Sanieren & Umbauen August 2010 WirtschaftsKurier 21 Heizen mit Schrank und Körper Interview | Prof. Klaus Sedlbauer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik, über die Zukunft der energetischen Altbausanierung I m oberbayerischen Holzkirchen herrschen extreme Temperaturen: doppelt so viel Regen wie in der nahe gelegenen Landeshauptstadt München, 30 % mehr Sonneneinstrahlung sowie Frost- und Tauwechsel wie an nahezu keinem anderen Ort in Deutschland – geradezu ideale Bedingungen für das Fraunhofer-Institut für Bauphysik, um den neuesten Entwicklungen im Bereich der energetischen Sanierung von Altbauten nachzuspüren. „Was hier nicht kaputtgeht, geht auch im Rest der Republik nicht kaputt“, stellte Prof. Klaus Sedlbauer fest, der gemeinsam mit Prof. Gerd Hauser die Einrichtung leitet. Mit dem Bau-Experten sprach WiKu-Redakteur Daniel G. Medhin. WirtschaftsKurier: Herr Professor Sedl­bauer, als Wissenschaftler gehört die Zukunft zu Ihrem täglichen Geschäft. Wenn wir jetzt einmal in die Glaskugel schauen, wie werden wir in 30 Jahren wohnen? Klaus Sedlbauer: Lassen Sie es mich plakativ ausdrücken: Ich bin der Hoffnung, dass wir die Energie, die wir mit unserem Körper produzieren, dafür nutzen können, dass wir unsere Gebäude damit heizen und uns somit in unseren Räumen behaglich fühlen können. WiKu: Klingt interessant, aber wie soll das funktionieren? Sedlbauer: Wenn ich das schon ganz konkret wüsste, würde ich es Ihnen sagen. Aber realistisch gesehen, gehe ich einfach davon aus, dass unsere Gebäude so energieeffizient sein werden, dass sie mit Sonnenenergie, Erdwärme und mit dem, was wir Menschen letztendlich an Energie produzieren, auf einem angenehmen Temperaturniveau gehalten werden können. den nächsten Jahren intensiv vornehmen werden – gemeinsam mit der Frage: Was braucht der Mensch eigentlich, um sich in Innenräumen behaglich zu fühlen? Da arbeiten wir auch mit Psychologen zusammen. WiKu: Können Sie ein bisschen konkreter werden? Sedlbauer: Dazu ist ein wenig Systemforschung erforderlich. Es geht dabei um Komponenten, um die Kommunikation der Komponenten und das Zusammenspiel mit dem Nutzer. Und noch ergänzend: Heutzutage beheizt man immer den gesamten Raum. Ist das denn wirklich notwendig? Reicht es nicht vollkommen aus, dass – wenn man am Schreibtisch sitzt – der Schreibtischstuhl für die notwendige Wärme sorgt? Das sind Dinge, die man bislang nur vom Auto kennt und die wir noch nicht auf Gebäude übertragen haben. Da können wir auch jede Menge von der Kfz-Branche lernen. WiKu: Welche Bedeutung hat in Ihrer Forschung die Energie aus regenerativen Quellen? Sedlbauer: Wir verfolgen das natürlich auch. Dabei müssen wir aber bedenken, dass das, was wir über alternative Energien pro Jahr zur Gebäudebeheizung verwenden, auch in der gleichen Größenordnung durch gute Architektur, Solareinstrahlung sowie Fenster nach Süden und Westen im Haus oder in der Wohnung bereitgestellt werden könnte. Der einfache Gebäudelehrsatz gilt immer noch: erst die Immobilie auf minimalen EnergieverBeim Menschen verbraucht der Kopf in der Regel am meisten Energie, dementsprechend rot ist diese Stelle im Wärmebild. In naher Zukunft könnte es brauch bringen und dann den Restgut möglich sein, dass man sie nicht nur zum Denken, sondern auch zum Heizen nutzt. Fotos: Fotolia, IBP bedarf alternativ decken. und einer Heizungsanlage mit ei- WiKu: Ihr Forschungsinstitut ist ja WiKu: Wo steht Deutschland im Beheizen will, kann er die geringe WiKu: Auf welche Entwickreich der energetischen Sanierung? in vielfacher Weise im Bereich der nem hohen Wirkungsgrad ausgeEnergie dafür vom Nachbarn bezielungen im Baubereich Sind wir in dieser Hinenergetischen Sastattet sein. hen. Wir werden zu ganz neuen Momüssen wir uns bereits sicht ein Entwicklungsnierung aktiv. Köndellen kommen. In Pilotprojekten WiKu: Sind das aber nicht Dinge, die in den nächsten Jahren „Wir können land? nen Sie uns einen eher für den Neu- als für den Altdes Fraunhofer-Instituts für Baueinstellen? noch jede Menge Sedlbauer: Ganz im Gekleinen Einblick in bau gedacht sind? physik, zum Beispiel einer PlusSedlbauer: In einigen genteil. Wir sind techIhre Forschung geEnergie-Schule in Plieningen bei Sedlbauer: Nicht wirklich. Einige Jahren werden wir in sovon der Kfzben? Komponenten finden auch im AltStuttgart, werden solche ZukunftsBranche lernen.