Bodenschutz und Altlastensanierung

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Das Bodenschutzrecht und seine Umsetzung in Bayern
Nanz, J.
Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen,
Rosenkavalierplatz 2, 81925 München,
e-mail: [email protected]
Abstract: Federal Soil-Protection Act und Federal Ordiance for Soil-Protection and Contaminated
Sites make unified regulations and technical standards available for the soil protection and for the
treatment of contaminated sites. The Bavarian Soil Protection Act fills up the legal margin in Bavaria.
Zusammenfassung: Das Bundes-Bodenschutzgesetz und die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung stellen bundeseinheitliche Regelungen und fachliche Maßstäbe für den Bodenschutz und die
Altlastenbehandlung zur Verfügung. Das Bayerische Bodenschutzgesetz füllt den landesrechtlichen
Spielraum umfassend aus.
Keywords: Federal Soil-Protection Act, Federal Ordiance for Soil-Protection and Contaminated Sites,
Bavarian Soil Protection Act
Schlagworte: Bundes-Bodenschutzgesetz, Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, Bayerisches Bodenschutzgesetz
1
Inkrafttreten, Zweck und Grundsätze
Am 01.03.99 ist das Gesetz zum Schutz des Bodens (BGBl. 1998 I. S. 502), dessen Schwerpunkt das
Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) bildet, in Kraft getreten. Zweck des Gesetzes ist es, nachhaltig die vielfältigen Funktionen des Bodens (natürliche Funktionen, Funktionen als Archiv der Naturund Kulturgeschichte, Nutzungsfunktionen) zu sichern oder wiederherzustellen (§§ 1 Satz 1
BBodSchG). Um diese Ziele zu erreichen, begründet das Gesetz vor allem Pflichten zur Vorsorge
gegen schädliche Bodenveränderungen und zur Sanierung von Boden und Altlasten bzw. Gewässerverunreinigungen. Zur Erfüllung dieser Pflichten kann die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen treffen (§ 10 Abs. 1 BBodSchG).
Durch das BBodSchG wird der Boden als elementarer Bestandteil des Ökosystems und drittes wichtiges Umweltmedium - neben dem Wasser und der Luft - erstmals explizit und umfassend geschützt.
Mit dem BBodSchG wird die bisherige Rechtszersplitterung in den Ländern - insbesondere im Altlastenbereich - beseitigt. Es werden insoweit vergleichbare Bedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung in allen deutschen Ländern sowie Rechtssicherheit für Eigentümer und Investoren geschaffen.
Das BBodSchG sieht keine neuen Genehmigungsverfahren und keine eigenständige Bodenschutzverwaltung vor.
Das Kernstück des untergesetzlichen Regelwerks zum BBodSchG ist die am 17.07.99 in Kraft getretene Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV, BGBl. I S. 1554). Sie ist für den
Vollzug von großer Bedeutung, da sie die Anforderungen an den Bodenschutz und die Altlastenbehandlung konkretisiert und dadurch einen bundeseinheitlichen Vollzug sicherstellt.
Der noch in der 13. Legislaturperiode vorgelegte Entwurf der BBodSchV sollte ursprünglich zeitgleich mit dem BBodSchG am 01.03.99 in Kraft treten. Die Behandlung im Bundesrat wurde jedoch
aufgrund zahlreicher Änderungsanträge der Länder verzögert; die Ländermehrheit strebte dabei insbesondere eine Ergänzung um Regelungen zu physikalischen schädlichen Bodenveränderungen (Erosion) an. Der Bundesrat hat schließlich am 30.04.99 der Verordnung mit der Maßgabe von 81 Änderungen zugestimmt. Das Bundeskabinett hat sich am 16.06.99 mit den Änderungen einverstanden erklärt,
so daß mit dem Inkrafttreten der BBodSchV am 17.07.99 endlich konkret mit der Umsetzung des
BBodSchG begonnen werden konnte.
Zeitgleich mit dem BBodSchG ist am 01.03.99 das Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zum Schutz
des Bodens in Bayern (GVBl. Nr. 5/1999 S. 36) in Kraft getreten. Es umfaßt zum einen das Bayerische Bodenschutzgesetz (BayBodSchG) und paßt zum anderen das Bayer. Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz und das Bayerische Wassergesetz der durch das BBodSchG und das BayBodSchG geänderten Rechtslage an. Mit dem Bayerischen Bodenschutzgesetz hat Bayern vom Spielraum des Bundesgesetzgebers zum Erlaß landesrechtlicher Vorschriften umfassend - über bloße Zuständigkeitsregelungen hinaus - Gebrauch gemacht.
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Wesentliche Inhalte des BBodSchG und der BBodSchV
a)
Anwendungsbereich
Das BBodSchG und die hierzu erlassenen Ausführungs- und Vollzugsvorschriften finden grundsätzlich nur Anwendung auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten, soweit anderes Fachrecht
Einwirkungen auf den Boden nicht regelt (§ 3 Abs. 1 BBodSchG). Dieser Nachrang des Bodenschutzrechts gilt insbes. gegenüber dem Düngemittel- und Pflanzenschutzrecht, dem Abfall- und Immissionsschutzrecht sowie dem Bauplanungs- und Bauordnungsrecht.
b)
Vorsorge
Nach dem BBodSchG sind insbesondere die Grundstückseigentümer und - besitzer verpflichtet, Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen, die durch ihre Nutzung auf
dem Grundstück hervorgerufen werden (§ 7 BBodSchG).
Zur Erfüllung bzw. behördlichen Durchsetzung von Vorsorgepflichten wurden in der BBodSchV sog.
Vorsorgewerte festgesetzt, bei deren Überschreitung in der Regel davon auszugehen ist, daß längerfristig die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung besteht und daher Vorsorgemaßnahmen zu
ergreifen sind. Bei der Anwendung von Vorsorgewerten sind allerdings natürliche oder großflächig
siedlungsbedingte Schadstoffgehalte im Boden zu berücksichtigen.
Soweit Vorsorgewerte überschritten werden, sind Vorsorgemaßnahmen in der Weise zu treffen, daß
weitere Schadstoffeinträge auf dem Grundstück vermieden oder vermindert werden.
c)
Gefahrenabwehr
Das BBodSchG verlangt, daß schädliche Bodenveränderungen zu vermeiden und abzuwehren sind (§
4 Abs. 1 und 2 BBodSchG); sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten bereits eingetreten,
löst das BBodSchG eine Sanierungspflicht aus (§ 4 Abs. 3 BBodSchG). Als Sanierungsmaßnahmen
kommen im wesentlichen die Dekontamination und die langfristige Sicherung gegen Schadstoffaus-
breitungen in Betracht (§ 2 Abs. 7 Nr. 1 u. 2 BBodSchG). Nur wenn Sanierungsmaßnahmen nicht
möglich oder unzumutbar sind, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen (z.B. Nutzungsbeschränkungen) durchzuführen (§ 2 Abs. 8 BBodSchG). Die Pflicht zur Sanierung trifft u.a. den Verursacher der schädlichen Bodenveränderung oder Altlast, dessen Gesamtrechtsnachfolger, den Grundstückseigentümer und - besitzer (§ 4 Abs. 3 BBodSchG).
Sanierungsziel ist, daß dauerhaft keine Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.
Dabei ist die planungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebende
Schutzbedürfnis zu beachten (Grundsatz der nutzungsbezogenen Sanierung, § 4 Abs. 4 Satz 1
BBodSchG). So gelten z.B. bei Wohngebieten (Hausgärten, Kinderspielplätze!) andere Maßstäbe als
bei Verkehrsflächen oder Gewerbegebieten.
Grundlage für die Beurteilung der Notwendigkeit von (weitergehenden) Untersuchungen und von
Sanierungsmaßnahmen sind die in der BBodSchV festgelegten Prüf- und Maßnahmenwerte, bei denen
bei den Wirkungspfaden Boden-Mensch und Boden-Nutzpflanze die jeweilige Bodennutzung zu berücksichtigen ist. Die Prüf- und Maßnahmenwerte lösen die bisherigen Orientierungswerte der Bundesländer ab (wie die Stufe I- und Stufe II-Werte im Bayerischen Altlastenleitfaden von 1991).
Liegen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Altlast oder schädlichen Bodenveränderung vor, ist von
der zuständigen Behörde eine sog. orientierende Untersuchung durchzuführen (§ 9 Abs. 1 BBodSchG,
§ 2 Nr. 3 BBodSchV). Hat diese ergeben, daß der Gehalt eines Schadstoffes unterhalb des jeweiligen
Prüfwertes liegt, ist insoweit der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast ausgeräumt (§ 4 Abs. 2 BBodSchV). Werden hingegen Prüfwerte überschritten, ist aufgrund von näheren
Untersuchungen im Einzelfall zu prüfen, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt.
Untersuchungen zur abschließenden Gefährdungsabschätzung (Detailuntersuchung) kann die zuständige Behörde bereits dem zur Sanierung Verpflichteten auferlegen, sofern aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast besteht (§ 9
Abs. 2 BBodSchG).
Bei Überschreiten von Maßnahmenwerten ist in der Regel von einer schädlichen Bodenveränderung
oder Altlast auszugehen und sind Maßnahmen erforderlich, die von der zuständigen Behörde gegenüber dem Sanierungspflichtigen angeordnet werden können. (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBodSchG).
Bei besonderes komplexen oder gefährlichen Altlasten soll die zuständige Behörde vom Verpflichteten einen Sanierungsplan verlangen (§ 13 BBodSchG). Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung
schließen ein von der Behörde für verbindlich erklärter Sanierungsplan bzw. eine behördliche Sanierungsverfügung unter bestimmten Voraussetzungen andere für die Sanierung erforderliche Genehmigungen (z.B. nach Wasser-, Immissionsschutz- oder Abfallrecht) mit ein (sog. Konzentrationswirkung
nach §§ 13 Abs. 6, 16 Abs. 2 BBodSchG).
d)
Besondere Regelungen für die Landwirtschaft
Das BBodSchG enthält eine Reihe von Sonderbestimmungen, die die Anforderungen an den Bodenschutz bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung regeln:
• Bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung wird die Vorsorgepflicht durch die gute fachliche Praxis erfüllt (§ 17 Abs. 1 BBodSchG). Die Erfüllung der Vorsorgepflicht kann dabei nicht durch behördliche Anordnung gegenüber dem Landwirt durchgesetzt werden, das Gesetz sieht lediglich die
beratende Vermittlung der Grundsätze der guten fachlichen Praxis durch die landwirtschaftlichen
Beratungsstellen vor. Grundsatz der guten fachlichen Praxis ist es, die Bodenfruchtbarkeit und
Leistungsfähigkeit des Bodens als natürliche Ressource nachhaltig zu sichern (§ 17 Abs. 2
BBodSchG).
• Die Pflichten zur Gefahrenabwehr werden durch die Einhaltung der einschlägigen landwirtschaftlichen Fachgesetze erfüllt (§ 17 Abs. 3 BBodSchG); soweit diese keine Anforderungen an die Gefahrenabwehr enthalten und sich solche auch nicht aus den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis ergeben, gelten subsidiär die Vorschriften des BBodSchG.
• Zugunsten der Landwirtschaft ist unter bestimmten Voraussetzungen ferner ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen für solche wirtschaftlichen Nachteile vorgesehen, die aufgrund einer behördlichen Beschränkung der landwirtschaftlichen Bodennutzung eintreten (§ 10 Abs. 2 BBodSchG). Die
Einzelheiten werden in einer Rechtsverordnung zu regeln sein.
e)
Kostentragung, interner Störerausgleich und Wertausgleich
Die Kosten der nach dem BBodSchG angeordneten Maßnahmen hat grundsätzlich der zu ihrer Durchführung Verpflichtete zu tragen (§ 24 Abs. 1 BBodSchG).
Mehrere Verpflichtete haben untereinander einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch (§ 24 Abs. 2
BBodSchG). Dabei hängt die Verpflichtung zum Ausgleich sowie der Umfang des zu leistenden Ausgleichs von dem jeweiligen Verursachungsbeitrag des Verpflichteten ab. Danach kann insbesondere
der Eigentümer des kontaminierten Grundstücks beim Verursacher Rückgriff nehmen.
In den Fällen, in denen ein öffentlicher Kostenträger die Kosten für Sanierungsmaßnahmen getragen
hat - etwa der Landkreis im Rahmen einer Ersatzvornahme - und dadurch der Verkehrswert des
Grundstücks erhöht wurde, erhält dieser einen Anspruch auf Wertausgleich in Höhe der sanierungsbedingten Wertsteigerung gegenüber dem Eigentümer (§ 25 Abs. 1 BBodSchG). Der Ausgleichsbetrag
ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück, die im Falle der Zwangsversteigerung allen anderen
dinglichen Rechten vorgeht (§ 25 Abs. 6 BBodSchG). Auf den Ausgleichsbetrag wird durch den sog.
Bodenschutzlastvermerk im Grundbuch hingewiesen.
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Wesentliche Inhalte des BayBodSchG
a)
Erfassung von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten
Das BayBodSchG regelt in seinem ersten Teil die Erfassung von schädlichen Bodenveränderungen
und Altlasten (Art. 1 ff. BayBodSchG) und enthält ergänzende Vorschriften für schädliche Bodenveränderungen und Verdachtsflächen (Art. 5 BayBodSchG). Ferner enthält es eine Ermächtigung zum
Erlaß einer Rechtsverordnung, in der die Anforderungen an Sachverständige und Untersuchungsstellen festgelegt werden können (Art. 6 BayBodSchG, § 18 BBodSchG). Diese wird derzeit vom Bayer.
Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen erarbeitet.
Das vom Landesamt für Umweltschutz zu führende Kataster (Art. 3 BayBodSchG) vermittelt einen
Überblick über den Stand der Behandlung von Altlasten und gravierenden schädlichen Bodenveränderungen in Bayern.
b)
Bodeninformationssystem (BIS)
Im zweiten Teil (Art. 7-9) des BayBodSchG wurde ein beim Geologischen Landesamt zu führendes
Bodeninformationssystem (BIS) verankert, in dem die geowissenschaftlichen Grundlagendaten für
eine nachhaltige Sicherung der Bodenfunktionen gesammelt, aufbereitet und bereitgestellt werden.
Das EDV-gestützte Bodeninformationssystem wird flächenbezogene Aussagen zum aktuellen Zustand
der Böden, zu deren Belastbarkeit und Gefährdung ermöglichen. Es soll in fünf Jahren nutzbar sein.
c)
Zuständige Behörden
Der dritte Teil (Art. 10-12) des BayBodSchG regelt Aufgaben und Zuständigkeiten der Behörden. Für
den Vollzug des Bodenschutzrechts sind die Kreisverwaltungsbehörden zuständig, denen schon bisher
Aufgaben im Rahmen der Gefahrenabwehr und des Vollzugs von altlastenbezogenen Vorschriften des
Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts oblagen; bei Fragen fachlicher Art sind, soweit nichts
anderes bestimmt ist, die Wasserwirtschaftsämter zu beteiligen (Art. 10 Abs. 2 BayBodSchG).
Derzeit wird vom Bayer. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen eine Verwaltungsvorschrift erarbeitet, in der die Einzelheiten des Vollzugs geregelt werden.
d)
Ausgleichsanspruch für Landwirte
Kernpunkt des vierten Teils des BayBodSchG ist die Ermächtigung der Staatsregierung, die Einzelheiten der Ausgleichsgewährung nach § 10 Abs. 2 BBodSchG bei angeordneten Beschränkungen der
land- und forstwirtschaftlichen Nutzung durch Rechtsverordnung zu regeln (Art. 13 Abs. 2 BayBodSchG).
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Literatur
KOBES, S. (1998): Das Bundes-Bodenschutzgesetz.-NVwZ Heft 8: pp. 786-797
SCHRADER, C. (1998): Das neue Bundes-Bodenschutzgesetz.-Wasser & Boden 5: pp. 8-13.
SCHREIBER, R. (1998): Das Bundes-Bodenschutzgesetz aus bayerischer Sicht.-Der Bayerische
Bürgermeister 3: pp.98-100.
Das Bodeninformationssystem in Bayern
Sachstand und Konzeption
Dr. Günter Fried
Bayer. Geologisches Landesamt, Heßstraße 128, 80797 München
e-mail: [email protected]
Abstract: Based upon the Bavarian Soil Protection Law the Bavarian Geological Survey is building
up a Soil Information System. Its kernel consists of a Central Database, which includes spacereferenced data of points, lines and areas as well as descriptions of bore-holes or soil-profiles and the
results of laboratory analyses. Beyond it the system will provid import- and export-facilities just as
applications for further use of the investigated data.
Zusammenfassung: Auf Grundlage des Bayerischen Bodenschutzgesetzes baut das Bayerische Geologische Landesamt ein Bodeninformationssystem auf. Es besteht im Kern aus einer zentralen Datenbank, die raumbezogene Punkt-, Linien- und Flächendaten ebenso enthält wie Bohr- und Profilbeschreibungen sowie Ergebnisse von Laboranalysen. Darüber hinaus werden dem Nutzer Dateneinund –ausgabemöglichkeiten sowie Applikationen zur Weiterverarbeitung recherchierter Daten bereitgestellt.
Keywords: Soil Information System, Soil Protection Law, Bavaria
Schlagworte: Bodeninformationssystem, BIS, Bodenschutzgesetz, Bayern
1
Einleitung
Der Einsatz von Informationstechnologie im Bayer. Geologischen Landesamt war zunächst primär
darauf ausgerichtet, größere Datenmengen im Hinblick auf singuläre Aufgaben zu verarbeiten. Sehr
bald wurden Forderungen laut, einmal digitalisierte Daten für zusätzliche Auswertungen einem breiterem Nutzerkreis dauerhaft zur Verfügung zu stellen. So begann Anfang der 90er Jahre im Bayer. GLA
der Aufbau einer geowissenschaftlichen Datenbank als Kernstück für ein geowissenschaftliches Informationssystem.
2
Auftrag
Zeitgleich mit dem Bundesgesetz ist am 01.03.99 das Bodenschutzgesetz Bayerns in Kraft getreten.
Art. 7 und 8 legen Zweck und Inhalt des Bodeninformationssystems fest:
Art. 7 Zweck des Bodeninformationssystems
Um die geowissenschaftlichen Grundlagen für eine nachhaltige Sicherung der Funktionen des Bodens bereitzustellen, wird beim Geologischen Landesamt ein Bodeninformationssystem geführt.
Art. 8 Inhalt des Bodeninformationssystems
Das Bodeninformationssystem umfaßt von staatlichen oder sonstigen Stellen erhobene Daten aus
Untersuchungen über die physikalische, chemische und biologische Beschaffenheit des Bodens,
die Daten der landesweit eingerichteten Bodendauerbeobachtungsflächen und der beim Geologischen Landesamt eingerichteten Bodenprobenbank sowie deren Auswertung und sonstige geowissenschaftliche Daten und Erkenntnisse.
3
Informationen und Systeme
Seit geraumer Zeit werden in den Geowissenschaftlichen Diensten der Länder und des Bundes Fachinformationssysteme für die vielfältigen Daten der verschiedenen Fachdisziplinen aufgebaut. In Bayern
hat das Geologische Landesamt - einem Beschluss des Bayerischen Ministerrats vom Juli 1988 folgend - Anfang der neunziger Jahre damit begonnen, die im Amt bereits vorhandenen sowie durch anhaltende Geländeaufnahmen hinzukommenden Daten strukturiert in ein DV-gestütztes System zu
überführen. Dort stehen die Informationen leicht zugänglich und dauerhaft zur Verfügung.
Die Vielfalt der Daten resultiert aus dem GLA-Aufgabengesetz von 1970. Demnach obliegen dem
Bayer. Geologischen Landesamt:
1.
2.
3.
4.
5.
die geowissenschaftliche Landesaufnahme auf den Gebieten der
a) Geologie, insbesondere der Lagerstätten-, Hydro- und Ingenieurgeologie,
b) Geophysik,
c) Geochemie und
d) Bodenkunde
sowie die Auswertung der Ergebnisse in der Weise, daß sie für Wirtschaft,
Wissenschaft und Behörden nutzbringend werden;
die Erstellung und Veröffentlichung der amtlichen geologischen, bodenkundlichen und sonstigen einschlägigen geowissenschaftlichen Karten;
die geowissenschaftliche Untersuchung und Beurteilung aller Bodenschätze und ihrer Lagerstätten einschließlich der Steine und Erden sowie des Wassers;
die Anlage und Führung der erforderlichen Archive und Arbeits- und Belegsammlungen als zentrale Sammelstelle für Bohrergebnisse, Gesteine- und
Bodenproben sowie für Beobachtungs- und Meßdaten über Struktur und Aufbau des tieferen Untergrundes;
...
4
Sachstand
Eingebunden in das Gesamtkonzept des Informationssystems für Planung und Umwelt des Bayer.
Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen (s. Abb. 1) konzentrierte sich der Aufbau eines geowissenschaftlich ausgerichteten Informationssystems im GLA zunächst auf eine den
Standort und das Profil beschreibende Datenbank, die sog. DBGG (Datenbank Geowissenschaftliche
Grunddaten), der die Analysen und Meßwerte enthaltende „Labordatenbank“ folgte. Von Beginn an
war das GLA aufgrund später einfacherer Pflege und Wartung bestrebt, anstelle einer Vielzahl von
Datenbanken für die verschiedenen Fachabteilungen, die miteinander hätten verknüpft werden müssen, eine gemeinsame Datenbank aller Fachinformationssysteme im Amt zu entwickeln.
Zeitlich parallel zur Labordatenbank wurde ein Labor-Informations- und Managementsystem LIMS
eingerichtet und an die zentrale Datenbank (DBGG + „Labordatenbank“) angebunden (vgl. Abb. 2).
Untersuchungsaufträge an das Labor werden seither nach Eingabe eines Mindestdatensatzes und der
Markierung einer Auftragsliste durch den Wissenschaftler automatisiert aus der zentralen Datenbank
an das LIMS übergeben, von dort auf die Arbeitsplätze in den Zentrallaboratorien im München und
der GLA-Außenstelle je nach Auftragslage verteilt. Die Laborergebnisse fließen schließlich nach analytischer sowie fachlicher Validierung automatisiert in die zentrale Datenbank des GLA zurück und
stehen dort bei Recherchen bereit.
Abbildung 1: Gesamtkonzept des Informationssystems für Planung und Umwelt ISPU des Bayer.
Staatsministeriums für Landesplanung und Umweltschutz, Stand: 1/98
In einem Pilotvorhaben, das ebenso wie der Aufbau der o.g. zentralen Datenbank vom Bayer. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen im Rahmen von F&E-Vorhaben finanziell
unterstützt worden ist, wurde zunächst für den bodenkundlichen Bereich ein Programm entwickelt
(BOKART), das bereits bei der Feldaufnahme im Gelände die Daten digital in einem außendiensttauglichen Rechner erfassen läßt. Dabei erfolgt die Eingabe raumbezogener Daten, wie z.B. Rechts- und
Hochwert (Gauß-Krüger-Koordinaten), Gemeindekennziffer oder Wetterdaten mit Hilfe des sog.
GISPAD automatisch, sobald der Sachbearbeiter mit dem Pen seines Rechners auf der im Display
angezeigten Topographischen Karte seinen Standort markiert. Die Einbindung von GPS bzw. DGPS
(Differential Global Positioning System) ist im Programm vorgesehen. Für die geologische Geländeaufnahme wird derzeit eine entsprechende Applikation erarbeitet. Nach Rückkehr an den Arbeitsplatz
im Amt können die Geländedaten über den jeweiligen Arbeitsplatz-PC mit Unterstützung eines Uploads automatisiert der zentralen Datenbank übergeben werden.
Um dem Anspruch einer umfassenden zentralen Datenbank in einem Informationssystem gerecht zu
werden, das die eingangs geschilderten Daten – und damit vor allem auch Flächeninformationen –
dauerhaft und rasch verfügbar hält, wird derzeit ein fachliches Konzept zum Aufbau einer „Flächendatenbank“ erstellt. Gleichwohl stehen inzwischen alle im Bayer. GLA hergestellten Karten im Rasterformat zur Nutzung bereit. Im Vektorformat wurde erstmals 1998 die Geologische Übersichtskarte
von Bayern im Maßstab 1:500.000 auf CD-ROM veröffentlicht. Einzelne Geologische Karten sowie
eine größere Zahl von Konzeptbodenkarten im Maßstab 1:25.000 liegen inzwischen ebenfalls zur internen Weiterverarbeitung als Vektorkarten vor bzw. befinden sich in Druckvorbereitung.
Digitale Geländedaten
Dateneingabe
Datenausgabe
Zentrale
GLA-Datenbank
Profil-DB
Labor-DB
Flächen-DB
GLA - Arbeitsplätze
LIMS
Laborarbeitsplätze
Abbildung 2:
Das Geowissenschaftliche Informationssystem im Bayer. Geologischen Landesamt
- Sachstand -
70000
58700
60000
50000
41000
40000
29300
30000
17000
20000
23200
10000
7000
0
1994
Abbildung 3:
1995
1996
1997
1998
1999
Anzahl (▀) und Zunahme (X) der Objekte in der zentralen Datenbank des Bayer. GLA
Stand: April 1999
3.513
2.147
2.000
20.253
4.390
8.096
18.343
Bohrung
Abbildung 4:
BK-Profil
Aufschluss
Pegel
Brunnen
Quelle
sonst.
Objekttypen (vereinf.) und deren Anzahl in der zentralen Datenbank des Bayer. GLA
Stand: April 1999
In der zentralen Datenbank wurden inzwischen mehr als 58.700 geowissenschaftliche Objekte abgelegt. Zwei Drittel davon sind Bohrungen und Bodenkundliche Profilbeschreibungen (vgl. Abb. 3 und
4). Für rd. 46.000 Objekte liegen Laborergebnisse vor, mehr als Drei Viertel aus dem Bereich Bodenchemie und –physik (vgl. Abb. 5).
Wasser
17%
Gestein
5%
Abbildung 5:
Boden
78%
Medienbezogene Anteile von Laborergebnissen in der zentralen Datenbank des GLA
Stand: April 1999
5
Konzeption
Der gesetzliche Auftrag, ein Bodeninformationssystem zu führen, zieht deshalb wesentliche konzeptionelle Änderungen nach sich, weil Art. 8 auch Daten aus Untersuchungen über die Beschaffenheit des
Bodens “...von staatlichen oder sonstigen Stellen...“ einbezieht. Demnach soll das System nicht nur
vom GLA erhobene Informationen den im Gesetzesvollzug stehenden Behörden bereitstellen, sondern
darüber hinaus auch die im Vollzug gewonnenen Daten aufnehmen. Während das bisherige System an
den Anforderungen der wissenschaftlichen Sachbearbeitung innerhalb des GLA ausgerichtet war und
sowohl bei den Gelände- als auch den Labordaten qualitativ gleichwertige (wissenschaftliche Ausbildung, große Kartierpraxis, dasselbe Labor) und damit auch statistisch einfach weiterverarbeitbare Informationen zur Verfügung standen, gilt es nunmehr den Bedarf auch an den Erfordernissen des Vollzugs auszurichten, indem in der(n) Datenbank(en) Ergebnisse unterschiedlicher Herkunft, verschiedener Qualität, unterschiedlicher Informationsmenge usw. einfließen können und dennoch weiterhin eine
Auswertbarkeit sichergestellt werden kann.
Das Bayer. GLA wäre überfordert, müßte es trotz Stelleneinsparungen bei wachsenden Aufgaben die
im Gesetzesvollzug erhobenen Daten in die zentrale Datenbank einpflegen. Hinzu kommt, daß Qualitätsminderungen der bzw. sogar grobe Fehler von Informationen nur dadurch vermieden werden können, wenn möglichst wenige Zwischenschritte mit manuellen Bearbeitungen bis hin zur Datenablage
in der Datenbank erfolgen. Daher ist bereits bei der Feldaufnahme die standardisierte digitale Beschreibung anzustreben, die durch digitale Zulieferung von Analysen und Meßwerten in der Verantwortung des im Vollzug stehenden Bearbeiters ergänzt wird. Denn dort sollte das größte Interesse
bestehen, dem Bodeninformationssystem wiederverwertbare Daten zuzuliefern.
Fazit: Der Auftrag an das GLA, ein Bodeninformationssystem zu führen, kann erfüllt werden, indem
vor allem die Wasserwirtschaftsämter (WWÄ), die im Vollzug des Bayer. Bodenschutzgesetzes neben
den Kreisverwaltungsbehörden eine wichtige fachliche Rolle spielen, Zugang zur bereits bestehenden
zentralen Datenbank des GLA erhalten, um erforderliche Daten recherchieren bzw. zusätzlich gewonnene Daten eingeben zu können. Leider ist dieser sehr einfach anmutende Lösungsansatz mit erheblichen technischen und personellen Problemen verbunden, einerseits Pflege und Wartung eines für eine
Institution konzipierten, dann jedoch an mindestens 25 Orten (24 WWÄ und GLA) eingesetzten Systems, andererseits wegen des derzeit komplizierten Datenaustausches zwischen den in den Ämtern
eingesetzten Standard-Programmen und dem eingesetzten Datenbankmanagementsystem.
Aus diesen Gründen ist folgender Aufgabenkatalog abzuarbeiten:
Vollständiges Redesign der Datenbank und Transfer auf ein streng relationales Datenbankmanagementsystem.
Berücksichtigung der im Rahmen des Bodenschutzgesetzes erforderlichen Inanspruchnahme der
Datenbank durch die dort erwähnten staatliche und sonstige Stellen (Rechtevergaben, Felddefinitionen, Ergänzungen der Schlüssellisten usw.).
Vervollständigen der Informationsbereitstellung durch Entwicklung einer Datenbank für linienund flächenhafte Informationen (Flächengrenzen, -attribute usw.)
Entwicklung einfach zu bedienender Dateneingabe-, Abfrage- und DatenweiterverarbeitungsProgramme für alle Berechtigten.
Datenbereitstellung für die Öffentlichkeit.
Probleme besonderer Art sind mit der Datenbereitstellung für unterschiedliche Nutzerkreise bis hin zur
Öffentlichkeit sowie mit der Bereitstellung von Programmen zur Weiterverarbeitung von Daten verbunden. Sie liegen in der Tatsache begründet, dass die im Bodeninformationssystem enthaltenen
punktbezogenen Daten in aller Regel mit einer lokalen Zielsetzung und nicht oder nur zum Teil räumlich nach statistischen Gesichtspunkten erhoben wurden. Somit besteht bei Auswertungen, die meist
einen räumlichen Bezug haben (z.B. Landschaftsräume, Landkreise) die Gefahr, dass trotz korrekter
Primärdaten und richtiger Berechnung falsche Schlüsse aus den Ergebnissen gezogen werden. In noch
stärkerem Maße sind „automatisierte “ Weiterverarbeitungsprogramme (Modelle) mit diesem Problem
behaftet. Um Fehlinterpretationen vorzubeugen, dürfen die Nutzungsrechte von Daten und Modellen
nur nach sehr sorgfältiger geowissenschaftlicher Prüfung vergeben werden.
Profildaten
Labordaten
Flächendaten
Bild-/Archivdaten
Modellmanagement
Ergebnisse
Fachthesaurus
Abbildung 6:
- Punktdaten
- Flächendaten
- Visualisierung Punkt in Fläche
- Laborergebnisse
- Abbildungen, Photos
- Eigendaten
- Fremddaten
- Desktop-Datenbank
- Textverarbeitung
- Tabellenkalkulation
- Statistik
- wissenschaftliche Modelle
- Ergebnis-Präsentation
Bereitstellung von Daten und Methoden im Bayer. Bodeninformationssystem
Um sowohl den wissenschaftlichen als auch den im Gesetzesvollzug stehenden Nutzern Auswertungen zu erleichtern, sollen schließlich möglichst alle Abfrageergebnisse auf dem Bildschirm des Arbeitsplatzes gemeinsam und miteinander verknüpft oder sogar schon (z. B. statistisch) vorverarbeitet
zur Verfügung stehen (vgl. Abb. 6). D. h. dort sollen gleichzeitig neben punkt-, linien- und flächenhaften Informationen auch zugehörige Analysenergebnisse und Abbildungen (Scans, Photos) darstellbar sein. Darüber hinaus ist geplant, zur Weiterverarbeitung und Präsentation der Daten neben einfachen Standardapplikationen (Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Desktop-Datenbank) für berechtigte Nutzer komplexere Auswertewerkzeuge bis hin zu wissenschaftlichen Modellen bereitzustellen.
6
Zeitplan
Die Realisierung des Bodeninformationssystems ist in zwei Stufen geplant. Zunächst soll bis voraussichtlich zum Ende des Jahres 2002 das vorhandene Datenbanksystem sowie die enthaltenen Daten in
ein relationales System überführt werden, wobei Dateneingabe und –abfrage nach gegenwärtiger Planung im Standard-Internet-Browser erfolgen, der an jedem Rechner zur Verfügung stehen dürfte. Ab
diesem Zeitpunkt stehen die Informationen der Datenbank (Profil-, Labor- und Flächendaten) dann
voraussichtlich den im Vollzug des Bayer. Bodenschutzgesetzes stehenden Behörden zur Verfügung.
Bis Ende des Jahres 2004 sollen dann die Weiterverarbeitungs-Werkzeuge geschaffen bzw. verbessert
und geeignete Daten auch öffentlichen Nutzern zur Verfügung gestellt werden.
Bodenschutz durch Landschaftsplanung - das Landschaftsentwicklungskonzept
Region Landshut
Leicht, Hans
Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, Postfach 81 01 29, 81901 München
e-mail: [email protected]
Abstract:
The function of landscape planning is the sustained protection of all natural resources. Landscape
planning at all planning levels makes it possible to develop comprehensive soil protection plans while
adapting them to the relevant regional landscape scheme. This ist shown by the landscape development concept in the Landshut region.
Zusammenfassung:
Aufgabe der Landschaftsplanung ist die nachhaltige Sicherung aller natürlichen Lebensgrundlagen.
Die Landschaftsplanung auf den verschiedenen Planungsebenen stellt damit ein gutes Instrument dar,
um Bodenschutzbelange flächendeckend planerisch zu behandeln und in die jeweilige räumliche Gesamtplanung einzubringen. Dies wird anhand des Landschaftsentwicklungskonzeptes Region Landshut
gezeigt.
Keywords: landscape planning, soil protection
Schlagworte: Landschaftsplanung, Bodenschutz
1
Landschaftsplanung und Bodenschutz
Die Landschaftsplanung ist ein eingeführtes und anerkanntes Planungsinstrument des Naturschutzes
und der Landschaftspflege. Auf gesetzlicher Grundlage besteht die Landschaftsplanung in Bayern seit
Einführung des Bayerischen Naturschutzgesetzes im Jahre 1973.
Aufgabe der Landschaftsplanung ist es, die natürlichen Lebensgrundlagen - wir sprechen auch von den
landschaftlichen Schutzgütern - dauerhaft zu sichern. Landschaftsplanung betreibt raumbezogene
Umweltvorsorge. Zu den natürlichen Lebensgrundlagen gehört neben Wasser, Klima und Luft, den
heimischen Arten und Lebensräumen sowie dem gewachsenen Landschaftsbild insbesondere auch der
Boden. Der Schutz des Bodens gehört deshalb seit jeher zu den wichtigen Tätigkeitsfeldern der Landschaftsplanung. Die Landschaftsplanung, die sich ganzheitlich und mit der gesamten Fläche beschäftigt, stellt damit auch ein ideales Instrument dar, um Bodenschutzbelange planerisch zu behandeln und
in die räumliche Gesamtplanung einzubringen.
Nach Art. 3 Bayerisches Naturschutzgesetz ist die Landschaftsplanung auf allen Ebenen der räumlichen Planung angesiedelt. Sie umfasst die in Abbildung 1 dargestellten Kategorien. Ihre Rechtsverbindlichkeit erhält die Landschaftsplanung durch die Integration in die jeweilige räumliche Gesamtplanung.
Abbildung 1: Ebenen der Landschaftsplanung in Bayern
Im Landschaftsprogramm als Teil des Landesentwicklungsprogramms Bayern wurden bei der Fortschreibung 1994 die Belange des Bodenschutzes verstärkt aufgeführt. So heißt es z.B. im Kapitel
B I 1: „Der Boden soll als Grundlage der Landnutzung, sowie der heimischen Pflanzen- und Tierwelt
in natürlicher Vielfalt, Aufbau, Struktur, Nährstoffgehalt und Bodenwasserhaushalt möglichst erhalten
werden. Verluste an Substanz und Funktionsfähigkeit des Bodens, insbesondere durch Versiegelung,
Erosion, Auswaschung und Schadstoffanreicherung sollen bei allen Maßnahmen und Nutzungen minimiert werden. Soweit möglich und vertretbar, soll Boden entsiegelt und regeneriert werden.“
Für die nachfolgenden Planungsebenen sind diese Zielvorgaben inhaltlich und räumlich zu konkretisieren.
In der Regionalplanung wird die „Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“ im regionalen Landschaftsrahmenplan behandelt. Hierzu erarbeitet das Landesamt für Umweltschutz in Zusammenarbeit
mit den Regierungen (Höhere Naturschutzbehörden) regionale Landschaftsentwicklungskonzepte. Für
die Regionen Ingolstadt und Landshut liegen diese Konzepte vor, mit den Arbeiten für 2 weitere Regionen wird noch in diesem Jahr begonnen.
Bei der Bauleitplanung werden Belange des Bodenschutzes im Rahmen der Landschafts- und Grünordnungsplanung abgehandelt. Dort können z.B. Aussagen getroffen werden zu
− Erhaltung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit
− Behebung von Bodennutzungskonflikten
− sparsamem Flächenverbrauch bei Baulandausweisungen, Verkehrstrassen und bei der Gewinnung
von Bodenschätzen
− Begrenzung der Flächenversiegelung und
− Bewahrung der natürlichen Standort- und Bodentypenvielfalt.
Das Landesamt für Umweltschutz hat zu diesem Thema das Merkblatt „Bodenschutz durch den Landschaftsplan“ herausgegeben.
2
Das Landschaftsentwicklungskonzept Region Landshut
Am 12. Mai 1999 hat Staatsminister Dr. Werner Schnappauf das Landschaftsentwicklungskonzept
(LEK) Region Landshut dem dortigen regionalen Planungsverband übergeben. Dieses Landschaftsentwicklungskonzept wurde im Auftrag der Regierung von Niederbayern unter fachlicher Betreuung
durch das Landesamt für Umweltschutz erarbeitet. Es ist ein von der Naturschutzverwaltung aufgestelltes neuartiges landschaftsplanerisches Fachkonzept. Es enthält die überörtlichen Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege und stellt einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Region
dar. Als Fachkonzept ist es gutachtlich.
Generell werden mit einem regionalen LEK zwei Zielrichtungen verfolgt:
− Als Fachbeitrag des Naturschutzes dient es der Fortschreibung der Regionalplanung. Im Rahmen
der Abwägung können die politisch verantwortlichen Gremien Teile davon in den Regionalplan
übernehmen und so verbindlich machen.
− Als ganzheitlich ausgerichtete Planungs- und Entscheidungsgrundlage in Fragen der Ökologie stellt
es ein Angebot der Naturschutzverwaltung an alle Beteiligten dar. So bietet es z.B. den Gemeinden
Hilfen bei der Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen.
Bei der Veröffentlichung des umfangreichen Planwerkes wurden neue Wege beschritten. Das LEK
Region Landshut ist erstmalig auch in einer CD-Version herausgegeben. Dadurch wird die Handhabung und Nutzung erheblich erleichtert.
3
Aussagen des Landschaftsentwicklungskonzeptes Region Landshut zum Bodenschutz
Bei der Erarbeitung des LEK Region Landshut wurden alle landschaftlichen Schutzgüter gleichrangig
behandelt (ganzheitlicher Ansatz). Um in diesem Zusammenhang die Belange des Bodenschutzes hervorzuheben, sind in Abbildung 2 den einzelnen Arbeitsschritten jeweils bodenbezogene Planungsinhalte zugeordnet.
Planungsabschnitt Bewertung:
Wichtige Funktionen aller landschaftlichen Schutzgüter (Boden, Wasser, Luft und Klima, Arten und
Lebensräume sowie Landschaftsbild) werden flächendeckend in Schutzgutkarten erfasst, bewertet und
dargestellt. Beim Boden wird die Region z.B. hinsichtlich der Lebensraumfunktion, der Erosionsanfälligkeit und des Stoffrückhaltevermögens bewertet. Die Ergebnisse werden in drei bzw. fünf Stufen
(von gering bis hoch) in Karten festgehalten (Schutzgutkarte Boden). Auf diese Weise wird unter anderem dargestellt, wo Böden sind, die grundsätzlich ein geringes Rückhaltevermögen gegenüber sorbierbaren Schadstoffen besitzen. Dort ist generell die Gefahr größer, daß Schadstoffe in das Grundwasser gelangen.
Abbildung 2: Arbeitsablauf und bodenbezogene Inhalte des LEK Region Landshut
Gleichzeitig werden die Nutzungen und deren relevante Wirkungen auf Natur und Landschaft erfasst
und in Nutzungskarten dargestellt. So werden z.B. der Flächenverbrauch und die Versiegelung durch
Gewerbe, Siedlung und Verkehrseinrichtungen oder der mögliche Bodenabtrag bei entsprechender
landwirtschaftlicher Nutzung behandelt.
In der Zusammenschau „Funktionen der landschaftlichen Schutzgüter“ und „Wirkungen wichtiger
Nutzungen“ werden für die einzelnen Schutzgüter raumbedeutsame Gefährdungspotentiale (Schutzgut-Konflikte) ermittelt und in Konfliktkarten festgehalten, z.B. Bereiche mit potentiell hoher Erosionsgefährdung.
Planungsabschnitt Ziele:
Auf der Basis der vorausgegangenen Arbeitsschritte wird für jedes Schutzgut, so auch für das Schutzgut Boden, ein Zielkonzept in Text und Karte erstellt (schutzgutbezogenes Zielkonzept). In der Zielkarte für das Schutzgut Boden werden u.a. die in der Tabelle 1 aufgeführten Gebiete dargestellt. Für
jeden Gebietstyp sind entsprechende Ziele und Hinweise formuliert. So sollten in den „Gebieten mit
hervorragender Bedeutung des Bodens als Standort für seltene Lebensgemeinschaften“ die Böden
grundsätzlich vor störenden Eingriffen bewahrt werden. Die „Gebiete mit besonderer Bedeutung für
den Erhalt leistungsfähiger Böden“ sollen als landwirtschaftliche Produktionsstandorte möglichst gesichert bleiben. In „Gebieten mit besonderer Bedeutung für den Schutz des Bodens vor Erosion“ werden Maßnahmen des Erosionsschutzes angeregt.
Planungsabschnitt Maßnahmen:
Aus den Zielkonzepten folgen überörtliche Maßnahmen und Hinweise. Diese sind künftig für eine
nachhaltige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen wichtig. Dabei werden unter anderem Hinweise für die Umsetzung von Bodenschutzbelangen bei nachfolgenden Planungen und Maßnahmen
gegeben. Diese beziehen sich unter anderem auf die Regionalplanung, die gemeindliche Flächennutzung- und Bebauungsplanung, auf Fachplanungen des Straßenbaues, der Wasserwirtschaft, der Landund Forstwirtschaft sowie auf spezielle Landschaftspflegemaßnahmen. So wird z.B. für die Regionalplanung die Ausweisung von landschaftlichen Vorbehaltsgebieten mit der Zweckbestimmung „Erhaltung wichtiger Boden- und Wasserhaushaltsfunktionen“ vorgeschlagen. Für die gemeindliche Bauleitplanung werden Hinweise gegeben, wo künftige Baumaßnahmen aus der Sicht des Bodenschutzes
eher kritisch zu sehen sind. Die Landwirtschaftsverwaltung erhält beispielsweise Hinweise auf notwendige Erosionsschutzmaßnahmen.
Tabelle 1: Inhalte des Zielkonzeptes Boden im LEK Region Landshut (Auswahl)
Gebietstyp (Darstellung in Zielkarte)
Beispiele
Gebiet mit Böden von hervorragender Bedeu- intakte Aue- und Moorbötung als Standort für seltene Lebensgemein- den
schaften
Ziele und Maßnahmen
nachhaltige Sicherung,
Bewahrung vor störenden
Eingriffen
Gebiet von besonderer Bedeutung für die
Sicherung empfindlicher Böden (geringes
Stoffrückhaltevermögen)
empfindliche Sandböden
bodenschonende, besonund grundwasserbeeinflußte ders standortangepaßte
Böden
Nutzung
Gebiet mit besonderer Bedeutung für den
Erhalt leistungsfähiger Böden
ertragreiche Löß- und
Lehmböden
Sicherung der Standorte
für die landwirtschaftliche
Produktion
Gebiet mit besonderer Bedeutung für den
Schutz des Bodens vor Erosion
erosionsanfällige Böden in
Hanglagen
Maßnahmen des Erosionsschutzes
4
Literatur
BAYERISCHE STAATSREGIERUNG (Hrsg.) (1994): Landesentwicklungsprogramm Bayern.
BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ (1999): Landschaftsentwicklungskonzept
Region Landshut. - CD-Verison.
BAYERSICHES LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ (1997): Landschaftsentwicklungskonzept
Region Ingolstadt. - LfU-Schriftenreihe Heft 140.
LEICHT, H., H. LIPPERT (1996): 25 Jahre Erfahrungen mit der Landschaftsplanung in Bayern. Natur und Landschaft, 71. Jg., S. 430-434.
Bodenschutzvollzug in Baden-Württemberg
Turian, G.
Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg, Kernerplatz 9, 70182 Stuttgart
e-mail:[email protected]
Abstract: The enforcement of the soil protection law from 1991 with respect to precaution and protection from hazards is the responsibility of the Soil Protection Authorities. These are the Ministry for the
Environment and Transport and the Ministry for the Rural Areas as supreme, the 4 Regierungspräsidien as intermediary and the lower administrative authorities as lower Soil Protection Authorities.
Since 1995 the latter are technical authorities as well.
Zusammenfassung: Der Vollzug des Bodenschutzgesetzes in Vorsorge und Gefahrenabwehr obliegt
in Baden-Württemberg seit dem Landesbodenschutzgesetz von 1991 dem Ministerium für Umwelt
und Verkehr und dem Ministerium Ländlicher Raum als oberste, den 4 Regierungspräsidien als höhere
und 44 Landratsämtern sowie Bürgermeisterämtern der Stadtkreise als untere Bodenschutzbehörden.
Letztere sind seit 1995 neben den Ämtern für Landwirtschaft auch technische Fachbehörden.
Keywords: soil protection, soil protection law, enforcement, administration, authority, BadenWürttemberg
Schlagworte: Bodenschutz, Bodenschutzgesetz, Vollzug, Bodenschutzverwaltung, Bodenschutzbehörde, Baden-Württemberg
1
Einleitung
Baden-Württemberg hat schon 1985 mit dem Bodenschutzkonzept und 1986 mit dem Bodenschutzprogramm (MINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT, UMWELT UND FORSTEN, 1986) die Notwendigkeit des Bodenschutzes unterstrichen. Das Programm befasst sich in der
Analyse und mit vorgeschlagenen Gegenmaßnahmen mit den Problemen der Flächeninanspruchnahme
(einschließlich Versiegelung und Schutz des Mutterbodens), Veränderungen der Landschaft, stofflichen Einwirkungen auf die Böden (Luftschadstoffe, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Abfälle, Altlasten, Streusalz), mechanischen Einwirkungen usw.
Konsequent und zusätzlich bestärkt durch Bearbeitungsprobleme, die bei Dioxinschadensfällen offenkundige polizeirechtliche Regelungslücken für wirkungsvolle und nachhaltige Abhilfemaßnahmen
aufzeigten, wurde 1991 das Bodenschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg (GESETZ ZUM
SCHUTZ DES BODENS - BodSchG 1991) in Kraft gesetzt. Mit dem Gesetz wurde für die Bundesrepublik Deutschland erstmalig ein Instrumentarium einschließlich einer Verwaltung für Vorsorge und
Gefahrenabwehr im Bodenschutz bereitgestellt.
2
Aufbau der Bodenschutzverwaltung in Baden-Württemberg
Mit dem Landesbodenschutzgesetz wurde eine dem dreistufigen Aufbau der Landesverwaltung entsprechende Bodenschutzfachverwaltung geschaffen (Abbildung 1).
Die Zuständigkeit als oberste Bodenschutzbehörde wurde auf zwei Ministerien aufgeteilt. Für den
Bodenschutz in der land- und forstwirtschaftlichen Bodenbewirtschaftung (produktionsbezogener
Bodenschutz), also beispielsweise für Fragen der Bodenbearbeitung, Fruchtfolgegestaltung und des
Erosionsschutzes in der Landwirtschaft oder der Erhaltung und Pflege des Bodens in der Waldbewirtschaftung sowie für den Erlass der in diesem Bereich erforderlichen untergesetzlichen Regelungen
wurde das Ministerium für Ländlichen Raum, Landwirtschaft und Forsten als oberste Bodenschutzbehörde zuständig. Für alle übrigen Angelegenheiten, einschließlich Grundsatzfragen des Bodenschutzes
ist seitdem das Ministerium für Umwelt, seit 1996 Ministerium für Umwelt und Verkehr, oberste Bodenschutzbehörde.
Die Zuständigkeit als höhere Bodenschutzbehörden wurde den Regierungspräsidien der 4 Regierungsbezirke des Landes zugewiesen.
Untere Bodenschutzbehörden sind die unteren Verwaltungsbehörden, d.h. die 44 Landratsämter und
Bürgermeisterämter in den Land- bzw. Stadtkreisen des Landes.
Den Bodenschutzbehörden wurden technische Fachbehörden an die Seite gestellt. Diese Aufgabe
obliegt für den produktionsbezogenen Bodenschutz den Landwirtschaftsämtern, inzwischen Ämter für
Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur, und den Forstämtern. Für alle anderen Fragen des
Bodenschutzes erhielten die früheren Wasserwirtschaftsämter unter dem neuen Namen Ämter für
Wasserwirtschaft und Bodenschutz (WBÄ) diese Aufgabe als technische Fachbehörde. 1995 wurden
die WBÄ und mit ihnen ihre fachtechnischen Aufgaben im Bodenschutzvollzug in die unteren Verwaltungsbehörden eingegliedert (SONDERBEHÖRDEN-EINGLIEDERUNGSGESETZ 1994, UMWELTMINISTERIUM 19958). Die Zuständigkeit der anderen technischen Fachbehörden blieb erhalten.
oberste Bodenschutzbehörden
Ministerium für
Umwelt und Verkehr
Grundsatz und
Immissionsbezogener
Ministerium
Ländlicher Raum
produktionsbezogener
Bodenschutz
Forstdirektionen
höhere Bodenschutzbehörden
Regierungspräsidien
untere Bodenschutzbehörden
(mit fachtechnischen Aufgaben)
Landratsämter und Bürgermeisterämter der Stadtkreise
technische Fachbehörden
Forstämter
produktionsbezogener Bodenschutz
Ämter für Landwirtschaft, Landschaftsund Bodenkultur
produktionsbezogener Bodenschutz
Abbildung. 1: Aufbau der Bodenschutzverwaltung Baden-Württemberg
3
Aufgaben der Bodenschutzbehörden und der technischen Fachbehörden
Die Aufgaben der Bodenschutzbehörden ergeben sich aus dem Bodenschutzgesetz BadenWürttemberg von 1991 und dem Bundes-Bodenschutzgesetz. Die wesentlichen Aufgaben der Bodenschutzbehörden sind in Tabelle 1 aufgeführt. Sie werden auch nach einem noch zu verabschiedenden
Ausführungsgesetz zum Bundes-Bodenschutzgesetz voraussichtlich unverändert bleiben.
Die untere Bodenschutzbehörde ist sachlich zuständig, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Aufgaben der unteren Bodenschutzbehörde werden allerdings dann von der höheren Bodenschutzbehörde
wahrgenommen, wenn die Gebietskörperschaft (Landkreis oder Stadtkreis), für deren Bezirk die untere Verwaltungsbehörde zuständig ist, selbst beteiligt ist.
Die höhere Bodenschutzbehörde wird aber neben ihrer Zuständigkeit als Widerspruchsbehörde für
Anordnungen auch selbst beispielsweise in Planungen wie der Regionalplanung und Gestattungsverfahren wie Planfeststellungsverfahren im Straßenbau tätig, wenn die für das Verfahren zuständige
Behörde gleichgeordnet ist, also auch der Ebene der Regierungspräsidien angehört. Im Übrigen besteht eine der Hauptaufgaben der höheren Bodenschutzbehörden darin, einen einheitlichen Verwaltungsvollzug sicherzustellen.
Tab. 1: Aufgaben der Bodenschutzbehörden und der technischen Fachbehörden
3.1 Vertretung der Belange des Bodenschutzes in Planungen, Maßnahmen und sonstigen
Vorhaben anderer Behörden, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen
Rechts, beispielsweise in der Bauleitplanung nach BauGB,
3.2 Beteiligung anderer Träger öffentlicher Belange bei eigenen Planungen und Maßnahmen,
beispielsweise bei der Anordnung von auf Bodenschutzrecht basierenden Nutzungsbeschränkungen,
3.3 Vertretung der Belange des Bodenschutzes in Gestattungsverfahren wie beispielsweise
des Immissionsschutzrechts oder des Naturschutzrechts für Massentierhaltungen oder
Aufschüttungen,
3.4 Amtsermittlung sowie Anordnung und Begleitung von Maßnahmen zum Schutz und zur
Sanierung einschließlich Sicherung von Böden,
3.5 Überwachung der Einhaltung
- gesetzlicher Bestimmungen einschließlich ordnungsgemäßer Wald- und standortgerechter Landbewirtschaftung,
- von Einzelanordnungen zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen, sowie zur
Gefahrenabwehr und Störungsbeseitigung bei schädlichen Bodenveränderungen,
3.6 vorbereiten und veranlassen immissionsschutzrechtlicher Anordnungen zum vorbeugenden Schutz des Bodens und zur Vermeidung von zu erwartenden schädlichen Bodenveränderungen,
3.7 Festsetzung von Bodenbelastungsgebieten, einschließlich fachlicher Beurteilung und
Vorgaben, Überwachung der Sanierung/Sicherung sowie der Einhaltung von Nutzungsbeschränkungen,
3.8 Entnahme von Bodenproben nach Strahlenschutz-Vorsorgegesetz (StrVG) zur Ermittlung
der Radioaktivität im Boden
4
Instrumente der Bodenschutzbehörden
Das Gesetz selbst bietet eine Reihe von Instrumenten, um den Auftrag zu erfüllen. Geregelt werden
das Betretungsrecht, die Ermächtigung für Anordnungen und für die Festsetzung von Bodenbelastungsgebieten mittels Rechtsverordnung, die Auswahl und Heranziehung von Störern, die Kostentragung, die Melde- und Auskunftspflicht, bis hin zu den Bußgeldvorschriften für Verstöße.
Darüber hinaus hat Baden-Württemberg den Bodenschutzbehörden in einigen Verwaltungsvorschriften (Tabelle 2) insbesondere die Vorgehensweise bei der Sachverhaltsermittlung und Bewertung von
Bodenkontaminationen mit anorganischen und organischen Schadstoffen konkretisiert sowie die Beteiligung der Bodenschutzbehörden in bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Verfahren
geregelt.
Tabelle 2: Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Bodenschutzgeseztes Baden-Württemberg
-
Bodenschutzkommission nach § 21 BodSchG (UMWELTMINISTERIUM 19911)
VwV Bodenproben (UMWELTMINISTERIUM 19933)
VwV Anorganische Schadstoffe (UMWELTMINISTERIUM 19932)
VwV Organische Schadstoffe (UMWELTMINISTERIUM 19959)
Beteiligung der Bodenschutzbehörden und Wasserbehörden an bauleitplanerischen Verfahren
(WIRTSCHAFTSMINISTERIUM 19951)
- Beteiligung der Bodenschutzbehörden an bauordnungsrechtlichen Verfahren (WIRTSCHAFTSMINISTERIUM 19952)
Ferner wurde der Bodenschutzverwaltung bisher eine Reihe von Arbeitshilfen und Leitfäden an die
Hand gegeben (Tabelle 3).
Tabelle 3: Arbeitshilfen und Leitlinien für die Bodenschutzverwaltung in Baden-Württemberg
- "Erhaltung fruchtbaren und kulturfähigen Bodens bei Flächeninanspruchnahmen" (UMWELTMINISTERIUM 19912)
- "Technische Verwertung von Bodenaushub" (UMWELTMINISTERIUM 19931)
- "Leitfaden zum Schutz der Böden beim Auftrag von kultivierbarem Bodenaushub" (UMWELTMINISTERIUM 1994)
- "Schwermetalle in Böden aus verschiedenen Ausgangsgesteinen in Baden-Württemberg"
(LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ 1994)
- "Bewertung von Böden nach ihrer Leistungsfähigkeit - Leitfaden für Planungen und Gestattungsverfahren" (UMWELTMINISTERIUM 1995)
- "Schwermetallgehalte in Böden und Pflanzen alter Bergbaustandorte im Schwarzwald" (UMWELTMINISTERIUM 19956,7)
- Schadstoffbelastung der Böden und des Aufwuchses im Bereich von WurftaubenSchießanlagen" (UMWELTMINISTERIUM 19955)
- "Dioxine in Böden Baden-Württembergs" (LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ
1995)
- Bodenzustandsberichte Karlsruhe, Kehl, Pforzheim (Umweltministerium 19952,3,4), Großraum
Mannheim/Heidelberg (MINISTERIUM FÜR UMWELT UND VERKEHR 1998)
5
Arbeitsschwerpunkte der Bodenschutzverwaltung
Schwerpunkte der Tätigkeit der Bodenschutzbehörden bilden, in verschiedenen Land- und Stadtkreisen oft sehr unterschiedlich gewichtet, in erster Linie die Beteiligung in Gestattungsverfahren, wobei
insbesondere Aufschüttungen nach Landesbauordnung (LBO) oder Naturschutzgesetz (NatSchG) Baden-Württemberg von Bedeutung sind. Teil- oder zeitweise stehen auch Verkehrswegebau, große Einzelbaumaßnahmen und andere Verfahren zum Beispiel nach BImSchG oder KrW-/AbfG und Planungen, insbesondere Bauleitplanung im Vordergrund. An zweiter Stelle folgt die Bearbeitung von Schadensfällen. Vor allem Schadensfälle als Folge von Kontaminationen unterschiedlichster Ursache, insbesondere durch ungenehmigte oder unsachgemäße Aufschüttungen, beispielsweise aber auch durch
Bergbaufolgen oder Schrotschießplätze sind zu bearbeiten.
Inwieweit sich als Folge des Bundes-Bodenschutzgesetzes und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sowie der Änderungen im Baugesetzbuch und im Raumordnungsgesetz die Bedeutung
des Bodenschutzes kurz- bis mittelfristig verändert und gegebenenfalls erhöht und sich dadurch Verschiebungen ergeben, bleibt abzuwarten.
Literatur
GESETZ ZUM SCHUTZ DES BODENS (Bundes-Bodenschutzgesetz - BBodSchG) vom 17. März
1998, BGBl. 1998, Teil I, S. 502-510
GESETZ
ZUM SCHUTZ DES BODENS (Bodenschutzgesetz – BodSchG) des Landes Baden-
Württemberg vom 24. Juni 1991, GBl. S. 434, geänd. durch Art. 13 G vom 12. Dezember 1994, GBl.
S. 563
LANDESANSTALT
FÜR UMWELTSCHUTZ BADEN-WÜRTTEMBERG (1994): Schwermetalle
in Böden aus verschiedenen Ausgangsgesteinen in Baden-Württemberg, Handbuch Boden, Band 3
LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ BADEN-WÜRTTEMBERG (1995): Dioxine in Böden Baden-Württembergs, Handbuch Boden, Band 1
MINISTERIUM
FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT, UMWELT UND FORSTEN BA-
DEN-WÜRTTEMBERG (1986): Bodenschutzprogramm '86, Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten (Hrsg.), Stuttgart
MINISTERIUM
FÜR UMWELT UND VERKEHR BADEN-WÜRTTEMBERG (1998): Bodenzu-
standsbericht Großraum Mannheim/Heidelberg (Bezug über Landesanstalt für Umweltschutz BadenWürttemberg)
SONDERBEHÖREN-EINGLIEDERUNGSGESETZ
ber 1994, GBl. 1994, S. 653 ff
BADEN-WÜRTTEMBERG vom 12. Dezem-
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19911): Erste Verwaltungsvorschrift des
Umweltministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über die Einrichtung einer Bodenschutzkommission nach § 21 BodSchG vom 4. Dezember 1991, GABl.. 1992, S. 86
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19912): Erhaltung fruchtbaren und kultur-
fähigen Bodens bei Flächeninanspruchnahmen, Heft 10 der Reihe Luft, Boden, Abfall
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19931): Technische Verwertung von Bo-
denaushub, Heft 24 der Reihe Luft, Boden, Abfall
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19932): Dritte Verwaltungsvorschrift des
Umweltministeriums zum BodSchG über die Ermittlung und Einstufung von Gehalten anorganischer
Schadstoffe im Boden (VwV Anorganische Schadstoffe) vom 24. August 1993, GABl. 1993, S. 1029
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19933): Zweite Verwaltungsvorschrift des
Umweltministeriums zum BodSchG über die Probennahme und -aufbereitung (VwV Bodenproben)
vom 24. August 1993, GABl. 1993, S. 1017
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (1994): Leitfaden zum Schutz der Böden
beim Auftrag von kultivierbarem Bodenaushub, Heft 28 der Reihe Luft, Boden, Abfall
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19951): Bewertung von Böden nach ihrer
Leistungsfähigkeit - Leitfaden für Planungen und Gestattungsverfahren, Heft 31 der Reihe Luft, Boden, Abfall
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19952): Bodenzustandsbericht Karlsruhe
(Bezug über Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg)
UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG (19953): Bodenzustandsbericht Kehl
(Bezug über Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg)
UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG (19954): Bodenzustandsbericht Pforzheim
(Bezug über Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg)
UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG (19955): Schadstoffbelastung der Böden und
des Aufwuchses im Bereich von Wurftauben-Schießanlagen, Heft 38 der Reihe Luft, Boden, Abfall
UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG (19956): Schwermetallgehalte in Böden und
Pflanzen alter Bergbaustandorte im Mittleren Schwarzwald, Heft 33 der Reihe Luft, Boden, Abfall
UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG (19957): Schwermetallgehalte in Böden und
Pflanzen alter Bergbaustandorte im Südschwarzwald, Heft 32 der Reihe Luft, Boden, Abfall
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19958): Verwaltungsvorschrift des Um-
weltministeriums zur Verteilung der fachtechnischen Aufgaben auf dem Gebiet der Wasser- und Abfallwirtschaft, der Altlasten und des Bodenschutzes (VwV-Aufgabenverteilung Umwelt), vom 30. Juni
1995, GABl. 1995, S. 446-449
UMWELTMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19959): Vierte Verwaltungsvorschrift des
Umweltministeriums zum BodSchG über die Ermittlung und Einstufung von Gehalten organischer
Schadstoffe im Boden (VwV Organische Schadstoffe) vom 10. Dezember 1995, GABl. 1996, S. 87
WIRTSCHAFTSMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19951): Gemeinsame Verwaltungs-
vorschrift des Wirtschaftsministeriums, des Umweltministeriums und des Ministeriums Ländlicher
Raum für die Beteiligung der Bodenschutzbehörden und Wasserbehörden an bauleitplanerischen Verfahren vom 20. Januar 1995, Az.: 6-881/6, GABl. 1995, S. 102
WIRTSCHAFTSMINISTERIUM
BADEN-WÜRTTEMBERG (19952): Gemeinsame Verwaltungs-
vorschrift des Wirtschaftsministeriums, des Umweltministeriums und des Ministeriums Ländlicher
Raum für die Beteiligung der Bodenschutzbehörden an bauordnungsrechtlichen Verfahren vom 20.
Januar 1995, Az.: 6-881/32, GABl. 1995, S. 103
Zukunftsfelder im Bodenschutz
Dr. Günther Bachmann
Umweltbundesamt, PF 330022, 14191 Berlin
[email protected]
Abstract: The recently enacted legislation on soil protection and the corresponding ordinance set the
stage for future issues of soil protection in Germany. These issues are both technical and regulative.
They address the refining and additional development of investigation methods as well as ways and
means to implement soil protection in the frame of e.g. waste management, air pollution regulation or
land use planning.
Zusammenfassung: Aufgrund des kürzlich in Kraft getretenen Bundes-Bodenschutzgesetzes und des
untergesetzlichen Regelwerkes ergeben sich eine Reihe von Zukunftsfeldern des Bodenschutzes. Sie
sprechen sowohl technische Fragen wie die Verbesserung und Ergänzung von Untersuchungsmethoden als auch die weitere fachliche Ausgestaltung des Bodenschutzes im Rahmen z.B. der Abfallwirtschaft, der Luftreinhaltung und der räumlichen Planung an.
Keywords: Soil protection, investigation, precaution, methods
Schlagworte: Bodenschutz, Untersuchung, Vorsorge, Methoden
1
Einleitung: Abgrenzung von Fachfragen und politischen Rahmenbedingungen
Welche Zukunftsfelder des Bodenschutzes gibt es? Ist nicht der Bodenschutz selbst ein Zukunftsfeld?
Was ist, wenn die Altlasten saniert oder gesichert sind? Ist mit der Verabschiedung von BundesBodenschutzgesetz und Bodenschutz- und Altlastenverordnung die Phase der Gestaltung eines Politikfeldes abgeschlossen? Liegt die Zeit hinter uns als das „Projekt Bodenschutz“ ein Zukunftsentwurf
war mit hohem Anteil an der Gestaltung neuer Regelungen und neuer fachlicher Verfahrensweisen?
Besteht die Zukunft nunmehr aus der Phase der Umsetzung, des Vollzuges, der Anwendung?
Im Folgenden werden einige Grundzüge für Zukunftsfelder des Bodenschutzes angesprochen. Dabei
wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es soll nicht der Eindruck entstehen, daß zukünftige Entwicklungen nur so und nicht anders sein können. Vielmehr werden aus der fachlichen Sicht
des Umweltbundesamtes einige wesentliche Aspekte angesprochen, die in Zukunft für die Facharbeit
des Bodenschutzes von Bedeutung sind. Politische Rahmenbedingungen wie etwa das Verhältnis von
staatlicher Intervention und marktwirtschaftlichen Steuerungseffekten spielen sicherlich eine große
Rolle. Allerdings werden diese sowie auch die Frage nach der Schaffung neuer Rechtsinstrumente und
das Aufgreifen von Bodenschutz-Anforderungen zum Beispiel im Rahmen der Steuerpolitik oder der
Agrar- oder Wirtschaftsförderung durch das Referat nicht berührt.
2
Bundes-Bodenschutzgesetz und untergesetzliches Regelwerk
Das Bundes-Bodenschutzgesetz ist ein wichtiger Meilenstein, der Pflichten zur Vorsorge und zur Gefahrenabwehr etabliert. Es füllt das bisherige umweltpolitische Defizit Bodenschutz ein gutes Stück
weit aus. Mit der Bodenschutz- und Altlastenverordnung ist eine im einzelnen anspruchsvolle und
weiterführende Grundlage für den Vollzug des Gesetzes gegeben. Aber insgesamt bleibt noch mehr zu
tun als bisher getan ist. So fordert die Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung eine Stärkung der
Vorsorge im Bodenschutz. Erforderlich ist es für die Vorsorge im Bodenschutz so etwas wie „Ökologische Grundregeln des Vorsorgenden Bodenschutzes“ aufzustellen. Vorhandene Konzepte etwa der
Bundestags - Enquête - Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ bieten erste Ansätze, es
fehlt ihnen aber die bodenspezifische Ausgestaltung. Die Aufstellung von bodenspezifischen Vorsorge
- Grundregeln und deren fachliche Ausfüllung ist eine wichtige Zukunftsaufgabe.
Weitere konzeptionelle Akzente des Bodenschutzes sind insbesondere unter Betrachtung des rechtlichinstrumentellen Umfeldes zu erwarten durch
• die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und das untergesetzliche Regelwerk zum Bodenschutz
• die Landes-Bodenschutzgesetze,
• die Umsetzung der Gute Fachliche Praxis in der Landwirtschaft,
• die Vollzugserfahrungen, die mit dem untergesetzlichen Regelwerk, insb. der Bodenschutz- und
Altlastenverordnung, gemacht werden
• die Entschließungen des Bundesrates zur BBodSchV.
Zum untergesetzlichen Regelwerk des Bundes-Bodenschutzgesetzes gehören aus heutiger Sicht:
• die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 16.6.99 als Kernbereich des untergesetzlichen Regelwerkes,
• die Verordnung über die Eintragung des Bodenschutzlastvermerkes, BGBl. I, S. 502,
• die Bekanntmachung des BMU im Bundesanzeiger: Methoden und Maßstäbe für die Ableitung von
Prüf- und Maßnahmenwerten gemäß § 8 des Gesetzes zum Schutz des Bodens (BBodSchG) vom
17.3.1998 sowie § 4 Abs. 5 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV),
• die hierzu komplementäre Veröffentlichung des Umweltbundesamtes, 1999: Berechnung der Prüfund Maßnahmenwerte der Bodenschutz- und Altlastenverordnung aufgrund der Ableitungsmaßstäbe für Prüf- und Maßnahmenwerte gemäß Bekanntmachung des BMU im Bundesanzeiger, in Vorbereitung,
• die Bekanntmachung des BML im Bundesanzeiger: Grundsätze und Handlungsempfehlungen zur
guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung nach § 17 BundesBodenschutzgesetz (BBodSchG), ausgegeben am 20.4.99, S. 6585 ff.,
• die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern über den Austausch von Daten im Umweltbereich: Anhang „Boden“,
• der „Kreis von Fachleuten“ für Methoden und Verfahren zur Untersuchung nach Anhang 1 der
BBodSchV.
Zukunftsaufgaben ergeben sich durch die soeben verabschiedete Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung selbst, weil sie fachliche Aufgaben anlegt, die zukünftig aufgegriffen werden sollten. Dabei geht es beispielhaft um
• die Entwicklung von Bewertungskonzepten für Schadstoffgehalte, die die Prüfwerte überschreiten,
• die Sammlung und Auswertung der Vollzugserfahrungen bei der Bewertung von schädlichen Bodenveränderungen / Altlasten, auch der Kriterien für Maßnahmen,
• die dynamische Fortentwicklung der Methoden und Verfahren zur Untersuchung nach Anhang 1
(Fortentwicklung von Methoden, Evaluierung von „gleichwertigen“ Verfahren, Entwicklung von
Vor-Ort-Untersuchungsverfahren) sowie auch der Methoden nach Anhang 4 der BBodSchV,
• die Ergänzung der Wertelisten des Anhanges 2 hinsichtlich weiterer Stoffe und Parameter sowie
hinsichtlich ergänzender Betrachtung des Gefährdungspfades Boden-Bodenorganismen,
• die Entwicklung von Maßnahme-Konzepten der Vorsorge,
• die Interpretation der Anforderungen des § 12.
3
Zukunftsaufgaben aus Sicht des Bundesrates
Ein weiterer Eckpunkt für die fachliche Fortentwicklung des Bodenschutzes sind die Entschließungen,
die der Bundesrat im Rahmen der Befassung mit der Bundes-Bodenschutz-und Altlastenverordnung
getroffen hat (BR-Drs. 244/3/99 und 244/99 Teil C). Sie befassen sich mit folgenden Themen, für die
Vorlagen resp. Überprüfungen und Novellierungen der BBodSchV von der Bundesregierung erwartet
werden:
• Vorlage einer Rechtsverordnung nach § 5 BBodSchG zur Entsiegelung und damit Erstellung eines
Handlungsrahmens für die im Einzelfall nach BBodSchG schon bestehende Anordnungsbefugnis;
• Entwicklung und Erprobung geeigneter Untersuchungsverfahren für die nach Anhang 1 Nr. 3.3 zu
leistenden Abschätzungen und Prognosen der Stoffkonzentrationen im Sickerwasser;
• Erweiterung der Liste der Prüf- und Maßnahmenwerte für den Wirkungspfad Boden-Mensch um
Stoffe (BTEX-Aromaten, LHKW, PAK, Kobalt und Chrom VI);
• Abgleich der Grenz-, Vorsorge-, Boden-, Prüf- und Maßnahmenwerte anderer, den Boden schützender Vorschriften mit dem Ziel eines bundeseinheitlichen Vollzuges;
• Überprüfen und erforderlichenfalls Änderung der Vorsorgewerte sowie der Werte für die zulässigen Zusatzbelastungen aufgrund von Vollzugserfahrungen und des fortgeschrittenen wissenschaftlichen Kenntnisstandes bis 1.1.2005;
• Prüfung, inwieweit die Aufnahme von Regelungen zur Abwehr schädlicher Bodenveränderungen
durch nutzungsbedingte Verdichtungen von Böden möglich ist;
• Prüfung, inwieweit die Ergänzung der Vorsorgeanforderungen und die Aufnahme von Prüfwerten
für den Wirkungspfad Boden-Bodenorganismen im Zusammenhang mit der Novellierung der Bodenschutz- und Altlastenverordnung möglich ist.
4
Weitere Zukunftsfelder
Weitere Eckpunkte für Zukunftsfelder und zukünftige Fachaufgaben orientieren sich an folgenden
Thesen:
1. Um den Bodenschutz auch mit dem Instrumentarium der räumlichen Planung, insbesondere der
Bauleit- und Landschaftsplanung zu verbessern, ist es zukünftig erforderlich, die Schutzbedürftigkeit von Böden in geeigneter Weise zu differenzieren und hieraus Planungsnormen abzuleiten und
z.B. in die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung einzubringen. Dazu müssen die Bodenfunktionen als Schutzzweck Anerkennung finden. Z.B. wäre es auch denkbar, eine „Rote Liste der gefährdeten und seltenen Böden“ aufzustellen und die Archiv- und Produktionsfunktion von Böden stärker als Schutzgut zu verdeutlichen. Noch sind die Böden nicht nach ihrer bodenbiologischen Güte
klassifizierbar. Die Aufstellung von bodenbiologischen Güteklassen ist eine Zukunftsaufgabe. Die
Klassifizierung kann materielle Grundlage für eine deutliche Ausweitung des Schutzgutgedankens
„Boden“ bieten.
2. Es gibt eine Reihe von Bauprodukten und sonstigen Produkten, an die bereits heute Anforderungen
auch im Hinblick auf den Boden gestellt werden. Zu nennen sind vor allem Produkte der Humusund Erdenwirtschaft, Bodenhilfsstoffe, Bodenverbesserungsmittel, Kultursubstrate, Recyclingbaustoffe. Anforderungen legen z.B. das Deutsche Institut für Bautechnik oder die Normungsgremien
des DIN sowie Gütegemeinschaften fest. Hier ist es in Zukunft erforderlich, die BodenschutzAnforderungen mit dem Schutzniveau der BBodSchV abzugleichen und u.U. auch auf andere Materialien zu beziehen, die bestimmungsgemäß in Böden eingebracht werden und dort verbleiben.
3. Bodenvorsorge muß zur festen Größe bei der Zulassung von industriellen und gewerblichen Anlagen werden; immissionsschutzrechtlich bietet die Novellierung der TA Luft hierzu Anknüpfungspunkte, wenn neue TA Luft-Emissionswerte unter Vorsorgegesichtspunkten festgelegt werden.
Zugleich müssen auch die bestehenden Depositions(Immissions)werte der TA Luft an die Maßstäbe des Bodenschutzes angeglichen, d.h. bei Cadmium und Blei um mehr als die Hälfte gesenkt
werden.
4. Bodenschutz- und Abfallwirtschaftsrecht sind im Hinblick auf ihre materiellen Maßstäbe zu harmonisieren; vor allem sind die materiellen Kriterien der Verwertbarkeit von Abfällen an die Bodenschutz-Vorsorge anzugleichen. Die Zukunft liegt in einer kohärenten bodenbezogenen Regelung „aus einem Guß“ mit verläßlichen und klaren Regelung der Ein- und Aufbringung von Materialien auf und in Böden.
5. Böden sind eine endliche Ressource. Das Ziel ist es, daß sie auch wie eine solche, nämlich schonend und sorgsam genutzt werden. Dies ist jetzt noch nicht der Fall. Noch werden jährlich Millionen Tonnen im Rahmen von Baumaßnahmen ausgehobenen Bodenmaterials dem Naturhaushalt
entzogen und gehen ungenutzt auf die Erdaushubdeponien. Von einem ausbalancierten Ressourcenschutz und von Verwertungsstrategien für nicht verunreinigtes Bodenmaterial sind wir noch
weit entfernt. Hier sind vor allem weiterführende, konzeptionelle Überlegungen des Bodenschutzes
gefragt.
6. Zwar ändern sich Böden unter natürlichen Bedingungen nur in geologische Zeiträumen, durch
anthropogene Einflüsse ist diese Zeit jedoch wesentlich verkürzt. Die Bodendauerbeobachtung soll
Änderungen der Stoffgehalte von Böden und der physiko-chemischen Bodeneigenschaften feststellen, und die Effektivität von verursacher- und belastungsbezogenen Maßnahmen überprüfen.
Bodenschutz sollte in Zukunft auch die bisher noch wenig beachteten Risiken im Hinblick auf das
Verhalten, den Verbleib und die Auswirkungen auf die Bodenfunktionen durch genetisch veränderte
Organismen und durch DNA-Produkte oder -Reste sowie den Eintrag sehr spezifisch wirksamer Stoffe, z.B. aus der Anwendung von Tierarzneimitteln sowie Desinfektionsmitteln, beobachten.
Bodenschutz und Altlastensanierung wird auch eine Aufgabe der Europäischen Umweltpolitik. Während für die Altlastensanierung ein europäischer Erfahrungsaustausch schon längere Zeit in bewährter
Weise durch EU-Projekte organisiert wird, haben die Bodenschützer Europas im Dezember vorigen
Jahres das European Soil Forum gegründet, das sich als Einrichtung versteht, die den Bodenschutz auf
europäischer Ebene durch Beratung und fachliche Abstimmung unterstützt. Hier kommt es vor allem
auf rahmensetzende Leitlinien zur besseren Berücksichtigung des Bodens bei vorhandenen EURegelungen z.B. zum Immissionsschutz oder zur Abfallwirtschaft und Landwirtschaft an.
Ich habe mit meinen Ausführungen eine Reihe von sehr spannenden „Regulationsfragen“ des Bodenschutzes aus Zeitgründen nicht angesprochen. Um nur einige Sachthemen hervorzuheben:
• die regulative Risikobewertung und Ableitung von Grenzwerten
• Sanierungsplan und Sanierungsuntersuchung als spezifische Instrumente der Altlastensanierung,
• der öffentlich-rechtliche Sanierungsvertrag,
• die Kostentragungspflichten,
• die Auswirkung des Bodenschutzes auf den Immissionsschutz und die Anlagengenehmigung
• die Regelung zur Auf- und Einbringung von Bodenmaterial,
Weitere Themen ergeben sich hinsichtlich bestimmter Verfahren (Verfahren im Sinne von Einbeziehung unterschiedlicher Akteure und im Sinne von Abläufen zur Diskussion und Konsensfindung).
Auch hier will ich nur einige nennen:
− die große Bedeutung der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Politikberatung beim Bodenschutz,
− die Bedeutung der wissenschaftlich-technischen Verbände und der Interessen-Verbände,
− die regelmäßige Abstimmung von Bund und Ländern auf Fachebene,
− das informelle Handeln von Betroffenen, seien es z.B. Versicherungen, Banken oder die Lebensmittelindustrie
− die Erstellung von geeigneten Kartenunterlagen für den Bodenschutz und Bodenmonitoring
− die Regelung des Datenaustausches zwischen Bund und Ländern, schließlich auch
− der enge Zusammenhang zwischen Regulation und der Erarbeitung eines Vorlaufes an Normen (im
Sinne z.B. von ISO [International Standardisation Organisation] - Normen) und technischen Regelwerken.
Bodenschutz in Österreich – Gesetzliche Regelungen, Erhebungssysteme und das
Bodeninformationssystem BORIS
Huber S., S. Schwarz
Umweltbundesamt, Spittelauerlände 5, A-1090 Wien
e-mail: [email protected]
Abstract: In this contribution soil protection issues relevant for Austria are dealt with and an overview of the legislation regarding soil protection is given. Existing soil investigation systems of Austria
are briefly described, and the data situation is discussed. The soil information system BORIS is presented. Finally, the international context is shown.
Zusammenfassung: In diesem Beitrag werden für Österreich relevante Bodenschutzaspekte behandelt
und ein Überblick über die gesetzlichen Regelungen, die den Bodenschutz betreffen, gegeben. Des
weiteren werden die in Österreich existierenden Erhebungssysteme für Bodenuntersuchungen kurz
beschrieben und es wird auf die Datenlage eingegangen. In diesem Zusammenhang wird das Bodeninformationssystem BORIS vorgestellt und abschließend der internationale Kontext hergestellt.
Keywords: soil protection, soil investigation, soil data, soil information system, Austria
Schlagworte: Bodenschutz, Bodenerhebung, Bodendaten, Bodeninformationssystem, Österreich
1
Einleitung
In Österreich wurde "Bodenschutz" – als Teilbereich des Umweltschutzes – durch das Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz (BGBl. Nr. 491/1984) zum Staatsziel erklärt, wobei
aus verfassungsrechtlicher Sicht der Boden ein Umwelt(Schutz)gut darstellt.
In kompetenzrechtlicher Hinsicht ist die Staatsaufgabe "Bodenschutz" jedoch eine "Querschnittsmaterie", d. h. daß weder der Bund noch die Länder auf diesem Gebiet eine Gesamtzuständigkeit besitzen.
Folgende Bereiche sind betroffen (AMLINGER, 1998, DUSCHANEK,1989):
• Raumplanung und Raumentwicklung
• Bodenschutzmaßnahmen in Land- und Forstwirtschaft
• Bodenschutz gegenüber weiteren Bodenbelastungen
• Bodenzustandserhebungen und Monitoring-Programme
• Altlastenmanagement
Aufgrund der Uneinheitlichkeit der kompetenzrechtlichen Ansätze ergibt sich eine Vielfalt an bodenschutzrelevanten Regelungstypen, wie Bundesgesetze, Landesgesetze und zugehörige Verordnungen
oder EU-Richtlinien, die jedoch den Boden oft nur indirekt schützen. Im Detail wird auf die gesetzlichen Regelungen im nächsten Kapitel eingegangen.
Diese Vielfalt äußert sich auch darin, daß innerhalb der österreichischen Gesetzgebung keine einheitliche Definition für den Boden besteht. In der Bodenschutzkonzeption (BLUM & WENZEL, 1989)
wird der Boden als "jener Teil der obersten belebten Erdkruste, der nach unten durch festes oder lo-
ckeres Gestein, nach oben durch eine Vegetationsdecke bzw. die Atmosphäre begrenzt wird" definiert.
Die Definition nach der ÖNORM L 1050 "Boden als Pflanzenstandort" (ÖSTERREICHISCHES
NORMUNGSINSTITUT, 1994) bezieht die Entstehungsvorgänge und seine Bestandteile ein und beinhaltet auch die Wechselwirkung mit Lebewesen.
Der Boden in seiner Gesamtheit wird als multifunktionales Subsystem der Landschaft betrachtet. Seine Qualität wird oft durch Begriffe wie Fruchtbarkeit oder Produktivität beschrieben. Wesentlich ist
jedoch, daß all seine ökologischen und sozio-ökonomischen Funktionen, die er erfüllen kann und soll,
gesehen werden. Dies sind im wesentlichen die Puffer-, Filter- und Transformationsreaktionen, die
Produktion von Biomasse, die Erhaltung der genetischen Ressourcen, die Erhaltung des genetische
und kulturellen Erbes, die Funktion als Rohstoffquelle und die Zurverfügungstellung von Siedlungsraum. Diese Funktionen zu erhalten bzw. zu verbessern ist Aufgabe des Bodenschutzes.
Der Zustand des Bodens wurde in Österreich schon intensiv untersucht. Die Hauptprobleme im Waldboden stellen Bodenversauerung und damit Verlust der Pufferkapazität, Nährstoffauswaschung sowie
Eintrag von Schwermetallen und organischen Schadstoffen dar. Bei landwirtschaftlich genutzten Böden sind neben Bodenverlusten durch Flächenverbrauch und Erosion vor allem die Belastung mit
Schwermetallen und organischen Schadstoffen zu nennen. Zur Lösung dieser Probleme sollen die
gesetzlichen Regelungen beitragen.
2
Gesetzliche Regelungen
Bodenschutzrelevante Bestimmungen stammen in Österreich aus verschiedenen Zeiten und dienen
unterschiedlichsten Zwecken, womit sich das Bodenschutzrecht als "Regelungsmosaik" darstellt. Die
rechtlichen Grundlagen zum mittelbaren und unmittelbaren Schutz des Bodens können wie folgt gegliedert werden, wobei je Kategorie nur einige Beispiele angeführt werden:
1. Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung
Forstgesetz 1975 idF BGBl 419/1996
Wasserrechtsgesetz 1959 idF BGBl 185/1993
Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen 1988 idF BGBl 185/1993
Abfallwirtschaftsgesetz 1990 idF BGBl 434/1996
Altlastensanierungsgesetz 1989 idF BGBl 201/1996
Umfassender Umweltschutz BGBl. 491/1984 (§1 Abs. 2: Reinhaltung des Bodens)
Chemikaliengesetz 1987 idF BGBl 750/1992
Düngemittelgesetz 1985 idF BGBl 419/1996
Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 idF BGBl I/60/1997
2. Bundessache in Grundsatzgesetzgebung, Landessache in Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung
Grundsatzgesetze zum Bodenreformrecht
Alp- und Almschutzgesetze
Pflanzenschutzmittelgesetze
3. Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung
Bodenschutzgesetze
Klärschlamm- und Kompostverordnungen
Raumordnungs- und Raumplanungsgesetze
Natur- und Landschaftsschutzgesetze
4.EU-Richtlinien
Klärschlammrichtlinie (86/278/EWG)
Pflanzenschutzmittelrichtlinie (94/79/EG; 89/365/EWG)
Düngemittelrichtlinien (93/69/EWG; 93/1/EWG; 89/530/EWG; 88/583/EWG)
Nitratrichtlinie (91/676/EEC)
Die Schaffung eines einheitlichen und umfassenden Bodenschutzrechtes, wie es seit kurzem für
Deutschland existiert, scheint aufgrund der zahlreichen Kompetenztatbestände nicht kurzfristig realisierbar. Dies macht jedoch eine Überprüfung der bestehenden Rechtsnormen auf ihre Bodenschutzverträglichkeit notwendig. Hierbei gilt es einerseits Lücken im geltenden Bodenschutzrecht zu schließen
und allgemeine Formulierungen wie "sparsame und schonende" Bodennutzung durch konkrete materielle Aussagen, unter Berücksichtigung des Verursacherprinzipes, zu ergänzen. Vor allem – und dies
wäre sofort realisierbar – könnten die bestehenden Regelungen von den Verwaltungsbehörden mit einem
höheren Bewußtsein für den Bodenschutz eingesetzt werden.
3
Erhebungssysteme
Bodenuntersuchungen haben in Österreich eine lange Tradition. Dabei haben verschiedene Institutionen auf Bundes- und Landesebene sowie im wissenschaftlichen Bereich über Jahrzehnte an der Erhebung und Erforschung der Bodeneigenschaften in Österreich gearbeitet. Die Erhebungen kann man
wie folgt gliedern, wobei die Erhebungen bezüglich Altlasten nicht berücksichtigt werden:
• Forstliche Bodenerhebungen
• Landwirtschaftliche Bodenerhebungen
• Bodenzustandsinventuren der Bundesländer
• Bodendauerbeobachtung
• Spezialuntersuchungen
Bei den forstlichen Bodenerhebungen sind die forstliche Standortskartierung und die Waldbodenzustandsinventur zu erwähnen. Erstere, welche von staatlichen und privaten Forstorganisationen durchgeführt wird, untersucht Klima, Boden (Geologie) und Vegetation für die Standortsklassifikation. Mit
Hilfe der Standortskartierung werden Standortskarten erstellt. Bisher sind rund 400.000 ha, das sind
ca. 10 % der Waldfläche, kartiert. Die Waldbodenzustandsinventur, die von der Forstlichen Bundesversuchsanstalt als Teil des Waldschadenbeobachtungssystems durchgeführt wurde, hat an 514 Probeflächen in einem 8,7 x 8,7 km Netz die Standorts- und Bodeneigenschaften untersucht. Dabei wurden
die Bodenproben nach fixen Tiefenstufen beprobt und chemisch analysiert. Zusätzlich wurden auf
diesen Probeflächen auch Zuwachsmessungen, Vegetationsaufnahmen, Blatt- und Nadelanalysen sowie Kronenzustandsansprachen durchgeführt.
Bei den landwirtschaftlichen Bodenerhebungen sind zwei Erhebungssysteme etabliert: die Bodenschätzung und die Bodenkartierung. Die Bodenschätzung wird seit 1947 durchgeführt um die Steuern
für den landwirtschaftlichen Besitz zu bestimmen. Dabei werden die Qualität und die naturliche Produktivität der Böden geschätzt und in Form der Ackerzahl (1 bis 100) ausgedrückt. Daten dieser Bodenbewertung existieren für ca. 2,8 Mio. ha. Mit Hilfe der Bodenkartierung, bei der vor allem geologische, geomorphologische und klimatische Verhältnisse zu berücksichtigen sind, werden Bodenkarten
erstellt. Die Bodeneinheiten sind über den Bodentyp und ähnlich Bodeneigenschaften definiert. Je
Bodeneinheit wird zumindest ein Profil hinsichtlich zahlreicher physikalischer und chemischer Parameter untersucht. Bisher sind 144 Bodenkarten publiziert, die etwa eine Fläche von 2,2 Mio. ha abdecken.
Unter der Verantwortung der Länder wurden die Bodenzustandinventuren auf Basis einer gemeinsamen Richtlinie (BLUM et al., 1989) (mit einer Ausnahme) durchgeführt. Somit sind die Ergebnisse
der Inventuren, denen ein 4 x 4 km Netz zugrundeliegt, gut miteinander, aber auch mit der Bodenkartierung vergleichbar. Zusätzlich zum Basisprogramm wurden an manchen Probeflächen auch organische Schadstoffe bzw. biologische und physikalische Parameter erhoben.
Die Bodenzustandsinventuren geben mit über 5.800 untersuchten Flächen in Österreich Informationen
über die räumlichen Unterschiede des Bodenzustandes. Zur Erfassung der zeitlichen Veränderungen war
ursprünglich eine regelmäßige Wiederholung der Bodenzustandsinventuren geplant. Aus fachlicher und
finanzieller Sicht wurde die Einrichtung von Bodendauerbeobachtungsflächen als die beste Möglichkeit
erachtet, um Veränderungen der Bodeneigenschaften zu erfassen und Risikoabschätzungen zu ermöglichen. Bei einheitlichen Untersuchungsmethoden, wie sie die Empfehlungen (BLUM et al., 1996)
vorsehen, und repräsentativer Flächenauswahl können umweltpolitische Aussagen sowohl für bestimmte Regionen als auch für ganz Österreich getroffen werden. Mittlerweile wurden 21 Dauerbeobachtungsflächen von Bundesorganisationen eingerichtet (UN-ECE/ICP Forest- bzw. UN-ECE/ICP Integrated Monitoring-Programm). Auf Länderebene sind bisher erst 6 Dauerbeobachtungsflächen angelegt worden.
In Österreich gibt es somit eine Fülle von hervorragenden Bodendaten, die aber nicht in unmittelbar
vergleichbarer Form vorliegen. Um eine Möglichkeit für österreichweite Vergleiche und Auswertungen von Bodendaten zu schaffen, ist es notwendig, die Datensätze nachträglich hinsichtlich ihrer
Übereinstimmung zu überprüfen und in ein einheitliches Codesystem zu übersetzen. So wurde in einem langen Diskussionsprozeß der "Datenschlüssel Bodenkunde" (SCHWARZ et al., 1999) entwickelt,
der als Empfehlung für eine einheitlichere Erfassung von Bodendaten in Österreich zu verstehen ist. Jene
Bodendaten, die bisher in das Bodeninformationssystem BORIS des Umweltbundesamtes aufgenommen wurden, sind nach diesem Schlüssel codiert.
