Einführung in die Liquor - Diagnostik Erkrankungen

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Einführung in die
Liquor - Diagnostik
PD Dr. Axel Regeniter
Universitätsspital Basel
PD Dr. Werner Siede
Dipl. chem Helgard Möller
Klinikum Lippe
Erkrankungen des ZNS

Menigitis, Meningoenzephalitis, Enzephalitis
- bakteriell, viral, mykotisch, parasitär
Polyneuritis, Polyneuropathie
- Guillain-Barre-Syndrom
Chronisch entzündliche Erkrankungen
- multiple Sklerose, Autoimmun, Sarkoidose
Tumoren
- Hirntumor, Meningeosis carcinomatosa, lymphomatosa
Demenz
- M. Alzheimer
1

Das Labor erstellt keine medizinischen Diagnosen

Das Labor erstellt Mess-Daten einer Probe zur
pathobiochemischen Diagnose
Ziele der CSF - Analytik
• Beurteilung der Funktion der Blut-Liquorschranke
• Nachweis eines entzündlichen Prozesses im ZNS
- Differenzierung akut/chronisch
- Identifizierung eines möglichen Infektionserregers
• Nachweis von Tumoren bzw. Tumormetastasen im ZNS
• Nachweis degenerativer Prozesse im ZNS
2
CSF - Analytik
Zytologie
Mikrobiologie, PCR
Klin. Chemie (Glucose, Laktat)
Proteinanalytik (Albumin, Ig)
Infektionsserologie
Grundlagen und Ziele der Liquoranalytik
Beurteilung der Funktion der
Blut-Liquor-Schranke
Diagnose eines entzündlichen Prozesses im ZNS
Nachweis der humoralen Immunreaktion
Zelluläre Immunreaktion
akut + chronisch entzündlicher Prozess
akut entzündlicher Prozess
Immunglobuline
Oligoklonale
Banden
Erregerspezifische
Antikörper
3
Kriterien eines entzündlichen Prozesses
• Leukozytenzahl erhöht
• aktivierte B-Lymphozyten
• intrathekale humorale Immunreaktion
(mindestens ein Kriterium muß erfüllt sein, häufig treffen alle zu)
4
CSF - Leukozyten

