamt ist bei NASH von einer HCC-Inzidenz von 5,3/1000 Patientenjahren auszugehen [13]. Diagnostik Die Diagnose einer Steatosis hepatis wird in der Regel bildgebend gestellt. Zum Screening wird die Darstellung mittels Ultraschall empfohlen [9]. Für die weitere Differenzierung zwischen NAFL und NASH sind bildgebende Methoden nicht geeignet. Auch die Routinelaborparameter liefern als Einzelwerte keine zuverlässigen Ergebnisse. Der Goldstandard zur Risikostratifizierung ist die Leberhistologie. Zur Vermeidung der invasiven Diagnostik wird zunächst die Ermittlung des NAFLD-FibrosisScores (NFS) empfohlen [2] (Tab. 2). Werte unterhalb von -1,455 zeigen ein niedriges Fibroserisiko an, Werte oberhalb von 0,676 entsprechen einer signifikanten Fibrose. Zwischen -1,455 und 0,676 wird zur Risikostratifizierung die Durchführung einer Elastografie empfohlen [9]. Sollte diese nicht zur Verfügung stehen oder nicht hinreichend sein, kann die Durchführung einer Leberbiopsie erwogen werden. 69 Tab. 2: NAFLD-Fibrosis-Scores (NFS) [2] NFS = -1,675 + 0,037 Alter [J] + 0,094 BMI [kg/m2] + 1,13 IFG/Diabetes [ja = 1, nein = 0] + 0,99 AST/ALT - 0,013 Thrombozyten [x 109/l] - 0,66 Albumin [g/dl] IFG = gestörte Glukosetoleranz Bei Nachweis einer Leberzirrhose ist ein entsprechendes Staging einschließlich der Evaluation von Komplikationen der portalen Hypertension indiziert. Da bei Fibrose auch schon in präzirrhotischen Stadien das HCC-Risiko erhöht ist, wird eine halbjährliche sonografische Überwachung empfohlen [8]. Diese kann durch AFP-Messungen ergänzt werden. Management Die Basis der Behandlung einer Fettlebererkrankung liegt in der Modifikation des Lebensstils [9]. Es gibt keine spezifische Fettleberdiät. Die Ernährung sollte das Ziel einer moderaten Gewichtsreduktion in den Normbereich verfolgen. Ein besonderes Risiko stellen kurzkettige Kohlenhydrate (insbesondere auch Fructose) dar, die zugunsten einer ausgewogenen Mischkost (z. B. mediterrane Kost) ausgetauscht werden sollten. Dies sollte von regelmäßiger körperlicher Aktivität begleitet sein. Als anzustrebende Größenordnung gelten hier 5 x 30 Minuten ausdauernde Bewegung pro Woche. Vergleichsstudien haben aber auch einen positiven Effekt durch Krafttraining nachgewiesen. Weitere Kofaktoren wie Alkoholkonsum oder Rauchen sind geeignet eine Fettlebererkrankung zu verschlechtern und sollten vermieden werden. Die konsequente Durchführung einer Lebensstilintervention kann bereits innerhalb weniger Wochen zu einer substanziellen Verminderung des hepatischen Fettanteils und zu einer Verbesserung der laborchemischen Parameter führen [3]. Parallel gilt es, begleitende Komorbiditäten wie den Diabetes mellitus oder einen gestörten Fettstoffwechsel zu behandeln. Insbesondere der Gebrauch von Statinen stellt kein zusätzliches Risiko dar und ist für die kardiovaskulären Risiken positiv zu bewerten [6]. Spezifische medikamentöse Interventionen zur Behandlung der NAFLD werden intensiv in Studien untersucht. Die deutsche Leitlinie empfiehlt diese nur innerhalb von kontrollierten Studien [9]. In der europäischen Leitlinie werden auf dem Boden einer 70 schwachen Evidenzlage der Off-Label-Gebrauch von Pioglitazon oder Vitamin E benannt [6]. Im Rahmen der morbiden Adipositas hat die bariatrische Chirurgie positive Effekte auf die NAFLD. Bei dekompensierter Leberzirrhose oder HCC kommt die Lebertransplantation zum Einsatz. Literatur: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. Adams LA, Lymp JF, St Sauver J, Sanderson SO, Lindor KD, Feldstein A, et al. The natural history of nonalcoholic fatty liver disease: a population-based cohort study. Gastroenterology. 2005;129(1):113–21. Angulo P, Hui JM, Marchesini G, Bugianesi E, George J, Farrell GC, et al. 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Diagnostik, Staging und Risikoassessment Jede neu aufgetretene Dysphagie soll zeitnah durch eine diagnostische Ösophagogastroduodenoskopie abgeklärt werden. Bei Nachweis eines Barrett-Ösophagus sollen zusätzlich 4-Quadranten-Biopsien entnommen werden. Die Festlegung der Therapie beim Ösophaguskarzinom setzt ein subtil durchgeführtes Staging (abdominale und zervikale Sonografie, orale Endosonografie, Hals-/Thorax-/ Abdomen-Computertomografie, bei anatomischer Lagebeziehung zum Tracheobronchialsystem die Bronchoskopie) voraus, das auch funktionelle Untersuchungen zur Operabilität (Echokardiografie, Evaluation der Lungenfunktion, der Leberfunktion und des Ernährungszustands) beinhaltet. Da die Behandlung des Ösophaguskarzinoms ein hohes Maß an Interdisziplinarität verlangt, sind die Therapieempfehlungen in einer interdisziplinären Tumorkonferenz abzustimmen. Endoskopische Therapie der Frühkarzinome Die deutsche Leitlinie empfiehlt, dass bei Nachweis einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen Karzinoms (L0, V0, keine Ulzerationen, Grading G1/G2) im Barrett-Ösophagus eine endoskopische Resektion mit anschließender thermischer Ablation der nicht-neoplastischen Rest-Barrett-Schleimhaut durchgeführt werden soll. Bei Patienten mit oberflächlicher Submukosainfiltration 72 eines AC und ohne Risikokriterien (pT1sm1; < 500 µm Tiefeninvasion, L0, V0, G1/2, < 