VL Hämatologie Grundlagen ss16

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VL: Klinische Chemie, Propädeutik
HÄMATOLOGIE = „LEHRE VOM BLUT“
Nicht-zelluläre Bestandteile
- Plasma = flüssiger Anteil des Blutes mit allen darin gelösten Substanzen
- Serum = flüssiger Anteil des Vollblutes nach erfolgter Gerinnung
ZELLULÄRE BESTANDTEILE
LEUKOZYTEN:
Weißes Blutbild (WBC = white bloodcells) → Abwehr
ERYTHROZYTEN:
Rotes Blutbild (RBC = red bloodcells) → Energie
THROMBOZYTEN:
Thrombozyten (PLT = platelets; oft auch THR) → Hämostase
WICHTIGE GRUNDLAGEN:
Analytik:
Wie werden sie bestimmt?
Referenzbereiche:
Wieviele gibt es davon?
Bedeutung:
Welche Funktion üben sie aus?
Entwicklung:
Wie entstehen sie?
Daraus abgeleitet folgen die labordiagnostischen Überlegungen.
Befundkonstellationen:
Welche Interpretationen erlauben Veränderungen im BB?
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
A)
ANALYTIK
Probenmaterial: EDTA-Vollblut
NUR zum Ausschluss einer EDTA-bedingten Pseudo-Thromobozytopenie: Citrat-Vollblut
Kleines Blutbild
- Zellzahlen:
WBC + RBC + PLT
- Hämoglobin-Konzentration
- Hämatokrit
- Erythrozytenindizes:
MCV, MCH (MCHC)
Großes Blutbild
siehe Kleines Blutbild, zusätzlich Differentialblutbild, Retikulozyten
Weitere Analytik
- Eisenstoffwechsel:
- Zellumsatz:
- Zellzerstörung:
- u.a.
- Gerinnung:
Ferritin / RET-HB / sTfRez u.a.
Harnsäure / LDH u.a.
in vivo
→
LDH / Bilirubin / Haptoglobin
in vitro
→
LDH / Kalium / GOT / CK-MB
siehe dort
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
B)
REFERENZBEREICHE
Wichtig zur Befundbeurteilung: Angaben siehe Extratabelle!
Voraussetzungen im Rahmen der Präanalytik beachten
Probenart, -alter / Patientengeschlecht, -alter, sonstiges
Methodenabhängigkeit beachten
Information durch das analysierende Labor z.B. auf dem Befund
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
C)
WBC: ZELLEN, FUNKTION und BEDEUTUNG
GRANULOZYTEN
- Entwicklung im Knochenmark (KM)
- Aktives Verlassen des KM durch amöboide Beweglichkeit bei Stab- und
Segmentkernigen
- Aufenthalt im Blut bis ca. 10 Stunden
(50 % der Zellen als Zirkulationspool, 50 % als wandständiger Marginalpool)
- Verschiedene Populationen: Neutrophile, Eosinophile, Basophile
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
Neutrophile G.
- Größte Population im DIFF-BB eines erwachsenen offenbar gesunden Probanden
(ca. 50 bis 75 % der peripheren Leukozyten)
- Abwanderung in das Gewebe (Chemotaxis z.B. entlang Konzentrationsgradienten von
Bakterientoxinen)
- Funktion:
Mikrophagozytose im Gewebe
- Abbau im Gewebe (Eiter = sichtbare Ansammlung von absterbenden Granulozyten
bei inflammatorischen Prozessen)
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
Eosinophile G.
Funktion:
- Bindung von Histamin an Rezeptoren; dadurch Neutralisation und Dämpfung
allergischer Reaktionen;
- Fähigkeit zur Chemotaxis; Freisetzen von diversen lysosomalen Enzymen zur
Bekämpfung von Parasiten;
- enge Einbindung in das Immunsystem durch Rezeptoren für diverse Immunglobuline.
Basophile G.
Abwanderung in das Gewebe; dort: “Gewebsmastzellen”
Funktion:
- Beteiligung bei Entzündungen und allergischen Reaktionen v.a. vom „Soforttyp“:
- Aktivierung durch Bindung von Immunglobulinen oder Lymphokinen oder Complementfaktoren
- Degranulation unter Freisetzen von Histamin (Synthese u.a. in den basophilen Granula
neben Heparin und diversen lysosomalen Enzymen)
- Anstieg der Gefäßpermeabilität, d.h. Schwellung, Rötung, Ödeme
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
MONOZYTEN
- Pseudogröße im Ausstrich (Ausbreiten an Objektträgeroberfläche, daher insgesamt eher blass
gefärbt!)
- keine KM-Reserve; Marginalpool an Gefäßinnenwänden >> Zirkulationspool
- Abwanderung ins Gewebe/ Ansiedelung dort als Makrophage
Funktion:
- Phagozytose von Bakterien, Viren, Parasiten, Tumorzellen u.a.;
- Synthese von diversen Zytokinen (u.a. zur Aktivierung von Lymphozyten);
- Rezeptoren für Immunglobuline, Complementfaktoren und Lymphozyten;
- Vorverarbeitung von phagozytierten Objekten in lysosomalen Vakuolen;
- Adsorption der Bruchstücke z.T. an der Zelloberfläche; Präsentation für T-/B-Lymphozyten.
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
LYMPHOZYTEN
Lymphatische Organe:
- primär (Bildung / Prägung)  fetale Leber, (fetales) KM, Thymus
- sekundär (Funktion)
 Lymphfollikel in Milz, Tonsillen, Darm u.a.
Wichtige Eigenschaften:
- TEILUNGSFÄHIGKEIT der reifen Lymphozyten
- REZIRKULATIONSFÄHIGKEIT zwischen Blut- und Lymphgefäßsystem
- LEBENSDAUER bei einzelnen Subklassen z.T. mehrere Jahre
Funktion:
- Einbindung in angeborene (AG-unspezifische) und erworbene (AG-unspezifische und
AG-spezifische) Reaktionsmechanismen im Immunsystem
- Antigenreiz  Transformation zu Lymphoblasten  Plasmoblasten
 Plasmazellen: Antikörper-Produktion
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
D)
ENTWICKLUNG
LEUKOZYTOPOESE hier: Granulozytopoese
Pluripotente myeloische Stammzelle
(CFU-GEMM = colony-forming unit/ Granulocytes/ Erythrocytes/ Monocytes/ Megakaryocytes)