0 - 4 : normal

5 - 30 : chronisch entzündlich

> 30 : akut entzündlich

> 300 : bakteriell
Nachweis einer intrathekalen humoralen Immunreaktion
• Quantitative nephelometrische Messung der Immunglobuline G,A,M
Beurteilung intrathekaler Ig-Synthese im Quotientenschema
• Nachweis oligoklonaler IgG-Fraktionen (Isoelektrischer Fokussierung)
Vergleich der ÎgG-Banden in Liquor und Serum
• Nachweis erregerspezifischer Antikörper mittels Enzymimmunoassay
Beurteilung intrathekaler erregerspezifischer Ig-Synthese durch
Liquor/Serum-Quotienten
Berechnung des Antikörperindex (AI)
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Stufenplan der Liquoranalytik
ein Flußdiagramm
Pathobiochemische Grundlagen
- Blut–Liquor-Schranke
- Intrathekale Produktion
6
7
8
9
Q Alb
Parameter zur Beurteilung der
Schrankenfunktion
Bezugsgröße zur Beurteilung einer
intrathekalen Produktion
-
-
(Albumin stammt immer aus dem Serum
und wird nicht intrathekal produziert)
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Alterabhängigkeit des Albumin-Quotienten bei Kindern
Altersabhängigkeit des Referenzwertebereiches
für den Albumin-Quotienten im Lumbal -Liquor
Alter (Jahre)
bis 20
bis 40
bis 60
Ventrikel-Liquor:
zisternaler Liquor:
Q-Alb x 103
< 5,0
< 6,5
< 8,0
Referenzwerte Q Alb Lumbal-Liquor x 0,4
Referenzwerte Q Alb Lumbal-Liquor x 0,65
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Methodik der quantitativen Proteinanalyse
 Methode: Quantitative immunologische Messung der
Immunglobuline G,A,M und des Albumins mittels Nephelometrie in
Liquor und Serum
 Material: spezifische Antikörper in geeigneten Puffer-systemen
 Durchführung: Messung von Liquor- und Serumproben mit gleicher
Kalibration bedeutet Verdünnung des Serums in den Konzentrationsbereich der Liquor Proteine
(wird von den Geräten automatisch vorgenommen)
 Verringerung des Messfehlers:
 Antigenexzess ausschliessen
(machen einige Geräte automatisch)
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Ergebnisprotokoll Nephelometer
Beispiel: Immage Fa.Beckman
Parameter Probenart Ergebnis Einheit Verdünnung
IgG
IgG
Liquor
Serum
3,43
1230
mg/dl
mg/dl
1:1
1: 216
Alb
Alb
Liquor
Serum
20,2
4220
mg/dl
mg/dl
1:6
1:1296
IgM
IgM
Liquor
Serum
0,102
208
mg/dl
mg/dl
1:1
1:216
IgA
IgA
Liquor
Serum
0,466
366
mg/dl
mg/dl
1:1
1:432
alle Ergebnisse sind auf Antigenexzess überprüft
13
14
Ein CSF/Serum-Probenpaar ergibt folgende Mess-Werte:
Albumin
IgG
IgA
IgM
CSF (mg/l)
Serum (g/l)
264
47,3
4,52
2,11
34
11,4
2,37
0,75
- Berechnen Sie die CSF/Serum-Quotienten (Q)
- Tragen Sie diese in das Quotientendiagramm ein
- Erstellen Sie eine pathobiochemischen Befund
Ergebnisse:
Q Alb : 7,8
Q Ig G: 4,1
Q Ig A: 1,9
Q Ig M: 2,8
Pathobiochemischer Befund
(Patientenalter 40 J.)
- leichte Störung der Blut-CSF Schrankenfunktion
- Intrathekale Ig M Synthese
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Wertigkeit der Absolut-Referenzbereiche im Vergleich mit Li/Se-Quotienten für
Liquor-Proteine:
Beispiel IgG
Albumin: 11,0-35,0 mg/dl
IgG:
1,0-4,0 mg/dl
IgA: 0,05-0,6 mg/dl
IgM: bis 0,08 mg/dl
Fall 1
normaler
Li-IgG-Wert
Fall 2
leicht erhöhter
Li-IgG-Wert
3
OB Typ 2
OB Typ 2
1
2
Fall 3
deutlich erhöhter
Li-IgG-Wert
OB Typ 5
Reaktionsmuster der Immunglobuline
Besonderheit entzündlicher ZNS-Erkrankungen:
• nur bedingt Wechsel der Immunglobulinklassen
• typische Immunglobulinmuster
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Interpretation Oligoklonaler Bandenmuster
Typ 1: OB neg. = intrathekale IgG-Synthese negativ
Typ 2: OB CSF = intrathekale IgG-Synthese positiv
Typ 3: identische OB CSF+Se und weitere OB CSF
= intrathekale IgG-Synthese positiv
Typ 4: identische OB CSF+Se = systemische Immunreaktion
Typ 5: identische starke OB CSF+Se =Paraprotein
Nachweis erregerspezifischer Antikörper
Methode:
Enzymimmunoassay zum quantitativen Nachweis Erreger spezifischer AK in Liquor und Serum
( Masern, Röteln, VZV, HSV, EBV, CMV, HIV, Toxoplasmose, Mumps, Borrelien)
Reagenz:
z.B. Erreger-Antigen beschichtete Mikrotiterplatten
Proben:
Verdünnung von Liquor und Serum auf gleichen IgG-Gehalt :
virusspezifische Antikörper
Liquor 1:15 und Serum 1:3000 ( 1:200)
Borrelien
IgG: Liquor 1:5 und Serum 1:1000 (1:200)
IgM:Li quor 1:5 und Serum 1: 2500 (1:500)
Inkubation:
3 Stunden / 1,5 Stunden
Detektion:
POD markierter Antikörper mit anschliessender Farbreaktion
Auswertung: 1. Ablesen der Konzentrationen von Liquor und Serum an einer
Standardkurve mit willkürlichen Konzentrationseinheiten
2. Berechnung erregerspezif. AI-Wertes unter Einbeziehung der Proteindaten
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Berechnung des Antikörperindex (AI)
Der AI charakterisiert das Verhältnis von erregerspezifischem AntikörperQuotient zum Gesamt-Immunglobulin-Quotient
Antikörperspezifischer Liquor/Serum-Quotient:
spez. IgG-Konzentration im Liquor
Q IgG spez
=
---------------------------------------------------------------
spez. IgG-Konzentration im Serum
wenn
Q IgG < Q IgG lim : AI = Q IgG spez / Q IgG ges
wenn
Q IgG > Q IgG lim:
Referenzbereich: 0,7 - 1,3
AI = Q IgG spez / Q IgG lim
pathologisch: =/> 1,5
Ursachen einer humoralen intrathekalen Immunreaktion
1. chronisch entzündlicher Prozess
- polyspezifische Immunreaktion
2. akut entzündliche Erkrankung
- monospezifische Immunreaktion
Wichtig: Punktionszeitpunkt beachten, Antikörperbildung
erfolgt verzögert, ca. 3-10 Tage nach Infektion
3. Antikörperpersistenz (keine aktuelle Relevanz, „Narbe“)
Differenzierung:
- Zellzahl
- Funktion der Blut-Liquorschranke
- evtl. auch Serumresultate
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Diagnostische Relevanz Oligoklonaler Banden versus
MRZ-Reaktion
Sensitivität
Spezifität
OKB
hoch
gering
MRZ
geringer als OKB
(MS: 98%)
(MS: > 90% )
(Dreierkombination)
Nachweis bei zahlreichen infektiösen und
autoimmunen Entzündungen sowie z.T. auch
bei nicht entzündlichen ZNS-Erkrankungen
hoch
Nachweis eines chronisch entzündlichen
Prozesses vom Autoimmuntyp;
bei akuten Infektionen gibt es keine
pathologischen AI-Werte für mehrere Erreger
( Ausnahme: Kreuzreaktivität bei Herpesviren)
Wertigkeit verschiedener Parameter zur Diagnose von
erregerbedingten akuten ZNS-Infektionen
Parameter
Zellzahl,
Morphologie
Kultur
Sensitivität
hoch
Spezifität
gering
stark differierende Pleozytosen,
bei viralen Erregern zeitabhängige
Veränderung des Zellbildes
hoch
hoch
Standardverfahren für bakterielle Infektionen
keine diagnostische Relevanz für Viren und Borrelien
intrathekale
Ig-Synthese
OKB
AI
mäßig
gering
krankheitstypische Immunglobulinmuster bekannt aber nicht spezifisch
mäßig
für akute Infektion
(hoch für chronisch
entzündl .Prozesse)
hoch
(90-100%)
gering
positiv bei einer Vielzahl neurolog.
Erkrankungen auch nicht
entzündlicher Genese
hoch
(90-100%)
Nachweiszeitpunkt
(nach Krankheitsbeginn)
direkt
Beginn granulozytär
später lymphozytär
direkt
hoher analyt.Zeitaufwand
verzögert
nach ca. (3) 7-10 Tagen
verzögert
wesentliche Bedeutung für
chronisch entzündliche
Erkrankungen
verzögert
nach ca. (3) 7-10 Tagen
(Cave: Mitstimulation)
PCR
hoch (80-95% )
(Borrelien (10-30%))
hoch
(90-100%)
direkt
Achtung: Nachweis
nur in der Frühphase
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Zusammenfassung
(„ Take home message“)