20 mm, keine Ulzerationen) kann die endoskopische Resektion eine ausreichende Alternative zur Operation sein. Beim SCC beschränkt sich die endoskopische Therapie wegen des frühzeitigeren Risikos einer Lymphknotenmetastasierung auf die mukosalen Stadien m1–m2. (Neo)Adjuvante Therapieverfahren Alleinige adjuvante Therapieverfahren nach kurativer Resektion stellen weder beim SCC noch beim AC des Ösophagus ein Standardverfahren dar. Beim lokoregional fortgeschrittenen AC des gastroösophagealen Übergangs und des distalen Ösophagus stehen als neoadjuvante Therapieverfahren die perioperative Chemotherapie oder die präoperative Radiochemotherapie zur Verfügung. Beim lokoregional fortgeschrittenen SCC des Ösophagus ist in der Regel eine multimodale Therapie mit präoperativer Radiochemotherapie durchzuführen: – Eine alleinige präoperative Strahlentherapie beim operablen Patienten mit einem resektablen Ösophaguskarzinom wird nicht empfohlen. – Bei lokalisierten AC des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs der Kategorie cT2 kann eine präoperative Chemotherapie durchgeführt und postoperativ fortgesetzt werden. – Beim operablen Patienten mit AC des Ösophagus oder des ösophagogastralen Übergangs der Kategorie cT3 und bei resektablen cT4-Tumoren soll eine perioperative Chemotherapie oder eine präoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden. – Die Durchführung einer alleinigen neoadjuvanten Chemotherapie ohne simultane Radiotherapie beim SCC des Ösophagus wird nicht empfohlen. – Bei operablen Patienten mit einem SCC des Ösophagus der Kategorie cT2 kann eine präoperative Radiochemotherapie mit anschließender kompletter Resektion durchgeführt werden. – Bei operablen Patienten mit einem SCC des Ösophagus der Kategorie cT3 und bei resektablen cT4-Tumoren soll eine präoperative Radiochemotherapie mit anschließender kompletter Resektion durchgeführt werden. – Bei Patienten mit lokalisiertem SCC des zervikalen Ösophagus sollte die definitive Radiochemotherapie gegenüber der primären chirurgischen Resektion bevorzugt durchgeführt werden. 73 Die definitive Radiochemotherapie des lokoregional fortgeschrittenen Ösophaguskarzinoms stellt bei funktioneller Inoperabilität des Patienten oder Ablehnung der Operation durch den Patienten eine Alternative zur Resektion dar. Palliative Therapie der Ösophaguskarzinome Aufgrund des Leitsymptoms Dysphagie haben endoskopische Verfahren (z. B. Bougierung, Stent) einen hohen Stellenwert in der palliativen Therapie des Ösophaguskarzinoms. Verfahren wie Chemotherapie oder Radiotherapie müssen besonders bei Patienten mit SCC die meist vorhandenen Komorbiditäten berücksichtigen. Vor dem Einsatz einer Chemotherapie sollte der HER-2-Status als positiver prädiktiver Faktor bei AC für eine zusätzliche Therapie mit Trastuzumab bestimmt werden. Standard ist ansonsten eine systemische Platin-/Fluoropyrimidin-haltige Kombinationstherapie. Als Substanzen kommen entweder Cisplatin oder Oxaliplatin zum Einsatz. Im Rahmen von 5-Fluorouracil-basierten Kombinationstherapien zeigt Irinotecan eine dem Cisplatin vergleichbare Wirksamkeit und kann deshalb alternativ gegeben werden. Ist eine Docetaxel-basierte Dreifachkombination indiziert, sollten modifizierte Schemata dem klassischen DCF-Regime vorgezogen werden, da das DCF-Regime mit einer erhöhten Toxizität assoziiert ist. 74 S2k-Leitlinie: Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit W. Fischbach Medizinische Klinik II, Klinikum Aschaffenburg-Alzenau, Aschaffenburg Leitlinien sollen auf der Basis der besten verfügbaren Evidenz einen Handlungskorridor zum Umgang mit einer Erkrankung aufzeigen. Angesichts sich wandelnder epidemiologischer Umstände, der sich ändernden Resistenzlage und der daraus resultierenden therapeutischen Implikationen sowie auch neuer Kenntnisse zur Indikation einer Keimeradikation ist in regelmäßigen Intervallen eine Anpassung der Leitlinien erforderlich. Vor diesem Hinter-grund wurde die deutsche S3-Leitlinie „Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit” aus dem Jahr 2009 [1] aktualisiert und im April 2016 publiziert [2]. Nachfolgend werden die wichtigsten Empfehlungen zur Diagnostik einer H. pylori-Infektion sowie zu Indikationen für eine Eradikationsbehandlung und deren Durchführung vorgestellt. Diagnostik der H. pylori Eradikation Die Diagnose einer aktuellen H. pylori-Infektion kann mit vergleichbarer Sensitivität und Spezifität durch nicht-invasive Tests (Harnstoff-Atemtest, Stuhl-Antigentest) oder invasive Methoden (Urease-Schnelltest, Histologie) gestellt werden. In der Praxis gilt es jedoch einige Besonderheiten zu berücksichtigen. So sind Atem- und Stuhltest bei Erwachsenen nicht für die Diagnostik, sondern nur zur Erfolgskontrolle der Eradikationsbehandlung zugelassen. Auch werden für eine zuverlässige Diagnose der Infektion 2 positive Testergebnisse gefordert (Ausnahme: Ulcus duodeni). Hingegen wird die alleinige Histologie mit Nachweis von H. pylori und einer chronisch aktiven Gastritis als ausreichend betrachtet. Gleiches gilt für die Kultur, die indessen in der Praxis meist nur im Zusammenhang mit einer Resistenzbestimmung