4
Bodeninformationssystem BORIS
Primäres Ziel dieses rechnergestütztes Bodeninformationssystem ist der systematische Aufbau von
jederzeit abrufbaren Informationen über Zustand, Belastung und Belastbarkeit von Österreichs Böden.
BORIS soll als fachlich fundiertes Bewertungs- und Prognoseinstrument eine Basis für effektiven
Bodenschutz in Österreich bieten. Die Datenbank beinhaltet Angaben zu Standorten, Bodenprofilen
und Daten chemischer, physikalischer und mikrobiologischer Untersuchungen. Derzeit sind über
600.000 Einträge von über 5500 Standorten abrufbar. Eine Kombination mit Flächendaten (Bodentypen, Landwirtschaftliche Produktionsgebiete usw.) wird in Zukunft möglich sein.
Nähere Ausführungen zu diesem stets erweiterbaren Informationssystem sind dem Beitrag "BORIS –
ein rechnergestütztes Bodeninformationssystem aus Österreich" von S. SCHWARZ et al. in diesem
Tagungsband zu entnehmen.
5
Internationaler Kontext
Wie auch in Österreich wird international die Vergleichbarkeit von Bodendaten als wesentliches Kriterium für die Beurteilung des Bodenzustandes erachtet. Es besteht ein dringender Harmonisierungsbedarf, vor allem was die Monitoring-Programme auf europäischer Ebene betrifft. Die in Österreich getätigten Aktivitäten (z.B. Empfehlungen für Bodendauerbeobachtungsflächen, BLUM et al., 1996)
sollen zur Harmonisierung beitragen.
Aufgrund der Erfahrungen mit den gesetzlichen Regelungen in Österreich ist eine Initiative in Richtung einer gemeinsamen Bodenschutzpolitik in Europa, die alle Bodenfunktionen berücksichtigt, zu
unterstützen. In vielen Bereichen ist Bodenschutz nur auf multilateralem Niveau zielführend.
6
Literatur
AMLINGER, F. (1998): Soil Protection in Austria – Legislation, Strategy, Activities.-Beitrag zum
Workshop "Soil Protection Policies within the European Union", Bonn 9-11 Dec. 1998, 11 S.
BLUM, W.E.H. & W.W. WENZEL (1989): Bodenschutzkonzeption. Bodenzustandsanalyse und Konzepte für den Bodenschutz in Österreich.- Arbeitsgruppe Bodenschutz, Österreichische Bodenkundliche Gesellschaft. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Wien, 153 S.
BLUM, W.E.H., H. SPIEGEL, W.W. WENZEL (1989): Bodenzustandsinventur. Konzeption, Durchführung und Bewertung - Empfehlungen zur Vereinheitlichung der Vorgangsweise in Österreich.- Im
Auftrag des BM für Land- und Forstwirtschaft und des BM für Wissenschaft, Verkehr und Kunst.
Institut für Bodenforschung, Universität für Bodenkultur, Wien.
BLUM, W.E.H., A. BRANDSTETTER, CH. RIEDLER, W.W. WENZEL (1996): Bodendauerbeobachtung Empfehlungen für eine einheitliche Vorgangsweise in Österreich.- Umweltbundesamt, Wien.
DUSCHANEK, A. (1989): Beiträge zum Bodenschutzrecht.- Schriftenreihe der Bundeswirtschaftskammer, Heft 64, Wien.
ÖSTERREICHISCHES NORMUNGSINSTITUT (1994): ÖNORM L1050 "Boden als Pflanzenstandort".Wien, 15 S.
SCHWARZ S., S. HUBER, M. TULIPAN, A. DVORAK, N. ARZL (1999): Datenschlüssel Bodenkunde Empfehlung zur einheitlichen Datenerfassung in Österreich.- Umweltbundesamt Wien, Monographie
(in Druck).
Sanierung der Chemischen Fabrik Marktredwitz
Dr. Kolb, K.
Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, Bürgermeister-Ullrich-Straße 160, 86179 Augsburg
E-mail: [email protected]
Abstract: The chemical factory of Marktredwitz (CFM) was closed after about 200 years of working
up mercury. Environmental pollution of soil and groundwater was identified and measured.
Soil (>2000 mg Hg/kg) and groundwater (200 mg Hg/ l) were cleaned up by technological methods.
Decontaminated soil <50mg Hg/kg was transported to the waste dump Wölsau. The CFM-remediation
costs about 170 Mio DM. Today there are buildings on the whole area.
Zusammenfassung: Die Chemische Fabrik Marktredwitz (CFM) wurde 1985 nach 200jähriger Verarbeitung von Quecksilber geschlossen. Belastet waren Grundwasser, Gebäude und Boden. Die Bodendekontamination erfolgte mittels zweistufiger Reinigungsanlage; Material <50mg Hg/kg wurde auf
der Monodeponie Wölsau abgelagert. Auch das Grundwasser wurde in einer Anlage gereinigt. Die
Sanierung kostete ca. 170 Mio DM. Heute ist das ehem. Betriebsgelände bebaut.
Keywords: CFM, mercurycontamination, decontamination of groundwater and soil, commercial use
Schlagworte: CFM, Quecksilberbelastung, Grundwasser- und Bodenreinigung, gewerbliche Nutzung
1
Einleitung
Die CFM zählte mit ihrer über 200jährigen Geschichte zu den ältesten Chemiefabriken Deutschlands.
Sie lag im Zentrum der Stadt Marktredwitz und wurde direkt am Ufer des Flüsschens Kösseine erbaut.
Aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Fluss war die Ableitung der verunreinigten Abwässer ohne
Schwierigkeiten möglich. Früher war es üblich, Abwässer unbehandelt in Flüsse abzuleiten. Auch die
Verbrennnung von Rückständen und Abfällen unter dem Dampfkessel war gängige Praxis und führte
zu Schadstoffverfrachtungen auf dem Luftpfad.
Vor dem Hintergrund der Stoffe, die in der CFM hergestellt wurden, kommt diesem Sachverhalt besondere Bedeutung zu.
2
Produktionspalette der CFM
Die CFM stellte bis etwa 1938 hauptsächlich anorganische Quecksilberprodukte her. Nach dem 2.
Weltkrieg wurden auch organische Quecksilberverbindungen entwickelt, hergestellt und verkauft. Die
Palette umfasst alle Gruppen von Agrochemikalien, Pflanzenwachstumshemmer und -beschleuniger
sowie Düngemittel.
2.1
Wie wurde der Fall CFM bekannt?
Vom Wasserwirtschaftsamt Bayreuth wurde im Juni 1985 das Austreten von Sickerwasser aus der
Uferböschung des Betriebsgeländes in die Kösseine bemerkt. Das austretende Sickerwasser enthielt
ca. 200 mg Hg/l. Nach Feststellung dieses Untersuchungsergebnisses untersagte das LRA Wunsiedel
im Juli 1985 aufgrund mehrerer Verstöße gegen Umweltauflagen den weiteren Betrieb der CFM.
Folgende Sachverhalte waren zu beanstanden:
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•
•
•
2.2
Verwahrloster Gesamteindruck in allen Betriebsteilen
Metallisches Hg in verschiedenen Räumen auf Böden und an Wänden
Unerlaubte Abfalllagerungen in den Gebäuden
Zweckentfremdung von Produktionseinrichtungen
Abwasserreinigungsanlage in technisch schlechtem Zustand
Zweckentfremdung der Sicherheitsbecken
Marodes, z.T. nicht bekanntes Kanalsystem
Feuergefährlicher Zustand der umfangreichen Holzkonstruktionen
Weitere Behandlung des Falles
Die Zuständigkeit für die weitere Behandlung des Falles lag beim LRA Wunsiedel. Dieses forderte für
diesen komplizierten Sanierungsfall fachliche, personelle und finanzielle Hilfe an. Aufgabe der vom
Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen eingesetzten Lenkungsgruppe war es, die weiteren Maßnahmen gemeinsam zu beurteilen und eine koordinierte, schnelle
Entscheidung - insbesondere bei Sofortmaßnahmen - herbeizuführen. Die Federführung der Lenkungsgruppe lag bei der Regierung von Oberfranken. Sie bestand aus folgenden Mitgliedern:
•
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•
•
3.
Regierung von Oberfranken
Landratsamt Wunsiedel
Bayer. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen (StMLU)
Wasserwirtschaftsamt Bayreuth
Gewerbeaufsichtsamt
Landesamt für Umweltschutz
Landesamt für Wasserwirtschaft
Gesundheitsbehörde
Stadt Marktredwitz
Ingenieurbüros
Fachberater je nach Bedarf
Gefährdungspotential auf dem Gelände der CFM
Um eine detaillierte Abschätzung des Gefährdungspotentials zu erhalten, wurde 1986 im Auftrag des
StMLU eine flächendeckende Probennahme im Anlagen- und im Gebäudebereich der CFM durchgeführt und die Proben wurden auf ihre Schadstoffgehalte analysiert. Dabei wurden neben Arsen, Antimon und Blei insbesondere Quecksilberkontaminationen im Bereich der Gebäude bzw. in der Mauerwerkoberfläche (400 bis 3300 mg Hg/kg), im Erdreich (bis 2000; Spitzenbelastungen über 5000 mg
Hg/kg) und im Grundwasserwasser (200 mg Hg/l) ermittelt.
3.1
Untersuchungen von Bodenproben im Stadtgebiet Marktredwitz
Um auch einen Überblick über die Belastung in der Umgebung der CFM zu bekommen, wurden 1990
umfangreiche Bodenuntersuchungen im Stadtgebiet Marktredwitz vorgenommen. Es wurden dabei
Bodenbelastungen zwischen 1.4 und 180 mg Hg/kg festgestellt.
3.2
Gesamtbewertung des Umfeldes der CFM
Im Jahre 1992 beauftragte das StMLU das Institut für Ökologische Chemie des GSFForschungszentrums für Umwelt und Gesundheit, im Rahmen des Projektes „Standortgerechte Bewertung der Belastung im Umfeld der Chemischen Fabrik Marktredwitz“ alle vorliegenden Untersuchungsbefunde und Erkundungsergebnisse aus der näheren Umgebung der ehem. CFM auszuwerten.
Die Kontaminationsbewertung erfolgte prinzipiell unter Anwendung der Methode der nutzungs- und
standortspezifischen quantitativen Expositionsabschätzung für den Menschen nach einem UMSanalogen Modell. Es wurden nutzungsspezifische Handlungs- und Gefahrenwerte für die Nutzungsart
„Wohnbereich mit Hausgarten“ kalkuliert.
4.
Ablauf der Sanierungsmaßnahmen
Die Sanierungsmaßnahmen wurden in sechs Phasen gegliedert mit dem Ziel, die vorhandenen Belastungen möglichst rasch zu entfernen, damit einerseits das Gefährdungspotential soweit herabgesetzt
werden konnte, dass im Umfeld eine Gefährdung auszuschließen war und andererseits eine städtebauliche Nutzung des ehem. CFM-Geländes möglich sein wird.
4.1
Sofortmaßnahmen von 1985 bis 1987
Im Vordergrund der Sofortmaßnahmen standen Aufräumarbeiten sowie Aufarbeitung und Entsorgung
von Restchemikalien. Manche Stoffe mussten vorbehandelt werden, um die Bedingungen für die Einlagerung in der Untertagedeponie der Kali und Salz AG in Herfa-Neurode (UTD) zu erfüllen.
Gesamtkosten: ca. 4.5 Mio DM
4.2
Weitere Sofortmaßnahmen von 1986 bis 1991
In der zweiten Phase wurden Produktionseinrichtungen und hochkontaminierter Verputz sowie
Schornsteine entfernt, die größtenteils ebenfalls in der UTD entsorgt werden mussten.
Gesamtkosten: ca. 34 Mio DM
4.3
Maßnahmen zum Gewässerschutz von 1987 bis 1996
Damit kein weiteres belastetes Grundwasser aus dem CFM-Gelände insbesondere während der Sanierungsmaßnahmen austreten konnte wurde eine 200 m lange Bohrpfahlwand errichtet. Das vor dieser
Bohrpfahlwand aufgestaute Wasser wurde mittels Brunnengallerie abgepumpt, in eine Abwasserreinigungsanlage eingeleitet und dort soweit abgereinigt, dass es in die vorbeifließende Kösseine eingeleitet werden konnte.
Gesamtkosten: ca 8 Mio DM
4.4 Beprobung der Gebäudesubstanz von 1990 bis 1993
Zunächst wurden aus den Gebäuden Teile entfernt, die nach den Vorschriften der UTD verpackt und
entsorgt werden mussten. Nach Entfernung von Asbest, Holz-, Stahl- und Dachpappenverkleidungen
wurden die Gebäude abgetragen.
Für das Material, das nicht in die UTD verbracht werden musste, waren die beiden Möglichkeiten Bodenreinigung und Monodeponie - vorhanden.
4.4.1 Errichtung der Bodenreinigungsanlage
Zur Abreinigung des kontaminierten Bodens und des belasteten Bauschuttes über 50 mg Hg/kg wurde
eine zweistufige Bodenreinigungsanlage errichtet, die eine Kombination aus Nassklassierung und
thermischer Behandlung darstellte. Als Reinigungsleistung wurde eine maximale Quecksilberbelastung von 50 mg Hg/kg festgelegt; im Mittel wurde das Material auf 20 mg Hg/kg abgereinigt. Es wurden von August 1993 bis Juni 1996 etwa 55000 t kontaminiertes Material abgereinigt. Insgesamt wurden etwa 30 t reines, metallisches Hg zurückgewonnen. Der Reinigungspreis pro t Boden wurde mit
ca. 900,- DM veranschlagt. Die Errichtung der Bodenreinigungsanlage kostete ca. 24 Mio DM.
4.4.2 Errichtung der Monodeponie Wölsau
Die Monodeponie wurde 1992 im Ortsteil Wölsau in unmittelbarer Nähe der Bodenreinigungsanlage
zur Ablagerung von Material errichtet, das einen Belastungsgrad unter 50 mg Hg/kg aufwies. Insgesamt wurden aus der Sanierung der CFM 92000 t auf die Deponie verbracht. Der Einlagerungspreis
betrug ca. 60,- DM pro t Boden. Die Kapazität der Deponie beträgt insgesamt 145000 m³.
4.5
Abbruch übertägiger Bausubstanz
Der Abbruch der übertägigen Bausubstanz begann im März 1992. Im Vordergrund stand die Sortierung von Abbruchmaterial in Chargen, die eine Quecksilberbelastung über 50 mg Hg/kg, und jenen,
die Gehalte unter 50 mg Hg/kg aufwiesen.
Gesamtkosten: ca. 24.5 Mio DM
4.6
Bodenaushub auf dem CFM-Gelände
Die letzte Sanierungsphase hatte die Entfernung des Bauschuttes und des Bodenmaterials vom Gelände der CFM zum Ziel. Grundlage für das von einem Ingenieurbüro erarbeitete Aushubkonzept waren
die Kenntnisse des belasteten Untergrundes aufgrund der vorliegenden Sondierungen, Bohrungen und
Schürfen. Dazu wurde das Gelände in Parzellen aufgeteilt. Unter ständiger Aushubüberwachung erfolgte abschnittsweise ein Abtrag von Bodenplatten, Rohrgrabenfüllungen, künstlichen Auffüllungen,
Auelehm und Kies mittels Raupenhydraulikbagger. Der Aushub wurde zu Mieten aufgesetzt, damit
eine bodenartgetrennte, repräsentative Beprobung erfolgen konnte. Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse wurde das Aushubmaterial entweder in abgeschlossenen Containern zum Bereistellungslager für eine Behandlung in der Bodenreinigungsanlage oder zur Direkteinlagerung auf die Monodeponie transportiert.
Gesamtkosten: ca. 76 Mio DM
5.
Weitere Maßnahmen
5.1
Sanierung im Umfeld des CFM-Geländes
Die Sanierung beschränkte sich nicht nur auf das CFM-Gelände. Es mussten zusätzlich externe Flächen saniert werden ( Gewächshausgrundstück, Parkplatz, Feuergasse und weitere Flächen).
5.2
Sanierung der privaten Hausgärten
Nach Beprobung und Untersuchung der Hausgärten wurde den Eigentümern eine Sanierung des verunreinigten Erdreichs angeboten. Für 34 Wohngrundstücke übernahm der Freistaat wegen der besonderen Situation die Sanierungskosten. Grundlage für die Bewertung des belasteten Erdreichs war das
Ergebnis des GSF-Gutachtens. Der Sanierung lag der Vorsorgewert von 33 mg Hg/kg zugrunde.
5.3
Sanierung von Gewässern
Auch die Quecksilberbelastungen der Kösseine und der Röslau konnten durch Aushub von Schlamm
und Sediment deutlich reduziert werden.
5.4
Rückbau der Bodenreinigungsanlage
Nachdem im Juni 1996 das letzte mit Quecksilber kontaminierte Material der ehem. CFM die Bodenreinigungsanlage verließ, wurde der weitere Betrieb eingestellt.
Die Gesamtkosten der Maßnahmen von 5.1 bis 5.4 beliefen sich auf ca. 28 Mio DM
6.
Beweissicherung auf dem Gelände der ehemaligen CFM
Die Beweissicherung wurde in einem engständigen, äquidistanten Raster von 12,5 m x 12,5 m durch
Anlegen von Kleinbaggerschürfen durchgeführt. Die Entnahme von Bodenproben erfolgte in Horizonten von 0,5 m; sie wurden im Original und im Eluat auf Quecksilber, Antimon, Arsen, Blei, Cadmium
und einigen organischen Parametern untersucht.
7.
Übergabe des ehemaligen CFM-Geländes an die Stadt Marktredwitz
Die Ergebnisse der Beweissicherungsuntersuchungen zeigten, dass die von den Fach- und Aufsichtsbehörden vorgegebenen Zielwerte o.g. Parameter bei der Sanierung des CFM-Geländes eingehalten
werden konnten. Das sanierte Gelände konnte daher der Stadtentwicklungs- und Wohnungsbau GmbH
der Stadt Marktredwitz übergeben werden.
Mobilität und Mobilisierbarkeit von CFM-spezifischen Stoffen in den Flußauen
unterhalb von Marktredwitz
Biersack, M. und Röder, R.
Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft, Lazarettstr. 67, 80636 München,
e-mail: [email protected]
Abstract: The area around the former Chemische Fabrik Marktredwitz (CFM) had been polluted by
mercury and antimony contaminated sewage and river sediments during the last 200 years. Detailed
investigations of the extent of soil contamination and its effects on the groundwater quality in the
downstream flood meadows were carried out by the Bavarian water authorities. According to the results no remediation measures are necessary, a monitoring programme will be sufficient.
Zusammenfassung: Das Umfeld der Chemischen Fabrik Marktredwitz (CFM) wurde nahezu 200
Jahre lang mit quecksilber- und antimonverunreinigten Abwässern und Flußsedimenten kontaminiert.
Die bayerische Wasserwirtschaftsverwaltung hat deshalb 1996 in den Überschwemmungsbereichen
der Vorfluter Kösseine und Röslau Untersuchungen durchgeführt, um das Ausmaß der Bodenbelastungen genauer zu erfassen und die dadurch hervorgerufene Grundwassergefährdung abschätzen zu
können.
Keywords: soil pollution, mercury, heavy metal leaching, risk assessment, groundwater;
Schlagworte: Bodenverunreinigung, Quecksilber, Schwermetallaustrag, Gefährdungsabschätzung,
Grundwasser;
1
Einleitung
Die Chemische Fabrik Marktredwitz (CFM) wurde 1788 als erste chemische Fabrik in Deutschland
gegründet. Der Betrieb war bis zu seiner Schließung im Jahr 1985 im Stadtkern von Marktredwitz im
Landkreis Wunsiedel, Regierungsbezirk Oberfranken ansässig. Nahezu 200 Jahre lang wurden in erster Linie Quecksilber-Verbindungen aber auch Antimon-, Arsen-, Kupfer- und Zinkpräparate produziert. Durch den jahrzehntelangen unsachgemäßen Umgang mit den hergestellten und gelagerten Substanzen kam es im Lauf der Zeit zu einer hochgradigen Kontamination des Untergrundes und des
Grundwassers im Bereich des Betriebsgeländes. Durch die Ableitung ungereinigter Betriebsabwässer
in den Vorfluter Kösseine wurden auch das Flußwasser und sukzessive die Uferwälle, Flußsedimente
sowie die flußabwärts gelegenen Überschwemmungsbereiche bei auftretenden Hochwasserereignissen
durch quecksilberbelastete Sedimente fortlaufend kontaminiert. Wegen schwerwiegender Umweltverstöße wurde der Betrieb der Chemischen Fabrik Marktredwitz im Juni 1985 untersagt. Die aufgrund
der gravierenden Untergrund- und Grundwasserkontaminationen erforderliche Sanierung des Betriebsgeländes und daran angrenzender Bereiche wurde Ende 1996 abgeschlossen. Das Gelände wurde
mittlerweile einer neuen Nutzung zugeführt.
Die im Abstrombereich der CFM gelegenen Überschwemmungsflächen von Kösseine, Röslau und
vermutlich auch der Eger weisen aber immer noch Belastungen mit CFM-spezifischen Stoffen, insbesondere Quecksilber (Hg), auf. Zu Beginn unserer Untersuchungen lag zu den Kontaminationen nach
verschiedenen Untersuchungsberichten folgender Kenntnisstand vor:
• Im Abstrombereich der CFM liegen Bodenkontaminationen mit den CFM-spezifischen Stoffen
Quecksilber (Hg) und Antimon (Sb) vor; insbesondere in den Kösseine-Auen wurden hohe Konzentrationen dieser Stoffe gemessen.
• Die vertikale Verlagerung dieser Metalle und die daraus resultierenden Auswirkungen auf das
Grundwasser d.h. das wassergefährdende Potential wurden bisher nicht hinreichend untersucht.
Das Ziel unseres Vorhabens war es daher,
• die Mobilität und Mobilisierbarkeit von oberflächennah abgelagerten CFM-spezifischen Stoffen
und die eventuelle Verlagerung in die Tiefe zu erfassen,
• das Gefährdungspotential für das Schutzgut Grundwasser abzuschätzen und
• Grundlagen für eventuell erforderliche Maßnahmen abzuleiten.
2
Material und Methoden
Die Untersuchungen wurden von Juli 1996 bis Dezember 1997 vom Bayerischen Landesamt für Wasserwirtschaft durchgeführt. Dazu wurden im Überschwemmungsbereich der Kösseine östlich des
Stadtgebietes bis zur Mündung der Kösseine in die Röslau insgesamt 10 neue Grundwassermeßstellen
errichtet. Boden- und Grundwasseruntersuchungen erfolgten schwerpunktmäßig in den KösseineAuen und an ausgewählten Stellen im Überschwemmungsbereich der Röslau. Die neu errichteten sowie geeignete bereits vorhandene Grundwasseraufschlüsse einschließlich der Vorfluter Kösseine und
Röslau wurden von August 1996 bis August 1997 insgesamt 5 mal beprobt. Zusätzlich wurden in den
ausgewählten Untersuchungsbereichen mehrere Rammkernsondierungen bis maximal 3,0 m unter
GOK abgeteuft. Für jede untersuchte Fläche wurden die Einzelproben jeweils eines Teufenbereichs zu
Mischproben vereinigt und auf ihre Gesamtstoffgehalte an CFM-typischen Parametern untersucht.
Um Aussagen zum momentan mobilen bzw. zum im ungünstigsten Fall (“worst case“) mobilisierbaren
Anteil eines Stoffes zu erhalten, wurden Elutionsversuche nach dem DEV S4- und dem pHstatVerfahren (pH 4) durchgeführt. Die Bodenproben, die Eluate sowie das Grund- und Oberflächenwasser wurden auf folgende Leitparameter untersucht :
• Quecksilber (Hg), Antimon (Sb), Arsen (As), Blei (Pb), Cadmium (Cd), Chrom (Cr), Kupfer (Cu),
Nickel (Ni) und Zink (Zn)
• Pflanzenschutzmittel und Chlorphenole (nur ausgewählte Proben).
Die Beurteilung der ermittelten Konzentrationen erfolgte unter Berücksichtigung des in Bayern für
derartige Fragestellungen maßgeblichen LfW-Merkblattes 3.8-10 „Bewertung von Grundwasserverunreinigungen und Bodenbelastungen für den Wirkungspfad Boden-Wasser“. Dieses Merkblatt enthält
u.a. Orientierungswerte für Stoffgehalte im Boden und Grundwasser (Stufe-1- und Stufe-2-Werte),
wobei Belastungen unterhalb des Stufe-1-Wertes als geringfügig einzustufen sind.
3
Ergebnisse und Diskussion
Hydrogeologie:
Anhand der abgeteuften Bohrungen und der durchgeführten Stichtagsmessungen der Grundwasserstände sind für die Kösseine-Auen folgende hydrogeologischen Aussagen möglich:
• Im Untersuchungsbereich existieren zwei Grundwasserstockwerke :
ein oberflächennaher Porengrundwasserleiter aus sandig kiesigen Auesedimenten und
ein tieferliegender Kluftgrundwasserleiter im Festgestein.
• Beide Aquifere gelten mit einem Kf-Wert von 3*10-6 m/s als gering durchlässig.
• Das oberflächennahe und das tieferliegende Grundwasserstockwerk sind hydraulisch gekoppelt.
• Das Grundwasser fließt zur Kösseine hin, die Grundwasserfließrichtung folgt großräumig dem
Kösseineverlauf.
• Das oberflächennahe Grundwasser korrespondiert mit dem Wasserstand in der Kösseine.
Bodenkontaminationen:
Im wesentlichen ergibt sich folgende Belastungssituation:
• Erhöhte Gesamtstoffgehalte wurden für Quecksilber (Hg), Antimon (Sb), Arsen (As) und Blei (Pb)
gemessen, alle übrigen Parameter lagen deutlich unterhalb der jeweiligen Stufe-1-Werte. Die kontaminierten Bereiche werden an mehreren Stellen zumindest zeitweise vom Grundwasser erfaßt.
• Hg liegt in hohen Konzentrationen im gesamten Untersuchungsbereich vor. Die Kontaminationen
erstrecken sich im wesentlichen auf die obersten Bodenschichten bis 0,7 m, vereinzelt auch bis 1,0
m. Maximalgehalte wurden bis 171 mg/kg ermittelt. Die Hg-Gehalte nehmen mit der Tiefe rasch ab
(vgl. Abb. 1); in den Röslau-Auen ist zudem eine Abnahme in Fließrichtung erkennbar. Hohe Gesamtstoffgehalte an Quecksilber sind immer mit erhöhten Sb-Konzentrationen verbunden und ein
Beleg dafür, daß Hg und Sb als CFM-bürtige Kontaminanten anzusehen sind.
180
0-20 c m
160
20-40 c m
140
40-70 c m
mg/kg
120
70-100 c m
100
80
60
40
20
0
F1
F2
F3
F4
F5
F6
Kösseine-Auen
F7
F8
F9
Mühl- Fluß w ies e KM
15,0
Fluß KM
14,0
Fluß - Os c hKM
w itz
9,5
Röslau-Auen
Abbildung 1 : Hg-Verteilung in den obersten Bodenschichten der Kösseine- und Röslau-Auen
(Auftragung in Fließrichtung).
• Sb liegt in erhöhten Konzentrationen bis 60 mg/kg in Teilbereichen (F 4, F 5, F 7) in den Bodenschichten bis 40 cm vor.
• As ist vereinzelt (F 1, F 4, F 7) in erhöhten Konzentrationen bis 70 mg/kg in Teufenbereichen unterhalb 20 cm zu finden.
• Pb tritt mit erhöhten Gesamtgehalten bis 400 mg/kg ebenfalls in Teilbereichen (F 1, F 4 - F 7)
jedoch ähnlich wie Sb hauptsächlich in den obersten Bodenschichten (0- 40 cm) auf.
• Die übrigen Metallkonzentrationen lagen unterhalb der jeweiligen Stufe-1-Werte, waren jedoch in
den oberen Bodenschichten (0 - 40 cm) verglichen mit den tieferen Bereichen meist erhöht.
• Die durch Überflutungsvorgänge ausgetragenen Flußsedimente weisen im gesamten Untersuchungsbereich Hg-Gesamtstoffgehalte von ca. 20 - 40 mg/kg auf. Die Kontaminationen dürften auf
Sedimentanteile aus nicht entlandeten Flußabschnitten sowie auf Rekontaminationen durch abgespülte Bodenbestandteile aus den Uferwällen zurückzuführen sein. Die Gesamtstoffgehalte der übrigen Schwer- und Halbmetalle liegen im Bereich der Stufe-1-Werte (Sb, As, Pb, Cr) bzw. darunter
(Cd, Cu, Ni, Zn).
Eluatuntersuchungen:
Zur Ermittlung der Mobilität bzw. Mobilisierbarkeit der vorgefundenen Schadstoffe wurden alle Proben in denen die Gesamtstoffgehalte der anorganisch-chemischen Leitparameter über dem jeweiligen
Stufe-1-Wert lagen, nach dem DEV S4- bzw. dem pHstat-Verfahren (pH 4) eluiert. Folgende Ergebnis-
se sind festzuhalten:
• Hg lag in erhöhten Konzentrationen mit Werten zwischen dem Stufe-1- und dem Stufe-2-Wert in 6
Eluatproben nach dem DEV S4-Verfahren vor, lediglich in einer Probe konnte mit 4,9 µg/l eine
Überschreitung des Stufe-2-Wertes festgestellt werden. Die Elution nach dem pHstat-Verfahren
führte zu einer verminderten Mobilisierbarkeit von Hg (vgl. Abb. 2); maximal wurden im sauren
pHstat-Eluat (pH 4) 0,3 µg/l gemessen. Dieser Effekt dürfte für Hg darauf zurückzuführen sein, daß
lösliche Huminstoffe (Humate) mit komplex gebundem Hg durch Protonenaufnahme in eine weniger lösliche Form übergeführt werden können. Dadurch wird der huminstoffgelöste Anteil an Hg
im Grundwasser vermindert. Das bedeutet, daß bei zunehmender Versauerung des Untergrundes in
Bereiche unter pH 5 eine geringere Mobilisierbarkeit für Hg eintritt, so daß zukünftig nicht mit einer Verschlechterung der Grundwassersituation, sondern ggf. sogar mit einer Verringerung des
Eintrags von Hg in das Grundwasser zu rechnen ist.
5
DEV-S4-Eluat
µg/l
4
pHstat-Eluat
3
2
1
0
Abbildung 2 : Hg-Konzentrationen in den DEV S4- und pHstat-Eluaten (pH 4) identischer Bodenproben.
• Sb war im DEV S4-Eluat in erhöhten Konzentrationen nur an drei Proben mit bis zu 27 µg/l zu
finden. In einer Probe aus dem pHstat-Eluat war mit 10 µg/l der Stufe-1-Wert überschritten. Wie bei
Hg waren in der Regel die Sb-Konzentrationen im pHstat-Eluat geringer als in den DEV S4 Eluaten.
• As wurde bei nahezu allen Eluatuntersuchungen sowohl nach dem DEV S4- als auch nach dem
pHstat-Verfahren nur im Bereich bzw. unterhalb der Nachweisgrenze festgestellt.
• Eine Korrelation von Gesamtgehalt und Eluatkonzentration im DEV S4-Eluat ist für Hg, Sb und As
erkennbar.
• Die Konzentrationen an Pb, Cd, Cr, Cu, Ni und Zn im DEV S4-Eluat lagen stets deutlich unterhalb der jeweiligen Stufe-1-Werte. Im Eluat nach dem pHstat-Verfahren waren dagegen in mehreren
Proben höhere Konzentrationen dieser Metalle nachweisbar, wobei die Metallgesamtgehalte dieser
Proben unterhalb der entsprechenden Stufe-1-Werte lagen.
• Die Säureneutralisationskapazität, die durch das pHstat-Verfahren bestimmt werden kann und das
Pufferungsvermögen des Bodens beschreibt, liegt in den untersuchten Bodenproben im Mittel bei
etwa 60 mmol/kg und damit in einem für kalkarme Bodentypen üblichen Bereich.
Grundwasserbeschaffenheit:
• Ein Eintrag der CFM-spezifischen Leitparameter Hg und Sb in das Grundwasser war während des
Untersuchungszeitraums nicht feststellbar.
• Das Grundwasser in den Kösseine-Auen ist im allgemeinen gering mineralisiert, stark reduzierend
und weist an mehreren Stellen hohe Eisen- und Mangangehalte sowie geringe Sauerstoffgehalte
auf.
• In unfiltrierten Proben wurden an mehreren Meßstellen erhöhte Konzentrationen an den untersuchten Parametern gemessen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß z.T. nur sehr trübes Grundwasser
gefördert werden konnte, so daß die unfiltrierten Proben aufgrund des hohen Anteils an feindisper-
sen Schwebstoffen z.T. erhebliche Überschreitungen der tatsächlich gelösten Anteile an Schwermetallen liefern. Dies belegen die Ergebnisse der filtrierten Proben.
• In den filtrierten Grundwasserproben wurden deutlich geringere Konzentrationen gemessen. Hg
konnte nur einmal mit 0,1 µg/l im Bereich der Bestimmungsgrenze nachgewiesen werden und lag
in allen anderen Proben unterhalb der Nachweisgrenze. In den Fließgewässern war Hg ebenfalls
nur einmal mit 0,1 µg/l nachweisbar. Die Sb-Konzentrationen lagen in allen Proben unterhalb der
Nachweisgrenze (< 2 µg/l). As wurde lediglich in drei Bereichen (F 1, F 4, F 8) mit bis zu 37 µg/l
in erhöhten Konzentrationen gemessen. Die Korrelation der Arsen- mit den Eisenkonzentrationen
spricht für eine überwiegend geogene Komponente des Arsens.
4
Schlußfolgerung
Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, daß in den Überschwemmungsbereichen von Kösseine
und Röslau oberflächennah, z.T. bis in eine Tiefe von etwa 0,7 m Bodenkontaminationen mit Hg vorliegen. In Teilbereichen waren zudem Sb, As und Pb in erhöhten Konzentrationen nachweisbar.
Die hohen Humusgehalte und die tonige Beschaffenheit des Auelehms in den untersuchten Bereichen
bieten jedoch gute Sorptionsbedingungen für Schwermetalle, insbesondere für Hg. Die schwach sauren, meist oxidierenden Milieubedingungen bewirken eine nur geringe Löslichkeit des Quecksilbers.
Die Verdrängung von Hg aus seinen Verbindungen durch andere Metalle ist von untergeordneter Bedeutung.
Die Eluatuntersuchungen nach dem DEV S4-Verfahren zeigen, daß Hg mobil vorliegen kann und daß
für Sb und As die Mobilität stark eingeschränkt ist. Unter den Bedingungen des pHstat-Verfahrens (pH
4) ist für Hg und Sb im allgemeinen eine verminderte Mobilisierbarkeit feststellbar. Die geringe Löslichkeit der untersuchten Schwer- und Halbmetalle wird auch durch die Grundwasseruntersuchungen
bestätigt. Dekontaminationsmaßnahmen des Bodens oder des Grundwassers sind deshalb aus wasserwirtschaftlicher Sicht nicht veranlaßt.
Zur Absicherung dieser wesentlichen Schußfolgerungen und zur Beobachtung der bereichsweise auftretenden nicht CFM-bürtigen Arsenverunreinigungen wird eine längerfristige jährliche Grundwasserüberwachung an repräsentativen Meßstellen durchgeführt. In diese Maßnahme werden die nach wie
vor belasteten Flußsedimente mit einbezogen, wobei hier zusätzlich die Herkunft und Ausbreitung
dieser möglicherweise nachhaltigen Belastung ermittelt und ihre weitere Entwicklung beobachtet werden soll. Desweiteren soll die Tiefenverteilung der Bodenbelastungen an einigen aussagekräftigen
Stellen durch Sondierungen in ca. fünfjährigem Abstand überwacht werden.
5
Literatur
EBER A., Diplomarbeit an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen/Nürnberg, 1991.
EBER A., Abschlußbericht zur Beprobungskampagne in Marktredwitz, 1992.
LGA/GKSS Schlußbericht zur „Untersuchung des Gefährdungspotentials von quecksilberkontaminierten Standorten in Bayern“, 1992.
GSF (1995), Zusammenfassung zum Projektvorhaben „Standortgerechte Bewertung der Belastung im
Umfeld der Chemischen Fabrik Marktredwitz“.
LFW, Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft, „Untersuchungen zur Belastungssituation von
Boden und Grundwasser in den Flußauen unterhalb von Marktredwitz“, Materialien Nr.78, 1998.
Sanierung eines Zn-, Cu- und Cd- belasteten Standorts mit Hilfe von Pflanzen
A. Kayser, K. Wenger, H.R. Felix, S. Gupta, R. Schulin und W. Attinger
ETH Zürich, Institut für terrestrische Ökologie, Grabenstrasse 14, CH-8952 Schlieren
e-mail:[email protected]
Abstract:
This study presents data from a 2-year field trial of phytoextracting heavy metals from a Zn, Cu and
Cd polluted site. Both crop- and hyperaccumulator plants were tested. Metal solubility was enhanced
by application of different soil amendments in order to improve metal extraction by plants. Results
indicate significant differences between plant species with respect to metal uptake, as well as obvious
effects of the mobilization treatments. However, cleanup of the site would require several centuries.
Zusammenfassung:
Im Rahmen dieses Experimentes wurde ein 2jähriger Feldversuch zur Phytosanierung eines mit Zn,
Cu und Cd kontaminierten Standortes durchgeführt. Zum Einsatz kamen Kulturpflanzen und sog.
Hyperakkumulatoren, wobei zur Verbesserung der Extraktion Hilfsstoffe eingesetzt wurden. Der
Versuch zeigt grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Pflanzenarten wie auch markante Effekte
der Mobilisierungsbehandlungen. Eine Sanierung würde dennoch mehrere Jahrhunderte dauern.
Keywords: phytoremediation, heavy metals, gentle remediation, soil protection
Schlagworte: Phytoextraktion, Schwermetalle, Sanfte Sanierung, Bodenschutz
1
Einleitung
Grosse Flächen in der Schweiz und Westeuropa sind während der letzten Jahrzehnte aus
verschiedenen Quellen mit Schwermetallen belastet worden. In der Schweiz weissen nach Meyer
(1991) etwa 300.000 ha Land erhöhte Gehalte an Cadmium und Blei sowie etwa 50.000 ha erhöhte
Kupfer-Gehalte auf (Vogel et al., 1989). Die beim aktuellen Stand der Technik zur Dekontamination
derartiger Flächen zur Verfügung stehenden harten Sanierungsmethoden (Bodenaustausch,
Bodenwäsche etc.) zerstören die Fruchtbarkeit des Bodens und sind auch auf Kostengründen nur auf
Teilflächen praktikabel. Daher erscheint die Entwicklung sanfter Sanierungsmethoden, welche die
Bodenfruchtbarkeit möglichst nicht beeinträchtigen und gleichzeitig weniger kostenintensiv sind,
wünschenswert.
In den letzten Jahren wurde von zahlreichen Autoren die Verwendung metallakkumulierender
Pflanzen zur Sanierung schwermetallbelasteter Flächen vorgeschlagen (McGrath et al., 1993;
Cunningham et al. 1995; Kumar et al., 1995; Chaney et al., 1997). Bei diesem Verfahren sollen
speziell selektierte Akkumulatorpflanzen angebaut werden, welche in erhöhtem Masse Schwermetalle
aufnehmen und in ihre oberirdische Biomasse translozieren können (Phytoextraktion). Dabei wird in
sog. Hyperakkumulatorpflanzen (Baker, 1989) und metallakkumulierende Kulturpflanzen (Blaylock et
al. 1997) unterschieden. Der Anbau der Pflanzen soll ggf. mit der Applikation verschiedener
Hilfsstoffe, beispielsweise verschiedenen Komplexbildnern oder Säuren, kombiniert werden, um eine
ausreichende Pflanzenverfügbarkeit der Metalle zu gewährleisten. Anfallendes Pflanzenmaterial kann
demzufolge einer nachfolgenden energetischen Verwertung zugeführt werden.
Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, a) die Effizienz verschiedener möglicher
Sanierungspflanzen auf einem Boden mit geringer Schwermetallmobilität zu vergleichen, und b)
Möglichkeiten einer Föderung der pflanzlichen Schwermetallaufnahme durch Zugabe von
Mobilisierungsmitteln zu testen.
Als Versuchsstandort wurde das mit Zink, Kupfer und Cd belastete Gemeindegebiet von Dornach
(Kanton Solothurn, Schweiz) ausgewählt. Die Schwermetallmobilisierung erfolgte mit dem
synthetischen Komplexbildner Nitrilotriacetat sowie mit elementarem Schwefel unter Zugabe
schwefeloxidierender Bakterien.
2
Material und Methoden
Der kontaminierte Standort Dornach liegt etwa 20 km südlich von Basel am Fusse des
Schweizerischen Tafeljuras. Das Versuchsgelände liegt im Abluftbereich einer Buntmetallfabrik,
welche als Verursacherin einer weitflächigen Kontamination mit Belastungen bis zu etwa 2200mg/kg
Zink, 2000 mg/kg Kupfer und 4 mg/kg Cadmium gilt.
In den Versuchsjahren 1997 und 1998 wurden die beiden Hyperakkumulatorpflanzen Alyssum murale
(Steinkresse) und Thlaspi caerulescens (Täschelkraut) sowie die metallakkumulierenden
Kulturpflanzenarten Brassica juncea (Sareptasenf), Nicotiana tabacum (Tabak, 2 Sorten), Salix
viminalis (Korbweide), Helianthus annuus (Sonnenblume) und Zea mays (Mais) angebaut.
Nitrilotriacetat (NTA; 1 und 2 mmol/kg Boden) wurde mehrfach während der Vegetationsperiode mit
Düngelanzen direkt im Wurzelraum appliziert. Bei der zweiten Methode wurde elementarer Schwefel
(100 mmol/kg Boden; <250µm) mit einer Motorhacke in den Boden eingearbeitet.
Die Versuchspflanzen wurden nach der Ernte gereinigt und gehächselt, eine Mischprobe entnommen
und bei 60°C bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Die Proben wurden mit einer Retsch
Ultrazentrifuge (UZ1) gemahlen und mittels Mikrowellendruckaufschluss (MLS Ethos) in HNO3
konz. + H2O2 aufgeschlossen. Die Schwermetallanalytik erfolgte mittels Flammen und GraphitrohrAAS (Varian SpectrAA 300 und 400, GTA 96).
Schwermetallgehalte im Boden wurden nach FAL (1996) im HNO3- und NaNO3- Extrakt bestimmt.
3
Ergebnisse und Diskussion
Das Pflanzenwachstum war in beiden Versuchsjahren gut, die Erträge lagen im Bereich normaler
landwirtschaftlicher Biomasseproduktion (Walther et al., 1994). Mit Abstand die grösste Biomasse
. -1
wurde von der eingesetzten Sonnenblume (über 30 t ha Trockensubstanz) produziert, gefolgt von
Mais, Tabak und Sareptasenf. Die Korbweiden zeigten als Gehölzart im ersten Jahr noch geringen
Biomassezuwachs; erfahrungsgemäss steigert sich die Biomasse aber im 2. und 3. Jahr auf das Niveau
von Tabak. Die geringsten Erträge zeigten die beiden Hyperakkumulatoren. Abbildung 1 stellt die
erzielten Trockensubstanzerträge der beiden Versuchsjahre für die Kontrollparzellen dar.
Die Schwermetallaufnahme lag während des ersten Versuchsjahres, in dessen Verlauf keine
Schwermetallmobilisierung durchgeführt wurde, bei den Kulturpflanzen etwas über dem für solche
Pflanzen "normalen" Bereich. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen
Arten. Tabak und Korbweiden wiesen dabei mehr als doppelt so hohe Cd-Konzentrationen auf wie die
anderen Kulturpflanzen. Analog zeigte die Korbweide im Vergleich etwa die doppelten Zinkgehalte
der anderen Kulturpflanzen. Die höchste Kupferaufnahme unter den Kulturpflanzen zeigte Tabak. Die
Hyperakkumulatoren wiesen die höchsten Metallkonzentrationen aller Pflanzenarten auf.
Hervorzuheben ist dabei insbesondere das Täschelkraut, welches pro Gramm Biomasse etwa die
10fache Zink-Menge der Kulturpflanzen aufnahm. Die Metallgehalte der einzelnen Testpflanzen sind
in Abbildung 1 zusammengestellt.
12
10
Cd
Kontrolle
Schwefel
NTA-1
NTA-2
8
.
-1
Schwermetallkonzentration in Trockensubstanz [mg kg ]
6
4
2
0
2250
1500
Zn
600
400
200
0
Cu
Cu
60
40
20
0
B. juncea
S.viminalis
Z.mays T.caerulescens
N.tabacum
H.annuus
A.murale
Abbildung 1: Schwermetallgehalte der Testpflanzen in Abhängigkeit der Mobilisierungsbehandlung
Durch die Schwermetallmobilisierung, die während des zweiten Versuchsjahres durchgeführt wurde,
konnten die Schwermetallkonzentrationen im NaNO3-Extrakt je nach Metall und eingesetztem
Mobilisierungsmittel 8-80fach gesteigert werden (Abbildung 2). Die mobilisierende Wirkung von
NTA ging dabei zwischen den einzelnen Behandlungsterminen auf die Ausgangswerte zurück. Dies ist
vermutlich auf die gute biologische Abbaubarkeit von NTA zurückzuführen und wurde auch von
anderen Autoren beobachtet (Kulli et al., in Druck).
Eine Erhöhung der NaNO3-extrahierbaren Schwermetallgehalte infolge NTA-Applikation konnte für
alle 3 Metalle nachgewiesen werden. Der Effekt von Schwefel beschränkte sich dagegen auf die
Metalle Zink und Cadmium, da die pH-Absenkung nur wenige Zehnteleinheiten betrug und nur diese
beiden Metalle bereits im Bereich zwischen pH 6,5 und 7,5 auf kleine pH-Wertveränderungen
reagieren.
Die erhöhte Verfügbarkeit der Metalle im Boden führte zu einer Verdopplung, bei einzelnen Arten
auch zu einer Vervielfachung der Schwermetallaufnahme durch die Pflanzen, ohne dass dabei
Wachstumseinbussen infolge vermehrter Schwermetallaufnahme verzeichnet wurden.
Die Schwermetallgehalte der Pflanzen blieben trotz der erzielten Mehraufnahme durch die Erhöhung
der löslichen Metallgehalte im Boden insgesamt weit unter den aus Gewächshausversuchen (Wenger
et al., in Vorbereitung) und Literatur (McGrath et al., 1993; Blaylock et al., 1997; Huang et al, 1997)
bekannten Werten. Dies ist vermutlich vor allem auf eine nach wie vor zu geringe Verfügbarkeit der
Schwermetalle für die Pflanzen zurückzuführen. Auch dürfte die Verteilung der Mobilisierungsmittel
im Boden eine Rolle spielen.
25
.
-1
Cd [µg kg ]
Cd
20
15
?
Kontrolle
Schwefel
NTA-1
NTA-2
10
5
0
Zn
3
?
.
-1
Zn [mg kg ]
4
2
1
Cu
8
.
-1
Cu [mg kg ]
0
10
6
?
4
2
0
Juni
Juli
August
September
Datum
Abbildung 2: NaNO3-extrahierbare Schwermetalle
In bezug auf den totalen Entzug der Schwermetalle (Abbildung 3), also das Produkt aus Konzentration
und Ertrag, erwies sich gesamthaft gesehen die Sonnenblume infolge ihrer hohen Biomasse vor Mais
und Tabak als beste Sanierungspflanze. Tabak wies dabei den höchten Cadmiumexport auf. Die
beiden Hyperakkumulatoren T. caerulescens und A. murale zeigten infolge ihrer geringen Biomasse
mit die niedrigsten Schwermetallentzüge.
Insgesamt würde unter der Annahme einer linearen Abnahme der Boden-Schwermetallgehalte eine
Dekontamination des Standortes Dornach mit Hilfe der besten hier getesteten Pflanzenarten je nach
Metall bei der bisher erreichten Leistung immernoch mehrere Jahrhunderte dauern.
80
Cd
50
Kontrolle
Schwefel
NTA-1
NTA-2
40
30
10
0
.
-1 .
-1
Totaler Metallexport [g ha a ]
20
5000
Zn
4000
3000
2000
1000
0
1200
Cu
1000
800
600
400
200
0
B. juncea
S. viminalis
Z. mays T. caerulescens
A. murale
N. tabacum
H. annuus
Abbildung 3: Totale Schwermetallentzüge
4
Schlussfolgerungen
Der Einsatz metallmobilisierender Agenzien steigerte die NaNO3-extrahierbare Schwermetallfraktion
um das 8-80fache. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Schwermetallaufnahme der Testpflanzen im
Mittel nur etwa auf das Doppelte, in Einzelfällen auch auf ein Mehrfaches. Die erreichten
Schwermetallentzüge liegen aber immernoch deutlich unter den in der Literatur beschriebenen oder in
eigenen Laborversuchen ermittelten Werten. Gründe dafür sind vermutlich in der infolge des hohen
Kalkgehaltes des Bodens und des hohen pH-Wertes nach wie vor sehr geringen Pflanzenverfügbarkeit
zu suchen. Es ist desweiteren auch möglich, dass die durchgeführte Schwermetallmobilisierung nicht
vollständig im Bereich der Pflanzenwurzeln wirksam geworden ist und die Schwermetallaufnahme
dadurch nicht im gewünschten Masse gesteigert werden konnte.
Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Schwermetallaufnahme dieser Pflanzen bei
Fortentwicklung der Phytosanierungstechnik weiter gesteigert werden kann. Gleichwohl erscheint der
Einsatz metallakkumulierender Pflanzen für eine Sanierung des Feldstandortes Mattenweg aufgrund
des sehr grossen Sanierungszeitraumes nicht praktikabel.
5
Literatur
Baker, A. J. M. and R. R. Brooks (1989): Terrestrial plants which hyperaccumulate metallic elements - a review
of their distribution, eceology and phytochemistry. Biorecovery 1: 81-126.
Blaylock, M. J., D. E. Salt, S. Dushenkov, C. Zakharova, C. Gussman, Y. Kapulmik, B.D. Ensley (1997):
Enhanced accumulation of Pb in indian mustard by soil-applied chelating agents. Environ. Sci. Technol. 31:
860-865.
Chaney, R. L., M. Malik, M.L. Yin, S.L. Brown, E. P. Brewer, J. S. Angle, A. J. M. Baker (1997):
Phytoremediation of soil metals. Current Opinion in Biotechnology 8: 279-284.
Cunningham, S. C., R. W. Berti, J. W. Huang (1995): Remediation of contaminated soils and sludges by green
plants. In: R. E. Hinchee, J. L. Means and D. R. Burris (Hrsg.). Bioremediation of Inorganics. Vol. 3: 33-54.
FAL (1996). Bodenuntersuchungen zur Beurteilung der Schadstoffe (Anorganische und Organische
Schadstoffe). Zürich-Reckenholz, Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau (FAL).
Huang, J. W., J. Chen, S.D. Cunningham (1997): Phytoextraction of lead from contaminated soils: The role of
synthetic chelates in lead phytoextraction. Environ. Sci. Technol. 31: 800-805
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Vuilloud (1994): Grundlagen für die Düngung im Acker- und Futterbau. Agrarforschung 1(7): 1-39.
Der Einsatz von funnel-and-gate bei der Sanierung eines ehemaligen
Gaswerksstandortes
Dr. Bertram Schulze
ARCADIS Trischler & Partner, Oettingerstraße 25, 80538 München
e-mail: [email protected]
Abstract: A soil- and groundwater contamination especially with PAH and BTEX exists in the subsoil
of a former gasplant in the south of Germany. It is planned to clean-up the contamination with a funnel-and-gate-system, which is placed directly downstream the investigated main contamination zones.
The documents for the official licence were submitted in June 1999. The scheduled beginning of the
construction works is April/May 2000. The system shall go in operation in October 2000.
Zusammenfassung: Unterhalb eines ehemaligen Gaswerksstandortes in Süddeutschland liegt eine
Boden- und Grundwasserkontamination insbesondere mit PAK und Benzol vor. Die Kontamination
soll durch ein unmittelbar abstromig der erkundeten Schadstoffherde angeordnetes funnel-and-gateSystem saniert werden. Die Genehmigungsunterlagen wurden im Juni 1999 abgegeben. Geplanter
Baubeginn ist April/Mai 2000. Die Anlage soll ca. im Oktober 2000 in Betrieb gehen.
Keywords: gas plants, PAH-Contamination, groundwater remediation, funnel-and-gate
Schlagworte: Gaswerksstandorte, PAK-Kontamination, Grundwasserreinigung, funnel-and-gate
1
Die Standortsituation
Unterhalb eines ehemaligen Gaswerksstandortes in Süddeutschland wurde durch umfangreiche Erkundungsmaßnahmen eine ausgedehnte Boden- und Grundwasserkontamination insbesondere mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) festgestellt. Ausgehend von mehreren einzelnen
Schadensherden hat sich eine Schadstoffahne von ca. 200 m Breite über den gesamten wassererfüllten
Aquifer (kiesig-sandige Flußsedimente), bis in eine Tiefe von bis zu 17 m u. GOK, ausgebildet. Im
Auftrag des Eigentümers des Geländes wird nun die Sanierung geplant.
2
Das Sanierungskonzept
Als Ergebnis der Sanierungsvorplanung erschienen die Varianten "Hydraulische Sicherung" (pumpand-treat) und "funnel-and-gate" jeweils in Kombination mit einer Oberflächenabdichtung am geeignetsten. Beide Verfahren zeigen deutliche Vorteile bei der monetären Betrachtung gegenüber anderen
Sanierungs- und Sicherungstechniken (z. B. Auskofferung, Einkapselung, Immobilisierung o. ä.) und
beherrschen das Schadstoffpotential entsprechend den behördlichen Anforderungen.
"Funnel-and-gate" verfolgt den Grundgedanken einer Sanierung des unmittelbaren Grundwasserabstroms aus dem Kontaminationsherd und nicht einer Sanierung der Kontaminationsherde direkt
(siehe Abb. 1). Die Schadstoffahne wird dabei mittels einer Dichtwandanordnung (Trichter/"funnel")
grundwasserhydraulisch gezielt, aber ohne aktive Pumpmaßnahmen, auf einen oder mehrere besonders
gestaltete Durchflußbereiche (Reaktoren/"gates") passiv hingeleitet. In diesen Reaktoren werden dem
Schadstoffinventar entsprechend (hier im wesentlichen PAK) gezielt Abreinigungsmaßnahmen (in
diesem Falle Aktivkohleadsorption) durchgeführt. Aufgrund der Beschränkung der Reaktionszone auf
einen vergleichsweise kleinen Raum lassen sich auch aufwendigere Konstruktionsverfahren, die z. B.
auch einen periodischen Austausch des Reaktormaterials ermöglichen, wirtschaftlich anwenden.
Abb.1: Systemskizze "funnel-and-gate"
Das System basiert auf einer Kombination der drei Komponenten Hydraulik, Hydrochemie und ggf.
Mikrobiologie und zeichnet sich durch äußerst geringe Betriebskosten (bei relativ hohen Investitionskosten) aus. Beim Vergleich mit der Variante "Hydraulische Sicherung" (hoher Betriebsaufwand)
ergeben sich bei einer nicht - monetären Bewertung deutliche Vorteile. Mit Vorlage einer Machbarkeitsstudie durch den Nachunternehmer I. M. E. S. GmbH, Wangen, wurde die generelle Realisierbarkeit am Standort nachgewiesen.
3
Die funnel-Trasse
Für die Wahl und die Festlegung der Lage der funnel-Trasse sind folgende Randbedingungen zu berücksichtigen:
•
•
•
•
•
•
•
Lage und Ausdehnung des Schadstoffahne
Geologie und Hydrogeologie
Gebäude- und Baumbestand
Leitungssituation
Eigentumsverhältnisse
geplante Umbaumaßnahmen im Sanierungsgebiet
Städtebauliche Planungen in der Umgebung
4
Herstellungsverfahren für den funnel (Dichtwand)
Für die Herstellung von Dichtwänden gibt es eine ganze Reihe von Verfahren. Welche dieser Verfahren im vorliegenden Fall geeignet sind, muß anhand der folgenden Kriterien beurteilt werden:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Untergrundverhältnisse/Bautechnik
Platzbedarf (laufender Betrieb in der Gasversorgungszentrale)
Anschlußmöglichkeiten an die gates, Qualität der Anschlüsse
Langzeitbeständigkeit der Dichtwand (PAK, BTEX, VC)
Beeinflussung der Wandumgebung insbesondere im Bereich der Zu- und Abstromzone der gates
Beeinflussung der Randbebauung (z. B. Erschütterungen, Setzungen)
Aushub/Entsorgung (des kontaminierten Bodens)
Transport, Ver- und Entsorgung der Baustelle
Preis
Aus einer sorgfältigen Bewertung der gängigen Dichtwand-Herstellungsverfahren folgt, daß der funnel im vorliegenden Fall vorzugsweise in Spundwand-Bauweise hergestellt wird. Um das vorgesehene
Spundwand-Preßverfahren unter den vor Ort herrschenden Untergrundverhältnissen zu testen, wurde
im Sommer 1999 in der Nähe der späteren funnel-Trasse eine Probepressung durchgeführt.
5
Herstellungsverfahren für die gates
Wie zahlreiche numerische Modellierungen an anderer Stelle gezeigt haben, müssen ca. 8 - 10 % der
benetzten Fläche des Systems durchlässig gestaltet werden, um einen ausreichend geringen hydraulischen Widerstand des funnel-and-gate-Systems sicherzustellen. Bei einer Gesamtbreite des Systems
von ca. 240 m müssen also Bereiche von insgesamt 20 m Breite durchlässig (und reaktiv) ausgebildet
werden. Dies ist z. B. mit einem gate von 20 m Breite möglich, hydraulisch wesentlich günstiger sind
jedoch z. B. 8 gates mit je 2,5 m Breite.
Ferner muß berücksichtigt werden, daß die Aktivkohle nur eine begrenzte Beladungskapazität für die
betreffenden Schadstoffe hat und deshalb in regelmäßigen Abständen (derzeit geschätzt: ca. alle 5 - 7
Jahre) ausgetauscht werden muß.
Die Konzeption der gates wird daneben durch folgende, weitere Faktoren beieinflußt:
•
•
•
•
•
•
•
•
Einsatz erprobter Bauverfahren möglich?
beengte Platzverhältnisse
Risiken bei der Herstellung der gates (Setzung der Nachbarbebauung)
Optimale Positionierung der gates nach hydraulischen Gesichtspunkten
ausreichende hydraulische Leistungsfähigkeit
möglichst geringe Beeinflussung der Grundwasserverhältnisse
ausreichende Reinigungsleistung (Verweildauer des Wassers im gate)
Preis
Insgesamt erscheint nach diesen Überlegungen die Herstellung der gates im Großlochbohrverfahren (d
= 2,5 m) vorteilhaft.
6
Vorgeschlagenes funnel-and-gate-System
Im Rahmen der Genehmigungsplanung wird folgendes System favorisiert (siehe auch Abb. 2):
• funnel-Länge:
• funnel-Tiefe:
•
•
•
•
Öffnungswinkel des funnels:
Anordnung zur Haupt-Grundwasserfließrichtung:
Herstellung des funnels:
Anzahl und Größe der gates:
nenausbau)
• Herstellung der gates:
7
•
•
•
•
•
8
ca. 240 m
i. M. 16,0 m (mit 0,5 m Einbindung in dem
Stauhorizont)
ca. 180 °
ca. 90°
Spundwand-Preßverfahren
ca. 8 gates mit 2 m Durchmesser
(InGroßloch-Bohrverfahren (Bohrungen mit 2,5
m Durchmesser)
Der Zeitplan
Abgabe der Genehmigungsunterlagen:
Vorlage der Genehmigung:
Vorlage der Ausschreibungsunterlagen:
Baubeginn:
Abschluß der Baumaßnahme (funnel-and-gate):
30.06.1999
ca. 12/1999
ca. 03/2000
ca. 05/2000
ca. 10/2000
Die Finanzierung
Das Land Baden-Württemberg fördert die Vorbereitung und Durchführung der Sanierung sowie die
ersten drei Jahre des Dauerbetriebes der Anlage als "Vorhaben mit Modellcharakter". Dabei wird unterschieden in Modellvorhaben (mit 100 % - Zuschuß), i. w. Entwicklung, Bau und Betrieb der gates,
und Sonstige Investitionskosten (mit 75 % - Zuschuß), restliche Planungs- und Bauleistungen. Die
verbleibende Summe wird vom Auftraggeber getragen.
Abb. 2: Lageplan mit Standortsituation und vorgesehenem funnel-and-gate-System
Berechnungsverfahren zur Abschätzung
der Sanierungsdauer bei in-situ-Maßnahmen
Pyka, Wilhelm
Fachhochschule Weihenstephan, Abt. Triesdorf 91746 Weidenbach
e-mail: [email protected]
Abstract: Remediation time of groundwater contaminations by volatile chlorinated hydrocarbons vary
extremely. Diffusion controlled desorption out of low permeability zones and release of contaminants
of solvent „pools“ are the most important mechanisms that lead to remediation times of several years
upto several centuries. The presented calculation methodes can be used to estimate remediation time
before starting remedial actions.
Zusammenfassung: Die Sanierungsdauer bei Grundwasserverunreinigungen durch leichtflüchtige
Chlorkohlenwasserstoffe kann erheblich variieren. Diffusionskontrollierte Desorption aus gering
durchlässigen Lagen und Schadstoff-Freisetzung aus Lösemittel -„Pools“ können zu Sanierungszeiten
von mehreren Jahren bis zu Jahrhunderten führen. Mit den vorgestellten Berechnungsverfahren kann
die zu erwartende Sanierungsdauer im Vorfeld abgeschätzt werden.
Keywords: groundwater remediation, remediation time, volatile chlorinated hydrocarbons,
Schlagworte: Grundwassersanierung, Sanierungsdauer, leichtflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe
1
Einleitung
Erfahrungen aus mittlerweile zwei Jahrzehnten bei der in-situ-Sanierung von Boden- und Grundwasserverunreinigungen zeigen, daß in einer Vielzahl von Fällen eine Sanierung in überschaubaren
Zeiträumen nicht möglich ist. Diese Unwägbarkeit bei der Voraussage der Sanierungsdauer birgt ein
erhebliches Kostenrisiko in sich. Für eine sachgerechte Kosten-Nutzen-Analyse bei der Auswahl von
Sanierungsverfahren ist die Einbeziehung der Sanierungsdauer eine unabdingbare Voraussetzung. Die
vorliegende Arbeit zeigt am Beispiel von Grundwasserverunreinigungen durch leichtflüchtige
Chlorkohlenwasserstoffe (LCKW) die Möglichkeiten der Abschätzung der Sanierungsdauer in
Abhängigkeit vom jeweiligen Schadenstyp.
2
Grundlagen
Bei der Betrachtung von Grundwasserverunreinigungen durch LCKW ist grundsätzlich zwischen
sorbierten Schadstoffen und Schadstoffen in Flüssigphase zu unterscheiden. Die Freisetzung sorbierter
Schadstoffe kann durch diffusionskontrollierte Desorption aus Lithofragmenten, die das
Aquifermaterial von Porengrundwasserleitern bilden, erheblich verzögert werden. Desweiteren ist die
diffusionskontrollierte Desorption aus gering durchlässigen Lagen, die den Grundwasserleiter
durchziehen zu berücksichtigen (Abbildung 1). Bei Kluftgrundwasserleitern ist die diffusionskontrollierte Desorption aus dem Inneren des Gesteinskörpers in die grundwasserführenden Klüfte zu
beachten. Die Diffusionsprozesse werden sowohl von den Eigenschaften des Untergrundes als auch
von den chemisch-physikalischen Eigenschaften der Kontaminanten bestimmt. LCKW unterliegen im
Boden Sorptionsprozessen. Diese Sorptionsneigung läßt sich mit dem sogenannten Boden-WasserVerteilungskoeffizienten Kd [L³/M]beschreiben.
(1)
Kd =
CS
Cw
Cs [M/M] und Cw [M/L³] stehen dabei für die Konzentration im Feststoff bzw. Wasser. Die Sorption
hydrophober Verbindungen wird maßgeblich vom Gehalt an natürlichem organischen Material des
Bodens bestimmt. Der Verteilungskoeffizient Kd kann daher auf den den Gehalt an organisch
gebunden Kohlenstoff oc [g/g] bezogen werden und man erhält so den Verteilungskoeffizienten Koc.
(2)
K oc = K d oc
Der Koc läßt sich aus dem Kow, dem Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten, abschätzen, für den
eine breite Datenbasis verfügbar ist. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Arbeiten. KARICKOFF ET AL.
(1979) beispielsweise stellten dabei folgende Beziehung fest:
(3)
log K oc = log K ow − 2,21
Die Desorption von Schadstoffen im Untergrund und damit letzendlich auch die Sanierung erfolgt
unter Nichtgleichgewichtssbedingungen und wird durch langsame Diffusionsvorgänge in der Bodenmatrix bestimmt. Der sogenannte scheinbare Diffusionskoeffizient Da [L²/t] ist ein Maß für die
diffusionskontrollierte Desorption unter instationären Bedingungen, wie sie typisch sind für in-situSanierungen, und berechnet sich nach GRATHWOHL (1998) wie folgt :
(4)
Da =
Daq n 2 ,2 −1
1 + Kd
ρd
n
Daq [L²/t] bezeichnet den Diffusionskoeffizienten der betreffenden Verbindung im freien Wasser, n
[-] die Bodenporosität bzw. Intrapartikelporosität und ρd die Trockenraumdichte [M/L³]. Der
Diffusionskoeffizient Daq [cm²/s] läßt sich nach HAYDUK & LAUDIE (1974) folgendermaßen
abschätzen:
(5)
Daq =
13,26 E − 5
η 1,14 V ′ 0,589
η ist die dynamische Viskosität des Wassers ausgedrückt in centipoise und V´ [cm³/mol] das molare
Volumen der diffundierenden Verbindung. Dieses kann in erster Nährerung aus dem Molekulargewicht und der Dichte der Verbindung berechnet werden.
LCKW in Flüssigphase können zum einen als feinverteilte residuale Phase auftreten oder sich als
kohärente Flüssigphase („Pools“) an gering durchlässigen Lagen bzw. an der Sohle des Grundwasserleiters sammeln (Abbildung 1). Im Fall der feinverteilten residualen Phase besteht zwischen der
Schadstoffphase und dem vorbeiströmenden Grundwasser eine große Kontaktfläche, so daß hier von
Lösung unter Gleichgewichtsbedingungen ausgegeangen werden kann. Anders bei den Schadstoff„Pools“ - hier ist nur eine vergleichsweise geringe Kontaktfläche dem vorbeiströmenden Grundwasser exponiert. Die Schadstoff-Freisetzung erfolgt unter Nichtgleichgewichtsbedingungen und wird
von Diffusions- und Dispersionsvorgängen bestimmt.
In den folgenden Kapiteln werden Berechnung zur Sanierungsdauer unterschiedlicher
Kontaminationstypen unter Berücksichtigung unterschiedlicher LCKW (Tabelle 1) vorgestellt.
Grundwasseroberfläche
diffusionskontrollierte Desorption aus
gering durchlässigen Lagen
Schadstofflösung
aus einem "Pool"
Grundwassersohle
diffusionskontrollierte Desorption
aus Lithofragmenten
Schadstofflösung aus
feinverteilter residualer Phase
Abbildung 1: Mechanismen der Schadstoff-Freisetzung am Beispiel von LCKW
Tabelle. 1: Chemisch-physikalische Eigenschaften ausgewählter LCKW
Verbindung
Wasserlöslichkeit [mg/L] 1)
Trichlormethan (TCM)
Trichlorethen (TCE)
Perchlotethen (PCE)
1)
VERSCHUEREN (1983); 2) GIGER ET AL. (1983)
3
8200
1200
150
Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient
log Kow 2)
1,94
2,29
2,6
Diffusionskontrollierte Desorption aus Lithofragmenten und gering durchlässigen Lagen
Gelöste Schadstoffe können über Sicker- und Grundwasser verfrachtet werden. Über die Zeit können
die Verbindungen in das Innere von Lithofragmenten oder gering durchlässigen Lagen eindringen und
werden im Verlauf der Sanierung langsam wieder abgegeben. Für die Beispielrechnungen werden
folgende Annahmen getroffen: Der Grundwasserleiter wird von Kalksteinkies mit einem
Korndurchmesser von 6 mm aufgebaut, die Intrapartikelporosität beträgt n = 0,05, die Trockenraumdichte 2,57 g/cm³ und der Gehalt an organisch gebundenem Kohlenstoff oc = 0,001 g/g. Für die
gering durchlässigen Lagen wird eine Schichtdicke von 0,2 m angenommen, bei einer Porosität
von n = 0,4, einer Trockenraumdichte von 1,62 g/cm³ und oc = 0,01 g/g.
Der diffusionskontrollierte Rückgang der Schadstoffgehalte in den Kieskomponenten läßt sich wie
folgt berechnen (GRATHWOHL, 1998):
D
6
M
= 1 − exp[ −π a t ]
π
M eq
a²
(6)
M ist die Masse an Schadstoffen, die aus dem Korn in der Zeit t herausdiffundiert, Meq die Masse an
Schadstoffen im Inneren des Korns unter Gleichgewichtsbedingungen, die am Anfang der Sanierung
enthalten ist, und a [L] der Kornradius. Durch umformen der Gleichung läßt sich t90 (die Zeitdauer, die
für eine Desorption von 90 % der Schadstoffe notwendig ist) berechnen.
(7)
t 90 = 0,183
a2
Da
Damit ergeben sich für die betrachteten LCKW folgende Sanierungszeiten (t90): TCM 4,5 Tage, TCE
7,1 Tage und PCE 14,7 Tage. Daraus wird deutlich, daß für LCKW in Porengrundwasserleitern die
diffusionskontrollierte Desorption aus Lithofragmenten zu keiner wesentlichen Verlängerung der
Sanierungszeit führt. Anders ist die Situation bei Verbindung mit höherem Kow. Für Phenanthren
beispielsweise, einem PAK mit einem log Kow = 4,63, berechnet sich unter sonst gleichen
Bedingungen eine Sanierungszeit von 4,4 Jahren. Neben dem Kow nimmt auch die diffussionswirksame
Strecke entscheidend Einfluß auf die Sanierungszeit. Für PCE würde sich bei einem
Kluftgrundwasserleiter mit einem Kluftabstand von 20 cm (gegnüber einem Kieskorndurchmesser von
0,6 cm) bereits eine Sanierungszeit von 45 Jahren einstellen.
Die Berechnung der Sanierungszeit t90 bei diffusionskontrollierter Desorption aus gering durchlässigen Lagen erfolgt in ähnlicher Weise:
(8)
t 90 = 0,212
d2
Da
Dabei ist d [L] die Schichtdicke der gering durchlässigen Lage. Für die gewählten Randbedingungen
ergeben sich folgende Sanierungszeiten: TCM 6,3 Jahre, TCE 9,7 Jahre und PCE 19, 6 Jahre.
4
Schadstoff-Freisetzung aus feinverteilter residualer Phase
Die Sanierungszeit, also die Zeitdauer bis zur vollständigen Lösung der residualen Phase unter
Gleichgewichtsbedingungen, kann aus der Retardation R [-] der voranschreitenden Lösungsfront vlsg
[L/t] gegenüber der Abstandsgeschwindigkeit des Grundwasser va [L/t] unter Berücksichtigung des
Volumens der residualen Phase berechnet werden (GRATHWOHL, 1997).
(9)
R=
ρ θ
va
= 1+ o
v lsg
Co n
Der Retardationsfaktor beschreibt, wie oft das kontaminierte Aquifervolumen bis zur vollständigen
Lösung der residualen Phase ausgetauscht werden muß. ρo bezeichnet die Dichte der organischen
Phase [M/L³], θ [-] die mit residualer organischer Phase erfüllte Porosität und Co [M/L³] die
Wasserlöslichkeit der organischen Phase. Für das hier vorgestellte Beispiel wird eine engbegrenzte
Schadstoffeintragsfläche von 1 m² angenommen und θ = 0,003 gesetzt. Bei einer Abstandsgeschwindigkeit von 1 m/d ergeben sich folgende Sanierungszeiten: TCM 3 Tage, TCE 14 Tage und
PCE 108 Tage. Auch hier ist zu beachten, daß Stoffgruppen mit geringer Wasserlöslichkeit, wie
beispielsweise PAK, unter diesen Bedingungen Sanierungszeiten von mehreren Jahrzehnten bis
Jahrhunderten zeigen.
5
Schadstoff-Freisetzung aus „Pools“
Die Schadstoff-Freisetzung aus „Pools“ an der Aquifersohle in das Grundwasser wird durch
Diffusions- und Dispersionsvorgänge kontrolliert. Bei Abstandsgeschwindigkeiten von 1 m/d und
mehr kann die Diffusion vernachlässigt werden. Die vertikale transversale Dispersion bestimmt dann
die Schadstoff-Freisetzungsrate Fp [M/T], die wie folgt berechnet werden kann (GRATHWOHL, 1998):
(10)
Fp = 2 Co n v a
α t Lp
Bp
π
Lp [L] bezeichnet die Länge des zentralen „Pool“-Streifens und Bp [L] die Breite des „Pool“-Streifens.
Für die Betrachtungen werden folgende Annahmen getroffen: Lp = 10 m, Bp = 1 m, vertikale
transversale Dispersivität αt = 0,2 mm und Abstandsgeschwindigkeit va = 1 m/d. Die Sanierunggzeit,
das heißt die Zeit bis zur vollständigen Lösung des Pools (tlsg) ist dann (GRATHWOHL, 1998):
(11)
t lsg =
Mp
Fp
,
M p = L p H p nρ o S o
Mp steht für die Masse an Lösemittel im „Pool“, Hp [L] für die „Pool“-Höhe und So [-] für die
Residualsättigung der organischen Phase im Pool (kann vereinfacht mit So = 1 angenommen werden).
Für die Berechnungen wird eine „Pool“-Höhe von 5 cm angenommen. Danach ergeben sich für die
einzelnen LCKW folgende Sanierungszeiten:TCM 5 Jahre, TCE 36 Jahre und PCE 294 Jahre.
6
Schlußfolgerungen
Die Sanierungszeiten bei Grundwasserverunreinigungen durch LCKW können je nach Schadensbild
und den beteiligten Schadstoffen erheblich variieren. Bei diffusionskontrollierter Desorption ist zum
einen bei Kluftgrundwasserleitern und zum anderen bei Porengrundwasserleitern in Gegenwart von
gering durchlässigen Lagen mit einer erheblichen Sanierungsdauer von bis zu mehreren Jahrzehnten
zu rechnen. Unterschiede in der Sanierungsdauer zwischen einzelnen LCKW sind dabei nicht stark
ausgeprägt und bleiben deutlich unter einer Größenordnung.
Im Fall von LCKW in Phase wirken sich vor allem Lösemittel -„Pools“ auf die Sanierungsdauer aus.
In Abhängigkeit von der Wasserlöslichkeit der beteiligten LCKW können sich Sanierungszeiten von
einigen Jahren bis zu mehreren Jahrhunderten ergeben.
Die vorgestellten Berechnungsverfahren basieren auf analytischen Lösungen und bedürfen keines
wesentlichen zusätzlichen Untersuchungsaufwands. Wie bei allen geotechnischen oder geohydraulischen Berechnungsverfahren bestehen auch hier Unsicherheiten, die aus der begrenzenten
Information über die Untergrundverhältnisse und das Schadensbild resultieren. Doch auch unter
ungünstigen Voraussetzungen lassen sich zumindest best-case- und worst-case-Szenarien für eine
geplante Sanierungsmaßnahme simulieren. Auf diesem Wege kann ein wichtiger Beitrag zur Auswahl
und zur Konzeption von Sanierungsverfahren geleistet werden.
7
Literatur
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und im Grundwasser.- Gas - Wasser - Abwasser, 63 (9): 517-531; Zürich
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Methoden zur Berechnung der in-situ-Schadstoffkonzentrationen.- Grundwasser 4/97: pp. 157-166.
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VERSCHUEREN, K. (1983): Handbook of environmental data on organic chemicals.- Van Nostrand
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Gefährdungspotential und Mobilisierbarkeit
von Sprengstoffrückständen im Boden
Szöcs, A.
Geographisches Institut der Johannes Gutenberg-Universität, D-55099 Mainz
e-mail: [email protected]
Abstract: Contaminated former ammunition plants have a high hazard potential, even more if they are
settlements or situated in drinking-water catchment areas. On the territory of the former TNT-plant in
Stadtallendorf an extensive geoecosystem-analysis has been carried out. For a sustainable redevelopment of the site it was possible to demonstrate the contributing factors for the migration of nitroaromatic compounds and their spatial-temporal variety in the quasi-natural landscape.
Zusammenfassung: Von kontaminierten Rüstungsaltstandorten geht ein hohes Gefährdungspotential
aus. Dies umso mehr, wenn sie besiedelt sind oder in Trinkwassereinzugsgebieten liegen. Im Areal der
ehemaligen TNT-Fabrik Stadtallendorf wurde eine umfangreiche Geoökosystemanalyse durchgeführt.
Für dessen nachhaltige Sanierung konnten die Nitroaromaten-Mobilität steuernde Faktoren sowie
deren räumlich-zeitliche Variabilität in der quasi-natürlichen Landschaft aufgezeigt werden.
Keywords: geoecosytem-analysis, soilwater, migration of nitroaromatics, former ammunition plant;
Schlagworte: Geoökosystemanalyse, Bodenwasser, Nitroaromaten-Verlagerung, Rüstungsaltstandort;
1
Einführung
Im hessischen Stadtallendorf bei Marburg entstand ab 1938 die größte Trinitrotoluol-Fabrik Europas.
Bis Ende des II. Weltkrieges produzierte sie über 130.000 t TNT, weitere 6.000 t Sprengstoff sowie
zahlreiche Vor-, Abbau- und Begleitprodukte (bes. Nitroaromaten) wurden während der Produktion
wie auch nach dem Krieg durch Demontagen und Delaborierungen freigesetzt. (PREUSS 1996).
Diese kurze, aber äußerst intensive industrielle Tätigkeit hat einen Rüstungsaltstandort mit hohem
Gefährdungspotential hinterlassen, da die vorhandenen Schadstoffe hämato- und hepatotoxische Wirkungen zeigen und als mutagen bzw. kanzerogen gelten (KOSS ET AL. 1989).
Das Gelände des ehemaligen Werkes Allendorf (ca. 420 ha) bewohnen heute etwa 4.000 Menschen
(HIM-ASG 1995). Die noch vorhandenen Anlagen zur Wassergewinnung (ca. 10 Mio. m3/a) versorgen etwa 250.000 Menschen im mittelhessischen Raum mit Trinkwasser (PREUSS 1996).
Die Geographischen Institute der Universitäten Mainz und Marburg waren im Rahmen des F&EVorhabens „Modellhafte Sanierung von Altlasten am Beispiel des Rüstungsaltstandortes Stadtallendorf“ des Landes Hessen und des BMFT mit einem Teil der wissenschaftlichen Begleitung des Sanierungsvorhabens beauftragt worden (PREUSS & SZÖCS 1996).
Das Untersuchungsprogramm gliederte sich in mehrere Teilprojekte, die die geoökologischen Determinanten zur Durchführung und Überprüfung der vorgesehenen Sanierungsmaßnahme ermitteln sollten. Dies reichte von der historisch-genetischen Rekonstruktion des Werkes über geoökologische Kartierungen und Standortanalysen bis hin zu Sanierungs- und Rekultivierungsempfehlungen (ebd.).
Nachfolgend werden die Zustandsanalysen an repräsentativen Standorten vorgestellt, die insbesondere
zur Beurteilung der Nitroaromaten-Mobilität und des Bodenwasserhaushaltes dienten (SZÖCS 1998).
2
Untersuchungskonzept und Methoden
Die Auswahl von siebzehn repräsentativen Standorten erfolgte im Wesentlichen nach den Faktoren
Kontaminationsverdacht, Oberflächenbedeckung, Relief und Bodentyp (PREUSS & SZÖCS 1996) auf
der Grundlage zahlreicher Erkundungen, Sondierungen und Modellierungen im Untersuchungsgebiet.
An ihnen sollte der geoökologische Ist-Zustand charakterisiert sowie Angaben zur Pedogenese, zu
physiko-chemischen Eigenschaften und zur anthropogenen Beanspruchung bestimmt werden.
Die Komplexe Standortanalyse als Teil der Geoökosystemanalyse, deren konzeptionelle Grundlagen
auf Arbeiten von MOSIMANN (1978) zurückgehen, unterscheidet prinzipiell zwischen statischen Größen, die einmalig untersucht und aufgezeichnet werden, und dynamischen Größen, die als Prozeßmerkmale kontinuierlich oder periodisch registriert werden (vgl. Abb. 1). Die anthropogenen Modifikationen der Partialkomplexe werden innerhalb der jeweiligen Kompartimente gekennzeichnet, wobei
die Strukturvariable „Schadstoff“ aufgrund der gegebenen Fragestellung stärker gewichtet wird.
GEOÖKOLOGISCHE BESTANDSAUFNAHME
Schadstoffe in der
Bodenlösung
Kationen
Redoxpotential
elektrische
Leitfähigkeit
Chemie des Bodenwassers
pH-Wert
unterirdisch (Au)
oberirdisch (Ao)
Abfluß
Verdunstung
Niederschlag
Luftfeuchte
Temperatur
Schadstoffpool im
Bodensubstrat
Geologie
Oberflächennaher
Untergrund
Mesoklima
Boden
Aklimatische Geoökosystem-Kompartimente
Relief
Dynamische Geofaktoren (periodische Erfassung)
Oberflächenbedeckung
Statische Geofaktoren (singuläre Erfassung)
REPRÄSENTATIVE STANDORTE
Abb. 1: Beziehung zwischen statischen und dynamischen Geofaktoren (SZÖCS 1998)
Nach der Geoökologischen Bestandsaufnahme und einer differenzierten Beprobung wurden die vorhandenen Profilgruben zu Lysimeterstationen ausgebaut, die mit Saugkerzen, Trichterlysimetern,
Thermofühlern und Gipsblockelektroden zur Erfassung des Bodenfeuchteregimes instrumentiert wurden (vgl. Tab. 1), um über einen Zeitraum von zwei Jahren die qualitative und quantitative Dynamik
des Bodenwasserhaushaltes erfassen zu können. Ergänzt wurde das Meßnetz durch eine Klimastation
zur Registrierung des Niederschlages und der Basisdaten zur Berechnung der Evapotranspiration.
Neben den Standortaufnahmen und Profilbeschreibungen wurden über 150 Bodenproben nach Standardverfahren physikalisch (Kf, pF, Bodenart) und chemisch (pH, CaCO3, KAK, C/N/P, Schwermetalle, Nitroaromaten) analysiert. Von den über 2.500 Bodenlösungsproben wurden Volumen, pH-Wert,
EC, Nähr- und Schwermetall- sowie Nitroaromatengehalte ermittelt. Die Bestimmung der Metalle im
Königswasser- und im 0,1 N HCl-Aufschluß erfolgte mit einem Fl-AAS. Mit Hilfe der Chromatographie (HPLC-UVD, GC-ECD) ließen sich die Nitroaromaten im Boden (Methanol-Extraktion)
und in der Bodenlösung (DCM-Extraktion) bestimmen. Neben dem TNT waren dies Vorprodukte aus
der Produktion (DNT) und mikrobielle bzw. photolytische Abbauprodukte (ADNT, DANT u. a.).
3
Ergebnisse und Diskussion
Entsprechend des Ausgangsgesteins (Buntsandstein) zeigten die Profilaufnahmen mehr oder weniger
ausgeprägte Braunerde-Merkmale. Die Subtypen wiesen entweder hydromorphe Merkmale, Übergänge zu anderen Typen (Ranker, Podsol) oder eine starke anthropogene Beeinflussung auf (Tab. 1).
Die Bodenart variierte überwiegend zwischen lehmigen und schluffigen Sanden. Lediglich in einigen
Horizonten mit technogenen Substraten dominierte die Schluff/Ton-Fraktion. Weiterhin wichen alle
anthropogenen Bodenprofile durch erhöhte pH-Werte (6,5-8) von den natürlichen, basenarmen Braunerden (pH 3,5-5) ab. Die Ursache liegt im Eintrag von kalkhaltigen Neutralisationsschlämmen und
Bauschutt. Überdies traten z. T. extreme Schwermetall-Belastungen auf. Diese, wie auch die Nitroaromaten-Belastungen, waren immer an eine anthropogene Veränderung des gesamten Standortes
gebunden, so daß jeweils mehrere Indikatoren eine Kontamination erwarten ließen (SZÖCS 1998).
Su3
Su2
Sl2
Sl4
Sl3
Su3
Sl3
Sl3
Su2
Su2
Sl2
Su2
Sl4
Sl3
Sl3
Sl2
Ls4
Sl2
* nach Horizontmächtigkeit gemittelt für den ersten Meter
Gipsblöcke**
Tr.-Lysimeter
Saugkerzen
Arbeitstiefen
2°
3°
3°
2°
2°
3°
2°
5°
8°
14°
5°
5°
6°
2°
2°
1°
3°
NA-Belastung
SG
GI
SG
BB
FM
GI/SG
GI/SG
FM
FM
FM
FL
NP
FL
GI
GI
FM
BB
Exposition
Kürzel
YY + fB-S
bG-YY
G-YY + fGN
shYY + fB
S/B-S
YO-B
YY
B-S
B
B-P
S-B
YY-B
B
B-N
N-B
YY + fyB
bS-YY + fB-S
Mittel
Neigung
Bodentyp
Auftragsboden über fossilem Braunerde-Pseudogley
verbraunter Gley-Auftragsboden
Gley-Auftragsboden über fossilem Nassgley
Auftragsboden mit Haftnässekennzeichen ü. fossiler Braunerde
Pseudogley bis Braunerde-Pseudogley
Hortisol-Braunerde
Auftragsboden
Braunerde-Pseudogley
Braunerde
Braunerde-Podsol
Pseudogley-Braunerde
Auftragsboden-Braunerde
Braunerde
Braunerde-Ranker
Ranker-Braunerde, anthropogen überprägt
Auftragsboden über gestörter fossiler Braunerde
verbr. Pseudogley-Auftragsboden ü. foss. Braunerde-Pseudogley
Nutzung
rS 01
rS 02
rS 02a
rS 03
rS 04
rS 05
rS 06
rS 07
rS 08
rS 09
rS 10
rS 11
rS 12
rS 13
rS 13a
rS 14
rS 16
Bodenart*
Standort-Nr.
Tab. 1: Überblick von Standort- und Profildaten sowie Instrumentierung der repräsentativen Standorte
N +
4 8 4 8
NO ++
5 10 4 8
NO ++
4 9 4 8
NW o
3 6 3 6
W o
2 4 2 4
W +
3 6 2 6
S ++
3 8 2 6
W +
2 4 2 4
W +
2 4 2 4
W +
2 4 2 4
SO +
2 4 2 4
S o
3 6 3 6
SO o
4 8 4 8
SO ++
3 6 2 6
SO ++
3 7 2 6
W ++
4 8 4 8
N ++
4 9 3 8
Summe 53 111 47 104
** paarweise mit TFK 530
Da Schadstoffanteile nur über den Bodenwasserpfad pflanzenverfügbar oder in das Grundwasser verlagerbar sind, galt das Hauptaugenmerk der Untersuchungen dem Nitroaromatengehalt in der Bodenlösung unter quasi-natürlichen Standortbedingungen. Im Gegensatz zu Batch-Versuchen, die lediglich
das Adsorptionsvermögen simulieren und durch den Schüttelvorgang eine erhöhte Freisetzungsdynamik bewirken, konnte hierbei in einem realen Fließgleichgewicht gemessen werden, das sich nach 50jähriger Verweilzeit der Schadstoffe im Geoökosystem eingestellt hat.
An sieben Standorten wurden regelmäßig Nitroaromaten in der Bodenlösung nachgewiesen, in fünf
weiteren nur gelegentlich. Daher konnten nur erstere einer raum-zeitlichen Auswertung unterzogen
werden. Die Abb. 2 verdeutlicht das enorme Gefährdungspotential für das Trinkwasser, für das in
diesen Fällen der Pestizid-Grenzwert der TVO von 0,1 µg/l gilt. Bereits geringe Mengen derartig kontaminierter Bodenlösungen führen zu erheblichen Verunreinigungen des Grundwassers.
Die ermittelten Nitroaromaten-Konzentrationen variierten über sieben Dekaden (Abb. 2; N = Zahl der
Beprobungen), so daß für die hier nicht dargestellten Jahresgänge Amplitudenwerte zwischen dem
Minimum (= 0) und dem Maximum (= 100) berechnet wurden, um dann über alle Standorte hinweg
verallgemeinerbare Trends der Abhängigkeit von den klima-hydrologischen Bedingungen erkennen zu
können (SZÖCS 1998). Beim Verhältnis vom Ausgangsstoff TNT zu seinen primären mikrobiellen
Metaboliten (4-ADNT und 2-ADNT) war es möglich standort- und jahreszeitentypische Veränderungen der Stoffkonzentration aufzuzeigen.
Abb. 2: Spannweiten der Nitroaromaten-Konzentration (TNT, 4-ADNT, 2-ADNT)
Für Stadtallendorf liegen aus Rastersondierungen (50*50 m) und engmaschigen Standorterkundungen
viele tausend Meßwerte zur Nitroaromatenbelastung der Böden vor. Um eine Beziehung zwischen
Feststoff- und verlagerbaren Lösungskontaminationen herzustellen, wurden für den ersten Bodenmeter
nach Horizontmächtigkeit prozentual gewichtete Mittelwerte für die Boden- und Bodenwasserkonzentrationen berechnet. Eine Regression dieser Standortmittelwerte lieferte die in Abb. 3 genannte
Formel. Mit ihrer Hilfe konnten alle aus den Sanierungserkundungen verfügbaren Daten der Bodenkontamination in Schadstoffkonzentrationen der Lösungsphase überführt werden.
Bodenkonzentration der
Raster- und Standorterkundung [mg/kg]
Lösungskonzentration
der Saugkerzen [µg/l]
y = 611,11x 0 ,9 1 9 6 [µg/l]
Karte der
Oberflächenbedeckung
Tabellen zur Berechnung
der Sickerwasserrate
Karte der TNT
Lösungskonzentration [µg/l]
Karte der
2
Infiltrationsrate [l/m ]
Karte der TNT-Fracht des
2
Lösungsaustrages [µg/m ]
Abb. 3: Verknüpfungsschema zur Berechnung des flächenhaften Nitroaromaten-Austrages
In einem weiteren Arbeitsschritt wurden aus einer Karte der Oberflächenbedeckung mit Hilfe von
oberflächenabhängigen Verdunstungs- und Absickerungsraten eines vergleichbaren Raumes (n.
BRECHTEL & SCHEELE 1982) jährliche, flächenspezifische Infiltrationsraten für den Untersuchungsraum berechnet. Aus der Menge der Versickerung und der Lösungskonzentration lies sich schließlich
eine Prognose über den jährlichen, flächenspezifischen Gesamtaustrag der Nitroaromaten auf dem
Rüstungsaltstandort Stadtallendorf ableiten.
4
Schlußfolgerungen
Es ist gelungen, für einen Rüstungsaltstandort einen Bezug zwischen dem Schadstoffgehalt im Boden
und dem Austrag über den Lösungspfad im komplexen System der Landschaft herzustellen.
Durch die geoökologischen und vor allem die pedohydrologischen Analysen am Rüstungsaltstandort
Stadtallendorf liegen standortbezogene Informationen vor, die eine größenordnungsmäßige Austragsprognose für TNT in Abhängigkeit der lokalen Schadstoffverteilung und der oberflächenspezifischen
Infiltrationsrate erlauben. Sie gestatten mit relativ einfachen Mitteln eine Bestandsaufnahme im Sinne
der im Bundes-Bodenschutzgesetz geforderten Gefährdungsabschätzung. Die Orientierung an landschaftshaushaltlichen Rahmenbedingungen sollte die Durchführung von sowohl ökologisch als auch
ökonomisch tragbaren Sanierungsverfahren ermöglichen.
