Technology Integriertes Frontend-Modul Nase vorn Hella und Behr bauen ihre Kooperation weiter aus: Die beiden Zulieferer stellten mit einem integrierten Frontend-Modul ein Vorentwicklungsprojekt vor, das neueste Lichttechnik, zentrale Elektronik und eine innovative Kühlertechnologie beinhaltet. Unter dem Dach der Hella-Behr Fahrzeugsysteme GmbH, einer Entwicklungs- und Fertigungskooperation mit Sitz in Lippstadt, bringen die beiden Zulieferer ihre gesamten Frontend-Aktivitäten zusammen. Ziel: die bereits führende Position auf dem Weltmarkt für Frontends weiter auszubauen. Um die Nase auch künftig gegenüber Wettbewerbern wie Visteon, Delphi, Magna oder Valeo vorne zu halten, investierte das Lieferanten-Duo laut Hella-Behr-Geschäftsführer Michael Zeyen einen »einstelligen Millionenbetrag« in das zukunftsweisende Frontend-Projekt (intern ›PIF‹). Mit von der Partie war zudem die Benteler AG, die Querträger und Crashbox beisteuerte. Die Prämissen der Kooperation lauteten: Modulkosten, Gewicht, Bauraum und Montagezeit reduzieren sowie Innovationen, Crashverhalten und Kundennutzen erhöhen. Ein zwölfköpfiges Team unter der Leitung von Katarina Brück ent- wickelte und baute in gerade einmal einem Jahr (Projektstart war im Mai 1998, die Fertigstellung erfolgte im April 1999) ein Modul, bei dem die bisher übliche Funktionstrennung der Einzelkomponenten weitmöglichst zugunsten ihrer Integration aufgegeben wurde. Ein Muster des integrierten Frontends entwickelten die Ingenieure auf der Basis des Audi A6, dessen Frontend den Benchmark bildete. Sechs Patente meldete Hella-Behr im Zuge der Entwicklung an. So übernimmt beispielsweise der Aluminium-Monoblock-Kühler erstmals tragende Funktionen in der Crash-Struktur des Fahrzeugs und verfügt zudem über eine deutlich ge- ringere Einbautiefe als herkömmliche Kühler. Das Bauteil wirkt als energieabsorbierende Einheit. Spezielle Kühler-Lagerpunkte mit Laschen halten den Kühler bei einem Aufprall fest. Erste Versuche, so die Entwickler, hätten gezeigt, daß das Crash-Verhalten auf diese Weise verbessert werden kann, ohne die Betriebseigenschaften des Kühlers zu beeinflussen. Motorkühler und Klima-Kondensator erzielen – in einem Block verlötet – bei kleinster Einbautiefe beste Durchströmung. Zudem kann der Kühler durch die ausschließliche Verwendung des Werkstoffs Alu sortenrein recycelt werden. Sowohl Abblend- als auch Fernlicht kommen aus einem Bi-XenonProjektionsmodul mit einer XenonLampe als Lichtquelle. Ein Highlight dabei: der Scheinwerfer-Tragrahmen. Um einen eventuell nötigen Austausch der Lampen zu vereinfachen und zusätzlichen Bauraum zu sparen, können die ScheinwerferModule ohne Werkzeughilfe nach vorn herausgezogen und später einfach wieder hineingeschoben werden. Ebenfalls neu: eine in den Scheinwerfer-Rahmen integrierte Zusammengebautes Frontend-Modul: Die bisher übliche Funktionstrennung der Einzelkomponenten wich zugunsten ihrer Integration. Muster des integrierten Frontend-Moduls auf der Basis des aktuellen Audi A6: Das äußere Erscheinungsbild der Fahrzeugfront wurde stilistisch überarbeitet und bei der Formgebung Wert auf erhöhten Fußgängerschutz gelegt. Bilder: Hella-Behr 34 Automobil-Entwicklung · November · 1999 ➔ Technology Integriertes Frontend-Modul Weiteres Bündnis Das zweite Gemeinschaftsunternehmen der Zulieferer Behr und Hella firmiert als Behr-Hella Thermocontrol GmbH mit Sitz in Stuttgart. Dort sollen Bedien- und Steuergeräte für die Fahrzeugklimatisierung sowie elektronische Steuergeräte für intelligente Kühlsysteme im Motorraum entwickelt und gefertigt werden. Die Partner bringen