Anwendung findet. Der Antikörpernachweis in Serum, Speichel oder Urin ist für die klinische Diagnostik ungeeignet. Indikationen zur H. pylori Eradikation Abbildung 1 fasst auf einen Blick die Indikationen für eine Eradikation zusammen. Sie folgt dabei der Leitlinienterminologie und unterscheidet zwischen „Soll-“ (starke 75 Empfehlung), „Sollte-“ (Empfehlung) und „Kann-Empfehlung” (Empfehlung offen). Auch ist eine weitere Spalte hinzugefügt, in der gelistet ist, was nicht erfolgen sollten. Abb. 1: Indikationen zur H. pylori-Eradikation Bis zu 10% der Patienten mit funktioneller Dyspepsie (Reizmagen) werden durch eine erfolgreiche Keimeradikation längerfristig beschwerdefrei [3, 4]. Dies und die wenig Erfolg versprechenden Alternativen waren die Basis für die Kann-Empfehlung. Dagegen wird eine „Test-and-Treat”-Strategie für Deutschland vor dem Hintergrund der relativ geringen Durchseuchungsrate sowie der hohen Verfügbarkeit und der niedrigen Kosten einer Endoskopie explizit nicht empfohlen. Neu ist in der aktualisierten Leitlinie auch die Soll-Empfehlung für eine Untersuchung auf H. pylori und, bei Nachweis, für eine Eradikation bei Patienten, für die eine Dauermedikation mit nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) oder ASS ansteht, sofern sie eine Ulkusanamese aufweisen. Kommt es unter einer laufenden NSAR- oder ASSMedikation zu einer gastroduodenalen Blutung, soll ebenfalls auf H. pylori untersucht und ggf. behandelt werden. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass bei Einnahme dieser Substanzen und gleichzeitiger H. pylori-Infektion das Ulkusblutungsrisiko weiter ansteigt [5]. 76 Therapie der H. pylori-Infektion Große Aufmerksamkeit bis in die Boulevardpresse hinein hat eine Ende 2015 publizierte Netzwerk-Metaanalyse zur Wirksamkeit der verschiedenen Eradikationsprotokolle gefunden [6]. Danach hat die bislang übliche 7-tägige Tripel-Therapie nur eine Erfolgsrate von 73% – weniger als die in der Leitlinie [2] geforderten 80%. Die Therapieentscheidung hat zukünftig Risikofaktoren für eine primäre ClarithromycinResistenz zu berücksichtigen. Solche sind eine Herkunft aus Süd- oder Osteuropa und eine frühere Makrolid-Behandlung. Abhängig von der Wahrscheinlichkeit einer Clarithromycin-Resistenz erfolgt die Therapiewahl gemäß Abbildung 2. Geeignete Therapieprotokolle sind in Tabelle 1 dargestellt. Abb. 2: Therapiealgorithmus zur H. pylori-Eradikation (W. Fischbach et al. S2kLeitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Z Gastroenterol. 2016;54(4):327–63, mod. nach Abb. 2) 77 Name Linie Schema Dosierung Dauer Standard- 1°-Linie PPI* 1-0-1 7–14 Tage Triple-Therapie Clarithromycin 250–500 mg 1-0-1 (italienisch) Metronidazol 400–500 mg 1-0-1 PPI* 1-0-1 Triple-Therapie Clarithromycin 500 mg 1-0-1 (französisch) Amoxicillin 1000 mg 1-0-1 1-0-1 Standard- 1°-Linie Bismut-haltige 1°-Linie oder PPI** Vierfachtherapie** 2°-Linie nach Bismut-Kalium-Salz 140 mg Standard-TT Tetracyclin 125 mg 7–14 Tage 10 Tage 3-3-3-3 Metronidazol 125 mg Konkomittierende 1°-Linie Vierfachtherapie Fluorochinolon- 2°-Linie Triple-Therapie * PPI* 1-0-1 Clarithromycin 500 mg 1-0-1 Amoxicillin 1000 mg 1-0-1 Metronidazol 400–500 mg 1-0-1 PPI* 1-0-1 7 Tage 10 Tage Levofloxacin 500 mg/ Moxifloxacin 400 mg 1x1 Amoxicillin 1000 mg*** 1-0-1 Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg, Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Rabeprazol 20 mg. ** Fixe Kombination (Pylera®) zugelassen in Kombination mit Omeprazol 20 mg. *** bei Penicillinunverträglichkeit Rifabutin 150 mg 1-0-1. Tab. 1: Geeignete Therapieprotokolle (W. Fischbach et al. S2k-Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Z Gastroenterol. 2016;54(4):327–63, mod. nach Tab. 7. © Georg Thieme Verlag KG.) Die wichtigsten Praxistipps zum Management der H. pylori-Infektion Für eine Eradikationsbehandlung muss eine Indikation vorliegen und der Nachweis der Infektion geführt sein. Keine Diagnostik ohne therapeutische Konsequenz! Die Eradikation richtet sich gegen die H. pylori-Infektion und bereits bestehende oder zukünftige (präventiv) assoziierte Erkrankungen. Wichtige Schritte zu einer erfolgreichen Eradikationsbehandlung sind: – Aufklärung und Motivation des Patienten (Compliance ist entscheidend), – Entscheidung für ein Therapieprotokoll unter Berücksichtigung möglicher Risikofaktoren für eine Clarithromycin-Resistenz (siehe Abb. 2), – klare Instruktion, wie die Tabletten einzunehmen sind (je komplexer die Therapie, umso wichtiger). 78 Eine Kontrolle des Eradikationserfolgs ist, unabhängig von der Indikation zur Behandlung, anzustreben. Die Kontrolle erfolgt frühestens 4 Wochen nach einer Eradikationsbehandlung oder sonstigen antibiotischen Therapie bzw. 2 Wochen nach Absetzen des PPI. Die Erfolgskontrolle erfolgt mittels Atem- oder Stuhltest oder im Rahmen einer Kontrollendoskopie, wenn diese aus anderen Gründen indiziert ist. Nach dokumentiertem Eradikationserfolg braucht es keine weiteren routinemäßigen Kontrollen. Literatur: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Fischbach W, Malfertheiner P, Hoffmann JC, Bolten W, Bornschein J, Götze O, et al. S3-guideline "helicobacter pylori and gastroduodenal ulcer disease" of the German society for digestive and metabolic diseases (DGVS) in cooperation with the German society for hygiene and microbiology, society for pediatric gastroenterology and nutrition e. V., German society for rheumatology, AWMF-registration-no. 021/001. Z Gastroenterol. 