Ein Transfer der Ergebnisse auf andere Standorte ist möglich, wenn die relevanten Steuerungsgrößen
entsprechend der regionalen bzw. lokalen Wirksamkeit und Dynamik berücksichtigt werden und in die
Berechnungen des Bodenwasserhaushaltes einfließen.
5
Literatur
BRECHTEL, H.M. & SCHEELE, G. (1982): Erwirtschaftung von Grundwasser durch land- und forstwirtschaftliche Maßnahmen. 4. Fortbildungsseminar Grundwasser "Nutzbares Grundwasserdargebot", 11.14.10.1982 in Darmstadt. Hrsg.: DVWK. Bonn/Hann. Münden.
HIM-ASG (Hessische Industriemüll – Bereich Altlastensanierung – 1995): Rüstungsaltstandort Stadtallendorf – Sachstand, Sanierungsperspektiven, Beteiligungsmöglichkeiten. Broschüre der HIM-ASGProjektleitung Stadtallendorf.
KOSS, G. & LOMMEL, A. & OLLROGE, I. & TESSERAUX, I. & HAAS, R. & KAPPOS, A. D. (1989): Zur
Toxikologie der Nitrotoluole und weiterer Nitroaromaten aus rüstungsbedingten Altlasten. Bundesgesundheitsbl. 12: 527-536.
MOSIMANN, T. (1978): Der Standort im landschaftlichen Ökosystem – ein Regelkreis für den Strahlungs-, Wasser- und Nährstoffhaushalt als Forschungsansatz für die komplexe Standortanalyse in der
topologischen Dimension. Catena (5): 351-364.
PREUSS, J. (1996): Alte Rüstungsstandorte – Erfassung und Bewertung von Umweltkontaminationen.
Forschungsmagazin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 12 (1): 34-51.
PREUSS, J. & SZÖCS, A. (1996): Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Forschungsprojektes "Modellhafte Sanierung von Altlasten am Beispiel des Rüstungsaltstandortes Stadtallendorf“.
Abschlußbericht der Arbeitsgruppe Rüstungsaltlasten an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
(PROF. DR. J. PREUSS UND MITARB.) zum F&E-Vorhaben im Auftrag des Landes Hessen. Mainz.
SZÖCS, A. (1998): Geoökologische Systemanalyse und Bestimmung der Nitroaromaten-Mobilität auf
dem großflächigen Rüstungsaltstandort Stadtallendorf bei Marburg. Dissertation am FB Geowissenschaften der Universität Mainz (Göttingen 1999).
Wirksamkeit von mineralischen Oberflächenabdeckungen zur Sicherung
von Altablagerungen: Ergebnisse von Langzeit-Beobachtungen an einem
Großlysimeter.
W. U. Henken-Mellies & E. Gartung
LGA - Grundbauinstitut, Tillystraße 2, 90431 Nürnberg
eMail: [email protected]
abstract: On the cover of the municipal landfill of Aurach (Bavaria) a test field has been installed for long-term monitoring of the performance of a single liner system consisting of clayey
sand. During summer the water budget of the cover is controlled by evapo-transpiration. In
winter, however, substantial percolation through the landfill cover takes place.
Zusammenfassung: Auf der Deponie Aurach besteht seit 2 Jahren ein Versuchsfeld zur Langzeit-Beobachtung der Wirksamkeit einer einschichtigen, mineralischen Oberflächenabdeckung.
Im Sommerhalbjahr wird der Wasserhaushalt der Abdeckungsschicht durch die Evapotranspiration und die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens bestimmt. Im Winterhalbjahr findet nach
Wassersättigung des Bodens eine Sickerwasserneubildung statt.
1
Einleitung
Für die Sanierung oder Sicherung von Altlasten steht ein weites Spektrum von Maßnahmen zur
Auswahl - von aufwendigen Dekontaminationsmaßnahmen bis hin zu einfachen Oberflächenabdeckungen. Häufig sind alte Hausmülldeponien und sonstige Altablagerungen mit einer einfachen mineralischen Oberflächenabdeckung versehen. Diese dient vor allem dazu, den direkten
Kontakt mit dem Ablagerungsmaterial zu verhindern und die Auslaugung von Schadstoffen zu
reduzieren. Wie wirksam solche mineralischen Oberflächenabdeckungen sind, wird im allgemeinen nur qualitativ abgeschätzt. Tatsächliche Langzeit-Messungen sind nur in wenigen Fällen
erfolgt.
Die LGA führt im Auftrag des Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen seit über 2 Jahren das Forschungsprojekt „Langzeituntersuchungen an einer mineralischen Oberflächenabdichtung (Deponie „Im Dienstfeld“/Aurach)“ durch, in dessen Rahmen
die Wirksamkeit einer einfachen mineralischen Oberflächenabdichtung untersucht wird. Über
die bisherigen Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens wird nachfolgend berichtet.
2
Versuchsfeld
Die Deponie „Im Dienstfeld“ liegt ca. 2,5 km westlich der Ortschaft Aurach in Mittelfranken.
Es handelt sich um die Hausmülldeponie des Landkreises Ansbach, die bis zum Jahr 1998 betrieben wurde. Die einzelnen Einbauabschnitte wurden nach ihrer Verfüllung mit einer mineralischen Oberflächenabdeckung aus örtlich vorhandenen bindigen Sanden (SandsteinkeuperZersatz) ohne konkrete Vorgaben bezüglich Verdichtungsgrad und Qualitätsüberwachung versehen. Mit dem Versuchsfeld soll die Wirksamkeit dieser mineralischen Oberflächenabdeckung
untersucht werden.
Vor dem Bau des Versuchsfeldes war die vorhandene Abdeckung gründlich geotechnisch untersucht worden. Der Verdichtungsgrad des Bodens betrug im Mittel 92% der Proctordichte. Die
Wasserdurchlässigkeitswerte k10 streuten im Bereich zwischen 10-7 und 10-10 m/s, wobei die
Mehrzahl der Proben bei k10<5x10-9 m/s lagen. Die Mächtigkeit der Abdeckung beträgt 1,51,8m.
An der Südböschung des Bauabschnitts I der Deponie wurde im Zuge von BöschungsSanierungsarbeiten im Herbst 1996 ein Versuchsfeld hergestellt. Es handelt sich um ein Großlysimeter von 520 m² Oberfläche, in dem die zu untersuchende Abdeckung von einem Sickerwasser-Auffangsystem unterlagert wird. Der Profilaufbau des Versuchsfeldes ist der Abbildung 1 zu
entnehmen.
Abbildung 1: Profilaufbau des Versuchsfeldes
Im Versuchsfeld werden zwei Wasserflüsse gemessen:
- AO = Oberflächenabfluß,
- ASW = Sickerwasserabfluß (= Durchsickerung der Oberflächenabdeckung).
Das Oberflächenwasser wird in einem kiesgefüllten Drängraben am unteren Rand des Versuchsfeldes aufgefangen. Das Sickerwasser wird in der Dränschicht unter der mineralischen Abdeckung abgeführt. Die Wasserflüsse werden im Meßcontainer am Fuß des Versuchsfeldes kontinuierlich gemessen.
Zur kontinuierlichen Messung der Bodenfeuchte bzw. der Saugspannung ist das Versuchsfeld
mit zwei Tensiometer-Meßprofilen ausgestattet. Ein Profil mit 6 Temperaturfühlern liefert darüberhinaus Daten über die Temperaturverteilung zwischen Müllkörper und Bodenoberfläche.
Die relevanten Wetterdaten (Niederschlag, Lufttemperatur, rel. Luftfeuchtigkeit, Windrichtung
und -geschwindigkeit) werden von der nahegelegenen Wetterstation der Deponie kontinuierlich
erfaßt und stehen für die Auswertungen zur Verfügung.
3
Ergebnisse
3.1
Abflußmessungen
Die kontinuierliche Messung der Wasserflüsse erfolgt seit April 1997. Somit stehen mittlerweile
Abflußdaten aus zwei hydrologischen Jahren zur Verfügung. Die Monatssummen des Niederschlags und der Abflüsse für den Zeitraum April 1997 bis März 1999 sind in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: Monatssummen der Niederschläge und Abflüsse
Deutlich sind jahreszeitliche Änderungen des Abflußverhaltens zu erkennen: Im Frühsommer
1997 (April - Juli) ist eine geringe Sickerwasserbildung festzustellen. Diese kommt im Spätsommer bis Herbst 1997 (August - November) fast vollständig zum Erliegen. Erst mit ergiebigen Regenfällen im Dezember 1997 findet wieder eine Durchsickerung der Oberflächenabdeckung statt. In den Wintermonaten Dezember 1997 bis März 1998 sickern erhebliche Anteile
der Niederschläge durch die Abdeckung hindurch, ehe in den Sommermonaten des Jahres 1998
der Sickerwasserfluß wieder zum Erliegen kommt. Der frühe, regenreiche Herbstanfang 1998
führte dazu, daß bereits ab September wieder eine Sickerwasserbildung festzustellen ist.
3.2
Wasserspannungsmessungen
Im Juli 1998 wurden in zwei Meßprofilen je 5 Druckaufnehmer-Tensiometer in die Abdeckungsschicht eingebaut. Mit ihnen wird kontinuierlich das Matrixpotential (bzw.die Wasserspannung) des Bodens gemessen. Das Matrixpotential ist ein Maß dafür, welche Arbeit notwendig ist, um einer gegebenen Bodenmatrix eine Einheitsmenge Wasser zu entziehen. Das Matrixpotential ist vor allem abhängig von der Porengrößenverteilung und dem Porenvolumen sowie
vom jeweiligen Wassergehalt des Bodens. Bei ein und demselben Boden besteht ein direkter
Zusammenhang zwischen dem Wassergehalt und dem Matrixpotential. Das Matrixpotential
wird meist in der Dimension [hPa] angegeben. Es entspricht einem negativen hydrostatischen
Druck. In der Bodenkunde bleibt das negative Vorzeichen häufig unberücksichtigt, und anstelle
des Matrixpotentials wird (als positiver Wert) die Wasserspannung angegeben.
Die Tensiometer sind zwischen 0,35 m und 1,55 m Tiefe in Tiefenintervallen von jeweils 0,3 m
eingebaut. Abbildung 3 zeigt den Verlauf der Wasserspannungsmessungen in den Tensiometern. In den beiden obersten Tensiometern stellen sich nach Einbau im Juli 1998 innerhalb von
einem Tag Wasserspannungen von > 800 hPa ein. Der Boden ist hier schon so weit ausgetrocknet, daß der Meßbereich der Tensiometer überschritten wird. Das Tensiometer in 0,95 m Tiefe
registriert im Verlauf des Monats Juli bis Anfang August zunehmende Wasserspannungen, bis
das Tensiometer ebenfalls trockenfällt. (Der wieder abfallende Ast dieser drei Kurven nach Erreichen des Maximums ist meßtechnisch bedingt und hat keine bodenphysikalische Bedeutung.)
Das Tensiometer in 1,25 m Tiefe zeigt den ganzen Sommer über kontinuierlich ansteigende
Wasserspannungen bis ca. 500 hPa Mitte September. Die Auswirkung des Bodenwasserentzugs
durch Evapotranspiration ist demnach bis zur Tiefe von 1,25 m meßbar.
Abbildung 3: Ergebnisse der Tensiometermessungen in der Abdeckungsschicht
Ab Mitte September ändern sich die Bodenwasserverhältnisse entscheidend: Ergiebige Niederschläge und niedrige Temperaturen führen zu einer raschen Wassersättigung des Bodens, was
an den gegen Null tendierenden Wasserspannungen abzulesen ist. Im Gegensatz zu den sommerlichen Verhältnissen mit Saugspannungen (= Unterdruck) zeigen die Tensiometer nun z.T.
geringe Überdrücke an. Die Werte liegen zwischen 0 hPa und 80 hPa (entsprechend 0 bis 0,8 m
Wassersäule); die Tensiometer messen demnach den Druck des überlagernden, nahezu gesättigten Bodenwassers. Ergiebige Niederschlagsereignisse lassen sich in den Tensiometern in Form
von Druckerhöhungen wiederfinden. Diese Ereignisse korrespondieren gleichfalls mit Spitzenwerten des Sickerwasserabflusses.
4
Diskussion und Schlußfolgerung
Die Ergebnisse der Langzeitunteruchungen geben Auskunft über den Wasserhaushalt und die
Wasserbewegungen in der mineralischen Abdeckungsschicht:
Im hydrologischen Sommerhalbjahr werden die Niederschläge ganz überwiegend via Evapotranspiration wieder an die Atmosphäre abgegeben. Zusätzlich wird Bodenwasser aus den
oberen Bodenschichten abgegeben. Oberflächenabfluß tritt nur untergeordnet auf (in Abhängigkeit von Hangneigung, Oberflächenbeschaffenheit und Niederschlagsintensität). Eine Sickerwasserbildung findet nicht statt, wenn der Pflanzenbewuchs eine hohe Transpiration bewirkt.
Hier sind Unterschiede zwischen dem Sommer 1997 und 1998 zu verzeichnen: Im Frühsommer
1997 war im Versuchsfeld Sickerwasserbildung feststellbar. Zu dieser Zeit war die Pflanzendecke auf der Rekultivierungsschicht noch nicht voll entwickelt. Im gleichen Zeitraum des Jahres
1998 tendierte der Sickerwasserabfluß gegen Null.
Hinsichtlich der Langzeit-Wirksamkeit der Oberflächenabdeckung ist als kritisch einzustufen,
daß der Wasserentzug in der mineralischen Abdeckungsschicht bis in eine Tiefe von 1,25m
nachweisbar ist. Langfristig ist daher mit einer austrocknungsbedingten Verschlechterung der
Abdichtungswirkung zu rechnen. Der Schwachpunkt des einschichtigen Aufbaus der Abdeckung besteht darin, daß hier der kapillare Wasseraufstieg nicht gebrochen wird.
Im hydrologischen Winterhalbjahr geht die Evapotranspiration sehr stark zurück. Die Niederschläge führen zunächst vor allem zur Wiederauffüllung des Bodenwasser-Reservoirs. Weitere
Niederschläge, die nicht mehr vom Boden aufgenommen werden können, führen zur Bildung
von Oberflächenabfluß und Sickerwasserabfluß. Aufgrund des einschichtigen Aufbaus der
Oberflächenabdeckung (ohne Dränschicht) besteht für infiltrierendes Sickerwasser keine Möglichkeit, seitlich abgeführt zu werden. Ergiebige Niederschläge im Winterhalbjahr führen somit
zwangsläufig zu erheblichen Sickerwasserneubildungsraten. Hier ist der Vergleich des niederschlagsärmeren Winter 1997/98 mit dem regenreichen Winter 1998/99 aufschlußreich. Die
Summe der Sickerwasserbildung betrug im hydrologischen Jahr 1997/98 91 mm; im feuchten
Jahr 1998/99 lag sie bei 246 mm. Zum Vergleich: Die Grundwasserneubildung im Bereich der
Sandsteinkeuper-Böden im Landkreis Ansbach liegt in der Größenordnung von 50 - 100 mm/a.
Aus dem Sickerwasserabfluß läßt sich näherungsweise der mittlere Durchlässigkeitsbeiwert der
Oberflächenabdeckung rückrechnen: Im Halbjahr von Oktober 1998 bis März 1999 betrug die
Sickerwasserbildung 230 mm. Das rechnet sich um zu einem mittleren Wasserfluß von 1,5 x 108
m/s. Unter Annahme eines hydraulischen Gradienten von i = 1 ergibt sich kf = 1,5 x 10-8 m/s.
Dieser Wert liegt um eine halbe Zehnerpotenz über dem beim Einbau nachgewiesenen mittleren
K-Wert. Die Verschlechterung der Abdichtungswirkung ist auf eine Summe von Effekten wie
Austrocknung, Durchwurzelung und Wühltätigkeit zurückzuführen. Langfristig ist damit zu
rechnen, daß die Sickerwasserneubildung einfacher mineralischer Abdeckungen in der gleichen
Größenordnung liegt wie die lokale Grundwasserneubildung unter vergleichbaren Böden.
Bodenschutz und Strahlenschutzvorsorge in der Landwirtschaft
Tschernobyl und Ergebnisse des Jahres 1998
Henkelmann, G., Haisch, A.
BL 3a,b (Isotopentechnik, Ökosystemchemie, Metabolismus)
Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau
Menzinger Str. 54, 80638 München
email: [email protected]
Abstract: At the accident in the nuclear power plant of Chernobyl at April 26 in 1986 a great quantity
of radioactive materials was released and transported to the south of Germany. The most important
radionuclides have been iodine (I 131) und radiocesium (Cs 134 and Cs 137). The agriculture using
the largest area of the country was affected in particular. In the years following the accident of
Chernobyl the monitoring of the environmental radioactivity in the whole area became an evident
task.
Zusammenfassung: Bei dem Reaktorunfall von Tschernobyl am 26. April 1986 wurden große Mengen
radioaktiven Materials freigesetzt und mit dem Wind nach Süddeutschland verfrachtet. Insbesondere
das kurzlebige Jod (I 131) und Radiocäsium (Cäsium 134 und Cäsium 137) wurden vom Regen ausgewaschen. Die Landwirtschaft war davon besonders betroffen. Seit dem Unfall von Tschernobyl
werden im Rahmen der Strahlenschutzvorsorge die Nahrungsmittelgrundlagen flächendeckend auf
Umweltradioaktivität untersucht.
Keywords: Chernobyl, radiocesium, iodine, strontium, environmental radioactivity
Schlagworte: Tschernobyl, Radiocäsium, Iod, Strontium, Umweltradioaktivität
1
Strahlenschutzvorsorge
Seit dem Unfall im Jahre 1986 regelt das Strahlenschutzvorsorgegesetz die Aufgaben und die
Organisation einer bundeseinheitlichen Messung von Radionukliden. Die zuständige Bundesbehörde,
das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) koordiniert die
Maßnahmen zur Durchführung der Strahlenschutzvorsorge. Im Rahmen der Strahlenschutzvorsorge
haben die einzelnen Bundesländer die Messung von Boden, Wasser, Luft, Nahrungsmitteln und
landwirtschaftlichen Erzeugnissen durchzuführen. Es wird unterschieden zwischen einem alljährlichen
Routineprogramm und einem Intensivmeßprogramm. Darüber hinaus gibt es Landesmeßprogramme
der jeweiligen Bundesländer. Gemessen werden im alljährlichen Routinebetrieb unter anderem die
Nuklide Cäsium 137, Cäsium 134, Kobalt 60, Kalium 40, Iod 131 und Ruthen 106, Strontium 90,
Uran 235, Plutonium 238, Curium 242 und Americium 241. Im Intensivbetrieb (d.h. im Falle eines
kerntechnischen Unfalls oder eines Kernwaffenereignisses) kommen zu diesen noch weitere Nuklide
hinzu. Insgesamt werden an der LBP und zwei zugezogenen Meßstellen pro Jahr etwa 1500 Proben
untersucht.
2
Der kerntechnische Unfall in Tschernobyl
Beim Unfall im Kernkraftwerk Block IV in Tschernobyl am 26. April 1986 geriet die Kettenreaktion
im Reaktorkern außer Kontrolle. Nach einer Explosion und dem darauffolgenden Brand verdampften
6,7 t des Reaktorbrennstoffes der in der unteren Troposphäre (700-1500 m) verfrachtet wurde. Die
Gewitterwolken aus Tschernobyl regneten am 31. Mai und 1. April 1986 ihre radioaktive Last über
weite Bereiche Bayerns ab. Sie kamen von Nordosten und zogen nach Südwesten weiter. In
Südbayern wurden in manchen Gebieten mehr als 40 000 Bq je Quadratmeter abgeregnet. Das
Maximum der Belastung lag bei 100 000 Bq/m². LENGFELDER (1988) und BAYERISCHE
STAATSMINISTERIEN FÜR LANDESENTWICKLUNG UND UMWELTFRAGEN UND FÜR ERNÄHRUNG,
LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN (1987). Die folgende Abbildung zeigt den prozentualen Anteil der
einzelnen Nuklide in den Niederschlägen bis zum Mai 1986.
Cäsium137
6%
Cäsium 134
3%
Iod 131
27%
Tellur 132 u. Iod
132
35%
Ruthen 103
8%
Sonst.
(u.a.Strontium 90)
21%
Abbildung 1: Mittlere prozentuale Zusammensetzung der Radionuklide, die 1986 im
Raum München niedergegangen sind. SCHRIFTENREIHE DER LBP (1999).
3
Messungen von Cäsium 137
3.1
Messungen von Cäsium 137 im Boden (1998)
Alljährlich werden ausgewählte Flächen in ganz Bayern beprobt, um eine Vorstellung über die
radioaktive Kontamination der landwirtschaftlichen Flächen in Bayern zu erhalten. Die Belastungen
des Bodens liegen heute im Durchschnitt bei etwa 68 Bq /kg Trockensubstanz.
3.2
Cäsium 137 in Heu (1998)
War schon die radioaktive Belastung nach dem Unfall von Tschernobyl regional sehr unterschiedlich,
so drückt sich dies auch heute noch in den Cäsium 137 Gehalten im Heu der einzelnen
Regierungsbezirke Bayerns aus.
10
9
Bq/kg Trockensubstanz
8
7
6
5
4
3
2
1
Schwaben
Unterfranken
Mittelfranken
Oberfranken
Oberpfalz
Niederbayern
Oberbayern
0
Regierungsbezirk
Abbildung 2: Ergebnisse der Cäsium 137 Messungen im Heu (1998)
Aufgetragen ist der Median aus den Einzelergebnissen in den
Regierungsbezirken. Die Anzahl der Einzelmessungen beträgt 83
Alle 1998 gemessenen Werte liegen in einem unbedenklichen Bereich. Im bayerischen Durchschnitt
lag der Median der Werte bei 2.7 Bq/kg in der Trockensubstanz (TS), die Belastung im Vorjahr lag bei
3.2 Bq/kg TS. Im Vergleich dazu lag die Belastung von Heu im Jahre 1986 nach dem Unfall von
Tschernobyl durchschnittlich bei etwa 150 Bq/kg TS.
3.3
Messungen von Cäsium 137 Ernteprodukten (1998)
Im Rahmen der Strahlenschutzvorsorge wurden im Jahr 1998 folgende Proben untersucht:
Die Cs-137 Medianwerte der Einzelmeßergebnisse sind für die beprobten Futtermittel in folgender
Tabelle zusammengefaßt:
Tabelle 1: Messungen von Cäsium 137 in ausgewählten Ernteprodukten (1998)
Fruchtart
Median in Bq/kg TS
Maximalwert
Minimalwert
Probenzahl
Grünmais
Kartoffel
Hafer
Gerste
0.38
0.34
0.21
0.16
0.84
2.50
0.83
1.27
0.19
0.09
0.08
0.10
40
20
23
17
Die Ergebnisse der Radioaktivitätsuntersuchung von Cs-137 bei Futtermitteln ergab für das Jahr 1998
keine Unterschiede zu den Vorjahren. Die Werte für Cs-134 lagen unter der Nachweisgrenze.
3.00
2.50
Bq/kgTM
2.00
1.50
1.00
0.50
0.00
Heu 1.Schnitt
Grünmais
Kartoffel
Hafer
Gerste
Abbildung 3: Ergebnisse der Cäsium 137 Messungen in Futtermitteln (1998)
Aufgetragen ist der Median aus den Einzelergebnissen in den
Regierungsbezirken in Bq Cs 137 pro kg Trockenmasse (TM).
Von den freigesetzten Gammanukliden hat nach der Explosion des Reaktors in Tschernobyl heute das
Cäsium 137 noch Bedeutung, da es mit einer Halbwertszeit von 30.2 Jahren nur sehr langsam zerfällt.
Es sind rechnerisch heute insgesamt noch etwa 75% der damaligen Radioaktivität vorhanden. Durch
den geringen Transfer von Cäsium-137 in die Pflanze sind pflanzliche Produkte heute kaum mehr
kontaminiert, Pilze und Wildbret weisen aber, regional sehr unterschiedlich, noch immer hohe
Konzentrationen mit Radiocäsium auf.
4
Messungen von Strontium 90
Unter den zahlreichen Radionukliden, welche die explodierte und brennende Reaktorruine emittierte,
war auch das Strontium 90 nach KRÜGER ET AL. (1996) in nicht unerheblichem Maße enthalten.
Untersuchungen der Böden in Bayern ergaben aber keinen nachweisbaren Anstieg der Strontium 90Gehalte gegenüber den Meßergebnissen vor Tschernobyl. Das heute noch nachweisbare Strontium 90
stammt daher überwiegend aus dem Kernwaffen-Fallout. Das Strontium 90 aus dem “TschernobylReaktor” wurde wegen seiner höheren Verdampfungstemperatur früher durch die Niederschläge
ausgewaschen als die übrigen radioaktiven Stoffe. Im Gegensatz zum radioaktiven Cäsium wird das
Strontium nicht gleichmäßig im Körper verteilt und ausgeschieden, sondern Strontium 90 kann in die
Knochensubstanz von Heranwachsenden eingebaut werden. Die eingelagerte Radioaktivität stellt dann
für viele Jahre eine Quelle von radioaktiver Belastung für den Organismus dar. Auch wirkt sich die
Art der Strahlung, es handelt sich um einen Betastrahler, im Organismus ganz anders aus als die eines
Gammastrahlers. Die Wirkung der Betastrahlung ist bedeutend zerstörerischer. Eine Kontamination
mit radioaktivem Strontium ist daher bedeutend schwerwiegender einzustufen als eine Belastung mit
Radiocäsium. Daher wird in den Meßprogrammen zur Strahlenschutzvorsorge auch Strontium 90
untersucht.
4.1
Messungen von Strontium 90 im Boden (1998)
Die Kontaminationen mit Strontium 90 im Boden sind seit Jahren unverändert. Belastungen des
Bodens liegen etwa zwischen 1 und 10 Bq/kg. Der Median der Bodenbelastungen liegt bei 3.0 Bq pro
kg Heu in der Trockensubstanz (TS).
4.2
Messungen von Strontium 90 in Heu (1998)
Alle 1998 gemessenen Werte liegen in einem niedrigen Bereich. Im bayerischen Durchschnitt lag der
Median der Belastung aller Proben im Jahr 1998 bei 2.2 Bq/kg TS. Der Höchstwert betrug dabei 12.6
Bq/kg, der niedrigste Wert 1 Bq/kg TS.
4.3
Messungen von Strontium 90 in der Milch (1998)
Über den Eintragspfad Boden - Pflanze - Tier - Mensch kann das Strontium in die Nahrungskette gelangen. Vor allem, da sich das Strontium ähnlich wie Kalzium verhält, also auch in der Milch zu
finden ist. Routinemäßig werden Futtermittel, Lebensmittel, Fleisch und Milch auf Radiostrontium
untersucht. So lag z.B. der Medianwert der Belastung in der Milch bei 0.07 Bq/l Milch. Wegen der
Halbwertszeit von 28.5 Jahren und der Möglichkeit des Einbaus in die Knochensubstanz ist dies von
Bedeutung.
Der Strahlenschutzvorsorge in der Landwirtschaft kommt generell eine besondere Bedeutung zu, denn
die von ihr erzeugten Grundnahrungsmittel stehen am Anfang der Nahrungspfade, über die sich die
radioaktiven Stoffe ausbreiten. Aufgabe der Strahlenschutzvorsorge ist dabei eine vorausschauende
Risikobeurteilung der wichtigsten Eintrags- und Nahrungspfade und die Minimierung einer
Kontamination von Lebensmitteln. Da die Landwirtschaft der größte Flächennutzer in der
Bundesrepublik ist, wird sie durch grenzüberschreitende Belastungen mit Radionukliden naturgemäß
stark betroffen. Von den untersuchten Nukliden ist das Cäsium 137 neben Strontium 90 heute noch
von großer Bedeutung. Wegen der langen Halbwertszeiten dieser Nuklide kommt der Strahlenschutzvorsorge nach wie vor ein besonderer Stellenwert bei der nachhaltigen Erhaltung der Lebensgrundlagen und der Produktion gesunder Nahrungsmittel zu.
5
Literatur
BAYERISCHE STAATSMINISTERIEN FÜR LANDESENTWICKLUNG UND UMWELTFRAGEN UND FÜR
ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN (1987): Radioaktive Kontamination der Böden in
Bayern.
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Tschernobyl und die weiträumige Verfrachtung des freigesetzten Materials: Neuere Erkenntnisse und
ihre Bewertung, in „Zehn Jahre nach Tschernobyl, eine Bilanz“, Seminar des Bundesamtes für
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SCHRIFTENREIHE DER LBP (1999): Strahlenschutzvorsorge in der Landwirtschaft; (im Druck)
Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau, Menzinger Str. 54, 80638 München
11.
Radionuklide in Böden des Erzgebirges - Ursachen und Bewertung
Joachim Rotsche, Holger Dienemann
Technische Universität Dresden
Institut für Allgemeine Ökologie und Umweltschutz, Pienner Str. 8, 01737 Tharandt
e-mail: [email protected]
Abstract:
Natural radionuclides in rocks and soils in Germany are abundant in a wide range of specific activity.
In the Erzgebirge (Saxony, Germany) the natural occuring radionuclide relations changed due the
uranium mining and, in smaller scale, ancient mining activities. The specific activity of 238U and ist
daugthers in soil on dumps, and in influenced and non-influenced surrounding sites are presented and
the valuation criterias are discussed.
Zusammenfassung:
Natürliche Radionuklide sind in Gesteinen und Böden Deutschlands in sehr unterschiedlicher spez.
Aktivität vorhanden. Die natürlichen Radionuklidverhältnisse sind im Erzgebirge infolge des Uranerzbergbaus, in geringerem Maße durch den Altbergbau, verändert. Die spez. Aktivitäten von 238U
und seinen Zerfallsprodukten in Böden auf Halden, in deren Umgebung und im unbeeinflußten Umfeld
werden mitgeteilt und deren Bewertung diskutiert.
Keywords: Erzgebirge, soil, natural radionuclides
Schlagworte: Erzgebirge, Boden, natürliche Radionuklide
1.
Gesteine und Böden im Erzgebirge
Das Erzgebirge zählt wie auch andere deutsche Mittelgebirge zu den Gebieten in Deutschland, die eine
erhöhte Radioaktivität aufweisen. Ursache sind die relativ hohen Uran- und Thoriumgehalte der paläozoischen und mesozoischen Gesteine (Granite, Para- und Orthogneise , Glimmerschiefer, Phyllite,
Quarzporphyre) und die weit verbreiteten hydrothermalen Lagerstätten mit Ag, Bi, Co, Ni, Pb, Zn u.a.
Elementen, die in zahlreichen Fällen auch Uranerze bzw. erhöhte Urankonzentrationen enthalten.
Die Bodenbildung läuft im Erzgebirge, wie in ehemaligen Periglaziärgebieten, aber nicht nur in der
Verwitterungszone der Grundgesteine, sondern in den periglazialen Deckschichten ab. Diese stellen
Solifluktionsbildungen im weiteren Sinne dar.
Die allgemeine Schichtenfolge erzgebirgischer Böden umfaßt:
Oberdecke (Grundgesteinsmaterial, ist nur in wenigen, exponierten Fällen ausgebildet)
Hauptdecke (Solifluktionsbildungen aus Grundgesteinsmaterial und Lößlehm)
Basisdecke (reine lößfreie Solifluktionsbildungen aus Grundgesteinsmaterial)
Verwitterungsschicht (diese kann ausgeräumt sein) und Grundgestein
15.
11.
Periglaziale Deckschichten bestehen somit aus zwei unterschiedlichen Gesteinsmaterialien, dem verwitterten Grundgestein und dem eingewehtem Löß, welche die physikalischen Eigenschaften und die
mineralogische und chemische Zusammensetzung der darin entwickelten Böden bestimmen.
Als Bodentypen sind in großflächig im Erzgebirge vorhanden:
Braunerden auf Freiberger, Marienberger und Annaberger Gneis;
Podsol-Braunerden auf den Glimmerschiefern und Phylliten und
Braunerde-Podsole und Podsole auf den Graniten und Rhyolithen.
Braunerden und Braunerde-Ranker auf Diabasen und Metadiabasen
An vielen Stellen in den oberen Lagen des Erzgebirges finden wir Moore.
2.
Radionuklide in Gesteinen und Böden
Untersuchungen der Böden des Erzgebirges auf ihren Radionuklidinhalt liegen nur sehr sporadisch
vor. Großflächige Untersuchungen, wie beispielsweise in Thüringen (BGR, 1994) fehlen, oder sind
auf Bergbauhinterlassenschaften beschränkt und nicht allgemein zugänglich (ALASKA, BfS 19941999). Aus den bisher vorliegenden Ergebnissen ist abzulesen, daß die Radionuklidgehalte bzw. die
spezifischen Aktivitäten der einzelnen Nuklide in den natürlichen Böden denen der Grundgesteine
entsprechen. Der weitverbreitete, während des Weichselglazials eingewehte Löß besitzt etwas geringere spezifische Aktivitäten als die meisten erzgebirgischen Grundgesteine und verändert das radioaktive
Inventar der Böden nur in geringem Maße (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1:
Radionuklide in Gesteinen und Böden. Angaben in [Bq/kg].Quellen: BfS (1992), BMU (1996),
ROTSCHE (1998), ZETSCHE (1994)
238
U
Granite
60
Granite Erzgebirge
226
Ra
210
Pb
100
232
Th
120
40-220
Granodiorit
56
44
Syenit
30
31
Quarzporphyr
Tonschiefer
54
Hornblendeschiefer
50
13
Gneis
Löß Zehren
77
40
14
75
48
Boden Erzgeb. Becken
Boden Raum Aue
43
41
52
18-130
20-130
27-80
25-100
54
Boden auf Granit (Gleesberg)
70-130
65-75
38-72
Boden auf Quarzit (Alberoda)
50-57
54-56
63-70
Durch den jahrhundertelangen Bergbau im Erzgebirge wurden die natürlichen Verhältnisse der Böden
lokal sehr stark beeinflußt.
In der Frühzeit des Bergbaus wurden Sn, Fe, Cu, Ag abgebaut, später dann Bi, Co, Ni, Pb und Zn. Mit
den Buntmetallerzen wurden aber auch Uranerze aus diesen Lagerstätten mitgefördert, die bis in das
19. Jahrhundert hinein als nicht nutzbar auf die Bergehalden in der Umgebung der Gruben geschüttet
15.
11.
wurden. Die Folgen dieses Altbergbaus sind als kleinste und kleine Halden, Schürfe, Stollen und
Schächte, aber auch Aufbereitungsanlagen, wie Pochwerke und Hüttenbetriebe an zahlreichen Stellen
in den Bergbaurevieren des Erzgebirges zu finden.
In der jüngsten Bergbauepoche, der des Uranerzbergbaus von 1945 bis 1990, erfolgte der Bergbau in
einem vorher nicht gekannten Ausmaß. Es entstanden, weitgehend unkontrolliert und ohne Rücksicht
auf mögliche Kontamination der Umgebung, zahlreiche Ablagerungen und Halden sehr unterschiedlicher Größe. Die Zahl der Bergbauhalden erreichte mehrere Tausend mit einem Gesteinsinhalt von
vielen Millionen m³. Diese beeinflussen durch Austräge die natürlichen Verhältnisse bezüglich der
Bodengehalte an Radionukliden.
Das Ausmaß dieser Austräge kann anhand der Radionuklidgehalte der Böden verfolgt werden. Da aber
großflächige Untersuchungen an Böden im Augenblick noch fehlen, wird für die Beurteilung der Bodenverhältnisse die γ-Ortsdosisleistung (ODL) herangezogen. Diese zeigt den terrestrischen Teil der
natürlichen γ-Strahlung an und kann also als Maß für die im Boden enthaltenen Radionuklidaktivitäten
gelten.
In der Karte der γ-ODL bilden verschiedene Gesteine deutliche aber natürliche Anomalien: im Westen
des Erzgebirges der Eibenstocker Granit und der Kirchberger Granit oder im Osten die Quarzporphyre, der Markersbacher Granit und die sedimentären Gesteine des Döhlener Beckens.
Überlagert werden diese natürlichen Radionuklidanreicherungen in beträchtlichem Maße durch die
Bergbauaktivitäten der ehemaligen Wismut AG: an der mittleren Zwickauer Mulde (Crossen, Helmsdorf, Seeligstedt ), im Gebiet Schneckenstein, bei Auerbach, bei Lengefeld, im Raum SchlemaAlberoda-Aue, im Gebiet Johanngeorgenstadt, im Döhlener Becken (Coschütz-Bannewitz) und am
Rande des Elbsandsteingebirges (Königstein, Leupoldishain).
Diese anthropogenen Anomalien widerspiegeln Austräge von radioaktivem Material (mit 238U, 226Ra,
210
Pb) von Halden, Aufbereitungsanlagen, Absetzanlagen für Aufbereitungsrückstände (sog. Tailings),
Erzlagerflächen, Transportwegen und sonstigen übertägigen Bergbauanlagen. Untertägige Anlagen
tragen über Exhalation von 222Rn und über Grubenwässer mit gelösten und kolloidal transportierten
Radionukliden zur Kontamination der Umgebung bei.
3.
Radionuklide in den Böden des Gebietes Schlema-Alberoda
Im Gebiet Schlema-Alberoda, mit einer der größten Uranlagerstätte der Erde, sind durch den Uranbergbau in den Jahren von 1945 bis 1990 zahlreiche Halden (17 große Halden und Haldenkomplexe)
mit einem Inhalt von 46 Mio m³ und einer Aufstandsfläche von 536 ha entstanden. Gewonnen wurden
während der Bergbauzeit nach 1945 ca. 90.000 t Uran.
Die Halden sind über das gesamte Gemeindegebiet verbreitet. Innerhalb der Ortslage wurden die Halden inzwischen wieder abgetragen. Dem Bergbau fielen nach 1945 in Oberschlema alle Einrichtungen
des ehemaligen Radiumbades zum Opfer. Diese werden z.Z. wieder aufgebaut.
Die Verteilung von Radionukliden in den Böden wurde auf Halden und in deren Umgebung außerhalb
sowie auf zwei 1962/63 angelegten Rekultivierungsflächen untersucht. Die vorkommenden Böden
sind
Braunerden außerhalb der Halden und Locker-Syroseme und Locker-Syrosem-Regosole auf rekultivierten Haldenflächen.
15.
11.
Naturgemäß sind die Radionuklidgehalte in Böden der Halden am höchsten. In den untersuchten Profilen wurden nachfolgend aufgeführte Aktivitäten für die einzelnen Radionuklide ermittelt.
Tabelle 2:
Radionuklidgehalte von Böden auf Bergbauhalden und außerhalb von Halden.
Angaben in [Bq/kg]
238
U
226
Ra
210
Pb
235
U
232
Th
Böden auf Halden
Of, Oh, Of,h
60-340
50-500
500-630
<6-18
9-30
Ah
360-520
500-890
700-850
18-37
27-36
ojC (Haldenmaterial)
530-800
1040-1480
860-1130
32-48
36-41
50-85
40-80
160-300
3-6
12-36
Ah
40-55
40-70
40- 60
2-3
50-80
C (Phyllit)
60-65
60-80
55- 75
3
70-85
210-600
60-320
52- 280
3 - 27
18-59
30-79
31-43
1-3
23-33
haldenferne Böden
Of, Oh, Of,h
Boden haldennah Schlema (ZETSCHE, 1994)
Boden
Schlema
beeinflußt
un-
(ZETSCHE,
1994)
Die ermittelten Aktivitäten stimmen mit den von ZETSCHE (1994) ermittelten Werten weitgehend
überein. Wie dort sind beträchtliche Unterschiede bei den Nukliden der 238U-Zerfallssreihe zwischen
Böden auf Halden bzw. in Haldennähe und den haldenfernen Standorten zu verzeichnen. Keine signifikanten Unterschiede bestehen für 232Th.
Ein Austrag von Radionukliden über den Luft-, bzw. den Wasserpfad ist nur über wenige Meter vom
Haldenfuß zu verfolgen (bei ZETSCHE, 1994 bis ca. 200 m).. Das betrifft nicht das 210Pb, das als Zerfallsprodukt des 222Rn über den Luftpfad auch in die weitere Umgebung getragen wird und zur Kontamination größerer Flächen beiträgt. 210Pb wird in der Humusauflage der Böden angereichert. Weitere
Untersuchungen zur Ausbreitung dieses Nuklids sind erforderlich.
Eine bedeutsame Rolle scheinen die periglazialen Deckschichten für den Austrag über den Wasserpfad
zu besitzen. Die kiesreiche Basisdecke fungiert in hängigem Gelände als wirksamer Leiter für eindringendes Niederschlagswasser, in Haldennähe wahrscheinlich auch für Sickerwasser. Die schluffreiche
Hauptdecke hat wasserstauende Eigenschaften und kann eindringendes Sickerwasser darin hindern,
tiefere Bodenschichten zu erreichen. Auch dazu sind noch umfangreiche Untersuchungen erforderlich.
4.
Bewertung der radioaktiven Belastung
Die Bewertung natürlicher Böden mit Radionukliden kann nur im Vergleich mit anthropogen entstandenen kontaminierten Flächen erfolgen, da bei diesen eine Abschätzung der schädigenden Wirkung
für die menschliche Gesundheit erfolgt ist.
Unbeeinflußte natürliche Böden, deren radioaktiver Inhalt nur aus den Grundgesteinen resultiert, haben im Erzgebirge in keinem Fall strahlenschutzrechtliche Bedeutung.
15.
11.
Für die Bewertung kontaminierter Flächen auf Halden und deren Böden gelten gesetzliche Vorschriften, die teilweise noch aus der DDR-Gesetzgebung stammen, mit dem Einigungsvertrag aber für die
Flächen der ehemaligen Wismut AG übernommen wurden.
Gültig sind
- Gesetz über die friedliche Anwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz),
- Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung)
- Gesetz zum vorsorgenden Schutz der Bevölkerung gegen Strahlenbelastung (Strahlenschutzvorsorgegesetz),
- Anordnung zur Gewährleistung des Strahlenschutzes bei Halden und industriellen Absetzanlagen
und
bei der Verwendung darin abgelagerter Materialien vom 17. November 1980. Gesetzblatt der DDR
T. 1, Nr. 34, 17. Dezember 1980,
- Verordnung über die Gewährleistung von Atomsicherheit und Strahlenschutz vom 11. Oktober 1984.
Gesetzblatt der DDR T. 1, Nr. 30, 21. November 1984,
- Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Gewährleistung von Atomsicherheit und Strahlenschutz vom 11. November 1984. Gesetzblatt der DDR T. 1, Nr. 30, 21. November 1984.
Diese gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen sind für den Umgang und für die Sanierung der
Bergbauhinterlassenschaften des Uranbergbaus (und des Altbergbaus) in den neuen Bundesländern
und nur dort gültig. Bergbaufolgen mit radioaktivem Inhalt in den alten Bundesländern (Rems-MurrKocher-Gebiet und Menzenschwand in Baden-Württemberg, Ellweiler und Böschweiler in RheinlandPfalz, Schallodenbach/Pfalz, Mähring und Poppenreuth im Oberpfälzer Wald) werden davon nicht
erfaßt. Deshalb wurden von der Strahlenschutzkommission Bewertungskriterien für radioaktiv kontaminierte anthropogene Aufschüttungen, wie die Halden und die Bergbauflächen erarbeitet, aus denen
Sanierungsmaßnahmen abgeleitet wurden können (BMU, 1992). Diese Empfehlungen der SSK bilden
die Grundlage für die Bewertung und Einordnung radioaktiv belasteter Flächen aus dem Uranbergbau
der Wismut AG und aus dem Altbergbau, bei dem Uranerze mitgefördert und auf Halden abgelagert
wurden. Diese Flächen besitzen teilweise Aktivitätkonzentrationen bzw. der ODL-Werte, die eine
uneingeschränkte Nutzung nicht zulassen. Sanierungsmaßnahmen, wie z.B. Abdeckungen mit kulturfähigem Material, sind erforderlich bzw. die Nutzung wird auf eine landwirtschaftliche (Grünland)
oder vorzugsweise forstliche Nutzung beschränkt.
Nach Untersuchungen von BIEG U. BURKHARDT (1997) zum Transfer von Radionukliden in Erle und
Kiefer ist die Verwendung des Holzes der Rekultivierungsbaumarten ohne Einschränkungen möglich.
Erhöhte Radionuklidgehalte wurden nur in den Wurzeln festgestellt und diese verbleiben naturgemäß
im Boden.
Sowohl national als auch international werden die Bewertungskriterien zur radioaktiven Belastung von
Gesteinen, Böden und anthropogenen Aufschüttungen z.Z. einer kritischen Prüfung unterzogen und
Kriterien für eine Neueinschätzung erarbeitet (vergl. ETTENHUBER et al. 1999). Es ist zu hoffen, daß
die ICRP, die EU und die Bundesregierung in neuen und überarbeiteten Gesetzeswerken anwendbare
Prüf- und Maßnahmewerte vorlegen, die uns aus dem Dilemma befreien, für gleiche Substanzen mit
verschiedener Genese unterschiedliche Kriterien anlegen zu müssen.
15.
11.
15.
11.
5.
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Mittelgebirge.- Z. angew. Geol. 34, 10: 302-306.
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ETTENHUBER, E., GEHRCKE, K., KRAUS, W. (1999): Prüfungs- und Bewertungsmethoden für bergbauliche Hinterlassenschaften.- 4.Workshop zur Sanierung der Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus:
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SÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT UND GEOLOGIE und SÄCHSISCHES OBERBERGAMT
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SÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT UND GEOLOGIE (Hrsg.,1993): Übersichtskarte der Böden des
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15.
Ammoniumnitratlösliche Schwermetallgehalte in forstwirtschaftlich
genutzten Böden Bayerns
Wittenbecher, Michael
Bayerisches Geologisches Landesamt, Concordiastr. 28, 96049 Bamberg,
e-mail: [email protected]
Abstract: More than 700 soil samples from 196 forest locations were investigated to determine the
mobility of heavy metals (Cd, Cr, Cu, Ni, Pb, Zn) using a german standard extraction procedure (DIN
19730) based on ammonium nitrate. The mobility of Cd, Pb and Zn is mainly a function of the prevailing
acidic conditions of the studied locations.
Zusammenfassung: Mehr als 700 Bodenproben von 196 Forststandorten wurden auf ihre
ammoniumnitratmobilisierbaren Schwermetalle (Cd, Cr, Cu, Ni, Pb, Zn) nach DIN 19730 untersucht. Die
Mobilität von Cd, Pb und Zn ist im wesentlichen eine Funktion der vorherrschenden sauren
Standortbedingungen.
Key words: mobility, heavy metals, soil, extraction, ammonium nitrate, DIN 19730,
Schlagworte: Mobilität, Schwermetalle, Boden, Extraktion, Ammoniumnitrat, DIN 19730
1
Einleitung
In Böden vorkommende Schwermetalle können in Abhängigkeit der standortspezifischen Bedingungen
mobil sein. Zur Gefahrenabwehr und für Vorsorgemaßnahmen im Bereich des Bodenschutzes steht daher
die Frage nach der Mobilisierbarkeit von Schwermetallen im Vordergrund.
Mit der Einführung eines DIN-Verfahrens (DIN 19730), das eine Extraktion mit Ammoniumnitrat
vorschreibt, steht ein genormtes Extraktionsverfahren zur Bestimmung eines leicht mobilisierbaren
Elementgehaltes zur Verfügung, welches auch Eingang in das BBodSchG gefunden hat. Ziel der
durchgeführten Untersuchngen war es, einen Überblick über die durch Ammoniumnitrat mobilisierbaren
Schwermetalle in den untersuchten Böden zu gewinnen, da für diese Untersuchungsmethode bisher kaum
größere Probenkollektive landesweit untersucht wurden.
2
Material und Methoden
Für die Untersuchung auf ammoniumnitratmobilisierbare Elementgehalte standen ca. 700
horizontspezifisch und annähernd rastermäßig über Bayern beprobte Böden von 196 Forststandorten zur
Verfügung. Der luftgetrocknete Feinboden (Korngröße < 2 mm) wurde gemäß DIN 19730 extrahiert. In
den Extrakten wurden u.a. die Spurenelemente Cd, Cr, Cu, Ni, Pb und Zn mit dem ICP-MS erfaßt.
Bodenchemische Kennwerte und Totalgehalte liegen aus früheren Untersuchungen vor. Die ermittelten
Daten wurden ausreißerbereinigt (SPSS/“extreme values“) einer statistischen Auswertung unterzogen.
3
Ammoniumnitratmobilisierbare Schwermetallgehalte
Abbildung 1 zeigt die 90%-Perzentile - im Sinne einer „Obergrenze der mobilisierbaren Gehalte“ – der
ammoniumnitratlöslichen Schwermetallgehalte.
10000
1000
100
10
1
Cd
Pb
Zn
Ni
Cu
Cr
Oberböden
57
4490
4490
750
130
87
Unterböden
28
1380
1320
680
120
61
Ausgangsmaterial
25
720
760
430
160
34
Abbildung 1: 90% Perzentile ammoniumnitratmobilisierbarer Schwermetallgehalte (in µg/kg)
Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
-
Die höchsten mobilisierbaren Gehalte ergeben sich in allen untersuchten Profilbereichen für die
Elemente Pb und Zn: Für Pb liegt das 90%-Perzentil in den Oberböden bei ca. 4000 µg/kg.
Bereits in den Unterböden findet sich nur noch ca. 1/3, im Ausgangsmaterial nur noch ca. 1/5
des Wertes der Oberböden. Ähnliche Verhältnisse ergeben sich für Zn .
-
Ni weist in gleicher Reihenfolge mit 90%-Perzentilen von ca. 750 µg/kg, 670 µg/kg, 430 µg/kg
deutlich geringere mobilisierbare Gehalte auf. Für dieses Element ist der relative Unterschied
zwischen den 90%-Perzentilen von Oberboden und Unterboden wesentlich geringer als bei Pb
und Zn.
-
Die mobilisierbaren Gehalte der Elemente Cd, Cr und Cu sind mit 90%-Perzentilen unter 200
µg/kg sehr gering.
4
Ammoniumnitratmobilisierbare Schwermetallanteile am Totalgehalt
Zur Kennzeichnung der Mobilisierbarkeit – bezogen auf den Elementvorrat – der untersuchten
Schwermetalle wurden für die einzelnen Proben die Ergebnisse der Extraktion mit Ammoniumnitrat
(µg/kg) auf deren Totalgehalte (mg/kg) normiert. Die 90%-Perzentile sind in Abbildung 2 dargestellt.
1000
100
10
1
Cd
Pb
Zn
Oberböden
611
120
130
61
14
2
Unterböden
330
69
30
34
19
1
Ausgangsmaterial
290
36
18
21
14
1
Abbildung 2:
Ni
Cu
Cr
90 % Perzentile mobilisierbarer Schwermetallanteile in ‰ des Elementvorrates.
Es lassen sich folgende Ergebnisse festhalten:
-
Bezogen auf den Elementvorrat weist Cd die mit Abstand mobilisierbarsten Elementanteile auf.
In den Oberböden sind bis zu ca. 60% des vorhandenen Cadmiums mobilisierbar.
-
Die Mobilisierbarkeit nimmt in der Reihenfolge Cd >> Pb ~ Zn > Ni > Cu > Cr ab.
Signifikante Korrelationen der mobilisierbaren Elementanteile (am Totalgehalt) von Cd, Pb und Zn mit
pH-Werten zeigen, daß die Mobilität im wesentlichen eine Funktion der vorherrschenden sauren
Standortbedingungen ist. Exemplarisch ist dieser Zusammenhang für Pb in den Oberböden in Abbildung
3 dargestellt.
250
NH4NO3 - mobil. Pb-Anteil (0 /00 )
Oberböden
200
log y=1,666 x+9,548; r2=0,795
150
100
50
0
2
3
4
5
6
7
pH (CaCl )
2
Abbildung 3: Ammoniumnitratmobilisierbare Schwermetallanteile am Totalgehalt (in ‰) in Abhängigkeit
vom Boden-pH für die Oberböden.
5
Literatur
DIN 19730 (1996): Bodenbeschaffenheit - Extraktion von Spurenelementen mit Ammoniumnitratlösung.
- Normenausschuß Wasserwesen (NAW) im DIN Deutsches Institut für Normung e.V., S. 1-8.
WITTENBECHER, M. (1999): Mobilisierbare Schwermetalle in forstwirtschaftlich genuten Böden Bayerns.
- GLA-Fachbericht 18: 1-35, Bayerisches Geologisches Landesamt, München.
Mobilisierbarkeitstests zur Vorhersage der ökologischen Relevanz
von Schwermetallen in Böden
Büchel, A.1), F.Lang1), M.Joneck2), M.Kaupenjohann1) (Universität Hohenheim/2)Bayer.Geologisches Landesamt)
1)
Institut für Bodenkunde und Standortslehre (310), Emil-Wolff-Str. 27, 70599 Stuttgart
e-mail:[email protected]
Abstract: To estimate the mobility of heavy metals in soils pHstat-titrations are frequently used. The aim of
this study is to test the suitability of this relativly expensive method. We investigated the release of Pb, Cd,
Cu and Zn from soil samples of 5 forest sites using ion exchange resin extraction and compared it to results of the pHstat-titration. Especially in the topsoil horizons ion exchange resin extraction mobilized higher amounts of heavy metals and more organic carbon than the pHstat-titration. The results show that the
pHstat-titrations may underestimate the extractability of heavy metals.
Zusammenfassung: Zur Abschätzung der Mobilität von Schwermetallen in Böden werden u.a. pHstatTitrationen durchgeführt. Diese sehr kostspielige und aufwendige Methode soll in der vorliegenden Untersuchung auf ihre Aussagekraft hin geprüft werden. Dazu wurde die Freisetzung von Pb, Cd, Cu und Zn
aus Bodenproben von 5 Waldstandorten mittels einer neuen Austauscherharzextraktion bestimmt und mit
den Ergebnissen der pHstat-Titration verglichen. Vor allem in den Oberböden werden mit der Austauscherharzextraktion größere Mengen an Schwermetallen mobilisiert. Gleichzeitig wird mehr organischer Kohlenstoff extrahiert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, daß pHstat-Titrationen die Mobilisierbarkeit von Schwermetallen z.T. unterschätzen.
Keywords: pHstat-titration, ion exchange resin extraction, leaching, heavy metal extractability
Schlagwörter: pHstat-Titration, Austauscherharzextraktion, Sickerwasserprognose, Schwermetallmobilisierbarkeit
1
Einleitung
Zur Beurteilung der Mobilisierbarkeit von Schwermetallen in Böden werden u.a. pHstat-Titrationsversuche
durchgeführt (OBERMANN & CREMER, 1991). Dazu werden Bodensupensionen über einen definierten
Zeitraum auf einen festgelegten pH-Wert titriert. Anschließend wird die dabei freigesetzte Menge an
Schwermetallen bestimmt. Bei diesem Versuchsansatz reichern sich die im Verlaufe der Extraktion freigesetzten Schwermetalle im Zuge einer Gleichgewichtsreaktion im Versuchsreaktor an. Diese behindert
möglicherweise die Freisetzung weiterer Schwermetallionen (Produktlimitierung). Das heißt, anders als
unter Freilandbedingungen, wo die mobilisierten Schwermetalle ständig, z.B. durch Auswaschung, dem
System entzogen werden, könnten im Falle einer Produktlimitierung mit der pHstat-Titration weniger
Schwermetallionen extrahiert werden als es der tatsächlichen Mobilisierbarkeit entspricht. Die ökologische Aussagekraft der Titration wird dadurch eingeschränkt. KAUPENJOHANN & WILCKE (1995) haben
eine einfache Batch-Methode zur pHstat-Titration vorgestellt, mit der einige Probleme der klassischen
pHstat-Titration vermieden werden können. Das Prinzip dieser neuen Methode ist der Kationenaustausch.
Mit Protonen belegte, stark saure synthetische Kationenaustauscherharze werden mit den zu untersuchenden Bodensuspensionen geschüttelt. Durch Salz- oder Säurezugabe wird das pH auf den gewünschten
Wert eingestellt. Während der Extraktion werden die Protonen vom Boden neutralisiert. Die im Zuge der
Pufferung freigesetzten Metallionen werden an das Austauscherharz gebunden und damit der Reaktionslösung entzogen. Als Folge gehen äquivalente Protonenmengen vom Ionenaustauscher in Lösung. Dadurch
bleibt der pH-Wert über die gesamte Extraktionszeit i.d.R. konstant.
Ziel ist es, durch den Vergleich dieser zwei Labormethoden die Bedeutung der Produktlimitierung zu
quantifizieren. Außerdem soll getestet werden, welche der beiden Methoden die bessere Übertragbarkeit
auf die Schwermetallflüsse unter Freilandbedingungen gewährleistet.
2
Material und Methoden
Standorte
Die Untersuchungen wurden an lehmig-schluffigen Böden von 30 Fichtenstandorten durchgeführt, die
bereits im Rahmen des vom Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen
geförderten F+E-Vorhabens „Ermittlung der ubiquitären Hintergrundbelastung organischer Problemstoffe
an ausgewählten Böden Bayerns unter normierten Standortbedingungen“ charakterisiert wurden. Bei der
Auswahl der Standorte wurde auf eine weite Spanne bodenchemischer Eigenschaften aber gleichzeitig auf
möglichst ähnliche Bestandsparameter geachtet. Die analytischen Methoden sind JONECK et al. (1998) zu
entnehmen. Tabelle 1 stellt die Spanne einiger Parameter der bisher mit Austauscherharzextraktion untersuchten Standorte dar.
Tabelle 1: Spanne einiger Parameter auf den bisher untersuchten Standorten
pH (CaCl2)
Corg [mg/kg ]
Pbges [mg/kg]
Cdges [mg/kg]
Cuges [mg/kg]
Znges [mg/kg]
Bestandesalter
3,1 – 6,3
3,0 – 436,0
17,7 – 104,9
0,1 – 0,6
7,7 – 47,9
26,6 – 89,2
50 – 80a
Ermittlung der Schwermetallmobilisierbarkeit:
Für die pHstat-Titration, die vom Bayerischen Geologischen Landesamt an den 30 Waldstandorten durchgeführt wurde, wurden 10 g Mineralboden (<2 mm) bzw. 2 g Auflagenmaterial in 100 ml H2O suspendiert
und mit Salpetersäure auf pH 3 titriert. Mittels eines automatischen Titroprozessors (SET Titrino 719 der
Fa. Metrohm) wurden die Suspensionen anschließend über einen Zeitraum von 24 Stunden konstant bei
diesem pH gehalten. Nach beendeter Titration wurden die Proben filtriert (0,45 µm-Membranfilter der Fa.
Schleicher & Schüll BA 85)). Im Filtrat wurden die Pb-, Cd-, Cu- und Zn-Gehalte mit ICP-MS (Perkin
Elmar Elan 5000) und die Konzentrationen an gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC) mit einem High
TOC Analysator (Fa. Elementar) bestimmt.
Bei der Austauscherharzextraktion wurden jeweils 2,5 g eines H+-belegten stark sauren Kationenaustauscherharzes (Amberlite IR 120; Austauscherkapazität: 2,3 meq/g), das in Polyester- oder Polypropylennetze eingeschweißt war, mit 5 g Boden (2 g bei den Auflagen) und 50 ml H2O 24 Stunden lang extrahiert.
Der pH-Wert der Suspension wurde durch Zugabe von Ba(NO3)2 auf 3 eingestellt. Im Verlaufe der Extraktion sanken die pH-Werte z.T. jedoch unter 3. Nach beendeter Extraktion wurde das Austauscherharz
von der Suspension getrennt und mit deionisiertem Wasser gespült. Anschließend wurden die am Harz
sorbierten Schwermetallionen mit 50 ml 10%iger Salpetersäure zurückgetauscht. In den Rücktauschlösungen wurden die Pb-, Cd-, Cu- und Zn-Gehalte mittels Graphitrohr-AAS (SpectrAA 800Z-Varian) gemessen. In den membranfiltrierten Lösungen (0,45 µm-Cellulosenitratfilter) wurden die DOC-Gehalte mit
dem DOC-Analyzer Dimatoc 100 (Dimatec) gemessen. Bisher wurden die Bodenproben von 17 der insgesamt 30 vorgesehenen Standorte mittels der Austauscherharzextraktionsmethode extrahiert. Die DOCGehalte wurden in allen (38) Extrakten gemessen, die Schwermetallgehalte bisher jedoch nur in 19.
Ermittlung der Schwermetallflüsse im Freiland:
Die Schwermetallflüsse werden auf den 30 Untersuchungsflächen mit einer bei LANG & KAUPENJOHANN
(1999) beschriebenen Methode im Gelände ermittelt. Da die dafür verwendeten SchwermetallAkkumulatoren derzeit noch im Gelände installiert sind, können die Ergebnisse der Stoffflußmessung
noch nicht dargestellt werden. Die Daten liegen jedoch zu den Markredwitzer Bodenschutztagen vor.
3
Ergebnisse und Diskussion
Die pHstat-Titration mobilisiert durchschnittlich vor allem bei Pb und Cu deutlich geringere Anteile der
Gesamtgehalte als die Austauscherharzextraktion (Tabelle 2).
SCHWARZ et al. (1999) extrahierten mit Ionenaustauscherharzen (außer bei Cu) ähnlich hohe Schwermetallanteile aus Böden der Slowakei.
Tabelle 2: Anteile der mittels pHstat-Titration und Ionenaustauscherharzextraktion mobilisierten Schwermetalle an den Schwermetallgesamtgehalten (in %, Mittelwerte von n=19).
Methode
Pb
Cd
Cu
Zn
pHstat-Titration
3,0
13,5
1,6
13,9
Austauscherharzextraktion
21,5
36,9
25,7
42,5
Im Allgemeinen sind die Unterschiede zwischen den Ergebnissen der Austauscherharzextraktion und der
pHstat-Titration in den Oberbodenhorizonten stärker ausgeprägt als in den Unterbodenhorizonten. Dies gilt
wiederum für Pb und Cu stärker als für Cd und Zn (Abbildung 1).
80
Auflagen
70
60
50
40
30
20
10
-1
Mobilisierte Schwermetalle [mg kg ]
Mobilisierte Schwermetalle [mg kg-1]
80
70
Oberböden
60
50
40
30
20
10
0
0
Cd*100
Zn
Cu*10
Pb
Cd*100
Zn
Cu*10
Pb
-1
Mobilisierte Schwermetalle [mg kg ]
20
Unterböden
16
Austauscherharzextraktion
pHstat-Titration
12
8
4
0
Cd*100
Zn
Cu
Pb
Abbildung 1: Extrahierbare Schwermetallgehalte (Mittelwerte) der organischen Auflagen, Ober- und Unterböden von 5 Standorten; Vergleich zwischen Austauscherharzextraktion und pHstat-Titration.
Da die pH-Werte während der Austauscherharzextraktion z.T. unter 3 absinken, wurden zunächst pHEffekte als Ursache der Unterschiede zwischen den Ergebnissen der beiden Methoden angenommen. Dies
könnte auch die stärkeren Unterschiede in den Oberböden erklären, denn dort fällt der pH-Wert stärker ab
(bis auf pH 2,5) als bei den Unterböden (bis auf pH 2,8). Eine Wiederholung der Austauscherharzextraktion ohne Ba(NO3)2-Zugabe widerlegte diese Hypothese jedoch. Durch Verzicht auf die Ba(NO3)2-Zugabe
sinken die pH-Werte weniger stark ab als im Versuch zuvor. Die in Tabelle 3 exemplarisch für Böden der
Standorte Teisendorf und Mühldorf am Inn dargestellten Pb-Werte zeigen, daß die pH-Absenkung nicht
zu erhöhter Pb-Freisetzung führt.
Tabelle 3: Gehalte an mobilisiertem Blei [mg/kg] bei verschiedenen pH-Werten
Standorte & Horizonte
pH 3
pH 2,5 – 2,7
Teisendorf
L+Of
Alh
45
31
34
38
Mühldorf am Inn
L+Of+Oh
Ah
46
16
52
15
Wir nehmen daher an, daß die Schwermetallfreisetzung im pHstat-Experiment durch Anreicherung im Reaktor behindert wird (Produktlimitierung). Aufgrund der höheren Gehalte an mobilen Schwermetallen in
den Auflagen und Oberböden sollte dort die Produktlimitierung eine größere Rolle spielen als in den Unterböden.
Abbildung 2 zeigt, daß die Austauscherharzextraktion neben den Schwermetallen auch verstärkt DOC
mobilisiert. Denkbar ist, daß die Austauscherharzextraktion zur Auflösung metallorganischer Verbindungen führt. Das stark sorbierende Austauscherharz „zieht“ Pb und Cu aus den metallorganischen Verbindungen, während die organische Restsubstanz als DOC in Lösung geht. Diese Vorstellung wird gestützt
durch die engen Korrelationen zwischen Pb + Cu und DOC (Abbildung 3). Ein ähnlicher Prozeß wird für
die Freisetzung von Al aus Böden bei der H+-Pufferung postuliert (BERGGREN et al. 1998).
DOC pHstat-Titration [mg/kg]
8000
6000
4000
2000
0
0
2000
4000
6000
8000
10000
12000
DOC Austauscherharzextraktion [mg/kg]
Abbildung 2: Vergleich des mit pHstat-Titration und Austauscherharzextraktion mobilisierbaren organischen Kohlenstoffes.
700
600
y = 1557,1x - 78,523
R 2 = 0,8379
DOC [mmolC/kg]
500
y = 681,53x - 67,495
R2 = 0,9918
400
300
200
100
Auflagen
Mineralbodenhorizonte
0
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
Pb + Cu [mmol/kg]
Abbildung 3: Zusammenhang zwischen den DOC-Gehalten und der Summe aus Pb- und Cu-Gehalten.
4
Schlußfolgerung
Die Ergebnisse deuten darauf hin, daß die Schwermetallfreisetzung im üblichen pHstat-Titrationsversuch
produktlimitiert ist. Mit einer Unterschätzung der Schwermetallmobilisierbarkeit ist daher gerade auf stärker belasteten Böden zu rechnen. Deshalb ist eine Abschätzung der ökologischen Relevanz von Schwermetallen mittels Austauscherharzextraktion möglicherweise besser geeignet. Die zur Zeit laufenden Messungen der Schwermetallflüsse auf den Untersuchungsflächen sollen dazu beitragen, diese Hypothese zu
überprüfen.
Die enge Beziehung zwischen den organisch komplexiert vorliegenden Schwermetallen Pb und Cu und
dem mobilisierbaren Kohlenstoff (DOC) deutet auf die Existenz einer metallorganischen Phase hin, deren
Auflösung im pHstat-Titrationsexperiment durch die Anreicherung der Metalle im Reaktor produktlimitiert
ist. Dieser Frage ist jedoch weiter nachzugehen, wobei auch die Form der postulierten Schwermetallbindung charakterisiert werden müßte.
5
Literatur
BERGGREN, D., J.MULDER, R.WESTERHOF (1998): Prolonged leaching of mineral forest soils with dilute HCl solution: the solubility of Al and soil organic matter.-, Europ.J.SoilSci. 49, 305-316.
JONECK, M., R.PRINZ, A.REISCHL, R.SCHMIDT (1998): Abschlußbericht zum F+E-Vorhaben „Untersuchung zur Ermittlung der ubiquitären Hintergrundbelastung von organischen Problemstoffen an ausgewählten Böden Bayerns
unter normierten Standortbedingungen“.-, Außenstelle des Bayerischen Geologischen Landesamtes, Bamberg.
KAUPENJOHANN, M. & W.WILCKE (1995): Untersuchungen zur pH-Pufferkinetik von Böden mit einer neuen pHstatTechnik.-, Mitteilgn.Dtsch.Bodenkundl.Gesellsch. 76: 1441-1444.
LANG, F. & M. KAUPENJOHANN (1999): Monitoring heavy metal release from forest floor using ion exchange resins., Water, Air and Soil Pollution (in Vorbereitung).
OBERMANN, P. & S.CREMER (1991): Mobilisierung von Schwermetallen in Porenwässern von belasteten Böden und
Deponien: Entwicklung eines aussagekräftigen Elutionsverfahrens.-, Materialien zur Ermittlung und Sanierung von
Altlasten, Band 6: 1-127.
SCHWARZ, A.,W.WILCKE, J.STÝK, W.ZECH (1999): Heavy Metal Release from Soils in Batch pHstat Experiments.-,
Soil Sci.Soc. Am.J. 63: 290-296.
Bioverfügbarkeit von organischen Schadstoffen in Böden
Krauß, M., W. Wilcke, W. Zech
Lehrstuhl für Bodenkunde und Bodengeographie, Universität Bayreuth, 95440 Bayreuth
e-mail: [email protected]
Abstract: We investigated if the bioavailability of 20 PAHs and 12 PCBs for earthworms can be
characterized more accurate by the extraction with methanol:water 1:1, 0.5 M NaOH or an exhaustive
extraction. The concentrations of all PAHs and 8 PCBs in earthworms can be predicted by the soil
total concentrations. Polychlorinated biphenyls are more bioavailable than PAHs, the uptake
mechanisms of both compound classes differ from each other.
Zusammenfassung: Wir untersuchten, ob die Bioverfügbarkeit von 20 PAK und 12 PCB für Regenwürmer mithilfe der Extraktionsmittel Methanol:Wasser 1:1, 0,5 M NaOH oder einer Gesamt-Extraktion
besser gekennzeichnet werden kann. Für alle PAK und die 8 PCB lassen sich die Gehalte in
Regenwürmern aus den Boden-Gesamtgehalten vorhersagen. Polychlorierte Biphenyle sind besser
bioverfügbar als PAK, die Aufnahmemechanismen beider Schadstoffklassen in Regenwürmer
unterscheiden sich.
Keywords: PAH, PCB, Extractability, Bioavailability, Earthworms
Schlagworte: PAK, PCB, Extrahierbarkeit, Bioverfügbarkeit, Regenwürmer
1
Einleitung
Zur Abschätzung der Gefährdung durch organische Schadstoffe in Böden ist nicht nur die Kenntnis der
Gesamtgehalte, sondern auch der davon bioverfügbaren Anteile notwendig (BECK et al., 1996). Eine
ausreichende Bioverfügbarkeit ist außerdem eine wesentliche Voraussetzung für die biologische Sanierung
kontaminierter Böden (POLLARD et al., 1994).
Für organische Schadstoffe wie PAK und PCB liegen bisher nur wenige Untersuchungen zum
bioverfügbaren Teil der Gesamtgehalte in Böden vor (KELSEY et al., 1997; WAHLE und KÖRDEL, 1997;
LOIBNER et al., 1998). Diese Arbeiten deuten an, daß es möglich ist, mit „milden“ Extraktionsmitteln wie
z.B. Salzlösungen, DOC-Lösungen, Methanol/Wasser-Gemischen oder durch Extraktion mit
überkritischem CO2 die Bioverfügbarkeit einzelner organischer Substanzen zu kennzeichnen. Allerdings
wurden in allen bisherigen Arbeiten die Proben im Labor zusätzlich mit PAK und PCB kontaminiert.
Untersuchungen an Böden, deren Belastung ausschließlich auf Einträge im Freiland zurückgeht, fehlen
dagegen.
Die Bioverfügbarkeit von Schadstoffen kann über die Aufnahme in Bodentiere und Pflanzen sowie den
mikrobiellen Abbau bestimmt werden. Die hydrophoben PAK und PCB werden nur zu einem geringen
Umfang in Pflanzen aufgenommen (BECK et al., 1996). Regenwürmer (Lumbriciden) nehmen dagegen in
kurzer Zeit meßbar organische Schadstoffe auf (LARSEN et al., 1992; MA et al., 1998). Sie werden als
Testorganismen zur Untersuchung der Toxizität von Chemikalien in Standardverfahren verwendet (z.B.
EG, 1985), weil sie einfach handhabbar sind und in vielen Böden vorkommen.
In dieser Untersuchung prüfen wir, ob die Bioverfügbarkeit von PAK und PCB in Böden unterschiedlichen Stoffbestands durch zwei verschiedene, „milde“ Extraktionsmittel (MeOH:H2O 1:1 und 0,5 M
NaOH) oder eine erschöpfende Extraktion besser gekennzeichnet werden kann. Die Vorhersage der
Bioverfügbarkeit wird anhand der Aufnahme durch Regenwürmer überprüft.
2
Material und Methoden
Mit 12 verschiedenen Böden wurde ein Laborversuch zur Aufnahme von PAK und PCB durch Lumbricus terrestris L. durchgeführt. Die Auswahl der Böden erfolgte so, daß diese eine weite Spanne der
PAK- und PCB-Belastung, einen für die Haltung von Regenwürmern günstigen pH-Wert (pH in KCl
> 4,5) und eine nicht zu sandige Textur aufwiesen.
Elf Proben wurden im Stadtgebiet von Bayreuth genommen: Proben G1, G2, G3, G5, G6, G7
stammen aus Hausgärten, Alt1 von einer Grünfläche auf einer Industriebrache, Alt3 vom
Auftragsmaterial einer ehemaligen Bauschuttdeponie, AU2 und AU3 aus der Rotmainaue und AB3
von einer Wiese 3 m neben der Autobahn A9. Die Probe STE wurde unter Wald 10 m neben der
Bundesstraße Rosenheim - Stephanskirchen genommen. Die Proben wurden jeweils aus 0-5 cm Tiefe
gezogen, getrocknet und < 2 mm gesiebt. Klassifikation und Eigenschaften der Böden sind in Tabelle
1 dargestellt.
Tabelle 1: Klassifikation, Eigenschaften und PAK- und PCB-Summengehalte der Böden in 0-5 cm Tiefe.
Bodentyp
Textur
pH (KCl)
Corg
g kg
C/N
-1
Σ20 PAK
-1
µg kg
Σ12 PCB
µg kg-1
G1
Pseudogley-Parabraunerde
Ls2
7,2
25,3
14,5
17671
15,1
G2
Braunerde
Ls2
5,5
18,6
14,3
12983
15,4
G3
Braunerde
Ls2
7,1
32,6
16,8
15360
45,7
G5
Parabraunerde
Ls2
7,1
33,4
15,3
11937
12,4
G6
Regosol
Lu
6,8
50,4
11,0
699
2,9
G7
Hortisol
Ls2
6,3
34,9
12,5
8305
13,3
AU2
Vega-Parabraunerde
Lu
7,0
26,5
11,0
7235
58,1
AU3
Vega-Gley
Lu
7,1
31,4
12,7
2663
17,7
Alt1
Braunerde
Ls2
4,9
6,0
12,3
3786
32,8
Alt3
Regosol
Ls2
6,5
42,0
21,7
48933
2,3
AB3
Pseudogley
Ts2
5,7
41,1
11,1
1301
10,9
STE
Pararendzina
Ls4
6,7
105,8
14,2
19643
24,3
Wir bestimmten 20 PAK und 12 PCB: Naphthalin (NP), Acenaphthylen (ACY), Acenaphthen (ACE),
Fluoren (FLU), Phenanthren (PHE), Anthracen (ANT), Fluoranthen (FLA), Pyren (PYR), Benz(a)anthracen (BAA), Chrysen+Triphenylen (CT), Benzo(b+j+k)fluoranthen (BBJK), Benzo(a)pyren (BAP),
Benzo(e)pyren (BEP), Perylen (PER), Indeno(1,2,3-cd)pyren (IND), Dibenz(a,h)anthracen (DBAH),
Benzo(ghi)perylen (BGHI), PCB-Kongenere 8, 20, 28, 52, 101, 118, 138, 153, 180, 199, 206 und 209
(Numerierung nach BALLSCHMITER UND ZELL, 1980).
Zur Bestimmung der PAK- und PCB-Gesamtgehalte wurden 3-25 g Boden mit Hexan:Aceton 2:1 in
einem Accelerated Solvent Extractor (Dionex ASE 200) bei 120 °C und 14 MPa 2 x 5 min extrahiert. Die
Aufreinigung der Extrakte erfolgte über Kieselgel-Aluminiumoxid-Säulen (PAK) bzw. Säure-BaseKieselgel-Säulen (PCB), die Identifizierung und Quantifizierung mit einem GaschromatographMassenspektrometer. Details zur Methode finden sich in WILCKE et al. (1999 a, b). Zur Charakterisierung
bioverfügbarer Anteile wurden 5 g Boden 16 h bei 60 °C mit 50 mL Methanol:Wasser 1:1 oder 50 mL 0,5
M NaOH in einem Zentrifugenglas extrahiert. Die Proben wurden zentrifugiert, der Überstand mit
zweimal 20 mL Hexan ausgeschüttelt, über Na2SO4 getrocknet, einrotiert und am GC/MS gemessen.
Die Regenwürmer wurden von Mosella Angelköder GmbH (Platten, Deutschland) bezogen und zunächst
vier Wochen in einem Boden mit geringer PAK- und PCB-Belastung gehalten, um einen gleichmäßig
niedrigen Ausgangsgehalt sicherzustellen. Von jeder Bodenprobe wurden 3 Parallelen in einem 1 LWeckglas auf einen Wassergehalt von 35 Gew.-% eingestellt und jeweils 3 erwachsene und augenscheinlich gesunde Regenwürmer zugegeben. Die Gläser wurden im Dunkeln bei 18±2 °C gelagert.
Anschließend wurden die Regenwürmer entnommen, für 48 h zum Auskoten in feuchtem Filterpapier
gelagert, mit flüssigem Stickstoff eingefroren, gefriergetrocknet und zerkleinert. Die Extraktion erfolgte
mit 50 mL Hexan:Dichlormethan 2:1 bei 65 °C für 24 h, die Aufreinigung analog zu den Bodenproben.
Organischer Kohlenstoff und Gesamt-N wurden mit einem CNS-Analyzer (Elementar Vario EL)
bestimmt, der pH-Wert wurde in 1 M KCl bei einem Boden:Lösungs-Verhältnis von 1:2,5 mit einer
Glaselektrode gemessen. Korrelationsanalysen erfolgten mit dem Software-Packet STATISTICA 5.1, das
Signifikanzniveau wurde auf p < 0,05 festgesetzt.
3
Ergebnisse und Diskussion
Gehalt im 0,5 M NaOH-Extrakt / Gesamtgehalt [%]
Die Extraktion mit MeOH:H2O 1:1 (MH) erfaßt im Mittel der 12 Böden zwischen 69 % (ACE) und 7 %
(BGHI) der Gesamtgehalte der einzelnen PAK, die Extraktion mit 0,5 M NaOH (NA) zwischen 22 %
(ACE, NP) und 4 % (DBAH, BAP). Die extrahierbaren Anteile der PCB liegen im Mittel zwischen 74 %
(PCB 28) und 13 % (PCB 199) der Gesamtgehalte für MeOH:H2O und zwischen 37 % (PCB 8) und 5 %
(PCB 101, 180) für NaOH. In beiden Extrakten waren PCB 206 und 209 nicht nachweisbar. Die
extrahierbaren Anteile der einzelnen PAK und PCB am Gesamtgehalt nehmen in beiden Extrakten mit
zunehmendem Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (KOW) ab, wie in Abb. 1 exemplarisch für den
NaOH-Extrakt dargestellt.
60
40
8
28
NP
20
52
ACE
FLU
ACY
FLA
PYR
20
BAA
0
3
4
118
101
ANT
PHE
5
CT
180
BBJK
DBAH
BGHI
PER
IND
BEP
BAP
6
138
153
199
7
8
log KOW
Abbildung 1: Mit 0,5 M NaOH extrahierbare Anteile an den Gesamtgehalten der PAK und PCB in
Abhängigkeit vom KOW-Wert (Mittelwerte und Standardabweichungen, n = 12).
Polychlorierte Biphenyle werden mit beiden Extraktionsmitteln zu höheren Anteilen als PAK mit vergleichbaren KOW-Werten extrahiert. Dies deutet auf eine stärkere Sorption der PAK an die organische
Bodensubstanz im Vergleich zu den PCB hin, wie sie z.B. von CHIOU et al. (1998) gezeigt wurde.
Die mit MeOH:H2O 1:1 (PAKMH) und 0,5 M NaOH (PAKNA) extrahierbaren Gehalte aller einzelnen
PAK korrelieren eng und signifikant mit den Gesamtgehalten (PAKMH mit PAKGES: 0,92 ≤ r ≤ 0,99;
PAKNA mit PAKGES: 0,84 ≤ r ≤ 0,98). Die mit MeOH:H2O 1:1 (PCBMH) und 0,5 M NaOH (PCBNA)
extrahierbaren Gehalte der PCB 101, 118, 138, 153 und 180 korrelieren signifikant mit deren Gesamtgehalten (PCBMH mit PCBGES: 0,84 ≤ r ≤ 0,94; PCBNA mit PCBGES: 0,79 ≤ r ≤ 0,94). Die PCBMHGehalte und PCBNA-Gehalte der PCB 8, 20, 28 und 52 korrelieren nicht mit deren Gesamtgehalten.
Zwischen den Boden-Gesamtgehalten aller PAK und der PCB 101, 118, 138, 153 und 180 und deren
Gehalten in den Regenwürmern zeigen sich signifikante Korrelationen (PAK: 0,76 ≤ r ≤ 0,97; PCB:
0,75 ≤ r ≤0,93), gleiches gilt für die MeOH:H2O und NaOH-extrahierbaren Gehalte, da diese eng mit
den Gesamtgehalten korreliert sind. Sowohl die Gesamtgehalte als auch die PCBMH-und PCBNAGehalte der Kongenere 8, 20, 28 und 52 sind nicht mit deren Gehalten in den Regenwürmern
korreliert.
Die Ergebnisse zeigen, daß im untersuchten Probenkollektiv die Gesamtgehalte zur Prognose der Bioverfügbarkeit für die meisten PAK und PCB geeignet sind. Für die PCB 8, 20, 28 und 52 erfassen der
MeOH:H2O- und der NaOH-Extrakt dagegen einen unabhängigen Pool, der jedoch nicht die
Bioverfügbarkeit für Regenwürmer kennzeichnet.
Zur Kennzeichnung der Anreicherung im Regenwurm relativ zum Boden läßt sich der Bioakkumulationsfaktor (BAF) als Quotient aus dem Gehalt einer Substanz im Regenwurm, normiert auf den Lipidgehalt, und dem Corg-normierten Gehalt der Substanz im Boden berechnen (CONNELL und
MARKWELL, 1990). Die BAF der PAK liegen im Mittel der 12 Böden zwischen 0,12 (NP, ACY) und
0,38 (FLU), die der PCB zwischen 40 (PCB 8) und 0,91 (PCB 180). Polychlorierte Biphenyle werden
deutlich stärker in Regenwürmer aufgenommen als PAK mit vergleichbarem KOW-Wert (Abb. 2).
2,0
1,5
8
20
28
1,0
52
log BAF
0,5
138
101
0,0
118
199
153
180
-0,5
FLU
NP
-1,0
ANT
ACY
ACE
PHE
BAA
PYR FLA
BEP
BAP
CT
BGHI
BBJK
IND
PER
DBAH
-1,5
-2,0
3
4
5
6
7
8
log KOW
Abbildung 2: Bioakkumulationsfaktoren (BAF) der PAK und PCB in Abhängigkeit vom KOW-Wert
(Mittelwerte und Standardabweichungen, n = 12).
Während die BAF der PAK keinen Zusammenhang mit dem KOW-Wert zeigen, nehmen die BAF der
PCB mit steigender Hydrophobizität ab (Abb. 2). Die Anreicherung der PAK im Regenwurm steht mit
der Modellvorstellung in Einklang, daß sich zwischen den Gehalten im Regenwurm und den Gehalten
im Boden ein Verteilungsgleichgewicht einstellt und der BAF nur schwach mit dem KOW-Wert
zusammenhängt (CONNELL und MARKWELL, 1990; MA et al., 1998). Dagegen deutet der
Zusammenhang zwischen den BAF der PCB und dem KOW darauf hin, daß ein Gleichgewicht
zwischen den Gehalten der höherchlorierten PCB im Regenwurm und im Boden nach 15 Tagen noch
nicht erreicht wurde oder andere Aufnahmemechanismen wirksam sind (LARSEN et al., 1992).
4
Schlußfolgerungen
Für alle untersuchten PAK und die meisten PCB (außer PCB 8, 20, 28 und 52) lassen sich die PAK- und
PCB-Gehalte in Regenwürmern aus den Gesamtgehalten vorhersagen. Eine Extraktion mit milden Extraktionsmitteln führt nicht zu einer Verbesserung der Vorhersage. Polychlorierte Biphenyle sind besser
bioverfügbar als PAK, die Aufnahmemechanismen beider Schadstoffklassen in Regenwürmer
unterscheiden sich.
5
Dank
Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung (DFG Ze 154/38-1) und
dem Bayreuther Institut für terrestrische Ökosystemforschung (BITÖK) für die Nutzung des ASE.
6
Literatur
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Einfluß der physikochemischen Heterogenität der Bodenfestphase auf die PAKMobilität in Böden
Kögel-Knabner I., K. U. Totsche*
Lehrstuhl für Bodenkunde, Technische Universität München, 85350 Freising-Weihenstephan
*Abteilung Bodenphysik, Universität Bayreuth, 95440 Bayreuth
e-mail: [email protected]
Abstract: Risk assessment studies for PAH-mobility at contaminated sites need to take into account the
spatial variability of PAH sources and sinks as they control the release and redistribution of PAH. This
study focuses on the delineation of typical soil profiles and their expanse at a former manufactured gas
production site based on a screening of solid phase PAH concentrations and soil physical and chemical
properties. For the unsaturated zone total PAH concentrations and soil properties vary over a wide
range. This was successfully modelled by stochastic simulations on the basis of Markov Chain theory.
For each individual soil profile the corresponding probabilities are given. Thereby, the contribution of
PAH released from individual soil profiles to the overall output can be estimated by the use of onedimensional physically-based transport models.
Zusammenfassung: Die Berücksichtigung der räumlichen Heterogenität von Schadstoff-Quellen und Senken ist eine wesentliche Voraussetzung für eine verläßliche Abschätzung der Sickerwasserfrachten
von polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) in belasteten Böden. Ziel dieser Arbeit ist
die Kennzeichnung der PAK-Belastung an einem ehemaligen Gaswerksstandort (Testfeld Süd) unter
Berücksichtigung der standörtlichen Heterogenität. Kennzeichnend für die Belastungssituation der
ungesättigten Zone sind konzentrations- und tiefenunabhängige PAK-Muster. Die PAK-Summenkonzentrationen weisen - wie auch die Bodeneigenschaften - eine hohe Schwankungsbreite auf. Durch
stochastische Simulation auf Basis der Theorie Markov'scher Ketten erfolgte die Ableitung typischer
Bodenprofile. Über die dadurch ermittelten Wahrscheinlichkeiten der Profilausprägungen ist eine
Gewichtung lokaler PAK-Sickerwasserkonzentrationen hinsichtlich ihres Beitrags zum flächigen
Austrag möglich.
Keywords: PAHs, leaching, spatial heterogeneity, ground water contamination, risk assessment
Schlagworte:
PAK,
PAK-Austrag,
räumliche
Heterogenität,
Grundwassergefährdung,
Risikoabschätzung
1
Einleitung
Die Mobilität polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe an hochbelasteten Standorten (Gaswerke, Kokereien, Trümmerschuttflächen) stellt eine ernste Gefahr für die Grundwasserqualität dar. Die
Mobilität und Bioverfügbarkeit organischer Schadstoffe wird von ihrer Konzentration in der
Bodenlösungsphase bestimmt, die wiederum von den Interaktionen mit der Festphase und mit mobilen
Sorbenten abhängt. Kontaminierte Böden enthalten eine große Zahl unterschiedlicher, natürlich
vorkommender oder durch anthropogene Aktivitäten eingetragener Sorbenten (Burghardt, 1994; Smettan & Mekiffer, 1996). Dies führt zu großen lokalen Unterschieden im Zusammenspiel von Mobilisierung und Sorption der PAK an kontaminierten Standorten. Häufig wird das Verhalten organischer
Schadstoffe, wie PAK, nur über ihre sorptiven Wechselwirkungen mit der organischen Bodensubstanz
abgeschätzt (Grathwohl, 1999; Kögel-Knabner und Totsche, 1998), was zu einer starken Vereinfachung
und damit zu Fehlern in der Vorhersage des PAK-Verhaltens insbesondere an anthropogen überprägten
Standorten führt. Die Heterogenität wirkt sich auf die lokalen Interaktionen zwischen den frei oder
kolloidassoziiert vorliegenden PAK in der Bodenlösung und der Bodenfestphase aus. Will man eine
Abschätzung der PAK-Verlagerung durchführen, so muß die Bandbreite möglicher
Bodenprofilausprägungen durch Einsatz stochastischer Verfahren berücksichtigt werden. Basierend auf
der Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Profilaufbaus kann eine Gewichtung lokaler PAK-Austräge
hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Fläche vorgenommen werden, sofern außerdem die (de)sorptiven
Interaktionen mit den einzelnen Sorbenten hinreichend bekannt sind.
2
Material und Methoden
Sorptionsuntersuchungen: Der experimentelle Ansatz beinhaltet Batch-Sorptions- und
Desorptionsuntersuchungen mit definierter Zusammensetzung der Festphase und der Lösungsphase. Für
die Untersuchungen wurden verschiedene 3- bis 5-Ring-PAK mit unterschiedlicher Wasserlöslichkeit
und unterschiedlichen Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten als Modellverbindungen für
hydrophobe Stoffe ausgewählt. Die gewählten Sorbenten sind repräsentativ für C-haltige
Oberbodenhorizonte (Ap-Horizont eines Dystric Gleysol, Gesamtboden und Korngrößenfraktionen;
Oberbodenhorizonte natürlicher und anthropogen überprägter Standorte), wie auch für
Unterbodenmaterialien (Quarzsand, goethitbeschichteter Quarzsand, Montmorillonit:QuarzsandMischung 1:10). Verschiedene Sorptionsisothermen (Linear, Freundlich, Langmuir, BET) wurden an
die gemessenen Sorptionscharakteristika angepaßt. In den meisten Fällen wurde die beste Anpassung
für das Freundlich-Modell gefunden. Um die Genauigkeit der angepaßten Kf- und p-Werte zu
bestimmen, wurden Monte-Carlo-Simulationen durchgeführt (Berthouex und Brown, 1994). Eine
ausführliche Beschreibung der experimentellen Versuchsdurchführung ist bei Raber und KögelKnabner (1997), Raber et al. (1998) und Totsche et al. (1997) zu finden.
Räumliche Variabilität der Bodenbelastung an einem kontaminierten Standort: Das Testfeld Süd
ist ein ehemaliger Gaswerksstandort mit einer 2-4 m mächtigen Auffüllung aus umgelagertem
Auenlehm und Gipskeuper sowie wechselnden Anteilen technogener Komponenten. Auf Grundlage
eines flächenrepräsentativen Beprobungsplans wurden Rammkernsondierungen durchgeführt. Die
technogenen Komponenten, die PAK-Gehalte und die Zusammensetzung der Sorptionsmatrix wurde
bestimmt. Ausgehend von diesen Daten erfolgte eine Zuordnung der Proben zu 6 unterschiedlichen
Materialklassen. Die Anwendung Markov´scher Prozesse auf raumbezogene Daten erfolgt z. B. bei der
Analyse von Faziesabfolgen in Sedimentkörpern (Doveton, 1994). Die Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten wurde aus den beobachteten Häufigkeiten von Materialabfolgen in Schritten von je 20
cm erstellt. Durch stochastische Simulation auf Basis der Übergangswahrscheinlichkeiten wurden 1000
Profile generiert. Um die Konsequenzen der damit abgebildeten Heterogenität der Sorptionsmatrix für
das PAK-Filtervermögen abzuschätzen, wurde für die 20 wahrscheinlichsten Realisationen der Austrag
von Fluoranthen aus 160 cm Tiefe mit Hilfe numerischer Simulation (Totsche et al., 1996) berechnet.
Eine ausführliche Darstellung der Arbeiten ist bei Weigand et al. (1998) zu finden.