“ nologisch hervorragend aufgestellt. Wo es mögSedlbauer: Die Dämbaubereich Verwendung. gedanken schon jetzt in die Realität „In einer Siedlicherweise ein bissmung ist natürlich WiKu: Wie hoch schätzen Sie das umgesetzt. lung wird ein chen hapert, ist bei der politischen immer ein Thema, weil es die einEnergieeinsparpotenzial durch ei­ne WiKu: Wie sieht das im Detail aus? Haus ein Stück Umsetzung. In einigen Ländern fachste Art und Weise ist, um zu energieeffiziente Altbausanierung? Welche Komponenten muss so ein sind beispielsweise energetische Sae ­ inem großen Einspareffekt zu Sedlbauer: Generell muss man sagen, Haus haben? weit für das nierungen von der Mehrwertsteuer kommen. Auf diesem Feld forschen dass das Potenzial der AltbausanieSedlbauer: Erstens ist eine hervorraandere sorgen.“ befreit. Was die Technik betrifft, so wir zum Beispiel im Bereich des rung in Deutschland erheblich ist. gende Dämmung nötig. Zweitens Prof. Klaus Sedlbaur könnten wir das eine oder andere modularen Bauens. Sehr interessant Wir haben 75 % bis 80 % Altbauten, müssen alle internen Wärmequellen Thema noch optimieren und mehr sind aber auch die Heiz- und Klimadie aber 95 % der Energie, die man ausgenutzt werden. Die abgegebe„minimalinvasive“ Optionen bieten. technik. Ich glaube, dass man ein für die Beheizung von Gebäuden ne Wärmeenergie aus Beleuchtung genannten Plus-Energie-Häusern Das heißt, dass man beispielsweise Stück weit wieder dahin zurückgenerell benötigt, verbrauchen. Je oder von elektrischen Geräten kann wohnen. Innerhalb einer Siednicht gleich das komplette Heikommen wird, temporär und nur nachdem, wie viel Geld man bei der gleich wieder zum Heizen verwenlung wird ein Haus ein zungssystem herrausreißt, sondern lokal dort zu heizen, wo sich die Sanierung in die Hand nehmen will, det werden. Zudem sollte die Immo­ Stück weit für das andere Raum für Raum saniert. Da sind wir Menschen aufhalten. Das erfordert kann man den Energieverbrauch bilie mit einer Wärmerück­gewin­ sorgen. Wenn zum Beinoch nicht so weit, aber in diese eine Veränderung der Klima-, Heiz-, auf ein Drittel, ein Viertel, ein Fünfnungsanlage, Brauchwasser­erwär­ spiel ein Bewohner Richtung wird mit Sicherheit die Steuer- und Gebäudeleittechnik. tel oder sogar weniger als ein Zehnmung mittels Solarthermie, mit verreist und trotzForschung gehen. Das ist die Thematik, die wir uns in tel reduzieren. Photovoltaikmodulen für den Strom dem ein bisschen Mit Sand gegen den Tanz der Moleküle Rockwool | Das Potenzial von Steinwolle-Dämmstoffen ist nahezu ausgereizt – Aerogel bietet neue Möglichkeiten VON DANIEL G. MEDHIN W er es in den eigenen vier Wänden wohlig warm haben will und die Heizung einschaltet, weiß in der Regel nicht, welche Kettenreaktion er damit in Gang setzt. Der Temperaturanstieg wirkt für die Luftmoleküle wie ein Aufputschmittel: Sie flitzen herum, kollidieren mit ihren Nachbarn, die sich ihrerseits wieder auf die Reise machen und andere Luftmoleküle anstoßen. Das Positive an diesem milliarden­fachen Dominoeffekt ist: Die Wärme breitet sich über den gesamten Raum aus. Eher negativ ist jedoch, dass der Tanz der Luftmoleküle auch die Festmoleküle in der Wand ansteckt. Diese können sich zwar kaum bewegen, geraten aber in Schwingung und tragen die Energie immer weiter – bis sie am Ende ungenutzt in der Atmosphäre verpufft. Was mit der Bewegung kleinster Teilchen beginnt, summiert sich jährlich auf ganz Deutschland gerechnet zu Millionen Kilowattstunden verschwendeter Energie. Dämmstoffe können diesen Schwingungsprozess reduzieren. Rund ein Drittel der hierzulande verbrauchten Energie wird für das Heizen aufgewendet. Da etwa 75 % bis 80 % der Gebäude in Deutschland Altbauten sind und viele von ihnen über eine mangelhafte Isolierung verfügen, sind Dämmstoffe das einfachste und schnellste Mittel, um einen nennenswerten Einspareffekt zu erzielen. Außerdem sollten sie jeder weiteren technischen Maßnahme wie zum Beispiel einer hochmodernen Heizungsanlage vorausgehen. Welch große Wirkung Isolierstoffe haben, zeigt ein einfaches Beispiel: Ein ungedämmtes 100 Qua­dratmeter großes Einfamilienhaus aus dem Jahr 1960 verbraucht jährlich rund 3 700 Liter Heizöl. Bei einem nach aktuellem Stand errichteten Niedrigenergiehaus sind es nur noch 500 bis 700 Liter und Gerade in Altbauten ist das Dämmen keine einfache Sache, da man hier nicht selten mit Platzproblemen zu kämpfen hat. Foto: Rockwool bei einer Immobilie, die nach dem Passivhaus-Standard errichtet wurde, reduziert sich der Verbrauch sogar auf 150 Liter