2009;47(12):1230–63. Fischbach W, Malfertheiner P, Lynen Jansen P, Bolten W, Bornschein J, Buderus S, et al. S2k Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Z Gastroenterol. 2016;54(4):327–63. Zhao B, Zhao J, Cheng WF, Shi WJ, Liu W, Pan XL, et al. Efficacy of Helicobacter pylori eradication therapy on functional dyspepsia: a meta-analysis of randomized controlled studies with 12-month follow-up. J Clin Gastroenterol. 2014;48(3): 241–7. Xu S, Wan X, Zheng X, Zhou Y, Song Z, Cheng M, et al. 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Die Steinbildung wird auf exogene Faktoren (insbesondere hochkalorische, kohlenhydratreiche Ernährung und Bewegungsmangel) und genetische Risikofaktoren zurückgeführt. Genetische Defekte wie die ABCB4-Defizienz (Low Phospholipid-Associated Cholelithiasis = LPAC-Syndrom) prädisponieren zur Bildung cholesterinreicher brauner extra- und intrahepatischer Gallengangsteine sowie zum Gallenblasenkarzinom. Pro Jahr entwickeln 2% der Steinträger Koliken, die ein erhöhtes Risiko für biliäre Komplikationen wie Cholezystitis, Cholangitis oder Pankreatitis anzeigen. Die akute Cholezystitis ist eine Indikation zur frühzeitigen laparoskopischen Cholezystektomie, die innerhalb von 24 Stunden nach stationärer Aufnahme erfolgen sollte (ACDCStudie). Besteht aufgrund der in Tabelle 1 zusammengefassten Kriterien eine mittlere Wahrscheinlichkeit von Gallengangsteinen, so soll vor einer Cholezystektomie eine Endosonografie (oder eine MRCP) durchgeführt werden. Die Sensitivität, Spezifität und Genauigkeit der Endosonografie liegen in der aktuellsten Metaanalyse mit 95%, 97% und 96% (nicht signifikant) oberhalb der MRCP (93%/96%/94%). Nach erfolgreicher endoskopischer Gallengangsanierung sollte bei Cholezystolithiasis möglichst innerhalb von 72 Stunden cholezystektomiert werden. Ansonsten beträgt das Risiko seitens der Gallenblase später eine Cholezystitis, einen Ikterus oder Komplikationen zu entwickeln mindestens 15%, wobei die meisten dieser Komplikationen bereits im ersten Monat auftreten. Bei biliärer Pankreatitis mit Cholestase/Ikterus oder Zeichen einer Cholangitis ist die ERC mit EPT mit Steinextraktion so rasch wie möglich erforderlich. Bei schwerer Pankreatitis mit Steinnachweis im Gallengang wird die ERC auch ohne Cholangitis möglichst früh nach Symptombeginn empfohlen. Ist die Ursache einer akuten Pankreatitis nicht zu klären, ist eine Endosonografie (oder alternativ eine MRCP) sinnvoll. 80 Die PONCHO-Studie hat belegt, dass die Cholezystektomie bei Patienten mit milder Pankreatitis (definiert durch die Abwesenheit von Organversagen, Nekrosen und peripankreatischer Flüssigkeit im CT) innerhalb desselben Krankenhausaufenthalts vorgenommen werden sollte. Bei einer OP im Intervall muss fast jeder fünfte Patient wegen Pankreatitis oder Cholezystitis wieder aufgenommen werden, und jeder zweite Patient erleidet biliäre Koliken während der Wartezeit auf die Operation. Dagegen wird bei Patienten mit schwerer nekrotisierender Pankreatitis die Operation erst nach klinischer Konsolidierung (frühestens nach etwa 6 Wochen) durchgeführt. Hohe Wahrscheinlichkeit einer simultanen Choledocholithiasis (> 50%) – sonografisch erweiterter extrahepatischer Gallengang (> 7 mm) + Hyperbilirubinämie + Erhöhung von γ-GT, AP, ALT oder AST oder – sonografischer Nachweis von Gallengangkonkrementen oder – klinische und laborchemische Kriterien einer aszendierenden Cholangitis Mittlere Wahrscheinlichkeit einer simultanen Choledocholithiasis (5–50%) – keine Kriterien für hohe oder niedrige Wahrscheinlichkeit Niedrige Wahrscheinlichkeit einer simultanen Choledocholithiasis (< 5%) – Gallengang normal weit (bis 7 mm) – Gesamtbilirubin, γ-GT, AP, ALT bzw. AST während der aktuellen Schmerzepisode nicht erhöht – Fehlen von Episoden mit biliärer Pankreatitis, acholischen Stühlen und/oder Urobilinogenurie bzw. Bilirubinurie in der aktuellen Vorgeschichte Tab. 1: Kriterien für eine simultane Choledocholithiasis bei Cholezystolithiasis 81 Eosinophile Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts A. Madisch Gastroenterologie, Interventionelle Endoskopie, Diabetologie, Akutgeriatrie, KRH Klinikum Siloah, Hannover Das Spektrum der eosinophilen Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts (EGID) umfasst mehrere Entitäten, wobei jedes Organ des Magen-Darm-Trakts Ausgangspunkt einer eosinophilen Erkrankung sein kann. Innerhalb der EGID unterscheidet man die primären Formen (eosinophile Ösophagitis, eosinophile Gastritis, Gastroenteritis/Kolitis) und sekundäre Formen, die infolge anderer Systemerkrankungen (z. B. Hypereosinophilensyndrom, Autoimmunerkrankungen, Morbus Crohn, Zöliakie) und infolge gastrointestinaler Infektionen (z. B. parasitär) oder Medikamentenassoziiert auftreten können. Den primären Formen ist gemeinsam, dass sie nur diagnostiziert