3
Ergebnisse und Diskussion
Tab. 1 zeigt die Verteilungskoeffizienten von Pyren für die Sorption an verschiedene Oberböden mit
natürlichen und anthropogenen organischen Beimengungen. Die Sorption der PAK an Oberböden wird
generell durch den Gehalt an organischem Kohlenstoff (OC) gesteuert. Obwohl die strukturchemische
Zusammensetzung der organischen Substanz in Oberböden durchaus variabel ist, hat dies in natürlichen
Böden kaum Auswirkungen auf die Sorptionskapazität für organische Umweltchemikalien.
Tabelle 1: Verteilungskoeffizienten für die Sorption von Pyren an verschiedene Oberböden mit
natürlicheorgansicher Substanz und anthropogenen organischen Beimengungen
Sorbent
Kd
(l kg-1)
Standardabweichung
1/n
(l kg-1)
Standard-
2
R
abweichung
Dystric Gleysol
1397
16
0.99
0.02
0.99
Haplic Alisol
1822
29
0.88
0.01
0.99
Haplic Podzol
2783
85
0.98
0.01
0.98
Urbic Anthrosol,
thermisch behandelt
Haplic Podzol,
Flugasche
Haplic Phaeozem,
Braunkohlestaub
Urbic Anthrosol,
Asche
5574
150
0.88
0.005
0.99
6604
250
0.63
0.02
0.98
6769
88
0.49
0.03
0.80
13940
675
0.93
0.03
0.82
Die zugängliche Oberfläche der organischen Substanz nimmt vermutlich mit abnehmender Korngröße
im Boden zu. Deshalb wurde die Bindung von Pyren an verschiedene Korngrößenfraktionen eines
Dystric Gleysol untersucht (Abb. 1). Bedingt durch die zunehmenden OC-Gehalte mit abnehmender
Korngröße nehmen auch die Sorptionskoeffizienten von groben zu feinen Fraktionen zu.
Werden die Sorptionsdaten aber auf die organische Substanz normiert, zeigt sich eine lineare
Beziehung. Es kann kein Effekt der Korngröße oder der zugänglichen Oberfläche nachgewiesen
werden. Die bevorzugte Sorption hydrophober organischer Schadstoffe an die feinen
Korngrößenfraktionen in natürlichen Oberböden ist also vor allem auf die höheren OC-Gehalte dieser
Fraktionen zurückzuführen. Dies muß allerdings für kontaminierte Böden durch die Veränderung der
Sorptionsmatrix nicht in allen Fällen gelten (Kögel-Knabner et al., 1994).
Abb. 1: Sorption von Pyren an die organische Substanz des Gesamtbodens und der
Korngrößenfraktionen des Ah-Horizonts eines Dystric Gleysol.
Anthropogene Beimengungen wie Lignit oder Kohlestaub, führen häufig zu hohen Anteilen an
aromatischem und paraffinischem C in der strukturchemischen Zusammensetzung der organischen
Substanz, wie sich mittels 13C-NMR-spektroskopischer Untersuchungen zeigen läßt (Schmidt et al.,
1996, Rumpel et al., 1998). Diese sind unpolar und beeinflussen die Bindung von PAK an die
organische Substanz in entsprechendenen Bodenmaterialien deutlich, wie Abb. 2 für Phenanthren zeigt.
Auch für Pyren konnte ein solcher Zusammenhang, wenn auch schwächer ausgeprägt, gezeigt werden.
Abb. 2: Beziehung zwischen der Polarität der organischen Substanz (Polaritätsindex, Schmidt et al.,
1996) und der Sorption von Phenanthren.
Auch bei den Sorptionsversuchen an OC-freie oder OC-arme Materialien konnte eine Sorption
beobachtet werden (Tab. 2). Die Sorptionskapazität des Montmorillonits ist aufgrund seiner hohen
spezifischen Oberfläche deutlich höher als bei Quarzsand oder Goethit. Die Affinität nimmt in der
Reihenfolge Anthracen-Pyren-Perylen, also mit zunehmendem Kow, zu. Auffallend ist, daß die
Sorptionsisothermen generell nichtlinear sind.
Tabelle 2: Monte-Carlo Simulation: Sorption an Mineraloberflächen
Substrate
Quarzsand
Goethit
Montmorillonit
Quarzsand
Goethit
Montmorillonit
Goethit
PAH
Anthracen
Anthracen
Anthracen
Pyren
Pyren
Pyren
Perylen
Kmean
0.09
0.31
3.02
4.45
1.27
15.3
121.2
Isothermenkoeffizienten
Kst
pmean
0.04
1.6
0.02
1.3
0.15
0.8
0.14
0.7
0.01
1.3
0.25
0.5
18.17
1.2
pst
0.13
0.06
0.05
0.02
0.02
0.01
0.04
Die Bindung von PAK wird wesentlich durch die Verteilung der verfügbaren Sorbenten im Boden
bestimmt. Sind die OC-Gehalte niedrig, wie in den meisten Unterböden, so spielt die Zusammensetzung
der mineralischen Fraktion eine wesentliche Rolle.
Tab. 3 gibt die Ergebnisse der stochastischen Simulation auf Basis der Markov-Kette für einen
kontaminierten Standort wieder. Dargestellt sind die 20 wahrscheinlichsten Realisationen zusammen
mit den berechneten Fluoranthenausträgen aus 160 cm (Input 10µg l-1, Simulationszeit: 100 Jahre). Die
generierten Profile ähneln in ihrem Aufbau strukturell den am Standort gefundenen. Auffällig ist das
Fehlen von Material 3 in den 20 wahrscheinlichsten Realisationen.
Wahrscheinlich sind unter dem gegebenen Szenario Fluoranthen-Konzentrationen im Bereich von 1-10
ng l-1. Lokale Austräge sind jedoch durch eine Schwankungsbreite von 6 Größenordungen
charakterisiert. Dies ist konsistent mit der Spannweite gemessener PAK-Konzentrationen im
Grundwasser. Die Variabilität der Profilausprägung auf dem Testfeld Süd ist demnach ein wesentlicher
Steuerfaktor des PAK-Filtervermögens des Standorts.
Tabelle 3: Ergebnisse der stochastischen Simulation und berechneter Fluoranthenaustrag
160
140
120
Tiefe [cm]
100
80
60
40
Summe
Material 1
Material 2
Material 4
Material 5
20
P
[%]
Fla Austrag
[µg l-1]
12.2
3.60E-03
7.1
1.07E-02
4.1
1.81E-02
2.5
2.65E-02
2.3
1.16E-02
2.1
3.19E-02
1.5
2.41E-05
1.4
4.30E-02
1.3
3.10E-02
1.2
4.40E-04
0.9
1.32E-01
0.8
2.54E-06
0.8
3.25E-02
0.8
6.92E-02
0.7
2.65E-02
0.7
2.65E-02
0.6
2.10E-01
0.6
3.91E-02
0.5
2.94E-01
0.5
1.11E-07
42.6
Material 6
Markov´sche Ketten sind geeignet, die räumliche Variabilität (kontaminierter) Böden abzubilden.
Durch die Verknüpfung der funktionalen Eigenschaften von Böden mit der Wahrscheinlichkeit ihrer
lokalen Ausprägung ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten im Rahmen von Risikoabschätzungen. Weitere Untersuchungen zur Variabilität des Standorts sind insbesondere im Hinblick
auf die PAK-Freisetzungseigenschaften der technogenen Materialien und ihres Auftretens als
Nebenkomponenten erforderlich.
Dank: Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung im Rahmen des Schwerpunktprogramms 546 "Geochemische Prozesse mit Langzeitfolgen im anthropogen
beeinflußten Sicker- und Grundwasser".
5
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Bodeneigenschaften und der Schadstoffbelastung eines ehemaligen Gaswerksstandorts.- Grundwasser
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Freisetzung und Mobilität von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen
und Cyanid in der ungesättigten Zone eines ehemaligen Gaswerkstandorts
Weigand, H. 1, K.U. Totsche 2, T. Mansfeldt 3, I. Kögel-Knabner 1
1
Lehrstuhl für Bodenkunde, Technische Universität München, 85350 Freising-Weihenstephan
2
Abteilung Bodenphysik, Universität Bayreuth, 95440 Bayreuth
3
Fakultät für Geowissenschaften, Arbeitsgruppe Bodenkunde und Bodenökologie, 44780 Bochum
e-mail:[email protected]
Abstract: Transport and Batch-experiments indicated rate-limited release of polycyclic aromatic
hydrocarbons (PAH) and cyanide (CN) in soil from a former manufactured gas plant. For CN, this
was confirmed by the negative deviation between observed concentrations and predictions according
to the solubility of the Fe4[Fe(CN)6]3 solid phase. Transport experiments under stationary flow conditions therefore underestimate concentration maxima in seepage water.
Zusammenfassung: Säulen- und Batch-Experimente zeigten eine ratenlimitierte Freisetzung von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und Cyanid (CN) im Boden eines ehemaligen
Gaswerkstandorts. Dies wurde für CN durch Abweichungen beobachteter Konzentrationen von der
Löslichkeit der Fe4[Fe(CN)6]3 Festphase bestätigt. Transportexperimente unter stationären Fließbedingungen unterschätzen daher Konzentrationsspitzen im Sickerwasser.
Keywords: PAH, cyanide, contaminated soil, rate-limited release
Schlagworte: PAK, Cyanid, Bodenkontamination, ratenlimitierte Freisetzung
1
Einleitung
Die Verlagerung von bodenbürtigen organischen und anorganischen Schadstoffen auf ehemaligen
Gaswerkstandorten stellt eine Gefahr für die Grundwasserqualität dar. Polyzyklische aromatische
Kohlenwasserstoffe (PAK) und Cyanid (CN) spielen aufgrund ihrer toxikologischen Eigenschaften
eine herausragende Rolle im Spektrum gaswerkstypischer Kontaminanten. Beide Substanzklassen
stehen mit dem Prozeß der Kohlevergasung im Zusammenhang. Quellen für die PAK sind Teer und
Teeröl als typische Pyrolyse-Reststoffe (LUTHY ET AL, 1994). Cyanidkontaminationen stammen dagegen aus der Gasreinigermasse. Vor der Gasauslieferung wurde die Blausäure im Rohgas durch Fällung
des Pigments Fe4[Fe(CN)6]3 (Berliner Blau) festgelegt (SHIFRIN ET AL., 1996).
Die Verlagerung von PAK und CN wird durch die Art und Verteilung von Schadstoffquellen und –
senken in der Bodenmatrix gesteuert. Für die PAK-Mobilität ist die Rate der Freisetzung aus dem
Quellmaterial (POWERS ET AL., 1994) sowie die Sorption an die organische Bodensubstanz entscheidend. Im Fall von CN liegt die Hauptwechselwirkung zwischen Festphase und Bodenlösung in der
pH-abhängigen Fällung und Lösung von Berliner Blau (MANSFELDT ET AL., 1998). Eine Erhöhung
des pH führt dabei zu erhöhten Konzentrationen des Eisencyankomplexes.
Gegenstand dieser Untersuchung ist die Freisetzung von PAK und CN unter dem Einfluß des Fließregimes. Im Säulenexperiment wurde unter kontinuierlicher Beregnung die Einstellung einer stationären Effluent-Konzentration beobachtet. Eine Flußunterbrechung diente dazu festzustellen, inwieweit
ratenkontrollierte Prozesse die Zusammensetzung des Effluenten beeinflussen. Die Eignung von
Batch-Desorptionsexperimenten für die Abschätzung der Sickerwasserkonzentration wurde im
Rahmen einer sequentiellen Extraktion des Bodenmaterials geprüft.
2
Material und Methoden
Lösungs- und Bodeneigenschaften. Für die Transport- und Batch-Experimente wurde die gleiche Lösung verwendet. Eingestellt wurden: 10-3 M K2HPO4, 3×10-4 M (NH4)2SO4, 10-4 M NaNO3, 3.5×10-4 M
KCl und 10-3 M NaN3. Als immobile Phase diente Bodenmaterial eines ehemaligen Gaswerkstandorts
(Tabelle 1). Die CN-Belastung liegt mit 4 g kg-1 deutlich über dem zulässigen Wert für gewerblich
genutzte Flächen (BodschV, 1998). Die Belastung mit PAK liegt bei 65 g kg-1.
Tabelle 1: Physikochemische Bodeneigenschaften
OC [g 100 g-1]
IC [g 100 g-1]
pH
CN [g kg-1]
0.52
0.02
8.4
4
PAK [mg kg-1]
Naphthalin
34.63
Benzo(a)anthracen
1.96
Acenaphthylen
0.45
Chrysen
3.39
Acenaphthen
0.20
Benzo(b)fluoranthen
19.51
Fluoren
0.04
Benzo(k)fluoranthen
5.59
Phenanthren
5.26
Benzo(a)pyren
5.00
Anthracen
0.59
Indeno-1,2,3-(c,d)pyren
2.03
Fluoranthen
9.62
Dibenzo(a,h)anthracen
0.57
Pyren
8.38
Benzo(g,h,i)perylen
2.76
OC: Organischer Kohlenstoff; IC: Anorganischer Kohlenstoff; CN: Gesamtcyanid
Säulenexperiment. Das Säulenexperiment wurde unter teilgesättigten Bedingungen in einer Bodensäulenanlage mittlerer Dimensionen (Höhe 10 cm; Durchmesser 5 cm) durchgeführt. Der Durchbruch
eines inerten Tracers (10-2 M NaCl) zeigte ein moderat advektionskontrolliertes Fließregime. Die
PAK-Beprobung im Effluenten erfolgte durch On-line Extraktion mit C-18 Festphasenmaterial
(WEIGAND ET AL., 1999A). Zwischen jeder Extraktion wurden Effluentfraktion von 0.02 L zur
Bestimmung von CN aufgefangen.
Batch-Experiment. Das Bodenmaterial wurde in vier Ansätzen einer dreimaligen Extraktion mit der
künstlichen Bodenlösung unterzogen. Die Extraktion erfolgte mit je 7 g der Festphase und 70 ml der
Lösung. Die Ansätze wurden für 24 h bei 200 rpm auf einem Horizontalschüttler eingespannt. Nach
Phasentrennung wurde der Überstand durch frische Lösung ersetzt. Zur CN Analyse wurde ein 0.02 L
Aliquot des Überstands verwendet. Die PAK-Extraktion erfolgte Off-line (LANDRUM ET AL., 1984).
Analytische Methoden. Die Extraktionskartuschen wurden nacheinander mit 5 ml Ethylacetat und 7
ml Hexan bei einer Fließrate von 1 ml min-1 eluiert. Zur Extraktion bodenbürtiger PAK wurde eine
alkalische Verseifung durchgeführt (HARTMANN, 1995). Die Messung erfolgte am GC-MS. Die
Quantifizierung von CN in Boden- und Eluatproben erfolgte nach saurer Destillation (pH<1, Siedezeit
2 h) mit anschließender colorimetrischer Messung bei 600 nm (DEUTSCHE EINHEITSVERFAHREN,
1998).
3
Ergebnisse und Diskussion
Freisetzung von PAK und CN im Transportexperiment - Stationäre Fließbedingungen. Die Entwicklung des Effluenten wurde zunächst unter stationären Fließbedingungen untersucht. Hierzu wurde
ein Volumenfluß von 0.2 ml min-1 eingestellt und während eines Zeitraums von 148 h (42
Porenvolumina, PV) aufrechterhalten. Aus dem Spektrum der 16 EPA PAK waren nur
niedermolekulare Vertreter nachweisbar (Abb. 1). Für alle PAK wurde ein stationäres Niveau erreicht.
Die PAK Ace, Fl, Ay, Phe, Pyr and Fla zeigten über den gesamten Zeitraum nahezu konstante
Konzentrationen. Dagegen war für N und Ant während der ersten 20 PV ein Rückgang auf 44% und
20% des Anfangswerts festzustellen. Insgesamt erfolgte also eine Verschiebung im PAK-Muster. Dies
deutet auf substanzspezifische Freisetzungsraten hin (MCGRODDY ET AL., 1996).
Abb 1: Naphthalin (N), Fluoren (Fl),
Acenaphtylen
(Ay),
Anthracen
(Ant),
Fluoranthen (Fla) und Pyren (Pyr) im
Säulenexperiment.
Abb 2: Cyanid im Effluenten des Säulenexperiments. Die gestrichelte Linie kennzeichtet den
Zeitpunkt der Flußunterbrechung.
Für CN wurde ein scharfer Rückgang der initialen Konzentration auf ein Basisniveau in Höhe von 10
% des Anfangswerts festgestellt (Abb. 3). Unabhängig hiervon blieb die CN Konzentration oberhalb
des Grenzwerts von 0.05 mg L (TinkwV, 1990). Im Gegensatz zu N und Ant erfolgte der Rückgang
innerhalb der ersten 7 PV. Der Verlauf des CN Austrags stimmt mit früheren Ergebnissen bei
vergleichbarem pH und Festphasenkonzentration überein (MEEUSSEN ET AL., 1990).
Auswirkung der Flußunterbrechung. Nach Austausch von 42 PV wurde eine Flußunterbrechung
von 180 h durchgeführt um festzustellen, ob die Schadstoff-Freisetzung ratenlimitiert war. Die Wiederaufnahme der Beregnung führte zu erhöhten PAK-Konzentrationen (Abb. 1). Ein solches Verhalten
ist typisch für ratenlimitierte Desorption (BRUSSEAU ET AL., 1997, WEIGAND ET AL., 1999B). Die einzelnen Vertreter der PAK zeigten unterschiedliche Konzentrationszunahmen. Die Flußunterbrechung
führte daher zu einer erneuten Verschiebung des PAK-Musters. Für CN wurde nach Wiederaufnahme
des Flusses ein Konzentrationsmaximum von 90 mg L-1 erreicht. Daher kann auch für CN auf eine ratenlimitierte Freisetzung geschlossen werden. Dieser Befund steht im Gegensatz zu Ergebnissen von
MEEUSSEN ET AL. (1990). Die Spitzenkonzentration liegt um einen Faktor 7 × 10-4 unter der pHabhängigen Löslichkeit von Berliner Blau. Dies deutet darauf hin, daß CN nicht im Gleichgewicht mit
der Festphase steht, bzw. daß die Lösung nicht der wesentliche konzentrationsbestimmende Prozeß ist.
Freisetzung von PAK und CN im Batch-Experiment. Vergleichswerte zur Freisetzung unter Transportbedingungen wurden durch sequentielle Extraktion des Bodens erhalten. In drei aufeinanderfolgenden Extrakten wurden mittlere Konzentrationen von 2.4, 2.5 und 3.2 mg L-1 (Summe 16 EPA
PAK) beobachtet. Die Konzentrationen sind um 1-2 Größenordnungen gegenüber dem
Säulenexperiment erhöht, was die ratenlimitierte Freisetzung unter Transportbedingungen bestätigt.
Mit Ausnahme von Naphthalin zeigte sich im Vergleich zu den Säuleneluaten eine Verschiebung des
Musters zu höhermolekularen PAK (Abb. 3). Eine Veränderung des PAK-Musters zwischen den
Extrakten kann nicht abgeleitet werden.
Extrakt 1
Extrakt 2
Extrakt 3
Anteil
20%
10%
In
d
bA
B
n
gh t
iP
er
D
Fl
Ph
e
A
nt
Fl
a
Py
B r
aA
nt
C
r
B y
bF
l
B a
kF
la
B
aP
y
ce
A
A
N
0%
Abb. 3: PAK-Muster der Lösungsphase bei sequentieller Extraktion des Bodenmaterials
Die CN-Konzentration in Extrakt 1 lag bei 25 mg L-1, in den Folgeextrakten dagegen bei 5 mg L-1. Es
wurden unterschiedlich leicht mobilisierbare Anteile erfaßt. Diese können der Anfangskonzentration
und dem Basisniveau des Säulenexperiments zugeordnet werden. Die Gesamtmasse an freigesetztem
CN beträgt 2.25 mg. Da dies lediglich 8% der insgesamt vorhandenen Masse im Boden entspricht, war
die Extraktion nicht erschöpfend. Das Batch-Experiment liefert damit einen unabhängigen Hinweis
dafür, daß die CN Freisetzung nicht allein durch die Lösung von Berliner Blau gesteuert wird.
4
Schlußfolgerung
Die Verlagerung von CN und PAK in belasteten Böden wird durch ratenkontrollierte Freisetzung gesteuert. Hohe Aufenthaltszeiten des Porenwassers (z. B. bei niedrigen Wasserleitfähigkeiten oder geringen Niederschlagsintensitäten), erhöhen daher die Konzentrationen von PAK und CN in der Bodenlösung. Im Fall der PAK überschätzen Batch-Experimente die Konzentrationen im Sickerwasser und
geben das PAK-Muster nicht wieder. Für CN sind Batch-Experimente dagegen für eine erste Abschätzung des Stoffaustrags unter Transportbedingungen geeignet.
5
Dank
Die Arbeiten zu dieser Veröffentlichung wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogramms 546 "Geochemische Prozesse mit Langzeitfolgen im anthropogen
beeinflußten Sickerwasser und Grundwasser" gefördert (Publikations-Nr. 82).
6
Literatur
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zur Durchführung des Bundes-Bodenschutzgesetzes, Entwurf, Berlin.
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WEIGAND, H., K.U. TOTSCHE, I. KÖGEL-KNABNER, E. ANNWEILER, H.H. RICHNOW, W. MICHAELIS,
(1999B): Fate of anthracene in contaminated soil - transport and biodegradation under unsaturated
flow conditions. – Environ. Sci. Technol., eingereicht.
Tiefenverteilung von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen
(PAK) und Schwermetallen in fluvialen Sedimenten der Rheinaue
(Hessisches Ried)
Gocht, T. & Moldenhauer, K.-M. & Püttmann, W.
Institut für Physische Geographie, Senckenberganlage 36, 60054 Frankfurt a. Main
e-mail: [email protected]
Abstract: The content of PAH and heavy metals in relation to the depth was determined at two semiterrestrial locations on a abandoned meander of the River Rhine, which had been cut off from the
main river in the 19th century. The depth relationship of both groups of contaminants show a similar
distribution, which makes it possible to distinguish between preindustrial and industrial deposits.
Thus, the method of retrospective environmental monitoring on flood-plains proved to be successful.
Zusammenfassung: An zwei semiterrestrischen Standorten eines im 19. Jhd. vom Hauptstrom abgeschnittenen Rheinmäanders wurde die Tiefenverteilung für PAK und Schwermetalle ermittelt. Beide
Schadstoffgruppen zeigen einen ähnlichen Verlauf der Tiefenverteilung, die eine Differenzierung zwischen einem vorindustriellen und einem industriellen Eintrag in die Sedimente zuläßt. Die Ergebnisse
zeigen, daß ein retrospektives Umweltmonitoring auch an semiterrestrischen Standorten möglich ist.
Keywords: Retrospective environmental monitoring, polycyclic aromatic hydrocarbons, heavy metals,
flood-plains, environmental trace compounds
Schlagworte: Retrospektives Umweltmonitoring, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe,
Schwermetalle, Auenstandorte, umweltrelevante Spurenstoffe
1
Einleitung
Die ubiquitäre Verbreitung persistenter organischer Schadstoffe und deren Verhalten unter verschiedenen Umweltbedingungen ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen der letzten Jahre gewesen. Die
meisten Untersuchungen beziehen sich dabei auf Seesedimente und Oberböden. Tiefenverteilungen
von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen im Rahmen eines retrospektiven Umweltmonitorings wurden bisher vor allem an Seesedimenten durchgeführt. Das Ziel dieser Arbeit liegt in der
Überprüfung, ob diese Ergebnisse auch auf semiterrestrische Standorte übertragbar sind. Ausgewählte
Schwermetalle wurden als anorganisches Korrelat zu den PAK als Interpretationshilfen der Tiefenverteilungen in die Untersuchungen miteinbezogen.
2
Material und Methoden
Die Untersuchungen wurden an Sedimenten des Kühkopfes, einem Rheinmäander im Hessischen
Ried, durchgeführt. Dieser wurde im Zuge der Rheinbegradigung 1829 vom Hauptstrom abgeschnitten
(HARSCH 1988: 73). Über eine multitemporale Karten- und Luftbildanalyse konnte festgestellt werden, daß große Bereiche der rezenten Aue des Kühkopfes erst nach dem Durchstich trockenfielen und
seitdem regelmäßig überflutet werden. Die flächenhafte Verbreitung zweischichtiger Bodenprofile
(Auenlehme über Auensanden) ist an diesen Standorten auf den Durchstich zurückzuführen (Ablagerung der Sande unter fluvialen, der Lehme unter semiterrestrischen Bedingungen).
An zwei semiterrestrischen Standorten wurden Schürfe bis zur freien Grundwasseroberfläche angelegt. Bei den Profilen handelt es sich um einen Auengley und eine Gley-Vega, die jeweils in verschiedenen holozänen Auensedimenten entwickelt sind. In beiden Profilen konnte der charakteristische
Fazieswechsel von Auenlehmen im Hangenden zu Auensanden im Liegenden festgestellt werden. Die
Probenentnahme für die chemische Analytik erfolgte unter Berücksichtigung markanter Horizontgrenzen in diskreten Tiefenstufen. Die zusätzliche Entnahme ungestörter Proben in Stechzylindern ermöglichte eine volumenbezogene Darstellung der Ergebnisse.
Die Laboruntersuchungen wurden am Feinboden durchgeführt. Die Bestimmung der Schwermetalle
Cadmium, Blei, Kupfer, Nickel, Chrom, Zink und Kobalt erfolgte nach Königswasseraufschluß am
AAS. Die organischen Komponenten wurden nach Soxhlet-Extraktion mit Dichlormethan säulenchromatographisch mit den Elutionsmitteln n-Hexan, 9:1-Mischung aus n-Hexan und Dichlormethan,
Dichlormethan und Methanol getrennt. Die gaschromatographische Messung der PAK erfolgte am
Eluat der n-Hexan / Dichlormethan-Mischung. Als interner Standard für die Quantifizierung über den
Response-factor wurde Squalan verwendet. Folgende PAK wurden gemessen: Phenanthren, Anthracen, Fluoranthen, Pyren, Benzo(a)anthracen, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen,
Benzo(a)pyren, Perylen, Indeno(1,2,3)pyren, Dibenzo(a,h)anthracen und Benzo(ghi)perylen.
3
Ergebnisse und Diskussion
25
20
15
10
5
per
yle
n
en
Be
nzo
(gh
i)
rac
ren
Di b
e nz
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Ph
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0
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n
Einzelsubstanz/PAK-Summe [%]
Für die qualitative Charakterisierung der PAK-Belastung wurden tiefenstufenbezogene PAKVerteilungsmuster erstellt. Diese zeigen überwiegend ein ähnliches Bild, wie es von pyrolytisch entstandenen PAK bekannt ist (WAKEHAM et al. 1980: 409). Zu tiefenabhängigen Veränderungen in den
Verteilungsmustern kommt es in beiden semiterrestrischen Profilen vor allem durch die Zunahme des
relativen Anteiles des Perylens mit der Tiefe. Eine weitere Auffälligkeit bildet die Zunahme des relativen Phenanthren-Anteiles. In Abb. 1 werden diese Verhältnisse in einer Gegenüberstellung von zwei
Tiefenstufen der Gley-Vega dargestellt.
II aG ro, 160-170 cm
Abbildung 1: PAK-Verteilungsmuster aus zwei Tiefenstufen der Gley-Vega
Für das Perylen wird unter anoxischen Bedingungen eine diagenetische Generierung in situ aus bisher
unbekannten organischen Vorläufersubstanzen angenommen (SILLIMAN et al. 1998: 1741), welche zu
der signifikanten Veränderung des PAK-Verteilungsmusters führt. Offenbar müssen die anoxischen
Bedingungen für diesen Prozeß nicht ganzjährig vorherrschen.
Abgesehen von dieser Veränderung belegt die Homogenität der PAK-Verteilungsmuster die Immobilität und Persistenz der PAK an diesen Standorten. Denn sowohl der mikrobielle Abbau als auch Verlagerungen, ob in Lösung mit dem Sickerwasser oder DOM-assoziiert, müßten durch die selektive
Wirksamkeit der Prozesse eine signifikante Veränderung der Verteilungsmuster verursachen (CERNIGLIA 1984: 114; KÖGEL-KNABNER et al. 1993: 254). Somit ist davon auszugehen, daß die beprobten
Tiefenstufen den jeweiligen Belastungszustand mit PAK zum Zeitpunkt der Ablagerung der Sedimente repräsentieren.
Die Tiefenverteilung der PAK- und Schwermetallgehalte ist in Abb. 2 dargestellt. Durch die Verwendung volumenbezogener Angaben konnte der Einfluß der unterschiedlichen Lagerungsdichte der Sedimente ausgeschaltet werden. Dabei sind die Einheiten μg/dm3 bzw. mg/dm3 als ähnliche Dimensionen gut mit den üblicherweise verwendeten μg /kg- bzw. mg/kg-Werten vergleichbar.
Summe PAK[μg/dm3]
0
aAh
aM
500
1000
1500
2000
3
Schwermetalle [mg/dm ]
2500
3000
0
3500
50
100
150
200
0
0
-20
-20
-40
-40
-60
-60
aGro
-80
Blei
Zink
-100
Cadmium
-120
-140
-140
-160
-160
-180
-180
-200
-200
[cm]
[cm]
-120
IIaGro
Chrom
-80
-100
aGo
250
Abbildung 2: Tiefenverteilung der Summe der gemessenen PAK- (links) und ausgewählter Schwermetallgehalte (rechts) in der Gley-Vega. In 160 cm Tiefe liegt der Fazieswechsel der Sedimente (gestrichelte Linie)
Für den Auengley konnten fast identische Ergebnisse ermittelt werden. In der Summe der PAK ist das
Perylen aufgrund seiner Sonderstellung nicht enthalten, auf die Darstellung von Nickel, Kobalt und
Kupfer wurde zugunsten der Übersichtlichkeit verzichtet. Die Ergebnisse stehen in guter Übereinstimmung mit Untersuchungen an datierten Seesedimenten, in denen ähnliche Tiefenverteilungen der
PAK unabhängig vom Standort festgestellt wurden: Zwischen 1850 und 1900 stieg die Sedimentbelastung mit PAK signifikant an, in den jüngsten Sedimenten nimmt sie, im Gegensatz zu den hier vorgestellten Ergebnissen, größtenteils wieder ab (WAKEHAM et al. 1980: 409; SILLIMAN et al. 1998: 1740).
Die gute Übereinstimmung zwischen den Kurvenverläufen der PAK-Tiefenverteilung und der Entwicklung der Energieproduktion aus fossilen Brennstoffen lieferte den entscheidenden Hinweis auf die
anthropogene Verursachung der PAK-Belastung der jüngeren Sedimente, während die niedrigen Gehalte vor 1900 überwiegend den Eintrag aus natürlichen Quellen, v. a. Waldbrände, repräsentieren
(HITES et al. 1977: 830; WAKEHAM et al. 1980: 409).
Über Korrelationsanalysen konnte der erste Anstieg der Schwermetallgehalte im Bereich des Fazieswechsels auf eine Veränderung der physikochemischen Verhältnisse zurückgeführt werden. Die Korrelationen wurden zwischen den Gehalten an Schwermetallen und pedogenen Eisenoxiden, welche bei
den neutralen bis basischen pH-Werten der Sedimente die Hauptbindungspartner der Schwermetalle
bilden (ADRIANO 1986: 188), für zwei Fälle durchgeführt. Die Fallunterscheidung beruht auf der Annahme, daß die Schwermetallbelastung in den obersten Tiefenstufen durch industrielle Emissionen
überprägt ist, während die liegenden Sedimente den vorindustriellen Belastungszustand repräsentieren.
Dies wurde bei der Auswahl der Stichprobenumfänge berücksichtigt. Tab. 1 enthält die resultierenden
Bestimmtheitsmaße aus diesem Verfahren.
Tabelle 1:
Element
Bestimmtheitsmaß (R2) der Korrelationsanalysen zwischen dithionitlöslichen Eisen- und Schwermetallgehalten;
Blei
Kupfer
Zink
Chrom
Cadmium
Nickel
Kobalt
1
0,64
0,59
0,39
0,60
0,67
0,92
0,82
2
0,92
0,84
0,92
0,86
0,66
0,92
0,82
n = 36
n = 29
1
n = 36 : Stichprobenumfang enthält alle Tiefenstufen;
n = 292: Stichprobenumfang ohne die obersten 40 cm der Gley-Vega und ohne die obersten 30 cm des Auengleys;
Anhand dieser Gegenüberstellung kann festgestellt werden, daß die der Fallunterscheidung zugrundeliegende Annahme für Chrom, Kupfer, Blei und Zink zutreffend ist, für Nickel, Cadmium und Kobalt
jedoch nicht. Die Ursache für diese Differenzierung liegt vermutlich an Unterschieden in der Transportform (Lösungs- versus partikelgebundener Transport) (MALLE 1988: 20).
Von einem Rückgang der PAK-Belastung der Rheinsedimente ist im Gegensatz zur Schwermetallbelastung nicht auszugehen. Zum einen sind die höchsten Werte in den jüngsten beprobten Sedimenten
festzustellen. Zum anderen liegen die gemessenen Konzentrationen noch unter denen, die an Hochflutsedimenten eines Hochwassers 1994 ermittelt wurden (MOLDENHAUER 1996).
4
Schlußfolgerung
Die Tiefenverteilung der Schwermetalle korreliert weitgehend mit der Tiefenverteilung der PAK. Eine
Ausnahme stellen lediglich die jüngsten Sedimente (oberste 10 cm) dar. Die Ursache für das parallele
Ansteigen der Gehalte dieser beiden unterschiedlichen Schadstoffgruppen liegt sehr wahrscheinlich in
ihrer gemeinsamen Quelle, welche in einer im Zuge der Industrialisierung verstärkten Verbrennung
von Braun- und Steinkohle zu sehen ist (MÜLLER 1977: 429). Nach der Emission kommt es zu einem
syngenetischen Eintrag in die Sedimente. Die Abweichung der Tiefenverläufe der PAK und Schwermetalle in den jüngsten Sedimenten ist vermutlich auf die Rauchgasreinigung bei der Energiegewinnung aus Kohle durch die Verwendung von Elektrofiltern zurückzuführen. Die Schwermetalle werden
durch diese Maßnahme zurückgehalten. Eine adäquate Reduktion der PAK-Emissionen aus ihren verschiedenen Quellen ist dagegen nicht im Sediment nachzuvollziehen.
In den Profilen ergeben sich somit zwei voneinander unabhängige Zeitmarken, die sich sinnvoll aufeinander beziehen lassen: Der Fazieswechsel der Sedimente, der auf den Durchstich des Mäanders im
frühen 19. Jhd. zurückgeführt wird und der im Hangenden folgende Anstieg der organischen und anorganischen Schadstoffe, welcher um die Jahrhundertwende erfolgte. Die Befunde scheinen hinreichend für die Aussage, daß auch an Auenstandorten die Geschichte der Umweltbelastung anhand der
PAK-Analytik nachvollzogen werden kann.
Die Sinnhaftigkeit der naturwissenschaftlichen Dokumentation anthropogener Umweltveränderungen,
wie sie mit der Methodik des retrospektiven Umweltmonitorings durchgeführt werden kann, ergibt
sich erst aus den Konsequenzen einer durchzuführenden Bewertung der ermittelten Befunde (SCHERINGER 1999: 33). Dies bedeutet, über die reine Deskription eines Zustandes hinauszugehen und die
objektiven empirischen Daten einem, sicherlich streitbaren, Werturteil zu unterziehen. Eine Darstellung der Probleme, die sich aus der gängigen Praxis der Bewertung umweltrelevanter Spurenstoffe
ergeben, wird von GOCHT (1999) versucht.
5
Literatur
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Universität Frankfurt/Main, Fachbereich Geographie. [in Vorbereitung]
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SILLIMAN, J. E. & MEYERS, P. A. & EADIE, B. J. (1998): Perylene: an indicator of alteration processes or
precursor materials?.- Organic Geochemistry 29: pp. 1737-1744.
WAKEHAM, S. G. & SCHAFFNER, C. & GIGER, W. (1980): Polycyclic aromatic hydrocarbons in recent
lake sediments – I. Compounds having anthropogenic origins.- Geochimica et Cosmochimica Acta 44:
pp. 403-413.
Akkumulierende organische Schadstoffe im Boden emittentenferner
Waldstandorte Österreichs
Peter Weiss
Umweltbundesamt, Spittelauerlände 5, A-1090 Wien
[email protected]
Abstract: Soil of remote Austrian forest sites was investigated for the concentrations of several semivolatile organic compounds (SOCs). Sites located in the far north of Austria showed a comparably
higher load. Between most of the SOCs significant positive correlations were identified. An estimate of
the SOCs bound in the soil of all Austrian forests and a comparison with emission data confirm the
importance of this compartment as a sink for such compounds.
Zusammenfassung: Der Boden entlegener Waldstandorte Österreichs wurde auf eine Reihe von persistenten organischen Schadstoffen (POPs) untersucht. V.a. Standorte im Norden des Bundesgebietes
waren durch eine vergleichsweise höhere Belastung gekennzeichnet. Zwischen den meisten POPs
wurden signifikant positive Korrelationen identifiziert. Eine Abschätzung der im gesamten Waldboden
Österreichs gebundenen POPs und eine Gegenüberstellung zu Emissionsdaten bestätigen die besondere Senkenfunktion dieses Kompartiments für diese Substanzen.
Keywords: semivolatile organic compounds, forest soil
Schlagworte: Persistente organische Schadstoffe, Waldboden
1
Einleitung
Waldböden stellen bedeutende Senken für persistente organische Schadstoffe (POPs) dar. Dies zeigte
sich etwa in landesweiten Bodenuntersuchungsprogrammen in Bayern und Baden-Württemberg (JONECK & PRINZ 1991, 1993; LFU 1993a, 1993b), aber auch in lokalen Untersuchungen, wo sowohl vorrats- als auch konzentrationsmäßig höhere Gehalte in Waldböden als in benachbarten Grünlandböden
identifiziert wurden (WEISS & RISS 1992). Wesentliche Ursachen für die vergleichsweise höheren
Gehalte in Waldböden stellen der fehlende oder seltene Biomassenentzug, die luftschadstoffilternden
Eigenschaften des Kronendaches sowie die hohen Anteile an organischer Substanz im Waldboden und
damit günstige Sorptionseigenschaften für diese Schadststoffe dar. Aus diesem Grund wurden in der
vorliegenden Studie Waldböden als Untersuchungsmedium herangezogen, um die weiträumige Belastung in Österreich mit POPs zu charakterisieren. Zusätzlich wurden auf den identen Standorten Fichtennadeln auf diese Substanzen untersucht. Um den Einfluß lokaler Emittenten auszuschließen und
somit Hinweise auf die weiträumige Verfrachtung dieser Schadstoffe zu bekommen, wurden ausschließlich Standorte ausgewählt, die entlegen von Siedlungen, Industrie und öffentlichen Straßen
liegen. Die umfangreichen Ergebnisse wurden in WEISS (1998) dargestellt. Der vorliegende Beitrag
behandelt ausgewählte Ergebnisse daraus für den Waldboden.
2
Methoden
25 verteilt über Österreich gelegene emittentenferne Waldstandorte, die zu 100 % mit Fichte bestockt
sind, wurden ausgewählt. Miteinbezogen wurden auch drei Standorte eines Höhenprofils in exponierter alpiner Lage, um höhenmäßige Unterschiede der Belastung zu identifizieren. An jedem der 25
Standorte wurden zufällig und mit definiertem Volumen 10 Auflagehumusproben sowie die darunterliegenden Mineralbodentiefenstufen 0-5 cm und 5-10 cm entlang eines Rechtecks von 25 x 5m geworben und nach Tiefenstufen zu Mischproben vereinigt. Der Auflagehumus (gesamte L-, Of- und OhSchicht ohne Steine und Lebendwurzeln) aller 25 Standorte wurde schonend homogenisiert, gefriergetrocknet und auf polychlorierte Dibenzodioxine und –furane (PCDD/F), polychlorierte Biphenyle
(PCB), Hexachlorcyclohexane (HCH), Hexachlobenzol (HCB), Pentachlorphenol (PCP), DDT und
Metaboliten (DDX) sowie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) analysiert. An fünf
ausgewählten Standorten, die die nachgewiesenen Konzentrationsbereiche bestmöglich abdecken sollten, wurden zusätzlich die Mineralbodentiefenstufen 0-5 cm und 5-10 cm (gesiebte Fraktion <2 mm)
auf diese Verbindungen analysiert. Die auf lyophilisierte Trockenmasse bezogenen Konzentrationen
wurden auf 105 °C Trockengewicht umgerechnet. Eine detailierte Beschreibung der chemischanalytischen Methoden findet sich in WEISS (1998).
3
Ergebnisse
Nahezu alle untersuchten Schadstoffe konnten an den entlegenen Waldstandorten im Auflagehumus
nachgewiesen werden (Tab. 1). Dies kann als deutlicher Hinweis für die weiträumige Verfrachtung
dieser Verbindungen gewertet werden. Die festgestellten Konzentrationen stimmen größenordnungsmäßig gut mit jenen überein, wie sie aus anderen Bodenuntersuchungen in Mitteleuropa für den ländlichen Bereich berichtet werden (z.B. JONECK & PRINZ 1991, 1993; LFU 1993a, 1993b). Allerdings
erreichen die stärkstbelasteten Hintergrundstandorte der vorliegenden Untersuchungen bei den PCDD/F
und PAH bereits Gehalte, wie sie auch für Standorte nahe von Emissionquellen typisch sind (Tab. 1).
Tabelle 1: Persistente organische Schadstoffe im Auflagehumus emittentenferner Waldstandorte
Österreichs
PCDD/F
ng/kg TS
Min.
25er-Perz.
Median
75er-Perz.
Max.
106
224
319
703
2676
ng ITEQ/kg TS
1,6
3,0
4,0
9,3
31,0
µg/kg TS
0,2
2,1
3,3
5,2
7,5
HCH
µg/kg TS
0,6
2,6
3,3
4,6
6,6
HCB
µg/kg TS
<0,2
0,2
0,5
1,0
PCP
µg/kg TS
<1,0
DDX3
µg/kg TS
n.n.
4,2
7,8
13,2
22,0
4
µg/kg TS
68
146
217
615
1545
PCB1
2
PAH
<1,0
1,9
2,1
1
Summe von PCB 28, 52, 101, 138, 153, 180
Summe von α-, β-, γ-, δ-, ε-HCH
3
Summe von p,p’-, o,p’-DDT, p,p’-, o,p’-DDD, p,p’-, o,p’-DDE
4
Summe von Triphenylen, Benzo(e)pyren, Coronen und den 16 „EPA-PAH“ ohne Naphthalin (Summe von 18 PAH)
2
Lagemäßige Unterschiede der Belastung wurden identifiziert. V.a. jene fünf Standorte nördlich der
Donau, im österreichischen Teil der Böhmischen Masse (Mühl- und Waldviertel), wiesen bei einer
Reihe von Schadstoffen signifikant höhere Konzentrationen im Auflagehumus auf als die Gruppe der
restlichen, südlich der Donau gelegenen Standorte (Abb. 1). Auch anhand multivariat, statistischer
Methoden (Clusteranalysen) konnte die belastungsmäßige Besonderheit dieser Standorte identifiziert
werden (WEISS et al. 1999).
Die Auswertungen zum alpinen Höhenprofil ergaben durchwegs höhere Konzentrationen im Auflagehumus des höchstgelegenen Standorts im Vergleich zu den beiden darunter liegenden Standorten
(WEISS et al. 1998). In ähnlicher Weise zeigte die österreichweite Waldbodenzustandsinventur
(MUTSCH 1998) sowie ein Moosmonitoringprogramm (ZECHMEISTER 1995) signifikant höhere
Schwermetallgehalte in höheren Lagen Österreichs. Die unvorteilhaften Voraussetzungen hochgelegener alpiner Lagen Österreichs für den Schadstoffeintrag aufgrund von höherem Niederschlag, höherer
Windgeschwindigkeit sowie dem Prallhangeffekt gegenüber weiträumig verfrachteten Luftmassen
bestätigen sich somit anhand der Ergebnisse dieser unterschiedlichen Erhebungen.
3000
40
8
PCDD/F (ng/kg)
2000
1500
1000
500
0
N=
5
20
nördlich Donau
südlich Donau
30
6
20
4
PCB (µg/kg)
PCDD/F (ng ITEQ/kg)
2500
10
0
N=
2,0
5
20
nördlich Donau
südlich Donau
2
0
N=
5
20
nördlich Donau
südlich Donau
2000
30
1,5
1500
20
,5
0,0
N=
5
20
nördlich Donau
südlich Donau
PAH (µg/kg)
1000
DDX (µg/kg)
HCB (µg/kg)
1,0
10
0
N=
5
20
nördlich Donau
südlich Donau
500
0
N=
5
20
nördlich Donau
südlich Donau
Abbildung 1: Signifikante Unterschiede in den Auflagehumusgehalten persistenter organischer
Schadstoffe zwischen den Standortsgruppen „nördlich der Donau“ (Mühl-, Waldviertel
bzw. Böhmische Masse) und „südlich der Donau“ (im restlichen Österreich gelegen)
Hinsichtlich der relativen Schadstoffmuster der einzelnen Schadstoffgruppen zeigten sich besonders
bei den PCDD/F-Homologenmustern, den HCH-Mustern und den DDX-Mustern Unterschiede bzw.
Gemeinsamkeiten zwischen einzelnen Standorten. Die unterschiedlichen Anteile hoch- und niedrigchlorierter PCDD/F sowie die unterschiedlichen Verhältnisse α-HCH/γ-HCH und p,p’-DDT/p,p’-DDE
erlaubten gemeinsam mit der Lage der Standorte sowie den zugehörigen Absolutkonzentrationen weiterführende Interpretationen in Hinblick auf standortsspezifische Unterschiede der Belastung (Weiss
1998, Weiss et al. 1998, 1999). Im Unterschied dazu waren die relativen PCB- und PAH-Muster im
Auflagehumus bei allen Standorten relativ einheitlich.
Nahezu alle untersuchten Gruppen persistenter organischer Schadstoffe zeigten hochsignifikante positive Korrelationen zwischen ihren absoluten Summengehalten. PCDD/F, PCB und HCB korrelierten
zusätzlich auch mit den Bleigehalten im Auflagehumus (Tab. 2). Somit weisen offenbar auch entlegene Standorte im Falle höherer Belastung einen Schadstoffmix bestehend aus unterschiedlichsten anor-
ganischen und organischen Schadstoffen auf, dessen waldökosystemare Wirkung eingehender Untersuchungen bedarf (synergistische, additive Effekte ?). Bemerkenswert ist weiters, daß das vergleichsweise zum Blei mobilere und pflanzenverfügbarere Cadmium mit keinem der organischen Schadstoffe
korreliert (Tab. 2). Eine vergleichsweise dazu engere „Verwandtschaft“ zwischen Blei und POPs darf
anhand dieser Ergebnisse angenommen werden.
Tabelle 2: Pearson Korrelationskoeffizienten zwischen den Konzentrationen persistenter organischer Schadstoffe, Blei und
Cadmium im Auflagehumus (** p < 0,01; * p < 0,05)
1
Daten zu PCDD/F und PAH mußten log-transformiert werden, um erforderliche Normalverteilung zu erreichen
2
Quelle der Pb- und Cd-Konzentrationen: FBVA 1992, MUTSCH 1995
Pearson’s r
log PCDD/F1
PCB
HCH
HCB
PCB
0,863**
HCH
0,322
HCB
0,704**
0,770**
0,701**
DDX
0,432*
0,614**
0,728**
0,767**
0,776**
0,605**
0,115
0,645**
1
log PAH
Pb
2
Cd2
0,466*
-0,044
DDX
log PAH1
Pb2
0,510**
0,560**
-0,073
0,370
0,102
0,481*
-0,124
0,403*
0,376
0,295
-0,105
-0,175
0,116
Zur Beurteilung des Anreicherungsverhaltens wurden je Standort und Substanz die Verhältnisse Konzentration in den Fichtennadeln zu Konzentration im Auflagehumus gerechnet. Es zeigten sich enge
Korrelationen dieser Verhältniszahlen mit den physiko-chemischen Parametern Dampfdruck sowie
den Verteilungskoeffizienten n-Oktanol/Wasser, n-Oktanol/Atmosphäre und gelöst/sorbiert im Boden
(WEISS 1999). Diese Ergebnisse bestätigen die Eignung dieser Kenngrößen zur Vorhersage der Akkumulation im Boden. Je hydrophober und weniger flüchtig die Verbindung desto höher waren die
Gehalte im Auflagehumus gegenüber den Nadeln erhöht. Die Verhältniszahlen für eher flüchtigere
POPs deuten jedoch darauf hin, daß Re-Emissionen dieser Substanzen aus den Böden eine markante
Belastungsursache der Vegetation darstellen können. Die Ergebnisse in den einzelnen Bodentiefenstufen entsprechen gut den Erwartungen, wonach weniger hydrophobe Verbindungen eine stärkere Tendenz zur Verlagerung im Boden aufweisen. Allerdings deuten die Ergebnisse bei den sehr hydrophoben POPs auf eine bessere Verlagerung im Boden im Vergleich zu POPs mittlerer Hydrophobizität
hin, was mit löslichkeitserhöhenden Prozessen durch die gelöste organische Substanz im Bodenwasser
in Zusammenhang stehen könnte (WEISS 1998).
Aufgrund der volumsgerechten Probenwerbung konnten die Konzentrationen in den Bodentiefenstufen auf Hektarwerte umgerechnet werden. Diese wurden herangezogen um eine Abschätzung der im
Waldboden Österreichs (46 % der Bundesfläche) gebundenen Vorräte von POPs durchzuführen und
den Abschätzungen zur gegenwärtigen jährlichen Emission Österreichs gegenüberzustellen. Da die
Berechnungen auf Basis von Werten aus entlegenen Waldgebieten durchgeführt wurden, ist wahrscheinlich, daß diese Schadstoffvorräte eine Unterschätzung der tatsächlichen Menge darstellen. Dennoch zeigte sich, daß die alleine im Waldboden Österreichs gebundenen Mengen an PCDD/F, PCB,
HCB und DDX ein Vielfaches der derzeitigen jährlichen Emission betragen (Tab. 3). Dies verdeutlicht
einerseits die besondere Akkumulation dieser Verbindungen im Boden, dürfte im weiteren jedoch
auch mit zusätzlichem Eintrag aus grenzüberschreitendem Luftschadstofftransport, höheren Emissionen in früheren Jahren und/oder mit einer noch nicht ausreichenden Quantifizierung von Quellen in
Zusammenhang stehen (WEISS 1998). Bemerkenswert ist beispielsweise, daß die derzeit alleine im
Waldboden gebundene Menge an DDX jener DDT-Menge entspricht, die Anfang der 80er-Jahre – den
letzten Jahren der DDT-Verwendung in Österreich - jährlich in diesem Land eingesetzt wurde.
Tabelle 3: Schätzwerte der persistenten organischen Schadstoffe im Boden des österreichischen Waldes und Gegenüberstellung zu Emmissionsdaten
PCDD/F
Waldboden Österreichs
(46 % des Bundesgebiets)
österr. Jahresemissionen1
1
4
PCB
Lindan
HCB
DDX
PAH
BaP
kg
g ITEQ
kg
kg
kg
kg
t
t
313
4600
2500
290
120
8500
215
11
28,7
264
14000
1
≈0
458
14
PCDD/F, PAH, BaP im Jahr 1994 (KÖNIG et al. 1997)
HCB, PCB im Jahr 1990 (BERDOWSKI et al. 1997), zur Vergleichbarkeit mit den bei der vorliegenden Untersuchung berechneten PCB-Summen anhand von sechs Kongeneren wurde die Jahresemission für alle PCB durch 5 dividiert
Lindan im Jahr 1993 (SATTELBERGER R., Umweltbundesamt Wien, pers. Mitteilung)
Literatur
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JONECK M. & PRINZ R. (1991): Dioxine in Böden Bayerns. - Bayerisches Geologisches Landesamt,
GLA-Fachberichte 7, München.
JONECK M. & PRINZ R. (1993): Inventur organischer Schadstoffe in Böden Bayerns. - Bayerisches
Geologisches Landesamt, GLA-Fachberichte 9, München.
KÖNIG G., RADUNSKY K. & RITTER M. (1997): Österreichische Luftschadstoffinventur 1994. Umweltbundesamt Wien, Report 139.
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Band 2, Karlsruhe.
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HERMAN F. & SMIDT S. (Hrsg.): Ökosystemare Studien im Kalkalpin. Forstliche Bundesversuchsanstalt Wien, FBVA-Berichte 87: 55-68.
MUTSCH F. (1998): Indication of long-range transport of heavy metals based on the Austrian forest soil
monitoring system. - ESPR – Environ. Sci. & Pollut. Res., Special Issue No.1: 81-87.
WEISS P. & RISS A. (1992): Bodenuntersuchungen von Grünland- und Waldböden im Raum Linz auf
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Umweltbundesamt Wien, Monographie 97.
WEISS P., LORBEER G. & SCHARF S. (1998): Persistent organic pollutants in remote Austrian forests –
altitude-related results. – ESPR – Environ. Sci. & Pollut. Res., Special Issue No. 1: 46-52.
WEISS P. (1999): Vegetation/soil distribution of semivolatile organic compounds in relation to their
physico-chemical properties. – Environ. Sci. Technol., submitted.
WEISS P., LORBEER G. & SCHARF S. (1999): Regional aspects and statistical characterisation of the
load with semivolatile organic compounds at remote Austrian forest sites. – Chemosphere, in press.
ZECHMEISTER H.G. (1995): Correlation between altitude and heavy metal deposition in the Alps. –
Environm. Pollut. 89: 73-80.
Erfahrungen bei der Anwendung und Umsetzung der Maßnahmen- und
Prüfwerte für den Direktpfad Boden – Mensch gemäß Anhang 2 BBodSchV
Ulrich Ewers
Hygiene-Institut des Ruhrgebiets - Institut für Umwelthygiene und Umweltmedizin
Rotthauserstr. 19, D - 45879 Gelsenkirchen
e-mail: [email protected]
Abstract: The ordinance on soil protection and contaminated soil, which was enforced in Germany in
1999, contains action values and guidance values for a number of soil contaminants. The values were
derived for special scenarios of exposure (direct soil contact) using hazard-related toxicological
criteria. In cases, where the guidance values are exceeded, further exmainations should be carried out
to evaluate the health risks that may be associated with soil contamination in an area under
consideration. The subsequent article gives a description of preliminary experiences in the practical
application of the above mentioned action values and guidance values for soil contaminants.
Zusammenfassung: In der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV), die Mitte
1999 in Kraft getreten ist, wurden für verschiedene altlastenrelevante Stoffe Maßnahmen- und
Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden – Mensch (direkter Kontakt) festgelegt. In dem Beitrag wird
über erste Erfahrungen bei der Anwendung und Umsetzung dieser Maßnahmen- und Prüfwerte
berichtet. Die der Ableitung dieser Werte zugrundeliegenden Expositionsbedingungen sind wegen des
hohen Grades an Versiegelung und Bodenabdeckung durch Vegetation in Wohngebieten häufig nicht
gegeben. Viele Gutachten beschränken sich auf die Bodenanalytik, ohne die im Einzelfall
vorliegenden Expositionsbedingungen zu ermitteln und zu charakterisieren. Die bei der
Überschreitung von Prüfwerten durchzuführenden weiteren Sachverhaltsermittlungen zur Abklärung
eines Gefahrenverdachts sind bisher wenig konkretisiert und standardisiert und werden daher häufig
nicht durchgeführt. Bei der umweltmedizinisch-toxikologischen Gefährdungsabschätzung wird
umweltmedizinischer und toxikologischer Sachverstand häufig nicht oder nicht in dem erforderlichen
Umfang eingeschaltet.
Keywords: soil contamination, action values, threshold values, risk assessment, risk management
Schlagworte: Bodenverunreinigungen, Altlasten, Maßnahmenwerte, Prüfwerte, Gefährdungsabschätzung
1
Einleitung
In dem vorliegenden Beitrag soll über erste Erfahrungen bei der Anwendung der in Anhang 2 der
Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) festgelegten Maßnahmen- und Prüfwerte
berichtet werden. Die BBodSchV ist zwar erst Mitte 1999 in Kraft getreten. Die Diskussionen über die
Ableitung und Anwendung der darin genannten Maßnahmen- und Prüfwerte werden intensiv jedoch
seit Anfang der 90er Jahre geführt. In vielen Gutachten wurde und wird daher bereits Bezug auf diese
Werte genommen. Im Vorfeld der Festlegung der in der BBodSchV genannten Maßnahmen- und
Prüfwerte war der Autor an der Erarbeitung von länderübergreifenden Prüf- und Maßnahmenwerten
zur Beurteilung von Bodenverunreinigungen beteiligt [Ewers & Viereck-Götte, 1994]. Diese Werte
wurden in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe „Prüfwerte“ des Altlastenausschusses der LAGA
und im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen
erarbeitet.
2
Prüf- und Maßnahmenwerte gemäß Anhang 2 BBodSchV
Die Prüf- und Maßnahmenwerte der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV)
beziehen sich auf bestehende Bodenverunreinigungen und Altlasten, von denen eine Gefahr für
Mensch und Umwelt ausgehen kann. Den Anforderungen des Ordnungsrechtes entsprechend handelt
es sich um Werte, welche die Schwelle einer möglichen Gefährdung betroffener Schutzgüter
kennzeichnen sollen, so daß der Grundstückseigentümer oder der Inhaber der tatsächlichen Gewalt
über ein Grundstück ordnungsrechtlich zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet werden kann.. Bei
Maßnahmenwerten wird davon ausgegangen, daß unter Berücksichtigung der jeweiligen
Bodennutzung eine schädliche Bodenveränderung vorliegt, so daß Maßnahmen erforderlich sind.
Prüfwerte sind Werte, bei deren Überschreitung unter Berücksichtigung der Bodennutzung ein
Gefahrenverdacht besteht, der im Rahmen einer einzelfallbezogene Prüfung abzuklären ist. Bei
Unterschreitung des Prüfwertes kann der Gefahrenverdacht als ausgeräumt gelten.
In der 1999 in Kraft getretenen Fassung der BBodSchV wurden Maßnahmenwerte für den Wirkungspfad Boden – Mensch nur für PCDD/F festgelegt. Für 11 weitere altlastenrelevante Stoffe wurden
Prüfwerte festgelegt.
Die Ableitung der Prüf- und Maßnahmenwerte erfolgte auf der Basis bestimmter Expositionsszenarien (orale Bodenaufnahme durch im Freien spielende Kinder; inhalative Bodenaufnahme)
sowie auf der Grundlage toxikologischer Kenngrößen (sog. „gefahrenbezogene“ Körperdosen). Eine
detaillierte Darstellung der im einzelnen sehr komplexen Ableitungsgrundlagen findet sich in dem
„Eckpunkte“-Papier der LABO-LAGA-AG „Direktpfad“ (1996) sowie in toxikologisch fundierten
Einzeldarstellungen [vgl. z.B. Hassauer et al. (1993); Konietzka und Dieter (1994); Eikmann et al.
(1999)].
Anhang 1 der BBodSchV enthält detaillierte Vorgaben zur Anwendung der für den Wirkungspfad
Boden – Mensch und andere Wirkungspfade festgelegten Prüf- und Maßnahmenwerte. Diese Vorgaben betreffen die Probenahmeplanung (Probenahmestellen, Beprobungstiefe), die
Probenvorbehandlung und die Anwendung bestimmter Analysenverfahren. Bzgl. der Anwendung der sich auf
den Wirkungspfad Boden – Mensch beziehenden Prüfwerte wird zusätzlich gefordert, daß bei der
Festlegung der Probenahmestellen und der Beprobungstiefe auch Ermittlungen zu den im Einzelfall
vorliegenden Expositionsbedingungen vorgenommen werden sollen. Die durchzuführenden Ermittlungen betreffen: die tatsächliche Nutzung der Fläche (Art, Häufigkeit, Dauer); die Zugänglichkeit der
Fläche; die Versiegelung der Fläche und deren Bewuchs mit Vegetation; die Möglichkeit der inhalativen Aufnahme von Bodenpartikeln; die Relevanz weiterer Wirkungspfade.
Die bei der Überschreitung von Maßnahmenwerten durchzuführenden Maßnahmen werden in der
Verordnung nicht konkretisiert. Ebensowenig werden die bei Überschreitung von Prüfwerten durchzuführenden weiteren Sachverhaltsermittlungen zur Abklärung des Gefahrenverdachts konkretisiert.
Empfehlungen zu den weitergehenden Sachverhaltsermittlungen im Rahmen der Einzelfallbeurteilung
bei Prüfwertüberschreitungen finden sich in dem „Eckpunkte“ – Papier der LABO-LAGA-AG
„Direktpfad“ (1996). Diese Empfehlungen beinhalten:
-
die Prüfung der im Einzelfall vorliegenden Expositionsbedingungen und den Vergleich dieser
Expositionsbedingungen mit den der Prüfwertableitung zugrundeliegenden Standardexpositionsannahmen;
-
die Prüfung der Stoffspezifik (chemische Bindungsformen und Oxidationsstufen der im
Boden vorkommenden Schadstoffe);
-
die Ermittlung der resorptionsverfügbaren Schadstoffanteile im Boden;
-
die Durchführung von Humanbiomonitoring-Untersuchungen bei betroffenen Personen bzw.
Personengruppen.
3
Anwendung der Maßnahmen- und
Gefährdungsabschätzungen
Prüfwerte gemäß BBodSchV im Rahmen von
Die in der BBodSchV genannten Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden – Mensch entsprechen weitgehend den im Eckpunkte“-Papier der LABO-LAGA-AG „Direktpfad“ enthaltenen Prüfwertvorschlägen. Lediglich bei Arsen und PCB weichen die in der BBodSchV genannten Prüfwerte von
den Prüfwertvorschlägen des „Eckpunkte“-Papiers ab. Da die Prüfwertvorschläge des Eckpunkte“Papiers seit Mitte der 90er Jahre bekannt sind und diskutiert werden, werden sie schon seit längerem
für Gefährdungsabschätzungen von Bodenverunreinigungen herangezogen. Die Durchsicht verschiedener Gutachten zeigt, daß die Anwendung der Prüfwerte nicht immer adäquat erfolgt. So
werden z.B. die für den Wirkungspfad Boden – Mensch (direkter Kontakt) festgelegten Prüfwerte zur
Beurteilung der Schadstoffkonzentrationen in Bodenproben aus Rammkernsondierungen, d.h. der
Schadstoffkonzentrationen in tieferen Bodenschichten herangezogen. In anderen Gutachten werden
die für Kinderspielflächen festgelegten Prüfwerte „aus Gründen der besonderen Vorsorge“ zur
Bewertung der in Wohngebieten festgestellten Bodenverunreinigungen oder als Kriterium für die
„multifunktionale Nutzbarkeit“ des Bodens verwendet. Prüfwertüberschreitungen werden des öfteren
mit der Forderung nach Sanierungsmaßnahmen verbunden, ebenfalls aus Gründen der besonderen
Vorsorge und im Hinblick auf etwaige Nutzungsänderungen in der Zukunft. Die in Anhang 1 unter
Ziffer 2.1.1 geforderten „Ermittlungen zu den im Einzelfall vorliegenden Expositionsbedingungen“
(tatsächliche Nutzung der Fläche bzgl. Art, Häufigkeit, Dauer; Zugänglichkeit der Fläche;
Versiegelung der Fläche und deren Bewuchs mit Vegetation; Relevanz weiterer Wirkungspfade)
werden häufig nicht durchgeführt. Diese Ermittlungen sind nicht nur im Zusammenhang mit der
Festlegung der Probenahmestellen und der Beprobungstiefen von Bedeutung, sondern zugleich
wesentlicher Bestandteil der bei Prüfwertüberschreitungen durchzuführenden weiteren
Sachverhaltsernmittlungen zur Abklärung des Gefahrenverdachts.
Eine der Gründe, warum die bei Prüfwertüberschreitungen durchzuführenden weiteren Sachverhaltsermittlungen zumeist nicht durchgeführt werden, besteht möglicherweise darin, daß hierfür kein
definiertes und standardisiertes Instrumentarium und Methodenarsenal zur Verfügung steht. Dies gilt
insbesondere für Untersuchungen zur Stoffspezifik und zur Bestimmung der resorptionsverfügbaren
Schadstoffanteile im Boden. Humanbiomonitoring-Untersuchungen sind nur dann möglich und sinnvoll, wenn Menschen als Anwohner oder Nutzer unmittelbar von Bodenverunreinigungen/Altlasten
betroffen sind. Ingenieur- und hydrogeologische Gutachter haben zu derartigen Untersuchungen i.d.R.
nur wenig Bezug und zeigen zumeist wenig Neigung, von sich aus die Beteiligung von umweltmedizinisch-toxikologischen Sachverständigen und entsprechend kompetenten Institutionen einzufordern. Von Seiten der zuständigen Behörden werden die hierfür erforderlichen Mittel häufig nicht in
dem erforderlichen Umfang bereit gestellt, obgleich der Gesundheitsschutz zu den prioritären Zielen
der Altlastensanierung gehört.
Als problematisch und den Betroffenen häufig schwer zu vermitteln erweist sich immer wieder
folgende Situation: Im Bereich eines Wohngebietes werden die für den Wirkungspfad Boden –
Mensch (direkter Kontakt) festgelegten Prüfwerte unterschritten, so daß der Gefahrenverdacht als
ausgeräumt gelten kann. Die in den „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen
Reststoffen / Abfällen“ der LAGA (1995) genannten Zuordnungswerte Z1 oder Z2 werden aber überschritten, sei es in Bodenproben aus tieferen Bodenschichten und/oder aus oberflächennahen Bodenschichten. In derartigen Situationen ist nach den Erfahrungen des Autors eine intensive Kommunikation mit den Betroffenen erforderlich, wobei diesen verständlich und nachvollziehbar die unterschiedlichen Ableitungsgrundlagen und Schutzziele der Prüfwerte einerseits und der Z-Werte andererseits zu erläutern sind.
4
Eigene Erfahrungen bei der Anwendung der Prüfwerte gemäß BBodSchV
Die in Anhang 2 der BBodSchV genannten Maßnahmen- und Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden
– Mensch (direkter Kontakt) sind nur dann anwendbar, wenn die im Beurteilungsgebiet vorliegenden
Expositionsbedingungen mit den der Prüfwertableitung zugrunde liegenden Standardexpositionsannahmen vergleichbar sind. Es ist daher erforderlich, die vor Ort vorhandenen Expositionsbedingungen zu erkunden und zu charakterisieren und diese mit dem Expositionsszenario, welches der
Maßnahmen- bzw. Prüfwertableitung zugrunde liegt, zu vergleichen. Wie in dem „Eckpunkte“-Papier
der LABO-LAGA-AG „Direktpfad“ im einzelnen dargelegt, wurde bei der Ableitung der Prüfwerte
für Kinderspielflächen von einer oralen Bodenaufnahme von 0,5 g Boden / Tag an 240 Tagen des
Jahres ausgegangen. Bei Wohngebieten und Park- und Freizeitanlagen wurde von einer ähnlichen
Nutzungsfrequenz ausgegangen; der Bodenkontakt wurde jedoch als weniger intensiv angenommen
als bei Kinderspielflächen. Die Bodenaufnahme wurde entsprechend um den Faktor 2 bzw. 5 geringer
angesetzt. Hieraus ergibt sich die Abstufung der Prüfwerte für Kinderspielflächen, Wohngebiete und
Park- und Freizeitflächen, die – mit Ausnahme der Prüfwerte für Cyanide - durch die Relation 1 : 2 :
5 gekennzeichnet ist.
Die mit 500 bzw. 250 mg / Tag sehr hoch angesetzte Bodenaufnahme im Bereich von Kinderspielflächen und Wohngebieten ist nach Einschätzung des Verfassers nur dann möglich (und realistisch),
wenn der Boden im Bereich dieser Flächen großenteils nicht versiegelt und nicht mit Vegetation
bewachsen ist. Dichter Grasbewuchs und dichter Bewuchs mit Blumen, Sträuchern und Bodendeckern im Bereich von Gartenbeeten stellt im Hinblick auf den Wirkungspfad Boden – Mensch
hingegen eine wirksame Kontaktbarriere dar, durch welche die Möglichkeit und die Häufigkeit des
Kontaktes mit kontaminiertem Boden stark eingeschränkt wird.
Nach den Erfahrungen des Verfassers sind die Grundstücke von Wohngebieten im Bereich von Altstandorten und Altlasten in aller Regel durch einen dichten Bewuchs mit Vegetation sowie durch eine
teilweise Bodenversiegelung (Steinplatten oder Asphaltierung im Bereich von Terassen, Wegen,
PKW-Stellplätzen etc.) gekennzeichnet. Die der Prüfwertableitung zugrundeliegenden Expositionsannahmen treffen somit i.d.R. nicht zu. Damit sind auch die für Wohngebiete festgelegten
Maßnahmen- und Prüfwerte i.d.R. nicht unmittelbar anwendbar. Ähnliches gilt hinsichtlich des
Bodenkontaktes und der Nutzungsfrequenz und damit auch hinsichtlich der Prüfwerte für Park- und
Freizeitanlagen.
Nach Auffassung des Verfassers besteht die Bedeutung der in der BBodSchV festgelegten Maßnahmen- und Bodenprüfwerte vorrangig darin, bundeseinheitlich geltende Standards für die Beurteilung von Bodenverunreinigungen zu setzen, durch welche den Prüf- und Untersuchungsaufwand insgesamt erheblich reduziert werden kann. Trotz des aus rechtlichen Gründen geforderten Gefahrenbezugs handelt es sich bei den Werten im weiteren Sinne um Vorsorgewerte, da - je nach Beschaffenheit und je nach den im Einzelfall vorliegenden Expositionsbedingungen - bei einer Überschreitung
der Werte nicht „automatisch“ und unmittelbar von einer Gefährdung des Schutzgutes Mensch auszugehen ist. Insofern entsprechen diese Werte im positiven Sinne den Hygiene-Standards des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes.
Eine gesundheitliche Gefährdung durch Bodenverunreinigungen ist erst dann gegeben, wenn durch
den Schadstofftransfer Boden – Mensch eine Schadstoffbelastung des menschlichen Organismus
resultiert, die gesundheitliche Schäden und Beeinträchtigungen bei den Betroffenen hinreichend
wahrscheinlich werden läßt. Die wesentliche Zielgröße der umweltmedizinisch-toxikologischen
Gefährdungsabschätzung ist daher die innere Schadstoffbelastung des menschlichen Organismus, die
sich bei vielen altlastenrelevanten Schadstoffen durch Human-Biomonitoring-Untersuchungen quantifizieren läßt [Ewers, 1997]. In bezug auf das Schutzgut „menschliche Gesundheit“ sollten derartige
Untersuchungen daher wesentlicher Bestandteil
der Gefährdungsabschätzung von Bodenverunreinigungen und Altlasten dann sein, wenn bei den Bodenuntersuchungen bedeutsame
Überschreitungen der Maßnahmen- und Prüfwerte der BBodSchV festgestellt werden. Zur
Beurteilung und Bewertung der Ergebnisse von Humanbiomonitoring-Untersuchungen sollten die
Referenzwerte und Human-Biomonitoring-Werte (HBM-Werte) der Kommission HumanBiomonitoring des Umweltbundesamtes herangezogen werden [Kommission Human-Biomonitoring,
1996]. Ein umweltmedizinisch-toxikologisch begründeter Handlungsbedarf ist erst bei Überschreitung
der HBM II – Werte gegeben. Bei Unterschreitung der HBM I – Werte besteht aus umweltmedizinisch-toxikologischer Sicht kein Handlungsdarf.
In den letzten Jahren sind verschiedene methodische Ansätze entwickelt worden, rechnerische
Expositionsabschätzungen auf der Grundlage von Umweltmeßdaten, Transferraten und bestimmten
Expositionsszenarien durchzuführen [Stubenrauch et al. 1994/1995]. Derartige Ansätze werden insbesondere im Altlastenbereich von Seiten des Umweltbundesamtes stark favorisiert und mit z.T.
erheblichem Mittelaufwand gefördert (UMS-Modell). Eine Weiterentwick-lung dieser Ansätze stellt
die sog. probabilistische Expositionsabschätzung dar [Wintermeyer, 1999]. Dem Verfasser sind bisher
keine Beispiele bekannt geworden, bei denen diese methodischen Ansätze sinnvolle und für die
Betroffenen und für die Behörden verwertbare Erkenntnisse erbracht haben. Da es praktisch keine
Möglichkeiten gibt, die Ergebnisse dieser Abschätzungen empirisch zu überprüfen, und da es letztlich
eine „Glaubenssache“ ist, ob man diese Ergebnisse dieser Berechnungen akzeptiert oder nicht, sollten
praktische Entscheidungen nicht auf der Grundlage derartiger theoretischer Betrachtungen getroffen
werden. Anstelle dessen ist vielmehr erfahrener umweltmedizinisch-toxikologischer Sachverstand
und der Einsatz des bewährten umweltmedizinisch-toxikologischen Methoden-arsenals gefragt und
gefordert (vgl. hierzu auch Ewers und Suchenwirth, 1996].
5
Literatur
EIKMANN, TH., U. HEINRICH, B. HEINZOW, R. KONIETZKA (HRSG.) (1999): Gefährdungsabschätzung
von Umweltschadstoffen. Toxikologische Basisdaten und ihre Bewertung. Erich Schmidt Verlag,
Berlin.
EWERS, U., L. VIERECK-GÖTTE (1994): Ableitung und Begründung länderübergreifender nutzungsund schutzgutbezogener Prüfwerte zur Beurteilung von Bodenverunreinigungen.
Altlasten Spektrum 3, 222-230.
EWERS, U., R. SUCHENWIRTH (1996): Expositionsabschätzung: Human-Biomonitoring vs. Modellrechnungen.UWSF – Z. Umweltchem. Ökotox. 8, 213-220.
EWERS, U. (1997): Bedeutung des Human-Biomonitoring bei der Abschätzung von Gesundheitsgefahren durch Altlasten und Bodenverunreinigungen. In: S. Schulte-Hostede, R. Freitag, A. Kettrup,
W. Fresenius (Hrsg.): Altlasten-Bewertung - Datenanalyse und Gefahrenbewertung. Ecomed
Verlagsgesellschaft, Landsberg.
HASSAUER, M., F. KALBERLAH, J. OLTMANNS, K. SCHNEIDER (1993): Basisdaten Toxikologie für
umwelt-relevante Stoffe zur Gefahrenbeurteilung bei Altlasten. Umweltbundesamt. Berichte 4/93.
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Human-Biomonitoring-Werte (HBM) in der Umweltmedizin. Bundesgesundhbl. 39, 221-224.
KONIETZKA, R., H.H. DIETER (1994): Kriterien für die Ermittlung gefahrenverknüpfter chronischer
Schadstoffzufuhren per Bodenaufnahme. In: Rosenkranz/Einsele/Harreß (Hrsg): Bodenschutz –
Ergänzbares Handbuch der Maßnahmen und Empfehlungen für Schutz, Pflege und Sanierung von
Böden, Landschaft und Grundwasser. Erich Schmidt Verlag, Berlin.
STUBENRAUCH, S., R. HEMPFLING, N. SIMMLEIT, T. METHEWS, P. DOETSCH (1994/1995):
Abschätzung der Schadstoffexposition in Abhängigkeit von Expositionsszenarien und Nutzergruppen,
Teil 1 – Teil 4. (Beitragsserie). UWSF – Z. Umweltchem. Ökotox..6, 41-49; 6, 165-174; 6, 289-296;
7, 37-46.
WINTERMEYER, D. (1999): Probablisistische Expositionsabschätzung zur Beurteilung der
gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltbelastungen. UWSF – Z. Umweltchem. Ökotox. 11,
228-233.
Sickerwasserprognose zur Bewertung von Bodenverunreinigungen
Prof. Dr. Peter Grathwohl
Geologisches Institut, Universität Tübingen, Sigwartstr. 10, 72076 Tübingen
[email protected]
Abstract: Procedures for groundwater risk assessment at contaminated sites have to be chosen
according to the properties of the pollutants and materials. The emission of volatile compounds from
the unsaturated zone into the groundwater can be evaluated based on vapour phase concentration and
Henry's law constant ("headspace in-situ"). Column experiments allow to determine the release rates
of contaminants from porous materials (desorption) and complex organic mixtures ("oil").
Zusammenfassung: Methoden zur Gefahrenbeurteilung "Grundwasser" an kontaminierten Standorten
sollten sich nach den Material- und Schadstoffeigenschaften richten. Die Emission flüchtiger Stoffe
aus der ungesättigten Bodenzone ins Grundwasser kann, bei bekannter Konzentration in der
Bodenluft, mittels der Herny-Konstante berechnet werden. Säulenexperimente erlauben die
Bestimmung von Schadstoff-Freisetzungsraten aus porösen Materialien und aus komplexen
organischen Mischphasen.
Keywords: Leaching tests, contaminant emission into the groundwater, risk assessment
Schlagwörter: Elutionsverfahren, Schadstoffemission ins Grundwasser, Gefahrenbeurteilung
1
Einleitung
Ob von Boden- oder Untergrundverunreinigungen eine Gefahr für das Grundwasser ausgeht,
entscheidet sich nach geltendem Recht am Ort der rechtlichen Beurteilung, also der Stelle, wo
kontaminiertes Sickerwasser ins Grundwasser übertritt bzw. kontaminiertes Material direkt mit dem
Grundwasser im Kontakt steht (Kontaktgrundwasser; siehe hierzu auch RUF et al., 1998). Die sich am
Ort der rechtlichen Beurteilung einstellende Schadstoffkonzentration kann maximal der
Sättigungskonzentration (Löslichkeit bei residualen Flüssigphasen, Gleichgewichtskonzentration bei
der Sorption/Desorption) entsprechen. Inwieweit sich diese Maximalkonzentration einstellt, hängt von
den Schadstoff-Freisetzungsraten (= Schadstoffemission) und den Kontaktzeiten des Wassers in den
verunreinigten Bereichen ab. Die wesentlichen, zu unterscheidenden Prozesse des Schadstoffeintrags
ins Grundwasser und der Schadstoff-Freisetzung sind:
1. Eintrag flüchtiger Stoffe aus der Bodenluft (Transport durch Sickerwasser und Diffusion durch den
Kapillarsaum direkt ins Grundwasser)
2. Lösung von Schadstoffen aus organischer Flüssigphase (Lösung aus feinverteilter residualer Phase,
Lösung aus kohärenter Flüssigphase = Pools)
3. Desorption bzw. diffusionslimitierte Freisetzung sorbierter Schadstoffe (Intrapartikel-, Intraaggregat-Diffusion, Matrixdiffusion)
Wenn sich die Schadstoffkonzentrationen am Ort der rechtlichen Beurteilung nicht direkt
bestimmen lassen (z.B. weil die Grundwasseroberfläche bzw. das Kontaktgrundwasser zu tief liegt,
nicht direkt zugänglich ist oder noch nicht genau erkundet ist), müssen zur Ermittlung der
Schadstoffemission Berechnungs- und Laborverfahren eingesetzt werden (Sickerwasserprognose).
2
Eintrag flüchtiger Schadstoffe aus der Bodenluft
Der sickerwassergebundene Eintrag flüchtiger Schadstoffe aus der ungesättigten Bodenzone kann bei
bekannter Konzentration in der Bodenluft, der Henry-Konstante und der Grundwasserneubildungsrate
relativ einfach berechnet werden. Auch der ohne bzw. zusätzlich zur Grundwasserneubildung
stattfindende, rein diffusiv/dispersive Eintrag (bzw. Austrag) flüchtiger Stoffe über den Kapillarsaum
kann mittels Berechnungsverfahren quantifiziert werden (MCCARTHY und JOHNSON, 1993; siehe Bild
1). In beiden Fällen basiert die Eintragsberechnung auf der Annahme des Gleichgewichtes zwischen
Sicker- bzw. Kapillarwasser und der Bodenluft, das sich, wegen der hohen Diffusionskoeffizienten in
der Gasphase, selbst in schnell fließendem Sickerwasser relativ rasch einstellt (GRATHWOHL und
REISINGER, 1996). Da die Grundlage dieser Berechnungen die Schadstoffkonzentration in der
Bodenluft ist, kommt einer zuverlässigen Bodenluftprobenahmemethode eine besondere Bedeutung
zu. Im Gegensatz zu den weit verbreiteten Methoden der Bodenluftbeprobung aus dem offenen
Bohrloch erlauben stationäre Entnahmesonden nach GRATHWOHL et al. (1990) eine sehr gute
Reproduzierbarkeit bei Wiederholungsmessungen auch über längere Zeiträume (z.B. Monate). Bild 1
zeigt ein Schema zur Berechnung der Emission und der Schadstoffkonzentrationen für dieses
Szenario.
Die Gefahrenbeurteilung für das Grundwasser kann durch Grenzschichtbetrachtungen
wesentlich vereinfacht werden. In Abhängigkeit von der Länge des verunreinigten Bereiches (Lk) stellt
sich eine wenige cm mächtige kontaminierte Schicht im Grundwasser ein, die mit der Bodenluft im
Gleichgewicht steht. Die Mächtigkeit dieser Schicht liegt für den rein sickerwassergebundenen Eintrag
bei einer Grundwasserneubildungsrate von ca. 0,5 - 1 mm/d, einer Abstandsgeschwindigkeit des
Grundwassers (va) von 1 m/d, einer Porosität von 30% und einer Länge des kontaminierten Bereichs
(Lk) von 10 m zwischen 1,6 cm und 3,3 cm. Bild 1 zeigt die Ableitung der Grenzschichtdicke (hk) für
den diffusiv/dispersiven Eintrag (Äquivalenzmodel siehe: Grathwohl, 1997). Da bei Grundwasserfließgeschwindigkeiten von > 0,1 m/d selbst bei sehr niedrigen Querdisperivitäten (αt) von 0,2 mm der
Anteil der molekularen Diffusion im Dispersionskoeffizienten vernachlässigt werden kann, ist eine
sehr einfache Berechnung dieser Grenzschichtdicke (hk) möglich:
hk ≅ Lk α t
Damit führt der diffusiv/dispersive Eintrag zu größeren Grenzschichtdicken (z.B. 5 cm bei Lk = 10 m
und αt = 0,2 mm) und damit auch zu höherem Schadstoffeintrag als über die Grundwasserneubildung
zu erwarten wäre (d.h. auch ohne Sickerwasser findet ein Eintrag flüchtiger Stoffe aus der Bodenluft
ins Grundwasser statt). Durch die Einführung der Grenzschichtdicken ist auch eine sehr einfache
Berechnung tiefengemittelter Konzentrationen im Grundwasser möglich.
Emission flüchtiger Schadstoffe ins Grundwasser
Sickerwassertransport
Q SiWa
C/Co
Sättigungslänge
(i.a. << 1m)
Kont. Bodenluft
LK
C BL
BK
CSH
QA
CSH = C BL/ H
Gelöste Schadstoffe
im Grundwasser
h
GW
0
Diffusiver Eintrag
über den Kapillarsaum
(Co = CSH = CBL/H)
0.5
C/Co
E(SH) = CSH Q SiWa
0
1
C/Co
1
hK
1
z =
D
LK
va
==>
3
1
hK =
2
2
Z
0.5
EDiff = 2
DLK va
CBL
n
BK
H
π
2. Fick'sches Gesetz
3
Z
E Diff =
D
LK 4
= 113
. z
va π
C BL
v a n BK h K
H
C = Co, h < hK
Bild 1: Eintrag flüchtiger Stoffe durch Sickerwasser (QSIWA) und durch Diffusion über den Kapillarsaum ins
Grundwasser. Beim Sickerwassertransport stellt sich aufgrund der schnellen Diffusion gasförmiger
Verbindungen in der Bodenluft rasch, d.h. nach kurzer Fließstrecke (wenigen cm bis dm, der
sogenannten Sättigungslänge), ein Gleichgewicht zwischen der Konzentration in der Bodenluft (CBL) und
dem Sickerwasser (CSH) ein. Die Stoffkonzentrationen im Sickerwasser können somit mittels der Henrykonstanten H [-] einfach aus der Konzentration in der Bodenluft berechnet werden (Co = CSH = CBL/H).
Die Emission ergibt sich aus: QSiWa CSH. Die Schadstoffemission durch Diffusion/Dispersion über den
Kapillarsaum läßt sich mittels des 2. Fick'schen Gesetzes berechnen (D: Dispersionskoeffizient; LK:
Länge des kontaminierten Bereiches). Äquivalent dazu kann auch die "Höhe" der kontaminierten
Grundwasserschicht (hK) über das mittlere Verschiebungsquadrat⎯z berechnet werden. Die diffusions/dispersionsbedingte Schadstoffemission EDiff ergibt sich aus CSH, hk, der Abstrombreite BK, der
Fließgeschwindigkeit des Grundwassers va und der Porosität n (CSH va n Bk hk.) Die tiefengemittelte
Konzentration im Grundwasser ergibt sich dann einfach aus der Gleichgewichtskonzentration CSH
multipliziert mit hK/hGW (hGW: Mächtigkeit des Grundwasserleiters).
B
3
Lösung aus residualer Phase
Die Schadstofflösungsraten aus tröpfchenförmig-feinverteilter residualer Phase ("Blobs") sind
aufgrund des relativ großen Oberflächen-/Volumenverhältnisses (Kontaktfläche) relativ hoch, so daß
bereits nach sehr kurzer Fließstrecke (z.B. < 15 cm bei Fließgeschwindigkeiten von 1 m/d und
Sättigungsgraden von 5%) die maximale Löslichkeit der Schadstoffe (Cmax = Sättigungskonzentration)
im Kontaktwasser erreicht wird (GRATHWOHL, 1997). D.h., daß sich im unmittelbaren Abstrom eines
kontaminierten Bereiches, der tröpfchenförmig-feinverteilte residuale Phase enthält (z.B. eine
"Schmierzone" im Grundwasserschwankungsbereich), die Sättigungskonzentration (Ci,w,sat) der
betreffenden organischen Verbindung einstellt. Diese liegt bei Stoffgemischen (z.B. Teeröl, Mineralöl,
Kraftstoffe etc.) immer unter der Wasserlöslichkeit der Einzelverbindung (Si) und kann - allerdings nur
bei Kenntnis der Zusammensetzung der organischen Phase - nach dem Raoult'schen Gesetz berechnet
werden:
Ci , w, sat = S i f i
MWo
MWi
wobei MWo, MWi, fi das Molekulargewicht der organischen Mischung, der Verbindung i bzw. den
Anteil (Fraktion) von i in der organischen Mischung bedeuten. Dabei wird ein Aktivitätskoeffizient
für i von 1 in der organischen Mischphase angenommen. Bei organischen Gemischen unbekannter
Zusammensetzung (z.B. Teer/Teeröl, degradiertes Mineralöl etc.) muß auf Laboruntersuchungen
zurückgegriffen werden. Da die Fließstrecke bis zum Erreichen der Sättigung (= Sättigungslänge) bei
der Schadstofflösung aus residualer Phase sehr kurz ist, können auch Labor-Säulenversuche zur
Bestimmung der Sättigungskonzentrationen eingesetzt werden. Dabei ist zu beachten, daß relativ gut
lösliche Stoffe (z.B. Benzol) verhältnismäßig rasch aus einer residualen Mischphase (z.B. Benzin)
ausgewaschen werden können, was entsprechend dem Raoult'schen Gesetz zu einem Rückgang der
Sättigungskonzentrationen führt (rasche Abnahme von fi).
Im Gegensatz zu tröpfchenförmig-feinverteilter residualer Phase weisen kohärente Flüssigphasen (Ölschwimmschichten, Lachen, "Pools") nur geringe Kontaktflächen für die Lösung der
Schadstoffe auf. Die Lösungsrate von Schadstoffen aus solchen "Pools" kann nach JOHNSON und
PANKOW (1992) ebenfalls mittels des 2. Fickschen Gesetzes analog zum diffusiven Eintrag flüchtiger
Stoffe aus der Bodenluft berechnet werden, da in beiden Fällen die gleichen Randbedingungen gelten.
4
Diffusionslimitierte Desorption
Im Gegensatz zur Lösungskinetik aus residualer Phase kann bei langsam desorbierenden Schadstoffen
bzw. Stoffen, welche durch die Porendiffusion aus der Gesteins- bzw. Bodenmatrix oder aus gering
permeablen Tonschichten freigesetzt werden, nicht von einer schnellen Gleichgewichtseinstellung
(z.B. unter 1 - 3 Tagen) ausgegangen werden. Dies gilt insbesondere für grobstückiges Material. Eine
schnelle Gleichgewichtseinstellung ist nur bei feinkörnigem Material wie z.B. feinen Kohle- oder
Rußpartikeln zu erwarten. Die Heterogenität von Bodenproben (unterschiedliche Korngrößen und
Petrographie der Bestandteile) läßt einfache Berechnungsverfahren zur Sickerwasserprognose nicht
zu, so daß hier Laborexperimente, insbesondere Säulenversuche eingesetzt werden müssen.
Säulenversuche (z.B. nach DIN V 19736) haben gegenüber den bisher üblichen
Schüttelversuchen (z.B. nach DIN 38414, DEVS4) im wesentlichen die Vorteile, daß nahezu
natürliche Lagerungsverhältnisse bzw. Porositäten der Proben vorliegen, keine Artefakte durch
Suspensionen/Emulsionsbildung (z.B. bei Mineralöl) oder Filtration des Eluats auftreten (die Trübe im
Säuleneluat geht in der Regel nach wenigen Tagen auf Werte wie im Grundwasser zurück) und eine
Modellierung bzw. Prognose des Langzeitverlaufs der Emission möglich ist. Eine Durchströmung von
sehr feinkörnigem, bindigem Material ist im Säulenversuch nicht vorgesehen - auch in der Natur
werden solche geringpermeablen Bereiche eher umströmt als durchströmt (bindige Proben können im
Säulenversuch untersucht werden, wenn das Material in aggregierter bzw. stückiger Form vorliegt und
daher relativ gut durchlässig ist). Unter Nicht-Gleichgewichtsbedingungen liefern die Säulenversuche
keine Gleichgewichts- oder Sättigungeskonzentrationen im Eluat, sondern maximale Freisetzungsraten
der Schadstoffe aus dem untersuchten Material, die für in-situ Bedingungen wieder auf
Konzentrationen umgerechnet werden müssen.
10000
100
1000
[µg/L]
C
W ,S äule
1
0.1
C
W ,S äu le
[µ g /L ]
10
100
10
1
0.1
0.01
ANY
FTH
0.01
CHR
0
0.001
0
10
20
30
NAP
PHE
CHR
ANY
FTH
BbF-BkF
10
20
30
Zeit [d]
Zeit [d]
Bild 2: Zeitlicher Verlauf der Eluatkonzentrationen (CW,Säule) im Säulenversuch bei Abstandsgeschwindigkeit
von ca. 1 m/d. Links: Bodenprobe mit sorbierten PAK. Nach dem Abklingen evtl. anfänglich auftretender
Artefakte (z.B. durch mobilisierte Trübstoffe) nehmen die PAK-Konzentrationen proportional zur
Wurzel der Zeit (Linien = Diffusionsmodel) nur noch langsam ab. Ungleichgewicht, d.h. im
Säulenversuch kann nur die maximale Freisetzungsrate bestimmt werden. Rechts: Probe mit residualer
Teerphase (aus dem Schadenszentrum eines Gaswerksgeländes). Die PAK werden über den gesamten
Untersuchungszeitraum von 25 Tagen mit nahezu konstant hohen Konzentrationen eluiert.
Gleichgewichtsbedingungen, d.h. Cw,Säule entspricht der nach dem Raoult'schen Gesetz zu erwartenden
Sättigungskonzentration Cw,sat. Nap: Naphthalin; ANY: Acenaphthen; PHE: Phenanthren; FTH:
Fluoranthen; CHR: Chrysen; BbF-BkF: Benz(b)- und Benz(k)fluoranthen. Aus WEIß et al. (1997).
5
Literatur
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Sorption/Desorption and Dissolution Kinetics.- Kluwer Academic Publishers, Boston, 224 p.
