Höhere Analysis Jürgen Pöschel SS 2006 1 2 Inhaltsverzeichnis 1 Lebesgue-integrierbare Funktionen 1-A Maße 5 1-B Das Lebesguemaß 8 1-C Messbare Funktionen 10 1-D Lebesgue-messbare Funktionen 1-E Das Lebesgueintegral 15 2 Die Lebesgueschen Räume Lp 2-A Die normierten Räume Lp 2-B Der Satz von Riesz-Fischer 2-C Konvergenzmodi 25 2-D Einbettungen 25 2-E Dualräume 27 3 Elementare Hilbertraumtheorie 3-A Hilberträume 31 3-B Orthonormale Basen 34 3-C Trigonometrische Polynome 3-D Fourierreihen 39 12 21 24 38 4 Etwas Harmonische Analysis 4-A Fourierreihen integrierbarer Funktionen 43 4-B Sätze über Fourierkoeffizienten 44 4-C Gleichmäßige Konvergenz 46 4-D Konvergenz der arithmetischen Mittel 47 4-E Divergenz von Fourierreihen 49 5 Die Fouriertransformation 5-A Definitionen und L1 -Umkehrsatz 5-B Elementare Eigenschaften 53 5-C Der Umkehrsatz 56 5-D Die Fouriertransformation in L2 51 57 3 5-E 6 4 Fouriermultiplikationsoperatoren Distributionen 6-A Testfunktionen und Distributionen 6-B Differenziation 66 6-C Darstellungssätze 68 6-D Temperierte Distributionen 70 6-E Fundamentallösungen 73 58 63 1 Lebesgue-integrierbare Funktionen 1-A Maße Sei X eine beliebige nichtleere Menge, und A ein beliebiges System von Teilmengen von X mit ¿ 2 A. Eine Mengenfunktion auf A ist eine Abbildung ' W A ! Œ0; 1 mit '.¿/ D 0 . Die Mengenfunktion ' heißt monoton, falls E F ) '.E/ 6 '.F / für E; F 2 A. Sie heißt -additiv, falls X S ' k Ek D '.Ek / k für jede Folge .Ek / disjunkter Mengen in A mit S k Ek 2 A. -Algebren Für die Maßtheorie von besonderer Bedeutung sind diejenigen Mengensysteme, die eine -Algebra bilden. Definition Eine Familie A von Teilmengen von X heißt -Algebra, falls (i) ¿ 2 A, (ii) E 2 A ) E c 2 A, S (iii) E1 ; E2 ; 2 A ) k Ek 2 A. Ì 5 1-A Maße Hierbei ist E c ´ X X E das Komplement von A in X . Ist S ein beliebiges System von Teilmengen von X , so heißt \˚ S ´ A W A ist -Algebra mit S A Definition die von S erzeugte -Algebra. Ì Für die Abbildung S 7! S gilt (i) S T ) S T , (ii) .S / D S . Einen solchen Operator nennt man einen Hülloperator. Sei O N die Familie aller offenen Teilmengen des Rn , also die Topologie des Rn . Dann heißt B n ´ .O n / die Borelsche -Algebra in Rn . Ihre Elemente heißen Borelmengen. Beispiel Zu den Borelmengen zählen insbesondere die Gı -Mengen und die F -Mengen. Diese sind der Durchschnitt abzählbar vieler offener Mengen beziehungsweise abzählbar vieler abgeschlossener Mengen. Eine Gı -Menge ist im allgemeinen nicht mehr offen. Zum Beispiel ist jede abgeschlossene Menge eine Gı -Menge. Entsprechendes gilt für F -Mengen, denn deren Komplemente sind Gı -Mengen. G Maße Definition Eine auf einer -Algebra A in X erklärte Mengenfunktion W A ! Œ0; 1 heißt Maß, wenn sie monoton und -additiv ist. Ì 6 Maße 1-A Ein Maßraum ist ein Tripel .X; A; /, bestehend aus . . . . Zur vollständigen Angabe eines Maßes gehört immer der zugehörige Maßraum, insbesondere die Algebra A, aus der sich auch X ergibt. Für viele Maße ist allerdings der zugehörige Definitionsbereich klar, so dass auf die ausdrückliche Angabe von A verzichtet werden kann. Ein messbarer Raum ist ein Paar .X; A/, bestehend aus . . . . Jedes Element in A heißt eine messbare Menge. Diese Bezeichnung ist ein wenig unglücklich, denn es handelt sich um eine rein algebraische Struktur, ohne irgendein Maß. Ein messbarer Raum ist vielmehr ein ›Kandidat‹ für die Definition eines Maßes. Elementare Eigenschaften Ein Maß ist immer -subadditiv, das heißt, es ist X S ' k Ek 6 '.Ek / k für jede beliebige Folge .Ek / messbarer Mengen. Außerdem gelten die folgenden elementaren Aussagen. 1.1 Lemma Sei .X; A; / ein Maßraum. Dann gilt .E X F / D .E/ .F / für messbare Mengen E; F mit F E und .E/ < 1. Ì 1.2 Lemma Sei .X; A; / ein Maßraum. Dann gilt S k Ek D lim .Ek / für jede wachsende Folge .Ek / in A, und T k Fk D lim .Fk / für jede fallende Folge .Fk / in A mit .F1 / < 1. Ì Dieses Lemma kann als Stetigkeitsaussage für Maße aufgefasst werden. Nullmengen Ist .X; A; / ein Maßraum, so heißt jede messbare Menge N mit .N / D 0 eine Nullmenge, oder genauer eine -Nullmenge. Jede messbare Teilmenge einer Nullmenge und jede abzählbare Vereinigung von Nullmengen ist wieder eine Nullmenge. 7 Das Lebesguemaß 1-B Es ist aber nicht so, dass jede beliebige Teilmenge einer Nullmenge auch messbar ist. Maße mit dieser Eigenschaft heißen vollständig. 1-B Das Lebesguemaß Wir beschreiben nun ein Maß auf dem Rn , dass in eindeutiger und natürlicher Weise den intuitiven Begriff des Volumens eines Quaders verallgemeinert. Dies ist das sogenannte Lebesguemaß. Intervalle Ein Intervall im Rn ist das kartesische Produkt von n Intervallen in R. Für a; b 2 Rn mit a6b W, ai 6 bi ; 1 6 i 6 n; definieren wir insbesondere die Intervalle Y ha;bi ´ hai ;bi i; 16i 6n wobei h ; i für eine der vier Typen beschränkter Intervalle steht. Auf der Familie ˚ J n ´ ha;bi W a 6 b ist dann in natürlicher Weise die Volumenfunktion vn W J n ! R erklärt durch Y vn .ha;bi/ ´ .bi ai /: 16i6n Für n D 1; 2; 3 ist dies der vertraute Begriff der Länge eines Intervalls, des Flächeninhalts eines Rechtecks, und des Volumens eines Quaders. Das Lebesguemaß 1.3 8 Satz Es existiert eine eindeutige Fortsetzung der Volumenfunktion vn auf J n zu einem vollständigen Maß n auf einer -Algebra Ln in Rn . Dieses Maß heißt das Lebesguemaß auf Rn , und die diesbezüglich messbaren Mengen heißen die Lebesguemengen des Rn . Ì Das Lebesguemaß 1-B Das Lebesguemaß ist also insbesondere vollständig. Jede Teilmenge einer n Nullmenge ist ebenfalls Lebesgue-messbar, und damit auch eine n -Nullmenge. 1.4 Satz Das Lebesguemaß besitzt folgende Eigenschaften. (i) Jede Borelmenge ist Lebesgue-messbar. (ii) Existiert zu einem A Rn ein Intervall I 2 J n mit I ı A I , so ist A Lebesgue-messbar, und es gilt n .A/ D vn .I /: (iii) Eine Menge N ist eine Lebesgue-Nullmenge genau dann, wenn es zu jedem " > 0 eine Folge .Ik / in J n gibt mit [ X N Ik ; vn .Ik / < ": k k (iv) Jede abzählbare Menge und jede in einer Hyperebene enthaltene Menge ist eine Lebesgue-Nullmenge. Ì Bemerkung Eigenschaft (iii) erlaubt es, den Begriff einer Nullmenge zu erklären, ohne sich auf das Lebesguemaß zu beziehen. ( Die Borelmengen bilden eine echte Teilmenge der Lebesguemengen, B n ¨ Ln ; und man nennt die Einschränkung ˇ ˇn ´ n ˇ n B das Borelmaß im Rn . Das Borelmaß ist nicht vollständig, denn es gibt Teilmengen von Borelschen Nullmengen, die keine Borelmengen sind. Vielmehr ist das Lebesguemaß n die Vervollständigung des Borelmaßes ˇn . 1.5 Satz Ist n ein translationsinvariantes Maß auf B n oder Ln mit n .Œ0; 1n / D 1; so ist n D n . Ì 9 Messbare Funktionen 1-C Approximation von Lebesguemengen Wir schreiben nun jAj für das Lebesguemaß einer Menge A. 1.6 Satz Für eine Menge A im Rn sind folgende Aussagen äquivalent. (i) A ist Lebesgue-messbar. (ii) Zu jedem " > 0 existiert eine offene Menge G A mit jG X Aj < ". (iii) Es gibt eine Gı -Menge H und eine Nullmenge N , so dass A D H X N: (iv) Zu jedem " > 0 existiert eine abgeschlossene Menge F A mit jA X F j < ". (v) Es gibt eine F -Menge H A und eine Nullmenge N , so dass A D H [ N: Ì Hieraus ergibt sich auch, dass das Lebesguemaß die Vervollständigung des Borelmaßes ist. Bemerkung Man kann diese Eigenschaft auch zur Definition der Lebesgueschen Mengen verwenden, wenn man Nullmengen wie in 1.4 erklärt. ( Beispiel Da Q eine Nullmenge in R bildet, gibt es zu jedem " > 0 eine offene Umgebung G von Q mit jG X Qj D jGj < ". G 1-C Messbare Funktionen N bezeichnen wir die erweiterte Sei .X; A/ ein beliebiger messbarer Raum. Mit R Zahlengerade, also R zuzüglich der Symbole 1 und 1. N heißt Definition Sei .X; A/ ein messbarer Raum. Eine Funktion f W X ! R messbar, genauer A-messbar, wenn für jedes ˛ 2 R die Menge ff > ˛g ´ fx 2 X W f .x/ > ˛g messbar ist. Ì Bemerkung 10 N zu betrachten. – Warum? ( Es ist nicht nötig, ˛ 2 R Messbare Funktionen 1.7 1.8 1-C N ist messbar genau dann, wenn für eine in R Lemma Eine Funktion f W X ! R dichte Teilmenge von ˛ die Mengen ff ˛g messbar sind, wobei für eine der Relationen <; 6; >; > steht. Ì Lemma Eine Funktion f ist messbar genau dann, wenn das Urbild jeder offenen Menge in R messbar ist. Ì Sei ˚ N W f ist messbar : M.X; A/ ´ f W X ! R Im Unterschied zur Stetigkeit bleibt die Messbarkeit von Funktionen bei punktweisen Grenzwertbildungen erhalten. 