2.1.4 Zählung Zählungen unterscheiden sich grundlegend von Messungen, die von Standards abhängen, da Zählen auf natürlichen Einheiten beruht, während andere Messungen auf Standards beruhen, die mehr oder weniger willkürlich festgelegt worden sind. Daher wird das Ergebnis von Zählungen üblicherweise in Form von ganzen Zahlen angegeben, d.h. ohne Unsicherheit. Sieht man sich die Situation jedoch genauer an, erkennt man, dass der Zählvorgang keineswegs so einfach ist, wie er scheint. Man muss zwischen dem Zählvorgang und dem Zählergebnis unterscheiden. Letzteres besteht aus einer ganzen Zahl und ist somit exakt. Für den Zählvorgang benötigt man jedoch Zeit, er ist sequentiell und immer mit Unsicherheiten behaftet. 2.1.4.1 Der Zählvorgang Der Zählvorgang besteht prinzipiell aus vier Teilen: 1. Überprüfung, ob (noch) zu zählende Elemente vorhanden sind 2. Identifizierung des nächsten zu zählenden Objektes, 3. seine Kennzeichnung und 4. Inkrementierung des Zählergebnisses. Hiefür wird Zeit benötigt. Daher müssen wir zwei grundlegend verschiedene Fälle beachten. Der eine ist das Zählen von Ereignissen auf der Zeitachse (d.h. von Ereignissen, die hintereinander vorkommen), der andere ist die Zählung von (gleichartigen) Elementen, die zu einem bestimmten Moment in einem vorgegebenen Volumen vorhanden sind. Bei der Zählung von hintereinander erfolgenden Ereignissen wird zu Beginn die Länge des Zählintervalls festgelegt. Genaugenommen handelt es sich dabei um die Messung einer Zählrate. Üblicherweise ist der Zählvorgang eine einfache Sache, sodass dabei kaum Unsicherheiten auftreten. Gerade die Länge des Zählintervalls als auch seine Position auf der Zeitachse hat eine Unsicherheit. Bei Vorliegen von Totzeit (s. 4.1.2) wird auch die Totzeitkorrektur unsicher sein. Der Zählvorgang von Elementen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhanden sind, ist wesentlich komplizierter. Zuerst muss sichergestellt werden, dass alle Elemente erfasst werden. Weiters muss man den Zählzeitpunkt in ein Zählintervall umwandeln, das so lange ist, bis alle Elemente auch sicher gezählt worden sind. Die Länge dieses Intervalls ist unvorhersehbar, da die Anzahl der zu zählenden Elemente unbekannt ist. Während dieses Zählintervalls darf sich die Anzahl der Elemente nicht ändern, d.h. es ist eine Theorie vonnöten, die dieses Nichtändern (oder den Betrag einer Änderung) beschreibt. Klarerweise ist jede Vorhersage einer solchen Theorie unsicher. Weitere Unsicherheiten gibt es für die Position des „Zählmoments“ auf der Zeitachse und in der Lage der Grenzen des Zählvolumens. Zählt man nicht die Elemente selber sondern z.B. ihre (photographischen) Abbildungen, ändert sich im Prinzip gar nichts. Die Länge des „Zählintervalls“ wird kleiner, jedoch nicht null, da selbst die schnellsten Abbildungsverfahren eine, wenn auch sehr kleine Zeit für den Bildaufbau benötigen Auch wenn die Zähleranzeige als ganze Zahl keine Unsicherheit enthält, hat jede wissenschaftlich relevante Aussage, die auf solchen Anzeigen beruhen, eine Unsicherheit. Wenn keine zu zählenden Elemente vorhanden sind, wird der Zählprozess nach dem ersten Schritt abgebrochen, mit dem Zählergebnis „null“. Bisher wurde keine wissenschaftliche Wahrheit bekannt, die ausschließlich auf Zähleranzeigen beruht. 2.1.5 Indirektes Zählen Die Anzahl gleichartiger Komponenten, z.B. Schrauben einer bestimmten Größe, kann leicht bestimmt werden, indem man zuerst die Gesamtheit der Schrauben und dann eine Schraube wägt und das Verhältnis beider Wägungen bestimmt. Solange die Genauigkeit (precision) beider Messungen ausreicht (und die Herstellungstoleranzen vernachlässigbar sind), wird das auf eine ganze Zahl gerundete Messergebnis (s. 2.3.3) die korrekte Anzahl angeben. Offensichtlich handelt es sich dabei um „gewöhnliche“ Messungen und nicht um eine Zählung. Es gibt viele Möglichkeiten indirekt zu zählen. In vielen Fällen wird die Messgenauigkeit nicht ausreichen, eine ganze Zahl eindeutig festzulegen, wie z.B. bei der Zählung von (einfach) geladenen Teilchen mit Hilfe der Messung ihrer gesamten elektrischen Ladung.