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Frauen in Kultur- und Medienberufen in Österreich1
Robert Harauer, Elisabeth Mayerhofer, Monika Mokre 2
Methodische Bemerkungen und Definitionen
Struktur des Untersuchungsbereichs
Im Folgenden wird eine Vielzahl von Daten zur Situation der Frauen in Kultur- und Medienberufen in Österreich präsentiert. Dem Bild, das sich aus quantitativen Daten zusammensetzt,
werden Beispiele von „good and bad practices“ sowie Aussagen aus Tiefeninterviews gegenübergestellt, die mit Expertinnen geführt wurden.
Bei der Klassifizierung von Kunst- und Medienberufen innerhalb eines Rasters, der auf traditionellen Kunstsparten beruht, stellt die Grenzziehung zwischen einzelnen Berufen ein methodisches Grundproblem dar. Das Forschungsteam geht von der folgenden Klassifikation
aus, die 1992 von MEDIACULT3 entwickelt wurde:
1.
2.
3.
Hochkultur, “künstlerische Kultur”: traditionelle repräsentative Kunst mit symbolischer
Profitabilität.
Soziokultur: der sogenannte „Dritte Sektor“ in der Kultur, der aus prozess- und kommunikationsorientierten Initiativen mit sozialer Profitabilität besteht.
Massenkultur: Kultur- und Freizeitindustrie mit ökonomischer Profitabilität.
Die repräsentative Funktion des ersten und des dritten Sektors ist offensichtlich – die Hochkultur zeigt das, was von einer Gesellschaft als wertvoll und kostbar erachtet wird, die Massenkultur hingegen das, was populär ist. Soziokultur besteht hingegen vorwiegend aus dem
Versuch, sozialen Probleme mit kulturellen Mitteln entgegenzutreten. Dies ist vielleicht das
Gebiet mit dem größten Innovationspotential, weil die hier Agierenden Möglichkeiten der
Kultur nutzen, um Probleme oder Krisen zu begegnen und in diesem Prozess neue Lösungen
zu finden.
Der Alltagsverstand sagt uns, dass der Frauenanteil in der Hoch- und Massenkultur wahrscheinlich gering ist, aber dass es schwierig ist, über ihre Position in der Soziokultur zu spekulieren. Es könnte vermutet werden, dass der geringe Prestigewert, der dieser Art von Arbeit
(ähnlich wie der Hausarbeit) zugeschrieben wird, einen hohen Frauenanteil impliziert. Aber
da es ein Sektor mit großem Innovationspotential ist, könnte auch angenommen werden, dass
er von Männern dominiert wird.
1
2
3
Dieser Text wurde ursprünglich auf Deutsch verfasst.
MEDIACULT, Wien.
Bernard, Jeff; Harauer, Robert; Reiter, Wolfgang; Smudits, Alfred; Stocker, Kurt: Zur Diskussion: Kulturpolitik für die 90er Jahre. -Wien 1992. In: Harauer, Robert; Bernard, Jeff (eds.): "New Culture" in Europe.
Structures, Problems, Developments". Proceedings of an International Conference Vienna, December 2-5,
1992. P. 208.
1
Frauen in Kultur- und Medienberufen
Eine weitere methodische Anmerkung betrifft die Art von “kultureller Beschäftigung”, die
hier untersucht wird. Bernard Casey (1998)4 legt seiner Einteilung von künstlerischen und
nicht-künstlerischen Berufsgruppen die folgende Kategorisierung zugrunde: Er unterscheidet
zwischen künstlerischen und nicht-künstlerischen Unternehmen und künstlerischem und
nicht-künstlerischem Personal in beiden Unternehmenstypen - wobei diese Unterscheidung
im Feld der Soziokultur wie auch im Bereich politisch engagierter Kunst nicht sinnvoll ist.
Kernbereich der vorliegenden Studie sind künstlerische Berufe in kulturellen Unternehmen
einschließlich von Werbeagenturen. Die Einschränkung dieses Ansatzes liegt in der Ausklammerung von interessanten (und problematischen) Bereichen, in denen sich die „neue
Kreativität“5 konzentriert. Diese "cultural worker" befinden sich in einem Raum zwischen
Kunst und Wissenschaft, Kultur und Freizeitindustrie profitorientierten und non-Profit Bereichen.
Klassifizierung von Beschäftigungsverhältnissen?
In letzter Zeit gibt es verstärkt Diskussionen und Untersuchungen, die sich in irgendeiner
Form um Neudefinitionen des kulturellen Feldes bemühen. Schlagworte dazu sind "Kultur
und Beschäftigung", "cultural industries", "cultural workers".
Die Überlegungen zu "cultural industries" machen deutlich, dass der Kunstsektor nicht ausschließlich aus subventionierten Betrieben besteht, sondern vielfach durch privatwirtschaftlich
tätige Betriebe mitorganisiert wird.
Die Debatte zu "cultural workers" andererseits ist ein ganz wesentlicher und neuartiger Versuch, die spezifischen Leistungen und Talente von Kunst für die Gesellschaft zu beschreiben.
Allerdings entzieht sich der Begriff des "cultural worker" per naturam einer Festschreibung.
Er kann nur annäherungsweise definiert werden, wie Marie-Luise Angerer es vorführt:
"... eine durchschnittlich 25-30jährige Person, multiskilled, flexibel,
psychisch stark im Nehmen, unabhängig, alleinstehend, ortsungebunden, die zugreift, wo es im Bereich der Kunst, der Musik, der Medien
etwas gibt.".6
Für die vorliegende Untersuchung ist das Phänomen des "cultural worker" jedoch nur beschränkt relevant, als aufgrund der hier vorherrschenden individualisierten und dezentralisierten Arbeitsweise nur wenige statistische Erhebungen diesen Bereich erfassen können.
Datenerhebung
Die vorliegende Studie bezieht den Großteil des präsentierten Datenmaterials aus Sekundärquellen; in manchen Fällen waren Primärerhebungen – die wiederum nur in geringem Umfang durchgeführt werden konnten – unumgänglich. Die einzelnen Erhebungssysteme wenden
unterschiedliche Kriterien z.B. bei Berufsdefinitionen an. Zeitliche Kontinuität ist nur in wenigen Fällen gegeben, da Einzeluntersuchungen meist nur Momentaufnahmen liefern, durch4
5
6
Casey, Bernard: Beschäftigung und Qualifikationen im Kulturbereich. Einige Überlegungen zum Dokument
der Europäischen Kommission "Kultur, Kulturwirtschaft und Beschäftigung" In: Österreichische Kulturdokumentation u.a.: Cultural competence - Kultur als Kompetenz. Wien 1999, S.43-51.
Obwohl die Zahl der "Neuen Kreativen" relativ gering ist im Vergleich zu der von Angestellten in herkömmlichen kulturellen Einrichtungen wie Museen oder Theater, weisen ihre Beschäftigungsmuster doch auf künftige Trends im Arbeitsmarkt insgesamt hin.
Angerer, Marie-Louise: "Cultural worker - who are you? In: Cultural Competence, a.a.O., S.26.
... in Österreich
gängige Darstellungen aber in gleichbleibender Qualität nur in wenigen Teilbereichen (z.B.
Hochschulstatistik) vorhanden sind.
Die Annahme, dass es relativ einfach wäre, Daten von öffentlichen Einrichtungen zu erheben,
in denen geregelte Anstellungsverhältnisse vorherrschen, erwies sich leider als falsch, da diese Institutionen häufig keine geschlechtsspezifischen Daten erheben und daher Daten zur Beschäftigung von Frauen im öffentlichen Sektor oft nicht existieren.
In den privatwirtschaftlich organisierten Bereich fallen
• Firmen (damit auch die cultural industries),
• Selbständige (z.B. ArchitektInnen) und
• die sogenannte „Freie Szene“, die im Non-Profit-Bereich angesiedelt ist und sich durch
atypische Beschäftigungsverhältnisse charakterisiert.
Was die Transparenz bezüglich der Geschlechterverhältnisse betrifft, so nimmt diese im privatwirtschaftlich ausgerichteten Bereich um so stärker ab, je kleiner die Unternehmen werden.
Während die Leitung von großen Kultur- und Medienbetrieben wie z.B. Zeitungen noch über
Sekundärquellen wie speziellen Verzeichnisse eruiert werden kann, so stellen in Sektoren, die
von Kleinbetrieben und selbständig Tätigen geprägt sind (wie z.B. Literatur, Architektur oder
bildende Kunst) Interessenvertretungen und Verwertungsgesellschaften die einzige Möglichkeit dar, sich einen Überblick über das Beschäftigungsprofil verschaffen zu können.
Indikatorenraster
Ein Indikatorenraster mit den wesentlichen Bereichen kultureller Beschäftigung findet sich
am Ende dieses Berichts. Es handelt sich um eine weiterzuentwickelnde Liste von Kulturberufen. Die grau schattierten Felder signalisieren, dass für diese Bereich Material zusammengetragen werden konnte. Um ein vollständigeres Bild von der Situation der Frauen im Kulturund Medienberufen in Österreich zu gewinnen, sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich.