GRATHWOHL, P. (1997): Gefährdung des Grundwassers durch Freisetzung organischer Schadstoffe:
Methoden zur Berechnung der in-situ Schadstoffkonzentrationen.- Grundwasser, 4, 157-166
GRATHWOHL, P, FORSTER, F., VOUTTA, A. (1990): Stationäre Meßstelleneinrichtung zur Erkundung
und Überwachung von Untergrundkontaminationen durch leichtflüchtige Schadstoffe.- Wasser und
Boden, 3: 170-173.
GRATHWOHL, P., REISINGER, C. (1996): Formulierung einer Verfahrensempfehlung zur Bestimmung
der Emission leichtflüchtiger organischer Schadstoffe (LCKW, BTEX etc.) aus kontaminierten Böden
(Berechnungsverfahren und Methoden).- Abschlußbericht, LfU, Baden-Württemberg, 84 S.
JOHNSON, R.L, PANKOW, J.F. (1992): Dissolution of dense chlorinated solvents into groundwater. 2.
Source functions for pools of solvents.- Environ. Sci. Technol. 26(5): 896-901.
MCCARTHY, K.A., JOHNSON, R.L. (1993): Transport of volatile organic compounds across the
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RUF, J., LEUCHS, W., BANNICK, C. (1998): Das GBG-Papier - Dichtung und Wahrheit.altlastenspektrum, 7, 3, 153-155
WEIß, H., EBERHARDT, C., GRATHWOHL, P. (1997): Säulenversuche zur Grundwassergefährdungsabschätzung an kontaminierten Standorten.- TerraTech 5, 52-55
Bodenschutz und Grundwasserschutz in Deutschland,
gemeinsame Grundsätze für Beurteilung und Sanierung
Röder, R.
Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft, Lazarettstr. 67, 80636 München,
e-mail: reinhard.rö[email protected]
Abstract: The Länder in Germany have defined the principles of risk assessment of contaminated
soils for the exposure pathway soil-groundwater. These principles were accepted by federal autorities
and found there way into the new Federal Conservation Act (Bodenschutzgesetz, Bodenschutzverordnung). Certain differences occur only in some trigger values for acceptable concentrations (insignificance thresholds) of substances in water of the unsaturated and saturated zone.
Zusammenfassung: Die Bundesländer haben gemeinsame Kriterien zur Bewertung des Wirkungspfades Boden-Wasser bei Untergrundverunreinigungen formuliert. Der Bund hat sie größtenteils in die
Bodenschutzverordnung übernommen. Diskrepanzen bestehen nur bei wenigen Prüfwerten (Geringfügigkeitsschwellen) für Sicker- und Grundwasser.
Keywords: groundwater protection, soil protection, trigger values, insignificance thresholds
Schlagworte: Grundwasserschutz, Bodenschutz, Prüfwerte, Geringfügigkeitsschwelle
1
Einleitung
Im Auftrag der Umweltministerkonferenz (UMK) wurde im Jahr 1994 von der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Bund-Länderarbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) und der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) eine
• gemeinsame Arbeitsgruppe „Gefahrenbeurteilung von Bodenverunreinigungen/Altlasten als Gefahrenquelle für das Grundwasser„ (GBG)
eingerichtet. Die Ergebnisse der GBG, die unter der Geschäftsführung der LAWA stand, liegen seit
Juni 1998 in Form eines Grundsatzpapiers (GBG-Papier) vor, das auch eine Liste mit Geringfügigkeitsschwellen (Prüfwerten) für Stoffkonzentrationen enthält. Diese Geringfügigkeitsschwellen wurden von einem
• LAWA-ad-hoc-Arbeitskreis „Prüfwerte“ (ad-hoc-AK)
im Auftrag der LAWA-Arbeitsgruppe „Grundwasser und Wasserversorgung“ (LAWA-AGG) abgeleitet und begründet. Sie waren ein Ausgangspunkt für die Festlegung der Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden-Wasser in der Bodenschutz- und Altlasten-Verordnung (BodSchV).
2
Das GBG-Papier
Die Beurteilung, ob von einer Bodenverunreinigung eine Gefahr für das Grundwasser ausgeht, setzt
die Kenntnis voraus, was unter einem Grundwasserschaden zu verstehen ist. Hieraus ergab sich für die
GBG als erstes die Notwendigkeit, die Begriffe „Schaden“ und „Gefahr“ im Hinblick auf den Wirkungspfad Boden-Wasser zu definieren. Nachdem nicht jede geringfügige Abweichung der Grundwasserbeschaffenheit vom Ideal des natürlichen, anthropogen unbeeinflußten Grundwassers schon als
Schaden eingestuft werden kann, war es als zweites erforderlich, eine „Geringfügigkeitsschwelle“
festzulegen, unterhalb der eine Verunreinigung als unerheblich und oberhalb der sie als schädlich bzw.
erheblich einzustufen ist. Schließlich mußte klargestellt werden, auf welche Stelle im Untergrund sich
die Feststellung einer Gefahr bzw. eines Schadens beziehen muß; hierzu wurde der Begriff „Ort der
Beurteilung“ eingeführt. Wichtige rechtliche Grundlagen für die Ableitung dieser Definitionen waren
das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und das Polizei- und Ordnungsrecht.
2.1
Grundwasserschaden und Geringfügigkeitsschwelle
Aus den materiellen Grundentscheidungen des Wasserhaushaltsgesetzes (z.B. §§ 1a Abs. 2, 34 Abs. 2
WHG) ergibt sich, daß nicht verunreinigtes Grundwasser ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit
gemäß dem Polizei- und Ordnungsrecht ist. Wird daher Grundwasser in seiner Beschaffenheit durch
Maßnahmen mehr als nur unerheblich schädlich verändert, so liegt eine Störung der öffentlichen Sicherheit und somit ein Grundwasserschaden vor. Zur Feststellung eines Schadens ist also zu prüfen, ob
eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit besteht und ob sie erheblich oder ggf.
nur unerheblich (= geringfügig) ist. Ein Grundwasserschaden liegt somit dann vor, wenn im Grundwasser Stoffgehalte über einer näher zu definierenden Geringfügigkeitsschwelle festgestellt werden.
Die GBG hat klargestellt, daß die Festlegung von Geringfügigkeitsschwellen für Grundwasserverunreinigungen in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der Wasserwirtschaft, also der LAWA fällt und
von dieser zu erbringen ist. Des weiteren wurde abgeleitet und begründet, daß Verunreinigungen des
Sickerwassers in der ungesättigten Zone grundsätzlich nach den gleichen Kriterien wie Grundwasserverunreinigungen bewertet werden sollen. Die GBG hat daher beschlossen, als Maßstab für die Gefahrenbeurteilung von Bodenverunreinigungen die jeweils aktuelle Tabelle der LAWA mit den Geringfügigkeitsschwellen (Prüfwerten) für Grundwasser, auf die anschließend noch näher eingegangen wird,
zu übernehmen.
2.2
Grundwassergefährdung
Nach dem Polizei- und Ordnungsrecht liegt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor, wenn bei
ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit ein Schaden an den Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit, hier ein Grundwasserschaden, eintritt.
Im Zuge der Gefahrenbeurteilung von Bodenverunreinigungen ist zunächst zu klären:
• Besteht eine Gefahr für das Grundwasser, sind also Schäden zu erwarten?
[Dazu ist mittels geeigneter Untersuchungsverfahren zu ermitteln, ob aus der Bodenverunreinigung derzeit oder auch zukünftig Emissionen an wassergefährdenden Stoffen - z.B. über das Sickerwasser oder durch unmittelbaren Kontakt mit dem Grundwasser - mobilisiert werden und diese das Grundwasser erreichen und erheblich verunreinigen können. Rechtlich maßgeblich sind in
diesem Fall die Stoffkonzentrationen an der Eintrittsstelle in das Grundwasser (= „Ort der Beurteilung“).]
In einem zweiten Schritt ist zu beurteilen:
• Sind die zu erwartenden Schäden so gravierend, daß Sanierungsmaßnahmen geboten sind?
[Grundwassergefährdungen und -schäden erfordern nur dann Sanierungsmaßnahmen (Dekontamination oder Sicherung), wenn sie so gravierend sind, daß z.B. das natürliche Abbau- und Rückhaltevermögen des Untergrunds überfordert wäre.]
Für den ersten Teilaspekt sind vor allem die materiellen Grundentscheidungen des Wasserrechts maßgeblich, da der Gefahrenbegriff sich auf die Definition eines Grundwasserschadens, d.h. einer erheblichen Verunreinigung bezieht. Die Feststellung einer erheblichen Verunreinigung ist daher z.B. unabhängig von der Bedeutung des betroffenen Grundwassers oder einer gegebenen bzw. möglichen
Grundwassernutzung. Beim zweiten Teilaspekt kommt die ordnungsrechtlich gebotene Berücksichti-
gung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit als bestimmendes Element hinzu; d.h. hier spielen die
Bedeutung des Grundwasservorkommens, technische Machbarkeit der Sanierung sowie KostenNutzen-Überlegungen eine wesentliche Rolle.
2.3
Ort der Beurteilung
Bei der Feststellung, ob ein Grundwasserschaden vorliegt oder zu erwarten ist, darf ein späterer Abbau
oder eine Verdünnung der Verunreinigung nicht berücksichtigt werden. Also muß der rechtlich maßgebliche „Ort der Beurteilung“ eines Schadens und auch einer Gefahr dort liegen, wo die in das
Grundwasser eingetragenen Stoffe noch in unveränderter Konzentration vorliegen. Hierfür bestehen je
nach Lage der Bodenverunreinigung zum Grundwasser zwei Varianten (s. Abb. 1):
• Die Bodenverunreinigung liegt oberhalb der Grundwasseroberfläche (ungesättigte Zone). Ort der
Beurteilung ist die betroffene Grundwasseroberfläche. Findet der Stoffeintrag über das Sickerwasser statt, ist dies der Bereich, an der das Sickerwasser Teil der gesättigten Zone, also Grundwasser
wird.
• Die Bodenverunreinigung liegt im Grundwasser (gesättigte Zone). Ort der Beurteilung ist der Kontaktbereich zwischen dem verunreinigten Material und dem durch- bzw. umströmenden Grundwasser (Kontaktgrundwasser).
Sickerwasser
nach Bodenpassage
= Grundwasseroberfläche
Kontaktgrundwasser
Abb. 1: Rechtlich maßgeblicher Ort der Beurteilung von Grundwassergefährdung und verunreinigung
2.4
Sickerwasserprognose
Der derzeitige und künftige Stoffgehalt im Grundwasser am Ort der Beurteilung ist nach dem GBGKonzept das entscheidende Kriterium zur Feststellung einer Grundwasserverunreinigung bzw. einer gefährdung. In aller Regel kann aber dieser Ort probenahmetechnisch nicht erreicht und somit der dort
vorliegende bzw. zu erwartende Stoffgehalt auch nicht direkt gemessen werden. Er muß vielmehr auf
der Grundlage der Untersuchung von Material-, Bodenluft-, Sicker- oder Grundwasserproben, die
außerhalb des Ortes der Beurteilung entnommen wurden, in einer fachlichen Beurteilung abgeschätzt
werden. Für diese auf verschiedene Untersuchungen bzw. Erhebungen gestützte Beurteilung des Einzelfalls wurde von der GBG der Begriff „Sickerwasserprognose“ eingeführt. Hilfsweise oder ggf. alternativ kann die Sickerwasserprognose, d.h. die Feststellung einer Gefahr, auch beprobungslos im
Rahmen einer fachlichen Bewertung auf der Grundlage einer historischen Recherche (Art, Menge und
Verteilung der Stoffe, Alter der Bodenverunreinigung, Lage zum Grundwasser usw.) sowie durch
Übertragung von Erfahrungswerten aus vergleichbaren Fällen erfolgen.
Unterschreiten die in der Sickerwasserprognose auf der Grundlage von Bodenuntersuchungen abgeschätzten bzw. die aus Eluaten oder sonstigen Messungen abgeleiteten Stoffgehalte im Sickerwasser
die Geringfügigkeitsschwelle, können Gefahren für das Grundwasser insoweit ausgeschlossen werden.
Wird die Geringfügigkeitsschwelle überschritten, dann besteht zumindest ein Gefahrenverdacht.
3
Das Prüfwerte-Papier der LAWA
Der o.a. LAWA-ad-hoc-Arbeitskreis hat nach eingehender Prüfung der Praktikabilität und der rechtlichen Voraussetzungen die Geringfügigkeitsschwellen wirkungsorientiert, d.h. vorwiegend humanund ökotoxikologisch und nicht aus den Hintergrundwerten abgeleitet. Nur so konnten bundeseinheitliche Konzentrationswerte festgelegt werden, die für den Vollzug erforderlich sind. Angesichts der
Vielfalt an Grundwasserlandschaften wäre eine Ableitung aus Hintergrundwerten nicht zielführend
gewesen.
3.1
Ableitungskriterien für die Geringfügigkeitsschwelle
Grundwasser kann dann als geringfügig verunreinigt eingestuft werden, wenn trotz einer Erhöhung der
Stoffgehalte gegenüber den geogenen Hintergrundwerten und unabhängig von der Nutzungssituation
• im oder durch das Grundwasser (z.B. bei einer angenommenen Nutzung oder beim Austritt in ein
oberirdisches Gewässer) keine relevanten ökotoxischen Wirkungen auftreten können und
• im Grundwasser die Anforderungen der Trinkwasserverordnung oder entsprechend abgeleitete
Werte eingehalten werden.
Entsprechende Stoffkonzentrationswerte für eine Parameterauswahl wurden in einer Tabelle zusammengestellt. Das „Prüfwertepapier“ enthält desweiteren ausführliche Begründungen für die Ableitung
der einzelnen Werte. Für Stoffe, die nicht in der Tabelle aufgeführt sind, muß die Geringfügigkeitsschwelle im Einzelfall nach den gleichen human- oder ökotoxikologischen Kriterien abgeleitet werden.
Überschreiten die regionalen geogenen Hintergrundwerte im Grundwasser die Geringfügigkeitsschwelle, können von den Behörden höhere Werte festgelegt werden. Irreversible, anthropogen erhöhte Hintergrundwerte können aus Verhältnismäßigkeitsgründen bei der Entscheidung über die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen wie geogene Hintergrundwerte behandelt werden.
3.2
Anwendungsbereich der Geringfügigkeitsschwelle
Die Geringfügigkeitsschwelle darf nur in Verbindung mit dem „Ort der Beurteilung“ gesehen werden.
Damit ist sie i.S. der EU-Wasserrahmenrichtlinie eine Emissionsnorm und kein Umweltqualitätsziel.
Das Qualitätsziel für Grundwasser ist vielmehr eine „anthropogen möglichst unbeeinflußte Beschaffenheit“. Dieses Ziel wird dadurch erreicht, daß die Geringfügigkeitsschwelle nur auf das unmittelbar
betroffene Grundwasser ohne Vermischung mit dem Zustrom angewandt werden darf. Wird die Geringfügigkeitsschwelle dort eingehalten, stellt sich in Abhängigkeit von der örtlichen Situation im
Grundwasserleiter eine Wasserbeschaffenheit zwischen „natürlich rein“ und „geringfügig verunreinigt“ ein.
4
Ausblick
Mit dem GBG-Papier und dem Prüfwerte-Papier haben die Länder die fachliche Vorgehensweise im
Überlappungsbereich von Boden- und Gewässerschutz bei der Bewertung von Bodenverunreinigungen definiert. Zusätzlich wurde eine Abstimmung mit der Fachverwaltung des Bundes (UBA) erzielt.
Der Gesetzgeber hat diese Grundsätze teilweise in die am 12.07.1999 zu veröffentlichte Bodenschutzverordnung übernommen. Leider wurden aber die Geringfügigkeitsschwellen der LAWA bei der
Prüfwerte-Festlegung nur unvollständig berücksichtigt und für die Parameter Antimon, Blei, Nickel,
Zink und BTX höhere Werte festgelegt. Dadurch wird dem Grundsatz, daß Sicker- und Grundwasser
nach den gleichen Kriterien zu beurteilen sind, nicht Rechnung getragen. Es bleibt zu hoffen, daß mit
der ersten Novellierung der BodschV diese Widersprüche bereinigt werden.
5
LITERATUR
GBG (1998): Gefahrenbeurteilung von Bodenverunreinigungen/Altlasten als Gefahrenquelle für das
Grundwasser. Gemeinsame Arbeitsgruppe von LAWA, LABO und LAGA „Gefahrenbeurteilung Boden/Grundwasser“ (GBG); Grundsatzpapier vom 17.06.1998
LAWA AD-HOC-ARBEITSKREIS „PRÜFWERTE“ (1998): Geringfügigkeitsschwellen (Prüfwerte) zur
Beurteilung von Grundwasserschäden und ihre Begründung. Grundsatzpapier vom 21.12.1998
Hintergrundwerte für Schwermetalle und Normalgehalte an organischen
Schadstoffen in den Böden Thüringens
Steinert, P.
Thüringer Landesanstalt für Umwelt, Referat Bodenschutz und Grundwasserschutz
Prüssingstraße 25, 07745 Jena
e-mail: [email protected]
Abstract: Normal contents of anorganic and organic pollutants were found out in the soil of Thuringia
and regional background values were derived from two different projects. This paper informs about
the methods being used. Substantial results are summarized in two lists. Local specialities are
discussed.
Zusammenfassung: In zwei getrennten Projekten wurden in Thüringen die Hintergrundgehalte an
anorganischen und organischen Schadstoffen im Boden ermittelt und regionale Hintergrundwerte
abgeleitet. Es wird über das methodische Vorgehen berichtet. Die wesentlichen Ergebnisse sind in
zwei Listen zusammengefasst. Besonderheiten werden diskutiert.
Keywords: anorganic and organic pollutants, background values, soils, Thuringia
Schlagworte: anorganische und organische Schadstoffe, Hintergrundwerte, Böden, Thüringen
1.
Einführung
1.1
Bedeutung der Hintergrundwerte
Um einen besseren Schutz des Bodens vor schädlichen Schadstoffanreicherungen zu erreichen
(Vorsorge) und den Erfolg von Dekontaminationsmaßnahmen treffsicher beurteilen zu können
(Nachsorge), muss das Bewertungsinstrumentarium Orientierungswerte verbessert werden. Benötigt
werden regionale Hintergrundwerte mit Siedlungsraum- bzw. Nutzungsbezug.
1.2
Bodengeologische Situation
Das Bodenmosaik hauptsächlich prägende Elemente sind der Thüringer Wald im Südwesten, das
Thüringer Schiefergebirge im Süden und das Thüringer Becken mit seinen Randplatten im Zentrum.
Das schüsselsatzartig aus den Triassedimenten des Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper aufgebaute Thüringer Becken nimmt den größten Flächenanteil des Landes ein. Mächtigere Lößdecken
finden sich im Beckenzentrum. Hier liegen die Niederschläge deutlich unter 500 mm x a-1.
2.
Hintergrundwerte für Schwermetalle
2.1
Bearbeitungsablauf
Das Hauptprojekt wurde in folgenden Arbeitsschritten absolviert:
Š Auflistung der 24 wichtigsten stratigraphischen Einheiten und Ausgangssubstrate für die Bodenbildung, Aufteilung der Geländearbeit auf drei Bearbeitungsjahre (175 Profile),
Š Probenahme in allen größeren Verbreitungsgebieten jeder stratigraphischen Einheit, um
- die Differenziertheit der ausgebildeten Böden (Deckschichtenproblematik, Klimaeinfluss) sowie
- unterschiedliche Bodennutzungen
zu erfassen,
Š Analytik der Arsen- und Schwermetallgehalte sowie der Begleitparameter pH, Ton- und Humusgehalte sowie Sorptionseigenschaften,
Š Ausweis der mittleren Gehalte an verschiedenen Perzentilschwellen.
Im letzten Bearbeitungsjahr 1996 wurden die Daten der Zusatzprojekte und zahlreiche Daten aus
projektfremden Quellen zur Erreichung folgender Gesamtziele aufbereitet:
Š Ausweis regional differenzierter Gehalte und Werte,
Š Flächendeckende und flächenrepräsentative Aussagen auf der Basis einer statistisch gesicherten
Datenlage,
Š Generalisierung und Zusammenfassung von Böden mit gleichen HGW in Gruppen mit regionalem
Bezug.
Š Nach der Zusammenführung zu Gruppen wurde geprüft:
- der Einfluss pedogener Prozesse, insbesondere Verbraunung, Podsolierung und kolluviale Umlagerung,
- der Einfluss periglazialer Deckschichten und
- der Einfluss der Nutzung, gegliedert in Acker, Grünland und Wald.
2.2
Hintergrundwerte
Ö siehe Tabelle 1 am Schluss des Beitrages
Einfluss nichtgeogener Standortfaktoren:
In Thüringen wurden durch pH-Wert-Unterschiede keine signifikanten Mittelwertdifferenzen der
Schwermetallgehalte ermittelt. Mit Ausnahme der Auflagehorizonte von Waldböden nahm auch der
Humusgehalt keinen Einfluss, der bei der Ableitung der HGW hätte berücksichtigt werden müssen.
Lediglich der Tongehalt verursachte Differenzen, die sich sichern ließen und die bei Cr und Ni als
nennenswert gelten können.
Differenzierung nach der Nutzung:
Eine Differenzierung nach Nutzungsformen, zum Beispiel nach Ackerland und Grünland, wurde in der
Endphase der Bearbeitung fallen gelassen, da sich die Werte zu wenig unterschieden.
2.3
Bewertung, Wertevergleich
Š Die Schwermetallgehalte der Thüringer Böden liegen im Vergleich mit den länderübergreifenden
Hintergrundwerten (UBA 1998) in der Regel niedriger.
Ausnahmen:
Mehr als 30 % darüber liegen
- die Co- und vor allem Ni-Gehalte auf Böden im Muschelkalk,
- die Cu-Gehalte auf Mittlerem und Unterem Muschelkalk und Buntsandstein,
- die Zn-, Hg-, As- und vor allem Sb-Gehalte auf Schieferverwitterungsböden.
Š Bei der Bewirtschaftung der Böden und im Zusammenhang mit Abfallverwertungen, also aus der
Sicht der Begrenzung zukünftiger Einträge, ist der Vergleich der Thüringer Schwermetallhintergrundwerte mit anderen Orientierungswerten notwendig. Hierbei ergibt sich, dass die Thüringer
Hintergrundwerte die Vorsorgewerte (EBodSchV) allenfalls in einigen Fällen erreichen oder leicht
überschreiten.
Ausnahme:
Die Böden auf Basalt (Hohe Rhön) weisen erhöhte Ni- und Cr-Gehalte, am 90. Perzentil sogar
bedeutend erhöhte geogene Gehalte, auf.
Š Die Spanne der Werte schwankt zwischen den Bodenlandschaften um den Faktor 2 - 8 (50. P.)
bzw. 3 - 7 (90. P.). Dies belegt die deutliche Abhängigkeit der Schwermetall-Hintergrundwerte von
den lithologisch-geochemischen Eigenschaften der Ausgangsgesteine und -materialien für die Bodenbildung.
Die geogene Komponente nimmt stärker Einfluss auf die HGW von Cr, Ni, Zn und As. Die ubiquitäre Komponente macht sich stärker bemerkbar bei Pb, Cd und Hg (Anreicherungsfaktoren 2,7 3,8).
Š Die Humusauflagen der Waldböden akkumulieren Schwermetalle, vor allem Pb.
3.
Organische Schadstoffe
3.1
Bearbeitungsablauf
Ö siehe Tabelle 2 am Schluss des Beitrages
Die flächendeckende Erfassung der Konzentrationen in den Böden erfolgte in einem Raster 8 x 8 km
in Anlehnung an die BZE Wald. Von den insgesamt 264 Rasterschnittpunkten durfte bis 4 km abgewichen werden, um zu einer ausreichenden Zahl Wiederholungen bei den seltener auftretenden der 11
Nutzungsformen zu kommen. 158 zusätzliche Probenahmepunkte wurden aus dem gleichen Grunde
frei gewählt. Insgesamt ergaben sich 470 Proben von 422 Probenahmepunkten (2 Probenahmetiefen
bei Waldstandorten).
In Voruntersuchungen wurde die Relevanz der Schadstoffe für Thüringen ermittelt.
Aus den Definitionen zu den Normwerten geht hervor, dass Hintergrundwerte nur sinnvoll für die
Nutzungen „Ackerland“, „Grünland“ und „Wald-Auflage, Oberboden“ abgeleitet werden können. Für
die Nutzungen bzw. Standorte „Überschwemmungsgebiet“, „Siedlung“, „Kleingartenanlage“,
„Straße“, „Bergbau“, „Klärschlamm“ und „Verdachtsfläche“ ist neben dem ubiquitären Eintrag mit
einer beträchtlichen lokalen anthropogenen Komponente zu rechnen, so dass „Hintergrundwerte“ nicht
abgeleitet werden können. Hier erscheint es angebracht, Schwankungsbreiten (xmin - xmax, 10er
Perzentil, 90er Perzentil) anzugeben (Tabelle 3).
Tabelle. 3: Schwankungsbreiten ausgewählter organischer Schadstoffe in Thüringer Böden verschiedener Nutzungen/Standorte mit stärker anthropogenem Einfluss
Nutzung/Standort
Perzentil
Σ PAK
n. EPA
BaP
HCB
γ-HCH
Σ HCH
Σ DDX
Σ7
PCB
Simazin
Atrazin
μg/kg TS
Überschwemmungsgebiet
Siedlung
Kleingartenanlage
Straße
Bergbau
Klärschlamm
Verdachtsfläche
10er
90er
10er
90er
10er
90er
10er
90er
10er
90er
10er
90er
10er
90er
318
4.794
523
8.529
912
11.534
509
8.191
233
1.514
182
901
282
6.090
16
408
40
648
66
839
31
743
4
106
9
57
3
555
<1
5,2
<1
6,0
<1
2,0
<1
4,0
<1
9,1
<1
<1
<1
8,0
Phenol Σ Phenole Σ Kresole
Nutzung/Standort
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
<6
90
<6
86
8
1.541
<6
92
<6
333
8
145
<6
155
<7
36
<7
<7
<7
<7
<7
51
<7
<7
<7
59
<7
<7
<1
2,0
<1
<1
<1
<1
<1
40
<1
<1
DBP
BBP
DEHP
EDTA
NTA
Kleingartenanlage
Straße
Bergbau
Klärschlamm
Verdachtsfläche
3.2
10er
90er
10er
90er
10er
90er
10er
90er
10er
90er
10er
90er
10er
90er
<1
13
2,0
23
5,0
19
4,2
35
3,0
15
<1
30
2,0
19
2,0
25
3,0
52
21
40
11
57
10
24
11
45
7,0
48
<1
7,0
<1
<1
<1
<1
<1
12
<1
2,0
<5
<5
<5
<5
<5
<5
<5
<5
<5
<5
<5
<5
<5
<5
KW
PCDD/F
(H 18)
μg/kg TS
Überschwemmungsgebiet
Siedlung
mg/kg
TS
(o. Cl-Ph.)
Perzentil
Tenside
LAS
μg/kg TS
mg/kg TS
<3
9,0
<3
22
6,0
22
3,4
31
4,0
8,5
<3
8,8
3,0
23
0,15
0,35
0,13
0,51
0,17
0,60
0,13
0,33
0,19
0,52
0,19
0,32
< 0,18
0,50
< 0,006
0,14
< 0,006
0,090
0,014
0,50
0,010
0,080
< 0,006
0,020
0,020
0,020
< 0,006
0,031
0,16
0,58
0,15
0,61
0,28
0,81
0,32
0,67
0,26
0,51
0,46
0,53
0,25
0,61
<5
< 10
<5
< 10
<5
<5
<5
<5
<5
<5
< 10
< 10
<5
<5
< 50
< 50
< 50
< 50
< 50
< 50
-
mg/kg
TS
ng I-TE/
kg TS
< 10
48
14
31
14
39
18
258
< 10
12
< 10
76
3
20
1
15
1
30
Diskussion der Werte
Generell kann für die Thüringer Oberböden von einer geringen Belastung mit organischen Schadstoffen ausgegangen werden. Die erhobenen Befunde reihen sich gut in die Ergebnisse anderer Bundesländer ein.
Forstlich genutzte Standorte weisen in der Regel höhere Gehalte als Acker- und Grünlandstandorte
auf. Durch anthropogene Aktivitäten oder zivilisatorische Einflüsse sind einige Böden stärker überprägt als beispielsweise Acker- und Grünland (Bsp. Kleingärten: DDT, PAK; Siedlung: PAK).
Auf diesen Standorten unterliegen die Schadstoffgehalte größeren Schwankungsbreiten und es werden
Überschreitungen allgemein akzeptierter Prüfwerte (z. B. EBodSchV) registriert.
Die ubiquitäre Verbreitung der Polycyclischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe hat wie in allen
Bundesländern auch zu einer Anreicherung in Thüringer Oberböden geführt. Die Vorsorgewerte des
EBodSchV werden zu einem hohen Prozentsatz ausgeschöpft, aber nur durch Einzelwerte überschritten. Eine großflächige Gefährdung der Schutzgüter Grundwasser, Pflanze, Tier und Mensch ist
aus den gefundenen Konzentrationen nicht abzuleiten, da die Beweglichkeit der PAK und damit der
Transfer in das Grundwasser und die Nahrungskette aufgrund ihrer chemischen und physikalischen
Eigenschaften stark eingeschränkt ist.
Von den untersuchten Pflanzenschutzmitteln sind HCB, HCH (einschließlich Isomere) und Triazine in
niedrigen Konzentrationen nahe der Nachweisgrenze ermittelt worden. DDT und dessen Isomere bzw.
Abbauprodukte sind unter den Pflanzenschutzmitteln die Verbindungen mit den höchsten Konzentrationen in Thüringer Oberböden. Das war aufgrund der Persistenz und des in der Vergangenheit
umfangreichen Einsatzes dieser Verbindungen zu erwarten. Allgemein akzeptierte Grenz-/Richtwerte
werden durch die Gehalte an DDT und Isomere bzw. Abbauprodukte in Thüringer Oberböden weit
unterschritten.
Die Belastung Thüringer Oberböden mit Polychlorierten Biphenylen ist sehr niedrig. Nur speziell
anthropogen überprägte Standorte (Überschwemmungsgebiete, Straßennähe, Klärschlammausbringung) weisen lokal begrenzt erhöhte Konzentrationen auf. Negative phyto-, öko-, zoo- oder humantoxische Effekte sind von den gefundenen Konzentrationen jedoch nicht zu erwarten.
Polychlorierte Dibenzodioxine und -furane sind in Thüringer Böden allgemein verbreitet. Konzentrationen über 5 ng I-TE/kg TS wurden in Oberböden von Acker- und Grünlandstandorten ohne besondere Emissionssituation jedoch nicht nachgewiesen.
Der Gehalt Thüringer Oberböden an Kohlenwasserstoffen ist in der Regel niedrig und toxikologisch/ökotoxikologisch ohne Relevanz.
Tabelle 1: Hintergrundwerte für anorganische Stoffe der Oberböden in Thüringen [mg/kg]*
Typ 0 = im wesentlichen ländlicher Raum
AG1) Nutzung
P.
n
As
Cd
Cr
Cu
Ni
Pb
Zn
1 o. Differenzg. 50
89
7,7
0,19
42
17
20
26
54
10
0,26
60
22
29
34
7,6
0,19
43
17
22
9,8
0,26
59
22
6,9
0,18
58
9,1
0,25
7,3
90
AL, GL
50
74
90
2 AL, GL
50
69
90
3 AL, GL
50
25
90
4 o. Differenzg. 50
33
90
AL, GL
50
23
90
5 o. Differenzg. 50
55
90
AL, G
50
37
90
6 o. Differenzg. 50
29
90
Wald
50
22
90
7 o. Differenzg. 50
34
90
Al, GL
50
90
1)
AG
1
2
3
4
5
6
7
=
=
=
=
=
=
=
=
26
Hg
Sb
Tl
Co
0,075 0,44
0,37
11
85
0,12
1,0
0,52
14
26
54
0,074 0,40
0,38
11
28
33
80
0,093 0,90
0,52
14
23
36
24
67
0,063 0,50
0,39
11
73
37
50
38
99
0,094 0,71
0,62
16
0,16
80
33
52
28
81
0,067 0,43
0,34
15
8,2
0,36
108
41
68
43
114
0,12
0,63
0,59
16
10
0,38
48
21
27
48
99
0,071 0,56
0,69
11
15
0,54
60
27
35
70
139
0,10
0,88
1,1
14
9,6
0,37
48
21
28
43
99
0,071 0,53
0,73
11
13
0,51
61
27
38
59
122
0,093 0,68
1,1
14
3,6
0,13
18
9,3
6,3
28
28
0,066 0,51
< 0,3
3,8
6,7
0,23
37
17
10
36
41
0,093 1,04
< 0,3
8,4
3,6
0,14
20
9,3
6,4
28
30
0,063 0,51
< 0,3
4,1
6,5
0,24
39
16
10
32
52
0,089 0,83
< 0,3
8,7
11
0,14
28
10
7,4
78
49
0,21
1,6
0,53
3,6
19
0,27
42
16
14
166
102
0,37
3,2
0,75
10
11
0,13
22
10
5,5
97
41
0,26
1,9
0,54
<2
19
0,23
41
16
11
168
58
0,38
4,1
0,75
4,2
14
0,26
73
27
29
50
111
0,19
1,7
0,48
13
22
0,45
119
37
45
69
159
0,31
2,6
0,68
21
13
0,32
76
28
32
42
126
0,17
1,5
0,48
15
19
0,47
106
36
45
68
158
0,24
2,4
0,69
21
Ausgangsgestein
Löß
Tonsteine, Tonmergel, Mergel, Fließerden des Keuper und Röt
Tonsteine, Tonmergel, tonige Fließerden und Schutt des Oberen Muschelkalkes
Kalksteine, Kalkmergel und Dolomite des Mittleren und Unteren Muschelkalkes
Sandsteine und sandig-tonige Wechselfolgen des Mittleren und Unteren Buntsandstein
Saure und intermediäre Vulkanite und Granite
Tonschiefer und Grauwacken-Tonschiefer-Wechselfolgen des Thüringer Schiefergebirges
* Quelle: ROSENKRANZ, EINSELE, HARRESS, Bodenschutz, 28. Lieferg. d. Loseblattsammlung, XII/98
Tabelle. 2:
Hintergrundwerte (50er und 90er Perzentil) relevanter Schadstoffe und Schadstoffgruppen in Thüringer Böden
unter verschiedener Nutzung*
Schadstoff
Nutzung
Ackerland
Grünland
Wald-Auflage
Wald-Oberboden
50er P.
90er P.
50er P.
90er P.
50er P.
90er P.
50er P.
90er P.
Σ PAK n. EPA
μg/kg TS
400
1.300
350
950
2.300
5.000
1.000
2.300
BaP
μg/kg TS
20
80
15
65
75
230
25
100
HCB
μg/kg TS
1
5
<1
2
4
15
1
4
γ-HCH
μg/kg TS
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
Σ HCH
μg/kg TS
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
< 10
Σ DDX
μg/kg TS
30
150
<6
180
60
400
20
100
Σ 7 PCB
μg/kg TS
<7
<7
<7
<7
10
70
<7
20
Simazin
μg/kg TS
<1
<1
<1
10
<1
10
<1
<1
Atrazin
μg/kg TS
<1
5
<1
5
<1
10
<1
5
Tenside LAS
mg/kg TS
<5
<5
<5
<5
<5
<5
-
-
Phenol
μg/kg TS
2
20
3
20
30
100
5
10
Σ Phenol
ohne chlor. Ph.
Σ Kresole
μg/kg TS
10
30
10
40
100
300
15
40
μg/kg TS
<3
10
4
20
50
200
10
25
DBP
mg/kg TS
0,2
0,5
0,3
0,6
1
2
-
-
BBP
mg/kg TS
0,02
0,1
0,02
0,2
0,1
0,3
-
-
DEHP
mg/kg TS
0,2
1
0,3
0,5
0,3
0,8
-
-
EDTA
μg/kg TS
<5
<5
<5
<5
<5
<5
-
-
NTA
μg/kg TS
< 50
< 50
-
-
-
-
-
-
mg/kg TS
10
15
15
30
50
100
-
-
ng I-TE/
kg TS
1
2
2
3
30
40
4
15
Phthalate
Komplexbildner
Kohlenwasserstoffe
(H18)
PCDD/F
* Quelle: „Ableitung von nutzungsabhängigen Normwerten für organische Schadstoffe in den Böden des Freistaates Thüringen“. - Abschlussbericht Thüringer Landesanstalt für Umwelt 1997, unveröff.
Hintergrundwerte anorganischer Schadstoffe in Böden Bayerns
Walter Martin*1, Michael Außendorf*1 und Thomas Suttner*2
*1
Bayerisches Geologisches Landesamt, Heßstraße 128, 80797 München
*2
Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, Postfach 810140, 81901 München
[email protected]
Abstract: Background-values of heavy metals exceed the precautionary values of the German-SoilProtection-Order in soils of almost any kind of parent material in Bavaria, especially in soils derived
form loess, carbonate rocks, clay-schist, basic or ultrabasic rocks. Geogenetic and pedogenetic
circumstances or sometimes large-area anthropogenetic influences have caused the exceedings.
Parent material of soils is much stronger correlated to background-values than soil texture.
Zusammenfassung: Die Hintergrundwerte anorganischer Schadstoffe überschreiten die Vorsorgewerte der Bundes-Bodenschutzverordnung in Böden fast aller Substrate in Bayern, insbesondere in
Böden aus Lößlehm, Karbonatgesteinen, Tonschiefer und basischen bzw. ultrabasischen Gesteinen.
Die Überschreitungen sind auf geogene und pedogene Ursachen oder großflächig siedlungsbedingte
Einflüsse zurückzuführen. Das Substrat erklärt die Hintergrundwerte deutlich besser als die Bodenart.
Keywords: Background-values, precautionary-values, German-Soil-Protection-Order, parent rock, soil
texture
Schlagworte: Hintergrundwerte, Vorsorgewerte, Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung,
Ausgangssubstrat, Bodenart
1
Gesetzliche Grundlagen
Das am 1.März 1999 in Kraft getretene
Gefahren- i.d.R.
(BBodSchG)
Bundes-Bodenschutzgesetz
bereich
Vorliegen
SanierungsMaßnahschützt das dritte Umweltmedium Boden
einer Gefahr maßnahmen
menwert
Untersuchunexplizit und umfassend. In der Bundesgen zur abBodenschutzund
Altlastenverordnung
schließenden
Prüfbereich Verdacht
einer GeGefährdungs(BBodSchV) werden die Anforderungen an
fährdung
abschätzung
Prüfwert
den Bodenschutz und die AltlastenBesorgnis
Vorsorge- einer schädbehandlung konkretisiert und Maßnahmen-,
lichen
bereich
VorsorgemaßBodenverPrüf- und Vorsorgewerte zum Schutz der
nahmen
änderung
VorsorBodenfunktionen definiert.
gewert
UnerheblichWerden Maßnahmenwerte überschritten, sind
keitsbereich
Maßnahmen erforderlich, um Gefahren von
Schutzgütern abzuwehren. Werden Prüfwerte
Abbildung 1: Funktionsschema zu Maßnahmen,
überschritten, ist eine GefährdungsabschätPrüf- und Vorsorgewerten der BBodSchV
zung durchzuführen und ggf. Maßnahmen zur
Gefahrenabwehr zu treffen. Werden Vorsorgewerte überschritten, besteht die Besorgnis einer
schädlichen Bodenveränderung, sofern diese Überschreitung nicht auf naturbedingte oder großflächig
siedlungsbedingte Einflüsse zurückzuführen ist und nicht eine erhebliche Freisetzung der Schadstoffe
oder zusätzliche Einträge nachteilige Auswirkungen auf Bodenfunktionen erwarten lassen. Bei der
Überschreitung von Vorsorgewerten sind Maßnahmen gegen das Entstehen einer schädlichen
Bodenveränderung durch die Nutzung zu ergreifen.
Die humantoxikologisch definierten Prüf- und Maßnahmenwerte sind nutzungs- und
schutzgutbezogen abgeleitet. Dagegen sind die Vorsorgewerte für anorganische Problemstoffe
nutzungs- und schutzgutunabhängig und sollen die Multifunktionalität der Böden bewahren. Sie
wurden unter ökotoxikologischen Aspekten unter Berücksichtigung von Hintergrundwerten in Böden
abgeleitet und sind in ihrer Höhe vom pH-Wert und der Bodenart abhängig (Tab. 1).
Tabelle 1: Vorsorgewerte in mg/kg Boden nach BBodSchV
Cadmium
Blei
Chrom
*
Bodenart Sand (s)
0,4
40
30
1
70
60
Bodenart
für pH <6,0: für pH <5,0:
*
Lehm(l) / Schluff(u)
0,4
40
1,5
Bodenart Ton (t)
100
100
Kupfer
20
40
60
Quecksilber
0,1
0,5
1
Nickel
15
50
Zink
60
150
für pH <6,0:
15
für pH <6,0:
60
70
200
für pH<6,0: für pH <5,0:
für pH <6,0: für pH <6,0:
1
70
50
150
Unbedenklich, soweit eine Freisetzung der Schadstoffe oder zusätzliche Einträge nach §8 Abs. 2 und 3
der BBodSchV keine nachteiligen Auswirkungen auf die Bodenfunktionen erwarten lassen
Böden mit naturbedingt und
großflächig siedlungsbedingt
erhöhten Hintergrundgehalten
*
Schluffige Sande sind entsprechend der Bodenart Lehm/Schluff zu bewerten
2
Definition der Hintergrundwerte
Hintergrundwerte geben den Ist-Zustand der Böden an und werden aus den Hintergrundgehalten einzelner Böden ermittelt (Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz, 1995). Hintergrundwerte
beinhalten den geogenen Grundgehalt, das ist der Stoffbestand des Bodens, der sich aus dem Ausgangsgestein (lithogener Anteil) und den durch pedogenetische Prozesse beeinflußten Umverteilungen
(An- oder Abreicherung) von Stoffen im Boden ergibt, und der ubiquitären Stoffverteilung als Folge
diffuser Einträge in den Boden. Sie werden ermittelt unter Angabe statistischer Kenngrößen und der
Differenzierung hinsichtlich der Bodeneigenschaften und Standortverhältnisse, sowie der Bezugsgrößen Nutzung und Gebietstyp.
3
Ermittlung der Hintergrundwerte
Wegen der großen Bedeutung der Hintergrundwerte wurden im Auftrag und mit Mitteln des
Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen am Bayerischen
Geologischen Landesamt an 4500 Standorten in Bayern die Hintergrundgehalte für die Elemente As,
Cd, Co, Cr, Cu, Hg, Ni, Pb, Se, Tl, V und Zn horizontdifferenziert gemessen und zu
Hintergrundwerten zusammengefaßt.
Die Hintergrundwerte wurden regional-, substrat-, nutzungs- und horizontspezifisch ermittelt. Die
regionale Gliederung orientiert sich an der standortkundlichen Gliederung Bayerns (WITTMANN 1991)
und enthält die Auswertungseinheiten „Nordwestbayern“, „Fränkische und Schwäbische Alb“,
„Grundgebirge“, „Tertiärhügelland“ und „Alpen und Alpenvorland“. Aufgrund der petrografischen
Beschreibung der Böden wurden möglichst gleiche Substrate zusammengefaßt. Bei der Nutzung
wurde zwischen Acker, Grünland und Wald unterschieden, wobei Acker und Grünland meist
zusammen ausgewertet wurde. Die Horizonte wurden nach Auflagen (Of- und Oh-Horizonte), den
Oberböden (A-Horizonte), den Unterböden (B-, T-, P-, M-, S- und G-Horizonte) und Untergrund (CHorizonte) differenziert. Fossile Horizonte und Ah-C-Horizonte wurden nicht ausgewertet (SUTTNER et
al., 1998).
4
Ergebnisse und Diskussion
4.1
Typische Verteilung von Hintergrundgehalten im Bodenprofil
Diffuse Stoffeinträge finden meist an der Bodenoberfläche statt. Stoffe, die überwiegend aus diffusen
Einträgen stammen, sollten daher, solange sie nicht im Boden sehr mobil sind, überwiegend in den
oberen Bodenhorizonten zu finden sein. Da der Immissionseinfluß in Mehrschichtprofilen nur schwer
erkannt werden kann, wurde er an ungeschichteten Bodenprofilen untersucht.
Für die Elemente Cd, Hg, Pb und Se wurden ausgehend von den Humusauflagen mit fortschreitender
Profiltiefe abnehmende Konzentrationen gefunden. Die Gehalte der Elemente Co, Cr, Ni, Tl und V
steigen von den Humusauflagen und Oberböden zu den Ausgangsgesteinen an. Dies deutet auf einen
Immissionseinfluß für die Elemente Cd, Hg, Pb und Se und auf die Bodenbürtigkeit der anderen
Elemente hin (Abb. 2 und 3).
Of-Horizont
Of-Horizont
Oh-Horizont
Oh-Horizont
Oberboden
Oberboden
Unterboden
Unterboden
C-Horizont
C-Horizont
0
20
40
60
80
100
120
0
Ni (mg/kg)
Abbildung 2: Ni-Gehalte ungeschichteter
Waldböden aus Gneis der Auswertungseinheit “Grundgebirge”
4.2
20
40
60
80
100
120
Pb (mg/kg)
Abbildung 3: Pb-Gehalte ungeschichteter
Waldböden aus Lößlehm der Auswertungseinheit “Tertiärhügelland”
Vergleich der Hintergrundwerte mit Vorsorgewerten
Von besonderem Interesse ist, inwieweit die Böden Bayerns die Vorsorgewerte überschreiten und
inwieweit für einzelne Problemstoffe die Überschreitungen bestimmten Substraten zugeordnet werden
können. Vorsorgewerte gelten für bestimmte pH-Werte und Bodenarten (Tab. 1). Für den Vergleich
der Hintergrundwerte mit den Vorsorgewerten wurden die nach Substrat gegliederten
Hintergrundwerte zusätzlich nach der Bodenart unterteilt. Eine weitere Unterteilung nach pH-Wert
war wegen fehlender Angaben nicht möglich. Da sich die BBodSchV für die Vorsorgewerte nicht auf
Horizonte oder Tiefenstufen bezieht, wurden alle Mineralbodenhorizonte nach einer Ausreißerkorrektur ausgewertet. Die gemeinsame Auswertung von Oberböden, Unterboden und C-Horizonten
ergab häufig eine bimodale Verteilung der Hintergrundgehalte.
Die Vorsorgewerte nach der BBodSchV wurden in Böden nahezu aller Substrate in Bayern in
einzelnen Fällen überschritten (Tab. 2). Besonders auffallend sind die Überschreitungen bei Böden aus
basischen Gesteinen für die Elemente Cr, Cu, Ni und Zn. Dort liegen mindestens bei einer Bodenart
mehr als 75 % der Meßwerte oberhalb der Vorsorgewerte. Bei Böden aus basischen Gesteinen der
Bodenart Sand überschreiten sogar sämtliche Proben den Vorsorgewert von Zink. Zu
Überschreitungen der Vorsorgewerte durch mindestens 50 % der Proben kommt es auch bei Böden
aus sauren Gesteinen mit der Bodenart Sand bei den Elementen Cr, Ni und Zn (> 75 %). Als besonders
problematisch stellen sich insgesamt die Vorsorgewerte für Ni und Cr dar. Mit Ausnahme von Ni in
Sandsteinen liegen für diese Elemente in jeder Substratklasse und Bodenart mindestens 10 %, meist
sogar mehr als 25 % der Daten oberhalb der Vorsorgewerte. Vergleichsweise wenig betroffen von den
Überschreitungen der Vorsorgewerte ist Cd. Hier überschreiten nur im Fall von Kalkstein
(Lehm/Schluff) mehr als 25 % der Meßwerte den Vorsorgewert.
Tabelle 2: Prozentuale Überschreitung von Vorsorgewerten nach BbodSchV
Substratklasse
Bodenart
Cd
Pb
Cr
Cu
Hg
Sand
10-25 25-50 25-50 25-50 25-50
holozäne Sedimente Lehm/Schluff
1-5
10-25 25-50 10-25
5-10
Ton
0
0
10-25
0
0
Sand
10-25
0
25-50 10-25 25-50
Kalkstein
Lehm/Schluff
25-50 10-25 25-50 10-25
5-10
Ton
10-25
0
10-25
1-5
0
Sand
0
5-10
25-50
1-5
10-25
Sandstein
Lehm/Schluff
0
10-25 75-99 25-50
0
Tonstein
Ton
0
0
10-25
0
0
Sand
1-5
5-10
25-50
1-5
10-25
Lockergesteine
Lehm/Schluff
1-5
5-10
25-50
1-5
1-5
Ton
0
1-5
10-25
1-5
0
Sand
1-5
10-25 50-75 25-50 25-50
saure Gesteine
Lehm/Schluff
0
5-10
25-50
5-10
1-5
Ton
Sand
0
0
75-99 75-99
1-5
basische Gesteine
Lehm/Schluff
0
10-25 75-99 50-75
0
Ton
keine Angaben für n < 10
4.3
Ni
50-75
10-25
10-25
25-50
25-50
25-50
5-10
10-25
10-25
25-50
10-25
10-25
50-75
10-25
75-99
75-99
-
Zn
25-50
5-10
0
25-50
10-25
10-25
1-5
0
0
5-10
1-5
1-5
75-99
5-10
100
10-25
-
Vergleich von Hintergrundwerten gruppiert nach Bodenart und Substrat
Die Differenzierung nach Bodenarten bei den Vorsorgewerte gibt die geochemische Vielfalt der
Ausgangssubstrate nur unzureichend wieder (Abb. 4 und 5). Die höchsten Stoffgehalte werden zwar
meist in den tonigen Böden und die niedrigsten in sandigen Böden angetroffen, aber die Unterschiede
in den Stoffgehalten sind zwischen den Substraten deutlich größer als zwischen verschiedenen
Bodenarten. So weisen basische Gesteine mit einem 90. Perzentil von 960 mg/kg bei der Bodenart
Lehm/Schluff extrem hohe Stoffgehalte auf, während in sauren Gesteinen für diese Bodenart das 90.
Perzentil für Cr 89 mg/kg beträgt.
Bei den stark immissionsbeeinflußten Stoffen (Cd, Pb) ist keine deutliche Verbindung zwischen den
Stoffgehalten im Boden und der Bodenart erkennbar, häufig sind in der Bodenart Lehm/Schluff die
Elementgehalte am höchsten (Abb. 5). Verursacht wird dies durch den großen Anteil der Bodenart
Lehm/Schluff in Oberböden, und der daraus folgenden hohen Wahrscheinlichkeit durch Immission
überprägt zu werden.
Ton
holozäne Sedimente
Lehm/Schluff
Kalkstein
Sand
Lockergesteine
saure Gesteine
basische Gesteine
0
200
400
600
800
1000
1200
mg/kg
Abbildung 4: Cr-Gehalte (90. Perzentile) in verschiedenen Substratgruppen
holozäne Sedimente
Kalkstein
Lockergesteine
Ton
saure Gesteine
Lehm/Schluff
Sand
basische Gesteine
0
20
40
60
80
100
mg/kg
Abbildung 5: Pb-Gehalte (90. Perzentile) in verschiedenen Substratgruppen
5
Literatur
BUND-LÄNDER-ARBEITSGEMEINSCHAFT BODENSCHUTZ (LABO) (1995): Hintergrund- und
Referenzwerte für Böden.— Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen
[Hrsg.]: 151 S.; München.
BUNDES-BODENSCHUTZGESETZ (1998): Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und
zur Sanierung von Altlasten (BBodSchG).- Bundesgesetzblatt 1998 Teil I. S. 502; Bonn.
BUNDES-BODENSCHUTZ UND ALTLASTENVERORDNUNG (1999): (BBodSchV).- Verkündung in
Vorbereitung
SUTTNER, T., AUßENDORF, M., MARTIN, W. (1998): Hintergrundwerte anorganischer Problemstoffe in
Böden Bayerns.— GLA–Fachberichte, 16: 70+88 S.; München.
WITTMANN, O. (1991): Standortkundliche Landschaftsgliederung von Bayern.- GLA–Fachberichte, 5:
73 S.; München.
Regionalisierung der Filtereigenschaften von Böden gegenüber Schwermetallen
als Ansatz einer nachhaltigen Bioabfallverwertung
Gäth, S. B. Schug & R. Düring
Institut für Landeskultur,
Justus-Liebig-Universität Gießen, Senckenbergstraße 3, D35390 Gießen,
e-Mail: [email protected]
Abstract
Extensive utilisation of biosolids in agriculture is a reasonable manner of closed substance cycling.
However, fertilisation via those organic wastes results in an accumulation of heavy metals.By means
of sorption experiments pedotransfer functions were calculated to assess limits of sorption capacities
of the soils on a regional scale. First results of our work within the SFB 299 depict the methodological
concept for an environmental sound utilisation of organic wastes such as compost and sewage sludge.
Zusammenfassung
Die flächenhafte Verwertung von Bioabfällen stellt eine sinnvolle Form der Kreislaufwirtschaft dar.
Dennoch führt die Düngung zur schleichenden Anreicherung von Schwermetallen. Mit Hilfe von Sorptionsexperimenten wurden Pedotransferfunktionen berechnet, die es erlauben, die Filterkapazität der
Böden flächenhaft zu bewerten. Die vorliegenden ersten Ergebnisse der Arbeiten im SFB 299 stellen
das methodische Konzept zur umweltgerechten Verwertung von Sekundärrohstoffdüngern dar.
Schlüsselwörter
Schwermetallretardation, Kompost, Klärschlamm, Schwermetallsorption, Anreicherungsraten
retardation of heavy metals, compost, sewage sludge, sorption of heavy metals, accumulation rates
1.
Einführung und Problemstellung
Mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und der Forderung nach flächenhafter stofflicher Verwertung organischer Siedlungsabfälle (KRW-/ABFG, 1994) muß auf Bioabfallvewertungsflächen langfristig mit einem Anstieg der Schwermetallkonzentrationen im Boden gerechnet werden, weil die gesetzlich zulässigen Schwermetalleinträge mit der Applikation der Sekundärrohstoffdünger deutlich höher sind als die Schwermetallentzüge von der Fläche über die Abfuhr der Ernteprodukte (vgl. GÄTH, 1998; GÄTH ET AL., 1999; BEISECKER ET AL., 1998).
Schwermetalle sind definitionsgemäß Metalle, die eine Dichte von mehr als 5 g⋅cm-3 besitzen. Ihre
Umweltrelevanz rührt daher, daß sie sich in der Nahrungskette anreichern und nach Überschreiten
einer organismen- und elementspezifischen Schwellenkonzentration toxisch wirken. Um der Anreicherungsgefahr vorzubeugen, hat der Gesetzgeber u.a. in der Abfall-/Klärschlammverordnung
(AbfKlärV, 1992) und der Bioabfallverordnung (BioAbfV, 1998) Grenzwerte für den königswasserlöslichen Schwermetallgesamtgehalt der (gepflügten) Oberboden definiert. Diese Grenzwerte differenzieren nahezu kaum zwischen verschiedenen Böden und Schwermetallfraktionen. und stehen häufig in keinem Zusammenhang zu der verfügbaren, Calcium-Nitrat-extrahierbaren Fraktion, wie es
Abbildung 1 beispielhaft für das Blei zeigt.
Daraus folgt, daß die Gesamtgehalte, die zur Festlegung von Grenzwerten dienen, nur eine unzureichende Abschätzung der gelösten und/oder als austauschbar geltenden Schwermetallfraktionen erlauben. - Dieser Fragestellung widmet sich das Teilprojekt B2.3 im DFG-Sonderforschungsbereich SFB
299 "Landnutzungskonzepte für periphere Regionen", indem für repräsentative Bodeneinheiten des
Untersuchungsraumes Lahn-Dill-Bergland/Hessen die Filter- und Verlagerungseigenschaften der Böden gegenüber den Schwermetallen Blei, Cadmium und Zink untersucht und regionalisiert werden
(vgl. GÄTH & SCHUG, 1998; GÄTH ET AL., 1999).
2
Pb Ca-Nitrat [mg/kg]
25
20
15
10
2
R = 0,0413
5
0
0
100
200
300
400
500
600
700
800
Pb Gesamt [mg/kg]
2.
Abbildung 1:
Zusammenhang
zwischen dem königswasserlöslichen
Gesamtgehalt und der gelösten,
Ca-Nitrat-extrahierbaren
Blei-Fraktion
(GÄTH,
1998b)
Theoretischer Hintergrund
10
Ton 18,2 % - Corg 2,3 % - pH 5,9
-1
Cd-Konzentration im Boden [SCd, mg kg ]
Zur Charakterisierung des Schwermetallverhaltens im Boden existieren verschiedene Modelle/Ansätze. Vor allem sog. Retardationsfaktoren (STRECK, 1993, GÄTH, 1996) werden für die Bewertung und Modellierung herangezogen. Grundlage der Retardationsfaktoren bilden Sorptionsisothermen, die die Verteilung zwischen der mobilen/gelösten und der immobilen/sorbierten Schwermetallfraktion im Boden charakterisieren (Abb. 2) (zur Methodik vgl SCHUG ET AL., 1999).
9
8
Ton 21,3 % - Corg 1,8 % - pH 5,7
7
Ton 17,2 % - Corg 2,4 % - pH 4,4
6
5
4
3
Ton 19,8 % - Corg 2,4 % - pH 4,7
2
1
Ton 20,5 % - Corg 4,7 % - pH 3,7
0
0
100
200
300
400
-1
Cd-Konzentration in der Lösung [CCd, µg L ]
500
Abbildung 2:
Cd-Sorptionsisothermen
verschiedener
Oberböden
Charakteristisch ist der Sättigungsverlauf der Kurven, der je nach Filterkapazität und Vorbelastung auf
das Erschöpfen der Austauscherplätze hindeutet. Das gewählte Beispiel macht auch deutlich, daß je
nach Ton- und Humusgehalt sowie pH-Wert das Überschreiten des Grenzwertes der AbfKlärV (1992)
von 1,5 mg⋅kg-1 zu unterschiedlichen Cd-Konzentrationen in der Bodenlösung führt.
Der Zusammenhang der Sorptionsisothermen mit den stabilen (Ton, Humus) wie labilen Bodeneigenschaften (pH) konnte für die Verarbeitung in GI-Systemen in Form sogenannter Pedotransferfunktionen regressionsanalytisch abgeleitet werden. Für Cadmium wurde ein korrigiertes Bestimmtheitsmaß
von 97 % (Gl. 1) und für Blei von 66 % erreicht (Gl. 2). Das bedeutet, daß der Cd-Festphasengehalt
des Bodens (SCd in mg⋅kg-1) zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Untersuchungen zu nahe 100 % durch
den pH-Wert, den Gehalt an organischem Kohlenstoff (Corg, Gew.-%), die Schluff-Fraktion (Schluff,
3
Gew.-%) und die Calciumnitrat-extrahierbare Cd-Konzentration der Bodenlösung (CCd, µg⋅l-1) beschrieben werden kann. Beim Blei ist das Ergebnis der als vorläufig anzusehenden Berechnungen nur
befriedigend.
Gl. 1: log SCd=-5,543+0,872 log CCd–0,892 pH+0,77 log Corg–0,294 log Schluff
Gl. 2: log SPb=-0,497+0,404 log CPb–0,37 pH+0,218 log Corg–0,115 log Ton
Für die Abschätzung der tolerierbaren bodenspezifischen Schwermetallanreicherung wurde die Filterkapazität (ΔS) aus den Sorptionsisothermen kalkuliert (Abb. 3) (vgl. Gäth, 1996).
Cd-Konzentration im Boden [SCd, mg kg-1]
2,0
1,5
1,0
Filterkapazität
0,5
0,0
0
1
2
3
4
5
6
7
Cd-Konzentration in der Lösung [CCd, µg L-1]
Anfangskonzentration
Grenzkonzentration nach WHO
8
Abbildung 3:
Ableitung der Filterkapazität des
Bodens aus Sorptionsisothermen
unter
Berücksichtigung
der
Anfangsund
Grenzkonzentration der Bodenlösung (Ausschnitt
aus Abb. 2)
Zu diesem Zweck wird die Differenz im Festphasengehalt zwischen der im Boden vorliegenden, Calciumnitrat-extrahierbaren Anfangskonzentration und der sich aus dem Grenzwert der WHO für
Trinkwasser abzuleitenden Grenzsorptionskapazität berechnet. Dieser Ansatz geht davon aus, daß die
Anreicherung im Boden nur soweit erfolgen darf, bis die Schwermetallkonzentration der Bodenlösung
bzw. des Sickerwassers den WHO-Trinkwasser-Grenzwert erreicht hat. Für Cadmium beträgt der
WHO-Grenzwert 3 µg⋅l-1, für Blei 40 µg⋅l-1.
Datenbasis
Verknüpfung
Ton
S
pH
C
S = f(C, Ton, Schluff, pH, Corg)
Corg
Berechnung
T =
C0
ΔS
q
T - Anreicherungsdauer [a]
ΔS - Filterkapzität [mg·kg-1]
q - Anreicherungsrate [mg·kg-1 ·a-1]
Ergebnis
Anreicherungsdauer
Abbildung 4: Methodisches Vorgehen zur flächenhaften Bewertung der Anreicherungsdauer von
Schwermetallen im Boden
4
Wird die Filterkapazität (ΔS) durch die mittleren Anreicherungsraten (q) dividiert, die sich z.B. aus
den Schwermetallfrachten durch Bioabfälle oder atmosphärische Einträge ableitet (vgl. Gäth et al.,
1999), erhält man die durchschnittliche Anreicherungsdauer (t) bei kontinuierlicher Anwendung der
Bioabfälle, die in Abbildung 4 für die Schritte der Regionalisierung schematisch dargestellt ist.
3. Ergebnisse und Diskussion
Abbildung 5 (Cadmium) und 6 (Blei) zeigen die Ergebnisse der Berechnungen für das Einzugsgebiet
der Aar, das im SFB-Untersuchungsgebiet des Lahn-Dill-Berglandes in Hessen liegt.
Ziel-pH
Ziel-pH — 1
Ziel-pH — 2
Jahre
< 50
50 - 100
100 - 250
250 - 500
500 - 1000
1000 - 2000
> 2000
Siedlung
Abbildung 5: Zeitraum bis zum Erreichen der Grenzsorptionskapazität von Cadmium im Boden bei
kontinuierlicher Anwendung von Biokompost in Abhängigkeit von der Bodenversauerung im Einzugsgebiet der Aar/Lahn-Dill-Bergland (Hessen)
Ziel-pH
Ziel-pH — 1
Ziel-pH — 2
Jahre
< 2 50
250 - 500
500 - 1000
1000 - 2000
2000 - 3000
3000 - 4000
4000 - 5000
> 5000
Siedlung
Abb. 6: Zeitraum bis zum Erreichen der Grenzsorptionskapazität von Blei im Boden bei kontinuierlicher Anwendung von Biokompost in Abhängigkeit von der Bodenversauerung im Einzugsgebiet der
Aar/Lahn-Dill-Bergland (Hessen)
Die Anreicherungsdauer von Cadmium im Boden bis zum Erreichen der Grenzsorptionskapazität
schwankt bei kontinuierlicher Anwendung von Biokomposten und der Einhaltung des Ziel-pH-Wertes
in den lehmigen Böden zwischen 500-1000 Jahren (Abb. 5). In den Auenbereichen auf den toniglehmigen Böden betragen diese Zeiträume sogar deutlich mehr als 1000 Jahre. Nur in den höheren,
häufig sandreicheren Lagen werden die Grenzwerte in 50–100 Jahren erreicht, was bedeutet, daß diese
5
Flächen im Sinne eines vorsorgenden Boden- und Grundwasserschutzes für eine Bioabfallverwertung
ausgegrenzt werden sollten.
In der Abbildung ist außerdem der Einfluß einer schrittweisen Versauerung der Böden auf die Anreicherungsdauer dargestellt. Die Versauerung um eine bzw. zwei pH-Stufen führt zu einer Abnahme des
Applikationszeitraumes von 500-1000 Jahren auf 100-250 bzw. weniger als 50 Jahre. Die Bodenreaktion spielt demnach beim Cadmium eine entscheidende Rolle für das Filterverhalten der Böden. Das
bedeutet auch, daß Böden, die kontinuierlich mit Sekundärrohstoffen gedüngt wurden, langfristig unter Ackernutzung bleiben sollten, um ein Absinken des pH-Wertes zu verhindern.
Ähnliches läßt sich auch für das Blei feststellen (Abb. 6), nur dass in diesem Fall die Zeiträume um
den Faktor 4-5 höher liegen als beim Cadmium.
Der Vorteil des vorgestellten Verfahrens liegt im Vergleich zum Gesamtgehaltskonzept der AbfKlärV
(1992) bzw. BioAbfV (1998) darin, daß das Verhalten der Schwermetalle im Boden unter Zuhilfenahme der Sorptionseigenschaften der Böden charakterisiert und in seiner Dynamik prognostiziert
werden kann. Das vorgestellte Konzept ist in Form sogenannter Bodenfunktionskarten leicht umzusetzen. Dabei bietet sich die Möglichkeit neben der Grenzsorptionskapazität, die SchwermetallRetardation der Böden und unter Berücksichtigung der Sickerwasserrate die mittlere Verlagerungsgeschwindigkeit der Metalle im Boden abzuleiten und darzustellen (hier nicht näher dargestellt, vgl.
GÄTH, 1996). - Das Verfahren wurde bereits für zwei 1:50.000 Kartenblätter in Sachsen erfolgreich
angewendet (vgl. GÄTH & SIEMER, 1998).
4. Literatur
AbfKlärV (Abfall-Klärschlamm-Verordnung), 1992: Bundesgesetzblatt, 1992, Teil I, 912-935.
BEISECKER, R., S. GÄTH und H.-G. FREDE, 1998: Flächenhafte Verwertung von organischen Abfällen einschließlich der landwirtschaftlichen Wirtschaftsdünger im Spannungsfeld von Bodenschutz
und Kreislaufwirtschaft. – Z. f. Kulturtechnik und Landentwicklung 39, 54-59.
BIOABFV (BIOABFALLVERORDNUNG) 1998: Verordnung über die Verwertung von Bioabfällen auf
landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Böden, Bundesgesetzblatt.
GÄTH, S., 1996: Verlagerungspotentiale für Schwermetalle im Boden. - Forum Städte-Hygiene, 47,
353-357.
GÄTH, S., 1998: Verhalten ausgewählter Schwermetalle im Boden nach langjähriger Anwendung von
Müllkompost als Grundlage für die Entwicklung einer nachhaltigen Verwertung von Bioabfällen. - Z.
f. Kulturtechnik und Landentwicklung 39, 75-80.
GÄTH, S. & B. SCHUG, 1998: Bioabfallverwertung im Lahn-Dill-Bergland - Ansätze zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft im ländlichen Raum – VDLUFA-Schriftenreihe.
GÄTH, S., 1998: Verhalten ausgewählter Schwermetalle im Boden nach langjähriger Anwendung von
Müllkompost als Grundlage für die Entwicklung einer nachhaltigen Verwertung von Bioabfällen. - Z.
f. Kulturtechnik und Landentwicklung 39, 75-80.
Gäth, S. & B. Siemer, 1998: Regionalisierung der Retardationseigenschaften und der Verlagerungspotentiale für Blei, Cadmium und Arsen in Böden am Beispiel des Kartenblattes Freiberg/Sachsen. Freiberger Forschungshefte, A 849, 126-142.
SCHUG, B., R.-A. DÜRING & S. GÄTH, 1999: Estimating Cadmium sorption isotherms using radioisotps for special regard on considering initial contents. – Z. f. Pflanzenern. & Bodenkunde (zur Veröffentlichung eingereicht).
STRECK, T., 1993: Schwermetallverlagerung in einem Sandboden im Feldmaßstab - Messung und
Modellierung. Diss., Naturw. Fak., TU-Braunschweig, 113 S.
„Bodenschutzpolitiken innerhalb der Europäischen Union“
- Ergebnisse des Workshops vom Dezember 1998 in Bonn Dr. Gabriele Labes und Dr. Ludwig Dinkloh
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU),
Ahrstr. 20, 53175 Bonn
Abstract: The International Workshop „Soil Protection Policies within the European Union“, held in
Bonn in December 1998, gave a survey on existing national and supranational policies on the protection of soils within the European Union and neighbouring countries. The international co-operation shall be continued by the „European Soil Forum“ with the aim to develop a „common ground“
for soil protection policies in Europe.
Zusammenfassung: Der Internationale Workshop „Bodenschutzpolitiken in der Europäischen
Union“ vom Dezember 1998 in Bonn vermittelte einen Überblick über die bisherigen nationalen und
supranationalen Politiken zum Schutz der Böden in der Europäischen Union und in den benachbarten
Ländern. Die internationale Zusammenarbeit soll durch das „Europäische Bodenforum“ fortgesetzt
werden, um eine gemeinsame Grundlage europäischer Bodenschutzpolitiken zu entwickeln.
Keywords: soil protection policy, Europe, European Union, European Soil Forum
Schlagworte: Bodenschutzpolitik, Europa, Europäische Union, Europäisches Bodenforum
1
Einleitung
In Kooperation mit der EU-Kommission (DG XI) und dem Umweltbundesamt fand auf Einladung des
Bundesumweltministeriums (BMU) vom 9.- 11. Dezember 1998 in Bonn ein internationaler Workshop über „Bodenschutzpolitiken in der Europäischen Union (EU)“ statt. Von den eingeladenen Umweltministerien der EU-Mitgliedstaaten, der EU-Beitrittskandidatenländer aus Mittel- und Osteuropa
sowie Norwegens und der Schweiz folgten 23 Länder der Einladung. Ferner nahmen Vertreter der Europäischen Kommission (DG XI und XII), der Europäischen Umweltagentur und des Europäischen
Bodenbüros aus Ispra/Italien teil. Es wurden 28 Beiträge, darunter 22 Länderstatements über die Bodenschutzpolitiken der einzelnen Länder vorgetragen. Die Workshopdokumente wurden in einem
Tagungsband mit ca. 500 Seiten zusammengestellt [BMU, 1999].
2
Gründe zur Durchführung des Workshops
Dem Schutz der Böden wird bisher im Vergleich zu anderen Umweltpolitikbereichen
- wie Gewässerschutz, Luftreinhaltung, Artenschutz, Chemikalien, Abfallwirtschaft, Naturschutz weniger Aufmerksamkeit gewidmet. Dies gilt für die nationale wie für die internationale Umweltschutzpolitik [DOWDESWELL, 1998]. Unsere Gesellschaft nimmt weder die herausragende Bedeutung
-2des Bodens für unser Leben noch die weltweit zunehmende Degradation und sogar Vernichtung von
Böden ausreichend wahr.
Der 1998 erschienene Bericht der Europäischen Umweltagentur (EUA) über Europas Umwelt
(Europe’s Environment: The Second Assessment) gibt einen groben Überblick über das Ausmaß der
Bodendegradation in der Europäischen Union [EUROPEAN ENVIRONMENT AGENCY, 1998]; wichtige
Problembereiche sind u.a.:
• Großflächige Stoffeinträge gelangen vor allem über den Luftpfad aus den Emissionen von Industrie, Gewerbe, Haushalten und Verkehr sowie über Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Klärschlämme, Gülle oder Bioabfälle (Kompost) auf den Boden. - Ein besonders gravierendes Problem
großflächiger Bodenbelastungen ist dabei weiterhin die Bodenversauerung, insbesondere durch
saure Substanzen über den Luftpfad. Von diesem Phänomen sind vor allem die skandinavischen
Länder betroffen, aber auch in den anderen europäischen Ländern gibt es solche Bodenprobleme.
• Die Bodenerosion ist eines der größten Bodenprobleme in Europa und auch weltweit. Über 115
Millionen Hektar der Böden in Europa leiden nach dem Bericht der EUA unter Wassererosion und
42 Millionen Hektar unter Winderosion. Das Problem ist im Mittelmeerraum am größten, aber vergleichbare Probleme existieren in den meisten europäischen Ländern. In den ehemals kommunistischen Ländern spielt die Winderosion wegen der durch die Verstaatlichung geschaffenen sehr großen ungeschützten Ackerflächen eine wichtige Rolle.
• Bodenversalzung betrifft nach dem Bericht über Europas Umwelt nahezu vier Millionen Hektar,
hauptsächlich im Mittelmeerraum und in Osteuropa.
• Die zunehmende Inanspruchnahme von Flächen für Siedlung und Verkehr ist ein besonderes Problem vor allem in den stärker industrialisierten Ländern ist. Die Versiegelung der Flächen ist dem
Totalverlust der vielfältigen natürlichen (ökologischen) Bodenfunktionen gleichzusetzen.
Aufgrund dieser besorgniserregenden Befunde kommt der Bericht der Europäischen Umweltagentur
zu dem Schluß, daß Boden als Umweltmedium stärkere Beachtung finden sollte.
3
Ziele des Workshops
Ein wichtiges Ziel des Workshops war der Informationsaustausch über die Bodenschutzpolitiken der
einzelnen Länder und der Europäischen Union. Bessere Koordination und Kooperation auf europäischer Ebene erfordert vor allem zunächst eine ausreichende Information über die bereits durchgeführten Maßnahmen und laufenden Aktivitäten.
Ein weiteres Thema war die Frage nach dem Bedarf an gemeinsamen Bodenschutzaktivitäten auf
der Ebene der EU. Nach dem im EG-Vertrag enthaltenen Subsidiaritätsprinzip soll auf der Ebene der
Gemeinschaft nur gehandelt werden, wenn die Ziele der Gemeinschaft - darunter die Sicherstellung
eines anspruchsvollen Umweltschutzniveaus - besser durch Gemeinschaftsregelungen als durch einzelstaatliche Regelungen erreicht werden können.
-3Die Teilnehmer des Workshops gingen schwerpunktmäßig auf die folgenden vier Fragen ein:
- Begriff Boden
- Wichtigste Probleme des Bodenschutzes in den einzelnen Ländern
- Wesentliche Elemente der Bodenschutzpolitiken und
- Erwartungen an die internationale Zusammenarbeit, insbesondere im Hinblick auf die EU.
Der Vertreter der Europäischen Kommission, Herr D. G. Lawrence, Acting Director des Direktorats D
„Umweltqualität und natürliche Ressourcen“ der DG XI, gab einen Überblick über die bereits durchgeführten zahlreichen Aktivitäten der Europäischen Union im Bereich des Umweltschutzes, die direkt
oder indirekt dem Bodenschutz zugute kommen. Aus Sicht der EU-Kommission ist die Bodendegradation ein Problem wachsender Bedeutung in Europa.
4
Ergebnisse
Aus den Statements ging hervor, daß sich die Bodenschutzpolitiken der Länder in den Themenschwerpunkten und den Instrumenten z.T. deutlich unterscheiden. Eine einheitliche Definition des
Begriffs Boden existiert nicht. Nur wenige Staaten, wie die Niederlande oder Deutschland, verfügen
über ein spezielles Bodenschutzgesetz. Die meisten Staaten schützen die Böden über ein Set von Regelungen in verschiedenen Gesetzen, Verordnungen, Empfehlungen oder freiwilligen Vereinbarungen.
Generell wurde aber der Nutzen einer verstärkten Harmonisierung der Anstrengungen hervorgehoben,
insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch sowie die
Verbesserung von Kooperationen und ggf. bestehenden Regelungen auf europäischer Ebene.
Eine umfassende Bodenschutzpolitik gibt es auf Gemeinschaftsebene noch nicht. Zahlreiche EU-Politiken dienen aber bereits jetzt dem Bodenschutz, darunter die Politiken im Bereich Wasser, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Umweltverträglichkeitsprüfung, Abfallwirtschaft, Forschung (DG XII)
sowie der Europäischen Umweltagentur (EEA) im Bereich der Sammlung von Umweltdaten und der
Umweltberichterstattung. Eine Reihe von Richtlinien der Europäischen Union (EU) trägt direkt oder
indirekt zum Schutz der Böden bei, darunter die Richtlinie über Klärschlamm in der Landwirtschaft,
Richtlinien zur Luftreinhaltung, über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, die Nitratrichtlinie und
verschiedene Gewässerschutzrichtlinien.
Nach Ansicht des Vertreters der Europäischen Kommission handelt es sich beim Bodenschutz um ein
sehr komplexes Thema, dem am besten mit einem Mix gut koordinierter Instrumente begegnet werden
solle. Er sprach sich insbesondere für eine Unterstützung der Umweltelemente in der Agenda 2000 im
Hinblick auf die gemeinsame Landwirtschaftspolitik (CAP) durch die Mitgliedstaaten aus. Ferner
sollten die Anstrengungen zum Bodenmonitoring in Europa verstärkt und formalisiert werden. Ein
organisatorisches Netzwerk könnte nützlich sein, um die verschiedenen Bodenschutzpolitiken und
sonstigen Aktivitäten zu koordinieren (Informationsaustausch). Dabei könne die DG XI evtl. als „focal
point“ fungieren.
Von den Teilnehmern wurden zahlreiche Vorschläge für die weitere Entwicklung der Bodenschutzpolitik auf europäischer Ebene gemacht [MOCHTY UND KRAEMER, 1999]. Beispielhaft seien beispielhaft genannt:
-4-
• Verbesserung des Informationsaustausches, der Koordination von Forschungstätigkeiten und der
Abstimmung von Maßnahmen.
• Schaffung von produktbezogenen Umweltschutzstandards für Stoffe, die auf oder in Böden gebracht oder als Boden verwendet werden
• Novellierung der Klärschlammrichtlinie, die als eines der wichtigsten Instrumente des europäischen Rechts zum Schutz landwirtschaftlicher Böden angesehen wird.
• Erarbeitung von Entscheidungshilfen zur Richtlinie über die integrierte Vermeidung von Umweltbelastungen (IVU-Richtlinie), damit diese effektiv zum Bodenschutz beiträgt.
• Verbesserung der bestehenden Regelungen auf der europäischen Ebene (acquis communautaire)
mit Relevanz für den Bodenschutz.
• Stimulierung der Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten, die Grundlagen für eine spezifische Bodenschutzpolitik als Teil der Umweltpolitik zu schaffen.
• Schaffung eines politischen oder rechtlichen Rahmens, der allgemeine Prinzipien und Ziele für
Bodenschutzpolitiken festlegt.
• Errichtung neuer europäischer (oder internationaler) Institutionen zur Förderung bodenschutzpolitischer Entwicklungen, und zwar insbesondere im Hinblick auf die besonderen Aufgaben und Erfordernisse in den Staaten Mittel- und Osteuropas (Beitrittskandidaten).
Zahlreiche Anregungen wurden bezüglich der künftig auf der europäischen oder internationalen Ebene
gemeinsam zu behandelnden technisch-naturwissenschaftlichen Inhalte gemacht, darunter:
• Definitionen von Böden, Bodenfunktionen, Bodenqualitäten und Bodenqualitätszielen, Bodennutzungen sowie Kriterien und Indikatoren zur Bewertung von Nachhaltigkeit im Bodenschutz.
• Schaffung oder Festlegung gemeinsamer Standards für die Erhebung und Aufbereitung von Daten
mit dem Ziel, den Datenaustausch zu erleichtern.
• Einsatz ökonomischer Instrumente und die Anwendung des Verursacherprinzips (polluter-paysprinciple und resource-user-pays-principle) im Bereich des Bodenschutzes.
• Eigenschaften von Produkten, Stoffen und Substanzen, die auf oder in Böden gebracht oder als
Boden bzw. "Bodenverbesserer" verwendet werden.
• Landwirtschaftliche Praktiken, die den Kriterien eines nachhaltigen Umwelt- und Bodenschutzes
genügen, und Instrumente zur Verbesserung des Bodenschutzes in der Landwirtschaft.
• Eintrag von Metallen (vor allem Schwermetallen) durch das Aufbringen von Klärschlamm und
Gülle.
Es wurde ein Memorandum („Bonner Memorandum zum Thema Bodenschutzpolitiken in Europa“)
[BMU, 1999] verabschiedet, welches u. a. eine Reihe gemeinsamer Feststellungen, Prinzipien und
Ziele zum Bodenschutz enthält; darunter die Philosophie, daß die verschiedenen Bodenfunktionen
nicht nur aus Sicht der zahlreichen privaten Nutzungen sondern vor allem auch im öffentlichen Interesse (Boden als Gemeingut) zu schützen seien. Es zeigt ferner gemeinsame Perspektiven der zukünftigen Bodenschutzpolitiken in der Europäischen Union auf.
-55
Ausblick
Als wichtigstes Ziel wurde die Gründung eines „Europäischen Bodenforums“ (European Soil Forum, ESF) hochrangiger Vertreter und Entscheidungsträger der beteiligten europäischen Staaten vereinbart, welches die begonnenen Arbeiten fortsetzen und eine gemeinsame Grundlage für die zukünftige Europäische Bodenschutzpolitik schaffen soll. Das Forum ist Ausdruck eines gemeinsamen Willens der Europäischen Staaten, die Anstrengungen zum Schutz und zur Erhaltung von Böden zu verbessern. Die erste Sitzung wird auf Einladung des deutschen Bundesumweltministeriums und der
Europäischen Kommission (DG XI) im November 1999 stattfinden. Vorgesehen ist u.a. die Behandlung ausgewählter Themen aus den Bereichen „Boden im Verhältnis zu anderen Politikbereichen “
und „technisch-wissenschaftliche Fragen“. Besonders wichtig ist es, die Kontinuität der begonnenen
Zusammenarbeit sicherzustellen.
Bei der Vielzahl und der Komplexität der zu behandelnden Fragen darf der Zeitaspekt nicht außer
Acht gelassen werden: Die Sicherstellung des vorsorgenden Bodenschutzes und der nachhaltigen
Bodennutzung erfordert strategisches Vorgehen mit einem langen Atem. So wie Boden erst über sehr
lange Zeiträume entsteht, muß auch eine europäische Bodenschutzpolitik langfristig orientiert sein.
6
Literatur
BMU (1999): Tagungsband Internationaler Workshop „Bodenschutzpolitiken innerhalb der Europäischen Union“, 9-11. Dezember 1998, Bonn. Erhältlich im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Referat Öffentlichkeitsarbeit, Postfach 120629, 53048 Bonn.,
Fax: 0228/305-2044.
BMU (1999): Bonner Memorandum zum Thema Bodenschutzpolitiken in Europa, UMWELT Nr.
2/1999, S. 62-64, ISSN-0343-1460.
Englische Fassung: The Bonn Memorandum on Soil Protection Policies in Europe, Bodenschutz 1 99, S. 4 - 5, ISSN-1432-170X.
DOWDESWELL, E. (1998), Executive Director United Nations Environmental Programme, Extent and
Impacts of Soil Degradation on an World-wide Scale, in H.-P. Blume ed al, Towards Sustainable Land
Use, Vol 1, S, XI - XV, Advances in Geoecology 31, CATENA Verlag GmbH
EUROPEAN ENVIRONMENT AGENCY (1998), Europe’s Environment: The Second Assessment, erhältlich in: Office for Official Publications of the European Communities, 2, rue Mercier, L-2985 Luxemburg, ISBN 92-828-3351-8, Calalogue number GH 78-98-001-EN-C.
MOCHTY, F. UND KRAEMER, R.A. (1999), Status und Strategien für den Bodenschutz in Europa, Bodenschutz 1 - 99, S. 20 - 25, ISSN-1432-170X.
Altlastendaten in den EU und EFTA Ländern
Gundula Prokop
Umweltbundesamt, Abteilung Altlasten, Spittelauer Lände 5, A-1090 Wien,
[email protected]
Abstract: The European Topic Centre Soil was established in 1996. Its major task is to establish a
European Soil Monitoring and Reporting Framework. The current paper puts special emphasis to
local soil contamination (contaminated sites) and refers to past and future activities, being a
European survey on contaminated sites management, the definition of preliminary indicators for
contaminated sites, and a first proposal for a European data collection system for contaminated sites.
Zusammenfassung: Das European Topic Centre Soil wurde 1996 gegründet. Seine Hauptaufgabe
besteht in der Etablierung eines Europäischen Rahmenprogrammes zur Bodenbeobachtung und berichterstattung. Der vorliegende Artikel behandelt vor allem vergangene und zukünftige Aktivitäten
im Bereich lokaler Bodenkontaminationen (Altlasten), darunter ein europäischer Übersichtsbericht
zum Thema Altlastenmanagement, vorläufige Altlastenindikatoren und ein Entwurf für eine
Europäische Altlasten Daten Sammlung.
Keywords: Local Soil Contamination, European Dimension
Schlagworte: Altlasten, Europäische Dimension
1
Einleitung
Das European Topic Centre Soil (ETC/S) wurde 1996 gegründet mit dem Ziel der Europäischen
Umweltagentur (EEA) auf europäischer Ebene zuverlässige und vergleichbare Daten zu
Schwerpunktthemen im Bodenbereich zu liefern.
Das European Topic Centre Soil behandelt drei Hauptthemen:
Boden Degradation mit Schwerpunkt auf Erosion, Bodenverarmung und Wüstenbildung
Altlasten bzw. lokale Bodenkontaminationen
Datennetzwerke zur Zustandserhebung von Böden in Europa
Mitgliedsländer der Europäischen Umweltagentur sind die 15 EU Mitgliedsstaaten, Norwegen, Island
und Liechtenstein. Die EU Anschlußländer in Zentral- und Osteuropa werden seit zwei Jahren mehr
und mehr in die Datenerhebungsaktivitäten der EEA miteingebunden.
Mitglieder des ETC/S Konsortiums sind
1. BRGM, Bundesanstalt für Geowissenschaften and Rohstoffe
2. UBA, Umweltbundesamt / Federal Environmental Agency
3. NAGREF, National Research Council (Institute for Soil Mapping and Classification)
4. SLRRC, Soil Survey and Land Research Centre, Cranfield University
5. INRA, Institute National de la Recherche Agronomique
6. CSIC, Consejo Superior de Investigaciones Cientificas (Instituto de Recursos Naturales, Seville)
7. TEAGASC, Agriculture and Food Development Authority, Johnstown Castle Research Centre
2
8. GEUS, Geological Survey of Denmark and Greenland
9. ISPRA, Joint Research Centre
Aktivitäten im Altlastenbereich werden vom Umweltbundesamt Wien koordiniert unter Mitarbeit von
GEUS und ISPRA. Bisher durchgeführte Arbeiten konzentrierten sich auf:
♦ die Erstellung eines Übersichtsberichtes mit dem Titel "Topic Report Contaminated Sites", indem
Altlastenmanagement in den EU und EFTA Staaten behandelt wird,
♦ die Erhebung von Altlastendaten in Testregionen,
♦ die Entwicklung von Schätzmodellen zur Quantifizierung des durch Altlasten verursachten
Schadensausmaßes,
♦ die Entwicklung von Altlastenindikatoren und
♦ die Erstellung eines Überblicksberichtes zum Altlastenmanagement in Osteuropa.
2
2.1
Methoden des ETCS im Bereich Altlasten
Altlasten Management in den EU und EFTA Staaten
Der oben erwähnte "Topic Report Contaminated Sites" (EEA-ETC/S (1999)), wurde im November
1998 zuletzt aktualisiert und wird im September 1999 von der EEA publiziert werden. Der Bericht
faßt die Altlastensituation und -managementstrategien von insgesamt 19 Ländern zusammen. Jedem
Land ist ein Kapitel gewidmet nach der Struktur (1) nationale Charakteristika, (2) Altlasten relevante
Gesetzgebung und zuständige Behörden, (3) Altlasteninventarisierung, (4) Altlastendaten, (5)
Erkundungsmethoden, (6) Finanzierungsmodelle und (7) Abschätzung des Schadensausmaßes auf
nationaler Ebene.
Innerhalb der Europäischen Union gibt es keine Gesetzgebung die sich direkt der Altlastenproblematik
widmet. Um eine hohe Verwaltungseffizienz zu gewährleisten werden Altlasten innerhalb der EU
dezentral reguliert und unterliegen somit dem Subsidiaritätsprinzip. Dieser Grundsatz erlaubt daher
keine radikale Harmonisierung der Altlastenterminologie und Datenbeschaffung. Die Ergebnisse des
"Topic Reports Contaminated Sites" zeigen, daß verfügbaren Altlastendaten in den behandelten
Ländern stark heterogen und kaum zu vergleichen sind. Um den Konflikt "Beachtung des
Subsidiaritätsprinzipes" einerseits und "Schaffung einer einheitlichen Datenübersicht" andererseits zu
überwinden wurden vom ETC/S eine Methode entwickelt, die eine Vergleichbarkeit nationaler Daten
erlaubt ohne auf nationale Systeme Einfluß zu nehmen.
2.2
Altlasten Indikatoren
Die Europäische Umweltagentur publiziert jährlich Berichte zur Umweltsituation in Europa, mit
Schwerpunkt auf die EEA Mitgliedsstaaten.
Europe's Environment: The Second Assessment (EEA (1998))
Environment in the European Union at the Turn of the Century (EEA (1999))
3
Um die Berichterstattung für politische Entscheidungsträger einfacher und übersichtlicher zu gestalten
und um zeitliche Entwicklungen besser verfolgen zu können wurde beschlossen eine auf
Umweltindikatoren basierende Berichterstattung einzuführen. Dazu wurde in Anlehnung an eine von
der OECD entwickelten Methode, eine aus fünf Kategorien bestehende Systematik entwickelt
("DPSIR Framework"), welche für alle Umweltthemen in Zukunft angewendet werden soll (Gentile A.
R. (1998)). Es werden folgende Kategorien unterschieden (1) Driving Forces (Ursachen), (2) Pressures
(Umweltbelastungen), (3) State (Zustand der Umwelt), (4) Impacts (Umweltschäden) und Responses
(Reaktionen). Auch im Bereich Altlasten wird diese Systematik angewendet mit dem Ziel für jede
Kategorie relevante Indikatoren zu entwickeln.
CONTAMINATED LAND ASSESSMENT
IN DPSIR FRAMEWORK (example)
Responses
D riving
Forces
Industry
Waste disposal
Military sites
Emission to Air, Water and Land
(release of toxic substances ;
leachate from landfills)
Pressures
Impact
Site remediation plans
Land use incentives
Proposed landfill directive
Human health
Changes in ecosystems
functions
State and quality of soil
(contamination)
State
The Role of the EEA is:
To provide information on the DPSIR Elements and their inter-connections, and on the effectiveness of
Responses
Euro pe an Enviro nme nt Ag e ncy
1
Abbildung1: Die Indikatorsystematik der Europäischen Umweltagentur: DPSIR Framework
2.3
Datensammlung in europäischen Testregionen
Die derzeitigen Aktivitäten des ETC/S im Altlastenbereich konzentrieren sich auf die Definition von
Altlastenindikatoren und der Etablierung eines Datennetzwerkes zur Berechnung der definierten
Indikatoren. Die Implementierung erfolgt schrittweise, im Laufe des Jahres 1999 wird eine
Testimplementierung in neun verschiedenen europäischen Regionen erfolgen.
Die Testimplementierung sieht vor Altlastenbegriffe qualitativ besser zu beschreiben und im Falle von
Datenlücken Schätzmethoden anzuwenden. Die Tabellen 1 und 2 geben eine Übersicht zu den
vorgesehenen Arbeitsbegriffen. Im Rahmen eines Workshops (EEA-ETC/S (1998)) mit offiziellen
Ländervertretern wurde der Wunsch geäußert den Begriff "Altlast" qualitativ besser zu beschreiben
und Risikoniveaus einzuführen (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Arbeitsbegriffe für die Testimplementierung
4
Level
Long Definition
Brief Definition
Level 0
Sites that do not pose a risk to human health or the environment.
no risks; multifunctional land and groundwater
use
Level 1
Sites that do not pose a significant risk to human health or the environment
no direct risks; minor impacts
Level 2
Sites that could cause a significant risk to human health or the environment if no significant risks; limited use (land,
the use of the site changes to a more sensitive one.
groundwater)
Level 3
Sites that pose a significant risk to human health or the environment under
current land use conditions.; action is needed to deal with these risks.
significant risks, action needed
Um die Schritte der Altlastenerkundung besser vergleichen zu können, ist vorgesehen im Rahmen der
Testimplementierung vier Erkundungsschritte zu unterscheiden (siehe Tabelle 2).