per annum. In Deutschland weit verbreitetet sind Dämmstoffe aus Mineralfasern. Da man ihre Isolierfähigkeit nicht mehr beliebig steigern kann und größere Dicken aufgrund des vor allem in Altbauten oft herrschenden Platzmangels nicht praktikabel sind, gibt es nur eine Möglichkeit: Die verwendeten Materialien müssen effizienter werden. Auch der weltgrößte Hersteller von Steinwolle, Rockwool, suchte seit Längerem nach einer Lösung. Nach zweijähriger Forschungszeit entdeckte man schließlich mit Aerogel den passenden Zusatzstoff für die Steinwolle. Der daraus resultierende neue Dämmstoff „Aerowolle“ wird, was seine geringe Wärmeleitfähigkeit anbelangt, laut Angaben des Herstellers derzeit nur von solchen aus Forschungslabors übertroffen. Aerogel Nach längerer Entwicklungszeit hat Rockwool mit Aerogel einen Zusatzstoff gefunden, der die Effizienz von Steinwolle steigert. Anders als der Name es vermuten lässt, handelt es sich bei Aerogel nicht um ein flüssiges, sondern um ein festes Material, das aus künstlichem Sand gewonnen wird. Der bereits in den 30er-Jahren entdeckte Stoff ist recyclingfähig und ökologisch abbaubar. Die äußerst guten Dämmeigenschaften resultieren aus seiner sehr feinen Porung, welche die Bewegungsfreiheit der Luftmoleküle einschränkt und somit die Wärmeübertragung reduziert – was ihn in Kombination mit Steinwolle schon bei sehr dünnen Dicken äußerst wirksam macht. 22 Sanieren & Umbauen August 2010 WirtschaftsKurier Ein Heizkraftwerk für das Eigenheim Vaillant | Im nächsten Jahr kommt ein Kraft-Wärme-Kopplungssystem mit geringerer Leistung auf den Markt D as Prinzip der Kraft-WärmeKopplung (KWK) ist simpel: Eine Antriebsmaschine setzt einen Generator zur Stromerzeugung in Gang. Dieser wandelt die mecha­ nische Energie in elektrische Energie um. Die dabei entstehende Prozesswärme wird über einen Plattenwärmetauscher nutzbar gemacht und zum Heizen sowie zur Warmwasserbereitung verwendet. Was sich in drei Sätzen zusammenfassen lässt, zählt als besonders vielversprechendes Konzept zur wirtschaftlichen und nachhaltigen Energieversorgung. Denn durch die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme garantiert die KWKTechnologie maximale Effizienz: Sie nutzt die eingesetzte Energie optimal und spart bis zu 40 % Primärenergie sowie gleichzeitig Kohlen­dioxid­ emissionen in beträchtlichem Maße ein. Wo steht die Technologie heute und wie wird sie im Einzelnen eingesetzt? Motorenanlagen hauptsächlich in der Heizungstechnologie Anwendung, also für Heizwärme und Warmwasserbereitung. Neu ist die Verwendung eines Stir- lingmotors in KWK-Anlagen. Erstmals wurde auf der Messe VSK Utrecht im Februar 2010 eine solche vorgestellt. Bei Stirlingmotoren erfolgt im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren die Ver- brennung außerhalb des Kolbens, der deswegen geringer belastet wird. Deshalb sind Stirlingmotoren extrem wartungsarm. Darüber hinaus erlauben sie den einfachen Einsatz von Biogas Nur 10 % der Abwärme gehen verloren Diverse Einsatzmöglichkeiten Als KWK-Antriebsmaschinen werden heute Dampfturbinen, Verbrennungsmotoren sowie Gasturbinen verwendet. Neuere Technologien setzen auf die Brennstoffzelle oder den Stirlingmotor. Dabei reicht das Spektrum der elektrischen und thermischen Leistung von kleinen KWK-Anlagen von wenigen Kilowatt bis zu Kraftwerken mit mehreren Hundert Megawatt. Die Verbrennungskraftmaschinen wie Motoren und Gasturbinen un­terscheiden sich in erster ­Linie hinsichtlich der Art der ­Abwärme: Während bei ­Verbrennungsmotoren der größte Teil der Abwärme im Kühlwasser anfällt, wird die Wärme beim Gasturbinenprozess in höheren Temperaturen durch das Abgas abgegeben. Daraus resultieren unterschiedliche Anwendungsgebiete dieser Technologien. Während Gasturbinen insbesondere im Bereich der Industrie zur Bereitstellung von Niedertemperatur-Prozesswärme eingesetzt werden, finden Ein kleines Effizienzwunder für Mehrfamilienhäuser: Mini-Blockheizkraftwerke. Fotos: Vaillant/Fotolia Dabei erreichen die BHKWs sehr gute Ergebnisse: Sie können etwa 65 % des eingesetzten Brennstoffs in Wärme und rund 25 % in Strom umwandeln. Nur maximal 10 % gehen als Abwärme verloren. Selbst modernste zentralbetriebende Kraftwerke nutzen nur rund 40 % der eingesetzten Energie. Die kompakten, anschlussfertigen ­Anlagen gehören so zu den lohnenswertesten Energiespar-Instrumenten. Dem­zu­fol­ g­e werden Mini-BHKWs auch von der Politik gefördert – zum Beispiel durch