Beschäftigungsanteil von Frauen in Kulturberufen und allgemein
Frauen stellen 52% der österreichischen Gesamtbevölkerung (Mikrozensus 1998). Der Frauenanteil unter den Erwerbspersonen7 ist laut Volkszählung von 40% (1981) auf 41% (1991)
gestiegen und beträgt 1998 laut Mikrozensus-Hochrechnung 42%. Der Datenvergleich zeigt
deutlich eine kontinuierliche Steigerung des Frauenanteils unter den Erwerbspersonen in allen Berufen wie in Kulturberufen:
Tabelle 1: Frauenanteil unter Erwerbspersonen
Volkszählung
1981
1991
7
Alle Berufsgruppen
Kulturberufe
40%
41%
37%
40%
Die Zahlen beziehen sich auf die Erwerbsbevölkerung und nicht auf die Zahl der Arbeitnehmer, denn viele
Frauen erscheinen nicht in den Arbeitsmarktstatistiken, weil ihre Beschäftigungsverhältnisse nicht in den Statistiken erfasst werden (z.B. geringfügige Beschäftigung, Honorarverträge, Kurzzeitverträge).
3
Frauen in Kultur- und Medienberufen
Mikrozensus
1980
1998
39%
42%
32%
38%
Quelle: Volkszählung 1981, 1991, Mikrozensus 1980, 1998
In Kultur- und Medienberufen ist der Frauenanteil ein wenig stärker gewachsen als im Gesamtdurchschnitt, wenngleich die Wachstumsraten in allen Bereichen nicht auffallend hoch
sind. Laut Mikrozensus zeigt sich der Kulturbereich in den Jahren 1980 – 1997 als Wachstumssektor, allerdings stagnierte der Frauenanteil in den Erhebungen der Jahre 1990 und 1997
bei 40% und sank 1998 auf 38%.
Abb. 1:
Quelle:
Frauenanteil unter den Erwerbspersonen im künstlerisch-publizistischen Berufen nach Volkszählungsdaten
Volkszählung 1981 und 1991.
Fig. 1 zeigt, dass es in ca. zwei Drittel der Berufsgruppen zu einem geringfügigen Anstieg des
53%
47%
Frauen
Männer
Frauenanteils kommt, in einem Drittel hingegen zu einem Rückgang – der Trend insgesamt
also zugunsten der Frauenbeschäftigung in Kulturberufen geht.
Die Grafik veranschaulicht aber auch, dass Frauen in fast allen von der Volkszählung erfassten Sparten unterrepräsentiert sind; in drei Berufsgruppen überschreitet der Frauenanteil die
52%, die der weibliche Bevölkerungsanteil ausmacht. Dies ist der Fall bei
• ArchivarInnen/BibliothekarInnen,
• Buch-/Kunst-/ MusikalienhändlerInnen,
• VervielfältigerInnen/GrafikerInnen.
Andere Datenquellen zur quantitativen Erfassung von Frauen in Kultur- und Medienberufen
konnten nicht erschlossen werden; zwar existieren Studien zu einzelnen Sparten, eine spartenübergreifende Erfassung der Erwerbspersonen im gesamten Kulturbetrieb, die sich weder
auf Volkszählung noch Mikrozensus stützt, ist jedoch nicht vorhanden.
... in Österreich
(Un)Selbständige in Kulturberufen gemäß Volkszählung und Mikrozensus
Als selbständig berufstätig gilt eine Person dann, wenn sie eine Erwerbstätigkeit auf eigene
Rechnung ausübt. In den Mikrozensuserhebungen umfasst die Kategorie „Selbständige“ auch
mithelfende Familienangehörige, d.h. Personen, „die im Betrieb eines Haushalts- oder Familienmitglieds arbeiten, ohne dass ein regelmäßiger Geldlohn in der für Unselbständige üblichen
Höhe gezahlt wird.“ (Mikrozensus 1997, xxxviii) In diesen Bereich fallen viele Frauen, deren
Anteil im Mikrozensus aber nicht eigens ausgewiesen ist. 1997 wird in einer Studie „Über die
Entwicklung der Bildung und Berufsausübung von Frauen in Österreich“ (Hochschulbericht
1999/3, 9) der Frauenanteil unter den Mithelfenden mit 70% errechnet.
Untenstehende Tabelle gibt den Stand an (un)selbständigen Erwerbspersonen nach Volkszählung und Mikrozensus wieder, wobei diese nur mit o.a. Einschränkungen miteinander vergleichbar sind.
Tabelle 2: Frauenanteil unter (un)selbstständigen Erwerbspersonen (LU)
Unselbstständige
alle BerufsKulturgruppen
berufe
Selbstständige
alle BerufsKulturgruppen
berufe
Volkszählung 1981
40%
38%
35%
33%
Volkszählung 1991
42%
43%
40%
35%
Mikrozensus 1980
38%
35%
43%
37%
Mikrozensus 1998
43%
47%
41%
30%
Quelle: Volkszählung, 1981, 1991
Laut Mikrozensus ist der Frauenanteil der unselbständig Beschäftigten höher als im restlichen
Durchschnitt (47% im Vergleich zu 43%), und er steigt auch schneller.
Nach den Daten des Mikrozensus von 1998 ist der Anteil der selbständigen Frauen im Kulturbereich niedriger (30%) als in den anderen Sektoren (41%), seit den 80-er Jahren ist ihr
Anteil jedoch in beiden Sektoren gesunken. Ein Vergleich der Ergebnisse der Volkszählung
gibt ein Detailbild des Verhältnisses von Selbständigen und Unselbständigen in einzelnen Berufsfeldern:
Tabelle 3: Unselbständig beschäftigte Frauen in Kultur- und Medienberufen, 1981 u. 1991
Bereich
Buch- Antiquitäten- und Musikinstrumentenverkäuferinnen
Journalistinnen, Dolmetscherinnen, Publizistikberufe
Kunstmalerinnen, Bildhauerinnen, Zeichnerinnen, künstlerische,
gestaltende u. verwandte Berufe
Darstellende Künstlerinnen, Musikerinnen, Unterhaltungsberufe
Fotografinnen, Kameraleute
Buchbinderinnen
Setzerinnen, Druckformbereiterinnen, Fotolaborantinnen
Druckerinnen
1981
52%
40%
46%
1991
79%
44%
52%
30%
45%
59%
19%
14%
34%
45%
54%
29%
15%
Quelle: Volkszählung, 1981, 1991
5
Frauen in Kultur- und Medienberufen
Tabelle 4: Frauenanteile an Selbständigen in Kultur- und Medienberufen, 1981 und 1991
Bereich
Buch- Antiquitäten- und Musikinstrumentenverkäuferinnen
Journalistinnen, Dolmetscherinnen, Publizistikberufe
Kunstmalerinnen, Bildhauerinnen, Zeichnerinnen, künstlerische,
gestaltende u. verwandte Berufe
Darstellende Künstlerinnen, Musikerinnen, Unterhaltungsberufe
Fotografinnen, Kameraleute
Buchbinderinnen
Setzerinnen, Druckformbereiterinnen, Fotolaborantinnen
Druckerinnen
1981
48%
38%
31%
1991
46%
46%
33%
31%
27%
32%
16%
16%
31%
25%
19%
19%
15%
Quelle: Volkszählung, 1981, 1991
Die Tabelle zeigt, dass der Frauenanteil beim Verkauf von Büchern, Antiquitäten und Musikinstrumenten am größten ist. In anderen Bereichen wie bildender und darstellender Kunst,
Journalismus und Übersetzung ist er ebenfalls hoch. In der Sparte Fotografie gab es seit den
80 Jahren kaum Veränderungen. Der Frauenanteil ist nach wie vor gering in Druckereien
(obwohl es einen signifikanten Anstieg gibt), und ihr Anteil in der Buchbinderei ist gefallen.
Der Frauenanteil bei den Selbständigen ist deutlich niedriger als bei den abhängig Beschäftigten. Signifikante Veränderungen gab es in den Bereichen Journalismus und Übersetzung,
während die übrigen Anteile mehr oder weniger konstant blieben. Eine deutliche Abnahme
zeigt sich bei den selbständigen Buchbinderinnen. Kleine Rückgange gab es in den Bereichen
Fotografie, Druck und Verkauf von Büchern, Antiquitäten und Musikinstrumenten.
Heterogene Beschäftigungsmuster
Kulturelle Beschäftigung im öffentlichen Sektor unterscheidet sich von der im privaten Sektor. Wir können sie gemäß unseren o.a. Berufsklassifikationen kategorisieren.
-
-
Hochkultur und hochgradig institutionalisierte Arbeit in traditionellen Bereichen wie großen Theater- und Opernhäusern oder Museen. Beschäftigungsverhältnisse gleichen hier
denen in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Trotz gesetzlicher Maßnahmen wie
dem Gleichstellungsgesetz oder der Quotenregelung ist im öffentlichen Sektor noch keine
klare Tendenz zur Förderung weiblicher Beschäftigung zu erkennen.
Soziokulturelle und freiberufliche Arbeit mit ungewisser Perspektive und einem geringen
Grad an sozialer Absicherung.
Kulturwirschaft und industrielle Beschäftigungsverhältnisse.
Die Daten zeigen keinen signifikanten Unterschied des Frauenanteils im kulturellen und im
allgemeinen Arbeitsmarkt. Der höchste Anteil von Frauen in Führungspositionen findet sich
in “soziokulturellen” Berufen, der niedrigste hingegen in institutionalisierten oder etablierten
Einrichtungen wie den Universitäten.