Tabelle 2: Schritte der Altlastenerkundung und -sanierung
step
activity
result
preliminary survey
risk to human health and the
environment suspected
Potentially Contaminated Site
preliminary
investigation
risk to human health and the
environment verified
verification of the risk level (1,2,3)
main site
investigation
assessment of risk to human health and
the environment
definition of risk reduction measures
remediation
measures
reduction of risk to human health and
the environment
Remediated Site : Sites with a Risk Level < 3
Die qualitativen Unterschiede von Sanierungsmaßnahmen und die resultierenden Standort
Nutzungsmöglichkeiten werden ebenfalls versuchsweise unterschieden.
level 3
risk to human health and the environment
under current land use
land use
restrictions,
simple measures
level 2
no significant risk to human health and the
environment as long as there is
no change to a more sensitive land use
limited clean-up measures
and/or safety measures,
(surface sealing,
containment barrier)
complete clean-up to
background levels(*)
level 1
minor risk to human health
and the environment
level 0 “multifunctional”
no risk to human health and the
environment
(*) does not apply in areas with natural contamination
Abbildung 2: Qualitative Unterscheidung verschiedener Sanierungsmethoden.
3
Erwartungen
5
Die Definition von Indikatoren wird sich in der Testphase auf folgende Grundelemente beschränken:
Anzahl von Altlasten Standorten pro Region unter Zuordnung der jeweiligen Risikoniveaus
Anzahl von potentiellen Altlasten Standorten pro Region
jährliche Ausgaben zur Altlastenerkundung und -sanierung pro Region
Abschätzung des Fortschritts der Altlastenerkundung und -sanierung pro Region (in Prozent)
Eine weitere Aufgabe im Rahmen der Datensammlung mit Testregionen ist die Entwicklung von
Schätzmethoden, um die Altlastensituation in jenen Ländern und Regionen die keine Daten zur
Verfügung stellen können besser abschätzen zu können. Als Grundlagen dazu sollen Daten zur
Landnutzung, zum regionalen Abfallaufkommen, industrielle Kenndaten, sowie Daten zur
Grundwassernutzung verwendet werden.
4
Literatur
EEA (1998): Europe's Environment: The Second Assessment; 11.Soil degradation -Contaminated
Sites, Rubio J.L., Prokop, G. et al. European Environment Agency, Copenhagen, Denmark.
EEA (1999): Environment in the European Union at the Turn of the Century, 3.6 Soil degradation,
Gentile A.R. European Environment Agency, Copenhagen, Denmark.(forthcoming).
EEA-ETC/S (1998): Contaminated Sites Workshop of the European Topic Centre Soil - Athens 29th
of September, workshop proceedings prepared by the Austrian Federal Environment Agency, Vienna,
Austria European Environment Agency, Copenhagen, Denmark (forthcoming).
EEA-ETC/S (1999): Topic Report Contaminated Sites, Prokop. G., Edelgaard I., Schamann M.
European Environment Agency, Copenhagen, Denmark (forthcoming).
GENTILE A. R. (1998): From National Monitoring to European Reporting. The EEA framework for
policy relevant environmental indicators. Paper presented at the International Seminar on Indicators
for Assessing Desertification in the Mediterranean Porto Torres 18-19 September 1998. Italian
Ministry of Environment.
Betrachtung der bodenbelastenden Stoffe in der Tschechischen Republik
Stana, J.
Zentrale landwirtschaftliche Kontroll- und Forschungsanstalt Brno
Hroznová 2, 656 06 BRNO, Tschechien
Abstract: This contribution dealt with the legal regulations for soil protection in the Czech Republic.
By accepting the Act on fertilisers (Act No 156/1998) and connected decrees, the Soil Monitoring and
the Register of Contamined Sites became also important programs supporting decision making
process in state administration
Zusammenfassung: Dieser Beitrag befasst sich mit den rechtlichen Unterlagen des Bodenschutzes in
der Tschechischen Republik. Mit der Billigung des Düngungsgesetzes (No 156/1998) und der
zusammenhängenden Verordnungen sind der Bodenmonitoring und der Register der kontaminierten
Böden die wichtigen Grundlagen für die Staatsverwaltung geworden.
Keywords: soil protection, soil contamination, legal rules
Schlagworte: Bodenschutz, Bodenkontamination, Bodenuntersuchung,
Wenn wir den Boden als eine Grundlage für das Leben auf der Erde und seine Qualität und
gleichzeitig auch als ein kompliziertes lebendiges System vestehen, das nicht gegen Vernichtung
widerständig ist, ist das steigende Interesse um die Erfassung der Ebene seiner Bedrohung und auch
das Bestreben um Verhinderung seiner fortschreitenden Devastation begreiflich. Besonders die
anthropogen verursachten Einträge von Risikostoffen können sich durch eine Bedrohung der
Gesundheit nicht nur des Menschens sondern auch sonstiger lebender Organismen und durch die
Qualitätsminderung der Umwelt äußern.
Eine Aufgabe der Staatsverwaltung und deren Fachkapazitäten ist es in diesem Zusammenhang und
auf Grund der zugehörigen Vorschriften:
• die Ebene des Gehaltes der Risikostoffe festzustellen, die sich in den landwirtschaftlichen Böden
(geogen und anthropogen bedingt) befinden und deren Eifluß auf die Nährungskette und die
Umwelt zu beurteilen
• die tolerierbaren Grenzwerte für die Risikostoffe im Boden festzulegen , und zwar nach seinem
Nutzungsart
• durch wirkungsvolle Maßnahmen neue Einträge der Risikostoffe in den Boden zu verhindern
Unvermeidliche Voraussetzung für die Effektivität der Staatsverwaltung ist es das Niveau der
betreffenden rechtlichen Ausgestaltung. In dem rechtlichen Systém der Tschechischen Republik
befassen sich mit dem Bodenschutz die folgenden Gesetze und Verordnungen:
Gesetz No 334/1992 über Schutz des Bodenfonds befasst sich – neben der traditionellen
quantitativen Schutz der landwirtschaftlich genutzten Böden - auch mit dem qualitativen Schutz der
ökologischen Funktionen (Schutzgebiete) und führt die Pflicht ein, die Kontamination des Bodens
durch Risikoelemente und Schadstoffe zu verhindern. Es bestätigt auch die Kompetenzen des
Umweltministeriums im Bodenschutz. Gegenwärtig bereitet man eine Novelle dieses Gesetzes vor, die
eine komplexe Lösung des Bodenschutzes absichern soll.
Verordnung No 13/1992, die manche Einzelheiten des Bodenschutzes reguliert, gibt in einer Anlage
die Grenzwerte für Risikoelemente und Werte für eine tolerierbare Belastung mit manchen
Schadstoffen an, die die Existenz des Lebens im Boden bedrohen. Eine vorgesehene Novelle dieser
Verordnung soll die Grenzwerte, deren Interpretation sowie die Folgen deren Überschreitung für die
Bewirtschaftungart des Bodens genauer definieren.
Das bestehende Gesetz No 125/1997 über Abfälle hat den Nachteil, daß es nicht die Bedingungen
für die Klärschlammapplikation auf den landwirtschaftlichen Boden regelt. Laut
Durchführungsverordnungen ist der Klärschlamm ein Abfall und seine Applikation kann nur nach
einer Genehmigung des zugeständigen Landkreisamtes erfolgen. Es gibt auch keine Grenzwerte und
allgemein geltende Regeln für die Klärschlammanwendung. Eine Verbesserung kann man erst in einer
Gesetzesnovelle und nach der Billigung einer zugehörigen Durchführungsverordnung erwarten.
Gesetz No 156/1998 über Düngemittel und agrochemische Bodenuntersuchung führt regelmäßige
periodische Bodenuntersuchung als ein System der staatlichen Fachüberwachung der
Düngerbenutzung ein. In seinen Durchführungsvorschriften sind die Bedingungen angegeben, wann
man die Bodenuntersuchung durch Festellung der Risikostoffe ergänzen soll. Gleichzeitig wird die
Funktion des basalen Bodenmonitorings definiert.
Diese rechtlichen Normen setzen daher die Einführung
• eines Systems der Bodenuntersuchung auf Gehalt der Risikostoffe
• eines Systems der Kontrolle der Inputs in den Boden
voraus.
Mit der einmaligen Bodenuntersuchung auf Gehalt der ausgewählten Risikoelemente wurde unsere
Anstalt vom Landwirtschaftsministerium beauftragt mit dem Ziel die Abwesenheit der erforderlichen
Daten zu beseitigen. Da selbständige Probenahme in so einem großen Umfang zu aufwendig wäre, hat
man entschieden die Proben zu untersuchen, die in den Jahren 1990 – 1992 in dem regelmäßigen
Zyklus der agrochemischen Bodenuntersuchung entnommen wurden. Die Zahl der ausgewählten
Proben der Krumme hat man so gewählt, daß eine Probe etwa 100 ha repräsentierte. Im Extrakt von
2 M HNO3 wurden Gehalte von Cd, Pb, Cr, Hg und in einem kleineren Umfang noch Cu, Zn, Ni, Be
und V bestimmt.
Die Untersuchungsergebnisse sind nach Überführung in die kartographischen Koordinaten die
Grundlage des Registers der kontaminierten Böden, das laufend mit Ergebnissen im
Königswasserextrakt ergänzt wird. Dieses Register bildet eine ganzflächige Datenbasis, die den
Zustand der Kontamination der landwirtschaftlichen Böden durch Risikoelemente charakterisiert. Das
Register dient auch für die Ministerien für Landwirtschaft und für Umwelt als eine Unterlage bei der
Vorbereitung der legislativen Maßnahmen und gleichzeitig auch für die Entscheidungen der
Landkreisämter.
Eine bedeutende Ergänzung der Bodenunteruchung stellt das Basalbodenmonitoring dar, und zwar als
ein System der Betrachtung des Zustandes und der Dynamik der Bodeneigenschaften und der
Einflüße, die auf den Boden wirken. Es ist besonders wichtig in Beziehung zu den ökologischen und
Produktionsfunktionen des Bodens. Die Beobachtungen werden an dauerhaft festgelegten und
repräsentativen Stellen mit Hilfe der genau definierten und ständigen Meßverfahren durchgeführt.
Die Aufgabe des Monitorings ist es vor allem:
• die Organe der Staatsverwaltung über Zustand und Entwicklung der Bodeneigenschaften zu
informieren und deren Entscheidungsfähigkeit somit zu bewahren
• die Ursachen der Bodenkontamination und die Risiken des Transfers der toxischen Stoffe in die
landwirtschaftliche Produktion zu verfolgen
• eigene Untersuchungen mit den ausländischen Monitoring zu vergleichen
• Einführung der geprüften analytischen Verfahren zu ermöglichen, einschließlich deren
Validierung und Auswertung
• statistische Bearbeitung der gewonnenen Daten auf dem Bezugsreferenznetz freizulegen
Für die Zukunft ist es eine notwendige Aufgabe des Bodenschutzes ein Kontrollsystem für die
Einträge in den Boden zu schaffen. Vom Gesichtspunkt ihren Beeinflußung können die Einträge in
regulierbare und nicht regulierbare gliedert werden.
Der wichtigste nicht regulierbare Eintrag der Stoffe in den Boden ist die atmosphärische Deposition,
die die Bodenstoffbilanz aber auch den Chemismus der Vorgänge beeinflußen kann, die die
Zusammensetzung und den Gesundheitszustand des Pflanzenbestandes bestimmen. Da bis jetzt einen
Mangel an objektiven und aktuellen Unterlagen gibt, wurde beschlossen an den ausgewählten
Standorten des Basalmonitorings und auf weiteren Referenzstandorten die Betrachtung der
atmosphärischen Deposition einzuführen und zwar mit der Bulk Precipitation Methode. Diese
Untersuchungen wurden in der Vegetationsperiode 1992 – 1993 begonnen (die höchste Zahl der
Beobachtungsstellen hat man im Jahre 1996 – 1997 erreicht – es handelte sich um 160 Standorte).
Die Betrachtung der atmosphärischen Deposition gewährt:
• Auskunft über die Stoffbilanzen auf der Beobachtungstellen
• Nationales Referenznetz, das man mehrere Vegetationsperiode verfolgt
• Unterlagen für Bewertung des Imissioneinflusses auf die landwirtschaftliche Produktion
• Unterlagen für Ableitung der Imissionsgrenzwerte und der kritischen Bodenbelastung
• Unterlagen für Fachstudien der Staatlichen Meliorationsverwaltung und des Tschechischen
Hydrometeorolgischen Instituts
Als grundlegende, regulierbare Einträge werden alle (auch wirtschaftseigene) Düngermittel, Pestizide
und Abfallstoffe angesehen, die man auf den Boden appliziert.
Die Gehalte an Risikostoffen in den Düngermitteln werden im Rahmen der Düngerzulassung und bei
der staatlichen Fachüberwachung festgestellt, und zwar als eine notwendige Voraussetzung für eine
Registrierung oder für ein eventuelles Anwendungsverbot. Ähnlich ist es bei der Registrierung der
Pestizide, wann man auch deren Gefahrlosigkeit und Haltbarkeit im Boden berücksichtigt, sowie die
Ausdauer der entstandenen Residuen. Die Probleme, die mit der Anwendung der Abfallstoffe,
besonders der Klärschlämme einhergehen, wurden bei der Vorbereitung der legislativen Unterlagen
diskutiert. Die Ergebnisse einer Inventarisierung der Risikostoffgehalte in den Klärschlämmen aus den
wichtigsten Kläranlagen, die unsere Anstalt im ganzen Land gewährleistet, werden für die Leitung der
Abfallwirtschaft auf der Landkreisebene benutzt.
Ein Erfolg des Bodenschutzes gegen den Risikostoffeintritt besteht gerade im komplexen und
koordinierten Zugang, der mit der harmonisierten rechtlichen Ausgestaltung verbunden wird. Hier
gibt es auch für Zukunft einen ausreichenden Raum für Konsultationen, die die Staatsgrenze
übersteigen. Für den Bodeschutz sind diese übrigens ganz unbedeutend.
Boden-Dauerbeobachtung, ein Instrument des Bodenschutzes - Stand der
Arbeiten in Europa und in Bayern im Vergleich
Schilling, B.
Bayerisches Geologisches Landesamt, Hessstr. 128, 80797 München
e-mail: [email protected]
Abstract: Starting up with the eighties many european countries began to observe soils over extended
periods of time. The common objective of these projects is the estimation of future soil developments.
The comprehensive results of this work are thus an important contribution to the applied soil protection. The actual working status achieved in Europe is shown and compared with the situation of soil
monitoring in Bavaria.
Zusammenfassung: Seit den 80er Jahren wurde in vielen Ländern Europas begonnen, den Boden
über Zeiträume hinweg zu beobachten. Ziel dieser neuen Vorgehensweise ist es, anhand der Ergebnisse zukünftige Entwicklungen fundiert abschätzen zu können. Dies ist ein bedeutender Beitrag zur
Durchführung eines angewandten Bodenschutzes. Der Stand der Arbeiten in den einzelnen Ländern
Europas ist nachfolgend der Situation im Projekt Boden-Dauerbeobachtung des Freistaat Bayern
gegenübergestellt.
Keywords: Soil monitoring, Soil protection, Soil protection act
Schlagworte: Boden-Dauerbeobachtung, Bodenschutz, Bodenschutzgesetz
1
Einleitung
Der Boden wird schon seit Jahrhunderten untersucht. Die Untersuchungsziele und die damit verbundenen Methoden sind bis auf den heutigen Tag sehr unterschiedlich. Die durchgeführten Untersuchungen beziehen sich durchweg auf eine momentane Zustandserfassung. Ob dieser Bodenzustand längere
Zeit erhalten bleibt, kann damit nicht geklärt werden.
Mitte des 19 Jahrhunderts startete in einem landwirtschaftlichen Untersuchungsinstitut bei Rothamsted
in England ein Untersuchungsprojekt, bei dem über einen längeren Zeitraum immer wieder auf den
selben Flächen Vergleichsuntersuchungen durchgeführt wurden (Monitoring). Sie waren in erster Linie auf Nährstoffuntersuchungen ausgerichtet.
Erst Mitte der achtziger Jahre dieses Jahrhunderts wurde die Idee einer Langzeitbeobachtung des Bodens wieder intensiv aufgenommen. So richteten ab 1985 die Bundesländer Bayern und BadenWürttemberg Flächen ein, die nach einem eigens dafür entwickelten Schema beprobt wurden. Auch in
der Schweiz führte man die sogenannte Boden-Dauerbeobachtung ein. Die verwendeten Flächen wurden als Boden-Dauerbeobachtungsflächen (BDF) bezeichnet.
Viele Länder folgten diesem Beispiel und begannen auch mit der Boden-Dauerbeobachtung. In Abhängigkeit vom Industrialisierungsgrad, der landwirtschaftlichen Struktur, den morpholgischen Gegebenheiten, den vorhandenen finanziellen Mitteln u.s.w. unterscheiden sich die Zielsetzungen, die sich
die Länder gegeben haben zum Teil beträchtlich. Diese Vorgaben haben sich auch auf die Vorgehens-
weise bei der Durchführung der Untersuchungen ausgewirkt. So bauten einige Länder ihre BodenDauerbeobachtungsstandorte zu Forschungsstationen aus, während andere lediglich kleinflächige Beprobungen vornahmen.
2
Stand der Arbeiten in europäischen Ländern
Die nachfolgende Darstellung der Boden-Dauerbeobachtung in europäischen Ländern erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll nur ein Überblick von Aktivitäten auf dem Gebiet der BodenDauerbeobachtung geben, die anhand von Informationen aus Literatur, Sitzungen und Tagungen zusammengestellt wurden (s. Tabelle).
Dänemark: Dänemark betreibt Boden-Dauerbeobachtung seit 1986 (EUROPEAN TOPIC CENTRE ON
SOILS, 1997). Die Proben werden entlang von Meßnetzen punktuell entnommen. Es werden bodencharakterisierende Parameter wie die Bodentextur gemessen, aber auch pH-Wert und Schwermetallgehalte erfasst, die Eigenschaften und Belastung des Bodens anzeigen.
Finnland: In Finnland werden schon seit 1974 Flächen für die Boden-Dauerbeobachtung verwendet.
Sie sind 10x10m groß und werden tiefenstufenbezogen beprobt. Die BDF befinden sich nur im landwirtschaftlichen Bereich. Hauptziel ist es, das Verhalten von chemischen Parametern im kultivierten
Land zu beobachten.
Frankreich: Frankreich verfügt bislang über ca. 20 BDF. Bis zum Jahr 2005 sollen 50 BDF eingerichtet werden. Die Flächen sind dreieckig und ca. 1 ha groß. Beprobt werden nur die Pflughorizonte
auf Äckern. Es werden Parameter erfasst, mit denen sowohl die Bodenqualität beschreibbar ist (Bodentextur, Tonminerale) als auch solche, die auf die Belastung schließen lassen (Biomasse, Bodenenzyme).
Großbritannien: Sowohl punktuell entlang von Meßnetzen als auch auf Flächen wird der Boden über
lange Zeiträume hinweg beobachtet. 11 Boden-Dauerbeobachtungsflächen sind eingerichtet. Sie sind
ca. 25x25m groß und werden horizont- und tiefenstufenbezogen beprobt. Die Flächen werden auf
bodenkundliche Standardparameter und Schwermetalle untersucht. Das Hauptziel ist es Langzeitveränderungen bei Boden, Vegetation, Tierwelt und Wasser zu erfassen.
Kroatien: Kroatien beabsichtigt ca. 100 Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Waldregionen einzurichten. Dieses Projekt soll außer Boden- auch Bodenwasser- und Vegetationsuntersuchungen enthalten. Sie sind darauf ausgerichtet, Informationen zur Schadstoffbelastung zu liefern. Darüber hinaus
sollen auf einigen landwirtschaftlich genutzten Flächen die Auswirkungen von Düngung und Erosionsereignissen erfasst werden.
Niederlande: 33 BDF in Forstarealen wurden in den Niederlanden angelegt. Sie sind 50x50m groß.
Auf ihnen soll an mehreren Stellen der Boden beschrieben werden. Laboruntersuchungen der Proben
sind bislang nicht vorgesehen.
Österreich: In Österreich wurde eine Bodenzustandsinventur durchgeführt. Dazu erfolgte die Beprobung und Untersuchung von 5800 Standorten. Diese Standorte sollten als Basis für die Boden-
Dauerbeobachtung dienen. Der hohe Zeit- und Kostenaufwand bei der Wiederbeprobung dieser großen Anzahl von Standorten führte dazu, dass in Österreich die Boden-Dauerbeobachtung auf eine bestimmte Anzahl von Flächen verlegt wurde. So sind ca. 70 BDF vorgesehen. Die Einrichtung und
Betreuung der Flächen obliegt dem Bund. Das Land Salzburg begann schon früher mit der BodenDauerbeobachtung und verfügt bereits über 10 BDF, die in eigener Regie eingerichtet wurden. Sie
sind kreisförmig und werden entlang der Schnittpunkte von mehreren Kreislinien und Kreisachsen
beprobt. Die Beprobungsfläche ist ca. 1000m2 groß.
Die Zielsetzung in den einzelnen Bundesländern bzw. beim Bund ist bezüglich der Erfassung von
Veränderungen der Schadstoffgehalte im Boden gleich. Darüber hinaus werden verschiedene länderspezifische Ziele verfolgt. So beobachtet Kärnten den Einfluß der Düngung auf die Böden und versucht Veränderungen auf den Skipisten zu erfassen. In Vorarlberg soll die ökologische Gefährdung
abgeschätzt werden. Dazu erfolgen bodenmikrobiologische und zoologische Untersuchungen.
Um eine einheitliche Vorgehensweise zu erreichen, hat das österreichische Umweltbundesamt in Wien
(UMWELTBUNDESAMT, 1994) Konzepte und Empfehlungen veröffentlicht.
Polen: Polen betreibt auch Monitoringprogramme. Dabei werden in erster Linie Spezialfragen bearbeitet. Ein Programm beobachtet mineralischen Stickstoff im Boden. Ein anderes Programm versucht
über Messungen des Magnetismus, die Metallbelastung in den oberschlesischen Steinkohlerevieren zu
erfassen.
Schweden: In Schweden laufen mehrere Monitoringprogramme. Die Beprobung wird hierbei punktuell entlang von Meßnetzen durchgeführt. Das schwedische Umweltinstitut in Lammhult ist die Ausnahme. Es hat 130 Boden-Dauerbeobachtungsstandorte eingerichtet auf denen Stoffeinträge und Bodenlösungen untersucht werden. Damit sollen Umweltbedingungen, regionale Unterschiede und zeitliche Veränderungen bei den säurehaltigen Depositionen dargestellt werden.
Schweiz: Die Schweiz verfügt über mehrere Boden-Dauerbeobachtungsprojekte. Das zentrale Projekt
ist das nationale Beobachtungsnetz (NABO, 1994). Dieses NABO wurde seit 1985 aufgebaut und
umfaßt knapp über 100 Boden-Dauerbeobachtungsparzellen. Es handelt sich dabei um ca. 100 m2
große Flächen, die nach dem Zufallsprinzip an 25 Stellen tiefenstufenbezogen bis ca. 30 cm Tiefe
beprobt werden. Die Proben aus den gleichen Tiefenstufen werden zu jeweils einer Mischprobe pro
Fläche vereint, die auf bodenchemische Parameter untersucht werden. Das NABO hat schon mehrere
Wiederholungsuntersuchungen durchgeführt. Mit den Ergebnissen konnten Veränderungen des Stoffbestandes nachgewiesen werden.
Außer dem NABO haben auch einzelne Kantone ein Beobachtungsnetz (KABO) aufgebaut. Die Kantone Zürich, St. Gallen und Basel wollen ähnlich wie das NABO in erster Linie bodenchemische Veränderungen erfassen. Zusätzlich sind auch bodenbiologische Untersuchungen geplant. In Zürich wurden von der Zürcherschen Arbeitsgruppe für Bodenuntersuchungen (ZABU, 1990) bis 1989 15 Standorte eingerichtet. In St. Gallen sind 25 Flächen und in Basel 3 Flächen vorgesehen.
Slowakei (àKZáZ, 1997): In der Slowakei wurden seit 1993 651 BDF eingerichtet. Sie sind kreisförmig und haben einen Durchmesser von 20m. Die Probenahme erfolgt in verschiedenen Tiefenstufen.
Mit der Boden-Dauerbeobachtung sollen verschieden Ziele erreicht werden. Die bedeutendsten sind
die Erfassung des Nährstoffangebots und der Schadstoffbelastung des Bodens.
Spanien: Spanien verfügt über 41 BDF. Die Flächen sind auf kleinen Wasserscheiden. Auf den Flächen werden Parameter zur Charakterisierung des Klimas, der Hydrologie, der Vegetation und des
Bodens erfasst. Ziel ist es Hinweise zu Erosionsereignissen und zur Wüstenbildung zu bekommen.
Tschechische Republik (àKZáZ ,1997): Boden-Dauerbeobachtung wird in Tschechien von verschiedenen staatlichen Instituten betrieben. Die Beprobung wird sowohl an Meßnetzen als auch auf BDF
durchgeführt. Tschechien verfügt zur Zeit über 257 sogenannte Basis-BDF, die ca. 1000m2 groß und
rechteckig geformt sind. Sie werden entlang der Diagonalen beprobt. Die Zielsetzung im Projekt ist
sehr unterschiedlich. Im landwirtschaftlichen Bereich liegt ein Schwerpunkt auf der Erfassung der
Veränderungen bei den Nährstoffreserven (190 BDF). 27 BDF auf landwirtschaftlichen Standorten
werden vor allem bezüglich ihrer Belastung durch anthropogenen Eintrag betrachtet. Auf 40 BDF in
naturnahen Räumen erfolgt die Erfassung von Schadstoffeintrag aus der Luft in den Boden. Das Zentrale Institut zur Überwachung und Prüfung der Agrikultur in Brünn führt seit 1993 im Zweijahresabstand eine internationale Konferenz "Soil Monitoring" durch, die den Informationsaustausch und ein
gemeinsames Vorgehen fördern soll.
Ungarn: In Ungarn wurden 1250 Stellen für Boden-Dauerbeobachtungszwecke beprobt. An den Proben ist eine Untersuchung auf verschiedene Bodeneigenschaften und Schadstoffgehalte (Schwermetalle) erfolgt. Ein Hauptaugenmerk wird auf bodenbiologische Parameter gelegt.
Deutschland: Nahezu alle Bundesländer Deutschlands haben Boden-Dauerbeobachtungsflächen eingerichtet oder sind im Begriff dies zu tun. Nur vom Saarland und von Rheinland-Pfalz sind noch keine
Aktivitäten bekannt.
1991 wurde von den Vertretern der einzelnen Bundesländer eine Anleitung zur Einrichtung und Beprobung von Boden-Dauerbeobachtungsflächen zusammengestellt (AD-HOC AG BODEN-DAUERBEOBACHTUNG, 1999). Diese Anleitung wurde fortgeschrieben und wird voraussichtlich Ende 1999 veröffentlicht. Anhand dieser Anleitung hat sich in Deutschland in vielen Bereichen der BodenDauerbeobachtung eine gemeinsame Vorgehensweise durchgesetzt, die eine Vergleichbarkeit der Ergebnisdaten begünstigt. Dabei ist vor allem bei der Größe der Flächen, bei der Art der Probenahme
und bei den angewendeten analytischen Methoden auf eine gemeinsame Basis geachtet worden.
Zu Beginn der Boden-Dauerbeobachtung in Deutschland war das Ziel, die Veränderungen des Bodenzustandes zu erfassen. Um die im Boden ablaufenden Prozesse zu beobachten und den Stoffein- und austrag (Stoffbilanzierung) bestimmen zu können, müssen die Messungen auf Klima, Luftschadstoffe,
Bodenwasser etc. erweitert werden. Einige Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen haben daher bislang eine begrenzte Anzahl von Intensiv-BodenDauerbeobachtungsflächen eingerichtet.
Bayern: In Bayern gibt es 263 Boden-Dauerbeobachtungsflächen. Hierzu wurde die Bearbeitung aus
nutzungsspezifischen Gesichtspunkten auf 3 Behörden aufgeteilt. Die Bayerische Landesanstalt für
Bodenkultur und Pflanzenbau (LBP) betreut 141 landwirtschaftliche, die Bayerische Landesanstalt für
Wald und Forstwirtschaft 78 forstliche Standorte und das Bayerische Geologische Landesamt (BayGLA) 53 Sonderstandorte (Belastungsgebiete, Natur- und Wasserschutzgebiete). Dabei wurden die
Flächen entsprechend den Vorgaben der o.g. bundesweiten Anleitung angelegt und beprobt. Die Untersuchungen beschränkten sich in erster Linie auf den Boden (Basis-BDF). Lediglich die LBP nahm
Stoffeintragsmessungen vor und führte standortabhängig Vegetations-, Erosions- und Düngeuntersuchungen durch.
Die drei Behörden haben die Erstuntersuchungen des Bodens abgeschlossen (BAYERISCHE
LANDESANSTALT FÜR BODENKULTUR UND PFLANZENBAU (1997); SCHUBERT ET AL. (1995),
SCHILLING, 1994). Das BayGLA hat bereitsWiederholungsuntersuchungen durchgeführt. Diese zeigen, dass Veränderungen im Boden nachzuweisen sind (SCHILLING, 1997). Um diese Veränderungen
besser interpretieren und die im Boden ablaufenden Prozesse beschreiben zu können, müssen ergänzende Untersuchungen in anderen Kompartimenten wie Wasser und Luft vorgenommen werden Dazu
wurden von der LWF 22 BDF unmittelbar neben Intensiv-Meßstellen (Waldklimastationen) angelegt.
Das BayGLA richtet zukünftig 4 "Intensiv-BDF" ein, die mit entsprechenden Meßapparaturen zur
Erfassung von Prozessen im jeweiligen Ökosystem ausgestattet sind.
Die Staaten Kroatien, Österreich (einschließlich verschiedener Bundesländer), Slowenien, Ungarn
sowie die Regionen Bayern, Südtirol, Friaul-Julisch-Venetien und der Kanton St. Gallen sind Mitglieder der Arbeitsgemeinschaften Arge Alp, Arge Alpen-Adria oder Arge Donau und haben eine gemeinsame Empfehlung zur Vorgehensweise bei Boden-Dauerbeobachtungsflächen erarbeitet (ARGE ALP &
ALPEN-ADRIA, 1994).
3
Schlußfolgerungen
Die Boden-Dauerbeobachtung besitzt die Fähigkeit Veränderungen im Boden zu erfassen. Dies eröffnet die Möglichkeit, Prognosen bezüglich der Gefährdung des Schutzgutes Boden erstellen zu können.
Damit wird die Boden-Dauerbeobachtung zu einem wichtigen Instrument für die Durchführung eines
angewandten Bodenschutzes. In dieser Funktion hilft sie Fragestellungen des Bundesbodenschutzgesetzes zu beantworten. Viele Länder bedienen sich schon dieses Instrumentes. In Abhängikeit von den
regionalen Gegebenheiten sind die Zielsetzungen jedoch sehr unterschiedlich. Nahezu alle Länder
nutzen die Boden-Dauerbeobachtung dazu, Veränderungen der charakteristischen Bodenkennwerte
und der Belastung des Bodens zu erfassen. Sollen bezüglich dieser Thematiken überregionale Aussagen getroffen werden, müssen die Vorgehensweisen bei der Boden-Dauerbeobachtung koordiniert
werden. In einzelnen Staaten wurden dazu schon Vorgaben erarbeitet. International ist die Koordination noch sehr beschränkt.
4
Literatur
AD-HOC AG BODEN-DAUERBEOBACHTUNG (1999): Boden-Dauerbeobachtung – Einrichtung und Betrieb von Boden-Dauerbeobachtungsflächen. – LABO AK2 – (im Druck).
ARGE ALP & ALPEN-ADRIA (1994): Boden-Dauerbeobachtungsflächen. – Hrsg. Bayer. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, 27 S.; München.
BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR BODENKULTUR UND PFLANZENBAU (1997): BodenDauerbeobachtungsflächen (BDF) – Bericht nach zehnjähriger Laufzeit (1985-1995). – Schriftenreihe
der LBP, 4/97 (Teil I-III): 253 S.; Freising.
EUROPEAN TOPIC CENTRE ON SOILS (1997): Soil Monitoring Networks and related geographical databases in Europe. – unveröffentl., Kontaktadresse: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe,
Hannover.
NABO (1993): Nationales Bodenbeobachtungsnetz – Messresultate 1985-1991. – Hrsg. Bundesamt für
Umwelt, Wald und Landschaft, Schriftenreihe 200: 175 S.; Bern.
SCHILLING, B. (1994): Boden-Dauerbeobachtungsflächen des Bayerischen Geologischen Landesamtes
- Zielsetzung, Stand der Arbeiten und Ergebnisse aus den Erstuntersuchungen. - GLA-Fachberichte
11: 60 S.; München (Bayerisches Geologisches Landesamt).
SCHILLING, B. (1997): Wiederholungsuntersuchungen an Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern. - GLA-Fachberichte 14 (Boden-Monitoring): 48-91; München (Bayerisches Geologisches Landesamt)
SCHUBERT, A., R. BUTZ-BRAUN, K. SCHÖPKE, K.-H. MELLERT (1995): Waldboden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern. Standarduntersuchungen, Tonmineralische Untersuchungen, Aufnahme der
Humusformen, Aufnahme der Bodenfauna (Regenwürmer, Collembolen). Ein forstlicher Beitrag zum
vorsorgenden Bodenschutz, dargestellt am Beispiel der zwei Dauerbeobachtungsflächen im Forstamt
Kelheim. Berichte aus der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Nr. 4 (1995), 80
S.; Freising.
àKZáZ (1997): Soil monitoring. Proceedings from the III. International Conference of the Central
Institute for Supervising and testing Agriculture, Brno.
UMWELTBUNDESAMT (1994): Bodendauerbeobachtung – Konzepte und Empfehlungen für eine einheitliche Vorgangsweise in Österreich. – Hrsg. Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie,
38 S.; Wien.
Tabelle: Übersicht über Boden-Monitoring in Europa
Schwerpunkte
Land
Moni- BDF* An- Start
*
toring*
zahl*
x
Schwermetalle, Bodenphysik, Stickstoff
Dänemark
x
x
.620 1985 Nährstoffe, Schwermetalle, Organik, Erosion
Deutschland
x
x
2000 1974 Schwermetalle, Nährstoffe, Bodenphysik
Finnland
x
x
50
Bodensubstrat/-physik, C/N, Bodenbiologie
Frankreich
x
11
Bodenphysik, Nährstoffe, Schwermetalle
Großbritannien x
x
x
100
Nährstoffe, Schwermetalle, Erosion
Kroatien
x
x
33
Bodeneigenschaften (nur Geländeaufnahmen)
Niederlande
x
x
12
1990 Schwermetalle, Organik, Erosion, Nährstoffe
Österreich
x
Stickstoff, Schwermetalle
Polen
x
x
130
1985 Bodenphysik, Nährstoffe, Pestizide
Schweden
x
x
102
1984 Bodenphysik, Schwermetalle
Schweiz
x
x
651
1993 Nährstoffe, Schwermetalle, Erosion/Verdichtung
Slowakei
x
x
41
Erosion, Wüstenbildung
Spanien
x
x
257
Nährstoffe, Schwermetalle, Klärschlamm
Tschechien
x
Bodenbiologie, Bodenvegetation
Ungarn
Monitoring*= Monitoringprojekte werden durchgeführt (meistens Meßnetze).
BDF*= Boden-Dauerbeobachtungsflächen oder ähnliche Meßflächen sind vorhanden.
Anzahl*= Anzahl der vorhandenen BDF*.
Start*= Jahr in dem das Monitoringprojekt begonnen wurde.
Schwerpunkt*= Untersuchungsschwerpunkt in den einzelnen Ländern.
Berücksichtigung des Bodens bei den Planungen
zum Neubau der Bahnstrecke Stuttgart - Ulm
Bachmann, H.
igi Niedermeyer Institute, Hohentrüdinger Str. 11, D-91747 Westheim
e-mail: [email protected]
Abstract: During the planing of the construction of the railway-line Stuttgart - Ulm the instructions of
the Umweltministerium of Baden-Württemberg and of the Regierungspräsidium Stuttgart for
evaluation of soil during planing, for the determination of impairment of soil functions and for the
consideration of compensation measures were realized. The extent of impairment of the productivity of
soils and the possibility of compensation are discribed for a partial area.
Zusammenfassung: Bei den Planungen zum Neubau der Bahnstrecke Stuttgart - Ulm wurden die
Vorgaben des Umweltministeriums Baden - Württemberg und des Regierungspräsidiums Stuttgart zur
Bewertung von Böden bei Planungen, zur Ermittlung der Beeinträchtigung von Bodenfunktionen und
zur Berücksichtigung von Kompensationsmaßnahmen umgesetzt. Für einen Teilbereich wird das
Ausmaß der Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Böden dargestellt und die Möglichkeiten der
Kompensation aufgezeigt.
Keywords: Baden-Württemberg, soil protection, soil evaluation, impact determination, compensation;
Schlagworte: Baden-Württemberg, Bodenschutz, Bodenbewertung, Eingriffsermittlung, Kompensation;
1
Einleitung
Böden erfüllen vielfältige Funktionen im Naturhaushalt. Sie sind Lebensraum für Bodenorganismen,
Standort für die natürliche Vegetation, Ausgleichskörper im Wasserkeislauf sowie Filter und Puffer
für Schadstoffe. Daneben stehen die Nutzungsansprüche des Menschen an die Umwelt, der Bedarf an
Fläche für Siedlung, Erholung und Verkehr sowie zur Ver- und Entsorgung. Die Legislative hat dieser
Tatsache Rechnung getragen und entsprechende Gesetze und Verordnungen erlassen. So sind Böden
bei Planungen und Genehmigungsverfahren als Bestandteil des Naturhaushaltes zu berücksichtigen. In
Baden-Württemberg gibt es für die Bewertung von Böden, für die Quantifizierung der Wertminderung
(Eingriffsermittlung) und für die Berücksichtigung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen konkrete
Vorgaben. Im Raumordnungsverfahren zum Neubau der Bahnstrecke Stuttgart - Ulm und in den
Planfeststellungsverfahren der bislang bearbeiteten Abschnitte wurden und werden diese Vorgaben
umgesetzt. Nachfolgend werden die Ergebnisse für einen Teilbereich der Neubaustrecke (NBS)
Stuttgart - Ulm, beispielhaft dargelegt und diskutiert.
2
Material und Methoden
Das Heft 31 der Reihe Luft, Boden, Abfall des Umweltministeriums Baden-Württemberg (UM, 1995)
gibt als Leitfaden für Planungen und Gestattungsverfahren konkrete Anweisungen zur Bewertung von
Böden nach ihrer Leistungsfähigkeit. Demnach sind die im baden-württembergischen
Bodenschutzgesetz genannten Bodenfunktionen einzeln zu bewerten. Dies kann durch Auswertung der
Unterlagen der Bodenschätzung oder durch Berücksichtigung von Parametern, die durch eine
bodenkundliche Kartierung erhoben werden, erfolgen.
Im Untersuchungsraum der NBS Stuttgart - Ulm war vom Geologischen Landesamt Freiburg eine
Bodenkartierung durchgeführt worden. Die Bewertung der Funktionen Ausgleichskörper im
Wasserkreislauf und Filter und Puffer für Schadstoffe war ebenfalls durch das GLA erfolgt. Die
Funktionen Standort für die natürliche Vegetation und Standort für Kulturpflanzen wurden durch
Auswertung der Bodenschätzung bewertet.
Die Arbeitsgrundlage des Regierungspräsidiums Stuttgart „Eingriffsregelung nach Naturschutzgesetz,
Bewertung und Ausgleich von Eingriffen in Böden“ (RP, 1998) gibt Anleitungen zur Quantifizierung
der Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit von Böden und zur Bewertung von Ausgleichs- und
Ersatzmaßnahmen. Demnach ist die Wertminderung und damit der Kompensationsbedarf für die
einzelnen Bodenfunktionen getrennt zu ermitteln. Um das unterschiedliche Ausmaß der
Beeinträchtigung
durch
Versiegelung,
Bodenabtrag,
Aufschüttung
und
bauzeitlicher
Flächeninanspruchnahme zu erfassen werden Beeinträchtigungsfaktoren eingeführt.
Im Bereich der Trasse der NBS erfolgen Bodenabtrag, Überbauung und Versiegelung. Damit gehen
die Funktionen im Naturhaushalt vollständig verloren. Der Wertverlust beträgt 100 %, der
Beeinträchtigungsfaktor (B-Faktor) ist 1. Bei einer sehr hohen Leistungsfähigkeit des Bodens (Stufe 5)
ergibt sich durch Multiplikation der Wertstufe mit dem Beeinträchtigungsfaktor eine Abwertung um 5
Wertstufen, bei einer sehr geringen Leistungsfähigkeit (Stufe 1) eine Abwertung um 1 Wertstufe.
Im Bereich der Böschungen von Dämmen und Einschnitten wird Boden abgetragen, Unterboden bzw.
Untergrund verdichtet und zur Böschungsbegrünung Boden wieder aufgebracht. Die
Leistungsfähigkeit von Böden wird dadurch deutlich eingeschränkt. Für die Böden in den
Böschungsbereichen wird nach Abschluß der Baumaßnahme eine Leistungsfähigkeit der Stufe 2
berücksichtigt. In Abhängigkeit vom Ausgangswert ergibt sich eine Wertminderung zwischen 0 und
60 % (B-Faktor 0 bis 0,6).
Die nachfolgende Tabelle 1 zeigt die Beeinträchtigungsfaktoren im Überblick.
Tabelle 1:
Beeinträchtigungsfaktoren
Trasse
Damm / Einschnitt
Tunnel, offene Bauweise
Baustraße /
Baustelleneinrichtungsfläche
1
1
0
0,20
0,10
2
1
0
0,20
0,10
Leistungsfähigkeit des Bodens
3
4
1
1
0,33
0,50
0,20
0,20
0,10
0,10
5
1
0,60
0,20
0,10
Durch Multiplikation der Wertstufe der Leistungsfähigkeit mit dem Beeinträchtigungsfaktor und der
Größe der betroffenen Fläche ergibt sich letztlich die Wertminderung in Werteinheiten für jede
einzelne Bodenfunktion.
Nach der Arbeitsgrundlage zur Eingriffsregelung (RP, 1998) stellen die Entsiegelung, das Entfernen
von Sohlschalen in Bächen, die Rekultivierung von Altablagerungen, der Auftrag von Oberboden, die
Nutzungsextensivierung und die Kalkung saurer Waldböden Kompensationsmaßnahmen dar, die die
Leistungsfähigkeit von Böden erhöhen. Dabei führt die Entsiegelung bei vollständigem Rückbau und
optimaler Ausführung des Bodenauftrags zu einer Aufwertung um jeweils 5 Wertstufen für die
einzelnen Bodenfunktionen. Für die Nutzungsextensivierung kann nach der Arbeitsgrundlage zur
Eingriffsregelung (RP, 1998) lediglich eine Aufwertung um 1 Wertstufe für die Funktion
Ausgleichskörper im Wasserkreislauf angerechnet werden.
3
Ergebnisse und Diskussion
Im überwiegenden Teil des betrachteten Bereiches der NBS bildet Löß bzw. Lößlehm das
Ausgangsmaterial der Bodenbildung. Daraus haben sich tiefe bis mäßig tiefe Parabraunerden
entwickelt. Sie sind zum Teil pseudovergleyt. Daneben liegen Übergangsformen zwischen
Parabraunerden und Schwarzerden vor. Die Bedeutung dieser Parabraunerden als Standort für
Kulturpflanzen, als Ausgleichskörper im Wasserkreislauf und als Filter und Puffer für Schadstoffe ist
hoch bis sehr hoch.
Die vom Vorhaben betroffene Fläche und die resultierende Wertminderung in Werteinheiten wurde
für die Funktionen Standort für Kulturpflanzen, Ausgleichskörper im Wasserkreislauf sowie Filter und
Puffer für Schadstoffe ermittelt. Für die Funktionen Standort für Kulturpflanzen und Ausgleichskörper
im Wasserkreislauf sind die Ergebnisse in den Tabellen 2 und 3 angeführt. Auf die Darstellung der
Ergebnisse für die Funktion Filter und Puffer für Schadstoffe wird an dieser Stelle verzichtet. Da
Böden mit hoher und sehr hoher Bedeutung als Standort für die natürliche Vegetation vom Vorhaben
nicht betroffen sind, erübrigt sich die Berücksichtigung dieser Bodenfunktion.
Im betrachteten Bereich werden nach derzeitigem Planungsstand durch die Trasse Böden auf einer
Fläche von 8,49 ha überbaut und versiegelt. Da die Überbauung und Versiegelung im Trassenbereich
den vollständigen Funktionsverlust bedeutet (Beeinträchtigungsfaktor = 1) ergibt sich eine relativ hohe
Wertminderung für die einzelnen Bodenfunktionen. Bei den Funktionen Standort für Kulturpflanzen
und Filter und Puffer für Schadstoffe dominieren die Wertstufen 4 und 5. Die Wertminderung im
Trassenbereich beträgt für die Funktion Standort für Kulturpflanzen 37,41 Werteinheiten, für die
Funktion Filter und Puffer für Schadstoffe 38,29 Werteinheiten. Da bei der Funktion Ausgleichskörper
im Wasserkreislauf die Wertstufen 3 und 4 überwiegen, ergibt sich eine etwas geringere
Wertminderung von 28,72 Werteinheiten.
Die Bahntrasse wird im betrachteten Bereich in enger Bündelung mit der bestehenden Autobahn BAB
A 8 geführt. Dabei wird die Gradiente soweit möglich an die der Autobahn angepaßt. Durch
Böschungen der Trasse werden Böden auf einer Fläche von 8,25 ha beeinträchtigt. Für den Bereich
der Trassenböschungen ergibt sich für die Funktion Standort für Kulturpflanzen eine Wertminderung
von 19,81 Werteinheiten, für die Funktion Ausgleichskörper im Wasserkreislauf von 11,27
Werteinheiten und für die Funktion Filter und Puffer für Schadstoffe von 20,00 Werteinheiten.
Durch Tunnelabschnitte in offener Bauweise, durch die Anlage von Regenrückhaltebecken, durch die
Verlegung einer Landesstraße, durch die Anlage eines landwirtschaftlichen Weges und eines
Unterhaltsweges ergeben sich weitere Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit von Böden. Die
betroffene Fläche und der Wertverlust sind in den Tabellen 2 und 3 angeführt.
Bauzeitlich beanspruchte Flächen (Baustraßen, Baustelleneinrichtungsflächen, Zwischenlagerflächen
für Bodenaushub) liegen soweit möglich im Bereich der zukünftigen Trasse. Durch bauzeitliche
Flächeninanspruchnahme außerhalb des zukünftigen Trassenbereiches werden Böden verdichtet, der
Oberboden wird umgelagert.
Insgesamt beträgt der Kompensationsbedarf für die Funktion Standort für Kulturpflanzen 78,51
Werteinheiten, für die Funktion Ausgleichskörper im Wasserkreislauf 54,55 Werteinheiten und für die
Funktion Filter und Puffer für Schadstoffe 80,07 Werteinheiten.
Tabelle 2:
Betroffene Fläche und Kompensationsbedarf, Funktion Standort für Kulturpflanzen
Trasse
Böschungen
Tunnel, offene
Bauweise
Bauzeitliche
Böschungen
Regenrückhaltebecken
Straßen (Fahrbahnen)
Straßen (Böschungen)
Baustraßen, Baustelleneinrichtungsflächen
Summe
Tabelle 3:
Stufe 1
-
Betroffene Fläche in ha / Wertminderung in Werteinheiten
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4
Stufe 5
0,01 / 0,02
0,60 / 1,80
3,81 / 15,24
4,07 / 20,35
0,09 / 0,68 / 0,68
3,31 / 6,62
4,17 / 12,51
0,05 / 0,03
0,40 / 0,32
0,58 / 0,58
Summe
8,49 / 37,41
8,25 / 19,81
1,03 / 0,93
-
-
0,11 / 0,07
0,93 / 0,74
1,35 / 1,35
2,39 / 2,16
-
-
0,04 / 0,04
0,10 / 0,30
0,37 / 0,11
0,78 / 1,56
0,81 / 3,24
0,14 / 0,28
1,89 / 0,76
0,41 / 1,23
1,45 / 7,25
0,36 / 1,08
4,68 / 2,35
1,23 / 2,83
2,36 / 10,79
0,50 / 1,36
6,94 / 3,22
-
0,10 / 0,02
1,95 / 3,03
12,07 / 28,76
17,07 / 46,70
31,19/ 78,51
Betroffene Fläche und Kompensationsbedarf, Funktion Ausgleichskörper im Wasserkreislauf
Trasse
Böschungen
Tunnel, offene
Bauweise
Bauzeitliche
Böschungen
Regenrückhaltebecken
Straßen (Fahrbahnen)
Straßen (Böschungen)
Baustraßen, Baustelleneinrichtungsflächen
Summe
Stufe 1
-
Betroffene Fläche in ha / Wertminderung in Werteinheiten
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4
Stufe 5
0,08 / 0,16
5,04 / 15,12
3,36 / 13,44
0,42 / 4,35 / 4,35
3,46 / 6,92
0,98 / 0,59
0,06 / 0,05
-
Summe
8,48 / 28,72
8,23 / 11,27
1,04 / 0,64
-
-
2,15 / 1,29
0,24 / 0,19
-
2,39 / 1,48
-
0,62 / 0,01 / 0,02
0,03 / 0,01
0,30 / 0,30
1,09 / 3,27
0,04 / 0,04
5,33 / 1,60
0,31 / 0,62
1,25 / 5,00
0,47 / 0,94
1,61 / 0,64
-
1,23 / 0,92
2,35 / 8,29
0,51 / 0,98
6,97 / 2,25
-
1,16 / 0,19
19,28 / 26,56
10,76 / 27,80
-
31,20 / 54,55
Die Suche nach realisierbaren Kompensationsmaßnahmen gestaltet sich in dem intensiv
landwirtschaftlich genutzten Raum bislang äußerst schwierig. Als Kompensationsmaßnahmen sind
Bachrenaturierungen vorgesehen. Durch das Entfernen der Sohlschalen und durch die
Nutzungsextensivierung in den angrenzenden Pufferzonen werden Aufwertungen der
Bodenfunktionen erreicht. Weitere Nutzungsextensivierungen sind durch die Umwandlung von Acker
in Grünland und die Anlage von Hecken, Baumreihen und Streuobstwiesen vorgesehen. Die
Entsiegelung von Straßen- und Wegeflächen beschränkt sich auf eine Fläche von ca. 0,21 ha.
In den nachfolgenden Tabellen 4 und 5 ist der Wertminderung in Werteinheiten die Wertsteigerung
durch die Kompensationsmaßnahmen gegenüber gestellt. Für die Funktion Standort für
Kulturpflanzen ergibt sich ein Defizit von 75,11 Werteinheiten, für die Funktion Ausgleichskörper im
Wasserkreislauf von 28,48 Werteinheiten und für die Funktion Filter und Puffer für Schadstoffe von
76,67 Werteinheiten.
Tabelle 4:
Eingriff und Kompensation, Funktion Standort für Kulturpflanzen
Wertminderung in
Werteinheiten
78,51
Tabelle 5:
Entsiegelung von Verkehrsflächen
Entfernen von Sohlschalen in Bächen
Summe
Flächengröße in ha
0,21
Wertsteigerung in
Werteinheiten
1,05
0,47
2,35
0,68
3,40
Defizit in
Werteinheiten
75,11
Eingriff und Kompensation, Funktion Ausgleichskörper im Wasserkreislauf
Wertminderung in
Werteinheiten
54,55
4
Maßnahme
Maßnahme
Extensivierungen
Entsiegelung von Verkehrsflächen
Entfernen von Sohlschalen in Bächen
Summe
Flächengröße in ha
22,67
0,21
Wertsteigerung in
Werteinheiten
22,67
1,05
0,47
2,35
23,35
26,07
Defizit in
Werteinheiten
28,48
Schlußfolgerung
Mit den Ausführungen des Umweltministeriums Baden-Württemberg (UM, 1995) und des
Regierungspräsidiums Stuttgart (RP, 1998) liegen Vorgaben für eine nachvollziehbare
Berücksichtigung des Bodens bei Planungen und Genehmigungsverfahren vor.
Bei den Planungen mit hohem Flächenbedarf in Bereichen mit hochwertigen Böden ergibt sich ein
beachtlicher Kompensationsbedarf. Dieser kann durch die bislang vorgesehenen Maßnahmen nur
teilweise erfüllt werden. Die Umsetzung von Maßnahmen zur gezielten Förderung von
Bodenfunktionen gestaltet sich schwierig. Sehr hochwertige Ackerböden können durch Bodenauftrag
nicht weiter verbessert werden. Der Bedarf an Kalkung saurer Waldböden existiert nicht.
Möglicherweise kann dieses Problem nur durch Ausgleichszahlungen gelöst werden.
5
Literatur
RP - REGIERUNGSPRÄSIDIUM STUTTGART (1998): Arbeitsgrundlage, Eingriffsregelung nach
Naturschutzgesetz, Bewertung und Ausgleich von Eingriffen in Böden.UM - UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG (1995): Bewertung von Böden nach
ihrer Leistungsfähigkeit, Leitfaden für Planungen und Gestattungsverfahren.- Luft, Boden, Abfall,
Heft 31.
Vorschlag für eine international verbindliche Bodenkonvention
Held, M.
Evangelische Akademie Tutzing, Schloss-Strasse 2+4, D-82327 Tutzing
[email protected]
Abstract: Consequences of soil degradation are similar to the threats of global warming and loss of
biodiversity. The first proposal for an international Soil Convention is presented as a framework for
local, regional and national measures for a sustainable use of soils.
Zusammenfassung: Die Konsequenzen der Bodendegradation sind in Größenordnung dem Klimawandel und dem Verlust an Biodiversität vergleichbar. Es wird der weltweit erste Vorschlag für eine
international verbindliche Bodenkonvention zum nachhaltigen Umgang mit Böden vorgestellt.
Keywords: Soil degradation, Soil Convention, sustainable use of soils
Schlagworte: Bodendegradation, Bodenkonvention, nachhaltiger Umgang mit Böden
1
Forderung nach umfassender internationaler Bodenkonvention
Böden sind eine der zentralen Lebensgrundlagen. Zugleich ist diese “dünne Haut der Erde” sehr verletzlich. Die Bodendegradation entspricht in ihrer Tragweite und Bedeutung für die Menschen und den
Naturhaushalt dem Verlust biologischer Vielfalt und dem globalen Klimawandel. Es ist bisher jedoch
noch nicht gelungen, dies ins öffentliche Bewußtsein zu bringen. Es ist dringlich, die Bedeutung der
Böden in ihren unterschiedlichen Funktionen wieder im Bewußtsein der Menschen zu verankern, deutlich zu machen, daß wir nicht “bodenlos” leben können, sondern ein nachhaltiger Umgang mit Böden
Voraussetzung für Leben und Wirtschaften ist. Dazu sind Instrumente für die Umorientierung in Richtung eines nachhaltigen Umgangs mit Böden erforderlich, von der lokalen bis zur internationalen Ebene.
Es gibt bereits eine ganze Reihe von Dokumenten, die einen verantwortungsvollen Umgang mit Böden
propagieren: die “Weltboden-Charta” der FAO (1981), die “Europäische Boden-Charta” des Europarats (1989) und einige Kapitel der Agenda 21 (1992). Diese Texte haben jedoch nur empfehlenden
Charakter und konnten deshalb bisher nur vergleichsweise wenig Wirkungen erzielen. Aufgrund des
fehlenden Verständnisses für die Tragweite der Bodenproblematik war es auf der Rio-Konferenz nicht
gelungen, vergleichbar zur Biodiversitätskonvention und zur Klimarahmenkonvention eine Bodenkonvention zu initiieren. Es konnte jedoch, da es spezifisch im Interesse vieler afrikanischer Staaten
lag, die geographisch eingegrenzte UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung für die von
der Bodendegradation besonders betroffenen ariden, semiariden und trockenen subhumiden Zonen
angestoßen werden.
Dies ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg für eine international verbindliche Rahmenordnung
zum nachhaltigen Umgang mit Böden und Landmanagement. Die ersten Erfahrungen damit zeigen
jedoch, daß sich in der Realität die Probleme nicht an die in den Texten definierten geographischen
Grenzen halten. Der Zuschnitt der Wüstenkonvention erleichtert es den Industrieländern, die Problematik als “weit entfernt” mißzuverstehen. Aus dieser Sicht sind “die anderen” die von den Problemen
Betroffenen und deren Verursacher. Selbst ist man “weit entfernt”.
Dies trifft jedoch nicht den Kern der Problematik. Wir sind Teil des Problems. Die Bodendegradation
ist ein globales Problem. In allen Industriestaaten und in den sich industrialisierenden Teilen der anderen Staaten werden immer noch massiv Flächen versiegelt. Selbst unter vergleichsweise günstigen
Bedingungen, ausreichenden Niederschlägen etc., erodieren viele der landwirtschaftlich genutzten
Flächen, da sie nicht den Nachhaltigkeitskriterien entsprechend bewirtschaftet werden. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltvänderungen kam in seinem auf die Böden
fokussierten Jahresgutachten zum Schluß, daß als nächster Schritt eine international verbindliche globale Bodenkonvention ausgearbeitet und verabschiedet werden sollte (WBGU 1994). Eine derartige
Konvention ist kein Ersatz für nationale Maßnahmen und für den regionalen und lokalen Bedingungen
angemessene Maßnahmen. Im Gegenteil, sie soll den Rahmen dafür geben, den spezifischen Bedingungen gemäße Formen des nachhaltigen Umgangs mit Böden zu fördern und nicht-nachhaltige Nutzungen zurückzudrängen.
Die ”International Soil Conservation Organisation” (ISCO) gab für ihren im August 1996 in Bonn
stattfindenden Weltkongreß einen Vorbereitungsband heraus, der von einer weltweit zusammengesetzten Expertengruppe erarbeitet wurde. Diese kam aufbauend auf der Zusammenfassung der Problemlage ebenfalls zum Ergebnis, daß eine international verbindliche Konvention zur nachhaltigen Nutzung
von Böden und Landmanagement erforderlich sei (HURNI et al. 1996). Auch in anderen Gremien,
etwa im Rahmen der ”World Conservation Union - IUCN” wurden vergleichbare Forderungen laut.
2
Vorschlag für ein “Übereinkommen zum nachhaltigen Umgang mit Böden”
Hartmut Graßl, als Vorsitzender für das Jahresgutachten des WBGU zu Böden verantwortlich, zwischenzeitlich Direktor des Weltklimaforschungsprogramms, Genf, und David Pimentel, Cornell University, Ithaca NY, gaben den Anstoß, daß wir auf der internationalen Tutzinger Zeitakademie zur
Thematik “Boden-Kultur - Zeitökologische Aspekte eines nachhaltigen Umgangs mit Böden” (April
1997) intensiv darüber diskutierten, ob und falls ja, in welcher Richtung ein Vorschlag für eine international verbindliche Bodenkonvention erarbeitet werden sollte (KÜMMERER et al. 1997). Dabei
stand im Mittelpunkt der Debatte, inwieweit durch die bestehenden Konventionen zu Klima, Biodiversität und Wüstenbildung die Thematik nicht bereits abgedeckt ist. Die Empfehlung ging dahin, eine
eigenständige Bodenkonvention zu erarbeiten und auf deren Realisierung hinzuwirken, dabei jedoch
auf die Bezüge zur Biodiversitätskonvention und Klimarahmenkonvention zu achten sowie das in
enger Abstimmung mit den ersten Erfahrungen der Wüstenkonvention voranzubringen.
Unterstützt durch eine große Zahl von Fachleuten und Organisationen erarbeiteten wir mit finanzieller
Förderung der Schweisfurth-Stiftung, München, und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück, den weltweit ersten Vorschlag für ein derartiges Abkommen (TUTZINGER PROJEKT
“ÖKOLOGIE DER ZEIT” 1998). Parallel zu dessen Verbreitung wurde dieser Vorschlag ins Englische, Französische und Spanische übesetzt. Weitere Übersetzungen sind in Vorbereitung (arabisch,
italienisch, polnisch).
3
Ausrichtung des Vorschlags
Üblicherweise steht die Nutzung der Böden für die Ernährungssicherung, Standortfunktion etc. im
Vordergrund. Böden sind jedoch - wie ausgeführt - weit darüber hinaus von grundlegender Bedeutung
als Ökosysteme und für die ökologischen Regelmechanismen, deren Funktionieren wiederum indirekt
die Voraussetzung für das Wirtschaften darstellen. Deshalb zielt der Vorschlag auf einen nachhaltigen
Umgang mit Böden zum Schutz und zur Förderung aller Bodenfunktionen. Über die typischerweise im
Mittelpunkt stehenden unterschiedlichen Nutzungsfunktionen sind hinausgehend die Lebensraum-, die
Regelungs- sowie die Kulturfunktion ebenso zu berücksichtigen (siehe Auszüge im Kasten 1).
Kasten 1
“Präambel
Die Vertragsparteien [...] in Anbetracht dessen, daß die Maßnahmen zur Erreichung eines nachhaltigen Umgangs mit Böden und der Erhaltung aller Bodenfunktionen je nach Art der sehr verschiedenen Böden, der Klimaeinflüsse und der Bewirtschaftungsformen sehr unterschiedlich sind, [...]
Artikel 2 Ziele
(1) Ziel dieses Übereinkommens ist der nachhaltige Umgang mit allen Arten von Böden durch alle
Staaten der Erde zur Erhaltung aller Bodenfunktionen. Zu diesem Zwecke sind die je nach Klima,
Bewirtschaftungsformen, Art und Alter der Böden etc. unterschiedlichen Bodendegradationen so weit
abzubremsen, daß eine Balance mit den Bodenbildungsprozessen erreicht wird. Die Bewirtschaftungsformen sollen standortgerecht die Bodenfruchtbarkeit erhalten und fördern, um die Nahrungsmittelerzeugung zu gewährleisten und nachwachsende Rohstoffe zu liefern. Die Beachtung der anderen Bodenfunktionen ist von gleich hoher Bedeutung. Besonderes Augenmerk ist auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt in den Böden zu richten.”
In der Agenda 21 spielt der “Stakeholder-Ansatz” entsprechend der Grundausrichtung der nachhaltigen Entwicklung eine wichtige Rolle. Alle Akteure sollen einbezogen werden. Dennoch dominiert in
den bestehenden UN-Konventionen typischerweise eine verengte Sicht, die Erfahrungswissen nicht
vergleichbar wissenschaftlich-technischen Erkenntnissen einbezieht. Demgegenüber wird in der UNKonvention zur Wüstenbekämpfung zum ersten mal ein integrierter Ansatz verfolgt, in dem traditionelles und lokales Erfahrungswissen kombiniert mit einer wissenschaftliche und technologische Erkenntnisse nutzenden Strategie angewandt wird. In Aufnahme dieser Ausrichtung - und damit dem
Geist der Agenda 21 folgend - wird im Vorschlag für eine umfassende Bodenkonvention der Stakeholder-Ansatz in den Mittelpunkt gestellt (siehe Auszüge Kasten 2).
Wie ausgeführt, wurde in der Diskussion der Tutzinger Tagung zur Erarbeitung eines Konventionsvorschlags empfohlen, die Bezüge zu den anderen großen issues klar herauszuarbeiten. Dementsprechend wurden sowohl Bezüge zum Klimawandel als auch insbesondere zur biologischen Vielfalt
durchgängig in den Text eingearbeitet. Entsprechend der Struktur von UN-Konventionen wurden in
weiteren Artikeln Begriffsbestimmungen, Grundsätze, Verpflichtungen, Bildung, finanzielle Mittel
und Finanzierungsmechanismus sowie eine größere Zahl von Artikeln zu den organisatorischen Fragen formuliert.
Kasten 2
“Artikel 5 Stakeholder-Ansatz
Bei der Erfüllung ihrer Verpflichtung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a werden die Vertragsparteien
a) die Interessen aller Akteure der unterschiedlichen Ebenen beachten, wobei insbesondere lokale und
regionale Akteure mit einbezogen werden;
b) in ihren nationalen Bodenprogrammen die Maßnahmen anführen, die der Einbeziehung aller Akteure in den Prozeß des nachhaltigen Umgangs mit Böden und ihrer aktiven Beteiligung dienen;
c) bei internationalen Programmen sowie multi- und bilateralen Hilfsprogrammen auf die Einbeziehung aller Stakeholder, insbesondere der Gemeinden, lokalen Gruppen und Landnutzer, hinwirken.”
4
Verbreitung und Diskussion des Vorschlags
Der Tutzinger Vorschlag für eine Bodenkonvention ist kein fertiges Endprodukt. Vielmehr ist er ein
Ausgangspunkt, die Debatte über den international erforderlichen Rahmen für einen nachhaltigen
Umgang mit Böden anzustoßen und voranzubringen. Am Ende eines langen Prozesses steht dann hoffentlich die Verabschiedung der Bodenkonvention, die den Rahmen für eine Umorientierung in Richtung des nachhaltigen Umgangs mit Böden in allen Staaten, Regionen und lokalen Standorten gibt.
Die Debatte über diesen Vorschlag ist weltweit in Gang gekommen. Voraussetzung hierfür war es, den
Text in Form und Stil bestehender UN-Konventionen zu formulieren. Die rasche Vorlage in vier Sprachen hatte ebenfalls maßgeblichen Anteil daran, daß der Vorschlag zwischenzeitlich von einer großen
Zahl von Fachleuten, NGOs, Verbänden, staatlichen Stellen und internationalen Zusammenschlüssen
unterschiedlichster Art aufgegriffen und verbreitet wird. Beispielsweise übernahm die bereits vorher
bestehende “Bodenkampagne” der in Paris angesiedelten Charles Léopold Mayer Stiftung aktiv diesen
Vorschlag. Viele weitere Unterstützer tragen das Ihre mit zur Verbreitung und Diskussion bei.
In der Dokumentation der mit dem SZ-Forum der Süddeutschen Zeitung und der SchweisfurthStiftung durchgeführten zweiten internationalen Tutzinger Bodentagung findet sich eine Übersicht
über wichtige Diskussionspunkte (HABER et al. 1999). Einige seien stichwortartig angedeutet:
• nachhaltige Nutzung von Böden versus nachhaltiges Landmanagement;
• Plädoyer für stärkere Konkretisierungen im Konventionstext vs. Plädoyer dafür, diese in der Debatte zu sammeln und nach Verabschiedung einer Konvention in Protokollen zu formulieren;
• Teil dieser übergreifenden Debatte ist, inwieweit spezifische Landnutzungsformen, etwa zum ökologischen Landbau, ausdrücklich in einem eigenen Artikel aufgenommen werden sollte;
• vergleichbar Diskussion dazu, ob gesonderter Artikel zur Frage der Eigentumsrechte an Böden
formuliert und aufgenommen werden sollte;
• einige Vorschläge gehen dahin, bestimmte Bodennutzungsarten noch ausführlicher in gesonderten
Artikeln zu behandeln;
• die Hervorhebung des Stakeholder-Ansatzes wird weitgehend begrüßt; zum Teil gibt es darüberhinausgehende Forderungen, diesen noch stärker auszuformulieren;
• ebenso sollte der bereits enthaltene integrierte Ansatz noch klarer formuliert werden, um den Zusammenhang der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Belange noch stärker auszuarbeiten;
• der im Konventionsvorschlag vom WBGU übernommene “Syndrom-Ansatz” wurde ebenfalls intensiv diskutiert; der Vorschlag geht dahin, diesen als einen der wichtigen Ansätze beizubehalten,
jedoch nicht wie bisher als vorrangigen Forschungszugang hervorzuheben.
In Fachzeitschriften, Gremien sowie im Internet (www.soil-convention.org) werden darüberhinausgehend weitere wichtige Punkte diskutiert. Im politischen Raum spielen neben den inhaltlichen Fragen
insbes. die Interessenseinschätzung relevanter Akteure sowie die Durchsetzungsmöglichkeiten eine
gewichtige Rolle. Andere Diskussionen knüpfen an der UN-Wüstenkonvention an. Diese ist ein wichtiger erster Schritt in Richtung eines nachhaltigen Umgangs mit Böden und zur Stärkung des Bodenbewußtseins. Dieser Konvention sollte deshalb in der Öffentlichkeit ein deutlich stärkeres Gewicht
zugemessen werden. Da das Sekretariat dieser Konvention seit dem 1. Januar 1999 in Bonn angesiedelt ist, können die Bundesregierung und die Bundesländer dafür in besonderem Maße unterstützend
wirken. Zugleich können die mit dieser Konvention gesammelten Erfahrungen in den auf mittlere
Sicht angelegten Prozeß eingehen, zu einer umfassenden Bodenkonvention zu kommen.
Bis zur Verabschiedung und Umsetzung einer international verbindlichen Bodenkonvention ist es ein
weiter Weg. Die Tutzinger Initiative für eine Bodenkonvention (TISC) ist ein Kristallisationskern für
die Debatte. Diese Debatte fördert das Verständnis für die Tragweite der Bodendegradation und damit
das Bodenbewußtsein. Dies ist ein Beitrag zum Ziel, zu einem nachhaltigen Umgang mit Böden zu
kommen. Die noch immer vorherrschende Art des Umgangs mit Böden ist im wahren Wortsinn unkultiviert. Ein Verständnis für die Wurzeln und die Voraussetzungen unserer Kultur und dessen Umsetzung für einen zukunftsfähigen Wirtschafts- und Lebensstil sind dringlich.
5
Literatur
HABER, W. et al. (Hg.) (1999): Nachhaltiger Umgang mit Böden - Initiative für eine internationale
Bodenkonvention.- Reihe SZ-Forum. Süddeutscher Zeitungsverlag, München.
HURNI, H. et al. (1996): Precious Earth. From Soil and Water Conservation to Sustainable Land Management.- International Soil Conservation Organization (ISCO), Bern.
KÜMMERER, K. et al. (1997): Bodenlos. Zum nachhaltigen Umgang mit Böden.- Politische Ökologie, Sonderheft 10. Ökom, München.
TUTZINGER PROJEKT “ÖKOLOGIE DER ZEIT” (1998): Böden als Lebensgrundlage erhalten.
Vorschlag für ein “Übereinkommen zum nachhaltigen Umgang mit Böden” (Bodenkonvention). 2.
Auflage französisch, englisch, spanisch, deutsch. Ökom, München.
WBGU (1994): Welt im Wandel. Die Gefährdung der Böden. Jahresgutachten 1994.- Economica,
Bonn.
Altlasten Habartice und Jindřichov - Beispiel einer höchst ungünstigen geologischen Lokalisierung der Altlasten.
J.Babůrek, J.Burda
Český geologický ústav, Klárov 3, 118 21 Praha 1, Tschechien
e-mail: [email protected]
Abstract: The vastes are positioned in crystalline rocks, in the infiltration zone of the Ramzová thrust, a regionally important hydrogeological structure. This tectonic structure belongs to the
fracture- and carst-fracture water systems with an active water circulation not only in the nearsurface zone but also in the deeper fracture system of the tectonically influenced crystalline rocks.
Zusammenfassung: Die Altlastn befinden sich im Kristallin, in dem Infiltrationsgebiet der regional
bedeutenden hydrogeologischen Struktur, der Ramzová-Überschiebung. Diese tektonische Struktur hat
Eigenschaften eines Kluft- und Karstkluftwassersystems mit aktiver Wasserströmung, nicht nur in der
oberflächennahen Zone, sondern auch in den tiefer gesetzten Kluftzonen des tektonisch beanspruchten
Kristallins.
Keywords: vastes, tectonics, marbles, danger for subsurface waters
Schlagworte: Altlasten, kristalline Kalksteine, Gefahr für Grundwasser
1 Einleitung
Die Altlasten Habartice und Jindřichov befinden sich in Nordmähren, im Gebiet von Hrubý Jeseník
(Altvatergebirge), ungefähr zwischen den Städten Jeseník (Freiwaldau) und Králíky (Grulich). Die
Altlast Habartice liegt in 625 m über Meeresniveau, die Altlast Jindřichov 450 m ü. M.
3
Habartice: Die Altlast hat ein Abfallvolumen von 40 000 m , ist 190 m lang, 40 m breit und 8 m hoch.
Inhalte sind überwiegend Abfälle aus der Papierindustrie, im kleineren Ausmaß geht es auch um
Textil- und Komunalabfälle (Schlamm, Schlacke, Textilabfall, Stroh, Jauche, ...). Die Menge und
Zusammensetzung des Materiales war nicht durchläufend evidiert, die Altlast war als ungeregelt
betrieben und man kann nicht ausschließen, daß sie auch aus Material vom unterschiedlichen
Charakter besteht.
Jindřichov: Die Altlast befindet sich im Alluvium des Flußes Branná, und besteht überwiegend aus
Schlacke. Diese beinhaltet Lagen mit erhöhter Konzentration von den organischen Pollutanten NEL
(unpolare extrahierbare Stoffe = Erdölstoffe), AOX (organisch oxidierbare Hallogene), PAU (polyaromatische Kohlenstoffe). Gegenwärtig wird eine Sanierung durch Redeponierung auf eine entsprechende Altlast durchgeführt, im kleineren Ausmaß wird „Venting“ an Ort und Stelle betrieben.
2 Tektonische Skizze des Böhmischen Massives (Mísaø 1983) (a) und der weiteren Umgebung
der Altlastn Habartice und Jindřichov (b) (Opletal 1997, 1999)
a)
1 - Mährisch-Schlesisches Gebiet; 2 - Erzgebirge-Gebiet; 3 - Lugikum; 4 - Bohemikum; 5 Hlinsko-Zone von Bohemikum; 6 - Kutná Hora-Svratka-Gebiet; 7 - Moldanubikum; 8 - MährischSchlesische Bruchzone; 9 - südlicher Rand von Lugikum; 10 - wichtige Störungen wichtig für regionalgeologische Gebietsgliederung; 11 - Grenze der regionalgeologischen Gebiete
b)
1 - Sedimente der Oberkreide; 2 - Vrbno-Gruppe (Devon); 3 - oberer Teil der Branná-Gruppe;
4 - unterer Teil der Branná-Gruppe; 5 - Granitoide; 6 - ultrabasische Gesteine; 7 - Orthogneise des
Kernes des Orlice-Sněžník Gewölbes; 8 - Stroňa-Gruppe; 9 - Zábřeh-Gruppe; 10 - Nové MěstoGruppe; 11 - Staré Město-Gruppe; 12 - Kernteil der Deckengruppe „Vysoká hůl“ („Desná-Gewölbe“);
13 - Kernteil der Keprník-Decke („Keprník-Gewölbe“); 14 - geologische Grenze; 15 - Brüche, Störungen; 16 - Überschiebungsstörungen ungegliedert; A - Ramzová-Überschiebung; B - Bušín-Bruch;
C - Králíky-Graben, südlicher Teil des Kladská-Grabens; H - Altlast Habartice; J - Altlast Jindřichov
3
Geologische und hydrogeologische Verhältnisse
Begründet von der Kombinierung der geographischen, klimatischen und geologischen Faktoren, kann
man die weitere Umgebung beider Altlasten zu Gebieten mit dem höchsten, dauerhaften spezifischen
Grundwasserabfluß (das heißt zu Gebieten mit der größten Grundwasserbildung) im Rahmen der
ganzen Tschechischen Republik eingliedern, welcher 10 l.s-1.km-2 weit überschreitet. Der langzeitige
Koeffizient des Grundwasserabflusses (Anteil des Grundwasserabflusses und der Niederschläge)
erreicht gleichfalls extrem hohe Werte über 20 % (Krásný et al. 1981).
Auch aus hydrographischer Sicht spielt das Gebiet eine wichtige Rolle, weil es in der Nähe der wasserwirtschaftlich wichtigen Flüsse Branná und Krupá liegt. Das Gebiet des sog. Habartice-Rückens ist
Quellengebiet der Branná-Zuflüsse, welche durch Aufschlüsse der kristallinen Kalksteine fliessen
und somit Wege für das Eindringen der Kontaminante in das hydrogeologische Pseudokarstmilieu der
kristallinen Kalksteinen der Branná-Gruppe werden können. Besonders gefährlich ist diese Tatsache
im Falle des Pleč-Baches, der unmittelbar unter dem Altlastenkörper quellt und durch die Pleč-Bruch
fließt, ein tektonisch prädisponiertes Tal einige Hundert Meter über den Aufschlüssen der kristallinen Kalksteine.
Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des weiteren Gebietes unterstreichen auch die Schutzgebiete zur
natürlichen Wasserakkumulation (CHOPAV) Žamberk - Králíky und Jeseníky (Altvatergebirge), auf
deren Territorium beide Altlasten liegen. Die Altlast Habartice liegt zusätzlich inmitten der Zone des
hygienischen Quellenschutzes der II. Ordnung in Habartice und in der Mitte der Fläche des Schutzgebietes der natürlichen Heilquellen Velké Losiny der III. Ordnung.
Die weitere Umgebung der Altlasten ist Bestandteil der regional bedeutenden hydrogeologischen
Struktur der Ramzová-Überschiebung, welche von Vápenná im Norden zu Olšany im Süden durchläuft. Das Gebiet umfaßt ein großflächiges Infiltrationsgebiet des südlichen Teiles der hydrogeologischen Struktur der Ramzová-Überschiebung. Dessen hydrogeologische Verhältnisse müssen im Rahmen des ganzen Verlaufes des südlichen Strukturteiles zwischen dem Ramzová-Sattel im Norden und
Abbildung
1
a,
b
der Kreuzung der eigentlichen Struktur der Ramzová-Überschiebung mit dem Bušín-Bruch bei den
Ortschaften Olšany und Ruda nad Moravou im Süden ausgewertet werden. (Řezníček et al. 1990).
Die hydrogeologische Struktur der Ramzová-Überschiebung im Raum Hanušovice - Branná - Staré
Město pod Sněžníkem wird vom hydrogeologischen Massiv von sowohl bunter geologischen
Zusammensetzung, als auch von einer anomalen tekonischen Exponierung in der Berührungszone
der Mährisch-Schlesischen Einheit und der Einheit Lugikum gebildet. Diese Struktur hat
Eigenschaften des verfalteten Kluftwassersystems mit aktiver Grundwasserströmung sowohl in der
oberflächennahen Zone der Gesteinszerklüftung, als auch in den tieferen Kluftpartien des
Kristallins. In diesem beschriebenen Gebiet treten häufig Karstkluftwasserleiter in den kristallinen
Kalksteinen der Branná-Gruppe auf(Čurda 1998).
Der Altlastenkörper Habartice füllt den oberen Teil des tektonisch prädisponierten Tales aus. Er befindet sich im Infiltrationsgebiet der regional bedeutenden hydrogeologischen Struktur der RamzováÜberschiebung, auf der Kreuzung der Ramzová-Überschiebung mit dem Rudkov-Querbruch und dem
nordöstlich liegenden Pleč-Bruch (Opletal et al. 1996).
Die Altlast Jindřichov befindet sich auch im Infiltrationsgebiet der regional bedeutenden
hydrogeologischen Struktur der Ramzová-Überschiebung nahe der Kreuzung der RamzováÜberschiebung mit dem Pleč-Querbruch. Der eigentliche Altlastenkörper Jindřichov befindet sich im
hydrogeologischen Milieu eines Porengrundwasserleiters der fluvialen Quartärsedimente der BrannáGruppe, die teilweise Lagen der kristallinen Kalksteine überdecken. Diese Strukturen können deswegen Wege für ein Eindringen von Kontaminanten in den hydrogeologischen Karstkluftwasserleiter
sein. Besonders alarmierend ist diese Tatsache im Falle der nord-süd-streichenden Kalksteinlinsen, die
die regionale Drainage des hydrogeologischen Massives von der Altlast Jindřichov in Richtung Süden,
zu dem Pleč-Kluftsystem lenken können.
Die tektonische Gesteinszerstörung nimmt an der Gesteinsdurchlässigkeit auf eine besonders wichtige Weise teil. Vor allem geht es um die Störungssysteme, welche die Brüche der sudetischen Richtung
NW-SO begleiten (z.B. Petříkov- und Klepáčov-Bruch), welche eine wichtige Drainagewirkung auf
die Körper der kavernenreichen kristallinen Kalksteine aufweisen und um die Brüche der W-O
Richtung, wo z.B. der Rudkov-Bruch unmittelbar unter dem Altlastenkörper von Habartice durchläuft.
Dieser Bruch äussert sich durch Verfeuchtung des südlichen Altlastenteiles. In der JindřichovUmgebung kommt es oft zu der Kombination der oben erwähnten Richtungen, eventuell kommt es zu
der Bruchbiegung in die NNW-SSO Richtung (Pleč-Bruch).
Hydrogeologisch bedeutend sind auch einige Überschiebungszonen der 1. und 2. Ordnung - Nýznerov-Überschiebung und vor allem die eigentliche Ramzová-Überschiebung, die einen ausgeprägten,
von Mylonitisierung und Zertrümmung begleiteten Bruch darstellt. Die Ramzová-Überschiebung hat
ein steiles Einfallen von 60-80° und schneidet schräg Gesteinslagen der Staré Město-Gruppe durch.
Auf den offenen Querbrüchen kommt es oft zum Einsickern der oberflächlichen Wässer in das Gestein
(Pseudokarsttiefgänge). Alle diese Eigenschaften der Ramzová-Überschiebung vergrössern ihre hydrogeologische Bedeutung.
Die wichtigste Entwässerungsweise der hydrogeologischen Struktur der Ramzová-Überschiebung
verwirklicht sich durch tiefere Zonen des hydrogeologischen Massives in den Tiefen von 50 und mehr
Meter. Ein Beispiel des tief eingelegten Transfers der Grundwässer stellt die ganze Branná-Gruppe
längs der Zone der Ramzová-Überschiebung dar, deren regionale Entwässerung bis im Morava-Tal
bei Olšany und Ruda nad Moravou nachzuweisen ist.
Längs der Störungen wird die Branná-Gruppe in einzelne Schollen zerschlagen. Das PlečStörungssystem ist der bedeutendste Querbruch. Auf dieser Störung mit einer Reichweite von bis zu
1000 m ist eine Struktur von thermalen Schwefelwässern eingelegt, welche in Velké Losiny quellen
(Řezníček - Kuklová 1992). Die Kreuzung des Pleč-Störungssystems mit der Ramzová-Überschiebung
befindet sich etwa 2 km NNW von der Altlast Jindřichov. Die bedeutenderen Störungssysteme der OW-Richtung in der Branná-Gruppe spielen häufig eine Drainage-Rolle, verursacht durch die Anwesenheit der kristallinen Kalksteine mit den darin entwickelten Kavernen.
Im Vergleich zu dem hydrogeologisch monotonen Massiv der Glimmerschiefer, Gneise und
Amphibolite der Staré Město-Gruppe und der Metagranite und Mylonite der Keprník-Gruppe, können
in der Branná-Gruppe, längs der Ramzová-Überschiebung, wo karbonatische Gesteine vorkommen,
wesentlich günstigere Bedingungen für die Vorratbildung und die regionale Strömung der Grundwässer dokumentiert werden. Eine entscheidende Bedeutung für den Umfang und Stufe der Karsterscheinungsentwicklung längs der Zone der Ramzová-Überschiebung hat die Stufe der tektonischen Zerstörung, namentlich die Quertektonik und vor allem der Verlauf der Pleč- und Rudkov-Brüche. Die kristallinen Kalksteine und andere bunte Einlagerungen (Quartzite, Porphyroide) in der monotonen
Schichtfolge der Branná-Gruppe, bilden vor allem zwischen der Altlast Habartice im Norden und
Hanušovice im Süden kontinuierliche Streifen in der NNO-SSW Richtung, welche durch die jüngere
Quertektonik von der Richtung NW-SO gestört sind. Die kristallinen Kalksteine (Mächtigkeiten von
10 - 15 m) sind oft stark zerklüftet, was die chemische Verwitterung und neue Kavernenbildung unterstützt. Südlich von Habartice kommt parallel mit der Ramzová-Überschiebung eine Lage der spröden
graphitischen Quartzite mit den mylonitischen Texturen vor. Es wird in diesen Lagen gleichfalls ein
offenes stark durchlässiges Kluftgrundwassersystem gebildet.
Die Filtrationseigenschaften der meisten Gesteine (Phyllite, Granodiorite, Glimmerschiefer) sowohl
der monotonen Schichtfolge der Branná-Gruppe, als auch der westlich liegenden Staré Město-Gruppe,
sind im Gebiet vom Interesse aus wasserwirtschaftlicher Sicht sehr unbedeutend mit einer niedrigen
bis sehr niedrigen Transmissivität (10-5 bis 10-6 m2/s). Im Gegenteil dazu haben die Kalksteinkörper
mittelhohe bis hohe (10-4 bis 10-2 m2/s) Transmissivtät und erfüllen damit die Voraussetzung für eine
überregionale wasserwirtschaftliche Bedeutung (Čurda 1998).
4 Heutiger Zustand, Gefahr, Sanation
Habartice:
Die Altlast ist teilweise von Schlacke und Erdmasse bedeckt und von Vegetation bewachsen. Die
zerstörte Umzäunung führt zur unkontrollierten Abfall-Ablagerung aller Art, welche in Hauptwindrichtung bis in die weitere Umgebung der Altlast getragen werden. Drei Systeme der MonitoringBohrungen sind meistens nicht beschädigt und können deswegen für ein Altlasten-Monitoring eingesetzt werden.
Auf der Lokalität wurden Grundwasserkontaminationen (vor allem NEL, PCB) nachgewiesen, die
man in einen direkten Zusammenhang mit der Altlast stellen kann. Auf der Basis der Resultate von
Auslaugungsanalysen, kann die Altlast auch ein Kontaminationsrisiko in Bezug zu anderen Pollutanten (z.B. Vanadium, Arsen, Mangan, Phosphate, Nitrite, ...) darstellen. Die Altlast befindet sich in den
wasserwirtschaftlich und balneologisch geschützten Gebieten.
Es existiert die Möglichkeit der Grundwasserkontamination in den Quellen des Dorfes Habartice. Die
Altlast liegt in den kristallinen Kalksteinen des oberen Teiles der Branná-Gruppe im Infiltrationsgebiet
der regional bedeutenden hydrogeologischen Struktur der Ramzová-Überschiebung, unmittelbar auf
der Kreuzung der Ramzová-Überschiebung mit den Pleč- und Rudkov-Querbrüchen, also von der
Hinsicht des potentialen Kontaminanteneindringens in das Gesteinsmilieu, in einem der am meisten
gefährdeten Orte der ganzen Struktur.
Ohne Rücksicht auf die schon existierenden Monitoring-Systeme, die höchstens nur rückwärts
potentiale Kontaminanteneindringen von der Altlast in das Gesteinsmilieu belegen können, ist es
notwendig das ganze Altlastenmaterial zu entfernen und nachfoolgend Rekultivierungsmaßnahmen zu
verwirklichen.
Jindřichov:
Der Altlastenkörper in Jindřichov befindet sich in dem wasserwirtschaftlich und balneologisch werten
Gebiet - im unmittelbaren Hangenden der kristallinen Kalksteine des oberen Teiles der BrannáGruppe, im Infiltrationsgebiet der regional bedeutenden hydrogeologischen Struktur der RamzováÜberschiebung nahe der Kreuzung der Ramzová-Überschiebung mit dem Pleč-Querbruch. Aus
regional geologischer und hydrogeologischer Sicht ist dieses Gebiet am stärksten durch das potentielle
Eindringen von Kontaminanten in das Gesteinsmilieu gefährdet.
Die Altlast liegt über den Quartärsedimenten im Branná-Flußtal. Während Hochwasserereignissen
kann sie überschwemmt werden und es droht ein Kontaminationsverbreitung in Richtung Tal. Bei dem
gegenwärtigen Zustand der Abförderung des Altlastenmateriales können darüber hinaus noch aktuelle
Risiken mit der Schneeschmelze und der erhöhten Branná-Fluß- und Staříč-Zufluß-Ebene drohen. Das
alles beweist die Unerläßlichkeit der Sanierungsaktivitäten.
5 Literatur
ČURDA J. (1998): Hydrogeologické poměry ramzovského nasunutí mezi Habarticemi a Olšany. –
Zpr. Geol. Výzk. 1997, 134-137. Praha.
KRÁSNÝ J. et al. (1981): Mapa odtoku podzemní vody ČSSR 1:1 000 000. - Čes. hydrometeorolog.
Úst. Praha.
MÍSAŘ Z. et al. (1983): Geologie ČSSR I., Český masív. - 336 p., SPN, Praha.
OPLETAL M. et al. (1996): Strukturně-geologický výzkum - Habartický hřbet - identifikace
vsakových ploch. - MS Čes. geol. ústav. Jeseník.
OPLETAL M. in MULLER V. edit. (1997): Vysvětlivky k souboru geologických a účelových map
přírodních zdrojů v měřítku 1 : 50 000. List 14-23 Králíky.- Čes. Geol. Úst. 8-14. Praha.
OPLETAL M. in MULLER V. edit. (1999): Vysvětlivky k souboru geologických a účelových map
přírodních zdrojů v měřítku 1 : 50 000. List 14-41 Šumperk.- Čes. Geol. Úst. 8-18. Praha.
ŘEZNÍČEK V. et al. (1990): Ramzovské nasunutí - krystalinikum. Regionální hydrogeologický
průzkum. - MS Geotest. Brno.
ŘEZNÍČEK V., KUKLOVÁ K. (1992) : Závěrečná zpráva Jindřichov – kontaminace, dílčí zpráva
OLPA – kontaminace. – MS AquaMinera. Brno.
Demonstration des Grundwasserschutzes bei Altablagerungen –
Beispiel Deponie Heinersgrund/Bayreuth
Barth, C.¹, M., Brühl², S. Wohnlich¹
¹Institut für Allg. und Angew. Geologie, Ludwigs-Maximilians-Universität, Luisenstr. 37,
80333 München
[email protected]
²BEN Ingenieurgesellschaft bR, Jean-Paul-Str. 26 a, 95444 Bayreuth
Abstract: The capillary barrier is an economical alternative to conventional surface sealing for landfills and waste dumps. Two experimental fields of an area of about 2000 m² each have been constructed at the sanitary landfill of the city of Bayreuth under on site conditions. The function of the
capillary barrier system is evaluated in order to prove the long term effectivity of the cover system.
Zusammenfassung: Die Kapillarsperre stellt eine kostengünstige Alternative zu herkömmlichen
Oberflächenabdichtungen für Deponien und Altlasten dar. Auf der Hausmülldeponie der Stadt Bayreuth wurden unter baupraktischen Bedingungen zwei je ca. 2000 m² große Versuchsfelder mit Kapillarsperrenaufbau angelegt. Durch Langzeitbeobachtung dieser Felder soll die Funktionalität des Kapillarsperrensystems in der Deponiepraxis nachgewiesen werden.
Keywords: surface sealing, capillary barrier, protection, waste deposits, seapage water
Schlagworte: Oberflächenabdichtung, Kapillarsperre, Sicherung, Deponien, Sickerwasser
1
Einleitung
Die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen zeigen, daß Kapillarsperren zur Sicherung von Deponien
und Altlasten, insbesondere bei ungünstigen Geländeverhältnissen, eine kostengünstige Alternative zu
der von der TA-Si vorgeschriebenen Oberflächenabdichtung darstellen (v. d. HUDE & MÖCKEL 1997,
JELINEK 1993, JELINEK & v. d. HUDE 1994, KRAJEWSKI & WOHNLICH 1999, WOHNLICH 1991, ZISCHAK 1997). Bisher gibt es aber nur wenige bautechnische Erfahrungen in der praxisgerechten Herstellung eines Kapillarsperrenabdeckungssystems, die sich vor allem auf Sonderlösungen beziehen.
