Seite 230 · Nummer 10 · Holz-Zentralblatt Holzbau Freitag, 10. März 2017 Starke Fassade – viel dahinter Holz-Gewerbebau als Visitenkarte – ein Projekt der ZMH-Manufaktur Gapp Die Zimmermeisterhaus-Manufaktur Gapp Holzbau in Öpfingen (Baden-Württemberg) hat sich 2015 ein neues Verwaltungsgebäude gebaut. Die dreigeschossige Holzkonstruktion auf dem Betriebsgelände ist ein ungewöhnliches Bauwerk, deshalb auch ein besonderer Hingucker geworden. Der Entwurf stammt vom Planerteam der Hullak Rannow Architekten aus Ulm, die Statik von den Holzbau-Experten bei Pirmin Jung Deutschland. D as dreistöckige Gebäude in Passivhaus-Bauweise entstand in nur acht Monaten Bauzeit (Dezember 2014 bis September 2015). Gapp Holzbau arbeitet mit 1750 m² Produktionsfläche, auf dem 7500 m² großen Firmengelände sind aber noch umfangreiche Lagerflächen. Durch den erfreulichen Aufwärtstrend in der Geschäftsentwicklung benötigte man räumlich mehr Platz – sowohl für Mitarbeiter als auch für die sich daraus ergebenden Arbeitsabläufe, die mehr interne Besprechungen und auch Präsentationen für externe Besucher bedeuteten. Die Bürofläche wurde durch den Neu- bau mehr als verdoppelt. Das Projekt hat energetisch einiges zu bieten: Die Gebäudehülle ist überdurchschnittlich gut gedämmt und entspricht dem Passivhausstandard. Mit einer Be- und Entlüftungsanlage sowie einer großformatigen Fotovoltaikanlage auf dem Dach, die mehr Strom produziert als in dem Gebäude verbraucht wird, ist man auf dem aktuellen Stand der Technik. Beheizt werden die drei Stockwerke mit Holzresten aus der firmeneigenen Produktion. Genutzt wurden für den Neubau hauptsächlich heimische Hölzer – ergänzt durch weitere ökologische Mate- rialien, wie z. B. eine HolzweichfaserDämmung für Wand und Dach oder Akustikplatten aus Holzwolle für die Decken. Die Bodenplatte besteht aus Stahlbeton, Außenwände und tragende Innenwände sind in Holz-Rahmenbauweise in der Produktionshalle von Gapp vorproduziert und montiert worden. Nichttragende Innenwände wurden als Metallständerwände auf der Baustelle eingezogen – ergänzt durch unterschiedliche Deckensysteme. Hullak Ranow Architekten haben bei diesem Objekt das Thema „Holzfassade“ neu interpretiert: Die geschwungenen Linien, die sich über das gesamte Gebäude erstrecken, ahmen eine natürlich gewachsene Holzmaserung nach. Die Fassade ist eine Kombination aus einer Holzrahmen-Konstruktion mit einer Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Eiche. Die Glasflächen der Pfosten-Riegel-Fassade bilden dabei einen homogenen Übergang zu der – einer Holzmaserung nachempfundenen – vorgesetzten Plattenfassade aus High Pressure Laminate-Platten (HLP). Die Ecken des Ge- Die Neustrukturierung des Gebäudes mit einer Nutzfläche von rund 400 m² auf dem bestehenden Firmengelände bietet viel Platz für Technik- und Besprechungsräume und eine große Lobby. Zehn Büroräume mit 16 Arbeitsplätzen befinden sich im ersten und zweiten Obergeschoss. In die Konstruktion wurde eine tragende Pfosten-Riegel-Fassade aus Eiche integriert. Elektroinstallation in der angehängten Decke im Flur Der dreigeschossige Büro-Neubau von Gapp-Holzbau in Öpfingen ist eine Hybridkonstruktion: ein 18 m langer, 10 m breiter und 10 m hoher Holzbau auf Bodenplatte mit Holz-Beton-Verbunddecken Fotos: Horst Pütz/Gapp bäudes sind abgerundet und unterstützen dadurch die organische Form. Die sichtbaren Pfosten aus Eichenholz sind dreiseitig auf Abbrand bemessen. Sie haben die Aufgabe, die Deckenlasten an der Fassadenebene über die Außenwände abzutragen. Bei der Lastabtragung werden diese unterstützt durch das in Holzbauweise errichtete Treppenhaus sowie zwei weitere Stahlstützen in der Gebäudemitte. Diese Konstruktion lässt sämtliche Möglichkeiten für eine flexible Nutzung oder einen eventuellen Umbau in der Zukunft offen. Aus diesem Grund wurden alle weiteren Innenwände nichttragend konzipiert. Im Gebäude wurden drei verschiedene Deckenkonstruktionen eingesetzt, um die vielfältigen Ausführungsmöglichkeiten, die der Holzbau bietet, aufzuzeigen: eine Vollholzdecke, eine „Lignotrend“-Decke und eine Holz-Beton-Verbundkonstruktion. Die Holz-Beton-Verbunddecke setzt sich aus untenliegenden, 10 cm dicken Brettschichtholz-Elementen und bauseits hergestellten Ortbetondecken (d = 14 cm) zusammen. Die Schubkräfte zwischen Holz und Beton werden im Wesentlichen über eingefräste Schub- Montage der Brettschichtholz-Elemente der HBV-Decke Wandmontage im ersten Obergeschoss Der Ortbeton der Holz-Beton-Verbunddecke wird mittels einer Betonpumpe in den Rohbau eingebracht. kerven übertragen. In den Beton ist neben der erforderlichen Zugbewehrung eine einlagige Schwindbewehrung mit Abstandshaltern auf den Brettschichtholzelementen eingelegt. Die Oberflächen der Deckenvarianten sind alle akustisch wirksam ausgebildet. Somit ist eine schalltechnisch optimale Raumqualität in allen Büro- und Aufenthaltsbereichen gewährleistet. Die in der Produktionshalle vorgefertigten Außenwandelemente bestehen im Wesentlichen aus vier Komponenten: der Tragkonstruktion Holz, der Wärmedämmung, der Befestigungskonstruktion für die Verglasung und der Innenverkleidung aus Gipsfaserplatten. Zur Steuerung von Komponenten der technischen Gebäudeausstattung wurden Leitungssysteme in die Wände integriert. Eva Mittner, München Herstellung der Deckenauflager für die Rundungen Vorproduzierte Rundungen, bereit für den Einbau