1.9 Satz Ist .fk / eine beliebigie Folge in M.X; A/, so gehören auch die punktweise definierten Funktionen inf fk ; lim inf fk ; lim sup fk ; sup fk zu M.X; A/. Dasselbe gilt für lim fk , falls .fk / punktweise konvergiert. Ì Um die Addition in M.X; A/ zu erklären, setzen wir f C g an den Stellen auf den Wert 0 , an denen 1 und 1 addiert werden. Außerdem ist es für die Integrationstheorie sinnvoll, 01 D 10 D 0 zu setzen. Mit diesen Vereinbarungen gilt dann Folgendes. 1.10 Satz Sind f; g 2 M.X; A/, so auch cf; f C g; fg; jf j für c 2 R, sowie f =g , falls g nirgends verschwindet. Ì 11 Lebesgue-messbare Funktionen 1-D Approximationseigenschaft N heißt einfach, wenn sie nur endlich Definition Eine Funktion f W X ! R viele Werte annimmt und diese endlich sind. Ì Eine einfache Funktion lässt sich immer in der Form X f D ak 1Ek 16k6K schreiben, wobei fa1 ; : : : ; aK g D f .X/ und Ek D ff D ak g. Die Funktion f ist messbar genau dann, wenn alle Ek messbar sind. Beispiel 1.11 Die Dirichletfunktion 1Q ist einfach und messbar. G Satz Jede Funktion f in M.X; A/ ist der punktweise Limes einer Folge .fk / von einfachen Funktion in M.X; A/ . Ist f nichtnegativ, so kann die Folge monoton steigend gewählt werden. Ì N ist somit messbar genau dann, wenn sie der punktEine Funktion f W X ! R weise Limes einfacher, messbarer Funktionen ist. 1-D Lebesgue-messbare Funktionen Wir betrachten nun genauer die Familie der Lebesgue-messbaren Funktionen. Der Maßraum sei jetzt .Rn ; Ln ; n /: Außerdem schreiben wir weiterhin jEj für n .E/. 12 Lebesgue-messbare Funktionen 1-D Fast überall Man sagt, eine Eigenschaft gilt fast überall, wenn sie höchstens auf einer Nullmenge nicht gilt. 1.12 Lemma Ist f messbar und g D f fast überall, so ist auch g messbar, und für alle ˛ 2 R gilt jfg > ˛gj D jff > ˛gj: Ì Der Satz von Egorov Definition Sei E messbar. Eine Folge .fk / auf E messbarer Funktionen heißt fast gleichmäßig konvergent, wenn zu jedem " > 0 eine abgeschlossene Teilmenge F E mit jE X F j < " existiert, so dass .fk / auf F gleichmäßig konvergiert. Ì 1.13 Satz von Egorov Sei .fk / eine Folge messbarer Funktionen, die auf einer messbaren Menge E von endlichem Maß fast überall gegen eine endliche Funktion f konvergiert. Dann konvergiert .fk / auch fast gleichmäßig gegen f . Ì Der Satz von Lusin Definition Eine auf einer messbaren Teilmenge E definierte Funktion f heißt fast stetig, wenn es zu jedem " > 0 eine abgeschlossene Menge F in E mit jE X F j < " gibt, so dass f relativ zu F stetig ist. Ì 13 Lebesgue-messbare Funktionen 1-D Es wird also verlangt, dass die Einschränkung von f auf F stetig ist. Aus xk ! x0 in F folgt also f .xk / ! f .x0 /, wobei Punkte außerhalb von F keine Rolle spielen. Jede einfache messbare Funktion ist fast stetig. Ì 1.14 Lemma 1.15 Satz von Lusin Sei f auf einer messbaren Menge E definiert und endlich. Dann ist f messbar genau dann, wenn f fast stetig ist. Ì Beispiel Die Dirichletfunktion 1Q ist auf R in jedem Punkt unstetig. Trotzdem ist sie fast stetig, da sie ja messbar ist. G Nach Satz 19.21 gilt für beschränkte Funktionen auf einem kompakten Intervall: f Riemann-integrierbar , f fast überall stetig: Nun haben wir gezeigt: f Lebesgue-messbar , f fast stetig: Approximation durch Treppenfunktionen Eine Funktion f heißt Treppenfunktion, wenn sie von der Form X f D ak 1Ik Definition 16k6K mit reellen Zahlen a1 ; : : : ; aK und Intervallen I1 ; : : : ; IK in J n ist. Ì 1.16 Satz Sei f auf einer messbaren Menge E definiert und fast überall endlich. Dann ist f messbar genau dann, wenn f fast überall der punktweise Limes von Treppenfunktionen ist. Ì Bemerkung Man beachte, dass die Sätze dieses Abschnitts sich nur auf Lebesgue-messbare Funktionen beziehen. ( 14 Das Lebesgueintegral 1-E 1-E Das Lebesgueintegral Intervallmaße Sei weiterhin J n D fha;bi W a 6 b; a; b 2 Rn g: Eine Intervallfunktion ' W J n ! Œ0; 1/ heißt monoton, falls I J ) '.I / 6 '.J /; und additiv, falls '.I [ J / D '.I / C '.J / für I \ J D ¿; jeweils mit I; J 2 J n . Die Intervallfunktion ' heißt regulär, wenn für jedes Intervall I 2 J n und " > 0 ein offenes Intervall I " 2 J n existiert mit I I "; '.I / 6 '.I " / 6 '.I / C ": Definition Eine monotone, additive und reguläre Intervallfunktion heißt ein Intervallmaß. Ì '-Nullmengen und '-Gleichheit Definition Eine Menge N in Rn heißt '-Nullmenge, wenn es für jedes " > 0 eine Folge .Ik / von Intervallen in J n gibt, so dass [ X N Ik ; '.Ik / < ": Ì 15 Das Lebesgueintegral 1-E Bemerkung Mit Hilfe der Regularität des Intervallmaßes kann man leicht zeigen, dass man die Überdeckungsintervalle Ik offen wählen kann. ( Eine Funktion f heißt '-definiert auf Rn , wenn es eine '-Nullmenge N gibt, so dass f auf Rn X N definiert ist. Zwei Funktionen f und g heißen '-gleich, geschrieben f D' g , wenn f und g außerhalb einer '-Nullmenge im Rn definiert und gleich sind. Analog sind 6' und >' erklärt. Zu einer Folge .fk / von '-definierten Funktionen existiert immer eine gemeinsame '-Nullmenge N , so dass alle fk außerhalb von N definiert sind. Eine solche Folge heißt '-konvergent, genauer punktweise '-konvergent, wenn sie in jedem Punkt außerhalb einer '-Nullmenge konvergiert. Analog ist der Begriff einer '-monotonen Folge .fk / erklärt. Integration von Treppenfunktionen Sei T Form n der Raum der Treppenfunktionen auf dem Rn , also aller Funktionen der f D X ak 1Ik 16k6K mit reellen Zahlen a1 ; : : : ; aK und disjunkten Intervallen I1 ; : : : ; IK 2 J n . Definition Ist ' ein Intervallmaß auf J n , so ist das Lebesgueintegral bezügP lich ' einer Treppenfunktion f D 16k6K ak 1Ik definiert als Z Z X f d' ´ f d' ´ ak '.Ik /: Ì Rn 16k6K Dieses Integral hat auf T n die üblichen Eigenschaften: R R (i) Monotonie: f 6' g ) f d' 6 g d' . ˇR ˇ R (ii) Dreiecksungleichung: ˇ f d' ˇ 6 jf j d' . R (iii) Linearität: f 7! f d' ist linear auf T n . 16 Das Lebesgueintegral 1-E Summierbare Funktionen n .'/ die Menge aller nichtnegativen Funktionen f auf Rn , für die es eine Sei SC '-monoton steigende Folge .sk / von Treppenfunktionen gibt mit f D' lim sk : n Definition Für eine Funktion f 2 SC .'/ ist das Lebesgueintegral bezüglich ' definiert als Z Z Z Ì f d' ´ f d' ´ lim sk d': Rn 1.17 Satz n SC .'/. Sei f 2 Ist Z f d' < 1; so ist f '-fast überall endlich. Ì Als letzten Schritt führen wir den Raum aller Funktionen ein, die sich als Diffen renz von Funktionen in SC .'/ mit endlichem Integral schreiben lassen: ˚ n Sn .'/ ´ f D f1 f2 W f1 ; f2 2 SC .'/; : : : : Die Funktionen in Sn .'/ heißen summierbar, genauer '-summierbar. Definition Für eine Funktion f D f1 bezüglich ' definiert als Z Z Z f d' ´ f d' ´ f1 d' Rn f2 in Sn .'/ ist das Lebesgueintegral Z f2 d': Ì Auch dieses Integral hat wieder die üblichen Eigenschaften der Monotonie, Dreiecksungleichung und Linearität. Grenzwertsätze 1.18 n Satz von Beppo Levi Sei .fk / eine '-monoton steigende Folge in SC .'/. Dann n existiert eine Funktion f in SC .'/ mit Z Z f D' lim fk ; f d' D lim fk d': Ì 17 Das Lebesgueintegral 1-E 1.19 Satz von Lebesgue Die Folge .fk / in Sn .'/ sei '-konvergent gegen eine Funktion f , und es gebe eine Funktion g 2 Sn .'