28 architektur + technik 12 | 2014 Architektur Mehrfamilienhaus, Nebikon / LU DAS ERSTE SEINER ART In Nebikon / LU ist das erste «swisswoodhouse » gebaut wor- Gebäude- und Wohnqualität optimal verbunden worden. den. Dabei handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus aus Holz Das Pilotprojekt liegt in direkter Nachbarschaft zur ersten im Minergie-P-Standard. In verdichteter Bauweise sind hier Passivhaussiedlung der Schweiz. Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und eine maximale REDAKTION Uwe Guntern FOTOS Pirmin Jung Das Architektur-Büro Bauart Architekten Eco-Standard und die minimierte Schad- stehenden Einfamilienhaus anzubieten. Es und Planer AG und das Holzbau- und Gene- stoffbelastung machen «swisswood- sollen verdichtete Wohnsiedlungen entste- ralunternehmen Renggli AG haben zusam- house » zu einem ressourcenschonenden, hen, die Qualitäten bieten, welche bis anhin men mit Projektpartnern das Gebäudekon- nachhaltigen Gebäude. Ganz gemäss dem hauptsächlich in Einfamilienhaussiedlun- zept swisswoodhouse entwickelt. Es Grundprinzip der schweizerischen Raum- gen gesucht wurden. handelt sich dabei um ein Mehrfamilien- entwicklung, das den sparsamen Umgang haus in vorfabrizierter Holzbauweise. mit der knappen und nicht erneuerbaren Industrielle Vorfertigung Beton und Stahl sind dort eingesetzt, wo Ressource Boden verlangt. Im Raument- «Das Ziel von ‹swisswoodhouse› ist die ihre Eigenschaften gegenüber dem Werk- wicklungsbericht 2005 des Bundesamts für Überlagerung des pluralistischen Einfami- stoff Holz Vorteile bieten. Raumentwicklung ARE wurde der Grund- lienhaus-Gedankengutes mit der Effizienz Bei der Entwicklung haben die Kriterien der satz der haushälterischen Bodennut­zung und Rationalität der verdichteten Bauweise «2000-Watt-Gesellschaft » die Richtung thematisiert. Laut ARE sind in Zukunft ver- des Mehrfamilienhauses », so Stefan Graf, vorgegeben. Die verdichtete Bauweise, der mehrt attraktive Siedlungsformen in ver- Bauart Architekten und Planer. «‹swiss- natürliche Baustoff Holz, der Minergie-P- dichteter Bauweise als Alternative zum frei woodhouse› ist für den Eigentums- wie für Die Entwicklung von «swisswoodhouse» wurde durch den Bund gefördert und gilt als eines der Leuchtturmprojekte im Bereich nachhaltiges Bauen. 12 | 2014 architektur + technik 29 Architektur Mehrfamilienhaus, Nebikon / LU Ausgangslage des Hauses ist ein Raum von 18m2. Für dieses Raummodul wurde ein Katalog mit verschiedensten Nutzungen entwickelt. So kann das Raummodul ein abgeschlossenes nutzungsneutrales Zimmer ausmachen, als offene Bibliothek an ein Wohnzimmer andocken, selbst offenes oder geschlossenes Wohnzimmer sein, oder eine Wohnküche beherbergen. den Mietstandard gleichermassen geeig- Darum müssen Baukonzepte entwickelt in Nebikon gewährt seinen zukünftigen net. In jedem Fall können innerhalb einer werden, welche die Anforderungen dieser Bewohnern hohen Wohnkomfort bei tiefen Einheit unterschiedlichste Wohnungstypo- Vision erfüllen und damit langfristig inter- Nebenkosten. Jeder Mietpartei wird ein logien frei kombiniert werden.» Die Bau- essant sind. «swisswoodhouse » ist ein sol- eige­nes Monitorsystem zur Verfügung ste- teile entstehen mit Fenstern und Fassade ches Baukon­zept. Es zeigt auf, dass wir hen, womit sie den aktuellen Strom-, im Produktionswerk, auf der Baustelle ist heute problemlos in der Lage sind, mit inno- Wärme- und Wasserverbrauch überprüfen das Gebäude in drei Wochen aufgerichtet. vativen Technologien und anspruchsvoller und steuern kann. Das Monitoring unter- Durch die industrielle Vorfertigung verkürzt Architektur den Anfor­ d erungen der stützt ein ressour­c enschonendes und sich die Bauzeit eines mehrgeschossigen «2000-Watt-Gesellschaft » gerecht zu nachhaltiges Benutzerverhalten — und hat Gebäudes erheblich. Die Arbeit im wetter- werden. Im Mittelpunkt des Kon­zepts ste- Pioniercharakter. «swisswoodhouse » soll geschützten Werk garantiert mit technisch hen der Nutzer mit seinen indivi­d uellen also über eine differenzierte Architektur durchstrukturierten Produktionsabläufen Bedürfnissen und die Verantwortung