werden, wenn die sekundären Formen ausgeschlossen sind. Die eosinophile Gastroenteritis/Kolitis ist sehr selten. Beide Geschlechter sind etwa gleich häufig betroffen, das mediane Erkrankungsalter liegt um das 40. Lebensjahr. Häufig ist eine allergische Diathese vorhanden. Als diagnostische Kriterien gelten das Vorhandensein gastrointestinaler Symptome, der Nachweis einer Gewebseosinophilie im Gastrointestinaltrakt und der Ausschluss anderer System- oder Infektionserkrankungen. Das klinische Erscheinungsbild ist variabel und kann abdominelle Schmerzen, Diarrhö mit/ohne Blutbeimengungen, Malabsorptionszeichen, intestinale Obstruktion und Aszites beinhalten. Die endoskopischen bzw. bildgebenden Befunde sind ebenfalls variabel und unspezifisch. Mit systemischen Steroiden ist in den meisten Fällen eine Remission zu erreichen. In Einzelfällen wurden auch Immunsuppressiva, Montelukast oder Eliminations- bzw. Elementardiäten als wirksam beschrieben. Mehr als die Hälfte der Patienten zeigt einen chronischen Verlauf. Als Risikofaktoren für einen rezidivierenden Verlauf gelten periphere Eosinophile > 500/mm³ und ein initialer Steroidbedarf. Kontrollierte Studien zur Behandlung fehlen. Die häufigste und die in den letzten Jahren am besten untersuchte eosinophile Manifestation des Gastrointestinaltrakts ist die eosinophile Ösophagitis (EoE). Die Inzidenz und Prävalenz der EoE ist in den letzten 10 Jahren deutlich gestiegen, was 82 nach neueren epidemiologischen Untersuchungen sowohl einer erhöhten Aufmerksamkeit gegenüber der EoE als auch einer echten Neuzunahme der Erkrankung geschuldet zu sein scheint. Die EoE ist eine antigen-/immunvermittelte, chronisch entzündliche Erkrankung der Speiseröhre, die in jedem Lebensalter auftreten kann. Der Gipfel liegt zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr. Es besteht eine deutliche Prädominanz für das männliche Geschlecht (3:1). Ätiologisch sind sowohl Nahrungsals auch Luftallergene sowie genetische und andere Umweltfaktoren von Bedeutung. Pathophysiologisch ist eine Vielzahl von Zytokinen (Eotaxin-3, IL-5, IL-13, TNF-α, TGF-β) an der Entstehung und Progression der Erkrankung beteiligt. Klinisch dominieren bei jugendlichen und erwachsenen Patienten die Dysphagie und die Bolusobstruktion, während bei Kindern eher die Gedeihstörung im Vordergrund steht. Endoskopisch lassen sich verschiedene Phänotypen (inflammatorisch, fibrotisch, gemischt) unterscheiden. Je länger die Latenz zwischen Symptombeginn und Diagnosestellung ist, umso höher ist die Prävalenz von endoskopischen Strikturen. Ein neues endoskopisches Klassifikationssystem der EoE beschreibt semiquantitativ graduierte Majorbefunde (fixierte Ringe, Exsudat, Furchen, Ödem) und Minorbefunde (Krepppapiermukosa, Strikturen). Als histologisches Diagnosekriterium gilt eine Eosinophilenzahl von > 15/HPF, wobei dieser Befund nicht spezifisch ist, sondern z. B. auch durch gastroösophagealen Reflux verursacht werden kann. Auch aus diesem Grund wird beim Nachweis einer ösophagealen Eosinophilie zunächst eine PPI-Therapie empfohlen, um eine möglichweise zugrunde liegende Refluxkrankheit abzugrenzen oder Patienten mit einer sogenannten PPI-responsiven ösophagealen Eosinophilie (PPI-REE) zu identifizieren, die heute als Subgruppe der EoE gilt. Gemäß aktueller europäischer Empfehlungen soll Patienten mit gesicherter EoE eine topische Steroidtherapie (aktuell noch off-label use) oder eine Eliminationsdiät angeboten werden. Die Wirksamkeit einer Kurzzeittherapie mit topischen Steroiden (Budesonid, Fluticason) ist durch mehrere randomisierte, placebokontrollierte Studien und Metaanalysen gut belegt und führt in einem hohen Prozentsatz zu einer histologischen und klinischen Remission. Auch in der Langzeittherapie scheint niedrig dosiertes Budesonid effektiv und sicher zu sein, größere Studien sind allerdings noch erforderlich. Gegenwärtig läuft ein europäisches Zulassungsprogramm (Phase III) zur remissionsinduzierenden und remissionserhaltenden Therapie der EoE mit einer Budesonid-Brausetablette. 83 Nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen führt eine 6-Food-Eliminationsdiät (Kuhmilch, Weizen, Eier, Soja, Nüsse, Fisch/Meeresfrüchte) über mindestens 6 Wochen unter Studienbedingungen in einem hohen Prozentsatz zu einer klinischhistologischen Remission. Reexpositionsstudien bei Erwachsenen haben gezeigt, dass Kuhmilch und Weizen offenbar die häufigsten auslösenden Allergene der Erkrankung sind. Elementardiäten sind ebenfalls wirksam, aber aufgrund ihrer Komplexität in der Praxis nicht umsetzbar. Bei therapierefraktären Strikturen ist eine endoskopische Dilatation sinnvoll und sicher durchführbar. Diese kann zu einer lang anhaltenden Besserung der Dysphagie führen, beeinflusst aber nicht die chronische Entzündung. Risikofaktoren für Komplikationen sind die hochgradige Stenose und die proximale Stenose. Immunsuppressiva, Biologika und Antiallergika haben bisher keine überzeugenden Wirksamkeitsnachweise erbracht. 