Mit dem Entwicklungsprojekt werden deshalb für zukünftige Baumaßnahmen die optimalen Arbeitsvorgänge und die Anforderungen an die Qualitätskontrollen festgelegt. Nachdem die Baumaßnahme
im Juli 1999 abgeschlossen wurde, folgt nun eine großmaßstäbliche Untersuchung über die Langzeitsicherheit des Kapillarsperrensystems. Gegenstand der geplanten Untersuchungen an den Versuchsfeldern ist vor allem die Dichtwirkung des Gesamtsystems unter dem Einfluß von Durchdringungen (Sickerschächte und Gasbrunnen), Deponieverformungen (hydraulische Schwachstellen in lokalen Setzungsmulden) und Bioturbationen (Makroporenabflüsse in Wurzel-, Wühl- und Grabgängen), sowie
hinsichtlich der Gassperrenwirkung.
Die Hausmülldeponie von Bayreuth liegt in Heinersgrund in der Nähe der Ortschaft Ramsenthal nördlich der Stadt. Dort wurden seit 1965 Abfälle eingelagert. Mittlerweile ist die Deponie auf ein Volumen von 1 000 000 m³ angewachsen und bedeckt eine Fläche von 130 000 m². Da der größte Teil der
städtischen Abfälle jetzt in Schwandorf verbrannt wird, werden auf der Deponie nur noch kleine Mengen abgelagert. Deshalb soll die Deponie in einigen Jahren mit einer Oberflächenabdichtung versehen
werden. Der Deponiebetreiber, die Stadt Bayreuth, interessiert sich für eine Kapillarsperre als Oberflächenabdichtungssystem, da diese eine hohe Kostenersparnis gegenüber herkömmlichen Abdichtungen
erlaubt. Zum Beweis der funktionellen Gleichwertigkeit der Kapillarsperre mit einer konventionellen
Abdichtung nach TA-Si wurden zwei Versuchsfelder mit integrierten Großlysimetern gebaut. Die
Planung des Projektes erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen der Stadt Bayreuth und den Autoren.
2
Funktionsprinzip der Kapillarsperre
Die Kapillarsperre besteht aus zwei Schichten, der grobkörnigen Kapillarbruchschicht (KBS) und der
darüberliegenden feinkörnigen Kapillarschicht (KS) (Abbildung 1). Geeignete Materialien werden
nach vorhandenen Kriterien ausgewählt (BAUER & WOHNLICH 1998). Eine typische Kombination ist
z.B. eine Kapillarbruchschicht aus Feinkies und eine Kapillarschicht aus Mittelsand. Voraussetzung
für die Funktion des Systems ist, daß beide Schichten geneigt sind. Die Untergrenze für den sinnvollen
Einsatz der Kapillarsperre liegt bei einer Hangneigung von etwa 10 % (SCHNATMEYER & WAGNER
1996), die Obergrenze ergibt sich aus der Standsicherheit der verwendeten Materialien.
Abbildung 1: Aufbau eines Kapillarsperrensystems.
Die Kapillarsperre erfüllt ihre Funktion nur bei ungesättigten hydraulischen Verhältnissen. Das heißt,
daß nicht alle Poren des Systems vollständig mit Wasser gefüllt sind. Aufgrund der Oberflächenspannung des Wassers stellt sich unter ungesättigten Bedingungen ein negatives hydraulisches Potential,
die Saugspannung, ein. Während die grobkörnige Kapillarbruchschicht mit ihren relativ großen Poren
schon bei geringen Saugspannungen nur noch geringe Wassergehalte aufweist, haben die kleinen Poren der feinkörnigen Kapillarschicht aufgrund der Kapillarwirkung des Wassers noch relativ hohe
Wassergehalte (vergleichbar mit einem nassen Schwamm). Während nun in der Kapillarbruchschicht
nur noch ein wenig mobiler Wasserfilm um die Körner haftet, kann das Wasser in den noch gut gefüllten Poren der Kapillarschicht oberhalb der geneigten Grenzfläche zur Kapillarbruchschicht der
Schwerkraft folgend hangabwärts fließen. Es wird dann in einer Drainage gesammelt, abgeführt und
somit vom Deponiekörper ferngehalten. Das Sickerwasseraufkommen im Deponiekörper wird dadurch
dauerhaft stark verringert. Die Gefahr von Schadstoffaustragungen aus der Deponie wird ebenso reduziert wie die kostenintensive Entsorgung des Deponiesickerwassers.
3
Aufbau der Testfelder
Tabelle 1: Abmessungen der Versuchsfelder und der Lysimeter.
Neigung
Länge
Breite
Gesamtfläche
Großlysimeter
Wurzelboden
Wasserhaushaltsschicht
Geotextil
Kapillarschicht
Geotextil
Kapillarbruchschicht
PE-HD Dichtungsbahn
ca. 0,05 m
1,5 m
0,005 m
0,5 m
0,005 m
0,3 m
0,0025 m
Versuchsfeld 1
Versuchsfeld 2
10 %
50 m
40 m
2000 m²
30 m x 20 m
26 %
46 m
40 m
1840 m²
30 m x 20 m
Klärschlammkompost
Aushubmaterial
100 % der Gesamtfläche
Sand 0/4 mm
100 % der Gesamtfläche
Sand/Kies 1/32 mm
unter Großlysimeter
Die beiden Testfelder besitzen je eine Fläche von etwa 2000 m². In jedes ist ein Großlysimeter mit
20 m Breite und 30 m Hanglänge integriert. Die Lysimeter zeichnen sich durch eine Abdichtung aus
Kunstoffdichtungsbahn unterhalb der Kapillarbruchschicht und seitlich zum umgebenden Versuchsfeld aus, die eine vollständige Erfassung der Wasserbilanz ermöglicht (Abbildung 4).
Auf der bestehenden Deponieoberfläche wurde zunächst ein Planum hergestellt. Im Bereich der Großlysimeter wurde eine ca. 20 cm starke Sandschicht als Auflager für die Kunststoffdichtungsbahn
(KDB) eingebaut. Um die KDB ausreichend gegen Beschädigungen durch den Feinkies der Kapillarbruchschicht zu schützen, wurde sie mit einem Geotextil belegt. Die Kapillarbruchschicht (KBS), die
in Bayreuth aus einem doppelt gebrochenen Basaltsplitt besteht, wurde mit einem mit einer Böschungsschaufel bestückten Bagger vor Kopf in die Testfelder eingebracht. Die Schichtstärke betrug
0,30 m. Eine zusätzliche Verdichtung mit einer Walze erwies sich nicht als erforderlich.
Zur Sicherung der für das Funktionieren des Kapillarsperrenprinzips erforderlichen scharfen Schichtgrenze zwischen Kapillarbruchschicht und Kapillarschicht (KS), wurde auf der KBS ein Geotextil als
Trennlage verlegt, um ein Vermischen des Sandes mit dem Splitt der KBS zu verhindern. Der Sand
wurde ebenfalls mit dem Bagger vor Kopf in einer Schichtstärke von 0,50 m eingebracht. Als Trennlage zur über der Sandschicht angeordneten Überdeckung aus Aushubmaterial wurde zur Sicherstellung der Filterstabilität ebenfalls ein Geotextil verlegt.
Die Überdeckung des Kapillarsperrensystems, die auch als Wasserhaushaltsschicht bezeichnet wird,
besteht aus einem 1,50 m starken Kies-Sand-Schluff Mischboden, wie er im Bayreuther Umland bei
Tiefbaumaßnahmen als Aushub anfällt. Besondere bodenmechanische Anforderungen wurden an dieses Material explizit nicht gestellt, um eine zu starke Eingrenzung möglicher Böden zu vermeiden. Die
Aufgabe der Wasserhaushaltsschicht besteht im Grunde darin, die Zuflüsse zum Kapillarsperrensystem zu vergleichmäßigen und somit eine hydraulische Überlastung des System zu verhindern.
Die Lysimeterbereiche wurden mit einer Vielzahl von Drainageeinrichtungen bestückt, um die Wasserbewegungen im System nachvollziehen zu können. In die Lysimeterbasis wurden im Abstand von
ca. 5 m Querdrainagen eingebaut, um im Falle eines hydraulischen Durchbruches diesen lokalisieren
zu können. Der Lysimetertiefpunkt wurde ebenfalls drainiert, um die Summe des in der KBS abfließenden Wassers festzustellen (Abbildung 2).
50.00
Lysimeter
Kontrolldrainagen
Flankendrainage PE-HD, da 200
30.00
5.00
40.00
Meßabflüsse Lysimeter
Meßabfluß Kapillarschicht
Meßcontainer
Abbildung 2: Aufbau eines Versuchsfeldes.
Wichtiges Element eines Kapillarsperrensystems ist die Entnahme des in der KS abfließenden Wassers, bevor es durch Aufkumulierung in Abflußrichtung zur Bildung gesättigter Verhältnisse und damit zu einem Versagen des Systems kommen kann. Zu diesem Zweck wird in der Sandschicht in
Querrichtung zum Hauptgefälle ein Graben ausgeführt, der mit einer Kunststoffdichtungsbahn ausgelegt wird. Im Graben wird ein Drainagerohr verlegt, um das in der KS abfließende Wasser seitlich aus
dem System abzuführen (Abbildung 3).
Drainage DN 200
Oberflächenwasser
Kunststoffdichtungsbahn
PE-HD, D = 2.5 mm
KS
1.00
KBS
Kunststoffdichtungsbahn
PE-HD, D = 2.5 mm
Schutzvlies
Brunnenfilterrohr 5" (DN 125)
Schichtwasserentnahmen
Brunnenfilterrohr 5" (DN 125)
Kapillarschicht Versuchsfeld
Abbildung 3: Tiefpunktausbildung und Schichtwasserentnahme.
Zur Feststellung des Einflusses der Lysimeterflanken, die ebenfalls aus PE-HD Dichtungsbahnen bestehen, auf das Abflußverhalten im Kapillarsperrensystem wurde am Übergang der Lysimeterflanke
zur Lysimeterbasis eine Drainage eingebaut, die an der Flanke abfließendes Wasser ableitet
(Abbildung 4).
Lysimeterbereich
Kantholz 6/8, beidseitig
Montagehilfe / Kantenverstärkung
übriges Versuchsfeld
0,20
Kunststoffdichtungsbahn
PE-HD, D = 2.5 mm
1,50
Wasserhaushaltsschicht
Geotextil
0,50
Kapillarschicht (Feinsand)
0,30
Kapillarbruchschicht (Feinkies)
Ausgleichsschicht / Sandbettung
Feinplanum
Geotextil
PE-HD Rohr, da 200
längsgeteilt
Schutzvlies
Abbildung 4: Seitliche Einbettung des Lysimeters ins Versuchsfeld.
Zur Schließung der Wasserbilanz in den Lysimeterbereichen wird auch das dort abfließende Oberflächenwasser in einem Drainagegraben gesammelt und über eine Rohrleitung den Meßeinrichtungen
zugeführt (Abbildung 3).
4
Untersuchungen an den Versuchsfeldern
Unterhalb der zwei Versuchsfelder befindet sich je ein Meßcontainer. Zur Erstellung einer Wasserbilanz werden Abflüsse aus den Schichtdrainagen in die Container geleitet (Abbildung 2) und dort über
Kippzähler quantitativ und zeitlich aufgelöst erfaßt. Die Aufzeichung der Niederschlagsmengen erfolgt über automatische Unterflurregenmesser. Die Ergebnisse der Abflußmessung werden mit den
Nierderschlagsmengen korreliert. Es soll eine automatische Wetterstation mit zusätzlicher Messung
der aktuellen Verdunstung auf den Versuchsfeldern zum Einsatz kommen. Die Erfassung der bodenhydraulischen Bedingungen erfolgt über mehrere Profile mit Tensiometer- und TDR-Sonden.
Zur Beobachtung der Auswirkungen von Durchdringungen wurden zwei Gasbrunnen und ein Sickerwasserschacht in die Versuchsfelder integriert. Zur Kontrolle der Kapillarsperre an diesen problematischen Stellen wurden unterhalb der Kapillarbruchschicht Kontrolldrainagen eingebaut, die separat zum
Meßcontainer führen. Zur Kontrolle der Setzungserscheinungen im zeitlichen Verlauf der Versuche
werden Nivellements durchgeführt. Die Gassperrenwirkung wird durch regelmäßige FID-Begehungen
geprüft. Zu diesen Problemstellungen werden parallel zum Feldversuch Laboruntersuchungen durchgeführt.
Nach der Auswertung der Meßdaten soll eine Modellierung der Fließvorgänge in der Oberflächenabdichtung erfolgen.
Danksagung
Die Arbeiten zu dieser Veröffentlichung wurden vom Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltschutz im Rahmen des Entwicklungsprojektes E 54 „Nachweis der Wirksamkeit
einer Kapillarsperre als Deponieoberflächenabdichtung“ gefördert. Grundlagen zum Thema wurden
im Rahmen der BayFORREST Forschungsprojekte F54 und F54f erarbeitet.
5
Literatur
BAUER, E. & WOHNLICH, S. (1998): Anwendung von Recycling Materialien in Kapillarsperren für
Oberflächenabdichtungen in Deponien – Auswahlverfahren und Gütekriterien von Baustoffen für
Kapillarsperren am Beispiel von Recyclingmaterialien. – BayFORREST Berichtsheft, 9, 395-404.
v. d. HUDE, N. & MÖCKEL, S. (1997): Bau einer Kapillarsperre im Oberflächenabdichtungssystem der
Deponie Breinermoor. – Müll und Abfall, 11, 681-683.
JELINEK, D. (1993):: Probebau einer Kapillarsperre auf der Deponie „Am Stempel“. – Wasser und
Boden, 45/4, 242-264.
JELINEK, D. & V. D. HUDE, N. (1994): Kapillarsperrensysteme auf der Deponie „Monte Scherbelino“. –
Wasser und Boden, 46/11, 60-65.
KRAJEWSKI, W.W. & WOHNLICH, S. [Hg.] (1999): Die Kapillarsperre – Beiträge zum Stand der Technik. – (im Druck), Heidelberg (Springer).
SCHNATMEYER, C. & WAGNER, F. (1996): Oberflächenabdeckungen für Halden der Eisen- und Stahlindustrie. In Czurda, K. & Stief, K. (Hg.) Oberflächenabdichtung oder Oberflächenabdeckung?
Regelwerke oder alternative Systeme? – Schr. Angew. Geologie Karlsruhe, 45, 2/1-2/17.
WOHNLICH, S. (1991): Kapillarsperren – Versuche und Modellberechnungen. – Schriftenreihe Angewandte Geologie Karlsruhe, 15, 1-127.
ZISCHAK, R. (1997): Alternatives Oberflächenabdichtungssystem „Verstärkte Mineralische Abdichtung mit untenliegender Kapillarsperre“. – Schr. Angew. Geologie Karlsruhe, 47, 1-179.
Funktionen und Gefährdungen der Böden: Bewertung natürlicher
Bodenfunktionen
C. Carle und M. Außendorf
Bayerisches Geologisches Landesamt, Heßstraße 128, 80797 München
e-mail: [email protected] oder [email protected]
Abstract:
The determination and evaluation of soil functions is necessary for a sustainable protection of these
functions according to the German federal soil protection act. The evaluation is based on concept soil
maps in the scale of 1:25.000 (KBK 25), which correspond to data of soil properties. The evaluation of
soil functions was carried out by combining these data with evaluation rules. The results of the
evaluation can be shown in maps based on the KBK 25.
Zusammenfassung:
Die Erfassung und Bewertung von Bodenfunktionen ist die Voraussetzung für einen nachhaltigen
Schutz dieser Bodenfunktionen gemäß dem Bundesbodenschutzgesetz. Grundlage der Bewertung sind
Konzeptbodenkarten i.M. 1:25.000 (KBK 25) mit hinterlegten Daten zu Bodeneigenschaften. Aus
diesen Daten werden mit Hilfe von Verknüpfungsregeln Bewertungen bzgl. der Bodenfunktionen
abgeleitet, welche auf der Basis der KBK 25 flächig dargestellt werden können.
Keywords: soil protection, soil function, evaluation of soils, valuable soils
Schlagworte: Bodenschutz, Bodenfunktion, Bodenbewertung, Schutzwürdigkeit von Böden
1
Einleitung
Böden übernehmen neben Nutzungsfunktionen auch eine Vielzahl von Funktionen im Naturhaushalt.
Die Inanspruchnahme von Böden in ihren Nutzungsfunktionen führt häufig dazu, daß die natürlichen
Eigenschaften von Böden verändert und Böden in ihrer Leistungsfähigkeit für den Naturhaushalt
beeinträchtigt werden. Das am 1.3.1999 in Kraft getretene Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG)
greift diese Bodengefährdungen auf und formuliert als Zweck die nachhaltige Sicherung bzw.
Wiederherstellung von Bodenfunktionen.
Ein nachhaltiger Umgang mit Böden sollte sich an den folgenden Grundsätzen orientieren:
• Erhaltung der natürlichen Leistungsfähigkeit von Böden
• Schutz besonders empfindlicher Böden vor Belastungen
• Erhaltung der Vielfalt der Böden
Um entsprechend den Zielen des BBodSchG Bodenfunktionen sichern zu können, müssen wir daher
für die vorkommenden Böden die Bodenfunktionen und Bodengefährdungen erfassen und bewerten.
Der Boden ist ein multifunktionelles System mit einer Vielzahl von Bodenfunktionen. Für die
Erfassung und Bewertung können jedoch von der Vielzahl der Funktionen nur die ausgewählt werden,
die gesellschaftlich relevant sind, deren Beeinträchtigung also einen gesellschaftlichen Schaden
bedeutet. Die Bewertung von Böden ist daher immer eine Antwort auf konkurrierende
Nutzungsansprüche oder aktuelle Bodengefährdungen.
Am Bayerischen Geologischen Landesamt wird eine flächendeckende Bewertung von Funktionen und
Gefährdungen der Böden derzeit als Pilotprojekt in der Projektregion 10 (Ingolstadt) durchgeführt.
Grundlage für die Bewertung sind Konzeptbodenkarten i.M. 1:25.000 (KBK 25). Den Bodeneinheiten
der KBK 25 sind umfassende bodenkundliche Datensätze hinterlegt, aus denen mit Hilfe von
Verknüpfungsregeln Bewertungen bezüglich der Bodenfunktionen abgeleitet werden können. Die
Qualität der Aussage, die die Bodenfunktionsbewertung liefert, hängt von der Güte der Datensätze und
von den verwendeten Verknüpfungsregeln ab. Die Verknüpfungsregeln und Ableitungsschemata sind
teilweise bereits erarbeitet und publiziert, müssen aber für die jeweiligen Datensätze angepasst
werden. Die Ergebnisse der Bewertung können dann auf der Basis der KBK 25 flächendeckend
dargestellt werden.
2
Vorgehensweise
Folgende Bodenfunktionen sollen für die Projektregion 10 (Ingolstadt) flächendeckend bewertet
werden:
¾ Filter- und Pufferfunktion für sorbierbare anorganische Schadstoffe
¾ Puffervermögen von Waldböden für saure Einträge
¾ Rückhaltevermögen des Bodens für nicht sorbierbare Stoffe (Nitrat)
¾ Funktion des Bodens als Standort für Kulturpflanzen und für natürliche Vegetation
Für die beiden erstgenannten Themen liegen die Methoden und die Bodenbewertungskarten für die
Projektregion 10 (Ingolstadt) bereits vor.
¾ Filter- und Pufferfunktion für sorbierbare anorganische Schadstoffe
Die Filter- und Pufferfunktion des Bodens für sorbierbare anorganische Schadstoffe beschreibt die
Fähigkeit des Bodens, durch Sorption diese Schadstoffe (v.a. Schwermetalle) zu immobilisieren,
so daß sie nicht von Pflanzen in für Mensch und Tier schädlichen Konzentrationen aufgenommen
werden, nicht nennenswert auf Bodenorganismen wirken und nicht in Grund- und
Oberflächenwasser weitergeleitet werden können.
Wichtigste Eingangparameter für die Bewertung sind der pH-Wert, sowie die Ton- und
Humusgehalte des Bodens. Das Ergebnis der Bewertung liefert ordinal skaliert die Bindungsstärke
des Bodens für einzelne Schwermetalle (0 = sehr geringe, 5 = sehr hohe Bindungsstärke)
(s. Abb. 1). Als allgemeine Aussage für alle sorbierbaren anorganischen Schadstoffe kann als
worst-case-Betrachtung die Bewertung von Cd verwendet werden, da Cd im Boden sehr mobil ist.
Abb. 1: Bewertung der Filter- und Pufferfunktion für sorbierbare anorganische Schadstoffe
pH
alle Böden
bis 100 cm
bzw. bis
Grundwasserspiegel
Bewertung
Ton
Gehalte
Humus
Skelett
Methode: Blume und Brümmer, 1991
Bindungsstärke für
Cd, Ni, Pb....
0-1-2-3-4-5
¾ Puffervermögen von Waldböden für saure Einträge
Das hier bewertete Puffervermögen beschreibt die Fähigkeit des Bodens, saure Einträge ohne
schädliche Auswirkungen auf das Ökosystem (wie z.B. Al3+-Freisetzung) zu neutralisieren. Dies
bedeutet, daß das pH des Bodens nicht in den Al-Pufferbereich absinken darf. Da
landwirtschaftlich genutzte Flächen aufgrund von Düngemaßnahmen nicht versauerungsgefährdet
sind, werden nur Böden unter Wald beurteilt. Eingangsparameter für die Bewertung sind der
Carbonatgehalt sowie die Kationenaustauschkapazität (KAK) und die Basensättigung, aus denen
die Vorräte basisch wirkender Kationen im Boden berechnet werden (s. Abb. 2). Die
Pufferwirkung durch die Silikatverwitterung wird nicht berücksichtigt, da für viele Gesteine noch
keine Verwitterungsraten bekannt sind. Die Ergebnisse werden ordinal skaliert (Klasse 0 bis 5)
dargestellt. Böden, die Carbonat (> 1 Gew. %) im Solum oberhalb des Verwitterungshorizontes
aufweisen, werden aufgrund der hohen Pufferwirkung von Carbonat generell in Klasse 5 (sehr
hohe Protonenpufferung) eingeteilt. Das Verfahren berücksichtigt nicht die aktuelle
Protonendeposition im Waldbestand. Es kann daher lediglich eine Aussage zur potentiellen
Versauerungsgefährdung, nicht jedoch zur aktuellen Bodenversauerung gemacht werden.
Abb. 2: Bewertung des Puffervermögens von Waldböden für saure Einträge
alle Böden
bis 100 cm
bzw. bis
Grundwasserspiegel
KAK
Bewertung
Säurepufferung
Basensättigung
0-1-2-3-4-5
Carbonatgehalt
Methode: Umweltministerium Baden-Württemberg, 1995 (verändert)
¾ Rückhaltevermögen des Bodens für nicht sorbierbare Stoffe
Das Rückhaltevermögen des Bodens für nicht sorbierbare Stoffe wie z.B. Nitrat, beschreibt die
Fähigkeit des Bodens, Stoffe physikalisch möglichst lange in der ungesättigten Wurzelzone
zurückzuhalten, damit diese Stoffe von der Vegetation aufgenommen werden können und nicht
mit dem Sickerwasser ins Grundwasser eingetragen werden. Für Fragen des Grundwasserschutzes
in überwiegend landwirtschaftlich genutzten Gebieten spielt diese Bodenfunktion eine wichtige
Rolle. Das Rückhaltevermögen des Bodens für nicht sorbierbare Stoffe wird abgeschätzt aus dem
Quotient von Sickerwasserrate zu Feldkapazität im effektiven Wurzelraum (s. Abb. 3). Die
Ergebnisse werden ordinal skaliert (Klasse 0 bis 5) dargestellt.
Abb. 3: Bewertung des Rückhaltevermögens des Bodens für nicht sorbierbare Stoffe
alle Böden bis
zum effektiven
Wurzelraum
Sickerwasserrate
Feldkapazität
Methode: DIN 19732, (1997)
Bewertung
Rückhaltevermögen
0-1-2-3-4-5
¾ Funktion des Bodens als Standort für Kulturpflanzen und für natürliche Vegetation
Pflanzen haben sehr unterschiedliche Ansprüche an die Böden. Um unterschiedliche
Nutzungsziele in der Planung zu koordinieren, müssen die besonderen Standortbedingungen eines
Bodens für das Pflanzenwachstum bewertet werden.
Zum einen dient der Boden der Nahrungsmittelproduktion. Böden mit einer hohen natürlichen
Fruchtbarkeit, auf denen eine bodenschonende und nachhaltige Nahrungsmittelproduktion ohne
die Schädigung anderer Bodenfunktionen möglich ist, müssen geschützt werden. Zum anderen
ermöglichen Böden mit extremen Standorteigenschaften in Bezug auf den Wasser- und
Nährstoffhaushalt die Entwicklung seltener Pflanzengesellschaften mit besonderen Ansprüchen an
die
Bodenbedingungen.
Die
gesellschaftliche
Wertschätzung
derartiger
seltener
Pflanzengesellschaften (z.B. durch Rote Listen) unterstreicht die Bedeutung dieser Bodenfunktion.
Für die Bewertung der natürlichen Fruchtbarkeit von Böden existieren bereits weitgehend
flächendeckende und großmaßstäbige Auswertungen (z.B. Bodenschätzung oder Agrarleitplan),
die in Bezug auf diese Bodenfunktion interpretiert werden können. Für die Bewertung der
Funktion des Bodens für die natürliche Vegetation müssen noch exakte Ableitungsregeln
entwickelt werden, die aus den Datensätzen der Bodenkarten extreme Standortbedingungen als
Voraussetzung für die Entwicklung seltener Pflanzengesellschaften ausgrenzen.
3
Ausblick
Langfristig soll durch Automatisierung der Bewertungsschritte eine direkte Generierung von
Bodenbewertungskarten auf der Grundlage der KBK 25 möglich sein. Bei Planungsprozessen ist
vielfach für eine Abwägung verschiedener Nutzungsinteressen eine Gewichtung von Bodenfunktionen
im räumlichen Zusammenhang erforderlich. Um diese Gewichtung zu erleichtern, soll als Fernziel der
Bodenbewertung eine Integration über alle Funktionen und Gefährdungen durch eine Karte der
Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit von Böden erfolgen.
4
Literatur
Blume, H.-P.; Brümmer, G. (1991): Prediction of heavy metal behavior in soil by means of simple
field tests; Ecotoxicology and Environment Safety, 22: 164-174.
Umweltministerium Baden-Württemberg (Hrsg.) (1995): Bewertung von Böden nach ihrer
Leistungsfähigkeit – Leitfaden für Planungen und Gestattungsverfahren; Luft, Boden, Abfall,
Heft 31.
DIN (1997): Bestimmung des standörtlichen Verlagerungspotentials von nichtsorbierbaren Stoffen;
DIN 19732.
Belastung der landwirtschaftlichen Böden im Landkreis Cheb (Eger)
mit Risikoelemente
Chvátal, V., J. Královec
Zentrale landwirtschaftliche Kontroll- und Forschungsanstalt Brno
Abteilung der Agrochemie, Boden und Pflanzenernährung, Slovanská alej 20, 317 60 PLZEŇ, Tschechien
e-mail: [email protected]
Abstract: Systematical soil testing for risk elements runs in the Czech Republic from 1990. During the
first three years were more than 30,000 samples analysed and evaluated according to fixed limits. In
the district of Cheb only 3 % of the analysed samples (mostly from the light soils) showed higher
contents of Co, Hg and V than the limits were.
Zusammenfassung: Systematische Bodenuntersuchung an Gehalten der Risikoelemente werden in der
Tschechischen Republik seit dem Jahre 1990. Während der ersten drei Jahre (1990 – 1992) hat man
mehr als 30.000 Proben entnommen, die analysiert und nach den Grenzwerten ausgewertet wurden. In
dem erfaßten Landkreis Cheb (Eger) hat man nur bei 3 % den Proben (meistens von den leichten
Böden) überhöhte Gehalte von Co, Hg und V gefunden.
Keywords: soil contamination, risk elements, soil testing, district Cheb
Schlagworte: Bodenkontamination, Risikoelemente, Bodenuntersuchung, Landkreis Cheb (Eger)
1
Einleitung
Die Bodenuntersuchung hat in der Tschechischen Republik (früher Tschechoslowakei) eine lange
Tradition. Der erste Zyklus verlief schon in den Jahren 1961 – 1965 und nachher folgten noch fünf
weitere Zyklen. Seit 1981 wurden die Zyklen auf drei Jahre verkürzt, was die Untersuchung der
gesamten landwirtschaflich bewirtschafteten Flächen innerhalb von nur drei Jahren bedeutete. Die
Dichte der Probenahme hat man in besseren Bedingungen auf 10 ha und in den schlechteren auf 7
ha begrenzt. Im Rahmen dieser sogenannten agrochemischen Bodenuntersuchung hat man stets die
austauschbare Bodenreaktion (pH/KCl) und der Gehalt der verfügbaren Nährstoffe (P, K und Mg)
verfolgt. Darüberhinaus werden noch in den Zyklen 1975 – 75 und 1976 –80 die Gehalte der
Spurenelemente (Cu, Zn, Mn, Mo und B) erfaßt. Nach Auswertung der Ergebnisse hat man die
Spurenelemente noch in den Jahren 1986 – 1991 untersucht.
In dem letzten dreijährigen Zyklus (1990 – 1992) wurden in die Bodenuntersuchung auch die
Risikoelementengehalte eingeordnet.
2
Material und Methoden
Die Untersuchung der Risikoelemnte wird in zwei Schritten organisiert. Der erste davon war der
Screaning, was bedeutet, daß man in den Jahren 1990 – 1992 einen Überblick über die eventuelle
Kontamination der landwirtschftlichen Böden durch Risikolemente gewinnen wollte. Organisatorisch
hat man diese Aktion in die agrochemische Bodenutersuchung eingeordnet aber von der gesamten
Zahl der angenommenen Proben hat man nur einige ausgewählt, die ein bestimmtes Gebiet
repräsentierten. In der Praxis war es etwa eine Probe pro 100 ha. Diese Proben hat man mit 2M
Salpetersäure (HNO3) extrahiert. Insgesamt wurden 32.800 Proben entnommen und analysiert. Die
Ergebnisse werden nach den in der Tabelle 1 gegebenen Kriterien gewertet. Diese Kriterien hat man
später gesetzlich als Grenzwerte festgelegt. Gleichzeitig werden in der Vorschrift auch die Grenzwerte
in Königswasser angeführt (sgn. pseudototale Gehalte). Aus den gegebenen Kriterien ist es klar, daß
Bestimmung des Quecksilbers direkt aus dem Boden erfolgt und die gemessenen Werte als
Gesamtgehalte betrachtet werden.
Tabelle 1
Grenzwerte für den Risikoelementengehalt
in landwirtschaftlichen Böden
Grenzwerte (in mg kg-1 des Bodens)
Im 2M Saltpetersäureextrakt
Im Königswasser
Leichte Böden
Andere Böden
Leichte Böden
Andere Böden
4,5
4,5
30,0
2,0
2,0
0,4
0,4
1,0
0,4
10,0
25,0
25,0
40,0
40,0
100,0
30,0
50,0
60,0
x
x
0,6
5,0
5,0
5,0
15,0
25,0
60,0
50,0
70,0
100,0
20,0
50,0
150
50,0
100,0
130,0
Element
As
Be
Cd
Co
Cr
Cu
Hg
Mo
Ni
Pb
V
Zn
30,0
1,0
1,0
50,0
200,0
100,0
0,8
5,0
80,0
140,0
220,0
200,0
Die zweite Untersuchungsphase war die Überprüfung der Kontamination durch eine
Verdichtung der Probenahme. Bei den Proben, bei welchen die Grenzwerte überschritten wurden, ist
man zu einer detaillierten Probenahme auf der gegebenen Lokalität geschritten. Das Prinzip dafür war
es die Proben nach dem ursprünglichen Schema (d.h. eine Probe von 7 oder 10 ha) zu entnehmen und
dazu noch Proben aus allen benachbarten Felder. Als Beispiel kann das folgende Schema dienen:
wenn man höhere Gehalte am Feld No. 6 festgestellt hat, sollte man die nachfolgenden Proben noch
von den Feldern No. 3, 4, 5, 8 und 9 nehmen.
1
2
3
4
7
10
8
11
9
12
5
6
Der dritte Teil dieser Untersuchung stellen spezielle Fälle dar. Dabei handelt es sich um
Betrachtungen solchen Probleme, wie z.B. der Applikation von Klärschlämmen. In diesen Fällen
benutzt man für die Probenanalysen beide Extrakte. Zusätzlich analysiert man auch die Früchte aus
diesen ausgewählten Felder.
3
Ergebnisse und Diskussion
Die Ergebnisse der Bodenuntersuchung auf die Gehalte der Risikoelemente hat man auf
geographischen Karten dargestellt. Als Beispiel geben wir den Screening des Landkreises Cheb (Eger)
an. Wir haben diesen Lankreis ausgewählt, da er bei der Grenze zu Bundesrepublik Deutschland liegt
und einigermaßen den Verhältnissen in der ganzen Tschechischen Republik entspricht (Tabelle 2).
Tabelle 2:
Vergleich der Kontamination durch Risikoelemente
in Tschechien und im Lankreis Cheb (Eger)
Zahl der Proben
in Tschechien
BodenDavon
Über Grenzart
über Grenzwert
Element
Summe
wert
in %
L
2402
6
0,25
Be
S
14048
34
0,24
L
5454
600
11,00
Cd
S
31526
197
0,62
L
2824
55
1,95
Co
S
17185
10
0,06
L
5456
80
1,47
Cr
S
31551
136
0,43
L
4999
12
0,24
Cu
S
28255
203
0,72
L
3900
10
0,26
Hg
S
25192
132
052
L
4855
75
1,54
Ni
S
27884
146
0,52
L
5457
34
0,62
Pb
S
31555
205
0,65
L
2729
254
9,31
V
S
15716
21
0,13
L
4999
56
1,12
Zn
S
28259
63
0,22
Analysen
L
43075
1182
2,74
insgesamt
S
251171
1147
0,46
Summe
alle
L – leichte Böden
S – sonstige Böden
294246
2329
0,79
Zahl der Proben
im Landkreis Cheb
Davon über
Über GrenzGrenz-wert
wert
Summe
in %
28
0
0
160
0
0
42
0
0
264
0
0
28
4
14,29
160
0
0
42
0
0
264
0
0
28
0
0
198
0
0
42
0
0
264
4
1,52
28
0
0
198
0
0
42
0
0
264
0
0
28
7
25,00
198
0
0
28
0
0
198
0
0
336
11
3,27
2168
4
0,18
2504
15
0,60
Aus den gegebenen Ergebnissen ist es klar, daß die größten Probleme in Tschechien die überhöhten
Gehalte vom Cadmium und Vanadium (11 % bei Cd und mehr als 9 % bei V) an leichten Böden
darstellen. Im ganzen gesehen sind die leichten Böden kontaminierter, da die erhöhten Gehalte von
Risikoelemente dort sechsmal häufiger vorkommen.
Im Landkreis Cheb ist die Kontamination mit Vanadium und Kobalt an leichten Böden schlechter als
der Durchschnitt von Tschechien. Die Quecksilberkontamination der „sonstigen“ Böden ist in diesem
Landkreis dreimal so hoch wie der Durchschnitt. Bei den anderen Risikoelementen hat man keine
überhöhten Gehalte gefunden.
Die Ursachen der Kontamination muß man in dem geologischen Untergrund des Kaiserwaldes
(meistens Amphibolit und Serpentinit) aber auch in der anthropogenen Tätigkeit (der Landkreis wird
durch das nordböhmische Braunkohlerevier beeinflußt) suchen.
Die Grenzwerte der Gehalte der Risikoelemente stellen eine Gefahr durch eventuelle Kontamination
der Nährungskette dar. Obwohl sie in der Praxis noch kein reales Risiko darstellen, kann man diese
Werte für eine bestimmte Indikation der Umweltverschmutzung halten.
Aufgrund der festgestellten Gehalte der Risikoelemente hat unsere Anstalt die Karten der
durchschnittlichen Belastung der Böden in einzelnen Kataster verarbeitet. Die graphische Darstellung
wird zu dem Grenzwert bezogen und in fünf Kategorien aufgeteilt. Auf dem Poster kann man die
Karten für Quecksilber und Vanadium (überhöhte Gehalte) und auch für Blei (keine Kontamination,
obwohl durch den Landkreis die überlasteten internationalen Verkehrsstraßen führen) gezeigt.
4
Schlussfolgerungen
Aus den gegebenen Ergebnissen folgt, daß die Bodenkontamination durch die Risikoelemente im
Landkreis Cheb (Eger) verhältnismäßig klein ist. Die Grenzwerte wurden nur bei 3% der entnomennen
Proben überschritten, und zwar nur bei 3 Risikoelemente (Co, Hg und V). Gegenwärtig bereitet man
bessere Kriterien vor.
5
Literatur
BENEŠ, S. (1994): Obsahy a bilance prvků ve sférách životního prostředí (Gehalte und Bilanzen der
Elemente in Umwelt). Ministerstvo zemědělství České republiky, Praha
CHVÁTAL, V., R. NOVÁKOVÁ (1993): Obsah rizikových prvků v zemědělských půdách
západočeského regionu (Gehalt der Risikoelemente in Bőden des Westbőhmischen Regions). SKZÚZ
Plzeň
FUSÁN, O., O. KODYM, A. MATĚJKA (1993): Geologická mapa České republiky (Geologische
Karte der Tschechischen Republik) Český geologický ústav Praha
ZBÍRAL, J. (1996): Analýzy půd II (Bodenanalysen II). ÚKZÚZ Brno
Eignung des NH4NO3-Extraktes zur Bewertung des Schadstoffwirkungspfades
Boden-Pflanze vor dem Hintergund des Bodenschutzgesetzes
Dietz, E.
Bayerisches Geologisches Landesamt, Heßstr. 128, D-80797 München
e-mail: [email protected]
Abstract: In this paper, the suitability of NH4NO3 as an extractant to test the soil for plant-available
heavy metal contaminations is investigated. Heavy metal concentration in orchids (Epipactis
helleborine) and in soils of Zn/Pb mining sites and of non-contaminated sites were analyzed. The
results show that NH4NO3 is suited to predict the degree of contamination of leaves only for Zn and
for Cd and Pb at low concentrations. Root concentrations can be predicted for Cd and Mn at nonpolluted sites.
Zusammenfassung: Die Untersuchungen an der Orchideenart Epipactis helleborine auf ehemaligen
Bergwerkshalden sowie potentiell unbelasteten Referenzstandorten zeigen, daß zur Beurteilung des
Wirkungspfades Boden-Pflanze, d.h. der Einstufung ihres Kontaminationsgrades, die Extraktion ihres
Wuchsubstrates mit NH4NO3 nur für Zn gut und für Cd und Pb nur bei vergleichsweise geringen
Gehalten geeignet ist. An unbelasteten Standorten können aus den Gehalten des Extraktes die
Konzentrationen an Mn und Cd in den Wurzeln über eine Regressionsgleichung errechnet werden.
Keywords: heavy metals, NH4NO3-extraction, Epipactis helleborine, soil-plant interaction
Schlagworte: Schwermetalle, NH4NO3-Extract, Epipactis helleborine, Wirkungspfad Boden-Pflanze
1
Einleitung
Haldenstandorte aus dem Pb-Zn-Erzbergbau stellen auf Grund ihrer besonderen ökologischen
Bedingungen Extremstandorte dar, die durch das Auftreten seltener Pflanzenarten, beispielsweise
Schwermetallvegetation und Orchideen, als erhaltenswerte Naturstandorte einzustufen sind. Im Zuge
der Renaturierung bzw. der Rekultivierung derartiger Standorte ist es notwendig, das von diesen
Standorten ausgehende Gefährdungspotential für Menschen, Pflanzen und Tiere abzuschätzen, d.h.
den Wirkungspfad Boden – Pflanze – Tier – Mensch bzw. Boden – Grundwasser – Mensch und damit
die Notwendigkeit einer Sanierung zu überprüfen. Die Gefährdung des Grundwassers,
Staubemissionen sowie flächenhafte Abspülungen, die insbesondere die unterhalb der Halden
gelegenen Siedlungsbereiche u.a. Nutzgärten betreffen, aber auch zur Kontamination nahegelegener
Talauen führen, können beispielsweise durch Substratbindung im Rahmen von
Rekultivierungsmaßnahmen verringert werden. In diesem Zusammenhang interessiert der
Wirkungspfad Boden – Pflanze, um toxische Folgen für die Pflanzen, die zur Rekultivierung
eingesetzt werden, abzuschätzen und um die Folgen der Kontamination der Auenbereiche, die häufig
als Weiden oder Wiesen genutzt werden, und damit der Nahrungkette, zu beurteilen. Im
Zusammenhang mit dem Bodenschutzgesetz stellt die Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung
für verschiedene Schadstoffe Vorgehensweisen und Beurteilungskriteren für den Pfad – Boden –
Pflanze zur Verfügung, u.a. die Extraktion des Bodens mit NH4NO3 (DIN 19730) basierend auf den
Untersuchungen von PRÜESS (1992,1994).
Im Folgenden wird diese in der Literatur beschiebende Vorgehensweise an einem speziellen Fall
hinsichtlich ihrer Eignung überprüft und an Hand der in der Bundesbodenschutz- und
altlastenverordnung vorgegebenen Prüfwerte sowie der Vorsorge- und Grenzwerte gemäß PRÜESS
(1992) beurteilt.
Damit eine Extraktionsmethode für den Übergang Boden – Pflanze eine sinnvolle Voraussage liefert
und die nachgeschalteten Grenzwerte greifen, muß ein signifikanter korrelativer Zusammenhang
zwischen den Elementgehalten im Boden und in der Pflanze vorliegen. Die Beziehung Boden-Pflanze
ist dann durch eine Funktion beschreibbar. Alternativ sollte zumindest die Einstufung des
Bodengehaltes nach der Extraktionsmethode hinsichtlich ihres Kontaminationsgrades zum selben
Ergebnis führen wie die Einstufung des Pfanzengehaltes. Liegt eine Korrelation vor, so ist die
Extraktionsmethode geeignet, die Spurenelementgehalte in der betreffenden Pflanze zu
prognostizieren. Dabei ist unerheblich, ob es sich um eine lineare oder nicht lineare Beziehung
handelt. Findet man eine lineare Beziehung, so kann für den Übergang ein mehr oder weniger
konstanter Transferfaktor angegeben werden. Für die Betrachtung des Zusammenhanges Boden –
Pflanze ist es sinnvoll das Pflanzenorgan zu verwenden, das auch zur Einstufung exzessiver bzw.
toxischer Elementgehalte herangezogen wird.
2
Material und Methoden
Von drei Standorten auf aufgelassenen Bergwerkshalden des Pb-Zn-Erzbergbaus im Harz (Silbernaal),
im Siegerland (Wilgersdorf) und im Südschwarzwald (Freiburg i.Br.) sowie von zwei potentiell
unbelasteten Referenzstandorten in der Fränkischen Schweiz, NE Nürnberg (Drügendorf und
Großengsee) wurden Orchideen während der Blütezeit sowie Bodenproben aus ihrem Wurzelraum
entnommen und u.a. auf Cd, Mn, Pb und Zn untersucht. Die Mobilität bzw. Pflanzenverfügbarkeit
dieser Elemente wurde mittels NH4NO3-Extraktion (DIN V 19730) simuliert. Der Gesamtaufschluß
der einzelnen, gereinigten Pflanzenorgane erfolgte mit HNO3conc. unter Druck (siehe DIETZ et al.,
1998). Je nach Elementgehalt wurden die Spurenelementgehalte mit ZAAS bzw. ICP gemessen. Für
die Pflanzen wurde die Richtigkeit der erhaltenen Werte durch Standardreferenzproben überprüft. Die
Bestimmung des pHCaCl2-Wertes erfolgte gemäß ULRICH et al. (1984), die des Gehaltes an
organischem Kohlenstoff (Corg.) über eine Redoxtitration (GAUDETTE et al. 1974). Die Einstufung
beider Bodenparameter wurde nach AG BODENKUNDE (1994) vorgenommen.
3
3.1
Ergebnisse und Diskussion
Standortcharakteristik
Auf den Karbonatgesteinen (Bankkalken und Riffdolomit) der Referenzstandorte sind Rohböden,
Rendzinen und teilweise Braunerde-Rendzinen verbreitet. Als Humusform herrscht Mull vor; die
Böden sind als mittel bis sehr stark humos einzustufen (AG BODENKUNDE 1994). Die Bodenazidität
schwankt von schwach sauer bis schwach alkalisch. Die Zusammensetzung der Bodensubstrate auf
den Haldenstandorten ist sehr heterogen. Neben natürlichen Substraten (Nebengesteinsreste,
Blockschutt, Gangart, Erzreste) wurde auch anthropogen verändertes Material (Flotationsmaterial,
Pochsande, Schlackereste aus der Erzverhüttung) abgelagert. Die Bodenbildung auf diesen Substraten
ist je nach Halde unterschiedlich weit fortgeschritten. Areale ohne erkennbare Bodenbildung sind
ebenso vertreten wie solche mit Regosolen, bis hin zu braunerdeartigen Böden. Feuchtere
Haldenareale sind durch pseudogley-gleyartige Böden gekennzeichnet. Auf Grund der Heterogenität
der Substrate schwanken die Bodenaziditäten kleinräumig und umfassen ein weites Spektrum
(schwach alkalisch – sehr sauer). Anthropogen veränderte Substrate aus dem Bergbau sind in der
Regel sehr schwach bis schwach humos und beinhalten teils organische Reste von Chemikalien aus
dem Flotationsprozeß (Freiburg) sowie Holzkohlereste aus der Verhüttung (Silbernaal).
3.2
Überprüfung der Korrelation
Für die Überprüfung der Korrelationen wurden belastete und unbelastete Standorte, sowie die
einzelnen Pflanzenorgane getrennt betrachtet. Unter Anwendung einer Kurvenanpassung wurden ihre
Gehalte an Cd, Mn, Pb und Zn in Bezug zu den mobilen Gehalten des jeweiligen Elementes im Boden
gesetzt. Hierbei wurden nur Korrelationen berücksichtigt, die einen Korrelationskoeffizienten r ≥ 0,7
bzw. R² ≥ 0,49 aufweisen.
An Haldenstandorten ergab sich zwischen den Gehalten der Blüten (generatives Pflanzenorgan) und
den Eluaten der Böden für keines der untersuchten Spurenelemente (Cd, Mn, Pb und Zn) eine
signifikante Beziehung. Für die vegetativen Pflanzenorgane (Blätter) ist für Zn eine signifikante
Korrelation gemäß dem kubischen Modell zu verzeichnen. (R² = 0,489, α = 0,001 n = 62). Weder die
Elementgehalte der oberirdischen Pflanzenorgane noch die mobilen Gehalte der Böden weisen eine
Normalverteilung auf (Lillefors-Test). Bei der Gegenüberstellung unterirdische Pflanzenorgane mobile Bodengehalte erhält man für Pb und Zn mehrere signifikante Regessionsmodelle. Für Pb
kommt ein quadratisches (R²= 0,739, α = 0,001, n = 44) und ein kubisches Modell in Frage (R²=
0,739, α = 0,001, n = 44) für Zn ergeben sich ein kubisches (R² = 0,584, α = 0,001 n = 52) und ein SModell (R² = 0,543, α = 0,001, n = 52). Da auch hier keine Normalverteilung der Daten vorliegt,
dürfen die gefundenen Regressionen nicht angewandt werden.
An den unbelasteten Standorten bestehen weder zwischen den generativen noch den vegetativen
Pflanzeorganen (Blättern) und den in den Eluaten gemessenen Elementgehalten signifikante
Beziehungen. Betrachtet man die unteridischen Pflanzenorgane (Rhizom, fleischige Wurzeln,
Wurzelspitzen), deren Spurenelement- bzw. Schwermetallkonzentrationen eine Normalverteilung
aufweisen, als Gesamtheit, so ist ebenfalls keine Korrelation zu verzeichnen. Zieht man ausschließlich
die fleischigen Wurzeln heran, bestehen für Cd und Mn mehrere signifikante Korrelationen. Nimmt
man die lineare Korrelation, kann ein Transferfaktor angegeben werden. Für Cd gilt R² = 0,48, α =
0,008, n = 13; für Mn R²=0,49, α = 0,007, n = 13.
3.3
Eignung des NH4NO3-Extraktes zur Prognose des Elementtransfers Boden-Pflanze
Für die vegetativen Pflanzenorgane (Blätter), die in der Regel zur Einstufung der
Spurenelementgehalte herangezogen werden, liegt auf Grund der häufig fehlenden Normalverteilung
keine gültige mathematisch signifikante Korrelation zu den mobilen Gehalten der Böden vor. Somit
kann für Haldenpflanzen keine Korrelation und damit auch keine Funktion angegeben werden. Bei den
Referenzpflanzen ist das Auftreten einer Korrelation elementspezifisch. Für Mn und Cd kann für den
Übergang Boden – Pflanze d.h. extrahierbare mobile Fraktion – fleischige Orchideenwurzel eine
lineare Funktion erstellt und damit die Gehalte der Orchideenwurzeln prognostiziert werden.
Die Auswertungen zeigen auch, daß das Auftreten eines korrelativen Zusammenhanges zwischen
Bodenextrakt und Pflanzenorgan sehr stark vom Betrachtungsrahmen abhängt. Dieser kann sowohl
den Standort als auch die Pflanze betreffend unterschiedlich weit gesteckt werden. Entweder gruppiert
man die Standorte gemäß ihres Belastungsgrades in Halden- und Referenzstandorte oder man wählt
ein standortspezifische Differenzierung und betrachtet jeden Standort gesondert. Auch für die
Pflanzenorgane besteht die Möglichkeit Gruppen zu bilden und beispielsweise nur in unterirdische und
oberirdische Pflanzenorgane zu unterscheiden. Differenziert man diese z.B. in einzelnen
Wurzelbereiche, ergeben sich andere statistische Zusammenhänge. Diese sind nur für den definierten
Betrachtungsrahmen gültig und müssen bei dessen Änderung stets neu geprüft werden.
Einflußfaktoren sind die Substratzusammensetzung und –eigenschaften, der Belastungsgrad und das
betrachtete Pflanzenorgan.
3.4
Einstufung der Gehalte an Pb, Cd, Mn und Zn
Ein Vergleich der Einstufung des Belastungs- bzw. Versorgungsgrades an Spurenelementen - im
allgemeinen werden hierfür die Gehalte der vegetativen Organe herangezogen - zeigt deutlich
elementspezifische Unterschiede (Abb. 1).
An den Referenzstandorten kommt man über die Beurteilung der Cd-Gehalte der Blätter zur selben
Einstufung wie über die Extraktionen der Böden mit NH4NO3 (Abb. 1b). In beiden Fällen liegen die
Konzentrationen im Normalbereich. Dagegen befinden sich an den Haldenstandorten fast alle Böden
über dem Grenzwert der Ackernutzung für stark akkumulierende Pflanzen (90 µg/kg Boden).
Demnach wäre an diesen Standorten die kritische Konzentration erreicht, von einer Beeinträchtigung
der Bodennutzung wäre auszugehen, da gemäß PRÜESS (1992) anzunehmen ist, daß in 70 % der
Fälle die Bodenfunktion eingeschränkt ist. Die Cd-Konzentrationen der Orchideenblätter jedoch liegen
noch weit unterhalb der Toleranzschwelle (5-10 µg/g) und sind damit weit weniger belastet, als auf
Grund der Eluatgehalte zu erwarten wäre.
6
toxisch
Prüfwert
Toleranzschwelle
5
Grenzwert
100
50
40
30
20
4
Cd Pflanze µg/g (Blätter)
Pb Pflanze (Blätter) mg/kg
500
400
300
200
exzessiv
10
5
4
3
2
2
Belastungsgrad
1
Referenzstandorte
0
Haldenstandorte
00
20
00
10
0
500
400
300
20
0
10
50
40
30
20
10
a
Grenzwert
3
5
4
0
20
0
10
50
40
30
20
10
45
3
2
1
..54
.3
.2
.1
045
..03
.02
.0
mobiles Pb Boden (Extrakt) mg/kg
Prüfwert
mobiles Cd Boden µg/kg (Extrakt)
b
2000
200
Prüfwert (Boden)
500
400
300
200
100
50
40
30
20
100
80
toxisch
exzessiv
Prüfwert
Belastungsgrad
Referenzstandorte
Mangel
10
Haldenstandorte
0
300
20 0
10
54000
3
20
10
5
34
2
1
.45
..3
.2
. 15
.0043
..02
.0
Mn Pflanze (Blätter) mg/kg
Zn Pflanze (Blätter) mg/kg
1000
60
STANDORT
40
Wilgersdorf
Mn-Unterversorgung
20
Silbernaal
Großengsee
Freiburg
Mangel (Boden)
10
8
Drügendorf
80
60
40
20
10
8
6
4
2
mobiles Zn Boden (Extrakt) mg/kg
mobiles Mn Boden mg/kg
c
d
Abbildung 1: Gegenüberstellung und Einstufung der Spurenelementgehalte in den Blättern von
Epipactis helleborine zu der mit NH4NO3 extrahierten Fraktion des Bodens aus dem Wurzelraum der
Orchidee für Pb (a), Cd (b), Mn (c) und Zn (d); Haldenstandorte (belastet) schwarz, Referenzstandorte
(unbelastete) grau.
An keinem der untersuchten Standorte werden toxische Mn-Gehalte (> 400 µg/g, KABATAPENDIAS & PENDIAS 1992) in den Blättern erreicht (Abb. 1c). Sowohl Referenz- als auch
Haldenpflanzen sind teils an Mn unterversorgt (10-30 µg/g; KABATA-PENDIAS & PENDIAS 1992).
An den unbelasteten Kalkstandorten (Drügendorf und Großensee) zeigen die Orchideen trotz
anscheinend meist guter Mn-Mobilität (Extrakte) eher eine Mn Unterversorgung. Andererseits findet
man auf den Mangelböden (< 4 mg/kg, SCHLICHTING et al. 1995) der Haldenstandorte zahlreiche
gut versorgte Orchideen (Freiburg). Einige Haldenböden liegen über dem Prüfwert (PRÜESS 1992)
von 30 mg/kg (Wilgersdorf, Silbernaal); die zugehörigen Mn-Gehalte der Orchideenblätter sind als
normal einzustufen. Diese Fehleinschätzung ist nicht an das Blattalter gekoppelt, sondern weitgehend
standortspezifisch, d.h. vom Substrat und nicht von der Pflanze abhängig.
Weitgehende Übereinstimmung bei der Beurteilung der Bodenextrakte und Pflanzengehalte ist sowohl
auf Halden als auch auf Referenzstandorten für Zn gegeben (Abb. 1d). Auf den über dem Prüfwert (10
mg/kg nach PRÜESS 1992) befindlichen Böden wachsen Orchideen mit exzessiven (100 µg/g;
KABATA-PENDIAS & PENDIAS 1992) oder toxischen (400 µg/g; KABATA-PENDIAS & PENDIAS
1992) Zn-Blattgehalten. Die unbelasteten Orchideen sind normal bis gut mit Zn versorgt. Ihr
Versorgungszustand ist besser als auf Grund der geringen Zn-Verfügbarkeit zu erwarten.
Bei geringen mobilen Pb-Konzentrationen herrscht noch eine weitgehende Übereinstimmung in der
Bewertung von Boden- und Pflanzengehalten. Für Konzentrationen über dem Prüfwert trifft dies nur
noch teilweise zu, häufig gelangt man dann auf Grund der Bodengehalte zu einer Fehleinschätzung.
Obwohl der Prüfwert (500 µg/kg; E-BBodSchV (Herbst 1998) § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr.1) für Pb
überschritten, wird, liegen die Pb-Konzentrationen der Orchideenblätter niedrig, d.h. sie befinden sich
noch unterhalb der als exzessiv (30 µg/g; KABATA-PENDIAS & PENDIAS 1992) einzustufenden
Konzentrationen (Abb. 1a).
3.5
Eignung des NH4NO3-Extraktes zur Beurteilung des Kontaminationsgrades
Der NH4NO3-Extrakt eignet sich bei Zn zur Einstufung des Kontaminationsgrades unabhängig vom
Standort gut. Bei Pb trifft dies nur für geringe Konzentrationen bzw. bei Cd nur für potentiell
unbelastete Standorte zu. Bei Haldenstandorten kann eine Beurteilung der Pb-Kontamination an Hand
der Extrakte zu einer Über- oder Unterschätzung, für Cd zu einer Überschätzung in den Orchideen
führen. Letzteres deutet auf eine Schwermetallanpassung der Orchideen (z.B. excluder-typ) hin. Zur
Beurteilung der Mn-Kontamination der Orchideen ist die Extraktionsmethode nicht geeignet, da es
standortabhängig häufig zu einer deutlichen Fehleinschätzung kommen kann.
4
Schlußfolgerung
Die NH4NO3-Extraktion ist zur Beurteilung des Wirkungspfades Boden-Pflanze insbesondere im
Hinblick auf die Pflanzenversorgung und -schäden nur bedingt geeignet. Hierbei sind
elementspezifische Unterschiede zu berücksichtigen. Für Zn ist die Extraktionsmethode in Bezug auf
Epipactis helleborine anwendbar; für Cd gilt dies nur bei unbelasteten Standorten. Bei Pb ist auf
Grund der Untersuchungsergebnisse eine Anwendung nur für geringe Konzentrationen anzuraten. Für
Mn ist die Methode nicht geeignet. Die Prognose der Schwermetallgehalte in der Pflanze über eine
mathematische Funktion aus den Extraktgehalten kann auschließlich für Mn und Cd in den fleischigen
Orchideenwurzeln erfolgen.
Neben den methodischen Ursachen (siehe WENZEL & BLUM 1997), die möglicherweise durch eine
Normierung der Methode (Probennahme, Aufbereitung etc.) weitgehend zu kompensieren sind, hat bei
manchen Elementen das Substrat und damit die Bindungsverhältnisse der Elemente einen nicht
abschätzbaren Einfluß auf die Vollständigkeit der Extraktion. Insbesondere auf Haldenstandorten
herrschen kleinräumig sehr heterogene Substrat- und Bodenverhältnisse hinsichtlich pH-Wert, Gehalt
und Art der organischen Substanz und der damit für Schwermetalle zur Verfügung stehenden
Sorbenten. Zudem haben auf Haldenstandorten anthropogen eingetragene organische Substanzen,
beispielsweise Reste und Umsetzungsprodukte von Flotationschemikalien, sowie poröse Schlacken
aus der Erzverhüttung einen nicht einzuschätzenden Einfluß auf die Mobilität und damit
Extrahierbarkeit der Schwermetalle. Die Abhängigkeit der Element- bzw. Schwermetallaufnahme von
der Pflanzenart, dem Individuum selbst oder auch dem Pflanzenorgan zeigt sich bereits an
unterschiedlichen Transferfaktoren für ein und das selbe Element (siehe LÜBBEN & SAUERBECK
1991). Selbst innerhalb einer Pflanzenart besteht hierbei je nach Kontaminationsgrad ein drastischer
Unterschied, der möglicherweise auf eine Anpassung dieser an hohe Schwermetallgehalte
zurückzuführen ist (siehe Cd-Gehalte Epipactis helleborine belastete Standorte). Auch die
Mykorrhizasymbiose der Orchideen hat auf den Pfad Boden-Pflanze einen nicht zu unterschätzenden
Einfluß. Je nach Intensität dieser Symbiose und des Umfanges der Mykorrhiza, dies hängt u.a. vom PGehalt der Böden ab, steht der Pflanze individuenspezifisch eine stark variierende Sorptionsoberfläche
zur Verfügung, deren Sorptionskapazität als Variabel unbekannter Größe den Pfad Boden-Pflanze
beeinflußt.
5
Literatur
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Landesämter [Hrsg.]: Bodenkundliche Kartieranleitung. - 4. neu bearb. Aufl. - 392 S.; Stuttgart
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Epipactis helleborine – ein Vergleich eines belasteten und unbelasteten Standortes.- N. Jb. Geol.
Paläont. Abh., 208: 379-395; Stuttgart (Schweizerbart)
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LÜBBEN, S. & SAUERBECK, D. (1991): Transferfaktoren und Transferkoeffizienten für den
Schwermetallübergang Boden-Pflanze. – Ber. ökologische Forschung, 6: 180 – 224.
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PRÜESS, A. (1992): Vorsorge und Prüfwerte für mobile und mobilisierbare, potentiell ökotoxische
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PRÜESS, A. (1994):Einstufung mobiler Spurenelemente in Böden.- BoS 15 Lfg. 1/94: 1-59
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neubearb. Aufl., 295 S; Berlin (Blackwell).
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WENZEL W.W. & BLUM W.E.H. (1997): Effect of sampling, sample preparation and extraction
techniques on mobil metal fraction in soils .- In: Biochemistry of trace metals.- Advances in
Environmental Science: 121-172; Northwood Science Reviews.
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und polychlorierte
Biphenyle (PCB) in urbanen Böden Bayreuths
Eusterbrock, L., W. Wilcke, M. Krauß, W. Zech
Lehrstuhl für Bodenkunde und Bodengeographie, Universität Bayreuth, 95440 Bayreuth
e-mail: [email protected]
Abstract: We investigated into the land-use influence on the concentrations of PAHs and PCBs in
topsoils of Bayreuth. The PAH/PCB profiles were used to identify potential sources. The PAH/PCB
concentrations in the forest soils are significantly lower, the PAH concentration of the garden soils are
significantly higher than those in soils of other land-use classes. Cluster analysis separated groups of
soils where traffic exhaust are the main source, from soils where domestic firing is the main PAH
source.
Zusammenfassung: Wir untersuchten den Nutzungseinfluß auf die Gehalte von 20 PAK und 12 PCB in
Oberböden Bayreuths. Die PAK/PCB-Profile wurden zur Identifikation möglicher Quellen verwendet.
Die PAK/PCB-Gehalte der Waldböden sind signifikant niedriger, die PAK-Gehalte der Gartenböden
signifikant höher als diejenigen der anderen Nutzungsklassen. Mit Hilfe einer Clusteranalyse konnten
eine Gruppe von Böden, deren PAK-Gehalte vor allem aus Verkehrsemissionen stammten, von solchen
Böden getrennt werden, deren PAK-Gehalte vor allem aus dem Hausbrand resultieren.
Keywords: PAH, PCB, Source identification, Land-use influence
Schlagworte: PAK, PCB, Quellenidentifikation, Nutzungseinfluß
1
Einleitung
Urbane Böden sind häufig erheblich mit PAK und PCB belastet (CREASER et al., 1989; JONES et al.,
1989). Neben der Lage zu spezifischen Emittenten sind für die Schadstoffbelastung von Böden in
urbanen Räumen die Nutzung bzw. Nutzungsgeschichte (TEBAAY et al., 1993) und das Substrat,
insbesondere die Beimengung technogener Komponenten, bedeutend (BLUME, 1995)
Böden neben stark befahrenen Straßen weisen erhöhte PAK- und PCB-Gehalte auf (JONECK & PRINZ,
1993). Düngung bzw. Bodenverbesserung mit Aschen führt zu PAK- und PCB-Einträgen in
Gartenböden (TEBAAY et al., 1993). Durch Abspülung von PAK- und PCB-belastetem Boden und
Ablagerung in der Aue kommt es zu einer PAK- und PCB-Belastung von Aueböden (TEBAAY et al.,
1993).
Die PAK- und PCB-Profile im Boden (Anteile der Einzelsubstanz an den PAK- bzw. PCBSummengehalten) werden durch die Quellen der PAK und PCB beeinflußt. Trotz der Transformation
der Profile in der Atmosphäre und im Boden lassen sich mit Hilfe dieser Profile Rückschlüsse auf
Emittenten ziehen (WILCKE et al., 1997).
Für diese Untersuchung wurde die Stadt Bayreuth ausgewählt, die über keine ausgeprägte
Industriestruktur verfügt, jedoch eine hohe Verkehrsdichte aufweist und sich in einer Kessellage
befindet, die Inversionswetterlagen begünstigt (EMISSIONSKATASTER, 1996).
Ziel dieser Untersuchung war es (i) den Nutzungseinfluß auf die PAK- und PCB-Belastung von Böden
in Bayreuth zu untersuchen und (ii) anhand der PAK- und PCB-Profile Rückschlüsse auf die Quellen
dieser Schadstoffklassen zu ziehen.
2
Material und Methoden
Wir beprobten die Oberböden (0-5 cm) von jeweils fünf Standorten unter Wald (W), in Parkanlagen
(P), in Hausgärten (G), in der Aue (Aue) des Rotmains sowie entlang der Autobahn A9 (AB) im
Stadtgebiet von Bayreuth.
Der Boden wurde dispergiert, mit interner Standardlösung versetzt (acht deuterierte PAK/sieben 13Cmarkierte PCB) und in einer Soxhletapparatur mit einem Gemisch aus Hexan:Aceton 2:1 extrahiert. Die
Extrakte wurden über Aluminiumoxid-Silicagel- und Säure-Base-Kieselgel-Säulen (nur PCB)
aufgereinigt. Die Messung folgender 20 PAK und 12 PCB erfolgte am GC-MS:
Naphthalin [Np], Acenaphthylen [Ay], Acenaphthen [Ace], Fluoren [Fl], Phenanthren [Phe], Anthracen
[Ant], Fluoranthen [Fla], Pyren [Pyr], Benzo(a)anthracen [B(a)A], Chrysen+Triphenylen [C+T],
Benzo(bjk)fluoranthene [B(bjk)F], Benzo(e)pyren [B(e)P], Benzo(a)pyren [B(a)P], Perylen [Per],
Indeno(1,2,3-cd)pyren [IdPyr], Dibenzo(ah)anthracen [DbA] und Benzo(ghi)perylen [B(ghi)P],
PCB-Kongener- Nr. 1, 8, 20, 28, 35, 52, 101, 118, 138, 153, 180, 199, 206 und 209.
3
Ergebnisse und Diskussion
Die Spannweite der Gesamtgehalte (Σ20PAK-Gehalte/Σ12PCB-Gehalte) im Boden variiert um mehr als
zwei Größenordnungen und liegt zwischen 60 und 17671 µg PAK/kg bzw. zwischen 0,27 und 45,7 µg
PCB/kg. Die niedrigsten Gesamtgehalte wurden in den Mineralböden der Waldstandorte bzw. im
Oberboden am Stadtrand gemessen und verdeutlichen den städtischen Einfluß auf die Höhe der
PAK/PCB-Gehalte in Böden. Die höchsten Gesamtgehalte wurden in den Gartenböden nachgewiesen.
Der Median der Σ20PAK-Gehalte bzw. der Σ6PCB-Gehalte (=Summe der Referenzkongenere 28, 52,
101, 138, 153 und 180) der Bayreuther Oberböden ist vergleichbar mit demjenigen der Industriestadt
Linz (WEISS & RISS, 1992). Die Σ6PCB-Gehalte liegen im Bereich des Hintergrundwertes des
Bodenschutzgesetzes Baden-Württemberg, während der mittlere B(a)P-Gehalt der Bayreuther Böden
diesen Grenzwert um das dreifache überschreitet. Keiner der untersuchten Standorte überschreitet
jedoch die Prüfwerte dieses Gesetzes.
Die mittleren Σ20PAK-Gehalte nehmen in der Reihenfolge Garten > Park > Aue > Autobahn > Wald ab
(Abb. 1). Die signifikant höheren PAK-Gehalte der Gartenböden sind vermutlich auf die Verwendung
von Hausbrandaschen und Kompost zur Düngung zurückzuführen. Während Aschen aus
Kohlekraftwerken kaum PAK-belastet sind, kann von erhöhten PAK-Gehalten in Hausbrandaschen
ausgegangen werden, da in Hausbrandöfen durch Drosselung der Sauerstoffzufuhr während der
Verbrennung (Einsparung von Brennstoff), gute Bedingungen für die Bildung von PAK geschaffen
wurden. Eine weitere PAK-Quelle in Hausgärten ist möglicherweise die Verwendung von Regenwasser
aus Dachabspülungen. Der Median der B(a)P-Gehalte in den Bayreuther Gartenböden (1120 µg/kg)
liegt um den Faktor 7 höher als in Böden von Hausgärten aus den Ballungszentren NordrheinWestfalens (TEBAAY et al., 1993).
Die Σ12PCB-Gehalte in den Böden zeigen, mit Ausnahme der Waldböden, keine signifikanten
Unterschiede zwischen den Nutzungen (Abb. 1). Aufgrund der Filterwirkung der organischen Auflage,
sind die Mineralböden der Wälder deutlich geringer mit PAK und PCB belastet.
Σ 20PAK-Gehalte [mg/kg]
a
20
15
10
5
0
Aue
Autobahn
Garten
Park
W ald
Park
W ald
Nutzungskategorie
Σ12 PCB-Gehalte [µg/kg]
b
25
20
15
10
5
0
Aue
Autobahn
G arten
N u tzun g skateg o rie
Abb. 1: (a) PAK- und (b) PCB-Summengehalte in den fünf Nutzungskategorien
(Mittelwerte und Standardabweichungen).
Das mittlere PAK-Profil von Bayreuth wird dominiert durch B(bjk)F (19,1 %), Fla (12,8), C+T (10,4)
und Pyr (10,0), das mittlere PCB-Profil durch die Kongenere 138 (34,0%), 153 (25,8) und 180 (16,9).
Die Ähnlichkeit der PAK-Profile in den Bayreuther Böden und in den Böden Stephanskirchens
(WILCKE et al., 1997), der Stadt Linz (WEISS & RISS, 1992) und von drei Städten Neuenglands/USA
(BRADLEY et al., 1994) weist auf gleiche Eintragsmuster bzw. ähnliche Prozesse der Transformation,
Verflüchtigung und Verlagerung in den Böden unter vergleichbaren klimatischen Bedingungen hin.
Die Clusteranalyse der PAK-Profile erlaubt die Unterscheidung von vier Gruppen (Abb. 2). Die
„Verkehrsgruppe“ (Gr. 1) mit allen fünf Autobahnböden, ist auf hoher Verkettungsdistanz von der
durch die organische Auflage geprägten „Waldgruppe“ (Gr. 3) und der „Hausbrandgruppe“ (Gr. 4)
getrennt. Zwischen den Gruppen 1 und 4 bestehen zwei Hauptunterschiede. Der Anteil der
niedermolekularen PAK (Np bis Pyr) an den Σ20PAK-Gehalten ist in den Böden der
„Hausbrandstandorte“ deutlich höher, der Anteil der drei hochmolekularen PAK IdPyr, DbA und
B(ghi)P deutlich niedriger als in den Böden auf den „Verkehrsstandorten“. KHALILI et al. (1995) fanden
in Emissionen der Kohleverbrennung einen höheren Anteil an 2- und 3-Ring PAK (99 %) an den PAKGesamtgehalten als in Kfz-Abgasen (71 %). Das Verhältnis einzelner PAK zu B(ghi)P ist auf allen
„Verkehrsstandorten“ kleiner als auf den „Hausbrandstandorten“. Benzo(ghi)perylen ist ein typischer
Marker für Kfz-Abgase. TEBAAY et al. (1993) fanden abnehmende Anteile von B(ghi)P an den
Σ20PAK-Gehalten mit zunehmenden Abstand zur Fahrbahn. Die Clusteranalyse der PCB-Profile ergab
keine eindeutige Gruppenbildung.
100
80
60
40
20
0
AUE 1
G4
AB 5
AB 1
W5
AB 3
AB 4
P3
AUE 5
AB 2
G1
G5
P5
W1
W2
W3
W4
AUE 2
G3
P2
AUE 3
P1
G2
P4
AUE 4
Euklidische Verkettungsdistanz [%]
120
Gruppe 1
Gruppe 2 Gruppe 3
Gruppe 4
Abb. 2: Dendrogramm der PAK-Profile der Oberböden in Bayreuth
Der Σ12PCB-Gehalt korreliert eng mit dem Σ20PAK-Gehalt, allerdings nur, wenn vier der fünf
Gartenstandorte und ein Parkstandort mit jeweils > 10 mg/kg (Σ20PAK-Gehalte) bei der
Korrelationsanalyse nicht berücksichtigt werden (Abb. 3). Dies deutet darauf hin, daß ein großer Teil
der PAK und PCB aus einer diffusen Hintergrundbelastung der städtischen Atmosphäre in die Böden
gelangt, da PAK andere Primärquellen haben als PCB.
100
PAK-Summengehalt [mg kg -1]
r = 0,85, p < 0,001, n = 20
10
1
0,1
0,1
1
10
100
-1
PCB-Summengehalt [µg kg ]
Abb. 3: Korrelation zwischen den Summengehalten in den Boden Bayreuths.
(‹ = Gartenboden 1,2,3,5 und Parkboden 1; { = andere 20 Böden)
Schlußfolgerungen
Die PAK- und PCB-Gehalte sind in den Waldböden signifikant niedriger als in den Böden der anderen
Nutzungsklassen. Darüber hinaus zeigen die PCB-Gehalte keine Nutzungsabhängigkeit, während die
PAK-Gehalte in den Gartenböden signifikant höher liegen als in den Böden der anderen Nutzungen.
Mit Hilfe der Clusteranalyse lassen sich Gruppen von Böden unterscheiden, deren PAK-Profil auf
Verkehr bzw. Hausbrand als dominierende PAK-Quelle hinweist.
Dank
Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung (Az. Ze 154/381).
Literatur
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(PAHs) in a rural community leewards of a waste incineration plant.- Z. Pflanzenernähr. Bodenk.
160: pp 1-10.
Flächenrecycling
Sanierung einer ehemaligen Textilveredelung
Humbaur, L., v. Roda, B.,
Wasserwirtschaftsamt Donauwörth, Förgstr. 23, D-86609 Donauwörth
E-Mail: [email protected]
Zacher, A.
Gerling Consulting Gruppe, Hofer Str. 3, D-81737 München
E-Mail: [email protected]
Poster
1
LHKW- und MKW-Verunreinigung
Auf dem Betriebsgelände einer Textilveredelung wurden 1988 massive Verunreinigungen des Untergrundes und des Grundwassers durch Leichtflüchtige Halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW) festgestellt. Ab 1989 erfolgte die Sanierung der LHKW-Verunreinigungen durch Bodenluftabsaugung
bzw. seit 1990 durch Abpumpen des belasteten Grundwassers (hydraulische Sanierung) und Abreinigung in zwei Stripp-Anlagen (Einleitung in Vorfluter). Zusätzlich zum LHKW-Schaden wurde im Jahr
1991 an mehreren Stellen eine Belastung des Untergrunds durch Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW)
vorgefunden.
2
Sanierungsoptimierung mit Hilfe eines Grundwasserströmungsmodells
Ab 1993 wurde das Konzept der hydraulischen LHKW-Sanierung, einschließlich Beweissicherung
und Dokumentation des Sanierungsfortschrittes mit Hilfe eines numerischen Grundwasserströmungsmodells laufend optimiert. Aufgrund fortdauernd hoher LHKW-Belastungen im weiteren Sanierungsverlauf war zu prognostizieren, daß hinsichtlich der anschließend geplanten Wohnbebauung des Geländes der Sanierungszielwert bis zum Jahr 1996 mit den bis dahin angewandten Verfahren nicht zu
erreichen war.
3
Qualifizierter Rückbau und Totalsanierung
Nach der Betriebsstillegung 1994 und dem qualifizierten Rückbau der Firmengebäude im ersten Halbjahr 1995 wurde die Sanierung der MKW-Schäden im Zeitraum von September 1995 bis Juli 1996
durchgeführt. Hierbei erfolgte nach Entfernung der Bodenplatten und Fundamente der Gebäudekomplexe, die zunächst zum Schutz der MKW-Verunreinigungen vor versickerndem Niederschlagswasser
erhalten wurden, der qualifizierte Bodenaustausch unter fachtechnischer Überwachung und gutachterlicher Begleitung der Gerling Consulting Gruppe und des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth. Zur
Sanierung des Aquifers wurde nach eingehender Erkundung ein ca. 65 m x 40 m umfassender Spundwandkasten errichtet, in dessen Schutz der Austausch der wassergesättigten Bodenzone bis in eine
Maximaltiefe von ca. 12,4 m erfolgte.
4
Sanierungserfolg
Im Zuge des Bodenaushubs wurden von der Sohle des Grundwasserleiters ca. 150 l Lösemittel in Phase (hauptsächlich Perchlorethylen) zurückgewonnen. Insgesamt wurden ca. 21000 t belastetes Bodenmaterial ausgetauscht und einer qualifizierten Entsorgung bzw. Wiederverwertung zugeführt.
Zusätzlich wurden vorher bereits ca. 2500 kg LHKW durch die Bodenluftabsaugung bzw. hydraulische Sanierung ausgetragen. Durch die erfolgreiche Sanierung konnte ein genereller Rückgang der
LHKW-Belastung im Grundwasser auf Werte < 40 µg/l (Mikrogramm pro Liter) erreicht werden; im
Abstrom des ehemaligen Betriebsgeländes liegen die Werte unter 25 µg/l.
5
Sanierungsbilanz
Tabelle 1:
Massen, Flächen und Kosten der Bodensanierung
Massen:
MKW-Schäden
LHKW-Schaden
Sanierungsmiete (LHKW)
Verunreinigte Rohrleitungen
Flächen:
Gesamtgelände
Aushubfläche MKW
Spundwandkasten LHKW
40 000 m²
5 530 m²
2 500 m²
Kosten (inkl. Entsorgung):
Gebäudeabbruch
MKW-Schäden
LHKW-Schaden
Gesamtkosten Bodensanierung
DM 795 000,-DM 1 700 000,-DM 850 000,-DM 3 350 000,--
Tabelle 2:
20 000 t
1 600 t
846 t
250 m
Grundwasser- und Bodenluftsanierung
Grundwasserreinigungsanlage 1
Grundwasserreinigungsanlage 2
Bodenluftsanierung
Sanierungsmiete
Gesamtaustrag LHKW
Durchsatz 11 m³/h
Durchsatz 10 m³/h
Volumenstrom 750 m³/h
Volumenstrom 590 m³/h
ca. 2 500 kg
Poster
Das Poster zeigt Bilder der Bodenverunreinigungen, insbesondere Lösemittel auf der Oberfläche des
Grundwasserstauers bzw. Schmieröle auf der Grundwasseroberfläche in Phase. Des weiteren wird das
schrittweise Auskoffern belasteter Bereiche und der Austausch der wassergesättigten Bodenzone
durch Bildmaterial aus der Fotodokumentation der Sanierung veranschaulicht. Diagramme zeigen die
LHKW-Austragsmengen über Bodenluftabsaugung und hydraulische Sanierung sowie die Schadstoffentwicklung im Grundwasser für die Dauer der Sanierung.
Dioxin- und PCB- -Hintergrundwerte von Waldstandorten in Bayern
Joneck, M., R. Prinz und A. Reischl
Bayer. Geologisches Landesamt, Außenstelle Bamberg, Concordiastr. 28, 96049 Bamberg
e-mail: [email protected]
Abstract: Based on approximately 1000 soil samples drawn from 196 forest locations across Bavaria,
background values for polychlorinated dibenzodioxins and polychlorinated dibenzofurans (PCDD/F)
and polychlorinated biphenyls (PCB) were derived. Geostatistical methods were used to visualize the
spatial distribution of organic pollutants all over Bavaria.
Zusammenfassung:Auf der Basis von 196 bayernweit verteilten Fichtenstandorten, an denen
insgesamt ca. 1000 Bodenproben flächen- und horizontbezogen entnommen wurden, wurden für die
organischen Auflagen, die Oberboden- und Unterbodenhorizonte Hintergrundwerte für PCDD/F und
PCBs abgeleitet. Geostatistische Analysenverfahren dienten zur Darstellung der räumlichen Verteilung dieser Problemstoffe in Bayern
Keywords: soil protection, background values, spatial distribution; organic pollutants;
Schlagworte: Bodenschutz, Hintergrundwerte, räumliche Verteilung; organische Schadstoffe;
1
Einleitung
Im Rahmen eines vom Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen
finanzierten Forschungsvorhabens wurden an 196 bayernweit verteilten Fichtenstandorten (Bestandesalter > 80 Jahre) Bodenproben entnommen und auf organische Problemstoffe untersucht. Ziel der
Arbeiten war es, die ubiquitär eingetragenen Gehalte organischer Problemstoffe in emittentenfernen
Waldböden zu quantifizieren und stoffbezogene Hintergrundwerte für den Vollzug der Bodenschutzgesetze abzuleiten. Waldstandorte haben darüber hinaus im Vergleich zu landwirtschaftlich
genutzten Flächen den Vorteil, daß Einträge organischer Problemstoffe i.d.R über den Luftpfad
erfolgen (Ausnahmen z.B. Lindan zur Bekämpfung der Borkenkäfer). Somit eignen sich die Böden
dieser Standorte und hier vor allem die Auflagen (vgl. WEISS, 1998; RUPPERT, 1998, REISCHL ET AL.
1990) auch sehr gut, die Immissionssituation dieser Standorte bis zum Zeitpunkt der Probennahme zu
kennzeichnen.
2
Material und Methoden
Von 196 Fichtenstandorten der Altersklasse IV (> 80 Jahre) wurden horizontbezogen 941 Bodenproben entsprechend BAYERISCHES GEOLOGISCHES LANDESAMT (1992) durch ein externes Institut
entnommen. Die Untersuchungsparameter und die Analysenmethoden sind in JONECK ET AL. 1988
detailliert beschrieben. Die PCB-Gehalte wurden an Auflagen, Oberbodenhorizonte sowie dem ersten
Unterbodenhorizont bestimmt, die Dioxine ausschließlich an Auflagen und Oberböden.
Die Datenaufbereitung (Ausreißerbereinigung, Einbeziehungen der Nachweisgrenzen etc.) sowie die
eingesetzten statistischen Verfahren sind in JONECK UND PRINZ 1994 ausführlich beschrieben.
Für die geostatistische Bearbeitung raumbezogener Daten wurden Flächeninterpolationen mittels des
“Kriging”-Verfahrens durchgeführt, das in CRESSIE (1990) und MYERS (1997) detailliert beschrieben
ist. Eingesetzt wurde dazu das Programm “Surfer” Version 6 der Golden Software, Inc. Colorado,
USA.
3
Ergebnisse
Für die zwei Problemstoffgruppen werden nachfolgend die horizontbezogenen statistischen
Kenngrößen sowie Hintergrundwerte tabellarisch und anschließend die räumlich differenzierten
Problemstoffgehalte in organischen Auflagehorizonten graphisch dargestellt.
3.1
Dioxine und Furane (PCDD/F)
In Tabelle 1 sind die statistischen Kenngrößen sowie die Hintergrundwerte der PCDD/F in den
Auflagen und Oberböden bayerischer Waldstandorte zusammengefaßt.
Die Hintergrundwerte für Auflagen (36 ng I-TEq/kg TS bzw. 37 ng BGA-TEq/kg TS) stimmen mit
den Daten eigener Erhebungen aus den Jahren 1989-1990 (90%-Perzentile: 30 ng I-TEq/kg TS bzw.
33 ng BGA-TEq/kg TS) gut überein. Auch die Hintergrundwerte der Oberböden liegen mit 4,6 ng ITEq/kg TS bzw. 4,4 ng BGA-TEq/kg TS in der Größenordnung wie sie für bayerische Oberböden
auch in der LABO (1995) angegeben werden (3,3- bzw. 4,6 ng I-TEq/kg TS).
Tabelle 1: Statistische Kenngrößen und Hintergrundwerte für PCDD/F (ng/kg TS) in Waldböden Bayerns
Auflagen
Oberböden
I-TEq9
BGA-TEq10
I-TEq
BGA-TEq
n1
191
192
149
149
Min2
1,7
1,8
0,28
0,28
Max3
68
77
8,0
9,6
04
19
21
2,3
2,3
S5
12
13
1,7
1,8
Med 6
17
18
1,8
1,9
90%7
36
37
4,6
4,4
Bemerkungen:
n1: Stichprobenumfang; Min2: Minimum; Max3: Maximum; 0 4: arithmetischer Mittelwert; s5: Standardabweichung (F n-1); Med 6: Median (= 50% Perzentil); 90%7: 90% Perzentil (Hintergrundwert); I-Teq8::
Toxizitätsäquivalent berechnet mittels NATO/CCMS-Koeffizienten; BGA-TEq10: Toxizitätsäquivalent
berechnet mittels BGA-Koeffizienten
Die räumliche Differenzierung der Schadstoffgehalte in Auflagen hat zum Ziel, Regionen mit höheren
Dioxingehalten von denen mit niedrigeren Gehalten zu trennen. Die untersuchten Forststandorte liegen
nicht im direkten Einflußbereich von Emittenten, so daß die vorgestellten organischen Schadstoffgehalte der Auflagen und Böden ausschließlich auf weiträumig verfrachtete, luftgetragene Immissionen
zurückzuführen sind. Insofern kennzeichnet diese räumliche Differenzierung auch die standortsbezogene Immissionsituation. Die insgesamt geringe Datendichte zwingt dazu, die ermittelten Ergebnisse lediglich als erste Hinweise zu betrachten.
Abbildung 1 zeigt die räumlich differenzierten PCDD/F-Gehalte für Auflagen. Erhöhte Werte sind
dabei v.a. im nordöstlichen Bayern (Hof-Coburg-Bayreuth) zu erkennen.
Bad Neustadt
PCDD/F-Gehalte [ng ITeq/kg TS]
Datengrundlage: 178 Standorte
Hof
Coburg
Aschaffenburg
Bayreuth
100
Würzburg
Weiden
80
Nürnberg
60
Regensburg
40
Ingolstadt
Passau
Ulm
20
Augsburg
Burghausen
München
0
Berchtesgaden
Garmisch-Partenkirchen
Lindau
50
25
75
100 km
Maßstab
Abbildung 1: Räumlich differenzierte PCDD/F-Gehalte in Auflagen bayerischer Fichtenstandorte
Bad Neustadt
Hof
Ballschmiter-PCB-Gehalte [µg/kgTS]
Datengrundlage: 177 Standorte
Coburg
Aschaffenburg
Bayreuth
Würzburg
Weiden
200
Nürnberg
150
Regensburg
100
Ingolstadt
Passau
Ulm
Augsburg
50
Burghausen
München
0
Berchtesgaden
Garmisch-Partenkirchen
Lindau
25
50
75
100 km
Maßstab
Abbildung 2: Räumlich differenzierte PCB-Gehalte in Auflagen bayerischer Fichtenstandorte
3.2
Polychlorierte Biphenyle (PCB)
In Tabelle 2 sind die PCB-Gehalte (Summe der 6 Ballschmiter-PCB) in den Auflagen, Oberböden und
Unterböden bayerischer Forststandorte zusammengefaßt.
Bezüglich der Hintergrundwerte können die hier erhobenen Daten lediglich mit eigenen, älteren
Erhebungen, sowie mit den Erhebungen aus Baden-Württemberg (LABO, 1995) verglichen werden.
Während der Median in den Auflagen Baden-Württembergs und Bayern nahezu identisch ist, liegt das
90% Perzentil in Bayern mit 71 µg/kg TS niedriger als das in Baden-Württemberg mit 107 µg/kg TS.
Dabei ist allerdings der um Faktor 3 höhere Stichprobenumfang der bayerischen Erhebungen zu
berücksichtigen.
Der Hintergrundwert im Oberboden bayerischer Waldstandorte liegt bei 6,1 µg/kg TS. Bei den
Oberbodenkonzentrationen sind die Diskrepanzen zwischen den in Bayern und Baden-Württemberg
ermittelten Gehalten deutlicher ausgeprägt. Während der Mediangehalt der Oberbodenhorizonte in
Baden-Württemberg knapp doppelt so hoch liegt wie in Bayern, weist das 90% Perzentil BadenWürttembergs einen vierfach höheren Gehalt auf (24 µg/kg TS).
Der Hintergrundwert des Unterbodens liegt unterhalb der Nachweisgrenze, da bei 91 % aller Bodenproben keine PCB nachweisbar waren (vgl. Tabelle 2). Vergleichswerte zu den PCBUnterbodengehalten liegen derzeit nicht vor.
Tabelle 2: Statistische Kenngrößen und Hintergrundwerte für PCB (µg/kg TS) in Waldböden Bayerns
Auflagen
Oberböden
Unterböden
PCB9
PCB
PCB
n1
188
183
88
Min2
5,2
<Ng
<Ng
Max3
115
17
4,2
%<Ng4
-
31
91
05
43
2,2
0,1
s6
21
3,2
0,53
Med 7
39
1,2
<Ng
90%8
71
6,1
<Ng
Bemerkungen:
n1: Stichprobenumfang; Min2: Minimum; Max3: Maximum; %<Ng4: Prozentanteil kleiner Nachweisgrenze;
0 5: arithmetischer Mittelwert; s6: Standardabweichung (F n-1); Med 7: Median (= 50% Perzentil);
90%8: 90% Perzentil (Hintergrundwert); PCB90: Summe polychlorierter Biphenyle mit den IUPAC-Nr.:
28+52+101+138+153+180
Die räumlich differenzierten PCB-Hintergrundwerte in Auflagen sind der Abbildung 2 zu entnehmen.
Die Flächeninterpolation ergibt Regionen mit erhöhten PCB-Gehalten v.a. im Bereich um München,
Ingolstadt, Augsburg und Neu-Ulm, sowie um Nürnberg und Aschaffenburg.
4
Literatur
BAYERISCHES GEOLOGISCHES LANDESAMT (1992): Merkblatt für die Anlage von Bodenmeßnetzen
zur Bodenbeobachtung und Beweissicherung bei Problemstoffemittenten. Verlag: Bayerisches
Geologisches Landesamt, München;
CRESSIE, N.A.C. (1990): The origins of kriging. Mathmatical Geology, v.22, p. 239-252;
JONECK, M., PRINZ, R. (1994): Hintergrundbelastung bayerischer Böden mit organischen Problemstoffen. GLA-Fachberichte 12: 55 S.; Bayer. Geologisches Landesamt, München;
JONECK, M., PRINZ, R., REISCHL, A., SCHMIDT, R. (1998): Abschlußbericht zum F+E-Vorhaben:
Untersuchung zur Ermittlung der ubiquitären Hintergrundbelastung von organischen Problemstoffen
(inkl. PCDD/PCDF) an ausgewählten Böden Bayerns unter normierten Standortbedingungen. Bayer.
Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, München;
LABO (Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz) (1995): Hintergrund- und Referenzwerte für
Böden. Bayer. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen (Hrsg.), München;
MYERS, J. C. (1997): Geostatistical error management. Quantifying uncertainty for environmental
sampling and mapping. Van Nostrand Reinhold, New York;
REISCHL, A., ZECH, W., REISSINGER, M., LENOIR, D., SCHRAMM, K.-W., HUTZINGER, O. (1990):
Distribution of Chlorinated Aromatics in Leaves, Needles and two Soils from the Fichtelgebirge (NEBavaria), FRG, in: Hutzinger, O., Fiedler, H., Organohalogen Compounds Vol. 4: Dioxin 90 - EPRISeminar, Ecoinforma Press, Bayreuth;
RUPPERT, H. (1998): Die Humusauflage von Waldböden Südbayerns als Anzeiger der relativen
Immissionsbelastung durch Schwermetalle, GLA-Fachberichte 15, 44 S., München;
WEISS, P. (1998): Persistente organische Schadstoffe in Hintergrund-Waldgebieten Österreichs,
Monographien Band 97, Umweltbundesamt Wien;
Die natürliche Erosionsdisposition der Böden in der Region Ingolstadt
Walter Martin und Anna Weidenbacher
Walter Martin, Bayerisches Geologisches Landesamt, Heßstraße 128, 80797 München
[email protected]
Abstract: Repeated substantial soil loss is treated as harmful soil change by the German SoilProtection-Act and the German Soil-Protection-Order. Farmers in concerned areas have to be
instructed in sustainable agriculture for the given environment. Therefore a method based on the
Universal Soil Loss Equation is proposed, to estimate the potentially concerned area by easily
available input data for large areas.
Zusammenfassung: Das Bundes-Bodenschutzgesetz und die Bundes-Bodenschutzverordnung stufen
wiederholte erhebliche Bodenabträge als schädliche Bodenveränderung ein und fordern auf
betroffenen landwirtschaftlich genutzten Flächen eine Beratung zur standortgerechten Nutzung. Die
Allgemeine Bodenabtragsgleichung ermöglicht ein Verfahren, das mit flächendeckend vorliegenden
Daten einen Überblick über die potentiell von dieser Regelung betroffenen Fläche erlaubt.
