Eine Auswahl typischer Carbonylreaktionen Aldol-Reaktion (+ anschließende Aldol-Kondensation) • Kondensation = Abspaltung von Wasser • Aldol-Reaktion kann basenkatalysiert oder säurekatalysiert durchgeführt werden. Mechanismus der basenkatalysierten Aldol-Reaktion: O O O Base H3C H - HBase H2C H H2C H Enolat Methylenkomponente O H Carbonylkomponente OH O O O HBase β α H H - Base H β-Hydroxyaldehyd (Aldol) Im ersten Schritt erfolgt die Deprotonierung der Methylenkomponente in α-Position durch eine (möglichst schwach nucleophile) Base zum Enolat. Das erzeugte Enolat wirkt als Kohlenstoff-Nucleophil und greift im zweiten Schritt der Reaktion die Carbonylkomponente an. Es bildet sich eine β-Hydroxy-Carbonylverbindung (in unserem Fall ein β-Hydroxyaldehyd). Häufig kommt es im Anschluß an die Aldol-Reaktion zur Abspaltung von H2O aus der β-Hydroxy-Carbonylverbindung, Triebkraft dieser Eliminierung (nach E1cB-Mech.) ist die Ausbildung eines energetisch günstigen α,β-ungesättigten Systems: 1 OH O OH α OH O H Base O H H - HBase H - OH O β H α α,β-ungesättigter Aldehyd Im ersten Schritt erfolgt erneute Deprotonierung in α-Position zum entsprechenden Enolat, anschließend wird OH- abgespalten und man erhält die α,β-ungesättigte Carbonylverbindung. Veresterung (bzw. Esterspaltung, Verseifung) allgemeine Umsetzung: Säure + • Alkohol Ester + H2O Gleichgewichtsreaktion, d.h. das entstehende H2O muß aus dem GG entfernt werden, um das GG auf die Produktseite zu verschieben. • Veresterung wird meist säurekatalysiert durchgeführt: H O H3C H OH H O H3C OH OH H3C OH OCH3 O -H H 2 OH O H3C CH3 O H3C H3C OH OCH3 H2O - H2O H3C CH3 OH O OH CH3 Um das Problem einer Rückreaktion zu umgehen, lassen sich Ester auch aus anderen reaktiveren Carbonylverbindungen wie z.B. Anhydriden und Carbonsäurehalogeniden herstellen: Bsp. Veresterung mit Acetanhydrid (säure-katalysiert) O O H O O O HO H H O O O O H3C OH O CH3 O O H Anhydrid -H H O O CH3 O Ester + O O H SäureBaseRkt. OH Carbonsäure O CH3 O -H O + O O CH3 O Die Rückreaktion der Veresterung ist die Esterspaltung, diese Reaktion wird ebenfalls durch Esterhydrolyse) Säuren (saure Esterhydrolyse) oder Basen (alkalische katalysiert. Häufig wird die alkalische Esterhydrolyse auch als Esterverseifung bezeichnet (vgl. Fettverseifung). Fett = Ester aus Glycerin (= Glycerol, Alkoholkomponente) + langkettige Carbonsäuren (sogenannte Fettsäuren). Mechanismus der Esterverseifung: δ- O OH δ+ C15H31 O O OH + H OR C15H31 OR C15H31 OR O Säure-BaseReaktion, irreversibel O + C15H31 3 O ROH Der Mechanismus der Esterverseifung erfolgt in 3 Schritten: Zuerst greift das Nucleophil OH- am Carbonyl-C an und es bildet sich eine tetraedrische Zwischenstufe. Im zweiten Schritt spaltet das instabile Intermediat den Alkoholatrest RO- ab und es bildet sich die Carbonsäure. Im letzten Schritt (irreversibel) deprotoniert das entstandene Alkoholat (starke Base) die Carbonsäure, man