/ mit jfk j 6 g für alle k . Dann ist f summierbar, und es gilt Z Z Ì f d' D lim fk d': Messbare Funktionen Definition Eine Funktion f W Rn ! R heißt messbar, genauer '-messbar, wenn es eine '-konvergente Folge von Treppenfunktion .sk / gibt mit f D' lim sk . Ì Man sieht leicht, dass jede stetige und jede summierbare Funktion messbar ist. In 1.16 haben wir gezeigt, dass auch jede Lebesguemessbare Funktion in diesem Sinne vn -messbar ist. Für die Familie der '-messbaren Funktionen zeigt man nun die üblichen Sätze über algebraische Operationen und Grenzwertbildungen . . . 1.20 Satz (i) Ist f messbar, g summierbar und jf j 6' g , so ist f summierbar. (ii) Ist f messbar und jf j summierbar, so ist f summierbar. (iii) Ist f messbar und '-beschränkt und g summierbar, so ist auch fg summierbar. Ì 1.21 18 SatzR Sei f >' 0 . Dann gilt f D' 0 genau dann, wenn f summierbar ist und f d' D 0 gilt. Ì Das Lebesgueintegral 1-E Messbare Mengen Eine Menge E Rn heißt messbar, wenn ihre charakteristische Funktion 1E messbar ist. In diesem Fall setzen wir Z '.E/ ´ 1E d': Es ist '.E/ < 1 genau dann, wenn 1E summierbar ist. Man überlegt sich, dass ' auf J n mit dem Intervallmaß übereinstimmt, von dem wir ausgegangen sind. 1.22 Satz Ist f W Rn ! R messbar, so ist für jedes ˛ 2 R die Menge ff > ˛g messbar. Ì 1.23 Satz Die Familie M aller messbaren Mengen in Rn bildet eine -Algebra, auf der die Funktion ' W M ! Œ0; 1 ein vollständiges Maß definiert. Ì 19 20 2 Die Lebesgueschen Räume Lp Sei .X; A; / ein beliebiger Maßraum, M.X; / der Raum der -messbaren Funktionen auf X . Das Integral ist Z Z f d D f d: X 2-A Die normierten Räume Lp Für f 2 M.X; / und p > 0 definieren wir 1=p Z : kf kp ´ jf jp d Ist das Integral unbeschränkt, so setzen wir kf kp D 1. Für p > 0 ist ˚ Lp .X; / ´ f 2 M.X; / W kf kp < 1 : Definition Ì L1 .X; / ist der Raum der integrierbaren Funktion, denn Z kf k1 D jf j d < 1: X 21 Die normierten Räume Lp 2-A 2.1 Lemma Lp .x; / ist ein reeller Vektorraum. Ì Sei ˚ N ./ ´ f 2 M.X; / W f D 0 : ˚ Dann ist auch N ./ D f 2 Lp W kf kp D 0 . Definition Für p > 0 heißt Lp .X; / ´ Lp .X; /=N ./ der Lebesguesche Raum Lp auf X bezüglich . Ì Die Elemente von Lp sind also keine Funktionen, sondern Äquivalenzklassen von Funktionen ˚ Œf D ff C ' W ' 2 N ./g D g 2 Lp W g D f : Trotzdem ist es zweckmäßig und sinnvoll, weiterhin f statt Œf für die Elemente der Lebesgueschen Räume zu schreiben. 2.2 Satz Der Vektorraum Lp .X; / zusammen mit der Funktion kkp ist für p > 1 ein normierter Raum. Ì Bemerkung Für 0 < p < 1 ist kkp keine Norm, da die Dreiecksungleichung nicht gilt. Immerhin ist aber d.f; g/ ´ kf gkpp noch eine Metrik auf Lp . ( Die Ungleichungen von Hölder und Minkowski Definition Zwei positive reelle Zahlen p und q heißen konjugierte Exponenten, oder kurz konjugiert, falls 1 1 C D 1: p q Ì Es ist klar, dass p > 1 und q > 1 gelten muss. Außerdem gilt für konjugierte Exponenten 22 Die normierten Räume Lp 2-A p C q D pq 2.3 , q D p.q 1/ , p D q.p 1/ , 1 D .p 1/.q Youngsche Ungleichung Exponenten p; q gilt ab 6 1/: Für nichtnegative reelle Zahlen a; b und konjugierte ap bq C : p q Gleichheit gilt genau dann, wenn ap D b q . Ì Wir schreiben nun Lp für Lp .X; / etc, da Raum umd Maß im Folgenden fest bleiben. 2.4 Höldersche Ungleichung Seien p und q konjugierte Exponenten. Ist f 2 Lp und g 2 Lq , so ist fg 2 L1 , und es gilt kfgk1 6 kf kp kgkq : 2.5 Minkowskische Ungleichung Ì Für p > 1 und f; g 2 Lp gilt kf C gkp 6 kf kp C kgkp : Ì Der normierte Raum L1 Für f 2 M.X; / definieren wir ˚ N W jf j 6 ˛ : kf k1 ´ inf ˛ 2 R Gibt es kein reelles ˛ mit jf j 6 ˛ , so setzen wir kf k1 ´ 1. Man nennt kf k1 das essentielle Supremum von f über X und schreibt dafür auch kf k1 D ess-sup jf .x/j: x2X Es ist klar, dass L1 .X; / ´ ff 2 M.X; / W kf k1 < 1g wieder ein reeller Vektorraum ist. Definition Der Raum 23 Der Satz von Riesz-Fischer 2-B L1 .X; / ´ L1 .X; /=N ./ heißt der Lebesguesche Raum L1 auf X bezüglich . Ì L1 .X; / mit der Funktion kk1 ist ein normierter Vektorraum. Ì 2.6 Satz 2.7 Höldersche Ungleichung Für f 2 L1 und g 2 L1 ist fg 2 L1 , und es gilt kfgk1 6 kf k1 kgk1 : Ì Erweiterung Ist E eine messbare Teilmenge von X , so werden mit Hilfe des Integrals über E auf identische Weise die Lebesgueschen Räume Lp .E; / definiert. Es gelten wörtlich dieselben Sätze. Ist f messbar auf E , so ist deren Fortsetzungsfunktion f auf X definiert durch ( f auf E f D : 0 auf E c Diese Zuordnung definiert eine isometrische Einbettung Lp .E; / ! Lp .X; /; f 7! f : Das heißt, es ist kf kp;X D kf kp;E : 2-B Der Satz von Riesz-Fischer 2.8 24 Vollständigkeitssatz (Satz von Riesz-Fischer) Der Lebesgueraum Lp .X; / ist vollständig für alle p > 1 und p D 1. Ì Konvergenzmodi 2-C 2-C Konvergenzmodi Sei weiterhin .X; A; / ein beliebiger Maßraum, und Lp D Lp .X; / mit 1 6 p < 1. 2.9 Satz Sei .fk / eine Folge in Lp , die punktweise fast überall gegen eine messbare Funktion f konvergiert. Existiert eine Funktion g in Lp mit jfk j 6 g; k > 1; so ist f 2 Lp , und .fk / konvergiert auch in Lp gegen f . Ì 2.10 2.11 2.12 Satz Sei .fk / eine Folge in Lp , die auf X gleichmäßig gegen eine Funktion f konvergiert. Gilt .X/ < 1, so ist f in Lp , und .fk / konvergiert auch in Lp gegen f . Ì Satz Sei .fk / eine Folge in Lp , die in Lp gegen eine Funktion f konvergiert. Dann existiert eine Teilfolge, die auch punktweise fast überall gegen f konvergiert. Ì Korollar Für eine Cauchyfolge .fk / in Lp gelten folgende Aussagen. (i) Es existiert eine eindeutige Funktion f 2 Lp , so dass kf fk kp ! 0. (ii) Es existiert eine Teilfolge, die punktweise fast überall gegen f konvergiert. (iii) Diese Teilfolge konvergiert auch fast gleichmäßig gegen f . Ì Aussage (iii) bedeutet, dass es zu jedem " > 0 eine abgeschlossene Menge F mit .F c / < " gibt, so dass die Teilfolge auf F gleichmäßig konvergiert. 2-D Einbettungen 25 Einbettungen 2-D Stetige Einbettungen Definition Seien .X; T / und .Y; U/ topologische Räume mit X Y . Dann heißt X stetig in Y eingebettet, geschrieben X ,! Y; falls die Inklusionsabbildung i W X ! Y stetig ist. Die Einbettung heißt dicht, falls i.X/ dicht in Y ist. Ì 2.13 Satz Für 1 6 p < q < 1 gilt l 1 ,! l p ,! l q ,! l 1 : Dabei ist l p ,! l q dicht, l q ,! l 1 jedoch nicht. Ì Für Lebesgueräume auf endlichen Maßräumen sind die Verhältnisse gerade umgekehrt. 2.14 Satz Ist .X / < 1 , so gilt für 1 6 p < q 6 1 Lq .X; / ,! Lp .X; /: Ì Dichtheitssätze 2.15 Satz Die Familie S aller einfachen, messbaren Funktionen ' auf X mit .f' ¤ 0g/ < 1 ist dicht in Lp .X; / für 1 6 p < 1. Ì 2.16 Korollar Ist .X / < 1, so ist Lq .X; / dicht in Lp .X; / für 1 6 p < q < 1. Ì Wir betrachten nun speziell den Rn , und hier den Raum Cc .Rn / aller stetigen Funktionen auf Rn mit kompaktem Träger. 2.17 26 Satz Cc .Rn / ist dicht in Lp .Rn ; / für 1 6 p < 1. Ì Dualräume Bemerkung 2-E Cc .Rn / ist offensichtlich nicht dicht in L1 .Rn ; /. ( Separabilität Definition Ein topolgischer Raum heißt separabel, wenn er eine abzählbare dichte Teilmenge enthält. Ì 2.18 Satz Der Raum Lp .Rn ; / ist separabel für 1 6 p < 1. Ì 2-E Dualräume Definition Sei V ein topologischer K-Vektorraum. Dann heißt der Raum V 0 ´ L.V; K/ aller stetigen linearen Abbildungen W V ! K der Dualraum von V . Ì V 0 ist wieder ein Vektorraum über K. 27 Dualräume 2-E 2.19 Satz Sei V ein normierter Vektorraum, und W V ! K linear. Dann sind äquivalent: (i) ist stetig. (ii) Es gibt ein C > 0 , so dass (iii) Es ist jxj 6 C kxk; kk ´ supkxkD1 jxj < 1 x2V. . Ì Man nennt kk die von kk induzierte Operatornorm von . Aus jxj 6 C kxk für alle x folgt demnach kk 6 C . Umgekehrt folgt aus jxj > ckxk für ein x ¤ 0, dass kk > c . 2.20 Satz Ist V ein normierter Vektorraum, so ist V 0 mit der induzierten Operatornorm ein vollständiger normierter Raum, also ein Banachraum. Ì V 0 ist also ein Banachraum, auch wenn V selbst keiner ist. Wir betrachten jetzt wieder den Vektorraum Lp D Lp .X; / mit 1 6 p 6 1. Ist q der zu p konjugierte Exponent, so ist für p 2 Lp und g 2 Lq das Integral Z Tg f ´ fg d X erklärt. 