Beschäftigungsverhältnisse im soziokulturellen Sektor und in der Kulturwirtschaft ähneln sich
immer mehr und sind vorwiegend durch Teilzeitarbeit und Kurzzeitverträge gekennzeichnet.
Dieser Trend zeigt sich insbesondere bei den Rundfunkanstalten. Frauen finden hier zwar Beschäftigungsmöglichkeiten, aber es ist schwierig, Fixanstellungen zu finden oder in höhere
Positionen aufzusteigen. So ist es z.B. für Produzentinnen einfacher, auf Projektbasis für eine
Rundfunkgesellschaft zu arbeiten, als eine Fixanstellung zu bekommen.
... in Österreich
Exkurs zum Arbeitsrecht: Neue Selbständige
1998 wurde das österreichische Arbeitsrecht novelliert, da es in den vorangegangenen Jahren
zu einer immer stärkeren Aufweichung von Beschäftigungsverhältnissen gekommen war.
Viele ArbeitgeberInnen versuchten dabei, sich die ArbeitgeberInnenbeiträge bei Anstellungsverhältnissen durch „Umgehungsverträge“ wie Werkverträge oder geringfügige Anstellungsverträge zu ersparen.
Um den ArbeitgeberInnenbeitrag zu umgehen, wird häufig zu Werkverträgen gegriffen, wobei sämtliche Abgaben Sache des Auftragnehmers/der Auftragnehmerin sind. Durch einen
Werkvertrag gilt ein Auftragnehmer/eine Auftragnehmerin automatisch als „neue/r“ Selbständige/r und unterliegt dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz. Sämtliche Einkünfte aus
Werkverträgen oder anderen selbständigen Tätigkeiten unterliegen der Versicherungspflicht,
sofern sie 88.800 ATS jährlich überschreiten.
Problematisch ist diese Regelung insofern, als reguläre Anstellungsverhältnisse für KünstlerInnen noch schwerer zu erlangen sind, als dies ohnehin schon der Fall war. Durch den Zwang
zur Selbständigkeit verliert der Künstler/die Künstlerin alle ArbeitnehmerInnenrechte, und
mit dem Besitz eines Gewerbescheins sogar die Möglichkeit auf Vertretung durch die Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe. Im Parlament war oft die Rede von einem eigenen KünstlerInnensozialversicherungsgesetz, welches bis dato allerdings ausgeblieben ist.
Mit dieser Regelung wird einer Tendenz Rechnung getragen, die in ganz Europa zu bemerken
ist: ständige Dienstverhältnisse nehmen ab, freien Arbeitsverhältnissen bzw. „neuen Selbständigen“, deren Status allerdings nicht mit UnternehmerInnen im herkömmlichen Sinne gleichzustellen ist, nehmen zu. Neyer (1999, 18f) spricht in diesem Zusammenhang von einer zunehmenden „Feminisierung“ des Arbeitsmarktes, indem Merkmale, die bisher Frauenbeschäftigung gekennzeichnet haben, am gesamten Arbeitsmarkt auftreten8; diese sind v.a. Brüche in
der Arbeitsbiographie wie Phasen der Arbeitslosigkeit und/oder Teilzeitbeschäftigung, Abnahme des Einkommens und der sozialen Sicherheit. Es ist dabei anzunehmen, dass diese
Veränderungen der Arbeitsmarktsituation Frauen in stärkerem Maß treffen werden. Eine umfassende statistische Erhebung dieses immer größer werdenden Sektors liegt bisher nicht vor.9
Bildung und Ausbildung
Die Daten des Mikrozensus von 1998 zeigen, dass die Beschäftigten im Kultur- und Mediensektor über eine höhere Qualifikation verfügen als der Durchschnitt der Bevölkerung. Der Anteil der AkademikerInnen an der Erwerbsbevölkerung beträgt 6,5% (4,2% bei Männern, 2,3%
bei Frauen), im Kultur- und Medienbereich liegt er hingegen bei 30,3% (20,6% bei Männern,
9,7% bei Frauen).
Der vorliegenden Studie liegen Daten der sechs österreichischen Kunstuniversitäten zugrunde
und es wurden Daten für die folgenden Fächer erhoben: Musik- und Theaterwissenschaft,
Kunstgeschichte, Massenkommunikation / Journalismus, Kommunikationswissenschaft und
Architektur. Ausbildungskurse an Fachhochschulen, z.B. für Industriedesign oder Medienforschung sind ebenfalls eingeschlossen
8
9
1987 betrug die Arbeitslosenquote der Frauen in Kultur- und Medienberufen 37%; 1998 war sie auf 48%
gestiegen
Die Datenerhebung ist schwierig, weil sich viele Arbeitslose nicht beim Arbeitsamt melden. Außerdem sind
auch KünstlerInnen als arbeitslos gemeldet, die ihr Haupteinkommen mit nicht-künstlerischer Tätigkeit erzielen und diese Arbeit verlieren. Künstlerinnen sind möglicherweise als Hausfrauen und Mütter erfasst, weil es
ihnen mehr Vorteile einbringt als die Erfassung als arbeitslose Künstlerin.
7
Frauen in Kultur- und Medienberufen
Tabelle 5 vergleicht den Anteil von Absolventinnen und Professorinnen an Universitäten allgemein, in kulturbezogenen Fächern und an Kunstuniversitäten.
Tabelle 5: Anteil der Absolventinnen, Universitätsassistentinnen und Professorinnen
1980 und 1998
Kunstuniversitäten
Absolventinnen
Vertragsassistentinnen
Universitätsassistentinnen
Professorinnen
1980
47%
0
24%
11%
1998
53%
51%
34%
18%
Ausgewählte Fächer mit Kulturbezug
1980
1998
64%
59%
54%
24%
27%
8%
9%
Universitäten
allgemein
1980
34%
15%
2%
1998
46%
42%
25%
6%
Quelle: Hochschulbericht 1999
Die Zahlen belegen den hohen Anteil von Frauen in den Fächern mit Kunst- Kultur- oder Medienbezug, die als bevorzugtes Studienfeld von Frauen angesehen werden können.
1998 wurden die Hochschulen künstlerischer Richtung in Universitäten der Künste umgewandelt. Wie oben bereits erwähnt, weisen die Kunstuniversitäten generell einen höheren
Frauenanteil auf als die Universitäten. Dieser sinkt jedoch kontinuierlich, wenn es um einen
Aufstieg innerhalb der Hierarchien geht:
Der Anteil der weiblichen Lehrenden10 und Universitätsprofessorinnen ist jedoch wenig ermutigend. Seit 1980 hat der Anteil der Professorinnen an Kunsthochschulen zwar allmählich zugenommen, obwohl er dort schon immer etwas höher war als an den allgemeinen Universitäten (6%). Angesichts der hohen Anteile von Studentinnen und Absolventinnen lässt dies auf
eine unsichtbare Barriere für Frauen schließen.
Ein festes Anstellungsverhältnis erweist sich für viele Frauen als unüberwindliche Hürde.
Als Assistentin funktioniert es noch. Aber wenn man dann weiter will,
gibt’s enorme Schwierigkeiten, die nicht direkt ausgesprochen werden. (...) Man muss einfach noch besser sein.
(Theaterwissenschafterin)
10
Um die Vergleichbarkeit innerhalb der Zeitreihe zu gewährleisten, wurden die ProfessorInnen nach dem
UOG 93 nicht mitgezählt.
... in Österreich
Abb. 2:
Frauenanteile an Kunstuniversitäten
70%
60%
50%
in
%
40%
30%
20%
10%
0%
1980/81
AbsolventInnen
1985/86
1990/91
Vertragsassistentinnen
1995/96
UniversitätsasistentInnen
1997/98
Ordentliche ProfessorInnen
Quelle: Hochschulstatistik
Die Frauenanteile in allen Fächern der Universität liegen weit unter denen der ausgewählten,
kulturspezifischen Fächer. Der Anteil der Absolventinnen ist in den anderen Universitätsfächern deutlich niedriger als in den kulturspezifischen Fächern. In der Architektur steigt dieser
Mittelwert auf 77%.
Abb. 3 zeigt die hierarchische Pyramidenstruktur der weiblichen Lehrtätigkeit in kultur- und
medienbezogenen Fächern an Hochschulen. Es wird deutlich, dass nur wenigen Frauen der
Übergang von einer Zeitstelle zu einer Fixanstellung gelingt. Der Frauenanteil am festangestellten Lehrpersonal ist in den letzten 20 Jahren in der Tat fast unverändert geblieben. Dies
zeigt, dass der „demographische Druck“ hochqualifizierter Frauen allein nicht ausreicht, ihren
Anteil am festangestellten Lehrpersonal zu erhöhen.