die Energiesteuerrückerstattung oder die Einspeisevergütung für KWKStrom. Der produzierte Strom wird im Rahmen des KWK-­Gesetzes mit 5,11 Cent pro Kilowattstunde vergütet, egal ob bei eigener Nutzung oder Einspeisung ins Netz. Mit einem BHKW lassen sich bis zu 70 % des Strombedarfs eines Mehrfamilienhauses aus eigener Hand decken. Zudem profitiert auch die Umwelt: Der CO2-Ausstoß wird um bis zu 50 % ­reduziert, der notwen­dige Primärenergieeinsatz um mehr als ein Drittel. Bislang wurde in Europa Kraft-Wärme-Kopplung beinahe ausschließlich in der Industrie, im Nahwärmebereich und in großen Immobilien eingesetzt. Aufgrund der üblichen Auslegung auf 3 bis 5 Kilowatt eignen sich MiniBHKWs bisher vor allem für Mehrfamilienhäuser und Gewerbebetriebe. Doch nun soll sich die Technologie auch für Privatkunden öffnen, die deutlich geringere Leistungsgrößen benötigen. Der Heiztechnikspezialist Vaillant und der japanische Technologiekonzern Honda entwickeln derzeit gemeinsam ein System, das speziell für normal große Einfamilienhäuser konzipiert ist. Technische Basis des Entwicklungsprojekts ist ein Mikro-BHKW mit einer elektrischen Leistung von 1 Kilowatt und einer thermischen Leistung von 2,8 Kilowatt. Im nächsten Jahr soll das Mikro-KWK-System in Deutschland auf den Markt kommen. Die beiden Entwicklungspartner sind mit KWK-Systemen im kleinen Leistungsbereich schon seit Jahren aktiv. Vaillant vertreibt (unter dem Namen ecoPOWER) gasbetriebene MiniHeizkraftwerke auf dem europäischen Markt. Die ersten Anlagen wurden bereits 1999 installiert. Honda hat in Japan und den USA bereits rund 90 000 Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen für Einfamilienhäuser verkauft. Einsparung von 50 Mio. Tonnen Kohlendioxid Die KWK-Technologie ist weiter auf dem Vormarsch und der Anteil des deutschlandweit von KWK-Anlagen erzeugten Stroms wird sich in den nächsten Jahren weiter schrittweise erhöhen. Neben seinem Plus an Effizienz und dem damit verbundenen Kosten­einsparungspotenzial überzeugt das KWK-Prinzip vor allem durch die po­sitiven Auswirkungen auf die Klima­bilanz. So geht zum Beispiel die Energieagentur in Berlin davon aus, dass bei einer konsequenten Nutzung von KWK in allen Anwendungsbereichen allein in der Bundesrepublik Deutschland Primärenergieeinsparungen in Höhe von 170 Terawattstunden erzielt werden können. Eine Reduzierung in dieser Größenordnung würde den Ausstoß von 50 Mio. Tonnen Kohlendioxid vermeiden. Zwei Fliegen mit einer Klappe Aussicht mit Lüftung Sto | Wenn die Fassade zur Klimaanlage wird Schüco | „Wärme-Igel“ reduziert Energieverluste Von Markus Zwerger* S als Primärenergie. Kleine Effizienz­ wunder für Mehrfamilienhäuser, MiniBlockheizkraftwerke (BHKWs), nutzen die KWK-Technologie gezielt in Wohnund Gewerbeimmobilien und etablieren sich immer mehr als kostensparende und umweltschonende Alternative zur konventionellen Energieversorgung. Die kleinen Kraftwerke verarbeiten die bei der Stromerzeugung entstehende Abwärme direkt vor Ort. Auf diese Weise wird die eingesetzte Energie doppelt verwertet und ein wesentlich höherer Wirkungsgrad als bei der konventionellen Strom- und Wärmeversorgung über zentrale Großkraftwerke und dezentrale Heizgeräte erzielt. teht das Thema „Energetische Sanierung“ auf der Agenda, geht es vor allem um bessere Dämmung – mehr Wärmeschutz für Keller, Dach, Fenster und Fassade. Läuft die Diskussion über regenerative Ener­ gien – insbesondere über das Anzapfen der Sonne –, geraten Solarthermie- und Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach in den Fokus. Noch relativ unbekannt ist, dass es bereits ein „Hybridsystem“ gibt, das die Vorteile aus beiden Welten kombiniert: StoSolar ist ein Fassaden-Dämmelement mit Doppelfunktion. Zum einen vermindert es den Wärmeverlust eines Gebäudes nach außen – wie jedes konventionelle Fassaden-Dämmsystem. Zusätzlich leitet seine KapillarStruktur Sonnenwärme auf die massive Außenwand, heizt diese auf und sorgt so dafür, dass gerade in den kalten Tagen mit der Sonne geheizt wird. Eine ausgeklügelte Geometrie der Elemente verhindert dabei, dass der Effekt auch im Sommer auftritt, denn sonst würde es zu unerwünschter Aufheizung während der heißen Jahreszeit kommen. Sonnenenergie steht unbegrenzt und kostenlos zur Verfügung. Wer sie zur Gebäudebeheizung nutzt, verursacht keine Schadstoff­ emissionen. Genau dieses ermöglichen die transparenten FassadenDämmelemente StoSolar. Der Einbau erfolgt