2.21 Satz Seien p und q konjugierte Exponenten in Œ1; 1 , und für p D 1 sei X -endlich. Dann ist die Abbildung T W Lq .X / ! Lp .X/0 ; g 7! Tg eine lineare Isometrie. Ì Die letzte Aussage bedeutet, dass kTg k D kgkq . Insbesondere gilt also Lq .X/ ,! Lp .X/0 . Isometrie zu sein bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass die Abbildung auch surjektiv ist. Man kann zeigen, dass für 1 6 p < 1 die Abbildung T W Lq .X / ! Lp .X/0 sogar ein isometrischer Isomorphismus ist. Jede stetige Linearform auf Lp .X / besitzt also eine Darstellung durch eine Funktion g in Lq .X / als D Tg ; 28 Dualräume 2-E wobei außerdem kk D kgkq . Aus diesem Grund kann man beide Räume identifizieren: Lq .X / ›ist‹ der Dualraum von Lp .X /. Insbesondere ist L2 .X/ sein eigener Dualraum: L2 .X /0 D L2 .X /. Für p D 1 ist dies allerdings nicht richtig: L1 .X / ›ist‹ ein echter Unterraum von L1 .X /0 . 2.22 Korollar Für 1 < p < 1 ist Lp .X/ reflexiv. Das heißt, es gilt Lp .X /00 D Lp .X/: Ì 29 30 3 Elementare Hilbertraumtheorie 3-A Hilberträume Definition Abbildung Sei X ein K-Vektorraum. Eine hermitesche Form auf X ist eine h ; iW X X ! K mit (i) hx C x 0 ;yi D hx ;yi C hx 0 ;yi, (ii) h˛x ;yi D ˛hx ;yi, (iii) hx ;yi D hy ;xi, für alle x; x 0 ; y 2 X und alle ˛ 2 K. Ì Aus diesen Eigenschaften folgt sofort außerdem (iv) hx ;y C y 0 i D hx ;yi C hx ;y 0 i, (v) hx ;˛yi D ˛N hx ;yi, sowie (vi) hx ;xi 2 R. Für K D R ist eine hermitesche Form eine symmetrische Bilinearform. Für K D C ist sie jedoch nicht bilinear, sondern sesqui-linear. 31 Hilberträume 3-A Definition Eine hermitesche Form h ; i heißt positiv semi-definit, wenn hx ;xi > 0; x 2 X: Sie heißt positiv definit, falls außerdem hx ;xi > 0; x ¤ 0: Eine positiv definite hermitesche Form heißt auch inneres Produkt oder Skalarprodukt. Ì 3.1 Cauchy-Schwarzsche Ungleichung Sei X ein K-Vektorraum, und h ; i eine positiv semi-definite hermitesche Form auf X . Dann gilt jhx ;yij2 6 hx ;xihy ;yi; 3.2 x; y 2 K: Ì Satz Sei X ein K-Vektorraum, und h ; i ein inneres Produkt auf X . Dann wird durch p kxk ´ hx ;xi eine Norm auf X definiert. Ì Mit dieser Norm schreibt sich die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung in der vertrauten Form jhx ;yij 6 kxk kyk: Definition Ein Hilbertraum ist ein K-Vektorraum X mit einem inneren Produkt h ; i, der mit der induzierten Norm k k vollständig ist. Ì Ein Hilbertraum ist also immer ein Banachraum. Die Umkehrung gilt natürlich nicht. 3.3 Satz Die Abbildung h ; iW X X ! K ist stetig. Ì Insbesondere ist also für jedes y 2 X die Abbildung x 7! hx ;yi 32 Hilberträume 3-A stetig, ebenso die Abbildung x 7! kxk . 3.4 Satz Sei X ein normierter Raum mit Norm k k. Dann gibt es eine stetige, positiv definite hermitesche Form h ; i auf X mit kxk2 D hx ;xi genau dann, wenn das Parallelogrammgesetz kx C yk2 C kx yk2 D 2kxk2 C 2kyk2 gilt. Ì Bemerkung Ist ˇW X X ! R eine symmetrische Bilinearform auf einem R-Vektorraum X und ' W X ! R die zugehörige quadratische Form, '.x/ D ˇ.x; x/; so gewinnt man ˇ aus ' zurück mit Hilfe der Polarisierungsgleichung ˇ.x; y/ D 14 f'.x C y; x C y/ '.x y; x y/g: Im Falle eines C-Vektorraums genügt es, dass ˇ sesquilinear ist. Dann lautet die Polarisierungsgleichung ˇ.x; y/ D 41 f'.x C y; x C y/ '.x C i'.x C iy; x C iy/ 3.5 y; x i'.x y/ iy; x iy/g: ( Satz Sei X ein Hilbertraum und 2 X 0 . Dann existiert ein eindeutiges Element y 2 X , so dass x D hx ;yi; x 2 X: Ì Jede stetige Linearform auf X besitzt also eine Darstellung D h ;yi mit einem eindeutigen y in X . 33 Orthonormale Basen 3-B 3.6 Satz Sei X ein Hilbertraum. Dann ist die Abbildung T W X ! X 0; T y D h ;yi ein isometrischer Anti-Isomorphismus. Ì ›Anti‹ bedeutet hier, dass T .˛y/ D ˛T N .y/. Im Fall eines reellen Hilbertraumes ist dies natürlich bedeutungslos. 3-B Orthonormale Basen Orthogonalität Definition Sei X ein Hilbertraum. (i) Zwei Vektoren u; v in X heißen orthogonal, geschrieben u ? v; falls hu;vi D 0 . (ii) Ist M eine beliebige Teilmenge in X , so heißt M ? ´ fx 2 X W x ? u für alle u 2 M g das orthogonale Komplement von M . Ì 3.7 Satz des Pythagoras Sind u und v orthogonal, so gilt ku C vk2 D kuk2 C kvk2 : 3.8 Ì Satz Sei M ein abgeschlossener Unterraum eines Hilbertraums X . Dann sind M und M ? konjugierte Unterräume: M \ M ? D 0; M C M ? D X: Ì Dafür schreibt man bekanntlich auch M ˚ M ? D X . 34 Orthonormale Basen 3.9 3-B Satz Sei M ein abgeschlossener Unterraum eines Hilbertraums X . Dann gibt es einen eindeutig bestimmten stetigen linearen Operator PW X !M mit folgenden Eigenschaften: ˇ (i) P ˇ D id, M (ii) I P W X ! M?, P xk D inf fkx (iii) kx 2 vk W v 2 M g, 2 (iv) kxk D kP xk C k.I P /xk2 , Man nennt P die orthogonale Projektion von X auf M . Ì Die Eigenschaft, ein bestapproximierendes Element zu besitzen, haben übrigens nicht nur abgeschlossene Unterräume, sondern allgemeiner abgeschlossene konvexe Teilmengen. 3.10 Satz Sei E eine abgeschlossene, konvexe Teilmenge eines Hilbertraumes X . Dann existiert zu jedem x 2 X ein eindeutiges Element u 2 E mit kx uk D inf kx v2E vk: Ì Orthonormale Familien Definition Eine Familie S von Vektoren in einem Vektorraum V heißt linear unabhängig, wenn jede endliche Auswahl von ihnen linear unabhängig ist. Ì Definition Eine Familie .u˛ /˛2A von Vektoren in einem Hilbertraum X heißt orthonormal, falls hu˛ ;uˇ i D ı˛ˇ ; ˛; ˇ 2 A: Ì 35 Orthonormale Basen 3-B Ist A eine beliebige Indexmenge, so ist ˚ l 2 .A/ ´ .x˛ /˛2A W x˛ 2 C; kxk2 < 1 Beispiel ein Hilbertraum mit Skalarprodukt und Norm sX X x˛ yN˛ ; hx ;yi D kxk2 D jx˛ j2 : ˛2A ˛2A Tatsächlich ist ja l 2 .A/ D L2 .A; /, das Zählmaß auf A. Eine orthonormale Familie bilden die Vektoren e˛ D .ı˛ /2A : G Jede orthonormale Familie ist linear unabhängig. Ì 3.11 Satz 3.12 Lemma Sind die Vektoren u1 ; : : : ; un orthonormal und X uD ci ui ; 16i6n so ist ci D hu;ui i, 1 6 i 6 n, und X Ì kuk2 D jci j2 : 16i 6n 3.13 Satz Die Vektoren u1 ; : : : ; un seien orthonormal in X . Dann ist M D span fu1 ; : : : ; un g ein abgeschlossener Unterraum von X , und die orthogonale Projektion P auf M ist gegeben durch X Px D hx ;ui iui : 16i6n Ferner gilt kP xk2 D X 16i 6n 36 jhx ;ui ij2 6 kxk: Ì Orthonormale Basen 3-B Ist .u˛ /˛2A eine beliebige orthonormale Familie, so nennt man die Koeffizienten xO ˛ ´ hx ;u˛ i; ˛ 2 A; auch die Fourierkoeffizienten von x bezüglich .u˛ /˛2A . Für diese gilt dann die 3.14 Besselsche Ungleichung Ist .u˛ /˛2A eine orthonormale Familie in X , so gilt X X Ì x 2 X: jxO ˛ j2 D jhx ;u˛ ij2 6 kxk2 ; ˛2A 3.15 ˛2A Korollar Für jede orthonormale Familie .u˛ /˛2A und jedes x in einem Hilbertraum X ist die Menge f˛ 2 A W xO ˛ ¤ 0g höchstens abzählbar. Ì Betrachte nun die Abbildung F W X ! l 2 .A/; x 7! xO D .xO ˛ /˛2A ; die jedem x seine Familie von Fourierkoeffizienten xO bezüglich einer orthonormalen Familie zuordnet. 3.16 Satz von Riesz-Fischer Sei .u˛ /˛2A eine orthonormale Familie in X . Dann existiert zu jedem 2 l 2 .A/ ein x 2 X mit xO D : Ì Mit anderen Worten, die Abbildung F ist in jedem Fall surjektiv. Bleibt die Frage, wann sie auch injektiv ist. Orthonormale Basen Definition Eine Familie S orthonormaler Vektoren in X heißt maximal, wenn S ? D f0g: Ì Äquivalent dazu ist folgende Charakterisierung: Ist S 0 eine Familie orthonormaler Vektoren und S S 0 , so ist S D S 0 . 3.17 Satz Sei .u˛ /˛2A eine orthonormale Familie. Dann sind folgende Aussagen äquivalent. (i) .u˛ /˛2A ist eine maximale orthonormale Familie. (ii) Der Raum E aller endlichen Linearkombinationen der u˛ ist dicht in X . 