KULTURTIPP 4 2/2007 KulturSPIEGEL 02/07 Ulrich Khuon plant seinen Monat VOLKER WENZLAWSKI Der Intendant des Hamburger Thalia Theaters, 55, möchte seinen Sohn in „Don Karlos“ sehen und zum Konzert von Element of Crime. Hätte ich die Chance, mir den Februar freizunehmen, würde ich zur Berlinale fahren und so viele Filme sehen wie möglich. Christian Petzolds Ehedrama Yella interessiert mich brennend, seine bisherigen Filme haben mich sehr beeindruckt. Auch Clint Eastwoods Letters from Iwo Jima über die Schlacht um eine kleine Vulkaninsel im Zweiten Weltkrieg werde ich mir ansehen, mir gefällt die Hartnäckigkeit, mit der er seit Jahren amerikanische Legenden zertrümmert. Ich liebe Filme und denke nicht, dass das Kino eine Bedrohung für das Theater darstellt, im Gegenteil – so wie das Kino immer wieder Stoffe aus dem Theater verwendet, benutzen wir verstärkt Filmstoffe. Andreas Kriegenburgs selbstentwickeltes Stück HH-Amok etwa, das am 1. März bei uns herauskommt, bezieht sich u.a. auf den Film „Falling Down“. Den größten Teil meiner Zeit werde ich natürlich im Theater verbringen. Im eigenen Haus freue ich mich in diesem Monat besonders auf die drei Premieren, auf Stephan Kimmigs Maria-Stuart-Inszenierung, Frank Abts Stadtnotizen 3 und die Uraufführung von Torschusspanik. Im Deutschen Theater in Berlin werde ich mir Don Karlos ansehen. Ich bin sehr gespannt, wie Nicolas Stemann, der mit den offenen Texten von Elfriede Jelinek unglaublich viel anzufangen weiß, mit diesem sehr strengen Stück umgeht. Da mein Sohn Alexander eine größere Rolle spielt, werde ich allerdings nicht zur Premiere gehen. Ich möchte ihn nicht nervös machen. Mala Zementbaum im Gorki Theater Berlin interessiert mich ebenfalls sehr, ich schätze Armin Petras als Autor. Das Gleiche gilt für Lukas Bärfuss, einen der wichtigsten Theaterautoren unserer Zeit. Sein Stück Die Probe in den Münchner Kammerspielen werde ich mir auf jeden Fall ansehen (s. Seite 30/31). Im Februar freue ich mich auch auf zwei besondere Bücher. Zum einen Diesseits des Van-Allen-Gürtels von Wolfgang Herrndorf. Sein erstes Buch, der Berlin-Roman „In Plüschgewittern“, war wunderbar unpathetisch, witzig und brillant. Zum anderen In einer deutschen Pension von Katherine Mansfield, großartige Kurzgeschichten in einer neuen Übersetzung. In Hannover und München werde ich die Ausstellungen der beiden Fotografen Wolfgang Tillmans und Andreas Gursky besuchen (s. Seite 29), denn die Entwicklung der Fotografie beschäftigt mich sehr. Beide zeigen das Spannungsfeld von extremer Nähe und Individualität, die sich im Künstlichen, Entfremdeten auflöst. Und wenn ich die Zeit finde, werde ich zu einem Konzert von Element of Crime gehen (Tournee ab 20.2.). Deren Stücke sind wehmütig und sentimental, ohne ins Pathetische abzurutschen. Sie zeigen, dass im Randständigen die ganze Welt aufgehoben sein kann. Ich denke, wir brauchen nicht immer das Große, Zentrale, eher eine Genauigkeit der Wahrnehmung, auch im Kleinen. Als Fußballfan bin ich froh, dass die Bundesliga den Spielbetrieb wieder aufgenommen hat. Wenn mein Lieblingsverein, der VfB Stuttgart, beim HSV spielt, bin ich dabei. AU FG EZ EICHN ET VON JÖRG BÖCKEM KulturSPIEGEL 2/2007 5