erhält das Carboxylat. Die Alkalisalze langkettiger Carbonsäuren werden als Seifen bezeichnet. Wie aus den vorangegangenen Beispielen ersichtlich, lassen sich Reaktionen mit Carbonylverbindungen durch Säuren (Brönstedt- und auch Lewis-Säuren) katalysieren. Diese Eigenschaft ist nicht auf die hier besprochenen Reaktionen Veresterung und Aldol-Reaktion beschränkt. Durch die Säure-Katalyse wird die positive Partialladung am Carbonyl-Kohlenstoff verstärkt --> das Carbonyl-C wird noch elektrophiler und ein Angriff durch Nucleophile an dieser Position wird gefördert: O H δH δ+ CH3 H3C H3C O H3C H O CH3 O AlCl3 CH3 O H3C H3C AlCl3 CH3 O CH3 H3C AlCl3 CH3 Die Einstellung der sogenannten Keto-Enol-Tautomerie wird ebenfalls durch Säuren (und Basen, was im Alkalischen allerdings häufig zum Enolat führt) katalysiert. Das Gleichgewicht bei der Keto-Enol-Tautomerie liegt in der Regel weit auf der Seite der Keto-Form: O H3C δ- OH δ+ CH3 H2C Keto-Form CH3 Enol-Form 4 Wird die Enol-Form durch zusätzliche Substituenten in geeigneter Position stabilisiert, so kann sich das GG auf die Enolseite verschieben. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist Acetylaceton, wo im Enol ein System von zwei konjugierten Doppelbindungen entsteht (günstig) und der Wasserstoff des Enols durch eine zusätzliche H-Brücke festgehalten wird (günstig): H O O O H3C O H3C CH3 CH3 Acetylaceton ca. 80% Enole treten auch häufig als Zwischenstufen bei Mechanismen auf, wie beispielsweise bei der Decarboxylierung von β-Ketocarbonsäuren: O HO O α β CH3 β-Ketocarbonsäure O O H C H2 Δ O CH3 - CO2 H H2C O O CH3 Enol von Aceton H3C CH3 Aceton Beim Erhitzen spalten β-Ketocarbonsäuren ein Molekül CO2 ab; eine entsprechende Reaktion kann auch beim Erwärmen von β-Ketocarbonsäureestern in Gegenwart von OH- - Ionen beobachtet werden (zuerst erfolgt Esterverseifung zur β-Ketocarbonsäure, daran schließt sich die Decarboxylierung der entstandenen Säure an). 5 Carbonylaktivität Die Carbonylaktivität ist ein Maß für die Elektrophilie des Carbonyl-Kohlenstoffatoms, d.h. für die Reaktivität gegenüber Nucleophilen. Sie kann aus den I- und M-Effekten der Substituenten abgeleitet werden O R Carboxylat O O Carbonsäure Zunahme der Carbonylaktivität R OH O Carbonsäureamid R NR2 O Carbonsäureester R OR' O R Thiocarbonsäureester SR' O R Keton R' O Aldehyd R H O R O O R Carbonsäureanhydrid O R Cl Carbonsäurechlorid Identifizierung organischer Stoffe Nachweis von Alkoholen als Ester der 3,5-Dinitrobenzoesäure: O2N O2N H O O + O ROH Cl R Cl O2N O2N N Carbonsäurehalogenid O2N O + O R O2N N Cl H Ester Hierbei greift der Alkohol nucleophil an der Carbonylgruppe des besonders reaktiven Säurechlorids an, das Chlorid wird abgespalten und es bildet sich der Ester. Das eingesetzte Pyridin fungiert dabei als Protonenfänger. GANZ WICHTIG: Das Pyridin deprotoniert NICHT als erstes den Alkohol!! R O H R = Alkyl + + N N R O H Das Proton eines