6 Gesundheit! Vorbeugen Wasser – ein Lebenselixier Das Element ist Jungbrunnen und Heilmittel „Wer die Wirkungen des Wassers versteht und in seiner überaus mannigfaltigen Art anzuwenden weiß, besitzt ein Heilmittel, welches von keinem anderen Mittel übertroffen werden kann“, gab der bekannte bayerische Pfarrer und Hydrotherapeut Sebastian Kneipp seinen Patienten schon vor über 150 Jahren mit auf den Weg. Damit machte er hierzulande Wasser als inneres und äußeres Heilmittel wieder populär. Doch im Gegensatz zur Ernährung, werden Trinkgewohnheiten nur selten unter die Lupe genommen. Die meisten Menschen nehmen zu wenig Flüssigkeit zu sich. Daraus resultieren die unterschiedlichsten körperlichen und geistigen Beschwerden. Das reicht von Migräne und Schwindel über Rückenprobleme und Verdauungsbeschwerden bis hin zu ernsthaften chronischen Krankheiten. Ausreichendes Trinken ist daher mindestens genauso wichtig wie eine ausgewogene Ernährung. Wasser ist sogar das wichtigste Lebensmittel überhaupt. Nur drei Tage kommt der Mensch ohne aus. Es transportiert Nähr- und Heilstoffe an jede Stelle des Körpers. Weil über Urin, Schweiß und Atem ständig Flüssigkeit ausgeschieden wird, muss kontinuierlich für Nachschub gesorgt werden. Der Körper kann zwar bis zu einem gewissen Maß einen Wassermangel kompensieren, doch das Flüssigkeitsdefizit schadet ihm – vor allem wenn es chronisch ist. Gifte werden nicht ausgeschwemmt, Zellen nicht gereinigt und ein gut funktionierender Stoffwechsel ist nicht mehr gewährleistet. Die täglich empfohlene Trinkmenge hängt von den klimatischen Bedingungen, der Nahrung und der körperlichen Tätigkeit ab und liegt bei Erwachsenen bei zwei bis drei Litern. Da der Mensch je- doch auch über die Nahrung Flüssigkeit aufnimmt, sind täglich eineinhalb bis zwei Liter Wasser ausreichend. Wer jedoch häufig Kaffee oder Alkohol konsumiert, hat einen erhöhten Wasserbedarf, da sie stark entwässern. Auch Sportler, stillende Mütter und Menschen, die viel sprechen oder Medikamente einnehmen, haben einen erhöhten Flüssigkeitsbedarf. Die Folgen von Flüssigkeitsmangel Wird der Körper nicht ausreichend mit Wasser versorgt, vertrocknet er. Den Körperzellen wird nach und nach immer mehr Wasser entzogen. Erste Symptome sind Schwindel, Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen. Dann verdickt das Blut, die Salzwerte steigen an und die Gefäße weiten sich. Eine ausreichende Sauerstoff- und Nährstoffversorgung ist nicht mehr gewährleistet. Wassermangel lässt sich auch mit dem Hautfaltentest messen. Dazu wird eine Hautfalte an der Hand für einige Sekunden mit Druck nach oben gezogen. Beim Lösen der Falte sollte sich nach einer Sekunde keine Erhebung mehr zeigen. Schleimhäute trocknen in diesem Stadium aus, Viren und Bakterien haben leichteres Spiel. Zuletzt sinkt die Urinproduktion, die Nieren stellen langsam ihren Dienst ein. Harnstoffe und Harnsäure werden nicht mehr ausgeschieden, die Gefahr von Nierensteinen steigt und Bandscheibenschäden nehmen mangels Elastizität der Bandscheiben zu. Damit es nicht soweit kommt, heißt es trinken, trinken, trinken und dies möglichst regelmäßig über den ganzen Tag verteilt. Diana Pyter Wie setzt man den guten Willen um? Durst ist ein erstes Indiz dafür, dass zu wenig getrunken wurde. Vor allem ältere Menschen sind betroffen, denn das Durstempfinden lässt im Alter merklich nach. „Man kann nicht auf Vorrat trinken oder das Trinkpensum nachholen. Ideal ist ein kleines Glas Wasser pro Stunde“, empfiehlt Doris Marchadier, Physiotherapeutin, Yogalehrerin und Heilpraktikerin für Physiotherapie. In ihrer Donauwörther Praxis hat sie ein Therapiekonzept für Schmerzpatienten entwickelt, bei dem die Untersuchung und Optimierung des Trinkverhaltens eine zentrale Rolle spielen. Die Journalistin Diana Pyter hat dieses Konzept genauer unter die Lupe genommen. Ein Patient kommt mit Schmerzsymptomen wie Rückenproblemen oder Migräne in Ihre Praxis. Wo setzen Sie an? Doris Marchadier: Nach der medizinischen Anamnese und Diagnosestellung ist das Trinkverhalten zentrales Thema. In Studien hat man festgestellt, dass Menschen, die unter Durst litten, eine starke Dauerschmerzsymptomatik entwickeln können. Also kläre ich ab, welchen individuellen Trinkbedarf der Betroffene hat und ob er diesen Anforderungen regelmäßig nachkommt. Was empfehlen Sie, um die notwendige Trinkmenge zu erreichen? Marchadier: Nachdem wir den individuellen Bedarf ermittelt haben, sollten meine Patienten regelmäßig ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, für vier bis sechs Wochen. Ich gebe dann auch zusätzliche Tipps wie beispielsweise das Trinken von Wasser mit Zitrone am Morgen gleich nach dem Aufstehen, um die Verdauung auf Trab zu bringen oder das Trinken von lauwarmem Wasser, damit der Stuhl weicher wird. Das Trinkpensum selbst sollte bis 19 Uhr abends erreicht sein. Wird danach zu viel getrunken, beeinflusst das die Schlafqualität negativ. Man muss nachts öfters zur Toilette, so dass der Schlaf immer wieder unterbrochen wird und man sich am nächsten Morgen nicht so erholt wie wenn man durchgeschlafen hätte. Was sollten Sportler nach dem Sport trinken, vor allem wenn sie stark geschwitzt haben? Marchadier: Während des Sports geht viel Flüssigkeit und damit auch Mineralstoffe verloren. Daher sind Getränke ohne viele Kalorien ideal, also Saftschorlen oder ein alkoholfreies Bierchen. Auf Alkohol sollte man nach dem Sport verzichten, da dieser dem Körper noch mehr Wasser entzieht. Kann man eigentlich auch zu viel trinken? Marchadier: Natürlich, durch einen zu hohen Wasserkonsum werden vermehrt Mineralstoffe aus dem Körper ausgeschieden, was auch zu erheblichen Problemen führen kann. Welchen Plan bekommt der Patient von Ihnen mit auf den Weg? Marchadier: Der Patient sollte konsequent die erforderliche Trinkmenge einhalten. Hilfreich kann auch ein Tagesprotokoll sein. Dieses zeigt, was sich durch das neue Trinkverhalten geändert hat oder ob eventuell gewisse Schmerzen schon verschwunden sind beziehungsweise weniger werden. Der Körper benötigt Zeit, da er sich erst an den neuen Rhythmus gewöhnen muss. Wichtig ist auch ein Bewegungs- und Entspannungskonzept. Meditation und verschiedene Entspannungstechniken wie Yoga oder progressive Muskelentspannung sind hilfreiche Mittel auf dem Weg zur Schmerzfreiheit sowie eventuell ein zusätzliches Coaching bei Problemen auf seelischer und geistiger Ebene. Dieses Coaching fördert die Selbstreflexion und die Selbstwahrnehmung.