84 Neue und alte Pfade in der Refluxtherapie H. Koop Berlin In der jüngst überarbeiteten Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Refluxkrankheit wurden die Grundzüge des Managements von Refluxpatienten aktualisiert. Zentral in der Behandlung bleibt weiterhin eine subtile Anamnese der Beschwerden in Kombination mit der Endoskopie, in der Therapie dominieren unverändert Protonenpumpeninhibitoren (PPI). Dennoch gibt es neue Entwicklungen, die zukünftig das Handeln neu justieren könnten. 1. Unzureichende symptomatische Besserung Während die Heilungsraten unter PPI hoch sind, ergibt sich für die Beeinflussung des Beschwerdebildes ein weniger günstiges Bild: Ca. 25–30% der Patienten klagen auch unter der Therapie über residuelle Beschwerden, denen im Alltag aber oft nicht nachgegangen wird. Es kann sich dabei zum Teil um typische Refluxsymptome wie Sodbrennen oder Regurgitation handeln, aber auch um andere, nicht zwingend Refluxassoziierte Beschwerden. Eine intensive diagnostische Abklärung mittels funktionsdiagnostischer Untersuchungen ist erforderlich, die aber oft an der Verfügbarkeit scheitert. Für dieses Patientenkollektiv wurde bereits der Begriff „lost patients“ geprägt. Inwieweit die Etablierung von Refluxzentren hier Abhilfe schaffen kann, wird derzeit evaluiert. 2. „Acid pocket“ Eine neue Erkenntnis ist die Akkumulation von neu gebildeter Säure nahe des gastroösophagealen Übergangs („acid pocket“) im Verlauf nach der Nahrungsaufnahme, und die Säure aus diesem „acid pocket“ kann dann in den Ösophagus refluieren und so das postprandiale Sodbrennen hervorrufen. Die optimale Therapiestrategie für dieses Phänomen ist noch unzureichend geklärt, möglicherweise ist hier ein Einsatz von Alginaten (auch als Add-on zu PPI) sinnvoll. 85 3. Neue operative Verfahren Neu entwickelt und in ihrer Effektivität noch nicht annähernd abschließend beurteilbar sind zum einen eine Stimulation des unteren Ösophagussphinkters, die individuell eingestellt werden kann und so die Antirefluxbarriere stärken soll, zum anderen ein Ring aus kleinen Magneten (Linx), der um den distalen Ösophagus herum operativ angelegt wird. Der Ring kann sich bei der Nahrungspassage durch die Kardia erweitern, ansonsten soll er ebenfalls den Reflux bremsen. Bisher ist die Zahl der behandelten Patienten noch gering und die Nachbeobachtungszeiten sind kurz, sodass diese Verfahren zunächst als experimentell einzustufen sind. 4. Extraösophageale Manifestationen der Refluxkrankheit Auffallend war schon lange, dass sich zwar begleitende Symptome am Respirationstrakt parallel zum Sodbrennen bessern, aber dass bei Fehlen einer typischen ösophagealen Refluxsymptomatik PPI nicht wirksamer sind als Placebo bei vermeintlich ausschließlich Reflux-induziertem Husten bzw. Laryngitis. Neuere Untersuchungen deuten erstmals auf einen gänzlich anderen Mechanismus hin, bei dem die Säure nur einen Faktor unter mehreren darstellt: Über eine Stimulation von Villanoid-Rezeptoren wird ein Hypersensitivitätssyndrom induziert, bei dem anderen Stimuli auch nach Ausschaltung des Säurerefluxes die Symptomatik weiter unterhalten. Therapeutische Optionen zur Behandlung dieser Störung müssen noch erarbeitet werden. Literatur: Labenz J, Koop H. Gastroösophageale Refluxkrankheit – was tun, wenn PPI nicht ausreichend wirksam, verträglich oder erwünscht sind? Dtsch Med Wochenschr. 2017;142(5):356–66. 86 Seltene Pankreaserkrankungen A. Pace Gastroenterologie, Friedrich-Ebert-Krankenhaus, Neumünster Die biliäre Pankreatitis ist die häufigste Form der akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Alkoholkonsum steht bei der akuten Pankreatitis als Auslöser an zweiter Stelle, deutlich seltener sind andere Gründe einer akuten Pankreatitis, so z. B. die autoimmune Pankreatitis, die Hypertriglyzeridämie, die idiopathische Pankreatitis oder die durch Medikamente verursachte Pankreatitis. Alkohol und Rauchen, mittlerweile als eigenständige Risikofaktoren identifiziert, sind die häufigsten Auslöser einer chronischen Form der Pankreatitis. Zu den seltenen Formen der chronischen Pankreatitis gehören die hereditäre Pankreatitis, bedingt durch Mutationen im Trypsinogen-Gen, die autoimmune Pankreatitis, die zystische Fibrose, die tropische Pankreatitis und Anomalien des Pankreas, wie z. B. das Pancreas divisum, das Pancreas anulare oder auch kongenitale Syndrome, die zur Insuffizienz der Bauchspeicheldrüse führen, wie z. B. das Shwachman-Diamond-Syndrom und das Johanson-Blizzard-Syndrom. In der Abklärung einer Pankreatitis sollten die biliären und die nutritiv-toxischen Formen folglich als erste ausgeschlossen werden. Erst dann ist es sinnvoll die erwähnten selteneren Erkrankungen in Betracht zu ziehen, wobei die autoimmune Pankreatitis und die hereditären Formen in den letzten Jahren durch verbesserte Diagnosekriterien und -methoden in den Vordergrund gerückt sind. Die autoimmune Pankreatitis wird in 2 Typen unterteilt, die sich hinsichtlich ihres klinischen Erscheinungsbildes, ihrer Histologie und ihrer Prognose unterscheiden. Typ 1 zeichnet sich durch erhöhtes IgG4 im Serum aus und ist die pankreatische Manifestation einer systemischen IgG4-assoziierten Erkrankung mit dem histologischen Korrelat der lymphoplasmatischen sklerosierenden Pankreatitis. Die autoimmune Pankreatitis vom Typ 2 wird histologisch