der und Materiali­sierung als Produkt mit einem absolute Massgenauigkeit und eine hohe Planenden gegenüber einer nachhaltigen hohen Anspruch an Qualität und Nachhal- Bauqualität. Entwicklung. Das Gebäudekonzept legt tigkeit erkennbar sein. Das Holzhaus ist als Wert auf baulandschonende Architektur, solches nur beschränkt erkennbar. Einzig Energie und Wasser sparenden Betrieb das Fassadenmaterial verweist je nach Der Gebäudebereich ist mit einem Anteil sowie die Versorgung mit erneuerbaren Wahl darauf : je nach Situation kann wahl- von 45 % am Gesamtenergieverbrauch ein Energien. Der natürliche Baustoff Holz weise Holzschalung, Eternitschindelung wich­tiger Faktor, die Nachhaltigkeitsziele trägt seinen Teil ganz selbstverständlich oder verputzte Flächen, vorgehängt und der 2000-Watt-Gesellschaft zu erreichen. dazu bei. Das energetische Vorzeige­objekt hinterlüftet, ausgeführt werden. 2000-Watt-Gesellschaft 30 architektur + technik 12 | 2014 Die individuelle Gestaltungsfreiheit schliesst auch Art und Grösse der Küche ein. Wohnräume nach Mass Das Gebäudekonzept und seine konstruktive Ausbildung erlauben durch die neuartige Standardisierung des Grundrasters eine attraktive Planungs-, Nutzungs- und Umbauflexibilität für mehrgeschossige Holzbauten. Ausgangslage dazu ist ein Raum von 18 m2. Für dieses Raummodul wurde ein Katalog mit verschiedensten Nutzungen entwickelt. Es bildet in sich oder kombiniert eine funktionale Einheit, die in der Planung genau auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bewohner abgestimmt wird. So kann das Raummodul ein abgeschlossenes, nutzungsneutrales Zimmer ausmachen, als offene Bibliothek an ein Wohnzimmer andocken, selbst offenes oder geschlossenes Wohnzimmer sein oder eine Wohnküche beherbergen. Zentrumsmodule ergänzen Auf dem Flachdach wurde eine Fotovoltaikanlage von der BE Netz AG installiert. 12 | 2014 architektur + technik 31 Architektur Mehrfamilienhaus, Nebikon / LU Nach der industriellen Vorfertigung ist das Gebäude auf der Baustelle in drei Wochen aufgerichtet. die Raummodule. Sie liegen, wie der Name Der Wohnungsmix passt sich so einfach und standen. Zu erwähnen ist auch, dass das sagt, im Zentrum der Wohnung und liefern optimal dem Standort und den Ansprüchen Haus für Lebensvorstellungen kommender grosszügige Entrées, Erschliessungsflächen, der Bauherren und Investoren an. Von neu Generationen entworfen worden ist. Spä­ Nasszellen und Reduits. Je nach Wohnung interpretierten Gründerzeit-Typologien tere Anpassungen, zum Beispiel bei verän- können aber auch die Zentrumsmodule über offene zeitgenössische Grundrisse bis derten Lebens- und Familienformen, sind zusätzlichen Wohnraum oder Aussenraum zum Loft kann innerhalb eines Gebäudes einfach und schnell zu realisieren. Das Erd- bereitstellen. alles nebeneinander- und übereinanderge- geschoss ist ebenfalls flexibel nutzbar. Durch einfache Variationen entstehen stapelt werden. Auch Kleinwohnungen, Möglich ist es zum Beispiel, den Wohnraum Wohnräume nach Mass. Raumeinheiten Studios, verschiedene Attikawohnungen neu für stilles Gewerbe, als Verwaltungs- können für jede Wohnung beliebig angeord- und gewerbliche Nutzungen bieten sich an. büro oder als Kinderhort zu nutzen. Eben- net und auf die Bedürfnisse der jeweiligen In Nebikon sind nach diesem Konzept 18 falls ist auf dieser Ebene ein Parkgeschoss Bewoh­n ergruppen ausgerichtet werden. Wohnungen mit 2½ bis 5½ Zimmern ent- mit Nebenräumen möglich. Architektur Bauingenieure / Umgebung Luftdurchlässigkeitsmessungen Bauart Architekten und Planer AG, Bern Tagmar + Partner AG, Dagmersellen Clicon AG, Gossau www.bauart.ch www.swisswoodhouse.ch www.tagmar.ch www.clicon.ch ■ Generalunternehmung / Holzbau HLK-Ingenieure Duschtrennwände Renggli AG, Sursee/ Schötz Stadler & Felber Planungs AG, Reiden Pro Vitrum GmbH / Glaswelt 24, Wollerau www.renggli-haus.ch [email protected] www.glaswelt24.ch Holzbauingenieure Fotovoltaikanlage Innentüren aus Holz Pirmin Jung Ingenieure für Holzbau GmbH, Rain BE Netz AG, Ebikon Gebrüder Wüest AG, Ettswil www.pirminjung.ch www.benetz.ch www.gebr-wuest.ch 32 architektur + technik 12 | 2014