Impfstoffe zum Schutz vor dem Schmallenberg-Virus, welche Optionen haben wir?“ Gert Zimmer Institut für Viruskrankheiten und Immunprophylaxe (IVI) Mittelhäusern Bunyaviren ss (-)RNA, 3 Segmente (Reassortment!) Lipidhülle 4 Gattungen mit tier- und humanpathogenen Erregern, > 350 Vertreter Übertragung durch Insekten bzw. Zecken, Ausnahme Hantavirus (Nager) ViralZone:www.expasy.org/viralzone,Swiss Institute of Bioinformatics) Vorkommen der Viren an den Vektor gebunden z.T. vertikale Übertragung auf die Insekteneier möglich Genprodukte, Antigene ViralZone:www.expasy.org/viralzone,Swiss Institute of Bioinformatics) Segment Genprodukt Funktion S Segment Nukleoprotein N NSs Kapsid Interferonantagonist M Segment Glykoprotein Gn-Gc NSm Rezeptorbindung, Fusion Morphogenese L Segment RNA-Polymerase L Transkription, Replikation Charakteristische Vertreter der Bunyaviren Modrow, Falke,Truyen, Schätzl, 2010 Charakteristische Vertreter der Bunyaviren Modrow, Falke,Truyen, Schätzl, 2010 Rift-Valley-Fieber-Virus (RVFV) Gattung Phlebovirus, Afrika, arabische Halbinsel Stechmücken (Aedes, Culex) Wiederkäuer: Hämorragisches Fieber, Durchfall, Aborte Menschen: grippeähnliche Symptome, 1% schwere Verläufe mit hämorragischem Fieber, Hepatitis (Mortaliät 50%). CDC BSL-3 Tot- und Lebendimpfstoffe für Tiere verfügbar, Lebendimpfstoffe mit Aborten assoziiert. Nukleoprotein mit protektiven Eigenschaften J. Huiskonen Transmissionszyklus RVFV Virämie Virämie Bernard Mondet (IRD) Krim-Kongo-Fieber-Virus Gattung Nairovirus, Vorderasien, Türkei, Afghanistan Übertragung durch Schildzecken (Hyalomma), Ausbreitung des Vektors! globalpharmasectornews Infektion von Wiederkäuern subklinisch Hämorrhagisches Fieber im Menschen (20-40% Mortalität) BSL-4 kein Impfstoff verfügbar camel4all Nairobi-Krankheit der Schafe Gattung Nairovirus, Afrika Übertragung durch braune Ohrenzecken (Rhipicephalus) Schafe, Ziegen: Hämorraghische Gastroenteritis, Fieber, Aborte, hohe Mortalität Humane Infektionen selten Kommerzielle Impfstoffe nicht verfügbar Experimentelle Tot- u. Lebendvakzine: mehrere Applikationen notwendig H. Mehlhorn Akabane-Virus Gattung Orthobunyavirus, Simbu-Serogruppe Australien, Neuseeland, Südasien, Afrika, Japan, Korea, Mittlerer Osten Übertragung durch Mücken (Culicoides, Culex, Aedes) Infektion von Wiederkäuern (Rinder, Schafe, Ziegen) Missbildung der Feten (Microencephalie, Arthrogrypose) Inaktiviertes Virus als Totimpfstoff in Endemiegebieten im Einsatz Schmallenberg-Virus Isolierung im November 2011 in Schmallenberg, Deutschland Genus Orthobunyavirus Wiederkäuer: Fieber, Rückgang der Milchleistung, Frühgeburten, Missbildungen Vermutlich nicht humanpathogen Übertragung durch Gnitzen (Culicoides), andere Insekten? Herkunft unklar! Totimpfstoffe in der Entwicklung FLI Schmallenberg-Virus, eine Reassortante? SCOFCAH Brussels, 2011 Brauchen wir einen Impfstoff gegen Schmallenberg-Virus? Nein Ja Milde und kurze Krankheit bei adulten Tieren