kombiniert mit herkömmlicher Wärmedämmung. Dadurch lässt sich der dämmende Mantel optimal auf die Immobilie abstimmen: Wie viel Fläche mit den Sonnenwärme-Sammlern zu belegen ist und wie viel konventionell gedämmt wird, hängt von der Lage und der Gebäudegeometrie, dem Fensterflächenanteil und der vorhandenen Gebäudesub­ stanz ab. Der Hersteller hilft, den Verlegeplan zu finden, der zum höchsten Energiesparpotenzial für den Hausbesitzer führt. Den höchsten Nutzungsgrad liefert StoSolar an der Südfassade: Hier erreicht die Energieersparnis bis zu zwölf Liter Heizöl – pro Jahr und Quadratmeter. Oder anders ausgedrückt: Bei Gebäuden, die vor 1978 entstanden und die bislang noch unsaniert sind, Je nach Jahreszeit und Sonnenstand: Neues Dämmelement lässt mehr oder weniger Strahlung ins Haus. Foto: Sto liegt der Heizölverbrauch in den meisten Fällen deutlich jenseits der Marke von 25 Litern pro Quadratmeter und Jahr. Mit einer umfassenden Fassadenaufwertung durch Dämmsystem und StoSolar sinkt dieser Wert leicht unter die Zehn-Liter-Marke. Der technische Kniff ist die lichtdurchlässige Dämmschicht mit glas­ artiger Oberfläche und einer Absorberschicht, welche die Sonnenstrahlen in Wärme umwandelt. So wirkt das Mauerwerk als Wärmespeicher. Das hat zwei Vorteile: Die Strahlungswärme, die von der Wand in den Raum abgegeben wird, empfinden Menschen als angenehmer als die durch Heizkörper eher „punktuell“ erzeugte Wärme. Außerdem erreicht die Sonnenwärme das Rauminnere zeitverzögert, nämlich am Abend, wenn also ohnehin ein höherer Heizbedarf besteht. So wird die Wand zur Klimaanlage. Die lichtleitenden Kapillare sind dabei so ausgelegt, dass der Wirkungsgrad von StoSolar vom Sonneneinstrahlwinkel abhängt: Im Winter ist er am größten, im Sommer am geringsten. Das funktioniert so: Damit der Heizeffekt entsteht, muss die Sonne flach auf die Erde scheinen – wie im Winter selbst über den Tag. Bei hoch stehender Sommersonne reflektiert das Element dagegen die Strahlen. So kommt es in warmen Monaten nicht zu Überhitzung – und auf Verschattungsanlagen kann verzichtet werden. *Dipl.-Phys. Markus Zwerger ist ­Vorsitzender des Fachverbands ­transparente Wärmedämmung und Produktmanager bei Sto I n der EU entfallen rund 40 % des Energieverbrauchs auf den Gebäudebereich. Investitionen für energieeffizientes Bauen und Energiespartechnik werden darum stark gefördert. Das Resultat sind immer besser gedämmte Gebäude. Und genau hier beginnen neue Probleme. Denn je dichter ein Gebäude ist, desto stärker fallen Energieverluste durch falsches Lüften ins Gewicht. Außerdem führt verbrauchte Luft schnell zu Leistungsabfall, im schlimmsten Fall können sogar gesundheitliche Belastungen durch Schimmelpilzbildung entstehen. Neue Lösungen sind also gefragt. Kontrollierte, wärmedämmende Lüftung ist hier der rich­tige Weg, um Behaglichkeit und Heizkosten zu optimieren. Traditionell werden Räume über Fenster gelüftet. Die Zufuhr frischer Luft erfolgt entweder über gekippte oder durch weit geöffnete Fenster. Der Luftaustausch verursacht allerdings rund 50 % aller Heizenergieverluste in Gebäuden. Der Rest entfällt auf bauteil- und konstruktionsbedingte Wärmeverluste von Wänden, Dächern, Fenstern und Türen (sogenannte Transmissions-Wärmeverluste), die umso geringer sind, je besser die Wärmedämmung ist. Damit steigt die Bedeutung von Lüftungswärmeverlusten an, die in modernen Niedrig-EnergieHäusern leicht 75 % und mehr betragen. Bei steigenden Energiepreisen wird richtiges Lüften also immer wichtiger, um den Geldbeutel zu schonen. Richtiges Lüften spart Energie und schafft ein angenehmes Raumklima. Ist nämlich der CO2-Gehalt der Raum- Mit einer integrierten Fensterlüftung kann man den Energieverbrauch erheblich senken und Pilzbefall vorbeugen. Foto: Schüco luft zu hoch, treten Leistungsabfall, Konzentrationsschwächen und Kopfschmerzen auf. Denn die durch die Atemluft entstehende CO2-Konzentration nimmt in geschlossenen Räumen rasch zu. Da ein Mensch pro Stunde bis zu 40 Liter CO2 durch seine Atmung erzeugt, ist zum Beispiel am Arbeitsplatz schnell die maximal zulässige Konzentration erreicht. Jetzt muss gelüftet werden. Wer nicht richtig lüftet, riskiert Schimmel Energieeffiziente Gebäude sind besonders dicht. Das bedeutet auch, dass Feuchtigkeit schwerer hinausgelangt. Sie entsteht durch Atemluft und Transpiration, in Bad und Dusche, durch Kochen, Spülen, Waschen und Trocknen sowie durch Pflanzen und Aquarien. Im