2 NÜRNBERG A B E N D Z E I T U N G M I T T W O C H , 2 6 .1 . 2 0 1 1 W W W. A B E N D Z E I T U N G - N U E R N B E R G . D E Lieber AZ-Leser Wahrhaft Erhabenes E in bisschen verstehen kann man den Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) schon, dass er die drei Königsschlösser Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee zum „Weltkulturerbe“ machen will. Schließlich ist dieses Siegel der UNESCO nur für wahrhaft Erhabenes in aller Welt reserviert und würde die Operetten–Bauten von Ludwig II. nachträglich adeln. Außerdem hat Südbayern in Sachen Weltkulturerbe einiges aufzuholen: Nur die Wieskirche in Steingaden darf sich mit dem Gütesiegel schmücken. Ganz anders Nordbayern: Gleich vier Stätten des Weltkulturerbes sind hier zu finden: die Fürstbischöfliche Residenz in Würzburg mit dem weltgrößten Decken-Fresco, der Limes, die größte Wehranlage der Antike, Bamberg mit der größten unzerstörten Altstadt Deutschlands – und Regensburg mit seinem einzigartigen mittelalterlichen Kern. Ist die Frage, ob die historisierenden Kini-Schlösser in diese Reihe mit Orten wahrer Geschichte passen – oder nicht doch besser der Schwurgerichtssaal 600 in Nürnberg, die Wiege des modernen Menschenrechts. Man darf gespannt sein, wie die Staatsregierung sich entscheidet. Winfried Vennemann Minister Söder beim Pflegestammtisch Kliniken wird immer kürzer, immer mehr Verfahren werden ambulant durchgeführt – die Patienten allerdings werden immer älter und bauen durch einen Krankenhausaufenthalt oft drastisch ab. Der Pflegestammtisch will klären, ob in den Kliniken die Bedürfnisse von Senioren ausreichend berücksichtigt werden, ob es genug Reha-Angebote nach dem Krankenhaus gibt und wie es um die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen bestellt ist. Diesmal geht’s in Gostenhof um die ärztliche Versorgung von Senioren Hoher Besuch beim Nürnberger Pflegestammtisch morgen im Nachbarschaftshaus Gostenhof (Adam-Klein-Str. 6): Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) stellt sich ab 19 Uhr der Frage: „Sind unsere Krankenhäuser auf ältere Menschen eingestellt?“ Die Verweildauer in den NÜR NBE RG DAS IST LOS IN FRANKEN . . . am Mittwoch, den 26. Februar Zeichnung: Toni Burghart 8 UHR „Morgenstund hat Gold im Mund. . .“ Wer schon morgens vor Kreativität sprudelt, kann diese nutzen und beim Wettbewerb der Nachwuchsförderung junger Autoren mitmachen. Gefragt ist ein Drehbuch für einen 90-minütigen Kino- oder TV-Film zum Thema „Heimat“. Gewinnen kann man ein Autorenstipendium. Einsendeschluss ist Geheimnisvoller Ort in der 15. Februar. Weitere Nürnberg: der Henkersteg. Informationen finden sich im Internet unter www.nuernbergkultur.de 13.30 UHR Nicht nur für Touristen geeignet! Auch alteingesessene Nürnberger könnten bei mancher Frage über die Stadt ins Wanken geraten. Denn was Nürnberg alles zu bieten hat, welche kleinen Geheimnisse sich hinter den Mauern verbergen, in welchen Gassen sich geheimnisvolle Schlupflöcher befinden, können die Teilnehmer der Altstadtführung herausfinden. Treffpunkt ist an der Touristen Information am Hauptmarkt. Die Anmeldegebühr beträgt 7 Euro. 20 UHR Blick in die Zukunft: Wie wird unsere Welt in 100 Jahren aussehen? Wie werden sich die Belastungen auf die Umwelt auswirken? Und wie entwickelt sich die Technik? Die Antworten auf diese und viele weitere Fragen hat der Künstler Jürgen Weiß versucht, auf die Leinwand zu bringen. Wie das aussieht, kann man bei der Ausstellungseröffnung „Behausungen“ im LOFT (Austraße 70) begutachGÄNSGROONG ten. Der Eintritt ist frei. 20.30 UHR Rhythmus im Blut! Die Salsa-Tanzkurse in Erlangen sind sportlich effektiv und machen zudem noch jede Menge Spaß. Nahezu jeden Mittwoch steppt im E-Werk Kulturzentrum (Fuchsenwiese 1, Erlangen) der KaribikBär. Anmeldung, auch ohne Partner, telefonisch unter »Häddns nerblouß & 09131/973997. Acht im Summer mehr Unterrichtseinheiten à kaffd – edzerdla zwei Stunden kosten 50, mäins gsalzne Breise ermäßigt 40 Euro. Der fiirs Salz zoohln!« Parkplatz ist kostenfrei. Nach einem Schlaganfall zählt jede Minute: Jeder vierte Patient, der überlebt, ist danach pflegebedürftig, Fotos: dpa/Universitäts-Klinikum Erlangen Eiskalter Kampf gegen Schlaganfall Neue Methode im Kampf gegen den Infarkt im Kopf: An der Uni-Klinik Erlangen wird das Gehirn der Patienten in einen Winterschlaf versetzt. Eine europaweite Studie würde dort koordiniert E R LA NG E N Es klingt wie ein Wunder: Ein Mann erlitt einen Schlaganfall – und konnte schon nach einer Woche geheilt heim. Möglich wurde die medizinische Sensation durch einen relativ einfachen Eingriff: Der Patient wurde gekühlt, seine Körpertemperatur mit eiskalten Infusionen auf 35 Grad runtergefahren. Nach 