ihre sämtlichen Aktivitäten auf dem Gebiet der Klimaanlagen- und Motorkühlungs-Elektronik in die Kooperation ein. Bis zum Jahr 2003 peilt das JV ein Umsatzvolumen von 350 Millionen Mark an. Geschäftsführer der neuen Gesellschaft: Norbert Gruber (Behr) und Friedrich Waldeyer (Hella). Aufbau des Frontends: Die elektrischen Funktionen des Moduls werden über ein zentrales Steuergerät abgewickelt. Neuer Frontend-Auftrag von Daimler-Chrysler xiko, in Tschechien sowie in Curitiba/Brasilien Frontends für die VW-Modellreihen Golf, Bora, New Beetle und Passat sowie für den Audi A3 und für Skoda. Jahreskapazität: eine Million Einheiten. Zudem verfügt das JV über Support Center in Detroit/USA und Barcelona/Spanien. Hella-Behr-Geschäftsführer Michael Zeyen geht für das kommende Jahr von einem Umsatzvolumen von 250 Millionen Mark aus. In den kommenden fünf Jahren soll das Umsatzvolumen dann 500 Millionen Mark erreichen. Zeyen kündigte zudem an, das strategische Geschäftsfeld des JVUnternehmens künftig um die Eigenproduktion von FrontendMontageträgern in Hybridtechnik ergänzen zu wollen. Streuscheiben-Reinigungsanlage, mit der die Montage vereinfacht wird und bisher notwendige Durchbrüche im Stoßfänger oder Karosserie entfallen können. Zudem verfügt das Frontend über einen Kurvenscheinwerfer, dessen Licht vom Lenkwinkel-Einschlag gesteuert wird. Neue Wege werden auch in der Frontend-Elektrik beschritten. Auf 36 Automobil-Entwicklung · November · 1999 den herkömmlichen Kabelbaum zwischen Frontend und Instrumententafel wird zugunsten eines zentralen Steuergerätes verzichtet. Es ist nur noch ein Kabelstrang erforderlich. Erst im Frontend erfolgt die Verteilung der Funktionen. Die Einheit kommuniziert über einen CAN-Datenbus mit dem Fahrzeug und steuert zentral alle elektrischen Funktionen des Frontends, wie etwa die stufenlose Regelung der elektrischen Lüfter oder das Kurvenlicht. Neben der intelligenten Lichttechnik kann auch problemlos die Abstandsmeß-Sensorik im Frontend integriert werden. Hohen Stellenwert genoß bei der Entwicklung des Moduls auch das Thema Reparaturfreundlichkeit: Auf den traditionellen Montageträger wurde daher verzichtet, ohne dabei die Vormontierbarkeit des Frontends einzuschränken. Metallische Strukturteile verbinden das Frontend-Modul mit der Karosserie. Die Strukturteile sind dabei so miteinander verbunden, daß sie auch einzeln ausgetauscht werden können. Ein Muster des integrierten Frontends wurde zu Anschauungszwecken ebenfalls auf der Basis des A6 realisiert. Dabei wurde nicht nur das äußere Erscheinungsbild der Fahrzeugfront durch Hella-Designer Michael Wüstefeld stilistisch überarbeitet, auch das Thema Fußgängerschutz floß in die Formgebung mit ein. Der Hella-Behr-Geschäftsführer zeigt sich sicher, daß sich der Aufwand lohnt. Zeyen sieht ein gewaltiges Potential für diesen Markt: »In etwa zehn Jahren dürfte die Hälfte aller neuentwickelten Autos mit Frontends ausgerüstet werden.« ➔ Die Hella-Behr Fahrzeugsysteme GmbH erhielt von Daimler-Chrysler den Auftrag für die Entwicklung und Fertigung des Frontends für ein leichtes Nutzfahrzeug (Nachfolger der aktuellen VKlasse). Nach dem Skoda Fabia handelt es sich damit um den weltweit zweiten Frontend-Entwicklungsauftrag, der von einem Automobilhersteller komplett an einen Systemlieferanten vergeben wurde. Auch für den Skoda Fabia hatte Hella-Behr den Entwicklungsauftrag erhalten und fertigt die Frontends im neuen Werk in Mnichovo Hradiste, Tschechien, nahe der Skoda-Fertigung in Mlada Boleslav. Das Lippstädter Joint-ventureUnternehmen fertigt an den Standorten Meerane, Puebla/Me-