Abb. 3: Frauenanteil in ausgewählten Fächern der Universität 1980 - 1997
60%
50%
40%
% 30%
20%
10%
0%
1980/81
AbsolventInnen
1985/86
ProfessorInnen
1990/91
UniversitätsassistentInnen
1995/96
VertragsassistentInnen
1998/99
Lehrbeauftragte
Quelle: Hochschulstatistik
9
Frauen in Kultur- und Medienberufen
Maßnahmen zur Gleichbehandlung an Universitäten
Die Hauptschwierigkeit für Frauen liegt also darin, regulär in den wissenschaftlichen und
Lehrbetrieb der Universitäten eingebunden zu werden. 1999 wurde vom Bundesministerium
das „Weißbuch zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft“ in Auftrag gegeben, das sich
auch auf die „Old-Boys-Networks“ bezog, die wesentlich dazu beitragen, die Annahme von
Habilitationsprojekten von Frauen verhindern bzw. erschweren. Hier wird deutlich, dass (zumeist männliche) „gatekeeper“ eine wesentlicher Faktor sind, der die Karriere von Frauen bebzw. verhindert.
Um dem entgegenzuwirken, gibt es seit 1993 an allen Universitäten sogenannte „Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen“, deren Aufgabe darin besteht, Diskriminierungen zu verhindern. Da bald nach der Gründung dieser Arbeitskreise deutlich wurde, dass diese
über zu enge Handlungsspielräume verfügten, trat später eine Gesetzesnovelle in Kraft, die es
ihnen ermöglicht, diskriminierende Besetzungsverfahren neu aufzurollen.
1998 wurde der Frauenförderungsplan des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr
aktualisiert (was alle zwei Jahre zu geschehen hat), wobei Maßnahmen zur Förderung von
Frauen bei der Besetzung von Professuren festgeschrieben wurden. Der Ausschreibungstext
jeder Stelle muss dem Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen oder der Gleichbehandlungsbeauftragten vorgelegt werden, und die Ausschreibung muss wiederholt werden, wenn
sich beim ersten Mal keine qualifizierte Kandidatin bewirbt.
In der Legislaturperiode von 1996 – 99 war die Frauenförderung in der Wissenschaft ein erklärtes Ziel des Bundesministers. Dies äußerte sich u.a. in der konsequenten Berufung von
Frauen zu Professorinnen, wenn diese auf dem Dreiervorschlag aufschienen, den die
Universitäten dem Minister zu unterbreiten haben. Nach z.T. heftig geführten öffentlichen
Debatten, steht nun zu befürchten, dass Frauen u.U. nicht mehr in diese Dreiervorschläge
aufgenommen werden.
Frauen in Führungspositionen
Bei der Analyse der Geschlechterverteilung sind vorerst zwei Fragestellungen von Relevanz:
•
•
Auf welcher Ebene der innerbetrieblichen Hierarchie sind Frauen vertreten?
Auf welcher Ebene befindet sich das Unternehmen auf dem Markt?
Die Studie konzentrierte sich auf folgende Bereiche
• Politik und Verwaltung
• Bibliotheken und Archive
• Musik
• Darstellende Kunst
• Literatur
• Bildende Kunst
• Design und Mode
• Architektur
• Neue Medien
• Massenmedien
• Werbung)
... in Österreich
In den untersuchten Bereichen ergab sich immer wieder das gleiche Bild: Je stärker eine berufliche Position mit Prestige und Einkommen verbunden ist, desto weniger Frauen sind anzutreffen.
Zwar zeigt sich bei den Zeitreihenuntersuchungen, dass sich in dieser Hinsicht langsam etwas
verändert, aber die Langsamkeit der Veränderung entspricht in keiner Weise der Bedeutung
der generellen Frauenbeschäftigung bzw. der künstlerischen und kulturellen Leistungen von
Frauen im jeweiligen Bereich.
Dabei wurden drei Arten der geschlechterspezifischen Verteilung festgestellt:
1. Je höher eine Organisation auf dem Markt eingestuft werden kann, desto weniger Frauen
finden sich in Führungspositionen.
2. Bereiche, die einen hohen Anteil von Frauen in Führungsebenen aufweisen, sind „feminisiert“, d.h. sie verfügen über vergleichsweise geringe finanzielle Mittel, eine schwache soziale Absicherung etc.
3. Ausnahmen von den ersten beiden systembedingten Phänomenen: Bereiche, in welchen
sich Frauen in Managementpositionen befinden, ohne dass oben beschrieben Effekte der
„Feminisierung“ einsetzen.
Geringe Präsenz in prestige- und finanzstarken Positionen
Hier konnten dieselben Trends ausgemacht werden wie in anderen Bereichen der Erwerbsarbeit: Frauen sind extrem unterrepräsentiert, ihr Aufstieg scheitert an verschiedenen Hürden
wie Karenz- bzw. Kinderbetreuungszeiten und den aus diesen Pausen resultierenden Informationsdefiziten. Allerdings muss auch an dieser Stelle wiederum auf die „gate keeper“ verwiesen werden, die bereits die Aufnahme von Frauen in bestimmte Positionen verhindern.
Das Zusammenwirken beider Faktoren schlägt sich im Bereich der Musik besonders auffällig
nieder: Diese Kunstform, die wesentlicher Bestandteil österreichischer Repräsentationskultur
ist, bleibt Frauen besonders in den oberen Rängen der professionellen Hierarchien verschlossen:
Frauen in musikalischen Leitungsfunktionen sind nach wie eine große Ausnahme : in den
Spielzeiten 1980, 1985, 1990, 1995 und 1997 haben nur zweimal Frauen als Dirigentinnen die
musikalische Leitung von Opernaufführungen übernommen. Abgesehen von Korrepetitorinnen und zwei Dirigentinnen ist noch eine Konzertmeisterin an der Volksoper tätig, sonst präsentieren sich alle Bereiche musikalischer Leitung an Staats- und Volksoper als Männerdomänen.
Besonders auffällig ist auch der Umstand, dass die Orchester der Bundestheater in den untersuchten Jahren keine einzige Chordirektorin beschäftigt haben.
11
Frauen in Kultur- und Medienberufen
Tabelle 6: Musikalische Leitung an Staats- und Volksoper
1980/81
1985/86
DirigentIn
Musikal. Studienleitung
Korrepetition
KonzertmeisterIn
Chordirektion
m
30
2
10
4
1
f
0
0
0
0
0
m
40
2
12
5
0
f
0
0
1
0
0
DirigentIn
Musikal. Studienleitung
Korrepetition
KonzertmeisterIn
Chordirektion
m
8
1
4
3
1
f
0
0
0
0
0
m
11
1
2
3
1
f
0
0
1
0
0
1990/91
Staatsoper
m
f
30*
0
2
1
8
0
5
0
1
0
Volksoper
m
f
30*
0
1
0
2
4
2
0
1
0
1995/96
1997/98
m
32
3
4
5
1
f
1
0
2
0
0
m
33
3
4
5
1
f
1
0
2
0
0
m
17
1
2
1
1
f
0
0
3
1
0
m
17
1
3
2
1
f
1
0
3
1
0
* 1990/91 wurden die Dirigenten an Staats- und Volksoper nicht getrennt ausgewiesen
Quelle: Bundestheaterberichte
Im Jahr 1997 löste die Weigerung der Wiener Philharmoniker, eine Frau aufzunehmen, eine
breite öffentliche Diskussion aus. Seither ist das Thema wieder in den Hintergrund des allgemeinen Interesses getreten und Frauen bleiben in Orchestern – mit Ausnahme des Grazer
Symphonischen Orchesters – deutlich unterrepräsentiert.
Der 1993 festgestellte Befund, dass der Frauenanteil zurückgeht, je höher Prestige und Budget
des jeweiligen Klangkörpers sind, hat sich nicht verändert.11 Diese Tendenz lässt sich am Beispiel der Bundestheaterorchester12 deutlich ablesen: in der Staatsoper, die in Bezug auf ihr
Repertoire und ihre Repräsentativität das klassische Opernhaus darstellt, finden sich seit 1980
nur zwei Frauen im Orchester, während der Frauenanteil in der Volksoper kontinuierlich
steigt. In einigen öffentlich finanzierten Einrichtungen gelangen ganz offensichtlich die frauenfördernden Maßnahmen im Sinne des Bundesgleichbehandlungsgesetzes nicht zur Umsetzung.
11
12
Ostleitner, S. 61.
Ausgewertet wurden die fixen Orchester der beiden Opernhäuser (Staats- und Volksoper) sowie das Bühnenorchester der Bundestheater.
... in Österreich
Tabelle 7: Musikerinnen in Orchestern 1998/99
Wiener Philharmoniker*
Wiener Symphoniker*
RSO*
Bruckner Orchester*
Grazer Symph. Orchester*
Kärntner Sinfonieorchester*
Staatsoper**
Volksoper**
Bühnenorchester der Bundestheater**
insgesamt
insgesamt
132
118
89
101
90
44
145
87
43
574
Frauenanteil (%)
1
3
21
35
48
20
1
26
5
19
Quelle: *Eigenerhebung 1999, ** Bundestheaterbericht 1998
Bei den 11 wichtigsten Musikfestivals im Bereich der sogenannten „E-Musik“ wurden Daten
zum Anteil der Frauen bei der Leitung und Intendanz erhoben. Frauen sind auch in diesen
Leitungsfunktionen in der Minderzahl: unter insgesamt 19 DirektorInnen befinden sich 3
Frauen.13
Das 1982 gegründete Frauenkammerorchester, dessen Ziel es war,
jungen Orchestermusikerinnen eine Möglichkeit zu bieten, Orchestererfahrung zu bekommen und Werke von zeitgenössischen Komponistinnen aufzuführen, sieht einer ungewissen Zukunft entgegen: die
Kunstsektion des Bundeskanzleramtes hat die Jahressubvention eingestellt und gewährt nur mehr Projektförderungen. Die Jahressubvention der Stadt Wien allein reicht nicht aus, um Aufführungen produzieren zu können. Somit befindet sich das Orchester in der paradoxen Situation, zwar Förderungen zu erhalten, die aber zu niedrig sind, um
auch auftreten zu können.