37 Trigonometrische Polynome 3-C (iii) Für jedes x 2 X gilt die Parsevalsche Gleichung X jxO ˛ j2 : kxk2 D ˛2A (iv) Für alle x; y 2 X gilt O hx ;yi D hxO ; yi: Ì Definition Eine maximale orthonormale Familie heißt vollständige orthonormale Familie oder orthonormale Basis des Hilbertraumes X . Ì 3.18 Satz Ist .u˛ /˛2A eine orthonormale Basis von X , so definiert die Abbildung x 7! xO , die jedem x 2 X die Familie seiner Fourierkoeffizienten xO zuordnet, einen linearen isometrischen Hilbertraumisomorphismus zwischen X und l 2 .A/ . Ì 3.19 Satz Jede orthonormale Familie eines Hilbertraumes ist in einer orthonormalen Basis enthalten. Ì 3-C Trigonometrische Polynome Eine Funktion fW R!C heißt periodisch mit der Periode 2 , 2-periodisch oder kurz periodisch, wenn f .t C 2/ D f .t/; t 2 R: Eine solche Funktion ist bereits durch ihre Werte auf einem beliebigen Intervall der Länge 2 bestimmt. Setze T D Œ ; , und betrachte den Raum L2 .T / D L2 .T ; / aller Lebesguemessbaren Funktionen f W T ! C mit endlicher Norm « Z 1 kf k2 D jf j2 d ´ jf .t/j2 dt: 2 T Ferner sei C.T / der Raum aller stetigen, 2-periodischen Funktionen auf R. 38 Fourierreihen 3-D Ein trigonometisches Polynom ist eine Funktion der Gestalt X .an cos nt C bn sin nt/ f .t / D a0 C 16n6N mit reellen oder komplexen Koeffizienten an und bn . Dieses kann auch in der kompakteren komplexen Form X f .t / D cn eint jnj6N geschrieben werden. Insbesondere ist f .t / D p.eit /; p.t/ D X cn z n : jnj6N Wir haben bereits gesehen, dass die Funktionen en D eint ; n 2 Z; eine orthonormale Familie in L2 .T / bilden. Tatsächlich gilt mehr. 3.20 Satz Die Familie .en /n2Z bildet eine orthonormale Basis von L2 .T / . Ì Wir führen den Beweis auf folgenden Approximationssatz zurück. 3.21 Satz Sei f 2 C.T / Dann existiert zu jedem " > 0 ein trigonometrisches Polynom p mit kf pk1 < ": Ì 3-D Fourierreihen Sei f 2 L2 .T / . Die Fourierkoeffizienten von f bezüglich der orthonormalen Basis .en /n2Z sind « Z 1 int O fn D hf ;en i D f .t/e dt D f .t /e int dt: 2 T Man nennt die Folge fO D .fOn /n2Z 2 l 2 .Z/ 39 3-D Fourierreihen die diskrete Fouriertransformierte von f . Wir formulieren die allgemeinen Sätze über orthonormale Basen für diesen wichtigen Spezialfall. 3.22 3.23 Vollständigkeitssatz Eine Funktion in L2 .T / verschwindet genau dann, wenn alle ihre Fourierkoeffizienten verschwinden. Ì Satz von Riesz-Fischer X jcn j2 < 1 Zu jeder Folge .cn /n2Z komplexer Zahlen mit n2Z existiert genau eine Funktion f 2 L2 .T / mit fOn D cn ; n 2 Z: Ì Jede quadrat-summierbare Folge komplexer Zahlen ist also die diskrete Fouriertransformierte einer L2 -Funktion. 3.24 Parsevalsche Gleichung Für f 2 L2 .T / gilt Z X 1 jf j2 dt D jfOn j2 ; 2 n2Z also kf k2 D kfOk . Ì 3.25 Korollar Die diskrete Fouriertransformation L2 .T / ! l 2 .Z/; f 7! fO; definiert einen isometrischen Isomorphismus des Hilbertraums L2 .T / mit dem Hilbertraum l 2 .Z/. Ì 40 Fourierreihen 3-D Aus der Parsevalschen Gleichung folgt außerdem, dass die symmetrischen Partialsummen sn D n X fOk eikt kD n in der L2 -Norm gegen f konvergieren, denn es gilt X n ! 1: kf sn k22 D jfOk j2 ! 0; jkj>n Man schreibt hierfür X f fOn eint ; n2Z und spricht von der Fourierreihe der Funktion f . Dies beinhaltet jedoch keinerlei Aussage, ob die Fourierreihe einer Funktion in irgendeinem Punkt gegen den Wert der Funktion f konvergiert! 41 42 4 Etwas Harmonische Analysis 4-A Fourierreihen integrierbarer Funktionen Die Fourierkoeffizienten bezüglich der Basis .en /n2Z sind nicht nur für Funktionen in L2 .T / definiert, sondern für jede integrierbare Funktion, da die en gleichmäßig beschränkt sind. Wir betrachten daher jetzt f 2 L1 .T /: Beachte, dass Lp .T / L1 .T / für 1 6 p 6 1 . Aus der Orthonormalität der en folgt auch die Orthonormalität von p 1 rn D p .en C e n / D 2 cos nx; 2 p 1 sn D p .en e n / D 2 sin nx: 2i Man erhält damit X X .cn en C c cn en D c0 C n2Z ne n/ D a0 C X .an rn C bn sn / n>1 n>1 mit a0 D c0 und 1 an D p .cn C c 2 n /; i bn D p .cn 2 c n /: 43 Sätze über Fourierkoeffizienten 4-B Ist f a0 C X .an rn C bn sn /; n>1 so nennt man an und bn die Fourier-cos- und Fourier-sin-Koeffizienten der Funktion f . Sie sind gegeben durch an D hf ;rn i; bn D hf ;sn i: Ebenso gebräuchlich ist die Darstellung ˛0 X .˛n cos nx C ˇn sin nx/: C f 2 n>1 Hier sind die Koeffizienten gegeben durch Z Z 1 1 ˛n D f .t/ cos nt dt; ˇn D f .t / sin nt dt: 4-B Sätze über Fourierkoeffizienten 4.1 Lemma (Riemann-Lebesgue) Die Fourierkoeffizienten einer Funktion f 2 L1 .T / bilden eine Nullfolge. Ì Sei n o c0 D .cn /n2Z W lim cn D 0 ; n!˙1 der Raum aller doppelt-unendlichen, komplexen Nullfolgen. Versehen mit der Supremumsnorm kk1 ist dies ein Banachraum. Wir haben somit eine Abbildung L1 .T / ! c0 ; 44 f 7! fO: Sätze über Fourierkoeffizienten 4-B Diese ist linear, stetig, und auch injektiv. Der Satz von Riesz-Fischer gilt hier jedoch nicht. 4.2 Satz Die diskrete Fouriertransformation L1 .T / ! c0 ; f 7! fO ist linear, stetig und injektiv, aber nicht surjektiv. Ì Der Beweis beruht auf folgendem fundamentalen Satz der Funktionalanalysis. 4.3 Satz von der offenen Abbildung Seien E und F Banachräume, und W E ! F linear, stetig, und injektiv. Ist außerdem surjektiv, so ist auch offen. Ì Mit anderen Worten: Die punktweise erklärte Umkehrabbildung ist ebenfalls stetig. 4.4 Satz 1 WF !E Für f 2 C 1 .T / gilt jfOn j 6 1 f 0 ; 1 jnj n ¤ 0: Allgemeiner gilt für f 2 C r .T / mit r > 1 1 .r/ ; jfOn j 6 r f 1 jnj n ¤ 0: Ì Definition Sei 0 < ˛ 6 1 und ˝ Rn . Eine Funktion f W ˝ ! C heißt hölderstetig mit Exponent ˛ , falls jf .x/ f .y/j 6 Ljx yj˛ für alle x; y 2 ˝ mit einer Konstanten L > 0. Ì Bemerkungen 1. Hölderstetige Funktionen sind gleichmäßig stetig. 2. Hölderstetig mit ˛ D 1 ist gleichbedeutend mit lipschitzstetig. 3. Ist f auf einer konvexen Menge hölderstetig mit ˛ > 1 , so ist f konstant. ( 45 Gleichmäßige Konvergenz 4-C 4.5 Satz Ist f 2 C 0 .T / hölderstetig mit Exponent ˛ , so gilt 2 jfOn j 6 jf j˛ ; jnj˛ wobei jf j˛ D supx¤y n ¤ 0; jf .x/ f .y/j . Ì jx yj˛ 4-C Gleichmäßige Konvergenz Für f 2 L1 .T / heißen sn f D n X fOk eikt ; kD n Sf D 1 X fOk eik t kD 1 das n-te Fourierpolynom und die Fourierreihe von f , respektive. 4.6 Satz Ist f periodisch und stetig, und konvergiert die Fourierreihe Sf gleichmäßig, so gilt f D Sf: 46 Ì Konvergenz der arithmetischen Mittel 4.7 Satz Für f 2 C 1 .T / konvergiert die Fourierreihe Sf absolut und gleichmäßig gegen f . Ì 4.8 Satz Ist f periodisch und das Integral einer L2 -Funktion, so konvergiert die Fourierreihe Sf absolut und gleichmäßig gegen f . Ì 4-D Das endgültige Ergebnis liefert der tiefliegende Satz von Carleson. 4.9 Ist f periodisch und stetig, so gilt f D Sf fast überall. Satz (Carleson, 1964) Ì Dieser Satz kann nicht verbessert werden. Denn auf der anderen Seite existiert im Banachraum C 0 .T / mit der Supremumsnorm eine dichte Gı -Menge von Funktionen mit der Eigenschaft, dass ihre Fourierreihe auf einer dichten Gı -Menge von T divergiert. Siehe Satz 4.23 unten. 4-D Konvergenz der arithmetischen Mittel Die Konvolution f g zweier Funktion f 2 L1 .T / und g 2 L1 .T / ist definiert durch « .f g/.x/ D f .t/g.x t/ dt; x 2 T: T 4.10 Lemma Für f 2 L1 .T / ist sn f D f Dn ; Dn D sin.n C 1=2/t : sin.t=2/ Ì Dn heißt Dirichletkern n-ten Grades. Das n-te Fejérpolynom von f ist nun definiert als 1 n f ´ .s0 f C C sn 1 f /; n > 1: n 4.11 Lemma Für f 2 L1 .T / ist n f D f Fn ; 1 sin.nt=2/ 2 Fn D : n sin.t=2/ Ì Fn heißt Fejérkern n-ten Grades. 47 Konvergenz der arithmetischen Mittel 4-D 4.12 Lemma Für die Fejérkerne gilt: (i) Fn > 0; n > 1 , ª (ii) T Fn .t / dt D 1; n > 1 , (iii) zu jedem " > 0 und ı > 0 existiert ein N > 0 , so dass max Fn < "; T XŒ ı;ı n > N: Ì Bemerkung Die Fejérkerne bilden somit eine Diracfolge im Raum der periodischen Funktionen. Dies gilt nicht für die Dirichletkerne Dn , da diese das Vorzeichen wechseln. ( Definition Eine in einer punktierten Umgebung einer reellen Zahl x0 definierte Funktion f besitzt in x0 eine Sprungstelle, wenn dort ihre links- und rechtsseitigen Grenzwerte existieren. Ì 4.13 Satz Sei f 2 L1 .T / . Dann konvergieren die Fejérpolynome n f auf jedem abgeschlossenen Stetigkeitsintervall von f gleichmäßig gegen f . Ist dagegen x eine Sprungstelle von f , so gilt n f .x/ ! f .x / C f .xC/ : 2 Ì Ein Stetigkeitsintervall von f ist ein Intervall, das nur aus Stetigkeitspunkten von f besteht. Ein abgeschlossenes Stetigkeitsintervall kann auch aus nur einem Punkt bestehen. 