als Idiopathic Duct-Centric Pancreatitis (IDCP) mit charakteristischen granulozytären epithelialen Läsionen (sog. GELs) bezeichnet. Typ 2 weist selten erhöhte IgG4-Werte auf, ist jedoch in erhöhtem Maße (30%) mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert. In Europa ist der Typ 2 häufiger als der Typ 1, der mehr in asiatischen Ländern vorkommt. Dieses hat 87 bei fehlenden serologischen Markern zur Folge, dass zur Diagnosesicherung häufig eine Punktion zur Histologie- oder Zytologiegewinnung erfolgen muss. Die hereditäre Pankreatitis kann akute, akut rekurrierende und chronische Pankreatitiden verursachen. Die häufigsten Mutationen kommen in den PRSS1-, CFTR-, SPINK1- und CTRC-Genen vor. Pankreatitiden unklaren Ursprungs, insbesondere auch im Kindes- und Jugendalter, sollten an diese Entität denken lassen. Die Diagnose wird mittels Mutationsanalyse genannter Gene durchgeführt. 88 Biologikatherapie bei CED – Wie hoch sind die Risiken wirklich und wie können wir vorbeugen? A. Sturm Klinik für Innere Medizin, Schwerpunkt Gastroenterologie, DRK Kliniken Berlin Westend, Berlin Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) sind destruierende, die Lebensqualität der Patienten einschränkende, lebenslange Erkrankungen, die in den meisten Fällen eine fortgesetzte medikamentöse Therapie erfordern. Neben dem Einsatz klassischer Immunsuppressiva, wie z. B. Thiopurinen, ist der Einsatz von Biologika zur Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa fest etabliert. Mittlerweile werden bis zu 25% der Patienten mit Morbus Crohn, etwas weniger bei Colitis ulcerosa, mit Biologika behandelt. Dabei handelt es sich um Medikamente, die mithilfe tierischer Organismen hergestellt werden. Zur Behandlung der CED werden Biologika eingesetzt, bei denen rekombinante Escherichia coli Antikörper gegen den Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-α oder das Integrin-α4β7 produzieren. Die Effektivität dieser Medikamente liegt, je nach eingeschlossener Patientenkohorte, Erkrankungsdauer und -ausprägung, Vorbehandlung sowie vielen anderen Faktoren, die meist nicht beeinflussbar sind, zwischen 40 und 60%. Dabei ist es entscheidend, welche Endpunkte als Therapieerfolg bezeichnet werden. Biologika sind seit weit über 10 Jahren zur Behandlung von CED zugelassen, das Nebenwirkungsprofil, zumindest der TNF-α-Blocker, ist gut bekannt. Während es bei dem chimären Infliximab in ungefähr bis zu 5% der Patienten auch zu allergischen Reaktionen kommen kann, sind allergische Reaktionen bei den beiden humanisierten Antikörpern Adalimumab und Golimumab selten. Bei den Nebenwirkungen sind seltene, aber schwerwiegende, wie z. B. eine Sepsis, neurologische Erkrankungen sowie das Risiko eines Lymphknotenkrebses, zu erwähnen. Andere vermutete Nebenwirkungen, wie z. B. eine generell kanzerogene Wirkung, haben sich nicht bestätigt. Seltenere, nicht lebensbedrohliche Nebenwirkungen schließen Psoriasis-ähnliche Hautekzeme sowie natürlich vermehrte opportunistische Infektionen ein. Hier gilt es, das Risiko der medikamentösen Therapie mit seiner Effektivität abzugleichen. 89 Vedolizumab ist ein eher lokal wirksamer Hemmer der MAdCAM-Integrin-α4β7Assoziation. Sein Nebenwirkungsprofil scheint geringer als das von TNF-α-Antikörpern zu sein. Bekannte und relevante Nebenwirkungen sind eine Nasopharyngitis sowie ein möglicherweise gehäuftes Auftreten infektiöser Magen-Darmerkrankungen; eine abschließende Beurteilung steht noch aus. Der perioperative Einsatz von TNF-α-Antikörpern wird in Bezug auf möglicherweise vermehrte postoperative Komplikationen, z. B. Anastomoseninsuffizienzen und Infektionen, oft kritisch gesehen. Falls möglich sollten also zwischen der letzten Gabe eines TNF-α-Antikörpers und einer Operation mehrere Halbwertszeiten verstreichen. Zuletzt gab es auch Berichte über eine gesteigerte postoperative Komplikationsrate nach der Gabe von Vedolizumab und Ustekinumab; eine abschließende Beurteilung oder Bestätigung dieser Daten steht auch hier noch aus. Die Erfahrungen mit TNF-α-Antikörpern in der Schwangerschaft sind gut. Aufgrund des plazentaren Transports von Immunglobulin (Ig)G1-Antikörpern und der Akkumulation der Medikamente im Fötus, sollten diese aber, falls möglich, ab der 22. Schwangerschaftswoche pausiert werden. Daten zur Unbedenklichkeit von Vedolizumab in der Schwangerschaft liegen noch nicht vor, sein Einsatz wird daher in der Schwangerschaft nicht empfohlen. 90 Verzeichnis der Referenten, Moderatoren und wissenschaftlichen Organisatoren PD Dr. Matthias J. Bahr Medizinische Klinik I Sana Kliniken Lübeck GmbH Kronsforder Allee 71–73 23560 Lübeck Prof. Dr. Heike Bantel Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover Dr. Peter Buggisch ifi-Institut/Haus L Asklepios Klinik St. Georg Lohmühlenstr. 5 20099 Hamburg Dr. Muneer Deeb Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie Klinikzentrum Westerstede Ammerland-Klinik Lange Str. 38 26655 Westerstede Prof. Dr. Christoph F. Dietrich Medizinische Klinik 2 Caritaskrankenhaus Uhlandstr. 