Wirtschaftliche Verluste aufgrund hoher Abortraten bei Schafen! Hohe Seroprevalenz in endemischen Gebieten, natürliche Immunität Viele Regionen Süd- und Osteuropas bislang noch frei von Schmallenberg-Virus. Reservoir in wildlebenden Wiederkäuern? Wiederholtes Einschleppen des Virus BTV-8-Impfkampagne Seit 2006 hat sich BTV-8 über ganz Mittel- und Nordeuropa ausgebreitet Vektor: Culicoides Wilson, Darpel & Mellor (2008) Impfung mit Totvakzine (zunächst obligatorisch, seit 2011 freiwillig) Inzwischen gilt die Schweiz und andere Länder als „BTV-8-frei“. P. Roy, 2008 Welche Art von Impfstoff sollen wir verwenden? Totimpfstoff Virus-ähnliche Partikel Lebendimpfstoff Vektorimpfstoff Replikonpartikel Lebendimpfstoffe Vorteile Nachteile • Effektiv: Induktion von humoraler u. zellulärer Immunität • Schwierige Balance zwischen Pathogenität u. Attenuierung • Länger anhaltende Immunität • Revertanten! • Keine Adjuvantien notwendig • Ausscheider • Relativ kostengünstig • Booster ineffektiv • Lagerung? • Kontaminationen (z.B. SV40) • Schwierige Unterscheidung von infizierten u. vakzinierten Tieren Totimpfstoffe Vorteile • Hohe Sicherheit • Einfachere Lagerung Nachteile • Geringe Induktion der zellulären Immunität • Inaktivierung kann zum Verlust der Immunogenität führen • Adjuvantien notwendig (Nebenwirkungen!) • Immunologisches Gedächtnis von kürzerer Dauer • Schwierige Unterscheidung von infizierten u. vakzinierten Tieren Warum brauchen wir zur Bekämpfung von Tierseuchen Markerimpfstoffe? Eine einfache serologische Unterscheidung infizierter von geimpften Tieren (DIVA) ist mit konventionellen Impfstoffen oft schwierig. Exportbeschränkungen im Fall der Impfung. Erschwerung von Überwachungs- und Eradikationsprogrammen. Politik der Nichtimpfung. Virus der vesikulären Stomatitis (VSV) RNP M G 3' N P M M G ~ 11,200 nt L 5' Virus der vesikulären Stomatitis (VSV) Rhabdoviridae Lateinamerika, Südstaaten der USA Übertragung durch Insekten (z.B. Sandfliegen) Pferde, Kühe, Schweine: klinische Symptome ähnlich MKS Zellkultur: - breiter Zelltropismus - kurze Replikationszyklus (~ 5h) - hohe Titer (>109 pfu/ml) - zytotoxisch - sehr sensitiv gegenüber der Wirkung von IFN Colostate.edu Das VSV*G-Replikon 3' N P M G L 5' VSV*G 3' N P M GFP L 5' VSV nicht-induziert 8 induziert induziert 6 4 2 nicht-induziert M Helferzelllinie (BHK-G43) 12 24 36 h.pi. RNA-Replikons: autonom replizierende RNA N P M GFP L H+ • Effiziente Übertragung der RNA RNP(-) RNP(+) • Transkription/Replikation im Cytoplasma! • Amplifikation Plasma membrane Hohe Antigenspiegel • RNA Stimuliert die angeborene Immunität • Nicht vermehrungsfähig Sicherheit! Expression des Influenza HA-Antigens VSV*G(HA) 3' N GFP P M HA anti-HA GFP L 5' überlagert VSV*G VSV*G(HA) 6 h p.i. VSV*G(HA) induziert Antikörper, die verschiedene H7-Viren neutralisieren HI-Test A/chicken/ Rostock/34 (H7N1) A/duck/ Potsdam/15/80 (H7N7) 2. IM 2. IM A/Teal/ Föhr/03 (H5N2) VSVΔG- 1. IM 22 284 270 110 <4 HA (7/10) (10/10) (10/10) (10/10) (10/10) HA +NP 2. IM A/chicken/ Italy/99 (H7N1) 2. IM 38 320 157 132 <4 (9/10) (9/10) (9/10) (9/10) (10/10) <4 <4 <4 <4 <4 GFP (10/10) (10/10) (10/10) (10/10) (10/10) <4 <4 <4 <4 <4 Mock (10/10) (10/10) (10/10) (10/10) (10/10) Kalhoro et al. (2009) Vaccine 27:1174 VSV*G(HA) schützt vor einer lethalen Dosis mit A/chicken/Italy/445/99 (H7N1) PBS GFP HA HA + NP 0 1 Tage nach Infektion 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 21 Keine Symptome 1 Symptom Mehrere Symptome Schwer krank oder tot Kalhoro et al. (2009) Vaccine 27:1174 Die Virusausscheidung ist bei geimpften Tieren deutlich reduziert qRT-PCR (M-Segment) 0ropharyngeale Tupferproben 50 Kloakale Tupferproben VSV*G(HA) 40 VSV*G(HA) +VSV*G(NP) 30 PBS 20 VSV*G 10 0 2 3 4 5 6 7 8 9 11 14 21 0 2 3 4 5 6 7 8 9 11 14 21 Tage p.i. Kalhoro et al. (2009) Vaccine 27:1174 Infizierte und geimpfte Tiere können serologisch unterschieden werden Kompetitiver NA-ELISA 100 80 60 40 + 20 pre-c. post-c. pre-c. post-c. VSV*G(HA) VSV*G(HA) +VSV*G(NP) Kalhoro et al. (2009) Vaccine 27:1174 Eine universale Vakzine für Influenzaviren? LPAIV (H7N7) Infektion VSV*ΔG(HA-Stiel) VSV*ΔG(M2) VSV*ΔG(NP) VSV*ΔG(M1) Impfung Transmission? Entwicklung einer RNA-Replikon-Vakzine zum Schutz vor Orbiviren ViralZone:www.expasy.org/viralzone,Swiss Institute of Bioinformatics) Vertreter: Blauzungenkrankheit (BTV), 26 Serotypen Afrikanische Pferdepest (AHSV), 9 Serotypen Epizootische Hämorraghie der Hirsche (EHDS), 7 Serotypen Neutralisierende, serotypspezifische Antikörper gegen VP2 gerichtet. Infektion mit einem Serotyp bietet Teilschutz vor Infektion mit einem anderen Serotyp. VSV-Replikons, die BTV-8-Antigene exprimieren VSV*G(VP2) 3' N P M VP2 GFP L 5' VSV*G(VP5) 3' N P M VP5 GFP L 5' VSVG(VP2,VP5) 3' N P M VP2 VP5 L 5' VSV*G(VP3) 3' N P M VP3 GFP L 5' VSV*G(VP7) 3' N P M VP7 GFP L 5' VSVG(VP3,VP7) 3' N P M VP3 VP7 L 5' VSV*G(NS1) 3' N P M NS1 GFP L 5' VSV*G(NS3) 3' N P M NS3 GFP L 5' VSVG(NS1,NS3) 3' N P M NS1 NS3 L 5' VSV-Replikons induzieren Antikörper, die BTV-infizierte Zellen erkennen Vero + BTV-1 VP7 NS1 Vero + BTV-8 24 m Evaluation des Impfstoffs im Schaf Charakterisierung der humoralen und zellulären Immunantwort Belastungsinfektionen mit BTV-8 bzw. BTV-1 Verhinderung der virämischen Phase? Welche Antigene zeigen eine protektive Wirkung? Zusammenfassung Wirksamkeit: Ja Sicherheit: Nicht vermehrungsfähig, keine Rekombination Booster-Effekt: Ja DIVA: Ja Adjuvants: Nicht notwendig Nebenwirkungen: Keine Lagerung: Lyophilisat Anwendbarkeit: Breit Schlussfolgerung Rekombinante RNA-Replikonpartikel stellen sichere und wirksame Markerimpfstoffe dar, die es erlauben, auf alte wie neue Herausforderungen bei Tierseuchen (z.B. Bunyaviren, Orbiviren) schnell und zuverlässig zu reagieren. Danksagung Nicolas Ruggli Stefan Halbherr Stefanie Kochinger Melanie Eck Markus Gerber Bundesamt für Veterinärwesen BVET Samira Locher Marianne Berger Rentsch Daniel Brechbühl