4.14 Korollar Ist f periodisch und stetig, so konvergieren die Fejérpolynome n f gleichmäßig gegen f . Ì Für den momentanen Gebrauch soll eine Funktion f absolutstetig heißen, wenn sie das Integral einer L1 -Funktion g ist, also von der Form Z x f .x/ D const C g.t/ dt; g 2 L1 .T /: 0 48 Divergenz von Fourierreihen 4.15 Satz Ist f periodisch und absolutstetig, so konvergieren die Fourierpolynome sn f in jedem Punkt gegen f . Ì 4.16 Lemma P 4-E Konvergieren die arithmetischen Mittel der Partialsummen einer Reihe n>0 an mit Grenzwert s und gilt nan ! 0 , so gilt auch X Ì an D s: n>0 4-E Divergenz von Fourierreihen 4.17 Zusammenfassung Für f 2 C.T / gilt: (i) Die Fourierreihe Sf konvergiert fast überall gegen f (Carleson). (ii) Ist f absolutstetig, so konvergiert Sf punktweise gegen f . (iii) Ist f absolutstetig mit f 0 2 L2 , so konvergiert Sf gleichmäßig gegen f. Ì 4.18 Satz von Baire Sei X ein vollständiger metrischer Raum. Dann ist der Durchschnitt abzählbar vieler offener dichter Teilmengen von X ebenfalls dicht in X . Ì 4.19 Korollar In einem vollständigen metrischen Raum ist der Durchschnitt abzählbar vieler dichter Gı -Mengen wieder eine dichte Gı -Menge. Ì Der Satz von Baire wird oft in folgender Form gefasst. Sei X ein metrischer oder topologischer Raum. Eine Menge E X heißen nirgends dicht, falls ihr Abschluss E keine inneren Punkte enthält. Eine Menge M X heißt von erster Bairescher Kategorie, falls sie abzählbare Vereinigung nirgends dichter Mengen ist. Andernfalls heißt sie von zweiter Bairescher Kategorie. 49 Divergenz von Fourierreihen 4-E 4.20 Satz (Baire) Jeder vollständige metrische Raum ist von zweiter Bairescher Kategorie. Ì 4.21 Satz von Banach-Steinhaus Sei X ein Banachraum, und .˛ /˛2A eine beliebige Familie stetiger linearer Funktionale auf X . Dann gilt entweder sup k˛ k < 1; ˛2A oder es existert eine dichte Gı -Menge E in X mit sup j˛ xj D 1; x 2 E: Ì ˛2A Dieser Satz wird auch als Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit bezeichnet. Für f 2 C.T / definieren wir jetzt s f auf T durch s f .x/ D sup jsn f .x/j: n>1 4.22 Satz Zu jedem x 2 T existiert eine dichte Gı -Menge Ex in C.T /, so dass s f .x/ D 1; 4.23 Satz f 2 E: Ì Es gibt eine dichte Gı -Menge E in C.T /, so dass für jedes f 2 E Ef D fx W s f .x/ D 1g eine dichte Gı -Menge in T ist. Ì 4.24 50 Satz Sei X ein vollständiger metrischer Raum ohne isolierte Punkte. Dann ist jede dichte Gı -Menge in X überabzählbar. Ì 5 Die Fouriertransformation Sei f 2 L1 .R/. Dann ist für jedes t 2 R der Wert Z .t / D f .x/e itx dx R erklärt und definiert eine stetige Funktion auf R. Diese Funktion repräsentiert das sogenannte kontinuierliche Spektrum von f . In Analogie zum diskreten Fall sollte man hieraus wieder die Funktion f rekonstruieren können, und zwar als Z f .x/ D c .t/eixt dt; R mit einer geeigneten Faktor c . Wir betrachten nun von Anfang an Funktionen auf dem Rn . 5-A Definitionen und L1 -Umkehrsatz Wir betrachten Funktionen f 2 Lp .Rn /; 1 6 p < 1: Das Lebesgueintegral über Rn gewichten wir wieder mit einem geeigneten Faktor, und definieren − Z n 1 f dx ´ f dx: .2/n=2 R Rn Dementsprechend definieren wir weiter 51 Definitionen und L1 -Umkehrsatz 5-A − kf kp ´ Rn jf jp dx 1=p ; und die Konvolution f g zweier Funktionen auf dem Rn durch − f .x u/g.u/ du; .f g/.x/ ´ Rn wann immer dieses Integral existiert. Definition Die Fouriertransformierte einer Funktion f 2 L1 .Rn / ist die Funktion fO definiert durch − f .x/e iht ;xi dx fO.t / D Rn für t 2 Rn , wobei ht ;xi D t1 x1 C C tn xn . Ì 5.1 Lemma O D : 5.2 2 L1 .R/ mit Für die Funktion .x/ D e x 2 =2 gilt Ì Umkehrsatz in L1 Sei f 2 L1 .Rn /. Gilt auch fO 2 L1 .Rn /, so ist fast überall − f .x/ D fO.t/eihx ;t i dt: Rn Gleichheit gilt insbesondere in jedem Stetigkeitspunkt von f . Ì 5.3 Satz Sei f 2 L1 .Rn /. Dann ist fO 2 C 0 .Rn /, und kfOk1 6 kf k1 : Ì Insbesondere gilt: Konvergiert die Folge .fk / in L1 gegen f , so konvergieren die Fouriertransformierten .fOk / gleichmäßig gegen fO , denn kfOk f k1 6 kfk f k1 ! 0: Im Satz von Riemann-Lebesgue werden ir diese Aussage noch verschärfen. 52 Elementare Eigenschaften 5-B 5-B Elementare Eigenschaften Für t 2 Rn definieren wir e t W Rn ! C; e t .x/ ´ eiht ;xi : Es gilt die Funktionalgleichung e t .x C y/ D e t .x/e t .y/: Wir haben somit einen Homomorphismus e t W .Rn ; C/ ! .S; / der additiven Gruppe Rn auf die multiplikative Gruppe S der komplexen Zahlen vom Betrag eins. Solche Homomorphismen werden auch als Charaktere bezeichnet. Sei ˛ ein Multiindex, also ˛ D .˛1 ; : : : ; ˛n / 2 N n . Wir setzen dann D˛ D . i /j˛j D ˛ ; D ˛ D @˛x11 : : : @˛xnn : Diese Notation hat den Vorteil, dass D˛ e t D t ˛ e t ; wobei wie üblich t ˛ D t1˛1 : : : tn˛n . Ist P ein beliebiges Polynom in n Variablen, also X c˛ x ˛ ; P .x/ D ˛ und definiert man P .D/ D X ca D˛ ; ˛ so folgt hieraus P .D/e t D P .t/e t : 53 Elementare Eigenschaften 5-B Schließlich definieren wir für Funktionen noch den Translationsoperator x : .x f /.u/ ´ f .u x/; und die Multiplikation mit einem Skalar ¤ 0 : .f B /.u/ ´ f .u/: 5.4 Seien f; g 2 L1 .Rn / und a 2 Rn sowie > 0. Dann gilt: (i) .a f /O D e a fO , (ii) .ea f /O D a fO , Lemma (iii) .f g/O D fOgO , (iv) .f B Definition 1 /O D n fO B . Ì Eine Funktion f 2 C 1 .Rn / heißt schnell abfallend, wenn jf jN ´ sup sup .1 C jxj2 /N jD ˛f .x/j < 1 j˛j6N x2Rn für jedes N > 0 . Die Menge Sn ´ ff 2 C 1 .Rn / W jf jN < 1; N > 0g heißt Schwartzraum oder Raum der schnell abfallenden Funktionen. Ì 5.5 Lemma Für f 2 Sn sind äquivalent: (i) jf jN < 1 für alle N > 0 , (ii) PD˛ f ist beschränkt für jedes Polynom P und jeden Multiindex ˛ , (iii) Jede Ableitung von f konvergiert für jxj ! 1 schneller gegen Null als jede negative Potenz von jxj. Ì Auf Sn wird durch X d.f; g/ ´ 2 N >0 N jf gjN 1 C jf gjN eine Metrik definiert. 5.6 54 Lemma Sei .fk / eine Folge in Sn und f 2 Sn . Dann sind äquivalent: Elementare Eigenschaften (i) f D lim fk in Sn , (ii) d.fk ; f / ! 0 für k ! 1, f jN ! 0 (iii) jfk ˛ ˛ (iv) PD fk PD f 5.7 5-B für jedes N > 0, für jedes Polynom P und jeden Multiindex ˛ . Ì Satz Sn ist ein vollständiger metrischer Raum, und für jedes Polynom P , jeden Multiindex ˛ und jedes g 2 Sn sind f 7! Pf; f 7! gf; f 7! D˛ f stetige lineare Abbildungen von Sn in sich. Ì 5.8 Satz Für f 2 Sn und jedes Polynom P gilt (i) .P .D/f /O D PfO , (ii) .Pf /O D P . D/fO . Ì 5.9 Satz Die Fouriertransformation f 7! fO ist eine stetige lineare Abbildung von Sn in sich selbst. Ì Definition Eine Funktion f 2 C 0 .Rn / verschwindet im Unendlichen, wenn lim f .x/ D 0: jxj!1 Die Menge aller dieser Funktionen wird mit C0 .Rn / bezeichnet. Ì Mit anderen Worten, f 2 C0 .Rn / genau dann, wenn es zu jedem " > 0 eine kompakte Menge K Rn gibt, so dass jf .x/j < "; x … K: C0 .Rn / ist abgeschlossen in C.Rn / und somit ein Banachraum. Es folgt das Analogon zum Riemann-Lebesgue Lemma über die diskrete Fouriertransformation. 