Ebenso stellt der Theatersektor ein anschauliches Beispiel für die „Feminisierung“ von prestige- und kapitalarmen Bereichen dar: Je kapitalschwächer die Theater sind, desto höher der
Anteil von Frauen in Führungspositionen. Die Leitungspositionen in den Bundestheatern
werden in den letzten 20 Jahren trotz Umstrukturierung unverändert von Männern dominiert.
In den künstlerischen Leitungsaufgaben wie Bühnenleitung, Dramaturgie, Regie und Spielleitung sind Frauen kaum bis gar nicht präsent.
Tabelle 8: Frauenanteil in der künstlerischen Leitung von Theatern
Bundestheater*
Stadt- und Landestheater**
Wiener Großbühnen**
Mittelbühnen**
Freie Gruppen**
Frauenanteil (%)
0
13
33
33
45
Quelle: *Bundestheaterbericht 1997/98, ** Eigenerhebung, 1999
Dieser Befund trifft auch auf den Medienbereich zu: Sowohl im (öffentlichen) Österreichischen Rundfunk (ORF), als auch in den (privaten) Printmedien gelangen Frauen nur äußerst
selten in Leitungspositionen: der Generalintendant des ORF, der Hörfunkintendant, der kauf13
Ruiss 1997; Eigenerhebung
13
Frauen in Kultur- und Medienberufen
männische und technische Direktor sind männlich, nur das Fernsehen verfügt über eine Programmintendantin. Allerdings ist auch die Kulturchefin des ORF eine Frau. Von den neun
Landesstudios steht nur einem (Niederösterreich) eine Landesintendantin vor.14
Was die 16 größten österreichischen Tageszeitungen betrifft, so findet sich nur eine einzige
Chefredakteurin.15 Diese Unterrepräsentierung steht in krassem Gegensatz zu den hohen Frauenanteilen unter den AbsolventInnen des Publizistikstudiums. Auch in den Medien ist die
Festanstellung die erste Hürde, an der bereits viele Frauen scheitern.
Um die spezifischen Interessen von Journalistinnen zu vertreten, wurde 1999 das Frauennetzwerk Medien gegründet (mit 165 Mitgliedern
im Februar 2000). Diese Interessenvertretung ist ausschließlich Frauen zugänglich und versteht sich als Lobby mit Servicecharakter. Ein
wichtiges Gründungsmotiv war der Umstand, dass sich viele Journalistinnen in Bezug auf geschlechtsspezifische Probleme von der Gewerkschaft nicht ausreichend vertreten fühlen.
Frauenspezifische Felder
Neben den Feldern, in die Frauen nur allmählich Zugang finden, gibt es auch Bereiche, die
eindeutig geschlechtsspezifisch geprägt sind wie z.B. Mode, das Studium bestimmter Instrumente (z.B. Harfe), alle Arten von Kunstpädagogik im nicht-akademischen Bereich, Kinderund Jugendliteratur oder Übersetzung. Zahlen zur universitären Ausbildung zeigen, dass in
manchen Jahrgängen der Frauenanteil dort auf bis zu 100% steigt.
Besonders Berufe, die sich i.w.S. mit dem „geschriebenen Wort“ befassen, zeigen sich als
Frauenbereiche: Neben einer hohen Präsenz von Übersetzerinnen, Lektorinnen stellt gerade
das Bibliotheks- und Büchereiwesen einen Bereich dar, der von einer hohe Frauenbeschäftigung geprägt ist. 1998 besaß Österreich 2.554 Bibliotheken (einschließlich der Universitätsbibliotheken und der Nationalbibliothek), die den Gemeinden unterstehen und frei zugänglich
sind. 69% der Leitungsstellen waren mit Frauen besetzt, allerdings schlägt sich die Leitung
einer öffentlichen Bibliothek nicht in wesentlichen finanziellen Verbesserungen nieder.
Eine Studie aus dem Jahr 1996 hat für die städtischen Bibliotheken im Wiener Raum ergeben,
dass Frauen zwar 60% der LeiterInnen ausmachen, in der höchsten Gehaltsstufe aber nur
mehr 20%.16
Ein weiterer Frauenbereich ist die Kinder- und Jugendliteratur. Die Dominanz von Frauen
kann hier in Hinblick auf die Mutterrolle erklärt werden, die Frauen nach wie vor als wesentlich zugewiesen wird und sie scheinbar per naturam als prädestiniert für diesen Bereich ausweisen.
Generell kann festgestellt werden, dass der Frauenanteil im vermittelnden und reproduzierenden Bereich höher ist als in der direkten Kunstproduktion. Dies zeigen die hohen Frauenanteile z.B. in Öffentlichkeitsabteilungen von Museen, unter Übersetzerinnen oder in der Kunstpädagogik.
14
15
16
Eigenerhebung 1999
Pressehandbuch 1999
Jahl, 1996
... in Österreich
Einzelbeispiele, die dem Gesamtbild widersprechen
Einzelergebnisse, die diesem Trend nicht entsprechen, sind Felder,
• in denen beide Geschlechter annähernd gleich repräsentiert sind,
• in denen diese Verteilung nicht mit einem Prestigeverlust des Sektors einhergeht,
• in denen das Ziel "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" erreicht ist.
Hier sind vor allem die wissenschaftlichen Bibliotheken zu nennen, wo Frauen fast die Hälfte
(47%) aller DirektorInnen von Universitätsbibliotheken stellen bzw. die Österreichische Nationalbibliothek, der auch bereits einmal eine Frau vorstand. Dies ist um so bemerkenswerter,
als es sich bei diesen Positionen um hohe Posten des öffentlichen Dienstes handelt, die mit
einem entsprechenden Gehalt verbunden sind. Grund für diese Ausgewogenheit war eine
konkrete politische Konstellation, aufgrund derer es den ersten Frauen möglich war, den „gläsernen Plafond“ zu durchstoßen.
Innerhalb der Nationalbibliothek befindet sich seit 1992 die Kooperationsstelle für frauenspezifische Information und Dokumentation ARIADNE, die eine Datenbank zu frauenspezifischer Literatur aus den
Beständen der Nationalbibliothek betreut. Die Gründungsgeschichte
von ARIADNE hat ihre Wurzeln im Jahr 1986/87, als erstmals eine
Durchführbarkeitsstudie erstellt wurde. Eine der Gründerinnen, Christa Wille, meint 1999 dazu in einem Interview: „1992 sind viele
glückliche Umstände zusammengekommen, mitgespielt hat sicherlich
auch, dass mit Magda Strebl seit 1984 erstmals eine Frau an der Spitze der ONB stand.“( Falter Bildungsspecial 10/1999).
Ein weiteres Beispiel für eine solche Abweichung ist der Frauenanteil in der Kultursektion
des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten, wo sich die Geschlechterverteilung
genau umgekehrt zur durchschnittlichen Verteilung am Arbeitsmarkt verhält: Der Frauenanteil steigt von 47% unter den MitarbeiterInnen auf 57% unter den AbteilungsleiterInnen bis
hin zur Sektionschefin. Beide Beispiele illustrieren die Wichtigkeit von gatekeepers, die es
anderen Frauen ermöglichen, in diesen Feldern zu arbeiten:
Man empfindet es als selbstverständlich, dass die beste Person eine
Frau sein kann. (Hochrangige Kulturbeamtin)
Auch in den Jurys für Preise und Stipendien des Bundes ist das Geschlechterverhältnis in etwa ausgewogen.17 Dies ist um so erfreulicher, als zu Beginn des Auswertungszeitraumes
(1980 bzw. 1985) der Frauenanteil noch bei ca. 20% lag. Diese Entwicklung ist ebenfalls auf
politische Vorgaben zurückzuführen. Die Mitgliedschaft in Jurys oder Beiräten ist zwar mit
Sozialprestige verbunden, stellt aber keine berufliche Leitungsposition dar und führt auch
nicht zu zusätzlichem Einkommen.
Das Feld der Werbung und PR-Berufe ist ein weiteres, bemerkenswertes Beispiel für eine ungewöhnliche Geschlechterverteilung in einem Arbeitsfeld. Hier fand ein gender switch bereits
statt, wenngleich dieser noch nicht die oberste Hierarchieebene erreicht hat. Im Gegensatz zu
17
Die Ankaufspraxis des Bundes bezüglich bildender Kunst hat sich zugunsten von Künstlerinnen verbessert:
Während sich 1980 nur 16% Frauen unter den KünstlerInnen befanden, deren Werke angekauft wurden, lag
dieser Prozentsatz 1997 bereits bei 38%. (Kunstbericht 1980 und 1997), was ungefähr dem Frauenanteil in
der bildenden Kunst entspricht. Allerdings muss in diesem Zusammenhang betont werden, dass gerade an einer solchen Stelle politische Maßnahmen zur Frauenförderung mühelos umgesetzt werden könnten.