diverse Zytokine
zunehmend differenzierte Stammzellebenen

diverse Zytokine
erste morphologisch determinierte Blutzelle im KM: BLAST
BLAST
Promyelozyt Myelozyten
MetaStab
myelozyt
Seg
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
ERYTHROZYTOPOESE
Myeloische Stammzelle
Proerythroblast
(Spezialfärbung!!)

CFU-GEMM
(Interleukin 3)
BFU-E
 (Erythropoetin)
CFU-E
(Erythropoetin)

Erythroblast, basophil

Erythroblast, polychrom.

Erythroblast, orthochrom.

Retikulozyt
(Kern ist ausgestoßen)

Normozyt
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
BB-VERÄNDERUNGEN BEI KRANKHEITEN
WBC-Veränderungen
•
reaktiv = benigne
= Veränderungen bei Zellpopulationen mit physiologischer Funktion
→ ALLERGISCHE Reaktion / BAKTERIELLER Infekt / VIRALER Infekt
•
nicht reaktiv = neoplastisch
= Auftreten von Zellen im BB, die physiologisch peripher nicht vorkommen
→ LEUKÄMIEN u.ä. Krankheitsbilder
RBC-Veränderungen
•
•
Mangel-bedingte Anämien (Auftreten von im Mittel nicht „normalen Erys)
Defekt-bedingte Anämien (Auftreten von im Mittel „normalen“ aber zu wenig Erys)
PLT-Veränderungen
verschiedene Krankheitsbilder; siehe bei VL „Blutungsneigung“ + „Thromboseneigung“
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
WBC-Veränderungen
Quantitative Befunde = absolute Zellzahlen/ -konzentrationen für
Aussagen hinsichtlich tatsächlichem „Abwehrstatus“:
Wieviele Zellen stehen zur Verfügung für benötigte Abwehrreaktionen?
Leukozytose
allgemein bei
Geburt
> 10000 Leukozyten/µl
- physiologischem Streß wie Entzündung, schwere körperliche Arbeit z.B.
besonders bei
- Mehrproduktion wegen gesteigertem Verbrauch; Dysregulation des KM
- Bakteriellem Infekt
- Leukämien (cave WBC > 100000/µl!)
Leukozytopenie
< 4000 Leukozyten/µl
allgemein bei
- überhöhtem Verbrauch
- verringerter Nachlieferung
- Verschiebung vom Gefäß- in das Gewebekompartiment
besonders bei
- Virusinfekt
- KM-Schädigung
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
Qualitative Befunde = %uale Zellverteilung + Morphologie im DIFF-BB
für Aussagen hinsichtlich Verdachtsdiagnosen, u.U. bis inklusive Phase im
Verlauf einer Erkrankung:
Welche Zellen werden in der vorliegenden Abwehrsituation
besonders benötigt?
Neutrophilie (>80%)
Neutropenie (<40%)
Eosinophilie (>9%)
Basophilie (>3%)
Monozytose (>15%)
Akute Phase bei bakteriellem Infekt; cave: reaktive Linksverschiebung! (vermehrte
Ausschwemmung „junger“ Formen, v.a. Stabkernige, Jugendliche, vereinzelt Myelozyten)
Virusinfekt;
„Schockphase“ bei bakteriellem Infekt (Abwanderung ins Gewebe; dort Mikrophagozytose);
cave: Agranulozytose bei < 500 Neutrophile/µl!
Allergische Reaktionen (Arzneimittel, Lebensmittel, Asthma, Parasiten);
Heilphase bei bakteriellem Infekt; Begleiterscheinung bei CML
(Allergische Reaktionen); Begleiterscheinung bei CML, v.a. in akzelerierter Phase!
Regenerationsphase bei div. Erkrankungen; Überwindungsphase bei bakt. Infekt;
Chronische MyeloMonozytäre Leukämie (CMML)
Lymphozytose (>50%)
Virusinfekt; endgültige Heilphase bei bakt. Infekt; Lymphatische Leukämien
Lymphozytopenie (<20%) Akute Phase bei bakt. Infekt; Immundefektsyndrome
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
ROTES BLUTBILD = RBC
Parameter, Analysenmethoden und Referenzbereiche
A)
Gemessene Laborparameter
Erythrozyten
automatische Zählung mittels Impedanzprinzip // m: 4.3 – 5.6 Mio/µl / w: 3.9 – 5.0 Mio/µl
Retikulozyten:
Durchflußzytometrie mit Fluoreszenzmessung // 0.5 – 2.0 %
RET-HB im Vollblut
Durchflußzytometrie mit Fluoreszenzmessung // 28 – 35 pg
Hämoglobin:
Photometrie eines Farbkomplexes // m: 14.0 – 17.5 g/dl / w: 12.0 – 15.5 g/dl
Hämatokrit:
Addition der durch die Erythrozyten ausgelösten Impedanzimpulse
m
42 – 50 % / w
37 – 45 %
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
B)
Berechnete Laborparameter
Erythrozytenindizes:
WICHTIG für die Einteilung von Anämien:
MCV
84 - 98 fl
Mittleres korpuskuläres Volumen
MCH
28 - 34 pg
Mittleres korpuskuläres Hämoglobin
(Hkt x 10 / Ery)
(Hb x 10 / Ery)
Wichtig für die Plausibilitätsbeurteilung von Befund-Konstellationen:
MCHC
32 - 36 g Hb/dl Ery
(Hb x 100 / Hkt)
Mittlere korpuskuläre Hämoglobin-Konzentration
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
VERÄNDERUNGEN IM ROTEN BLUTBILD
Unspezifische morphologische Veränderungen der Erythrozyten
Anisozytose = Größenunterschiede (beim Durchmesser mdsts. Faktor 2)