Durchschnitt fallen in einer Vier-Personen Wohnung rund zehn Liter Feuchtigkeit pro Tag an. Wird diese nicht durch Lüften nach draußen befördert, drohen gesundheitliche Schäden durch Schimmelpilze. Ist gar das Mauerwerk oder die Dämmung durchfeuchtet, entweicht zusätzlich Wärmeenergie und das Gebäude verrottet schließlich. Die Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) legt in § 6 fest, dass ein neues Gebäude luftundurchlässig abgedichtet werden und der „erforderliche Mindestluftwechsel“ sichergestellt sein muss. Nach der Lüftungsnorm DIN 1946-6 muss dafür bei Neubauten und beim Austausch von mehr als einem Drittel aller Fenster ein Lüftungskonzept vorliegen. Außerdem muss eine kontinuierliche, nutzerabhängige Mindestlüftung erfolgen. Energieeffizientes Lüften ist damit schon heute ein Megathema. Schüco bietet dafür mit der automatischen fensterintegrierten Lüftung Schüco VentoTherm eine perfekte Lösung. Das schlanke Gerät ist optisch vollständig im Fenster integriert. Es sorgt bei geschlossenem Fenster für ­einen kontrollierten Luftaustausch, der zugleich Feinstaub, Pollen und Insekten draußen hält. Die energetisch überzeugende Wärmerückgewinnungsfunktion durch einen eingebauten „Wärme-Igel“ reduziert Lüftungsenergieverluste um bis zu 35 %. Energieverbrauch, Raumklima und Luftqualität werden auf diese Weise kontinuierlich optimiert. Sanieren & Umbauen August 2010 WirtschaftsKurier 23 Neue Wege für Wohnen und Arbeiten Velux | In europaweit sechs Modellprojekten erproben die Tageslichtexperten die Zukunft des Bauens W ie sieht die Zukunft des Bauens und Wohnens aus? Wie lassen sich zukunftsweisende, nachhaltige und klimaneutrale Gebäude bereits heute realisieren? Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigen sich die Tageslichtexperten von Velux im Rahmen des Projekts „Model Home 2020“. In europaweit sechs Bauprojekten sucht das Unternehmen gemeinsam mit Fachleuten neue Wege für das Wohnen und Arbeiten mit angenehmem Raumklima, viel Tageslicht und optimaler Energieeffizienz. Das deutsche Projekt ist ein Moderni­ sierungsvorhaben in Hamburg-Wilhelmsburg. Der Name des Experiments „LichtAktiv Haus“ steht für die aktive Auseinandersetzung von Velux mit den Herausforderungen der Baubranche. Eine optimale Versorgung mit Tageslicht spielt bei der Erfüllung moderner Wohnbedürfnisse eine zentrale Rolle – neben innovativen Lösungen für nachhaltige Energieversorgung und Wohnraumklimatisierung. schlossen. Der Neubauriegel zeichnet sich durch eine offene Raumaufteilung aus. Im westlichen Kopf des Riegels ist die Versorgungseinheit des ­Gebäudes integriert. Der Riegel geht am westlichen Kopf in einen Carport über. Nach Osten hin schließt sich dem Wohnraum ein überdachter Freibereich an. Das LichtAktiv Haus wird nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in CO2-neutraler Weise errichtet. Die Ökobilanz berücksichtigt den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes und seine potenziellen Auswirkungen – angefangen beim Bau über den laufenden Betrieb bis hin zu Sanierung, Abriss und Entsorgung. „Green Lighthouse“, das zweite fertiggestellte „Model Home 2020“ von Velux, steht auf dem Campus der Universität Kopenhagen. F.: Velux Aus alt und zugig wird neu und dicht Ein typisches Siedlerhaus Das Objekt ist ein charakteristisches Siedlerhaus aus den 1950er-Jahren mit knapp 1 100 Quadratmeter Grundstücksfläche. Die unsanierte Doppelhaushälfte kennzeichnen kleine, gedrungene Räume mit insgesamt lediglich 18 Quadratmetern Fensterfläche. Die Folge: einengende Wohnräume und eine geringe Tageslichtausbeute, die modernen Wohnbedürfnissen nicht entsprechen. Der „Siedler-Gedanke“, die Nahrungsautarkie der Bewohner, inspirierte die Entwurfs­ planung für die Umsetzung des deutschen „Model Home 2020“. Unter der Leitung von Prof. Manfred Hegger, Lehrstuhl für Entwerfen und Energieeffizientes Bauen an der TU Darmstadt, entwickelten zunächst Architektur-Studenten an der TU im Rahmen eines geschlossenen Wettbewerbs Ideen, Konzepte und Modelle. Die Gewinnerin Katharina Fey nennt ihren Entwurf „… aus eigenem Anbau“. Fey greift die Idee der Selbstversorgung und Unabhängigkeit auf und passt sie an die Vorstellungen der Bewohner des 21. Jahrhunderts an. Statt Gemüse wird nun Energie angebaut. Großzügige Wohn- und Fensterflächen verbinden in Zukunft das Haus mit seiner Umgebung. Den Siegerentwurf entwickelten zwischen September 2009 und März 2010 in Zusammenarbeit Velux, die