5.10 Satz (Riemann-Lebesgue) C0 .Rn / ab. Ì Die Fouriertransformation bildet L1 .Rn / stetig in 55 Der Umkehrsatz 5-C 5-C Der Umkehrsatz 5.11 Lemma Die Funktion nW Rn ! R; n .x/ De jxj2 =2 gehört zu Sn , und es gilt On D 5.12 Lemma − − n; n .0/ Rn Für f; g 2 L1 gilt − fOg dx: f gO dx D O n dt: Ì Ì Rn Rn 5.13 D Umkehrsatz in Sn Die Fouriertransformation ˚ W Sn ! Sn ist ein linearer Isomorphismus mit Periode 4: ˚ 4 D id: Ihre Umkehrabbildung ˚ 1 ist gegeben durch − 1 ˚ f D f ex dt: Ì Rn Bezeichnen wir mit die Reflexion x 7! so ist also ˚ 1 D ˚ B ; ˚ 1 x , und mit fL die Funktion f B , f D .fO /L : Diese Abbildung wird auch als Fourierkotransformation bezeichnet. Wenden wir dies auf fO D ˚f an, so folgt O fO D fL: 56 Die Fouriertransformation in L2 5.14 Satz 5-D Die Fouriertransformation ist ein stetiger Endomorphismus ˚ W L1 .Rn / ! C0 .Rn / mit dichtem Bild in C0 . Ist für f 2 L1 überdies fO 2 L1 , so gilt fast überall − fOex dt: f .x/ D Ì Rn Bemerkung Das Bild von L1 unter ˚ ist nicht abgeschlossen in C0 , die Abbildung somit nicht surjektiv. Ein analoges Ergebnis hatten wir für die diskrete Fouriertransformation bewiesen. ( 5.15 Satz Mit f; g 2 Sn ist auch f g 2 Sn . Außerdem gilt .fg/O D fO g: O Ì 5-D Die Fouriertransformation in L2 Für f; g 2 L2 definieren wir − f gN dx; hf ;gi ´ Rn kf k2 ´ p hf ;f i: Der Schwartzraum Sn liegt dicht in L2 , aus denselben Gründen, weshalb er auch dicht in L1 liegt. 5.16 Parsevalsche Gleichung Für f 2 Sn gilt kfOk2 D kf k2 : Für f; g 2 Sn gilt damit auch hf ;gi D hfO ; gi. O Ì 57 Fouriermultiplikationsoperatoren 5-E 5.17 Satz (Plancherel) Es existiert eine lineare Isometrie W L2 ! L2 ; welche eindeutig durch ˇ ˇSn D ˚ bestimmt ist. Ì Mit anderen Worten, setzt die Fouriertransformation ˚ von Sn isometrisch nach L2 fort. Diese Fortsetzung wird wieder als Fouriertransformation, oder genauer als Fourier-Plancherel-Transformation bezeichnet. Man schreibt weiterhin fO ´ f; f 2 L2 : Insbesondere gilt also auch die Parsevalsche Gleichung in L2 : kfOk2 D kf k2 ; 5.18 Satz f 2 L2 : Sei f 2 L2 , und für a > 0 sei − 'a .t / D f e t dx; − a .x/ D Œ a;a Œ a;a Dann gilt k'a fOk2 ! 0; k a f k2 ! 0 für a ! 1. Ì 5-E Fouriermultiplikationsoperatoren 58 fOex dt: Fouriermultiplikationsoperatoren 5-E Sei zunächst ˝ Rn offen, und f˛ 2 C 1 .˝/; j˛j 6 m mit X kf˛ k1 ¤ 0: j˛jDm Dann heißt LD X fa D˛ j˛j6m ein linearer Differenzialoperator auf ˝ der Ordnung m mit glatten Koeffizienten. Ein wichtiger Spezialfall sind lineare Differenzialoperatoren mit konstanten Koeffizienten. Diese können wir mit Polynomen in n Variablen identifizieren. Ist X P D c˛ ˛ ; D .1 ; : : : ; n /; j˛j6m ein Polynom vom Grad m , also mit X L D P .D/ D c˛ D˛ P j˛jDm jc˛ j ¤ 0 , so nennt man j˛j6m einen linearen Differenzialoperator der Ordnung m mit konstanten Koeffizienten. Das Polynom P bezeichnet man auch als Symbol des Differenzialoperators L. Sei Pmn der Vektorraum der Polynome in n Variablen vom Grad 6 m , und P n D S n m>0 Pm . 5.19 Lemma Für jedes m > 0 ist Pmn ! L.Sn /; P 7! L D P .D/ linear, stetig und injektiv. Ì Ist nun P 2 P n ein Polynom und u 2 Sn , so gilt ja .P .D/u/O D P u, O also 1 P .D/u D ˚ ˚.P .D/u/ D ˚ 1 .P ˚u/ D ˚ 1 P ˚ u; wenn ˚ die Fouriertransformation bezeichnet. Somit gilt P .D/ D ˚ 1 P ˚; ˚P .D/˚ 1 D P: Durch Fouriertransformation geht also der Differenzialoperator P .D/ über in einen Multiplikationsoperator P , und umgekehrt. 59 Fouriermultiplikationsoperatoren 5-E Wir verallgemeinern nun diese Darstellung und erhalten die sogenannten Fouriermultiplikationsoperatoren. Definition Eine Funktion f 2 C 1 .Rn / heißt langsam wachsend, wenn es zu jedem m > 0 ein m x > 0 gibt, so dass sup sup .1 C jxj2 / m x j˛j6m x2Rn jD ˛f .x/j < 1: Der Raum der langsam wachsenden Funktionen wird mit Mn bezeichnet. Ì 5.20 Lemma Jede langsam wachsende Funktion ' 2 Mn definiert einen beschränkten Multiplikationsoperator M' W Sn ! Sn ; 5.21 Satz M' f ´ 'f: Ì Jede Funktion ' 2 Mn definiert einen beschränkten linearen Operator '.D/ ´ ˚ 1 '˚ W Sn ! Sn ; genannt Fouriermultiplikationsoperator mit Symbol ' . Ì Ein linearer Differenzialoperator mit konstanten Koeffizienten ist somit ein Fouriermultiplikationsoperator, dessen Symbol ein Polynom ist. 5.22 Lemma Für '; 2 Mn gilt .' /.D/ D '.D/ .D/ D .D/'.D/: Außerdem gilt 1.D/ D idSn . Ì Beispiel Besitzt das Polynom P 2 P n keine reellen Nullstellen, so ist P .D/ ein Automorphismus von Sn , und es gilt P .D/ 60 1 D .P 1 /.D/: G Fouriermultiplikationsoperatoren Beispiel .1 5-E Für den Laplaceoperator auf Sn gilt / 1 DP 1 .D/; P D 1 C jj2 : Die partielle Differenzialgleichung u C u D f besitzt für f 2 Sn somit die eindeutige Lösung u D .P 1 .D//f; wobei u 2 Sn auch noch stetig von der rechten Seite f 2 Sn abhängt. G 61 62 6 Distributionen 6-A Testfunktionen und Distributionen Sei ˝ Rn offen und nicht leer. Wir schreiben Kb˝ für eine kompakte Teilmenge K von ˝ . Definition Sei ˝ Rn offen. Dann heißt D.˝/ ´ f' 2 C 1 .˝/ W supp ' b ˝ g der Raum der Testfunktionen auf ˝ . Ì Die Elemente von D.˝/ heißen natürlich Testfunktionen auf ˝ . Der Raum D.˝/ ist ein Vektorraum und eine Algebra, aber ohne Eins. 63 Testfunktionen und Distributionen 6-A 6.1 Satz Sei ˝ Rn offen. Dann ist D.˝/ dicht in (i) Cc .˝/ bezüglich der Supremumsnorm, (ii) Lp .˝/ bezüglich der Lp -Norm für jedes 1 6 p < 1. Ì Sei DK ´ f' 2 D.˝/ W supp ' K g für K b ˝ . Definition Eine Folge .'k / in D.˝/ ist eine Nullfolge, wenn (i) 'k 2 DK ˛ (ii) D 'k 0 für alle k mit einem festen K b ˝ , für alle ˛ . Ì Es ist also für eine Nullfolge nicht zulässig, dass supp 'k für k ! 1 das Gebiet ˝ ausschöpft. Alle Träger der 'k müssen in einem K b ˝ enthalten sein. Ein lineares Funktional W D.˝/ ! C ist dann stetig, wenn jede Nullfolge in D.˝/ in eine Nullfolge in C abgebildet wird. Solche Funktionale heißen Distributionen. Definition Eine Distribution in ˝ ist ein stetiges lineares Funktional auf D.˝/. Der Raum aller Distributionen in ˝ wird mit D 0 .˝/ bezeichnet. Ì Für ' 2 D.˝/ und N > 0 sei k'kN ´ max sup jD ˛ '.x/j: j˛j6N x2˝ Das ›sup‹ könnten wir auch durch ein ›max‹ ersetzen, da jedes ' kompakten Träger hat. 6.2 Satz Für ein lineares Funktional auf D.˝/ sind äquivalent: (i) 2 D 0 .˝/. (ii) Für jedes K b ˝ existiert ein N > 0 und ein C > 0 , so dass j'j 6 C k'kN ; 64 ' 2 DK : Ì Testfunktionen und Distributionen 6-A Bemerkung Genügt in (ii) ein einziges N für alle K b ˝ (während das C von K abhängen darf), so nennt man das kleinstmögliche solche N die Ordnung der Distribution . Existiert kein solches N , so heißt von unendlicher Ordnung. ( Definition Eine Funktion f auf ˝ heißt lokal integrable, wenn sie messbar ist und Z K b ˝: jf j dx < 1; K Der Raum aller lokal integrablen Funktionen auf ˝ wird mit L1loc .˝/ bezeichnet. Ì 1. Ist f 2 L1loc .˝/, so wird durch Z f ' ´ f ' dx Beispiele ˝ in ˝ eine Distribution f der Ordnung 0 definiert. 2. Ist ein lokal endliches Maß auf ˝ , so wird durch Z ' ´ ' d ˝ ebenfalls in ˝ eine Distribution der Ordnung 0 definiert. 3. Ist p 2 ˝ fest, so wird durch ıp ' ´ '.p/ die sogenannte Diracdistribution mit Träger in p definiert. Diese ist offensichtlich von der Ordnung 0. 4. Ist p 2 ˝ und ˛ ein Multiindex, so wird durch ıp˛ ' ´ D ˛ '.p/ eine Distribution ıp˛ der Ordnung j˛j definiert. G 6.3 Satz Die Abbildung L1loc .!/ ! D 0 .˝/; f 7! f ist linear und injektiv. Ì R Gilt also ˝ f ' dx D 0 für alle ' 2 D.˝/, so folgt f D 0. 65 Differenziation 6-B 6-B Differenziation 6.4 Lemma Z Für f 2 C 1 .˝/ und ' 2 D.˝/ gilt Z j˛j ˛ D f ' dx D . 1/ f D ˛ ' dx ˝ ˝ n für alle ˛ 2 N . Ì Für eine glatte Funktion f gilt demnach D ˛f .'/ D . 1/j˛j f .D ˛ '/: 6.5 Satz Sei 2 D 0 .˝/ und ˛ ein Multiindex. Dann wird durch .D ˛/.'/ ´ . 1/j˛j .D ˛ '/ eine Distribution D ˛ in ˝ definiert, die sogenannte ˛-te Distributionsableitung von . Ì Wir bemerken noch, dass für Distributionen immer gilt: D ˛ D ˇ D D ˛Cˇ D D ˇ D ˛: Für f 2 C 1 .˝/ gilt aufgrund von 6.4 und 6.5 D ˛f D D ˛f : Distributions- und klassische Ableitung stimmen hier also überein. Beispiel Betrachte Distributionen in R. Die ›Knickfunktion‹ f D x 1Œ0;1/ ist lokal integrabel, und es ist Df D h mit der Heavysidefunktion h D 1.0;1/ : Andererseits ist auch f 0 D h fast überall, also auch Df D f 0 . Weiter gilt Dh D ı0 66 Differenziation 6-B mit der Diracdistribution ı0 mit Träger in 0. Andererseits ist h0 D 0 fast überall, somit Dh ¤ h0 . G 6.6 Für f; g 2 C 1 .