Hinweis auf Probleme im Roten Blutbild (unspezifisch, hoch sensitiv!)
Polychromasie = Färbungsunterschiede (diffus verteilte RNS)
→
Hinweis auf gesteigerte Erythropoese (Retikulozyten ?)
Poikilozytose = Formenunterschiede (Fragmente, Tränen, Birnen u.a.)
→
Hinweis auf gesteigerte Erythrozytendestruktion (Hämolyse?)
Erythrozyten-Einschlüsse
Basophile Tüpfelung = RNS (granulär verteilt)  Hinweis auf gestörte Reifung (z.B. Bleiintoxikation)
Jolly-Körperchen = Kernreste (DNS)  Auftreten v.a. nach Milzextirpation (Kugelzell-Anämie)
u.a.
Substantia reticulo-granulo filamentosa = Ribosomen-Reste (Spezialfärbung !!)
 Nachweis für Retikulozyten
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
ANÄMIE
= Verminderung der Hämoglobin-Konzentration
im Vollblut unter die Normbereichsgrenze
Definition: HB < 11.0 g/dl
(in Literatur oft angegeben: < 12.0 g/dl)
EINTEILUNG DER ANÄMIEN nach morphologischen Gesichtspunkten
(1)
hypochrom
MCH  Mangelzustände / Kombi Zellverlust mit Bildungsstörung
mikrozytär
MCV  z.B. Eisenmangel / Thalassämien
(2)
hyperchrom
makrozytär
MCH  Mangelzustände / Bildungs- und Reifungsstörung
MCV  z.B. Megaloblastische Anämie / MDS
(3)
normochrom
normozytär
MCH n Defekt: Zellverlust / Zellzerstörung / Bildungsstörung
MCV n z.B. Akute Blutung / Hämolyse / Verdrängung, Aplasie
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HÄMATOLOGIE: Grundlagen
EINTEILUNG DER ANÄMIEN
nach Ursachen
Eisen-Mangel
Vitamin B 12-Mangel
(akute  chronische) Blutung
Hämolyse
Hämatopoetische Neoplasien
Zellreifungsstörung
Zellteilungsstörung
Zellverlust
Zellzerstörung
Zellbildungsstörung
MCV, MCH ↓
MCV, MCH ↑
MCV, MCH
MCV, MCH
MCV, MCH
n→↓
n
n
RBC: Morphologische Auffälligkeiten
Anisozytose
Mikrozytose +
Anulozyten
Mikrozytose +
Targetzellen
Makrozytose +
Megalozyten
Polychromasie
Poikolyzytose +
Fragmentozyten
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