15
Frauen in Kultur- und Medienberufen
anderen Bereichen, wo ein Überangebot an gut ausgebildeten weiblichen Nachwuchskräften
keine Änderung des Geschlechterverhältnisses bewirkt hat, gibt es hier deutliche Anzeichen,
dass der gläserne Plafond nicht undurchlässig ist. Der seit 1986 steigende Frauenanteil im Public Relations Verband Austria weist darauf hin.
Tabelle 9: Frauenanteil unter Mitglieder des PRVA 1986, 96, 99
1986
1996
1999*
Frauenanteil (%)
25%
38%
45%
Quelle: Gründl
*Eigenerhebung
Preise und Stipendien
Bundeskunstpreise
Preise öffentlicher Körperschaften bedeuten monetäre und symbolische Anerkennung künstlerischer Arbeit. Deshalb ist sowohl eine Analyse der Anzahl der Künstlerinnen nötig, die Preise bekommen haben wie auch eine Analyse der Höhe der Preisgelder.
Eine Betrachtung der Vergabepraxis von Preisen und Stipendien des Bundes in Fünfjahresschritten seit 1980 zeigt, dass in manchen Sparten keine Preise an Frauen vergeben wurden;
ob dies auf die geringe Zahl von Frauen unter den Einreichenden oder die Juryentscheidungen
zurückzuführen ist, konnte nicht erhoben werden.
Die dargestellten Daten stammen aus den Kunstberichten und sind somit repräsentativ für die
Preisvergaben des Bundes18; ausgewertet wurden Staats-, Förderungs- und Würdigungspreise.
Bedingt durch die geringe Anzahl an Personen ergeben sich große Schwankungen in den Prozentsätzen. Bei der Vergabepraxis ist zu bemerken, dass der Große Staatspreis, der in verschiedenen Sparten vergeben wird, nur zweimal – 1980 für Europäische Literatur und 1995
für Literatur – an eine Frau ging. In den Sparten Musik, Kulturpublizistik und darstellende
Kunst (Grillparzer- und Raimundring, angeführt 1980 und 1985) wurden in den untersuchten
Jahren keine Preise an Frauen vergeben. Sonst bekommen Frauen Förder- und Würdigungspreise, die finanziell wie symbolisch weniger „wert“ sind als Staatspreise.
Fig. 4 zeigt, dass der Frauenanteil sowohl bei den PreisgewinnerInnen als auch in den Jurys
seit 1980 gestiegen ist.
18
Preise und Stipendien der öffentlichen Hand wurden nur für die Kunstsektion auf Bundesebene ausgezählt,
da nicht alle Landeskulturberichte die Preisträger/innen ausweisen. Betrachtet wurden Einzelzuwendungen
an Künstler/innen in den Sparten Musik und darstellende Kunst, bildende Kunst, Film, Foto, Literatur und
Kulturpublizistik.
... in Österreich
Abb. 4: Preisträgerinnen und Jurorinnen bei Preisen des Bundes in %
50%
49%
44%
29%
32%
23%
19%
18%
13%
11%
1980
1985
1990
Preisträgerinnen
1995
1998
Jurorinnen
Quelle: Kunstberichte
Aufgrund der anhaltenden Unterrepräsentierung von Frauen im Kultur- und Medienbereich
wurde 1999 von der Frauenministerin der Frauen-Kunst-Preis ins Leben gerufen. Dieser Preis
wird jährlich an eine bis maximal fünf Künstlerinnen vergeben; die Höhe der Preissumme
wird jedes Jahr neu dotiert und betrug 1999 700.000 ATS (zum Vergleich: der Große Österreichische Staatspreis beträgt 300.000 ATS). In seinem Stiftungsjahr wurde der FrauenKunst-Preis an fünf Künstlerinnen aus dem Bereich „Neue Medien“ vergeben. 1999 setzte
sich die Jury, die jedes Jahr neu bestellt wird, aus drei Frauen und zwei Männern zusammen.19
Mit der Auflösung des Frauenministeriums wird der Preis eingestellt.
Auch im Bereich der Privatstiftungen finden sich spezielle Förderungsprogramme für Künstlerinnen oder Wissenschaftlerinnen wie z.B. die Förderungen der Anne-Goldenberg-Stiftung,
die 100.000 ATS pro Jahr an Frauen vergibt, „welche sich neben ihren beruflichen oder Familienpflichten auf dem Gebiet der bildenden Kunst oder des Kunsthandwerks schöpferisch betätigen“.20
Im Jahr 2000 wurde von der Stadt Linz der Marianne von WillemerPreis für Literatur von Frauen ins Leben gerufen. Es handelt sich dabei um zwei gleichwertige Literaturpreise (à 50.000 ATS) in den Bereichen traditioneller Medien und Internet. Mit diesem Preis „soll der
Benachteiligung von Autorinnen bei der Vergabe von Literaturpreisen
in Österreich entgegengesteuert werden." (Konzept Marianne von
Willemer-Preis)
Der Bereich der Kinder- und Jugendliteratur zeigt sich als frauenspezifisches Feld mit den
negativen Begleiterscheinungen der „Feminisierung“: niedrigere Preisgelder, geringeres Prestige der Preise. Seit 1985 gingen 61% aller Preise und der überwiegende Anteil des Preisgeldes an Frauen (der am höchsten dotierte Preis für Kinderlyrik 1997 ging allerdings an einen
Mann).
19
20
Homepage der Frauenministerin, telefonische Auskunft August 1999.
Zitat aus dem Ausschreibungstext der Anne-Goldenberg-Stiftung.
17
Frauen in Kultur- und Medienberufen
Tabelle 10: Preise des Bundes für Kinder- und Jugendliteratur in ATS, 1985-1998
Preisgelder an Frauen (ATS)
105,000
95,000
285,000
225,000
1985
1990
1995
1998
Preisgelder an Männer (ATS)
45,000
95,000
85,000
52,500
Ein Grund für die Überrepräsentierung von Frauen dürfte auch in festgelegten Rollenvorstellungen zu suchen sein, die ihnen größere Kompetenz in der Kindererziehung zuschreibt.
Bundesstipendien
Bei den Stipendien des Bundes steigt der Frauenanteil auf maximal 40%; nur in der bildenden
Kunst steigt er 1980 und 1985 auf mehr als 50%, zudem gingen 1980 50% der Literaturstipendien an Frauen. 1997 wurden auch Stipendien für Film-, Foto-, Videokunst vergeben, wobei 33% der StipendiatInnen Frauen waren. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem
Frauenanteil in den Jurys und unter den PreisträgerInnen ist hier nicht zu erkennen.
Abb.5:
Stipendiatinnen und Jurorinnen (Bundesstipendien 1985-1998)
58%
47%
47%
40%
18%
18%
1985
24%
28%
1990
Stipendiatinnen
1995
1998
Jurorinnen
Quelle: Kunstbericht 1985, 1990, 1995, 1997
Professionelle und politische Strategien
Gleichbehandlungsgesetze
Die Gleichstellung vor dem Gesetz kann als konstantes Ziel österreichischer Frauenpolitik
von den 70er Jahren an betrachtet werden. Dazu bediente sich die österreichische Politik einer
kombinierten Strategie aus Mainstreaming (z.B. Ansätze in der Sozial- und Wissenschaftspolitik) und Frauenpolitik, was sich u.a. 1979 in der Gründung eines Staatssekretariats für Frauenfragen niederschlug, das 1990 in ein Ministerium umgewandelt wurde. Nach dem Regierungswechsel im Februar 2000 wurde das Frauenministerium aufgelassen.
Die gesetzliche Lage zur Gleichstellung ist für Privatwirtschaft und öffentlichen Dienst unterschiedlich geregelt: Für die Privatwirtschaft existiert seit 1979 das Gleichbehandlungsgesetz,
... in Österreich
das die berufliche Diskriminierung von Frauen in Privatunternehmen verbietet; die Regelungen dieses Gesetzes sind allerdings nicht sehr weitgehend, da sie sich auf die Abschaffung
diskriminierender Unterschiede in den Entlohnungsschemata der Kollektivverträge und die
Einrichtung einer Gleichbehandlungskommission zur Durchführung des Gesetzes beschränken.21
Die Gleichbehandlung für den öffentlichen Dienst wurde 1993 im Bundesgleichbehandlungsgesetz festgelegt. Das BGBG enthält neben den Richtlinien, die für die Privatwirtschaft gelten
(Gleichbehandlungsgebot) auch das medial heftig umstrittene Frauenförderungsgebot, das
frauenfördernde Maßnahmen zur aktiven Beseitigung geschlechtsspezifischer Diskriminierung vorsieht; dazu gehören u.a. die bevorzugte Aufnahme bzw. Beförderung von Frauen bei
gleicher Qualifikation mit dem Ziel einer Steigerung des Frauenanteils auf 40% in allen Verwendungsgruppen des öffentlichen Dienstes.
In den Bundesländern wurden zwischen 1994 und 1997 eigene Gleichbehandlungsgesetze
eingeführt, da die Regelungskompetenz für das Dienstrecht der Landes- und Gemeindebediensteten bei den Ländern liegt. Der Wirkungsradius der einzelnen Gesetze ist allerdings unterschiedlich: in manchen Ländern gilt er nur für Bedienstete des Landes, in manchen erstreckt er sich auf Dienstverhältnisse, die mit dem Land, den Gemeinden und den Gemeindeverbänden eingegangen werden.