˝/ gilt X D ˛ .fg/ D b˛ˇ D ˛ ˇ fD ˇ g Leibnizformel ˇ 6˛ mit b˛ˇ 6.7 Satz ˛ ´ ˇ ! ! ! ˛1 ˛n D : ˇ1 ˇn Ì Sei 2 D 0 .˝/ und f 2 C 1 .˝/. Dann wird durch .f/.'/ ´ .f '/ eine Distribution f in ˝ definiert, das Produkt von f und . Ì 6.8 Satz Für 2 D 0 .˝/ und f 2 C 1 .˝/ gilt die Leibnizformel X Ì D ˛ .f/ D b˛ D ˛ fD : 6˛ Es ist Beweis D˛ f D .'/ D D .'D ˛ f / D . 1/jj .D .'D ˛ f // und D .'.D ˛ X f // D b D 'D ˛ f: 6 Weiter gilt X . 1/j j b˛ 6˛ X b D 'D ˛ f 6 D X X 6˛ . 1/ b˛ b D 'D ˛ f D . 1/j˛j f D ˛ '; j j 6 6˛ denn es gilt n ::: o ( D . 1/j˛j ; D ˛; 0; ¤ ˛: 67 Darstellungssätze 6-C Damit erhalten wir insgesamt X b˛ D ˛ fD .'/ D . 1/j˛j .fD ˛ '/ 6˛ D . 1/j˛j f.D ˛ '/ D D ˛ .f/.'/: ///// Definition Eine Folge .k / in D 0 .˝/ konvergiert im Distributionssinn gegen die Distribution , geschrieben k D0 ! ; falls lim k ' D '; k!1 ' 2 D.˝/: Ì Durch diesen Konvergenzbegriff wird die sogenannte schwach--Topologie von D 0 .˝/ definiert. 6.9 Satz Gilt k D ˛k D0 ! , so gilt auch D0 ! D ˛ für alle Multiindizes ˛ . Ì 6.10 Satz Sei .k / eine Folge in D 0 .˝/. Existiert ' ´ lim k ' k!1 für alle ' 2 D.˝/, so definiert dies eine Distribution in ˝ . Ì 6-C Darstellungssätze Definition ! ˝ , falls Eine Distribution auf ˝ verschwindet auf einer offenen Menge ' D 0; 68 ' 2 D.!/: Darstellungssätze 6-C Der Träger von , bezeichnet mit supp , ist dann das Komplement der Vereinigung aller offenen Mengen in ˝ , auf denen verschwindet. Ì 6.11 Satz Eine Distribution verschwindet auf dem Komplement ihres Trägers. Ì 6.12 Satz Sei 2 D 0 .˝/ und ˙ D supp . (i) Es ist ' D 0 für jede Testfunktion ' , deren Träger ˙ nicht schneidet. (ii) Ist ˙ leer, so ist D 0. 2 C 1 .˝/ konstant 1 in einer Umgebung von ˙ , so ist (iii) Ist D . (iv) Ist ˙ kompakt, so ist von endlicher Ordnung. Es existieren sogar ein N > 0 und ein C > 0, so dass j'j 6 C k'kN ; 6.13 Satz ' 2 D.˝/: Ì Sei 2 D 0 .˝/, und supp D fpg. Ist N die Ordnung von , so gilt X D c˛ D ˛ ıp j˛j6N mit geeigneten Konstanten c˛ . Ì Bemerkung Umgekehrt hat natürlich jede nichtverschwindende Distribution dieser Gestalt den Träger fpg und die Ordnung N . ( 6.14 Satz Sei 2 D 0 .˝/, und supp kompakt. Ist N die Ordnung von , so existieren stetige Funktionen ˛ in ˝ , so dass X D D ˛ ˛ : Ì j˛j6N C2 Die Ableitungen sind natürlich im Distributionssinn gemeint. Es ist also Z X ' D . 1/j˛j ˛ D ˛ ' dx ˛ ˝ für ' 2 D.˝/. Bemerkung Im Prinzip enthält dieser Satz den vorangehenden, denn Ein-PunktMengen sind kompakt. Die Aussagen stehen auch nur scheinbar in einem Wider- 69 Temperierte Distributionen 6-D spruch, denn ıp lässt sich ja als zweite Ableitung einer stetigen Funktionen darstellen. ( 6-D Temperierte Distributionen Wir betrachten Distributionen auf dem Rn , und schreiben kurz Dn ´ D.Rn /; Dn0 ´ D 0 .Rn /: Mit Sn bezeichnen wir wieder den Schwartzraum auf Rn . 6.15 Satz Dn ist dicht in Sn , und die Einbettung i W Dn ! Sn ist stetig. Ì Aus diesem Satz ergibt sich, dass jedes stetige lineare Funktional L 2 Sn0 durch Einschränkung auf Dn ein wiederum stetiges lineares Funktional definiert: D L B i 2 Dn0 : Identifizieren wir L mit L B i , so gilt also Sn0 Dn0 : Lässt sich umgekehrt eine Distribution 2 D 0 stetig auf Sn fortsetzen, so ist diese Fortsetzung eindeutig, da Dn dicht in Sn liegt. Definition Eine Distribution 2 Dn0 heißt temperiert, wenn sie eine stetige Fortsetzung auf Sn besitzt. Ì Der Raum der temperierten Distributionen ist somit Sn0 Dn0 . 70 Temperierte Distributionen Beispiele 6-D 1. Jede Distribution mit kompakten Träger ist temperiert. 2. Ist ein Borelmaß auf Rn mit Z .1 C jxj2 / N d < 1 Rn für ein N > 0 , so ist eine temperierte Distribution. 3. Ist g eine messbare Funktion auf Rn mit Z ˇ ˇ ˇ.1 C jxj2 / N g.x/ˇp dx < 1 Rn für ein N > 0 und ein 1 6 p < 1, so ist g eine temperierte Distribution. 4. Jede Funktion g 2 Lp .Rn / und jedes Polynom im Rn definieren eine temperierte Distribution. Allgemeiner definiert jede messbare Funktion auf Rn eine temperierte Distribution, deren Wachstum durch ein Polynom majorisiert werden kann. G 6.16 Satz Ist eine temperierte Distribution, so auch D ˛ ; P; für jedes Multiindex ˛ , jedes Polynom P und jedes 2 Sn . Ì Fouriertransformation 6.17 Satz Sei eine temperierte Distribution. Dann wird durch O .'/ ´ .'/; O ' 2 Sn eine temperierte Distribution O definiert, die Fouriertransformation von . Ì 6.18 Satz Die Fouriertransformation ˚ W Sn0 ! Sn0 ist ein linearer Isomorphismus mit Periode 4 . Ì 6.19 Satz Für eine temperierte Distribution und ein Polynom P gilt O .P .D//O D P ; O .P/O D P . D/: Ì 71 Temperierte Distributionen 6-D Wir formulieren noch den Umkehrsatz für Distributionen. Hierfür definieren wir noch L .'/ ´ .'/; L wobei L die Reflektion x 7! 6.20 Satz x bezeichnet. Für eine temperierte Distribution gilt L OO D : Ì 1. Mit ı D ı0 gilt Beispiele 1O D ı; ıO D 1: 2. Für ein beliebiges Polynom P gilt PO D P . D/ı: .P .D/ı/O D P; G Faltung Für zwei L1 -Funktionen f; g ist Z Z .f g/.x/ D f .u/g.x u/ du D f .u/g.u L n Rn ZR D f .u/x g.u/ L du: x/ du Rn 6.21 Satz Sei 2 Sn0 und ' 2 Sn . Dann wird durch . '/.x/ ´ .x '/; L x 2 Rn ; eine C 1 -Funktion ' definiert, die Faltung von und ' . Diese wächst höchstens polynomial, so dass ' 2 Sn0 : Beispiel Für ı D ı0 und ' 2 Sn gilt ı ' D ': 6.22 72 Satz Ì G Für 2 Sn0 und ' 2 Sn gilt: Fundamentallösungen (i) D ˛ . '/ D .D ˛ / ' D .D ˛ '/ O (ii) . '/O D 'O , 6-E für jedes ˛ , (iii) O 'O D .'/O, (iv) .. '/ / D .' / für jedes 2 Sn . Ì 6-E Fundamentallösungen Wir betrachten wieder lineare partielle Differenzialgleichungen mit konstanten Koeffizienten auf Rn . Also P .D/u D f; mit einem Polynom P . Die rechte Seite f kann eine Testfunktion oder eine Schwartzfunktion sein. Definition Eine Distribution E 2 Dn0 heißt Fundamentallösung des Differenzialoperators P .D/, falls P .D/E D ı: Ì Existiert solch eine Fundamentallösung, so ist insbesondere uDE f für jedes f 2 Dn eine C 1 -Lösung der Gleichung P .D/u D f . 6.23 Satz (Malgrange-Ehrenpreis) Fundamentallösung E . Ì Jeder Differenzialoperator P .D/ besitzt eine 73 6-E Fundamentallösungen Beispiel 1 Die Differenzialgleichung u0 D f auf der reellen Geraden. Eine Fundamentallösung ist E D H; die Heavysidefunktion, und die Lösung u erhält man somit als Z 1 Z x uDH f D H.t/f .x t/ dt D f .t / dt; 1 1 was nicht weiter überrascht. G Beispiel 2 Die Laplacegleichung auf dem Rn mit n > 2 , u D f: Eine Fundamentallösung muss also die Gleichung E D ı erfüllen. Für die Lösung dieser Gleichung benötigen wir noch die Formel von Green. 6.24 Satz von Green Ist ˝ ein beschränktes, glatt berandetes Gebiet im Rn mit äußerer Normale N , so gilt Z Z .' .'@N '/ dx D @N '/ dA ˝ für '; 6.25 Ergebnis @˝ 2 C 2 . x̋ /. Ì Eine Fundamentallösung des Laplaceoperators auf dem Rn ist E.x/ D 1 log jxj; 2 1 1 ; 4 jxj 1 1 .n 2/!n jxjn nD2 nD3 2 ; n>3 wobei !n den Flächeninhalt der n-Sphäre bezeichnet. Ì Eine Lösung der Gleichung u D f im R3 ist damit gegegeben durch 74 Fundamentallösungen u.x/ D Beispiel 3 1 4 Z R3 f .y/ dy: jx yj 6-E G Die Wärmeleitungsgleichung auf dem Rn , u t D u; t > 0: Dazu gehört eine Anfangsbedingung ˇ u ˇ t D0 D u0 .x/: Definition Eine Kurve E W Œ0; 1/ ! Dn0 heißt Fundamentallösung von u t D Lu, wenn sie in t stetig differenzierbar ist, die Ableitung die Gleichung im Distributionssinne erfüllt sowie die Anfangsbedingung E.0/ D ı: Ì Für die Wärmeleitungsgleichung in R, ˇ u t D uxx ; u ˇ tD0 D H; p findet man mit dem Ansatz u.t; x/ D v.x= t/ die Lösung Z x=pt 1 2 u.t; x/ D p e s =4 ds: 2 1 Differentiation nach x ergibt dann für t > 0 1 E.t; x/ D p exp 2 t x 2 =4t : Die Lösung im Rn erhält man als n-faches Produkt dieser Lösungen: n 1 E.t; x/ D exp jxj2 =4t : p 2 t 75 6-E Fundamentallösungen Damit ist eine Lösung des Anfangswertproblems u t D u; ˇ uˇ t D0 D u0 gegeben durch u.t; x/ D 76 1 p 2 t n Z exp Rn jx yj2 =4t u0 .y/ dy: G