24 Stunden waren die schlimmsten Schlaganfallfolgen wie „weggefroren“. Die Methode wird in der neurolo- gischen Klinik der Uni-Klinik Erlangen angewandt. Deshalb ist sie Mitbegründerin einer Studie, die die Erfolge der so genannten Hypothermie jetzt wissenschaftlich belegen soll. Alle 90 Sekunden stirbt in Europa ein Mensch an den Folgen eines Schlaganfalls. Allein in der Erlanger Uni-Klinik kommen monatlich rund 100 Menschen mit dieser lebensgefährlichen Akut-Diagnose. Jede Minute zählt, denn bei diesen Patienten hat sich ein Gefäß im Hirn geschlossen, das dahinter liegende Gebiet wird nicht mehr ausreichend durchblutet. Jeder fünfte Betroffene stirbt daran, jeder zweite bleibt arbeitsunfähig. Bislang wurden die Patienten meist mit einem Medikament behandelt, das das Blutgerinnsel auflöst, viel mehr konnte man nicht tun. Doch nicht bei jedem wirkt es. Jetzt soll Kälte helfen: Durch das medizinisch eingeleitete „Einfrieren“ des Gehirns wird dessen Sauerstoffverbrauch reduziert – und Folgeschäden vorgebeugt. „Die Kühlung ist die einzige Methode, die vor weiteren Schädigungen schützt", ist Dr. Rainer Kollmar, Leiter des experimentellen Schlaganfall-Labors, überzeugt. Und so funktioniert es: Die Körpertemperatur der Patienten wird möglichst schnell von 37 Grad auf 34 oder 35 Grad runtergekühlt – zunächst mit Infusionen, später per Katheder. An diesem hängen Kälteballons, mit denen die Temperatur geregelt werden kann. „Eigentlich würde der Körper versuchen, durch wärme-erzeugendes Zittern seine Temperatur beibehalten“, erklärt Kollmar. Deshalb müssten dagegen Medikamenten gegeben werden. Nach 24 Stunden wird die Temperatur ganz langsam wieder erhöht, Über Erfolg und Folgen der Koordiniert die europaweite Studie: Dr. Rainer Kollmar. Behandlung werden über 80 Kliniken in Europa Buch führen. 1500 Patienten – Förderung durch die EU vorausgesetzt – werden behandelt: die eine Hälfte auf herkömmliche Weise, die andere zusätzlich mit Kälte. Koordiniert wird die Studie in Erlangen. Bisher sind die Nebenwirkungen noch nicht klar. Möglich sind Lungenentzündungen – doch die lassen sich in aller Regel gut behandeln. Andrea Uhrig Rücken-OP: 80 Prozent überflüssig? Rückenschmerzen sind „die entzündliche Antwort des Körpers auf einen mechanischen Reiz“, sagt der Orthopäde. Mit Ruhe und medzinischphysiotherapeutischer Behandlung kann der Körper von selbst wieder heilen. Orthopäde rät von Operationen ab. Der schlimmste Schmerz vergeht – von alleine N ÜR NB E RG Volkskrankheit Rückenschmerzen – wer darunter leidet, weiß nach jahrelangem Martyrium oft weder ein noch aus. Die Zahl der Bandscheiben-OPs nahm in Deutschland um das 15-fache zu. „Aufs Kreuz gelegt - Warum 80 Prozent der Rückenoperationen überflüssig sind“, heißt das Buch des renommierten Orthopäden Dr. Martin Marianowicz, das er gestern in Nürnberg vorstellte. Die einfache These: „Die meisten Bandscheibenvorfälle – Hauptursache von Rückenschmerzen – heilen von selbst, vor allem, wenn man den Prozess medizinisch-physiotherapeutisch unterstützt.“ Die gerne vorschnell verordnete Operation sei selten nötig - und bringe meist keinerlei Linderung der Schmerzen. „Diese Wahrheiten“, so der Münchner Orthopäde, „sind so eindeutig durch Zahlen und ärztliche Erfahrung belegt, dass mein Buch keinerlei Widerspruch ausgelöst hat“. Unter Orthopäden gibt es einen alten Witz: „Welche Klinik hat die besten Ergebnisse bei der Heilung von Rücken- Der erfahrene Orthopäde Dr. Martin Marianowicz präsentiert sein neues Buch „Aufs Kreuz gelegt“. Foto: bayernpress schmerzen? Die mit der längsten Wartezeit.“ Der Schmerz vergeht durch Ruhe und gezielte Anwendungen. „Zu den meisten OPs beim Befund ,Bandscheibenvorfall’ kommt es, weil es einen Kernspin und einen OP-Saal in der Nähe gibt und weil dafür die Kosten übernommen werden.“ Während es für Kassenpatienten kaum möglich sei, ausreichend Physiotherapie verschrieben zu bekommen, werde die teure OP anstandslos gezahlt. Auch der behandelnde Arzt könne den nichtoperativen Aufwand für einen Rückenschmerz-Patienten nicht annähernd kostendeckend abrechnen. „Es lohnt sich erst, wenn ein Knopf ge- drückt wird“, sagt Dr. Marianowicz, und meint: wenn teure Geräte eingesetzt werden. Das A und O seiner Behandlungsmethode, die ausführliche Befragung zur Lokalisierung der Schmerzursache, hat aber keinen Preis im Kassensystem. Allen Rückenschmerz-Patienten rät er deshalb zum zweiten Beratungsgespräch: „Rückenschmerzen sind nicht tödlich, Sie können in Ruhe entscheiden.“ Zur Vorbeugung von Rückenschmerzen hat er allerdings guten Rat, der nicht gern gehört wird: „Übergewicht reduzieren, regelmäßige Bewegung, auch untertags, Gymnastik, Ausdauersport, gute fettarme Ernährung.“ Peter Budig