Ein politischer Rahmen für Frauen und Kulturpolitik?
Weder in der österreichischen Kulturpolitik noch in der Frauenförderungspolitik gibt es politische Konzepte, die sich mit klar definierten Zielen den Frauen im Kultursektor zuwenden.
Vor dem Regierungswechsel Anfang des Jahres 2000 verfolgte die österreichische Frauenpolitik eine Mischung von Mainstreaming und Frauenförderung mit dem Ziel der Gleichstellung
von Männern und Frauen. Daraus gingen Antidiskriminierungsgesetze für den privaten und
den öffentlichen Bereich hervor, und im öffentlichen Sektor wurde eine Frauenquote von 40%
festgeschrieben. Diese Quote brachte, wie auch der vorliegende Bericht immer wieder zeigt,
nicht die erwarteten Ergebnisse. Es scheint im Gegenteil so, als ob in einigen Bereichen, z.B.
den Hochschulen, das Gegenteil dessen erreicht wurde, was angestrebt war. Dies zeigt, dass
die reine Implementierung frauenfördernder Maßnahmen allein nicht ausreicht; bewusstseinsbildende Begleitprogramme wären eine Möglichkeit, solche Regelungen nachvollziehbar zu
machen.
Zwei Fallstudien
Im Verlauf unserer Studie fand sich ein Beispiel, das die Wirkung politischer Instrumentarien
in der Praxis verdeutlicht: der Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken. Der bemerkenswert hohe Frauenanteil in Leitungspositionen wissenschaftlicher Bibliotheken sowie der Umstand, dass auch die Nationalbibliothek bereits mehrmals von einer Frau geleitet wurde, geht
auf eine konkrete politische Konstellation zurück. Die damalige Wissenschaftsministerin (die
ihrerseits auch die erste Frau in dieser Position war) leitete eine Reform des österreichischen
Bibliothekswesens ein, in deren Verlauf 1983 auch erstmals eine Frau die Schlüsselposition
der Direktorin der Nationalbibliothek einnahm (Stumpf-Fischer 1999). Nachdem so die gläsernen Plafonds in der Nationalbibliothek und in den Universitätsbibliotheken mittels politi-
21
Feigl 1999, 25f
19
Frauen in Kultur- und Medienberufen
scher Hilfe durchbrochen wurden, sind in der Folge immer wieder Frauen an diesen Positionen zu finden
Weniger offensichtlich sind die Erfolge der Quotenregelung. Zum einen gibt es keine Überprüfungsmöglichkeiten, ob die Quotenregelung wirklich umgesetzt wird, in diesem Zusammenhang ist an den geringen Anteil der Hochschulprofessorinnen zu denken. Andererseits
lässt das System viele Ausweichmöglichkeiten zu, wie sie bereits beschrieben wurden (siehe
„Bildung und Ausbildung“).
Kulturpolitik und -verwaltung
Mit der Regierungsbildung 2000 wurden die Agenden des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr aufgeteilt; die Zuständigkeit für die Universitäten liegt nun beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, dem ehemaligen BM für Unterricht und
kulturelle Angelegenheiten. Budgetär verfügte bisher das Unterrichtsministerium über die
meisten Ressourcen für Kunst und Kultur (19% der Bundesausgaben für Kunst und Kultur),
gefolgt von der Kunstsektion des Bundeskanzleramtes (14%) und dem Außenministerium
(2%). Die restlichen ca. 65% verteilen sich auf den Österreichischen Bundestheaterverband
(36%), das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr, das für die Kunstuniversitäten
(20%) zuständig ist sowie auf Presse- und Kulturförderung im BKA (6%) und die Theater der
Bundesländer (Finanzausgleich, 2%).22
Das Unterrichtsministerium wird von einer Frau geleitet, seine Kultursektion von einem
Mann. Ihm unterstehen die Bundesmuseen, die Nationalbibliothek, die Phonothek sowie die
Hofmusikkapelle und der gesamte Denkmalschutz. Die Sektion, die für Universitäten und
Fachhochschulen zuständig ist, wird von einem Mann geleitet ebenso wie die Abteilung in der
die Universitäten der Künste ressortieren; die Umstrukturierung der Ministerien hat diese
Aufteilung nicht betroffen.
Dem Außenministerium steht ebenso wie der dort ressortierenden Kultursektion eine Frau
vor. Der Leiterin der kulturpolitischen Sektion des Außenministeriums unterstehen die 11 österreichischen Kulturinstitute (wovon eines von einer Frau geleitet wird) sowie die Koordination sämtlicher kultureller Veranstaltungen im Ausland. Unter den Kultur- und Presseräten an
den 13 österreichischen Auslandsvertretungen befinden sich 1999 8 Frauen (62%). Wie die
untenstehende Tabelle zeigt, sind Frauen in Leitungspositionen der Kultursektion des BMAA
besser vertreten als in allen anderen Bereichen der Kulturverwaltung.
Die Kunstsektion im Bundeskanzleramt ist für zeitgenössische Kunst zuständig und steht deshalb im Mittelpunkt der österreichischen Kulturverwaltung. Sie befindet sich unter der Leitung eines Staatssekretärs. Obwohl sie mit ca. 1,2 Mrd. ATS nur über ca.14% der Bundesausgaben für Kunst (Kunstbericht 1998)23 verfügt, hat ihre Förderpolitik Vorbildcharakter.
22
23
Kunstbericht - Art Report, 1998.
Die von Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam getragen werden; vorliegende Angabe schließt die Gemeinden allerdings nicht mit ein.
... in Österreich
Tabelle 11:
Frauenanteil in der ministeriellen Kulturverwaltung
BMUK - Sektion IV
BKA
BMAA - Sektion V
BMWV - Sektion I
Personal
Leiterinnen
Sektionsleiterin
Insgesamt Frauen (% ) Insgesamt Frauen (%) Insgesamt Frauen
30
63%
5
40%
1
0
54
74%
10
20%
1
0
37
43%
7
57%
0
1
--22
23%
1
0
Quelle: Telefonauskünfte 1999.
Auf Länderebene sind Frauen in Politik und Verwaltung noch stärker unterrepräsentiert als
auf Bundesebene: der Amtskalender 1999 vermerkt nur eine einzige Frau, eine Landesrätin, in
einer kulturpolitischen Leitungsfunktion, in der Verwaltung befinden sich unter 49 AbteilungsleiterInnen 6 Frauen (12%).
Zusammenfassung
Ein Hauptergebnis dieser Untersuchung besteht in der systematischen Darstellung der Datenlage über die Situation von Frauen in Kunst- und Medienberufen. Diese Aufgabe war nicht
leicht zu lösen, weil
•
•
•
•
•
sich statistisches Material zu Kunst, Kultur und Medien nach wie vor durch Uneinheitlichkeit auszeichnet
viele Statistiken nach wie vor nicht geschlechtsspezifisch angelegt sind
es zu Spezifika der Beschäftigung im Kunst- und Medienbereich es keine Daten gibt und
sich zudem ein steigender Anteil an Personen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen
befindet
die zur Zeit angewendeten statistischen Methoden sich noch immer an „Normalarbeitsverhältnissen“ orientieren
der Kunst- und Medienbereich bezüglich seiner Betriebsformen äußerst heterogen ist: es
finden sich industriell strukturierte Großbetriebe ebenso wie freiberufliche Einzelpersonen.
Eine Verbesserung dieser Datenlage ist erstrebenswert, nicht zuletzt um die Treffsicherheit
von Aussagen über Tendenzen in der Kulturbeschäftigung zu erhöhen.
Einer der wenigen Bereiche, der eine lückenlose Dokumentation über die Jahre hinweg aufweist, ist das Feld der institutionalisierten Ausbildung, wo im universitären Bereich der Frauenanteil unter den AbsolventInnen bereits über dem der Männer liegt. Dieser Überrepräsentation unter den Studierenden und AbsolventInnen steht eine vorwiegend männliche ProfessorInnenschaft gegenüber. Studienrichtungen, die seit 20 Jahren Frauenanteile über 50% aufweisen (wie z.B. Bühne/Mode/Textil), in denen die Zahl der Professorinnen aber konstant
niedrig bleibt, zeigen, dass es illusorisch ist zu meinen, dieses Ungleichgewicht werde sich
mit der Zeit von selbst lösen. Hier sind gezielte Frauenförderungsmaßnahmen unverzichtbar,
soll der Frauenanteil gehoben werden.
Im Kulturarbeitsmarkt ist der Frauenanteil in den letzten zwei Jahrzehnten schneller gestiegen als in den übrigen Bereichen.
Was die Hierarchien angeht, so findet sich stets das gleiche Muster: Je höher die Position,
desto weniger Frauen. Deshalb liegt auch die Vermutung nahe, dass in sozial schlecht abgesicherten Beschäftigungsbereichen die Zahl der Frauen ansteigt.