Konzentrationsabhängigkeit
der Proteine im Liquor
•
Serum-Konzentration
• Funktion der Blut-Liquorschranke
• Liquor-Fließgeschwindigkeit
• Molekülgröße
• Patientenalter
• intrathekale Synthese
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Prinzip der Liquorprotein-Analytik
Proteinanalytik im Liquor bedeutet:
Analytik im Liquor
plus
Analytik im Serum
Interpretation der Ergebnisse über
Liquor/Serum-Quotienten
Begründung:
dynamisches Gleichgewicht der Proteinverteilung
Liquor/Serum durch die funktionelle Blut-Liquor-Schranke
Beurteilung der Funktion der Blut-Liquorschranke
geeignter Parameter ist der Albumin-Quotient:
Albuminkonzentration im Liquor
Q Alb = ----------------------------------------------Albuminkonzentration im Serum
Begründung: Albumin wird im Gegensatz zum Gesamtprotein
nur in der Leber synthetisiert,d.h.die Albuminkonzentration im Liquor wird ausschließlich durch die
Serumkonzentration bestimmt !
(Albuminkonzentration beträgt ca. 40-60% der
Gesamtproteinkonzentration)
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Ursachen der Funktionsstörung der BlutLiquor-Schranke
Einfluss auf die Geschwindigkeit
des Liquorflusses durch:
• Permeabilitätsstörung
z.B. entzündliche Prozesse
• Zikulationsstörung
z.B.Blutung,Tumor,Hirninfarkt
Kriterien eines entzündlichen Prozesses
• zelluläre Immunreaktion
• intrathekale humorale Immunreaktion
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Nachweis einer intrathekalen humoralen
Immunreaktion
• Immunglobuline (Q IgG, A, M)
• oligoklonale IgG-Fraktionen
• erregerspezifische Immunglobuline (AI)
CSF Basis-Parameter
Leukozytenzahl
Leukozytendifferenzierung
( mononukleäre und polymorphkernige Zellen)
Glukose, Laktat
Gesamtprotein
Albumin-Quotient
Ig-Quotienten G (M, A)
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CSF - Integrierter Befundbericht
Zusammenfassung aller analytischen Daten
Basisparameter, Proteinanalytik
Infektions-Serologie, PCR, Mikrobiologie
Zytologie
Interpretation
Pathobiochemische Diagnose
Hinweise für klinische Interpretation
Vorschläge für weitere Differentialdiagnostik
Plausibilitätskontrolle
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