7 97980 Bad Mergentheim Prof. Dr. Wolfgang Fischbach Medizin Klinik II Klinikum Aschaffenburg-Alzenau Standort Aschaffenburg Am Hasenkopf 1 63739 Aschaffenburg Prof. Dr. Martin Götz Innere Medizin 1 Universitätsklinikum Tübingen Otfried-Müller-Str. 10 72076 Tübingen Prof. Dr. Klaus Herrlinger Innere Medizin I Asklepios Klinik Nord Standort Heidberg Tangstedter Landstr. 400 22417 Hamburg Prof. Dr. Christoph Isbert Allgemein- und Viszeralchirurgie Amalie-Sieveking-Krankenhaus Haselkamp 33 22359 Hamburg PD Dr. Harald Ittrich Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin Zentrum für Radiologie und Endoskopie Universitätsklinikum Eppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg Dr. Elmar Jaeckel Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover Prof. Dr. Volker Kahlke Proktologische Praxis Kiel Beselerallee 67 24105 Kiel Prof. Dr. Ralf Kiesslich Innere Medizin II HELIOS Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden Ludwig-Erhard-Str. 100 65199 Wiesbaden Dr. Gerd W. Kolbert edh - End- und Dickdarmzentrum Hildesheimer Str. 6 30169 Hannover 91 Prof. Dr. Dr. h. c. Jan W. Konturek Gastroenterologie Elbe Klinikum Stade Bremervörder Str. 111 21682 Stade Prof. Dr. Herbert Koop Tölzer Str. 20 14199 Berlin Prof. Dr. Irmtraut Koop Innere Medizin/Gastroenterologie Amalie-Sieveking-Krankenhaus Haselkamp 33 22359 Hamburg Prof. Dr. Torsten Kucharzik Allgemeine Innere Medizin Städtisches Klinikum Lüneburg Bögelstr. 1 21339 Lüneburg Prof. Dr. Frank Lammert Klinik für Innere Medizin II Universitätsklinikum des Saarlandes Kirrberger Str. 100 66424 Homburg Prof. Dr. Tim Lankisch Endoskopie am Glockengießerwall Glockengießerwall 1 20095 Hamburg Prof. Dr. Christian Maaser Ambulanzzentrum Gastroenterologie Klinik für Geriatrie Städtisches Klinikum Lüneburg Bögelstr. 1 21339 Lüneburg Prof. Dr. Ahmed Madisch Gastroenterologie, Interventionelle Endoskopie und Diabetologie KRH Klinikum Siloah-Oststadt-Heidehaus Stadionbrücke 4 30459 Hannover 92 Prof. Dr. Julian W. Mall Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäßund Adipositaschirurgie Klinikum Nordstadt Klinikum Region Hannover Haltenhoffstr. 41 30167 Hannover Prof. Dr. Michael P. Manns Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover Dr. Peter N. Meier Innere Medizin II Diakoniekrankenhaus Henriettenstiftung Schwemannstr. 17 30559 Hannover Prof. Dr. Joachim Mössner Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie Universitätsklinikum Leipzig, AöR Liebigstr. 20 04103 Leipzig Prof. Dr. Johann Ockenga Innere Medizin II Gesundheit Nord Klinikum Bremen Mitte St.-Jürgen-Str. 1 28205 Bremen PD Dr. Andrea Pace Gastroenterologie Friedrich-Ebert-Krankenhaus Friesenstr. 11 24534 Neumünster Prof. Dr. Rainer Porschen Klinik für Innere Medizin Klinikum Bremen-Ost Züricher Str. 40 28325 Bremen PD Dr. Christoph Reißfelder Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden Fetscherstr. 74 01307 Dresden Dr. Thomas von Hahn Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover Prof. Dr. Bodo Schniewind Allgemein- und Viszeralchirurgie Städtisches Klinikum Lüneburg Bögelstr. 1 21339 Lüneburg Prof. Dr. Martin Wehling Zentrum für Gerontopharmakologie Klinische Pharmakologie Mannheim Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68167 Mannheim Prof. Dr. Christoph Schramm I. Medizinische Klinik und Poliklinik Martin Zeitz Centrum für Seltene Erkrankungen Universitätsklinikum Eppendorf Martinistr. 52 20246 Hamburg Prof. Dr. Uwe Will Innere Medizin III SRH Wald-Klinikum Gera Straße des Friedens 122 07548 Gera PD Dr. Michael Siassi Arzt für Chirurgie Walter-Bötcher-Str. 11 21337 Lüneburg Prof. Dr. Andreas Stallmach Gastroenterologie/Hepatologie Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena Erlanger Allee 101 07747 Jena Prof. Dr. Andreas Sturm Klinik für Innere Medizin Schwerpunkt Gastroenterologie DRK Kliniken Berlin Westend Spandauer Damm 130 14050 Berlin Prof. Dr. Arndt Vogel Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover 93 IX. Lüneburger Gastroenterologisches Seminar 2017 Internationale Symposien und Workshops Wissenschaftlicher Dialog für therapeutischen Fortschritt Symposium 207 Gut Microbiome and Mucosal or Systemic Dysfunction: Mechanisms, Clinical Manifestations and Interventions Brisbane, Australien 19. – 20. Mai 2017 IX. Gastro-Konferenz Berlin 4. – 7. Oktober 2017 Symposium 208 Eosinophilic Esophagitis – Medical and Dietary Treatment Berlin 4. – 5. Oktober 2017 Symposium 209 IBD 2017 – Therapeutic and Biological Barriers Berlin 6. – 7. Oktober 2017 Workshop Workshop on Oral, Gastrointestinal and Pulmonary GvHD Regensburg 17. – 18. November 2017 2017 Kongressabteilung Tel.: 0761/1514-125 Fax: 0761/1514-359 E-Mail: [email protected] www.falk-foundation-symposia.org Kongressabteilung Tel.: 0761/1514-125 Fax: 0761/1514-359 E-Mail: [email protected] www.falk-foundation-symposia.org 14098_Falk_Lüneburg_Abstracts_UG.indd 1 Beiträge Symposium 206 From the New and Complex Concepts to the Real Patient: Science and Clinic in IBD Madrid, Spanien 31. März – 1. April 2017 IX. Lüneburger Gastroenterologisches Seminar 15. – 17. Juni 2017 Hotel Bergström Lüneburg G118 1-5/2017 Stü Workshop Future Perspectives in Hepatology: From Basics to Clinics Essen 19. – 20. Januar 2017 Falk Seminar Beiträge 18.05.17 16:21