21
Frauen in Kultur- und Medienberufen
Zusammenfassend lassen sich drei Hauptergebnisse erkennen:
• Unterrepräsentation der Frauen in Führungspositionen
• "Feminisierung" der Bereich mit wenig Prestige und geringer Kapitalausstattung
• Ausnahmen: Einzelne Bereiche, in denen ein Gleichgewicht der Geschlechter hergestellt
ist.
Der erste Trend lässt sich durchgängig erkennen. Sei es in den Museen, den Massenmedien
oder in der Filmherstellung, Frauen sind schlecht oder gar nicht auf höchster Leitungsebene
vertreten. Im Bereich Architektur ist dieses Phänomen aufgrund des geringen Anteils der Studentinnen verständlich. In Bereichen wie den Museen jedoch hat der Anteil der Absolventinnen in Kunstgeschichte nie unter 60% betragen und auf geschlechtsspezifische Ausschließungsmechanismen verweisen.
Der Theatersektor ist ein anschauliches Beispiel für die „Feminisierung“ von prestige- und
kapitalarmen Bereichen: die Leitungspositionen in den Bundestheatern werden in den letzten
20 Jahren unverändert von Männern dominiert. Je kleiner die Häuser sind, desto höher wird
der Frauenanteil in Leitungsfunktionen. Im freien Theater liegt der Frauenanteil unter GruppenleiterInnen bei fast 50%. Diese Geschlechterverteilung zeigt deutlich, dass Frauen in Bereichen, die über hohes symbolisches und/oder monetäres Kapital verfügen, in der Minderheit
sind.
Neben den Feldern, in die Frauen nur allmählich Zugang finden, gibt es auch Bereiche, die
eindeutig geschlechtsspezifisch geprägt sind wie z.B. Mode, Harfe oder alle Arten von Kunstpädagogik im nicht-akademischen Bereich. In manchen Jahrgängen steigt der Frauenanteil
dort auf 100%.
Einzelne Sektoren entsprechen dem ersten und zweiten Trend nicht, z.B. die wissenschaftlichen Bibliotheken, wo Männer und Frauen bis zur Direktoriumsebene annähernd gleich vertreten sind. Dies ist um so bemerkenswerter, als dass es sich bei diesen Positionen um hohe
Posten des öffentlichen Dienstes handelt, die mit einer entsprechenden Gehaltsverbesserung
verbunden sind. Grund für diese Ausgewogenheit war eine konkrete politische Konstellation
(unter einer Wissenschaftsministerin und einer Sektionsleiterin), aufgrund derer es den ersten
Frauen möglich war, diesen gläsernen Plafond zu durchstoßen.
Ein weiteres interessantes Beispiel bietet die Geschlechterverteilung im Bereich Werbung und
public relations. Längsschnittuntersuchungen zeigen, dass der Anteil der weiblichen Mitglieder in der Public Relations Association von 1986 bis 1996 von 25% auf 38% gestiegen ist.
Die Mitgliedschaft in diesem Berufsverband geht zumeist mit einer gehobeneren Funktion
innerhalb der Agenturen einher, so dass anzunehmen ist, dass auch in diesem Bereich der gläserne Plafond für Frauen durchstoßen wurde. Dieses Ergebnis ist besonders deshalb interessant, weil Werbe- und PR-Agenturen private, gewinnorientierte Einrichtungen sind, unabhängig von der öffentlichen Hand.
Weitere Beispiele solcher Abweichungen ist der Frauenanteil in der Kultursektion des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten oder in manchen Fällen bei Jurys und PreisträgerInnen.
Allgemein lässt sich feststellen, dass die Gesetzgebung zur Frauenförderung keinen bedeutenden Einfluss auf die Lage der Frauen in den Kultur- und Medienberufen in Österreich hatte.
Eine Verbesserung der gegenwärtigen Maßnahmen lässt sich nur erreichen, wenn der politische Wille zur Verbesserung des Gleichgewichts der Geschlechter im Kultur- und Medienbereich vorhanden ist.
INDIKATORENRASTER
Bibliotheken/
ve/Museen
Archi-
Darstellende Kunst
Musik
Literatur
Bildende Kunst
Design/Mode
Architektur
Kunst in Neuen
Medien
Film
Massenmedien
(Print, AV, Internet)
Werbung
Bundesmusseen
Landesmuseen
Privatmuseen
Werkschaffende
rInnen
Werkschaffende
KünstlerInnen
Orchesterbetrieb
Werkschaffende
KünstlerInnen
Werkschaffende
KünstlerInnen
Werkschaffende
KünstlerInnen
Werkschaffende
KünstlerInnen
Werkschaffende
KünstlerInnen
Werkschaffende
KünstlerInnen
JournalistInnen
Werkschaffende
Bundesarchive
Landesarchive
Stadtarchive
Privatarchive
Groß/Mittel/Klein- Theater
Aufführungsstätten/ Veranstalter
Ballett
Freier Tanz
Festivals
Agenturen
Konzerthäuser
Opernhäuser
Aufführungsstätten
Verlage
Galerien
Museen
Sammlungen
Kunsthäuser
Ausstellungswesen
Medienkunsthäuser
Medienkunstzentren
Produktionsfirmen
TV
Radio
Printmedien
Internet
Agenturen
Werbeabteilungen in Firmen
Agenturen
Übersetzung
Ausstellungsbereich
Architekturhäuser
u.–zentren
Verleihe
Nachrichtenagenturen
Hörspiele
Musikverlage
Lesungen
Hörspiele
Verlage
Verlage
Verlage
Kinos
Verlage
Festivals
Buchmessen
Ausstellungen
Festivals
Ausstellungen
Festivals
Festivals
Öffentliche Büchereien
Wissenschaftl.iche
Bibliotheken
Nationalbibliothek
Landesbibliotheken
Bibliotheken
anderer
Verbände
Künstle-
Zeitlich
beschränkte
Ausstellungen
Festivals
Agenturen
Verbände
Interessensvertretungen
Verwertungsgesellschaften
Verbände
Interessensvertretungen
Aus- u. Weiterbildung
Aus- u. Weiterbildung
Forschung
Forschung
Verwertungsgesellschaften
Verbände
Interessensvertretungen
Aus- u. Weiterbildung
Forschung
Jurys / Beiräte
Jurys / Beiräte
Zeitschriften
Kritik
Theaterverlage
Zeitschriften
Verwertungsgesellschaften
Verbände
Interessensvertretungen
Aus- u. Weiterbildung
Forschung
Forschung
Verbände
Interessensvertretungen
Aus- u. Weiterbildung
Forschung
Verbände
Interessensvertretungen
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Frauen in Kultur- und Medienberufen
Bibliographie
Angerer, Marie-Luise: Frauen in der österreichischen Medien- und Kulturindustrie. Wien
1994.
Angerer, Marie-Luise: “Cultural Worker Who Are You?” Statement 1. In: Österreichische
Kulturdokumentation u.a. (Hg.): cultural competence. Wien 1999. S. 24-30.
Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr (Hg.): Hochschulbericht 1999. Wien.
Bernard, Jeff; Robert Harauer, Wolfgang Reiter, Alfred Smudits, Kurt Stocker: Zur Diskussion: Kulturpolitik für die neunziger Jahre. Wien 1992.
Casey, Bernard: Employment and Skills in the Cultural Sector: Some Reflections on the
European Commission Paper “Culture, Cultural Industries and Employment”. In: Österreichische Kulturdokumentation u.a].: cultural competence. Wien 1999. S. 40-47.
Falter Bildungsspecial Wien 10/1999.
Feigl, Susanne: Keine falsche Bescheidenheit! Wegweiser zur Gleichbehandlung im Beruf.
Hg. v. d. Anwältin für Gleichbehandlungsfragen bei der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz. 6., aktualisierte Aufl., Wien 1999.
Gründl, Klaudia: Public Relations – eine Chance für Frauen? In: BMAGS: Geschlecht und
Arbeitswelten. Beiträge der 4. Frauen-Ringvorlesung der Universität Salzburg. 1998. p. 123138.
Jahl, Christian: Der typische Wiener Bibliothekar – eine Frau? In: Heimo Gruber: Die Bücherei ist weiblich!? Tagung des Arbeitskreises Kritischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare
im Renner-Institut (KRIBIBI), 18. bis 20. October 1996. Wien 1996, o.S.
Kunstbericht. Bericht über die Kunstförderung des Bundes: 1980, 1985, 1990, 1995, 1997,
1998. Wien.
Österreichischer Amtskalender 1998/99
Österreichischer Bundestheaterverband: Bundestheaterbericht 1980/81, 1985/86, 1990/91,
1995/96, 1997/98.
Österreichisches Statistisches Zentralamt: Hochschulstatistik 1980/81, 1981/82, 1985/86,
1990/91, 1991/92, 1995/96, 1996/97, 1997/98. Wien.
Österreichisches Statistisches Zentralamt: Mikrozensus 1980, 1985, 1990, 1998. Wien.
Ostleitner, Elena: Liebe, Lust, Last und Lied. Eine Studie zur Situation des Orchesternachwuchses in Österreich. Wien 1995.
Ruiss, Gerhard/Vyoral, Johannes: Literarisches Leben in Österreich. Wien 1997.
Working Paper of the European Commission [der Europäischen Kommission “Culture, the
Cultural Industries and Employment”]. Brussels 1998
Verband österreichischer Zeitungen: Pressehandbuch 1999. Wien.
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