TU Darmstadt unter Einbindung der Entwurfsverfasserin und Fachplaner zum LichtAktiv Haus weiter. Der finale Entwurf zoniert das Grundstück neu. Während das Wohn- haus in seiner Grundstruktur weitgehend erhalten bleibt, ersetzt ein Neubauriegel den alten Anbau. Der neue Anbau unterteilt den Garten in Aufenthalts- und Nutzgarten. Zudem erweitert er die Wohn- und Nutzfläche und spielt eine zentrale Rolle für das Energiekonzept des LichtAktiv Hauses. Ein eingeschossiger Zwischenbau mit Flachdach, der als Verteiler zwischen Neu- und Altbau fungiert, erschließt das Bestandsgebäude und den Neubauriegel. Im Erdgeschoss des Bestandsgebäu- Wilo | Innovative Pumpentechnik hilft beim Energiesparen Berlin | Hauptstadt belegt Spitzenplatz in Studie W Voll sanierter Plattenbau In der energetischen Sanierung von Gebäuden hat sich Berlin – das sich gern mit dem Bonmot „arm, aber sexy“ schmückt – jedoch laut einer SiemensStudie an die Spitze Europas geschoben. Der „Green City Index“ untersuchte 30 Metropolen unter anderem im Bereich Gebäude. Nach einem komplexen Bewertungssystem flossen in die Studie neben aktuellen Bestandsvariabeln auch der spezifische Hintergrund eines Gemeinwesens und dynamische Faktoren wie zurückliegende Sanierungsbemühungen ein. Aufgrund der fast 50-jährigen Teilung hatte Berlin in dieser Hinsicht einen enormen Aufholbedarf – und konnte auch vieles auf den Weg bringen. So flossen seit 1990 75 % der für die Sanierung ausgegebenen Fördermittel in den Ostteil der Hauptstadt und dort insbesondere in die Plattenbauten, in denen rund die Hälfte der Ostberliner lebt. Dabei wurde von Anfang an großen Wert darauf gelegt, dass nicht nur allgemeine Modernisierungs-, sondern gleichzeitig auch Energiesparmaßnahmen durchgeführt wurden. Als einer der ersten Schritte wurden die mit Braun- und Steinkohle betriebenen Heizzentralen auf Fernwärme und Gasversorgung umgestellt. Hinzu kamen Dämmmaßnahmen und die In­ stallierung von dichten Fenstern mit Wärmeschutzverglasung. Zwei Drittel der 273 000 Wohnungen in Plattenbauten sind inzwischen voll saniert. Ihr Heizenergieverbrauch liegt heute mit 77 Kilowatt pro Stunde weit unter dem Berliner Durchschnitt von 140 Kilowatt. dgm von ehemals 18 auf 60 Quadratmeter. Der einst enge und dunkle Spitzboden wird als zusätzlicher Wohnraum erschlossen und verwandelt sich durch Dachfenster in eine lichtdurchflutete Galerie. Der neue Erweiterungsbau aus einer vorgefertigten Holzrahmenkonstruk­ tion ist über einen Windfang an das Bestandsgebäude angebunden. Die Südfassade besteht aus einer Kombination opaker und transparenter Elemente, ebenso die Nordseite. Die Westund Ostfassaden sind weitgehend ge- Der Heizkosten-Killer Arm, aber energetisch sparsam enn es um die Wirtschaftskraft geht, belegt Berlin mit steter Regelmäßigkeit einen Platz im letzten Drittel der Statistiken. Nachteilig für die Bundeshauptstadt machen sich die bis heute nachwirkende Strukturschwäche aus der Zeit der jahrzehntelangen Insellage und an­dere transformationsbedingte Altlasten bemerkbar. des löst der zentrale Erschließungsund Bibliotheksbereich die ehemals kleinteilige und geschlossene Struktur sowohl horizontal als auch vertikal auf und öffnet den Raum bis zum Dach. Diesem Bereich kommt die Funktion einer sogenannten Tageslichtlampe zu. Dachfenster sorgen für viel natürliches Licht. Die Treppe ist als Mobiliar in die Tageslichtlampe integriert. Der Treppenraum öffnet sich mit einer Fensterfront auf knapp fünf Meter Länge zum Garten. Insgesamt erhöht sich die Fensterfläche des Bestandsgebäudes Die Schwierigkeit der energetischen Modernisierung des Siedlerhauses liegt darin, die Gebäudehülle mit den heutigen Anforderungen an Energieeinsparung in Einklang zu bringen. Um dem Standard der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu genügen, werden die 24 Zentimeter starken Kalksandstein-Außenwände des Bestandsgebäudes von außen mit 20 Zentimeter starken Holzfaserplatten zusätzlich gedämmt. Moderne Holz-Alu-Fassadenfenster mit Wärmeschutzverglasung ersetzen die alten Fenster. Im Innenbereich dämmen VakuumIsolations-Paneelen die vorhandene Bodenplatte, um die geringe Raum­ höhe bestmöglich auszunutzen und gleichzeitig den EnEV-Anforderungen zu entsprechen. Die neuen Innenraumwände werden in Trockenbau gefertigt. Das vorhandene Dach wird durch ein neues, in Vorfertigung hergestelltes ersetzt. Als Dämmmaterial dienen Zelluloseflocken im Sparrenzwischenraum. Eine