aliphatischen Alkohols (also R = Alkyl und NICHT Phenyl) ist nicht acide genug, um mit einer schwachen Base wie Pyridin (pKB = 8,8) abgespalten zu werden (vgl. Acetat, pKB = 9,25). Nachweis von Aminen als Benzamine Hierbei werden primäre und sekundäre Amine mit reaktiven Carbonsäurederivaten wie beispielsweise Carbonsäurechloriden zu den entsprechenden Carbonsäureamiden umgesetzt. Bei der Reaktion prim./sek. Amine mit Estern erhält man ebenfalls Säureamide nach einem analogen Mechanismus. MERKE: Bei der Reaktion von Estern und Säurehalogeniden mit Nucleophilen fungiert RO- bzw. Hal- als Abgangsgruppe. 6 Mechanismus Säurehalogenid + prim. Amin → Säureamid: O H2 N Et O Cl + H2N Et H N Et O Cl Cl -H Carbonsäurehalogenid prim. Amin - Cl "Peptidbindung" O Et Carbonsäureamid N H Mechanismus Ester + sek. Amin → Säureamid: O O O NH OEt + HN N OEt OEt -H Carbonsäureester sek. Amin - EtO O N Reaktion von primären Aminen mit Aldehyden bzw. Ketonen: O H+-kat. + H3C H2N Et H2 N Et H3C R R = H, Alkyl HO - H+ R HO H3C prim. Amin H N Et R + H+ N H3C Imin 7 Et R H + -H - H2O H2O H3C N Et R Reaktion von sekundären Aminen mit Aldehyden bzw. Ketonen: O + H3C H3C R R = H, Alkyl H N H3C H HO N CH3 H+-kat. CH3 H3C H3C HO N - H+ R H3C CH3 R sek. Amin + H+ H3C H3C N H2C CH3 - H+ H2O N CH 3 R - H2O H2C R H Enamin Bei der Umsetzung von Aldehyden bzw. Ketonen mit Aminen verläuft die Reaktion etwas anders als mit Säurehalogeniden bzw. Estern, denn Aldehyde und Ketone besitzen keine geeignete Abgangsgruppe. Daher wird hier die entstehende OHGruppe protoniert und H2O wird abgespalten, es bildet sich eine Verbindung mit einer Doppelbindung. Im Fall der primären Amine kann ein Proton vom Stickstoff abgespalten werden und es entsteht ein Imin. Bei den sekundären Aminen wird das Proton von einer α-ständigen Alkylgruppe abgespalten, da am Stickstoff kein weiterer Wasserstoff mehr gebunden ist und man erhält ein Enamin. Reaktion von Aldehyden bzw. Ketonen mit speziellen N-Nucleophilen: O H+-kat. + H3C H2N OH H2 N OH H3C R R = H, Alkyl HO - H+ R HO H3C Hydroxylamin (vgl. prim. Amin) H N OH R + H+ N H3C OH R Oxim (= Hydroxyimin) 8 H - H+ - H2O H2O H3C N OH R Die Umsetzung mit Hydroxylamin verläuft analog zu der oben beschriebenen Reaktion eines Aldehyds/Ketons mit einem primären Amin, der Rest an der Aminogruppe ist in diesem besonderen Fall eine Hydroxygruppe. Reaktion von Aldehyd bzw. Keton mit Semicarbazid: O O H2N + H3C R H N NH2 H+-kat. H2 N N H R HO H3C O O NH2 - H+ HO H3C H N N H R Semicarbazid (= N-Aminoharnstoff) R = H, Alkyl + H+ H N O N H2N NH2 NH2 H3C Harnstoff NH2 O R -H - H2O O H + H2O H3C N N H R NH2 Semicarbazon Reaktion von Aldehyd bzw. Keton mit einem Hydrazinderivat: O + H3C R R = H, Alkyl H2N H2N H N R Hydrazinderivat (R = H, Alkyl,...) H+-kat. H3C - H+ HO H3C H R N N H R + H+ NH2 Hydrazin N H N H2 R N N H R HO NH2 Phenylhydrazin H3C H N R R Hydrazonderivat 9 - H+ - H2O H H2O H3C N N H R R