Holzfaserplatte dämmt die Sparren zusätzlich. Auf sie wird mittels einer Unterkonstruktion ein helles, reflektierendes Dachdeckungsmaterial eingebaut. VON JÜRGEN RESCH* D er größte Energieverbraucher Deutschlands ist der Gebäudebestand. Rund 40 % des gesamten Energieverbrauchs wird hier verursacht. Ein Großteil kann mit wirtschaftlich interessanten Sanierungsmaßnahmen eingespart werden. Nach dem teilweisen Wegfall des Marktanreizprogramms für erneuerbare Energieträger sind „konventionelle“ Energieeffizienztechnologien zunehmend wichtig. „Klassiker“ ist die Erneuerung des Heizkessels durch Brennwerttechnik. Dämmmaßnahmen an Dächern oder Fassaden amortisieren sich demgegenüber erst nach etwa 15 Jahren. Doch es gibt weitere, nicht weniger effiziente Möglichkeiten. Speziell bei der Modernisierung bestehender Heizungsanlagen lassen sich Mittel der KfW-Sonderförderung „Energieeffizient Sanieren“ nutzen. Besonders interessant kann hier die Umstellung der Wärmeverteilung auf das von der Wilo SE entwickelte Dezentrale Pumpensystem „Wilo-Geniax“ sein. Ein Zertifikat des TÜV Rheinland belegt, dass sich in einem Einfamilienhaus 20 % Heizenergieeinsparung erzielen lassen. Bei Sanierung eines Einfamilienhauses lassen sich nach Berechnungen der Technischen Universität Dresden bis zu 600 Euro im Jahr sparen. Die seit Mitte 2009 verfügbare Lösung ersetzt die Thermostatventile und die Umwälzpumpe im Keller. Stattdessen werden Miniaturpumpen direkt an den Heizkörpern beziehungsweise Heizkreisen montiert, die nur bei Bedarf Warmwasser fördern. Ein zentra- ler Server regelt den Wärmeerzeuger und die Pumpen, er passt die Vorlauftemperatur an den tatsächlichen Wärmebedarf an. Die Einstellung von individuellen Heizzeiten und Temperaturen erfolgt über Raumbediengeräte, was neben der Energieeinsparung auch ein Plus an Komfort bedeutet. Die Nachrüstung einer mindestens fünf Jahre alten Heizung mit dem ­Dezentralen Pumpensystem wird als Maßnahme zur Optimierung der Wärmeverteilung sowie zur Sicherstellung eines automatischen hydraulischen Abgleichs bezuschusst. Die KfW-Förderung umfasst 25 % der Gesamtkosten inklusive Einbau. Riesiges Einsparpotenzial Pumpentechnik hat schon mehrfach Quantensprünge bei der Energieeffizienz von Zentralheizungssystemen ermöglicht. Ein erster Meilenstein liegt mehr als 80 Jahre zurück, als sogenannte Schwerkraftheizungen verbreitet waren. Die Zirkulation des Heizungswassers erfolgte dort auf Basis der Temperaturunterschiede und der Schwerkraft. Nachteil war auch ein großer Energiebedarf. Abhilfe schaffte der Ingenieur Wilhelm Opländer, der 1928 den weltweit ersten Umlauf­ beschleuniger zur Unterstützung der Heizwasserzirkulation entwickelte. Dieser ermöglichte nicht nur eine direktere Wärmeversorgung der Heizkörper, sondern auch erhebliche Energieeinsparungen durch geringere Heizwassertemperaturen. Er wurde bis 1955 von Opländers Unternehmen Wilo produziert. Nachfolger waren ungeregelte Umwälzpumpen, die zu un- Klein, aber oho: Jürgen Resch mit einer Hochleistungspumpe, die eine Stromersparnis von bis 90 % erbringen soll. Foto: Wilo verzichtbaren Bestandteilen jeder Heizungsanlage wurden. Parallel entwickelte sich die Heizungstechnik weiter. Meilensteine waren Niedertemperaturkessel und Brennwerttechnologie. Doch auch bei Heizungspumpen folgten weitere Entwicklungsschritte. Nach der ersten vollelektronischen Umwälzpumpe im Jahr 1988 wurden 2001 die ersten Hocheffizienzpumpen vorgestellt. Sie sparen rund 80 % Strom im Vergleich zu ungeregelten Pumpen. Seit 2009 liefert Wilo sogar eine Hocheffizienzpumpe, die bis zu 90 % Einsparung bringt. Aus Klimaschutzgründen hat daher die Europäische Union ungeregelten Stromfressern den Kampf angesagt. Ab 2013 dürfen europaweit nur noch Hocheffizienzpumpen verkauft werden, ab 2015 müssen diese besonders stromsparend sein. Bis 2020 soll der Stromverbrauch von Umwälzpumpen um 23 Terawattstunden im Jahr gesenkt werden, was der Stromerzeugung von rund sechs Kohlekraftwerken entspricht. Das Klima wird so um elf Mio. Tonnen CO2 entlastet. Ein noch höheres Klimaschutz­ potenzial bietet das Dezentrale Pumpensystem „Wilo-Geniax“. Wenn es ­flächendeckend – das heißt auch im ­Gebäudebestand – zum Einsatz käme würde die Umwelt jährlich um mindestens 25 Mio. Tonnen CO2 entlastet. Dies wäre fast ein Zehntel des Klimaschutzziels der Bundesregierung bis 2020. *Jürgen Resch ist Leiter der Product Business Unit „Wilo-Geniax“ bei der Wilo SE, Dortmund