Keywords: Soil erosion, USLE, German Soil-Protection-Act, Natural disposition for soil erosion,
general overview map
Schlagworte: Bodenabtrag, ABAG, Bundes-Bodenschutzgesetz, natürliche Erosionsdisposition,
flächenhafte Übersichtsabschätzung
1
Einleitung
Die Verlagerung von Bodenmaterial durch Wasser überschreitet in Bayern vielfach das für eine
nachhaltige Bodennutzung tolerierbare Maß (AUERSWALD & SCHMIDT, 1986). Das BundesBodenschutzgesetz (BBodSchG) fordert, daß Bodenabträge durch eine nachhaltige Bodennutzung
vermieden werden. Die Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV) definiert „erhebliche
Bodenabträge“, die wiederholt auftreten als schädliche Bodenveränderung. In solchen Fällen ist bei
landwirtschaftlicher Nutzung eine Beratung auf standortangepaßte Nutzung vorgesehen.
Zur Abschätzung der von dieser Regelung potentiell betroffenen Fläche wird ein Verfahren
vorgeschlagen, das in einer einfachen Übersichtsabschätzung auf der Basis flächenhaft verfügbarer
Daten die Landschaftsbereiche kennzeichnet, in denen die Wahrscheinlichkeit für schädliche
Bodenveränderungen durch Bodenerosion bei nicht standortangepaßter Nutzung hoch ist. Dazu wird
die “natürliche Erosionsdisposition“ der Böden aufgrund der natürlichen Standortbedingungen auf der
Grundlage der von SCHWERTMANN et al. (1987) modifizierten Allgemeinen Bodenabtragsgleichung,
der ABAG, und dem Atlas der Erosionsgefährdung in Bayern (AUERSWALD & SCHMIDT, 1986)
berechnet und eine Übersichtsabschätzung der Erosionsgefährdung von Böden an ihrem Standort für
die Planungsregion Ingolstadt durchgeführt. Die Ergebniskarte stellt die Wahrscheinlichkeit der
Gefährdung der Böden durch flächenhafte Wassererosion in 4 Stufen dar.
2
2.1
Berechnung
Grundlagen
Die Karten der natürlichen Erosionsdisposition werden aus den Einzelinformationen zu Boden, Klima
und Oberflächenform durch die Verknüpfungsregeln der ABAG erstellt.
Die ABAG lautet:
A = R•K•L•S•C•P
Hierbei gilt:
A:
Langjähriger, mittlerer jährlicher Bodenabtrag
R:
Regen- und Oberflächenabflußfaktor
K:
Bodenerodierbarkeitsfaktor
L:
Hanglängenfaktor
S:
Hangneigungsfaktor
C:
Bedeckungs- und Bearbeitungsfaktor
P:
Erosionsschutzfaktor
Die Karten der natürlichen Erosionsdisposition der Planungsregion Ingolstadt basieren auf den
Faktoren R (Regen- und Oberflächenabfluß), K (Bodenerodierbarkeit), S (Hangneigungseinfluß) und
L (Hanglängeneinfluß), soweit ein allgemeiner Hanglängeneinfluß aus der Landschaft abgeleitet
werden kann. Die tatsächliche erosive Hanglänge, sowie der Bedeckungs-, Bearbeitungs- und
Erosionsschutzeinfluß, die sich weitgehend aus der menschlichen Nutzung ergeben, wurden nicht
berücksichtigt.
2.2
2.2.1
Einzelfaktoren
R: Regen- und Oberflächenabflußfaktor (R-Faktor)
Sommerniederschläge
(BAYERISCHER
Aus
der
digitalisierten
Karte
der
mittleren
KLIMAFORSCHUNGSVERBUND, 1996) wurden die zugehörigen R-Faktoren mit der für Bayern gültigen
Formel nach SAUERBORN (1994) berechnet.
2.2.2
K: Bodenerodierbarkeitsfaktor (K-Faktor)
Die jeweiligen K-Faktoren der Böden wurden nach der von SCHWERTMANN et al. (1987)
angegebenen Formel aufgrund der Analysenergebnisse der Modellprofile in der erweiterten Legende
der Konzeptbodenkarten im Maßstab 1:25.000 (KBK25) des Bayerischen Geologischen Landesamtes
(GLA) berechnet. In die Berechnung gingen der Schluff-, Feinstsand- und Sandgehalt, der Gehalt an
organischer Substanz, die Aggregatklasse, die Durchlässigkeitsklasse und die Steinbedeckung der
Böden ein. Soweit die Aggregierung oder Permeabilität im Legendenbeschrieb nicht besonders
hervorgehoben wurde und damit beurteilt werden konnte, wurden die Aggregatklasse 2 (feinkrümelig)
und die Permeabilitätsklasse 4 (hoch) angesetzt.
Aus den K-Faktoren der Böden wurden durch die flächenanteilige Wichtung der Modellprofile in
einer Legendeneinheit der Konzeptbodenkarten der K-Faktor einer Legendeneinheit errechnet. Bei der
Berechnung des K-Faktors einer Legendeneinheit wurden sowohl Modellprofile landwirtschaftlich
genutzter Standorte als auch solche von Forststandorten eingeschlossen.
2.2.3
L: Hanglängenfaktor und S: Hangneigungsfaktor (LS-Faktor)
Der Bodenabtrag an einer geneigten Fläche nimmt mit zunehmender Neigung und Hanglänge zu. Der
Einfluss der Hangneigung und der erosionswirksamen Hanglänge wird als LS-Faktor berechnet
(SCHWERTMANN et al., 1987).
Die Hangneigung wurde aus dem digitalen Geländemodell (DGM50) des Bayerischen
Landesvermessungsamtes (LVA) ermittelt. Das DGM50 liefert Höhenwerte im quadratischen Raster
von 50m. Aus den Höhenwerten wurde mit Hilfe von ARC/INFO eine Neigungskarte in 1°-Neigungsklassen erstellt.
Die erosionswirksame Hanglänge ist definiert als der Hangabschnitt zwischen Einsetzen des
Oberflächenabflusses und Sedimentation des Bodenmaterials oder Eintreten des Wassers in einen
Vorfluter (SCHWERTMANN et al., 1987). Die natürliche Hanglänge, wie sie aus dem DGM50 zu
ermitteln wäre, kann für die Erosionsvorhersage nicht benutzt werden, da sie die Dynamik des
Oberflächenabflusses nicht widerspiegelt. Oberflächenstrukturen, wie Feldraine, Wege und abgesetzte
Schlaggrenzen, welche die Fließstrecke des oberflächlich abfließenden Regenwassers unterbrechen,
sind aus den Daten des DGM50 oder aus den zur Verfügung stehenden Karten nicht ableitbar.
Nach AUERSWALD & SCHMIDT (1986) besteht ein Zusammenhang zwischen Hangneigung und
erosionswirksamer Hanglänge landwirtschaftlich genutzter Flächen, wobei mit zunehmender Steilheit
die erosiven Hanglängen abnehmen. Aufgrund dieses Zusammenhanges wurde die mittlere erosive
Hanglänge aus der über das DGM50 bestimmten Hangneigung ermittelt und aus beiden der LS-Faktor
errechnet.
2.3
Kartenerstellung
Die Grundinformationen liefern die KBK25 des GLA, Rasterdaten des LVA (DGM50) und der
Klimaatlas von Bayern (BAYERISCHER KLIMAFORSCHUNGSVERBUND, 1996). Diese Grundlagenkarten
wurden zu Bearbeitungsgebieten zusammengefaßt, die den Kartenausschnitten der TK50 (ca. 544 km2)
oder TK25 (ca. 136 km2) entsprechen. Eine Bearbeitung der gesamten Region Ingolstadt (2854 km2)
war wegen der hohen Anforderungen an Rechenzeit und Speicherplatz bei der
Hangneigungsberechnung nicht möglich. Die aus dem DGM50 errechneten Hangneigungkarten
wurden mit den Höhenlinien der TK25 hinterlegt und stimmten mit diesen gut überein.
Geländeformen mit einer Ausdehnung von weniger als 70m wurden allerdings mit abnehmender
Größe immer schlechter erfaßt.
Die 3 Grundlagenkarten wurden verschnitten und die natürliche Erosionsdisposition als Produkt von
K-, R- und LS-Faktor berechnet und klassifiziert dargestellt. Die Bearbeitungsgebiete wurden erst
nach abgeschlossener Berechnung zur Darstellung der Ergebnisse zusammengeführt.
3
Ergebnisdiskussion
Die Karte der natürlichen Erosionsdisposition zeigt das Gefährdungspotential eines Standortes für
Bodenabtrag durch Wasser ohne den Nutzungseinfluß des Menschen. Auf sie aufbauend können
weitere Einflüsse, wie die der ganzjährigen Bodenbedeckung, der Bewirtschaftungsform oder der
Erfolg von Bodenschutzmaßnahmen beleuchtet werden, um wo nötig, geeignete erosionsmindernde
Maßnahmen zu erarbeiten. Vor allem geben die Karten einen Überblick, wo ein hohes natürliches
Erosionspotential vorliegt, dem mit geeigneter Nutzung wie Wald oder Grünland begegnet werden
kann, oder wo die Einführung abtragshemmender Landbewirtschaftungsformen den größten Nutzen
erbringen und weitere detaillierte, an der realen Bewirtschaftung orientierte Berechnungen (KAGERER
& AUERSWALD 1997) sinnvoll sind.
Karte 1: Natürliche Erosionsdisposition durch Wasser, dargestellt an einem Ausschnitt der
Topographischen Karte Blatt L7332 Neuburg an der Donau.
Die verwendete Gleichung für den Hangneigungsfaktor S (SCHWERTMANN et. al. 1987) und die
daraus abgeleitete mittlere Hanglänge gilt nur für gleichmäßig geneigte Hänge. Sie stellt eine
Vereinfachung der tatsächlich vorhandenen topographischen Gegebenheiten dar. Aufgrund des großen
Rechenaufwandes bereits bei der vereinfachten Ableitung des LS-Faktors aus dem DGM50 für die
gesamte Region Ingolstadt, war eine weitere Differenzierung unter Einbeziehung der horizontalen und
vertikalen Hangkrümmung wie sie AUERSWALD et al. (1988) vorschlagen nicht durchführbar.
Nicht berücksichtigt sind weitere Abtragsformen durch Wind, durch linienhaften Bodenversatz wie
Grabenerosion oder Rinnenerosion, sowie Bodenverluste durch das dem Erntegut anhaftende Material,
da sie auch in der BBodSchV nicht erwähnt werden.
4
Literatur
AUERSWALD K., SCHMIDT F. (1986): Atlas der Erosionsgefährdung in Bayern – Karte zum
flächenhaften Bodenabtrag durch Regen.- GLA Fachberichte 1: 72 S.; München (Bayer. Geol.
Landesamt.
AUERSWALD K., FLACKE W., NEUFANG L. (1988): Räumlich differenzierende Berechnung
großmaßstäblicher Erosionsprognosekarten – Modellgrundlagen der dABAG.- Z. Pflanzenernähr.
Bodenk. 151: 369-373; Weinheim.
BAYERISCHER KLIMAFORSCHUNGSVERBUND (1996):
Klimaforschungsverbund (BayFORKLIM), München.
Klimaatlas
von
Bayern.-
Bayerischer
KAGERER, J., AUERSWALD, K. (1997): Erosionsprognosekarten im Maßstab 1:5000 für
Flurbereinigungsverfahren und Landwirtschaftsberatung.- Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur
und Pflanzenbau (LBP) 2/97: 35 S., Freising-München.
SAUERBORN, P. (1994): Die Erosivität der Niederschläge in Deutschland – Ein Beitrag zur
quantitativen Prognose der Bodenerosion durch Wasser in Mitteleuropa.- Bonner Bodenkundl. Abh.
13: 189 S.; Bonn.
SCHWERTMANN U., VOGL W., KAINZ M. (1987): Bodenerosion durch Wasser – Vorhersage des
Abtrags und Bewertung von Gegenmaßnahmen.- 64 S.; Ulmer.
Stoffbestand des Bodens - Einträge, Austräge auf landwirtschaftlichen Flächen
am Beispiel Schwermetalle (Ergebnisse aus dem bayerischen BDF-Programm)
Müller, Christa
Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau, Vöttingerstr. 38, 85354 Freising
e-mail: [email protected]
Abstract: Since 1985 at 133 long-term monitoring points on representativ farming areas in Bavaria
the input of heavy metals from air and agricultural cultivation were measured. In the past 10 years at
nearly every path a decrease of input could be registered. If you projekt the present input/output for a
period of 100 years the content of heavy metals in soil increase at Pb about 1,5, at Cd about 8, at Cu
depending on species of animal about 3 (cattle) respectively 30 % (pic).
Zusammenfassung: An 133 Boden-Dauerbeobachtungs-Flächen werden in Bayern seit 1985 die
Schwermetalleinträge aus der Luft und durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung erfaßt. In den
letzten 10 Jahren ist bei fast allen Pfaden ein Rückgang der Einträge festzustellen. Bei Hochrechnung
der derzeitigen Einträge/ Austräge würden sich die derzeitigen Bodengehalte in 100 Jahren im Mittel
bei Pb um 1,5, bei Cd um 8, bei Cu je nach Tierart um 3 (Rind) bzw. 30 % (Schwein) erhöhen.
Keywords: soil monitoring, heavy metals, precautionary values, liquid manure, fertilizer
Schlagworte: Bodenmonitoring, Schwermetalle, Vorsorgewerte, Wirtschaftsdünger, Mineraldünger
1
Einleitung
Schwermetalle sind als natürliche Bestandteile der Gesteine in allen Böden enthalten. Zum natürlichen
Bodengehalt kommen - verstärkt in den letzten 100 Jahren - Einträge aus Industrie und Verkehr. Auf
landwirtschaftlichen Flächen können durch Betriebsmittel wie Dünge- oder Futtermittel zusätzlich
Schwermetalle eingetragen werden. Im Gegensatz zu Wasser und Luft können sich diese persistenten
Stoffe im Boden anreichern und langfristig die Bodenfunktionen beeinträchtigen.
Der Gedanke eines vorsorgenden Bodenschutzes veranlaßte Bayern bereits 1985, als erstes Bundesland, ein landesweites Boden-Dauerbeobachtungsflächen (BDF)-Programm aufzunehmen. Auf
133 BDF wird langfristig verfolgt, wie sich die landwirtschaftliche Bewirtschaftung und außerlandwirtschaftliche Einflüsse auf den Boden auswirken.
Änderungen der Stoffgehalte durch periodische Untersuchungen nachzuweisen, ist besonders bei Akkerflächen aufgrund der regelmäßigen Durchmischung der Krume schwierig. Daher wird ergänzend zu
den Messungen der Stoffgehalte im Boden erfaßt, welche Stoffmengen aus der Luft, durch Mineral-,
Wirtschaftsdünger und Pflanzenschutzmittel in den Boden eingetragen bzw. durch Abfuhr mit den
Ernteprodukten, durch Verlagerung mit dem Sickerwasser oder durch Erosion und oberflächliche
Abschwemmung dem System wieder entzogen werden. Durch eine überschlägige Bilanzierung der
Stoffflüsse lassen sich Veränderungstendenzen im Stoffbestand des Bodens so früher erkennen als
durch Bodenuntersuchungen allein.
2
Material und Methoden
Auswahl der Flächen
Die Auswahl der Flächen (1000 m2 ) erfolgte nach der standortkundlichen Landschaftsgliederung von
Bayern und der regional typischen Nutzung schwerpunktsmäßig auf landwirtschaftlichen Praxisbetrieben (BAYER. STAATSMINISTERIEN F. LANDESENTWICKLUNG U. UMWELTFRAGEN U.
F. ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT U. FORSTEN (1990); BAYER. LANDESANSTALT F.
BODENKULTUR U. PFLANZENBAU (1997a)). Die landwirtschaftlich genutzten Flächen sind Teil
eines landesweiten BDF-Programms, an den auch die Bayer. Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft mit 78 BDF und das Bayer. Geologische Landesamt mit 55 BDF beteiligt sind.
Boden
Für die Erstuntersuchung wurden 1985 alle BDF in 4facher Wiederholung beprobt (Krume, Unterboden).
Pro Wiederholung wurden 20 Proben gezogen und zu einer Mischprobe vereinigt.
Aufschluß und Messung: Königswasser-Aufschluß, trockene Veraschung des Rückstandes bei 550°C,
Entfernen des Silikats durch mehrmaliges Abrauchen mit HF; Messung am AAS mit Deuterium-Untergrundkompensation, im extremen Spurenbereich AAS-Graphitrohr mit Zeemann-Kompensation;
Immissionen
Nasse und trockene Freilanddeposition mittels zwei Bulk-Sammlern auf jeder BDF (Bergerhoff-Verfahren,
VDI 2119 BL 2), Wechsel in monatlichem Turnus;
Aufschluß und Messung: Eindampfrückstand Salpetersäure-Aufschluß, trockene Veraschung des
Rückstandes bei 550°C, Entfernen des Silikats durch mehrmaliges Abrauchen mit HF, Messsung wie
Boden;
Wirtschafts- und Mineraldünger
Königswasser-Aufschluß, Messung am AAS;
Ernteprodukte
Salpetersäure-Aufschluß (Druckaufschluß; Mikrowelle); Messung am AAS;
3
Ergebnisse und Diskussion
Das Poster zeigt am Beispiel der Schwermetalle Blei, Cadmium und Kupfer
• die mittleren Einträge durch Immissionen, Wirtschaftsdünger und Mineraldünger für die Jahre
1985 und 1995 sowie die mittleren Stoffausträge durch Ernteprodukte (Abb. 1)
• den mittleren Stoffbestand bayerischer Acker-BDF im Jahre 1985 (Abb. 2)
• eine Hochrechnung der Bodengehalte bei Annahme derzeitiger Stoffeinträge und -austräge für
einen Zeitraum von 100 Jahren (Abb. 3).
Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse zum Stoffbestand der Böden ist in BAYER. LANDESANSTALT FÜR BODENKULTUR UND PFLANZENBAU (1997a), der Ergebnisse zu den Stoffeinträgen und -austrägen in BAYER. LANDESANSTALT FÜR BODENKULTUR UND PFLANZENBAU (1997b) enthalten.
Die Stoffeinträge durch Wirtschaftsdünger wurden für einen Viehbesatz von 1 GV Rinder bzw.
Schweine/ha LF berechnet. Bei Mineraldünger beziehen sich die Einträge auf einen mittleren Nährstoffverbrauch in Bayern (N 83 kg/ha, P2O5 32 kg/ha und K2O 43 kg/ha) unter Berücksichtigung des
Anteils der eingesetzten Düngemitteltypen.
Für die Stoffausträge durch Ernteprodukte wurden die mittleren Entzüge für einen Ackerbaubetrieb
mit Körnermaisanbau und Schweinemast und einen Grünlandbetrieb mit Milchvieh zugrundegelegt.
Der Austrag von Schwermetallen durch Tiefenverlagerung ist bei den auf ackerbaulich genutzten
Böden vorherrschenden pH-Werten praktisch zu vernachlässigen.
Mittlere Stoffeinträge und Stoffausträge 1986 - 1995
Stoffeinträge
Immissionen
Stoffausträge
Mineraldünger
Wirtschaftsdünger
Ernteprodukte
1 GV/ha
NPK
Blei
Cadmium
Kupfer
1986
1995
68
16
1,0
23
0,5
19
Blei
Cadmium
Kupfer
1986
1995
13
6
Blei
1,3
Cadmium
2,4
11
5
Kupfer
1986
1995
17
17
Blei
0,8
0,6
Cadmium
776/64
228/66
Schwein /Rind
Kupfer
16
1,5
27/66
Mais /Heu
Zulässige Frachten nach Bundes-Bodenschutz- und Altlasten-Verordnung (1999)
Blei
Cadmium
Kupfer
400 g/ha je Jahr
6 g/ha je Jahr
360 g/ha je Jahr
Abbildung 1: Mittlere Stoffeinträge und Stoffausträge 1986 - 1995 (g/ha) - Bsp. Schwermetalle
Immissionen
Die Schwermetallbelastung aus der Luft ist in den ländlichen Gebieten Bayerns insgesamt als gering
einzustufen. Sie liegt weit unter den in der Literatur für ländliche Gebiete angegebenen Wertebereichen. Die Immissionsgrenzwerte der TA-Luft für Langzeiteinwirkungen (IW I) wurden im gesamten
Meßzeitraum bei Blei zu maximal 20, bei Cadmium zu höchstens 10 % erreicht.
1986 wurde auf landwirtschaftlichen Flächen aus der Luft >5mal mehr Blei eingetragen als im Mittel
durch Mineraldünger. Als Folge des Benzin-Bleigesetzes (1988) reduzierten sich die Blei-Immissionen bis 1995 auf 1/4 des Ausgangswertes. Die jährlichen Cadmium-Einträge liegen landesweit unter
1 g/ha. Die Kupfer-Immissionen sind im betrachteten Meßzeitraum auf niedrigem Niveau praktisch
unverändert.
Mineraldünger
Im Hinblick auf Schwermetall-Einträge ohne Bedeutung sind Stickstoff-, Kali- und Kalk-Dünger.
Phosphat-Dünger können einen wesentlichen Eintragspfad für Cadmium darstellen. Art und Menge
der unerwünschten Begleitstoffe hängen dabei primär vom jeweiligen Rohstoff und Herstellungverfahren ab, der Cadmium-Gehalt schwankt je nach Herkunftsland stark. Mitte der 80er Jahre wurden im
Mittel 2,4 g/ha, bei ausschließlicher Düngung mit Triple- oder Hyperphosphat (Rohphosphat-Herkunft) jährlich 4-5 g Cadmium/ha eingetragen.
Von 1986-1995 ist der Eintrag an Schwermetallen aus Mineraldüngern um 50 % zurückgegangen.
Hauptursache ist die Halbierung der Phosphat-Mineraldüngung von jährlich 60 auf 30 kg/ha. Bei Blei
wirkt sich auch die abnehmende Bedeutung von Thomasphosphat Mitte der 90er Jahre mit nur mehr
2 % am Phosphat-Dünger-Verbrauch positiv aus. Durch die zunehmende Bevorzugung cadmiumarmer
Rohphosphate und die Cadmiumeleminierung bei der Düngerherstellung ist auch bei Cadmium ein
weiterer Rückgang zu erwarten.
Wirtschaftsdünger
Haupteintragspfad für Kupfer stellen die Wirtschaftsdünger dar. Mitte der 80er Jahre wurden bei einem Tierbesatz von 1 GV/ha durch Schweinegülle 12fach höhere Kupfermengen eingetragen als durch
Rindergülle. Ursache ist der Zusatz von Kupfer zum Schweinefutter. Die Zufütterung dieses
Spurenelements wirkt sich besonders bei Ferkeln positiv auf die Zuwachsleistung und Vitalität aus.
Aufgrund der Reduktion der zulässigen Kupfer-Zusätze zum Schweinefutter in der 5.ÄVO der Futtermittel-Verordnung (1988) gingen die Einträge bis Mitte der 90er Jahre auf <40 % des Ausgangslevels zurück.
Die Summe der auf landwirtschaftlichen Flächen über die verschiedenen Pfade eingetragenen
Schwermetalle liegt meist weit unter den zulässigen zusätzlichen jährlichen Frachten nach BundesBodenschutz-Gesetz. Der Gesetzgeber sieht diese zulässige Zusatzbelastung als Vorsorgemaßnahme
für die Flächen vor, bei denen aufgrund einer Überschreitung der Vorsorgewerte die Besorgnis einer
schädlichen Bodenveränderung besteht. Bei Schweinemastbetrieben mit einem höheren GV-Besatz
könnte die zulässige Zusatzbelastung überschritten werden.
Mittlerer Stoffbestand des Bodens 1985 - in 100 Jahren
Abb. 2 zeigt den mittleren Blei-, Cadmium- und Kupfergehalt in der Krume bayerischer Acker-BDF
1985, Abb.3 eine Hochrechnung der nach den derzeitigen Stoffeinträgen und -austrägen in 100 Jahren
zu erwartenden Bodengehalte. Für die Berechnung der Stoffmenge/ha wurde eine Krumentiefe von
27 cm und eine Bodendichte von 1,5 g/cm3 zugrundegelegt.
1985
Krume
Blei
Cadmium
Kupfer
Gehalt
Stoffmenge
mg/kg
g/ha
39,7
159 000
0,28
18,6
1 120
74 000
Abbildung 2: Mittlerer Stoffbestand der bayerischen Acker-BDF (Bsp: Schwermetalle) - 1985
Durch Immissionen, Wirtschafts- und Mineraldünger werden derzeit jährlich ca 40 g Blei /ha eingetragen. Knapp 40 % davon werden mit der Ernte wieder weggefahren. Die Summe der jährlichen
Cadmiumeinträge ist derzeit um ca 1 g/ha größer als der Austrag durch Ernteprodukte. Während beim
Grünlandbetrieb mit Milchvieh der Kupfer-Saldo praktisch ausgeglichen ist, ist er beim Schweinebetrieb auch heute noch deutlich positiv.
Unter der Annahme der derzeitigen Stoffeinträge und -austräge würde sich der Stoffbestand im Boden
in 100 Jahren bei Blei im Mittel um 1,5 %, bei Cadmium um 8 %, bei Kupfer je nach Tierart um 3 %
(Rind) bzw. 30 % (Schwein) erhöhen.
in 100 Jahren
Krume
Blei
Cadmium
Kupfer
Gehalt
mg/kg
Vorsorgewert (BodSchV) *
mg/kg
40,1
70
0,30
24/19
Schwein / Rind
1,0
40
* für Lehmböden
Abbildung 3: Mittlerer Stoffbestand der Acker-BDF (Bsp: Schwermetalle) in 100 Jahren
(Hochrechnung)
4
Schlußfolgerungen
Nach der Erstuntersuchung liegen die Schwermetallgehalte der Böden auf allen 133 BDF weit unter
dem Toleranzwert für uneingeschränkte landwirtschaftliche Nutzung (BW II, Eikmann/Kloke 1991).
Seit Mitte der 80er Jahre konnte bei fast allen Pfaden ein deutlichen Rückgang der SchwermetallEinträge nachgewiesen werden. Die Verschärfung einiger Gesetze und Verordnungen führte damit zu
einer meßbaren Verringerung der Schadstoffbelastung der Böden. Ein positiver Beitrag viehhaltender
Betriebe zum Bodenschutz ist die Reduktion der Kupfer-Zusätze zum Schweinefutter.
Bei Hochrechnung der derzeitigen Einträge und Austräge lägen die Schwermetallgehalte der Ackerflächen auch in 100 Jahren noch erheblich unter den Vorsorgewerten der Bundes-Bodenschutz- und
Altlasten-Verordnung und unter den Toleranzwerten für uneingeschränkte landwirtschaftliche Nutzung.
5
Literatur
BAYER. LANDESANSTALT FÜR BODENKULTUR UND PFLANZENBAU (1997a): Boden-Dauerbeobachtungs-Flächen - Bericht nach 10jähriger Laufzeit 1985 - 1995, Teil I Einführung, Stoffbestand des Bodens - Nährstoffe, Schadstoffe, Schriftenreihe der Bayer. Landesanstalt für Bodenkultur
und Pflanzenbau, 4/97
BAYER. LANDESANSTALT FÜR BODENKULTUR UND PFLANZENBAU (1997b): BodenDauerbeobachtungs-Flächen - Bericht nach 10jähriger Laufzeit 1985 - 1995, Teil II Stoffeinträge Stoffausträge - Schwermetall-Bilanzierung verschiedener Betriebstypen, Schriftenreihe der Bayer.
Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau, 5/97
BAYER. STAATSMINISTERIEN FÜR LANDESENTWICKLUNG UND UMWELTFRAGEN
UND FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN (1990): Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Bayern. Standortauswahl, Einrichtung, Probenahme, Analytik. München in: Rosenkranz, Einsele, Harreß (1992): Bodenschutz. 9. Lfg X, 9400. Berlin
Spurenelementgehalte in Waldböden Bayerns
Prinz, R., M. Wittenbecher
Bayerisches Geologisches Landesamt, Außenstelle Bamberg, Concordiastr. 28, 96049 Bamberg
[email protected]
Abstract:
This initial investigation on Barium, Beryllium, Caesium, Lithium, Molybdenum, Rubidium,
Antimony, Tin and Yttrium was carried out as a research and development project in reference to the
Bavarian preliminary soil studies. It aims to give a primary assessment on the concentration of above
mentioned elements in Bavarian forest soils and is based on the scrutinization of vitually 1000 soil
samples from 196 locations distributed across the whole of Bavaria.
Zusammenfassung:
Im Rahmen der bayerischen Bodengrundinventur werden hier die Untersuchungen zu den Gehalten
der Spurenmetalle Barium, Beryllium, Cäsium, Lithium, Molybdän, Rubidium, Antimon, Zinn und
Yttrium in Waldböden Bayerns vorgestellt. Die Ergebnisse entstammen den Analysen von knapp 1000
Bodenproben aus 196 über ganz Bayern verteilten Standorten.
Keywords: soil protection, trace-element-concentrations, forest soils, soil layers
Schlagworte: Bodenschutz, Spurenelementgehalte, Waldböden, Bodenhorizonte
1
Einleitung
Die Erarbeitung nutzungs- und expositionsspezifischer und ggf. flächenrepräsentativer Hintergrundwerte für Problemstoffe in Böden zur Ermittlung von Richt- und Grenzwerten ist gesetzlicher Auftrag
des Bayerischen Geologischen Landesamtes (BGLA). Im Auftrag und mit Mitteln des Bayerischen
Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen hat das BGLA im Rahmen mehrerer
Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (F+E-Vorhaben) bereits Ende der achtziger Jahre damit
begonnen in einer Inventur erste Erhebungen zur Belastungssituation bayerischer Böden mit organischen und anorganischen Problemstoffen durchzuführen.
Im Rahmen des jüngsten vom BGLA hinsichtlich des Bodenschutzes durchgeführten F+E-Vorhabens
"Ermittlung der ubiquitären Hintergrundbelastung von organischen Problemstoffen an ausgewählten
Böden Bayerns unter normierten Standortbedingungen" wurden auch diese Daten erhoben um Fragestellungen zu Korrelationen/Interdependenzen anorganischer Problemstoffe (Schwermetalle) mit
organischen Schadstoffen (CKW) beantworten zu können. Diesbezügliche Ergebnisse sind im Juni
1998 in einem Endbericht zusammengefaßt und an das Umweltministerium übermittelt worden.
Die hier vorliegenden Ergebnisse zu den Spurenelementgehalten aus Auflagen, Ober- /Unterböden
und C-Horizonten aller 196 untersuchten Standorte unter Forst sind (als "Nebenprodukt" des o.g. F+EVorhabens) Gegenstand dieses Posters.
1.1
Zielsetzung
Ziel der hier vorgestellten Ergebnisse zu den Gehalten von Barium, Beryllium, Cäsium, Lithium,
Molybdän, Rubidium, Antimon, Zinn und Yttrium in Waldböden Bayerns aus 196 Standorten ist
es einen erster Überblick zu typischen horizontspezifischen Gehalten o.g. Elemente bieten und auf der
Basis der Standortkundlichen Landschaftsgliederung nach WITTMANN (1991) darstellen zu können.
Die typischen horizontspezifischen Elementkonzentrationen werden von zwei Einflußgrößen
bestimmt: zum einen durch den Eintrag aus diffusen, ubiquitären Immission, die v.a. bei den
Elementkonzentrationen der organischen Auflagehorizonte bedeutsam sein können, zum anderen die
geogene Komponente, welche sowohl die lithogene wie auch pedogene Elementkonzentration umfaßt
und v.a. bei den mineralischen Horizonten dominiert.
Durch die horizontspezifische Beprobung und anschließende Untersuchung sollte anhand geeigneter
statistischer Analysenverfahren der Frage nachgegangen werden, ob sich die Gehalte der jeweiligen
Spurenmetalle in den Horizonten und Landschaftseinheiten signifikant voneinander unterscheiden.
Als Obergrenze der typischen Gehalte wird hier das 90%-Perzentil der ausreißerbereinigten
Elementkonzentration verstanden, die sich aus den beiden Komponenten ubiquitäre Immission und
geogene Grundgehalte zusammensetzt.
2
Material und Methode
Die Proben wurden auf der Basis der Standortkundlichen Landschaftgliederung (WITTMANN, 1991)
entnommen und entstammen Fichtenstandorten mit einer mindestens 60jährigen Bestockung. Die
Entnahme der insgesamt 941 volumen- und horizontbezogenen Flächenmischproben wurden nach
BAYERISCHES GEOLOGISCHES LANDESAMT (1992) durchgeführt.
Bei der Datenaufbereitung und statistischen Bearbeitung sind folgende Konventionen zu beachten:
Die Auswertung bezieht sich auf die Profilbereiche Auflagen, Oberböden, Unterböden und CHorizonte , so daß bei Profilbereichen in denen mehrere Horizonte ausgewiesen wurden (z.B. bei den
Oberböden Ahe, Aeh ..., für Unterböden Bv1, Bv2 etc) diese unter Berücksichtigung ihrer
Mächtigkeit und Lagerungsdichte nach JONECK & PRINZ (1994) zusammengefaßt wurden.
In Anlehnung an HAGENMEIER & LINDIG (1992) werden hier nicht nachweisbare Stoffgehalte mit
dem Zahlenwert 0,00 ersetzt.
Bei den statistischen Verfahren wurde als Ausreißerkriterium der 4-Sigma-Bereich (0 " σ) und als
Verfahren zur Überprüfung von Grundgesamtheiten der H-Test gewählt. Der H-test gilt als geeignetes
Verfahren für den Vergleich mehrerer verteilungsunabhängiger (nicht normalverteilter) Stichproben.
Er kommt als Entscheidungskriterium immer dann zum tragen, wenn der Frage nachgegangen wird,
ob die Analysenwerte einer gemeinsamen Grundgesamtheit entstammen. Dies gilt sowohl für den
horizontspezifischen Aspekt (unterscheiden sich z.B. die Daten im Unterboden signifikant zu denen
im C-Horizont) als auch für den landschaftsspezifischen Aspekt (unterscheiden sich z.B. die
Konzentrationen der Auflagen des Tertiären Hügellandes von denen der Fränkischen und
Schwäbischen Alb). Alle Tests wurden mit einem 5% Vertrauensintervall berechnet.
Die geochemische Analytik wurde anhand des Totaldruckaufschlußes (Flußsäure, Perchlorsäure und
Salpetersäure nach RUPPERT (1987)) mittels ICP-MS an gemahlenen Feinbodenproben durchgeführt.
Die Nachweisgrenzen schwanken zwischen 1,0 mg kg -1 (Ba, Li, Rb, Sn) und 0,05 mg kg -1 bei Sb. Be
und Cs wurden mit einer Nachweisgrenze von 0,1 mg kg -1 bzw. 0,5 mg kg -1 bei Mo analysiert.
3
Ergebnisse
Die horizontspezifische Datenanalyse ergab signifikante Unterschiede bei den organischen
Auflagehorizonten und Oberböden. Unterböden und C-Horizonte konnten jedoch zusammengefaßt
werden, so daß die Auswertung sich schließlich auf die Profilbereiche der Auflagen, Oberböden und
Unterböden mit C-Horizonten beschränkt. Die Elementgehalte nehmen im Profil mit zunehmender
Tiefe zu und sind i.d.R. in den C-Horizonten am höchsten, was auf eine vorwiegend lithogen Herkunft
der Elemente schließen läßt (vgl. Abb. 1). Lediglich bei den Elementen Molybdän, Antimon und Zinn
sind die Gehalte in den Auflagen am höchsten und nehmen nach unten hin ab. Die hohen Gehalte in
den Auflagen sind ursächlich vermutlich auf atmogene Depositionen zurückzuführen (s. Abb. 2).
Abbildung 1
Mittlere Rubidiumgehalte
in unterschiedlichen Profilbereichen bayerischer Waldböden
Auflagen
20
n = 219
Oberboden
73
n = 189
Unterboden
95
n = 182
C-Horizont
96
n = 121
0
20
40
60
[mg/kg]
80
100
120
Abbildung 2
Die landschaftsspezifische Datenanalyse erlaubt in Abhängigkeit des jeweiligen Spurenelementes und
Mittlere Molybdängehalte
in unterschiedlichen Profilbereichen bayerischer Waldböden
Auflagen
1
n = 217
Oberboden
0,51
Unterboden
0,27
C-Horizont
n = 180
0,4
0
0,2
n = 187
n = 119
0,4
0,6
[mg/kg]
0,8
1
1,2
der Landschaftseinheiten Aggregationen bei allen Profilbereichen, allerdings in unterschiedlicher
Ausprägung (PRINZ & WITTENBECHER, 1999). Wie aufgrund der z.T. äußerst unterschiedlichen
Ausgangsgesteine in den jeweiligen Landschaftseinheiten zu erwarten war, ist die Diversität der
Spurenelement-Konzentrationen generell in den C-Horizonten am höchsten, gefolgt von den
Auflagen, die die unterschiedliche Depositionssituation widerspiegeln. In Tabelle 1 sind
stellvertretend für alle Profilbereiche der Median und das 90%-Perzentil der jeweiligen
Landschaftseinheiten zusammengefaßt.
Tab. 1:Statistische Kenngrößen für den Profilbereich der Unterböden mit C-Horizonte (U+C)
in den zusammengefaßten Landschaftseinheiten;
(zusammengefaßte Landschaftseinheiten)
Stichprobenumfang / Median / 90%-Perzentil
4
Ba
U+C
(2+3,7+9,8+10+11)
97 / 587 / 806
(6,12,13)
108 / 305 / 465
(4,5)
54 / 450 / 633
(14)
27 / 246 / 363
(15)
16 / 185 / 307
Be
U+C
(4,6,12,13,14)
151 / 1,7 / 2,5
(2+3,5,7+9,15)
78 / 1,3 / 3,0
(8+10+11)
55 / 2,3 / 3,6
--
--
Cs
U+C
(2+3,12,13,14,15)
134 / 4,5 / 7,4
(4,5,6,7+9)
101 / 6,5 / 13
(8+10+11)
64 / 6,9 / 15
--
--
Li
U+C
(4,5,6,8+10+11,14)
169 / 44 / 81
(2+3,7+9,15)
45 / 28 / 66
(12,13)
73 / 38 / 54
--
--
Mo
U+C
(2+3,5,7+9,12)
117 /<Nachweisgrenze/ 0,82
(4,6,8+10+11)
114 / 0,41 / 1,1
(13,14,15)
66 / 0,74 / 1,8
--
--
Rb
U+C
(7+9,8+10+11)
80 / 130 / 195
(2+3,4,5)
71 / 101 / 162
(13,14,15)
68 / 74 / 110
(6,12)
83 / 88 / 126
--
Sb
U+C
(5,7+9,8+10+11)
115 / 0,44 / 0,96
(2+3,4,6,14,15)
111 / 0,72 / 1,2
(12,13)
73 / 0,86 / 1,2
--
--
Zn
U+C
(2+3,4,5,6,7+9,12,13,14,15)
231 / 1,9 / 3,6
(8+10+11)
63 / 2,9 / 5,9
--
--
--
Y
U+C
(5,8+10+11,12,13,14)
204 / 18 / 27
(2+3,7+9,15)
204 / 18 / 27
(4,6)
47 / 22 / 34
--
--
Schlußfolgerung
In den Auflagen und Oberböden weisen die untersuchten Elemente signifikant unterschiedlich hohe
Konzentrationen auf, während in den Unterböden und C-Horizonten keine statistisch signifikanten
Unterschiede festgestellt werden konnten. Im allgemeinen nehmen die Spurenelementgehalte mit
zunehmender Profiltiefe zu, was auf eine geogene Herkunft der meisten Elemente hindeutet.
Ausnahmen hiervon bilden Antimon, Molybdän und Zinn, deren Gehalte in den Auflagen am
höchsten sind und auf eine vorwiegend atmogene Deposition schließen lassen. Bei der
regionalspezifischen Auswertung zeigte sich, daß in allen Profilbereichen unterschiedlich viele
Landschaftseinheiten aggregiert werden konnten (PRINZ & WITTENBECHER, 1999). Bei den insgesamt
15 nach WITTMANN (1991) ausgewiesenen Großlandschaften Bayerns war es möglich i.d.R.
mindestens 3 Einheiten zusammenzufassen. Die häufigsten Maximalgehalte in allen Profilbereichen
entstammen dabei den Landschaftseinheiten des bayerischen Kristallins. Die Spurenelementgehalte
wurden kartographisch auf der Basis der Standortkundlichen Landschaftsgliederung (WITTMANN,
1991) im Maßstab 1: 1 000 000 in 9 Abbildungen zusammengefaßt (PRINZ & WITTENBECHER, 1999).
5
Literatur
BAYERISCHES GEOLOGISCHES LANDESAMT [Hrsg.] (1992): Merkblatt für die Anlage von Bodenmeßnetzen zur Bodenbeobachtung und Beweissicherung bei Problemstoffemittenten.- 16 S.,
München.
HAGENMEIER, H. & LINDIG, C. (1992): Abschlußbericht zum Modellversuch Laborexterner
Ringversuch zur analytischen Qualitätssicherung (AS) in Dioxin-Laboratorien. Inst. für Organische
Chemie Univ. Tübingen. Teil II: 42-43 Stuttgart (Ministerium für Umwelt, Baden-Württemberg).
HINDEL, R. & FLEIGE, H. (1988): Kennzeichnung der Empfindlichkeit der Böden gegenüber Schwermetallen unter Berücksichtigung von Grundgehalt, geogener und pedogener Anreicherung sowie
anthropogener Zusatzbelastung. In: ROSENKRANZ, D., BACHMANN, G., EINSELE, G. & H-M. HARREß
(1996): Bodenschutz.- 1530: 1-86, Berlin (Erich Schmidt).
HINDEL, R., GEHRT, E., KANTOR, W. & WEIDNER, E. (1998): Spurenelementgehalte in Böden
Deutschlands: Geowissenschaftliche Grundlagen und Daten. In: ROSENKRANZ, D., BACHMANN, G.,
EINSELE, G. & H-M. HARREß (1996): Bodenschutz.- 1520: 1-74, Berlin (Erich Schmidt).
JONECK, M. & PRINZ, R. (1994): Hintergrundbelastung bayerischer Böden mit organischen Problemstoffen. Eine Basis für die Ableitung bodenbezogener Richt- und Grenzwerte und zur Beurteilung von
Bodenuntersuchungen im Rahmen bodenschutzrelevanter Vorsorge- und Vollzugsmaßnahmen.GLA-Fachbericht 12: 55 S., München (Bayer. Geol. L. Amt).
PRINZ, R. & WITTENBECHER, M. (1999): Typische Gehalte ausgewählter Spurenelemente in
Waldböden Bayerns. GLA-Fachbericht 17: 66 S., München (Bayer. Geol. L. Amt).
ROSENKRANZ, D., BACHMANN, G., EINSELE, G. & H-M. HARREß (1996): Bodenschutz. Ergänzbares
Handbuch der Maßnahmen und Empfehlungen für Schutz, Pflege und Sanierung von Böden,
Landschaft und Grundwasser. Vol. 1-3, Berlin (Erich Schmidt Verlag).
RUPPERT, H. (1987): Natürliche Grundgehalte und anthropogene Anreicherungen
Schwermetallen in Böden.- GLA-Fachbericht 2: 97 S., München (Bayer. Geol. L. Amt).
von
WEDEPOHL, K.H. (1978): Handbook of Geochemistry.- Vol. I, II, Berlin, Heidelberg, New York
(Springer-Verlag).
WITTMANN, O. (1991): Standortkundliche Landschaftsgliederung von Bayern; Übersichtskarte
1:1 000 000 und Abhängigkeitsbeziehung der Bodennutzung. 2. Aufl. In: GLA-Fachbericht 5: 73 S.,
München (Bayer. Geol. L.Amt).
AOX-Gehalte in bayerischen Böden unter Forst
Reischl, A., P. Ondrusek, M. Joneck
Bayerisches Geologisches Landesamt, Außenstelle Bamberg, Concordiastr.28, 96049 Bamberg
e-mail: [email protected]
Abstract: Soil samples from about 200 locations in Bavarian forests were analyzed for adsorbed
organic halogen (AOX according to DIN 38414 S18). The AOX concentrations in the organic layers
and the A-horizons were regionalized using statistic interpolation methods. No clear correlation could
be observed between the total AOX contents and single halogenated pollutants.
Zusammenfassung: Bayernweit wurden ca.200 Standorte unter Forst horizontbezogen auf ihre
Gehalte an adsorbierten organischen Halogenen (AOX nach DIN 38414 S18) untersucht. Die
Forstauflagen und –oberböden lassen nach Anwendung statistischer Interpolationsverfahren regional
differenzierte AOX-Konzentrationen erkennen, die aber anscheinend nicht direkt mit dem Vorkommen
einzelner halogenierter Problemstoffe in Zusammenhang stehen.
Keywords: AOX, soil, forest, Bavaria, halogenated compounds
Schlagworte: AOX, Boden, Forst, Bayern, halogenierte Verbindungen
1
Einleitung
Nachfolgend wird ein Abschnitt der Arbeiten vorgestellt, die im Rahmen des vom Bayerischen
Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen geförderten F+E-Vorhabens
“Untersuchung zur Ermittlung der ubiquitären Hintergrundbelastung von organischen Problemstoffen
(inkl. PCDD/PCDF) an ausgewählten Böden Bayerns unter normierten Standortbedingungen” (HIOB)
getätigt wurden. Hierbei wurden an ca. 200 gleichmäßig über Bayern verteilten Standorten
horizontbezogen ausschließlich Forststandorte beprobt und neben den geochemischen
Grundparametern auch eine Vielzahl anorganischer und organischer Probelmstoffe analysiert sowie
bodenschutzbezogene Funktionsparameter bestimmt.
AOX ist ein Summenparameter, der als Maß für den Eintrag halogenierter organischer Verbindungen
in die Umwelt dienen soll und in vielen wissenschaftlichen Arbeiten auf seine Aussagefähigkeit und
Grenzen untersucht wurde (ASPLUND, 1995; HOFFMANN ET AL., 1988; NKUSI & MÜLLER, 1994).
Der Parameter AOX nach DIN 38414 S18 (= adsorbierte, organisch gebundene Halogene) für
Schlämme und Sedimente hat einen engen Bezug zur Wasseranalytik und wird auch als Erweiterung
der AOX-Analytik für Wasser (Adsorbierbare organisch gebundene Halogene - DIN 38409 H 14)
verstanden (BESLER & LASCHKA, 1991). Nachgewiesen wird der Resthalogengehalt nach
Verdrängung der anorganischen Halogenverbindungen und Verbrennung der Probe; die Bestimmung
des AOX-Gehaltes erfolgt meist unter Verwendung von mikrocoulometrischen Nachweismethoden,
der Halogengehalt wird als Chlor angegeben.
Die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Nutzung von Klärschlamm in Verbindung mit dem Aspekt
des vorsorgenden Bodenschutzes machte die Einführung des Parameters AOX im Rahmen der
Klärschlammverordnung notwendig (BESLER & LASCHKA, 1991):
- Zum einen wird dadurch die “summarische” Quantifizierung der Stoffbelastung mit halogenhaltigen
organischen Verbindungen im Klärschlamm ermöglicht.
-Zum anderen wird durch die Festlegung eines AOX-Grenzwertes ein Maßstab für die qualitative
Anforderung an landwirtschaftlich verwertbare Klärschlämme gesetzt.
Die in bayerischen Klärschlämmen und Sedimenten ermittelten AOX-Gehalte liegen im mittleren bis
hohen ppm-Bereich (siehe Tabelle 1). Für mit Klärschlamm beaufschlagte Böden wurden von
LASCHKA & SCHALL, 1989, Gehalte von 11-265 mg/kg TS festgestellt, allerdings ließ sich in
Kontrollböden – in Abhängigkeit vom Gehalt an organischem Kohlenstoff - ebenfalls AOX
nachweisen.
Vor allem der Nachweis in unbelasteten Moorböden deutete auf teilweisen geogenen Ursprung. In
vielen neuere Untersuchungen wurde mittlerweile nachgewiesen, daß auch in augenscheinlich nicht
unmittelbar anthropogen beeinflußten Regionen und Umweltkompartimenten durch natürliche
Prozesse halogenhaltige organische Verbindungen entstehen (GRIMVALL & DE LEER, 1995). Die
Neubildung im Boden scheint entweder durch die Erzeugung von halogenierten Metaboliten durch
Bodenmikroorganismen oder durch die Halogenierung von organischer Substanz mittels Exoenzymen
zustandezukommen (ASPLUND, 1995).
Tabelle 1:
Typische AOX-Gehaltsbereiche in Klärschlämmen, Flußsedimenten
sowie
unbelasteten Regionen weltweit (mg/kg TS)
*HOFFMANN ET AL., 1988; **BOJE-HADERER & MACH, 1991; #ASPLUND&GRIMVALL, 1991;
##LASCHKA&SCHALL, 1989
Kommunale Klärschlämme*
ca. 200-600
Grundbelastung Klärschlämme**
ca. 60-70
Kläranlagen <10,000 EGW "normal"**
ca. 200-400
Spitzenwerte Klärschlämme**
ca. 1600-3000
Mainsedimente*
ca.60-100
Türkei, Kiefernbestand#
24-170
Schweden, Weide#
30
Kanada, Hochmoor#
70-254
Bayern, Torf##
111-240
Es ist somit notwendig, die Eignung des Parameters AOX als Zeiger für anthropogen verursachte
Belastungen zu überprüfen. Das bedeutet auch, daß der Umfang der natürlichen Grundgehalte
herausgearbeitet werden muß.
Forstböden sind im Hinblick auf die KVO nicht relevant, da hier kein Klärschlamm aufgebracht
werden darf. Trotzdem ergeben sie aufgrund des hohen Anteils an organischem Kohlenstoff in den
oberen Horizonten und der sich aus den Vorgaben des Projektes HIOB ergebenden Standortauswahl
gute Hinweise auf die obere Grenze von AOX-Gehalten in Böden, die wahrscheinlich nicht direkt
anthropogen eingetragen wurden und damit ihrer Indikatorfunktion nicht gerecht werden.
2
Methoden
Die AOX-Analytik erfolgte wie in DIN 38414 S18 festgelegt. Die Halogenidbestimmung wurde
coulometrisch mit dem AOX 2000 der Fa. Haberkorn + Braun, bzw. mit dem Multi-X 2000 der Fa.
Analytik Jena durchgeführt.
Die Nachweisgrenze des Bestimmungsverfahrens liegt bei 0.5 µg Chlor absolut. Obwohl die Analysen
bis zum Cv-Horizont durchgeführt wurden, werden nur die Ergebnisse für Auflagen und Oberböden
angegeben. Probenbeschreibungen, bzw. die für andere Parameter als AOX angewendeten
Bestimmungsverfahren sind im Abschlußbericht des Vorhabens an das Bayerische Staatsministerium
für Landesentwicklung und Umweltfragen zusammengestellt (JONECK ET AL., 1998).
Auf der Basis der untersuchten ca. 200 Standaorte wurde eine Regionalisierung der AOX-Gehalte in
bayrischen Forstböden mittels des Kriging-Verfahrens versucht (hierzu JONECK ET AL. 1998). Diese
Verfahrensweise ist allerdings aufgrund des relativ geringen Stichprobenumfangs noch deutlich
fehlerbehaftet.
3
Ergebnisse
In Tabelle 2 sind die statistischen Kenngrößen der AOX-Gehalte in den Auflagen und Oberböden
bayerischer Waldböden zusammengefaßt.
Die Konzentrationen nehmen von den Auflagen zu den Oberböden um etwa Faktor drei ab. Der
arithmetische Mittelwert beträgt bei den Auflagen 159 mg/kg TS, während die Oberböden 50 mg/kg
TS aufweisen. Länderspezifische Erhebungen wie sie für diverse organische Problemstoffe in der
LABO, 1995 zusammengefaßt werden, liegen für AOX-Gehalte nicht vor. Die Datenlage in der
Literatur erlaubt nur einen eingeschränkten Vergleich. ÖBERG & GRON (1998) geben für einen
Fichtenbestand in Dänemark Bodengehalte (Entnahmetiefe bis 60 cm) zwischen 67-180 mg/kg TS an.
Tabelle 2:
Statistische Kenngrößen für AOX (mg/kg TS) in Waldböden Bayerns
Auflagen
Oberböden
n1
192
185
min2
32
13
max3
364
135
%<Ng4
-
-
x5
159
50
S6
55
24
x7
153
46
90%8
1
232
2
81
3
4
n : Stichprobenumfang; min : Minimum ; max : Maximum; %<Ng : Prozentanteil kleiner Nachweisgrenze; x5:
arithmetischer Mittelwert; s6: Standardabweichung ( n-1); x7: Median (= 50% Perzentil); 90%8: 90% Perzentil
(Hintergrundwert)
Hinweise auf die räumliche Differenzierung der AOX-Hintergrundwerte für Auflagehorizonte und
Oberböden sind den Abbildungen 1 und 2 zu entnehmen. Über das angewendete
Interpolationsverfahren (Kriging) ergeben sich regionale Differenzierungen mit erhöhten AOXGehalten in den Auflagen die vor allem weitere Teile des ostbayerischen Raumes umfassen aber auch
in Südbayern mehr lokal begrenzt hervortreten.
Bei den Oberböden konzentrieren sich die erechneten Flächen mit den höchsten Gehalten vor allem
auf den ostbayerischen Raum. Eine Interpretation der festgestellten Verteilung ist vorerst nur sehr
eingeschränkt möglich und soll hier nicht versucht werden.
AOX soll als Summenparameter die Möglichkeit bieten, ohne Einzelsubstanzbestimmung hohe
Problemstoffgehalte zu erkennen. Der Anteil bekannter einzelner halogenierter Xenobiotika macht
aber zumeist nur einen geringen Bruchteil des Summenhalogens AOX aus. Ein enger Zusammenhang
zwischen AOX und einzelnen Substanzgruppen wie z.B. den PCB scheint aber für unterschiedliche
Böden nicht zu bestehen (LASCHKA & SCHALL, 1989). Auch der vorliegende Datensatz, in den
zumindest für die Oberböden sehr unterschiedliche Bodenarten eingehen, erlaubt keine eindeutigen
Aussagen über Zusammenhänge zwischen AOX und halogenierten Verbindungen bzw. Chlorid wie
aus Tabelle 3 hervorgeht. Allerdings scheint eine Abhängigkeit des AOX-Gehaltes vom Gehalt der
Bodenmatrix an organischem Kohlenstoff zu bestehen.
AOX-Gehalte [mg/kg TS]
Datengrundlage: 177 Standorte
Hof
Bad Neustadt
Coburg
Aschaffenburg
Bayreuth
Würzburg
360
Weiden
Nürnberg
270
Regensburg
180
Ingolstadt
Passau
Ulm
90
Augsburg
Burghausen
München
0
Berchtesgaden
Garmisch-Partenkirchen
Lindau
AOX-Gehalte [mg/kgTS]
Datengrundlage: 172 Standorte
Hof
Bad Neustadt
Coburg
Aschaffenburg
Bayreuth
Würzburg
50
25
75
180
100 km
Weiden
Maßstab
Nürnberg
150
Abbildung 1: Räumlich differenzierte AOX-Hintergrundgehalte in Auflagen bayerischer
Fichtenstandorte (die Interpolation erfolgte über das Kriging-Verfahren, siehe JONECK et al. 1998)
120
Regensburg
90
Ingolstadt
Passau
60
Ulm
Augsburg
Burghausen
30
München
0
Berchtesgaden
Garmisch-Partenkirchen
Lindau
25
50
75
100 km
Maßstab
Abbildung 2: Räumlich differenzierte AOX-Hintergrundgehalte in Oberböden bayerischer
Fichtenstandorte (die Interpolation erfolgte über das Kriging-Verfahren, siehe JONECK et al. 1998)
Tabelle 3:
Korrelationen (Rangkorrelation nach Spearman) zwischen AOX
Verbindungen bzw. Stoffgruppen sowie Corg in den Auflagehorizonten und Oberböden
und ausgewählten halogenierten
Auflage
AOX
(mg/kg TS)
Nato TEq
Su DDT
g-HCH
HCB
Ball-PCB
Corg
Chlorid
0.121
0.194*
0.007
0.28**
0.197**
0.508**
0.083
0.095
0.278**
0.103
0.259**
0.11**
0.685**
0.466**
Oberboden
AOX
(mg/kg TS)
Signifikant auf dem: * 95% , ** 99%, *** 99,9% Signifikanzniveau
4
Schlußfolgerung
Der flächendeckende Nachweis von AOX an den untersuchten Forststandorten stützt die Annahme,
daß dieser Parameter dort großenteils Halogengehalte widerspiegelt die wahrscheinlich natürlichen
Ursprungs sind. Die vorgefundenen AOX-Konzentrationen von 32-364 mg/kg TS in Auflagen, bzw.
13-135 mg/kg TS zeigen aber eine weite Streuung und eine mäßig ausgeprägte Abhängigkeit vom
Corg-Gehalt im Boden. Die Regionalisierung ergibt vor allem im ostbayerischen Raum erhöhte
Gehalte, deren Interpretation noch aussteht.
Ein belastbarer statistischer Zusammenhang zwischen AOX-Gehalten und einzelnen halogenierten
Problemstoffen konnte weder für Forstauflagen noch für -oberböden gefunden werden.
Im Zusammenhang mit der wahrscheinlich überwiegend natürlichen Enstehung ist die
Indikatorfunktion dieser Meßgröße für Böden in Frage zu stellen. Allerdings sollten exemplarisch
Daten für andere Nutzungen erhoben werden um ubiquitäre Gehalte abgrenzen zu können.
5
Literatur
ASPLUND, G., (1995): Origin and occurrence of halogenated organic matter in soils, in GRIMVALL, A.,
DE LEER, W.B. (1995): Naturally-produced organohalogens. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht
ASPLUND, G., GRIMVALL, A. (1991): Organohalogens i n Nature, Environ.Sci.Technol. 25, S.13461350
BESLER, W. & LASCHKA, D. (1991): AOX in Schlamm - Methode Anwendungsbereich und Ergebnisse.
In Münchener Beiträge zur Abwasser-, Fischerei- und Flußbiologie. Bd 45, R. Oldenbourg Verlag,
München 1991;
BOJE-HADERER, R., MACH, R. (1991): Organische Schadstoffe und Klärschlammverordnung. UmweltTechnologie 4, S.6-11;
GRIMVALL, A., DE LEER, W.B. (1995): Naturally-produced organohalogens. Kluwer Academic
Publishers, Dordrecht;
HOFFMANN H-J., BÜHLER-NEIENS, G., LASCHKA, D., (1988): AOX in Schlämmen und SedimentenBestimmungsverfahren und Ergebnisse. Vom Wasser 71, S.125-134;
JONECK, M., PRINZ, R., REISCHL, A., SCHMIDT, R. (1998): Abschlußbericht zum F+E-Vorhaben:
Untersuchung zur Ermittlung der ubiquitären Hintergrundbelastung von organischen Problemstoffen
(inkl. PCDD/PCDF) an ausgewählten Böden Bayerns unter normierten Standortbedingungen.
Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, München
LABO (Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz) (1995): Hintergrund- und Referenzwerte für
Böden. Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen (Hrsg.), München
LASCHKA, D., SCHALL, U., (1989): AOX als Indikator für die Belastung der Böden durch organische
Schadstoffe, Korrespondenz Abwasser 11, S.1292-1297
NKUSI, G., MÜLLER, G. (1994): Natürliche organische Halogenverbindungen in der Umwelt.
GIT Fachz. Lab. 6 S.647-649
ÖBERG, G., GRON, C. (1998): Sources of Organic Halogens in Spruce Forest Soil. Environ. Sci.
Technol., 32, S. 1573-1579
Neue Grenzwerte für Schadstoffgehalte in Böden und deren Anwendung
in der Tschechischen Republik
Sánka, M., J. Stana und P. Nemec
Zentrale landwirtschaftliche Kontroll- und Forschungsanstalt Brno
Hroznová 2, 656 06 BRNO, Tschechische Republik
e-mail: [email protected]
Abstract: For the new Act on soil protection are prepared maximum permissible values of risk
substances contents in agricultural soils in two levels: Precautionary values, which should reflect the
background contents in soil and limits which should be the maximum acceptable level for prevention
of the risk substance input in the food chain.
Zusammenfassung: Für die Bodenschutzgesetznovelle hat man neue Grenzwerte für die Risikostoffe
in den landwirtschaftlichen Böden vorgeworfen, und zwar in zwei Ebenen: Richtweerte, die die obere
Grenze des natürlichen Gehaltes angeben, und die Grenzwerte, die den höchsten zugelassenen Gehalt
der Risikostoffen im Boden darstellen.
Keywords: soil contamination, risk elements, soil testing, limits
Schlagworte: Bodenkontamination, Risikoelemente, Bodenuntersuchung, Grenzwerte
In der gegenwärtig geltenden Verordnung zum Bodenschutzgesetz werden die höchst zulässigen
Konzentrationen der Risikostoffe in Böden vorgeschrieben ohne daß deren Ableitung und besonders
Ausnutzung genauer spezifiziert wird. Deshalb hat man angefangen neue Grenzwerte für die
Risikostoffe in Böden festzulegen, die in drei Ebenen angesetzt und in die Legislative in zwei
Schritten eingliedert werden.
Der erste Schritt ist es eine Novelle der gegenwärtigen Verordnung. In dieser Novelle setzt man die
Festlegung der Werte A und B voraus:
A:
Richtwerte geben den höchsten Gehalt der Stoffe im Boden an, bei welchem kein Gefahr
einer Beschädigung der ökologischen und Produktionsfunktionen des Bodens besteht. Sie
sollen Erhaltung aller Funktionen auch für die Zukunft problemlos sicherstellen. Diese Werte
werden von oberen Grenze der natürlichen Bodengehalte abgeleitet.
B:
Grenzwerte stellen tolerierbare Gehalte der Stoffe dar, die noch den Schutz der
Nährungskette, die Produktionsqualität und Reinheit der Gewässer gewährleisten. Eine
Überschreitung dieser Werte gibt ein Signal zur Ausarbeitung einer Studie, die alle Faktoren
berücksichtigt und die Risiken bewertet.
Der zweite Schritt stellt eine neuen Verordnung nach der Novellierung des Bodenschutzgesetzes. In
diese Verordnung wird man die Ebenen A und B übernehmen und mit der dritten Ebene C ergänzen:
C:
Sanierungswerte. Wenn diese Werte überschritten werden, muß man zu den
Sanierungsmaßnahmen zutreten, die sich nach den standortspezifischen Bedingungen und der
vorausgesetzten Ausnutzung der sanierten Gebiete richten.
Bei der Vorbereitung der konkreten Grenzwerte in Böden für die drei genannten Ebenen muß man
folgende Kriterien berücksichtigen:
Anwendung der Grenzwerte in der Praxis und die Art ihrer Ausnutzung in der Legislative. Die
Grenzwerte kann die Staatsverwaltung bei Entscheidungen ausnutzen, und zwar für
•
die Durchführung weiterer detailierter Untersuchungen an den gegebenen Lokalitäten
•
die Änderungen der Bewirtschaftung oder Ausnutzung der Grundstücke
•
die Durchführung der Risikoanalysen im Hinblick aufden Menschen und auch auf andere
Komponente der Ökosysteme
•
•
die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen
die Feststellung verschiedener Einschränkungen für Inhaber oder Anwender der Grundstücke
(z.B. Applikationsverbot für Klärschlämme, Verbot der ökologischen Landwirtschaft)
Die geeigneten analytischen Methoden
•
der Gesamtgehalt
•
Königswasserextrakt
•
Saltpetersäureextrakt
•
Extrakte zur Feststellung des pflanzenverfügbaren Anteiles der Elemente
•
Wasserextrakt
Die bodencharakterisierenden Parametern – meistens handelt sich um
•
Bodenart (leichter, mittlerer oder schwerer Boden)
•
Gehalt der organischen Stoffe
•
Bodenreaktion (pH)
•
Bodentiefe – in manchen Fällen für eine repräsentative Probenahme
Art der Ausnutzung des Gebietes
•
landwirtschaftlicher Boden (bestimmend ist die Übertragung in Pflanze)
•
Wohngebiete (bestimmend ist die Aufnahme des Bodens in die Atemwege und den
Verdauungsapparat)
•
Parkanlagen und Rekreationsflächen
•
Industriegelände
•
Wasserschutzgebiete
•
natürliche und naturnahe Flächen
•
allgemeine Flächen
Im Entwurf sind mittlerweile die Werte der A-Ebene (Richtwerte) für Risikostoffgehalte, die man mit
drei analytischen Methoden feststellt: der Gesamtgehalt, Extrakt im Königswaser und im Extrakt der
2M Saltpetersäure (Tabelle 1) und auch für die Gehalte der ausgewählten organischen Polutanten
(Tabelle 2). Man setzt voraus, daß diese Werte gleichzeitig auch als ein er Kriterium für eventuelle
Klärschlammanwendung auf die landwirtschaftlich genutzten Böden dienen würden, beziehungsweise
auch für den Betrieb der organischen Landwirtschaft. Bei der Festlegung dieser Werte hat man als
Unterlage die Datenbasis des basalen Bodenmonitorings und des Registers der kontaminierten Böden
benutzt. Gleichzeitig hat man die anerkannten Grenzwerte des Gehaltes der gegebenen Stoffe
berücksichtigt, bei welchen man ungünstige Auswirkungen erwarten kann.
In der Tabelle 3 sind Beispiele der Daten aus der Databasen des basalen Bodenmonitorings und des
Registers der kontaminierten Böden aufgeführt, die man zur Ableitung der Grenzwerte benutzt hat. In
der letzten Säule dieser Tabelle wird angegeben, wieviel der Proben den neuen Grenzwerten
entsprechen würde (in %) – bezogen zum Register der kontaminierten Böden. In Bezug auf eine
ungefähr gleichmäßige Verteilung der Proben auf dem Gebiet der Tschechischen Republik kann man
diese Zahl gleichzeitig als eine grobe Abschätzung für den gesamten Bodenfond annehmen.
Für eine praktische Anwendung dieser Werte wird es notwendig einzelne Kategorien der belasteten
Böden mit Rücksicht auf die entworfenen Grenzwerte wenigsten zu quantifizieren und zu lokalisieren.
Zu diesem Zweck wurden aus dem Register der kontaminierten Böden die mittleren Gehalte des
gegebenen Stoffes für die kleinste Einheit, nämlich den Kataster, und in die Kategorien eingeordnet.
In einem geographischen Informationssystem werden Belastungskarten gedruckt, in denen die
Kataster immer nach der betreffenden Kategorie gefärbt sind. Gebiete mit höheren Gehalten der
Risikostoffe zeigen nicht nur die anthropogen belasteten Lokalitäten an, aber auch jene, in denen
erhöhte Gehalte geogen bedingt sind.
Tabelle 1: Entwurf der Richtwerte für Risikostoffe im Boden (Ebene A)
GesamtGehalt
Element
Boden
Gehalt
im Königswasser
mg . kg-1
As
Übliche Böden
30,0
20,0
Sand, lehmiger Sand,
25,0
15,0
Be
Übliche Böden
4,5
2,0
Sand, lehmiger Sand,
3,5
1,5
Cd
Übliche Böden
0,5
0,5
Sand, lehmiger Sand,
0,4
0,4
Co
Übliche Böden
35,0
30,0
Sand, lehmiger Sand,
25,0
20,0
Cr
Übliche Böden
155,0
90,0
Sand, lehmiger Sand,
85,0
55,0
Cu
Übliche Böden
70,0
60,0
Sand, lehmiger Sand,
55,0
45,0
Hg
Übliche Böden
0,3
Sand, lehmiger Sand,
Mn
Übliche Böden
1400,0
1200,0
Sand, lehmiger Sand,
1100,0
1000,0
Ni
Übliche Böden
70,0
50,0
Sand, lehmiger Sand,
55,0
45,0
Pb
Übliche Böden
90,0
60,0
Sand, lehmiger Sand,
70,0
55,0
V
Übliche Böden
180,0
130,0
Sand, lehmiger Sand,
160,0
120,0
Zn
Übliche Böden
160,0
120,0
Sand, lehmiger Sand,
120,0
105,0
Gehalt
im 2M HNO3
Tabelle 2: Entwurf der Richtwerte für Risikostoffe im Boden – organische Polutanten (Ebene A)
Gruppe
Stoff
LK (μg . kg-1)
Benzen
30
Monozyklische
Toluen
30
Aromatische
Xylen
30
Kohlenwasserstoffe
Ethylbenzen
40
Styren
50
20
PCB (Σ von 6 Kongerenten)
ChlorHCB
20
Kohlenwasserstoffe
DDT
15
DDE, DDD
10
10
HCH (α+β+χ)
Fluoranthen
300
Polyzyklische
Pyren
200
Aromatische
Fenanthren
150
Kohlenwasserstoffe
Benzo(b)fluoranthen
100
Benzo(a)anthracen
100
Anthracen
50
Indenol(cd)pyren
100
Benzol(a)pyren
100
Benzo(k)fluoranthen
50
Benzo(ghi)perylen
50
Chrysen
100
Naftalen
50
1000
Σ PAU
Nichtpolarische Kohlenwasserstoffe
Nichtpolarische Stoffe (mg.kg-1)
100
6,5
5,0
1,2
1,0
0,5
0,3
15,0
10,0
25,0
20,0
30,0
25,0
800,0
700,0
20,0
15,0
45,0
40,0
50,0
40,0
60,0
50,0
Tabelle 3: Daten aus dem Register der kontaminierten Böden und des Basalbodenmonitoring
Unterlagen für Festlegung der Prüfwerte (Ebene A)
Tschechien – Register
Basalbodenmonitoring
2M HNO3
Königswasser
Prüfwert
Probenahme 1995
Element
95 % Perzentil
90 % Perz.
95 % Perz.
Ebene A
Königs-wasser
Üblicher
Leichter
alle Böden
Boden
Boden
mg . kg-1
As
14,5
17,4
20,0
Be
0,85
1,81
2,03
2,0
Cd
0,52
0,6
0,5
0,56
0,5
Co
10,4
16,6
18,4
30,0
Cr
14,0
55,5
69,3
90,0
Cu
15,8
33,5
43,17
60,0
Hg*
0,3
Mn
1200,0
Ni
12,0
33,3
41,3
50,0
Pb
29,8
24,8
33,8
41,2
60,0
Ti
0,5
V
21,6
71,5
83,4
120,0
Zn
33,3
37,2
104
115,6
120,0
* Gesamtgehalt
Perzentil der
Registerdatabas
is,
der dem
enworfenen
Richtwert
entspricht
95,97
91,51
98,95
96,91
99,11
97,66
98,31
98,67
98,68
EU-Forschungsprojekt zum „in situ Bioabbau“ am Altlastenstandort des
ehemaligen Teerverarbeitungswerkes Rositz
Dr. Rainer Scheibke,
emc GmbH, Liebknechtstraße 51, 99086 Erfurt, Tel. 0361-5656530
Internet: www.emc-gmbh.de, e-mail: [email protected]
Abstract: The poster will give a view to the EU-research-project „Improving in Situ Biodegradation
at light-NAPLcontaminated sites: Removing constraints with Extensive Measures (ISBN-REM)“. The
objective is to elucidate the role of groundwater fluctuation on the phase distribution of LNAPL in
saturated zone and capillary fringe on a contaminated site in Thüringen, Germany under respect of the
soil conditions. An integral part of this research is to actually compare simulations with field scale
observations.
Zusammenfassung: Das Poster gibt eine Übersicht über das EU-Forschungsprojekt „Verbesserung
des in situ Bioabbaus an kontaminierten Standorten mit aufschwimmender Ölphase: Beseitigung der
Hemmnisse mit wenig aufwendigen Maßnahmen (ISBN-REM). Gegenstand der Forschungsarbeiten
ist die Untersuchung der Grundwasserspiegelschwankungen und deren Einfluß auf die Verteilung von
aufschwimmenden nichtwässrigen Phasen unter Berücksichtigung der Bodeneigenschaften an einem
Altlastenstandort in Thüringen, Deutschland. Ein wesentlicher Teil dieses Projektes ist ein Vergleich
von Simulationen und Feldbeobachtungen.
Keywords: biodegradation, LNAPL, contaminated sites, research-project
Schlagworte: Bioabbau, LNAPL, Altlastenstandort, Forschungsprojekt
1.
Einleitung
Am Standort „Großprojekt Rositz“ wurden seit 1916/17 Anlagen zur Teererzeugung (Schwelwerk)
und eine Raffinerie zur Teerverarbeitung betrieben. Am Standort gelangten durch Handlingverluste,
Havarien und Kriegsschäden große Mengen an Mineralölen sowie Halb- und Fertigprodukten in den
Boden bis in den Grundwasserleiter. Ein biologischer Abbau der Schadstoffe ist bisher kaum erfolgt,
obwohl die Schadensereignisse (z.B. Bombentreffer im II. Weltkrieg) bereits weit zurück liegen.
Der „natürliche“, d.h. biologische Abbau der organischen Schadstoffe am Standort in situ (im Boden
oder im Grundwasserleiter) stellt eine besonders günstige Sanierungsmöglichkeit dar. In einem EUForschungsprojekt sollen nun die Hemmnisse für den Bioabbau identifiziert werden und in eine
Entwicklung von optimierten Sanierungsstrategien umgesetzt werden. Dazu sollen die physikalischen
und chemischen Vorgänge sowie das biologische Potential am Standort erforscht werden. Erste
Ergebnisse werden für den Herbst 1999 erwartet.
2.
Das Projekt
Der Titel des Projektes beschreibt das Programm in Kurzform: „Verbesserung des in situ Bioabbaus
an kontaminierten Standorten mit aufschwimmender Ölphase: Beseitigung der Hemmnisse mit wenig
aufwendigen Maßnahmen „
An dem Forschungsprojekt sind fünf Firmen und Institutionen aus Europa beteiligt:
Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner, TU München, Lehrstuhl f. Bodenkunde, Deutschland
Prof. Dr. S. an der Zee, Wageningen Agricultural University, Dept. Of Soil Science an Plant Nutrition,
Niederlande
Dr. Gijs Breedveld, Norwegian Geotechnical Institute Oslo, Norwegen
Prof. Dr. Liliana Gianfreda, Universita di Napoli „Federico II“, Dipart. Di Scienze Chimico-Agrarie,
Italien
Prof. Ing. Guido Greco, Universita di Napoli „Federico II“, Dipart. Di Ingegneria chimica, Italien
Dr. Rainer Scheibke, emc GmbH, Erfurt.
Gefördert wird das Projekt durch die Europäische Union (EU) in deren 4. Umwelt- und KlimaRahmenprogramm durch die Generaldirektion XII-D der europäischen Kommission (ENV4-CT970612). Es wurde nach Abschluß des Vertrages zwischen den Forschungsteilnehmern und der EUKommission im Frühjahr 1998 mit den Forschungsarbeiten begonnen. Der Standort Rositz wurde auf
Initiative der emc GmbH als Modellstandort gewählt.
3.
Der Forschungsansatz
Hauptgegenstand der Forschungsarbeiten ist die Untersuchung der Grundwasserspiegelschwankungen
und deren Einfluß auf die Verteilung von aufschwimmenden nichtwässrigen Phasen unter
Berücksichtigung der Bodeneigenschaften. Es werden die Auswirkungen der Phasenverteilung auf die
Verfügbarkeit der Schad- und Nährstoffe für eine biologische Sanierung mit ortsbürtigen
Mikroorganismen betrachtet. Die leichten nichtwässrigen Flüssigkeiten sind z.B. Teeröl- und
Mineralölbestandteile.
Das Projekt ist in Arbeitsbereiche gegliedert:
• Bestimmung der Standortparameter Boden, Ölphase, Grundwasser
Die Eigenschaften des Bodens, der Ölphase und des Grundwassers werden durch Probenahme und
Analysen bestimmt. Durch die emc GmbH wird in einem Monitoring der Ölphase die
Veränderung der Ölschicht anhand physikalischer, chemischer und biologischer Kenngrößen
beobachtet.
• Aufnahme der Kennwerte für die Interaktion zwischen Substrat und Schadstoffen
Die Sorption von Stoffen an Bodenpartikel hat großen Einfluß auf die Verlagerung der
Schadstoffe und somit auf die Verfügbarkeit für den Bioabbau. Wegen der komplexen
Standortverhältnisse müssen diese Prozesse als Mehrstoffsysteme in zwei Phasen (Öl und Wasser)
behandelt werden.
• Untersuchungen zum Mehrphasenfluß im Grundwasserleiter:
Die Fluktuation der Grundwasserstände führt zu einem Verschmieren der Ölphase mit Luft- und
Wassereinschlüssen in der Kapillarzone. Dadurch wird der Fließvorgang komplexer. Die für die
Verlagerung der Stoffe relevanten Prozesse werden in 2-D-Experimenten sichtbar gemacht und
gemessen.
• Studien zum Bioabbau
Die am Standort vorhandenen Mikroorganismen und Enzyme werden auf ihr Abbaupotential hin
untersucht. Mithilfe dieser Ergebnisse werden die Bedingungen für einen Bioabbau in situ
optimiert.
• Modellierung des Multiphasenflusses und des Mehrkomponenten-Bioabbaus
•
5.
Die zahlreichen gewonnenen Daten fließen in die mathematischen Modellierungen der Prozesse
ein. Die Verteilung und Veränderung der Phasen sowie der Nähr- und Schadstoffe wird somit im
Modell abgebildet. Dadurch können Sanierungsstrategien bereits im Modell auf ihre
Durchführbarkeit überprüft werden (Betrachtung verschiedener Szenarien).
Ableitung von Sanierungsstrategien für den Standort
Aus den Forschungsergebnissen sind Sanierungsstrategien für eine Stimulierung des in situ
Bioabbaus zu entwickeln. Die Ergebnisse sollen auch auf andere Standorte übertragen werden.
Literatur
GIANFREDA, L., F. SACCOMANDI, M.T. FILAZZOLA, M.A. RAO, G. GRECO jr., G. TOSCANO, (1999):
Innovative strategies for the recovery of LNAPL contaminated sites by in situ bioremediation.; to be
presented at XI Symposium Pesticide Chemistry, September 12-15, Cremona, Italy.
HAAS, B., I. KÖGEL-KNABNER, K.U. TOTSCHE (1999): Small-scale variations in contaminant pattern
at a LNAPL-contaminated site, to be presented at the DBG meeting, Hannover, Germany, September
1999
KÖGEL-KNABNER, I., R. SCHEIBKE, S.E.A.T.M. VAN DER ZEE, G. BREEDVELD, L. GIANFREDA, G.
GRECO (1998): Improving in situ Biodegradation at light-NAPL contaminated sites: Removing
constraints with extensive measures, European Workshop on Environmental Technologies 1998,
Darmstadt, Germany, Poster
MARSMAN, A. and S.E.A.T.M. VAN DER ZEE (1999); Effects of a fluctuating groundwater level on the
mobility of LNAPL, XXIV General Assembly, EGS, 19-23 April, The Hague, NL, Abstract.
SACCOMANDI, F., M.T. FILAZZOLA, L. GIANFREDA (1998), A biological approach for the recovery of
NAPL-polluted European site, Abstr. XVI Convegno Nazionale Società Italiana di Chimica Agraria,
30 Spetember-2 October 1998 Ravello, Italy, p. 141 (in Italian)
SACCOMANDI, F., M.T. FILAZZOLA, L. GIANFREDA, (1999): New technologies for old-problem
solving: A microbiological solution to NAPL soil pollution, presented at Covegno Annuale 1999
Società Italiana della Scienza del Suolo, June 22-25, 1999, Gressoney, Italy (in Italian)
SCHEIBKE R. (1998): "LNAPL contaminated site: Characterisation and monitoring strategy",
European Workshop on environmental technologies 1998, LCA, Recycling, Waste and Contaminated
Sites, 16 - 19.06.1998, Darmstadt Germany, Veranstalter: TU Darmstadt Waste Management Institute
(WAR), Environmental Technologies – Concerted Action (ETCA) Austrian Research Centers
Seibersdorf, European Commission DG-XII D-1, Poster
SCHEIBKE R. (1998): „Verbesserung des in situ Bioabbaus an kontaminierten Standorten: Beseitigung
der Hemmnisse mit wenig aufwendigen Maßnahmen, Forschungsvorhaben im Rahmen des Umwelt
und
Klima
Programmes
der
EU-Kommission“,
Firmenpräsentation,
6.
Dresdner
Grundwasserforschungstage,
24-25.03.1998
Dresden,
Veranstalter:
Dresdner
Grundwasserforschungszentrum e.V. Dresden, Poster
SCHEIBKE R., emc GmbH (1999): EU-Forschungsprojekt zum „in situ Bioabbau“ am Altlastenstandort
des ehemaligen Teerverarbeitungswerkes Rositz“ In: Öko-Report Ostthüringen 1999, Verlag aktuelle
Veröffentlichung, Satz- und Repro GmbH Leipzig, pp. 64-65
TOSCANO, G., G. GRECO jr (1998), An integrated biological-enzymatic approach for the recovery of
NAPL-polluted European site, Abstr. XVI Convegno Nazionale Società Italiana di Chimica Agraria,
30 Spetember-2 October 1998 Ravello, Italy, p. 144 (in Italian)
TOSCANO, G., G. GRECO jr, F. SACCOMANDI, M.T. FILAZZOLA, L. GIANFREDA (1999): Intrinsic
Bioremediation potential of a NAPL-polluted soil, presented at l'ICheaP4 Conference, May 2-5, 1999,
Firenze, Italy.
VAN DER ZEE, S.E.A.T.M., E.L. WIPFLER, and A. MARSMAN (1999), Improving in situ
biodegradation at light NAPL contaminated sites: EU-project ISBN-REM, XXIV General Assembly,
EGS, 19-23 April, The Hague, NL, Abstract
WIPFLER, E.L., M.I.J. VAN DIJKE and S.E.A.T.M. VAN DER ZEE (1999); Removal by pumping of an
LNAPL lens including entrapment and retained LNAPL in the vadose zone, XXIV General Assembly,
EGS, 19-23 April, The Hague, NL, Abstract.
BORIS – ein rechnergestütztes Bodeninformationssystem aus Österreich
Schwarz, S., S. Huber, I. Schreier, M. Tulipan und G. Gamper
Umweltbundesamt, Spittelauer Lände 5, 1090 Wien
e-mail: [email protected]
Abstract: This contribution describes the Soil Information System BORIS of the Federal Environment
Agency in Austria. The data base holds more than 600.000 records from more than 5500 sites. Two
forms of access to the data via Internet are planned in the near future: BORIS-INFO will be open to
the public and will contain meta data. BORIS EXPERT will include the complete database and is accessible to those instiutions which provided data for BORIS.
Zusammenfassung: BORIS, ein rechnergestütztes Bodeninformationssystem des Umweltbundesamtes
in Österreich enthält derzeit über 600.000 Einträge von über 5500 Standorten. Der Zugang wird in
Zukunft via Internet auf zwei Ebenen erfolgen. Für die Öffentlichkeit über BORIS INFO zu einer Metadatenebene und für jene Institutionen, die Daten für BORIS zur Verfügung gestellt haben, über BORIS EXPERT zu den Einzeldaten.
Keywords: (soil)information system, soil data, , data base, Austria
Schlagworte: (Boden) Informationssystem, Bodendaten, Datenbank, Österreich
1.
Einleitung
Um effektiven Bodenschutz betreiben zu können, sind zuverlässige und bundesweite Informationen
über Zustand, Belastung und Belastbarkeit der Böden notwendig. Durch die österreichweit harmonisierte Erfassung von Bodendaten in einem Bodeninformationssystem können die belastenden Einwirkungen auf den Boden sachgerecht abgeschätzt werden. Dadurch wird die Grundlage für ein Bewertungs- und Prognosesystem im Sinne eines effektiven Bodenschutzes geschaffen.
Österreich verfügt im europäischen Vergleich über relativ umfassende Bodendaten. Diese liegen jedoch in heterogener Struktur vor, da sie von verschiedenen Institutionen mit unterschiedlichen Zielsetzungen erfaßt wurden (vgl. Abb. 1). Vom Umweltbundesamt wird deshalb seit einigen Jahren das Bodeninformationssystem BORIS entwickelt, mit dem Ziel bundesweit vereinheitlichte Bodendaten zur
Verfügung stellen.
2.
Die Realisierung eines bundesweiten Bodeninformationssystems
Die Realisierbarkeit eines gemeinsamen Bodeninformationssystems wurde am Umweltbundesamt in
einem Pilotprojekt im Großraum Linz aufgezeigt (SCHWARZ et al., 1994; SCHICHO-SCHREIER, 1994).
Die bei der Verknüpfung unterschiedlicher Datensätze gewonnenen Erfahrungen mündeten in der Entwicklung eines komplexen Datenmodells und in der Erarbeitung des „Datenschlüssels Bodenkunde“.
Die Vorteile des BORIS-Datenmodells liegen beispielsweise darin, daß
• detaillierte Abfragen aufgrund einer Vorauswahl nach Tiefenstufen, Landnutzung, Bodentyp usw.
möglich sind
• eine Erweiterung um neue Parameter zur Beschreibung von Standorten, Bodenprofilen und Meßwerten jederzeit möglich ist
• jedem einzelnen Meßwert die Untersuchungsmethode und das analysierende Labor direkt zugeordnet ist
• jeder Eintrag mit der zugehörigen Quellenangabe (Literaturzitat) und somit mit dem Datenurheber
verbunden ist (Die Datenquelle ist somit immer nachvollziehbar.)
• Art der Probenahme, Probenbehandlung und Aufbereitung mitgeführt werden
• Parallelproben und Zeitreihen dokumentiert werden.
WBZI
Abb. 1
Brixlegg
Loisachtal
Achenkirch
Transit Tirol
T
T
T
Landesregierungen und Bund
NÖ
Verknüpfung bei Bedarf möglich
K
K
K
In BORIS integriert
OÖ
OÖ
OÖ
OÖ
Linz UBA
Linz Äcker
Linz Gärten
Schöneben
LOKALE ERHEBUNGEN
Umweltbundesamt
MOORSCHUTZKATALOG
Stmk
Stmk
Bgld
NÖ
KöflachVoitsberg
Glein
Lockenhaus
Amstetten
Länder u. Umweltbundesamt
WASSERSCHUTZGEBIETE
Länder u. Umweltbundesamt
WASSERSCHONGEBIETE
Länder u. Umweltbundesamt
NATURSCHUTZRECHTLICH
GESCHÜTZTE GEBIETE
Verknüpfung wünschenswert
Ba f. Eich- u. Vermessungswesen
BZI-BODENZUSTANDSINVENTUREN
Arnoldstein
Treibach
Krappfeld
Marchfeld
Umweltbundesamt
GRUNDSTÜCKSDATENBANK
LANDESWEITE ERHEBUNGEN
Geologische Bundesanstalt
BODENDAUERBEOBACHTUNGSFLÄCHEN
GEOLOGISCHE KARTEN
Geologische BA
CÄSIUM-KARTE
BODENKARTIERUNG
Bundesamt u. FZ f. Landwirtschaft
Umweltbundesamt
BODENSCHÄTZUNG
Finanzdirektion
ALTLASTENATLAS
Umweltbundesamt
ÜBERSICHT ÜBER DIE EINZELUNTERSUCHUNGEN (1975-90)
GEOCHEMISCHER ATLAS
Umweltbundesamt
Österr. Stat. Zentralamt
BODENNUTZUNG
Umweltbundesamt
VERDACHTSFLÄCHENKATASTER
Waldbodenzustandsinventur
Forstliche Bundesversuchsanstalt
WASSERGÜTEKATASTER
Umweltbundesamt
CORINE LANDCOVER
M=1 : 100.000
ÖSTERR. BODENKARTE
nach FAO
Fink, Nestroy, Nagl
Umweltbundesamt
ÖSTERR. BODENKARTE
nach Fink (M=1 : 700.000)
BUNDESWEITE ERHEBUNGEN
Der „Datenschlüssel Bodenkunde - Empfehlung zur einheitlichen Datenerfassung in Österreich“
(SCHWARZ et al. 1999) wurde vom Umweltbundesamt in Abstimmung mit der Österreichischen Bodenkundlichen Gesellschaft und Vertretern des Landwirtschafts- und Finanzressorts sowie der Bundesländer erstellt. Dies stellt einen wesentlichen Schritt in Richtung Abgleichung und Harmonisierung
von Bodendaten dar. Erst dadurch wird es möglich, bestehende Bodendaten auf ihre Vergleichbarkeit
zu überprüfen, entsprechend zu kodieren, in das Bodeninformationssystem aufzunehmen und somit
gemeinsam und über Bundesländergrenzen hinweg auszuwerten.
3.
Aktueller Datenstand
Die Datenbank enthält derzeit über 600.000 Einträge von über 5500 Standorten. Dies sind unter anderem Daten der Bodenzustandsinventuren Steiermark, Oberösterreich, Burgenland und Tirol, der
Schwermetalluntersuchungen in Wien, Untersuchungen in Brixlegg, Linz, Arnoldstein, KöflachVoitsberg sowie österreichweite Daten der Cäsiumbelastung und der Waldbodenzustandsinventur. Als
nächster Schritt ist die Aufnahme der Daten der Bodenzustandsinventur von Niederösterreich mit weiteren 1449 Standorten geplant. Die Kooperationsbereitschaft der genannten Bundesländer stellt die
Basis für den Aufbau des umfangreichen Datenbestandes dar. Die Vereinheitlichung der unterschiedlichen Datensätze, die einen wesentlichen Aufwand bei dem Aufbau des Bodeninformationssystems
darstellt, wurde bisher vom Umweltbundesamt durchgeführt.
Die Datenbank umfasst Angaben zu Standorten, Bodenprofilen und Daten chemischer, physikalischer
und mikrobiologischer Untersuchungen. Eine Kombination mit Flächendaten (Bodentypen, Landwirtschaftliche Produktionsgebiete usw. ) wird in Zukunft möglich sein.
Tabelle 1 und Abbildung 2 geben einen Überblick über die derzeit in BORIS enthaltenen Datensätze.
Tab. 1: Anzahl der Standorte im Bodeninformationssystem BORIS (Stand Juni 1999)
Länder
Bgld
Ktn NÖ
OÖ
Sbg.
Stmk
Tirol
Vbg Wien
BZI *
174
-
880
-
519
658
-
323
285
245
322
-
287
Grenznahes
Ausland
-
Summe
2518
119
39
229
2113
Cäsium
daten
weitere
Unters.
WBZI**
53
165 333
-
151
62
92
21
353
47
-
-
-
726
75
97
69
44
134
66
13
-
-
514
Summe
243
1364
350
1251
1093
132
326
229
5871
16
391 492
* BZI (Bodenzustandsinventur): diese Datensätze wurden von den Ämtern der Landesregierungen von Burgenland, Oberösterreich, Steiermark und Tirol sowie vom Magistrat 22 in Wien zur Verfügung gestellt; jene der
** WBZI (Waldbodenzustandsinventur) von der Forstlichen Bundesversuchsanstalt.
4.
Zukünftige Entwicklungen
Für 1999 ist die Schaffung eines umfassenden Internet-Zuganges zur Datenbank in Form von BORIS
INFO und BORIS EXPERT geplant.
Eine vorläufige Version kann derzeit unter http://www.ubavie.gv.at/umweltsituation/boden/boris
besucht werden.
Abb. 2
BORIS-INFO: wird öffentlich zugänglich sein und nach Anzeige der Bodenuntersuchungsstellen auf
einer Übersichtskarte von Österreich folgenden Metadaten anzeigen:
• Quellenangabe (Literaturzitat)
• Für jedes Literaturzitat wiederum gibt ein Abstract einen Überblick über Ziel und Umfang
der Untersuchung
• Datenurheber (z.B.: Amt der jeweiligen Landesregierung, Umweltbundesamt)
• Liste der untersuchten Parameter auf Standorts-, Profil- und Messwertebene (z.B.: Bodentyp,
Nährstoffe, Blei, Cadmium). Die einzelnen Analysenwerte werden nicht angegeben.
Somit ist es InternetbenutzerInnen möglich, über ein geographisches Auswahlsystem Zugang zu diesen Informationen herzustellen, einen Überblick über vorhandene Bodendaten in einer bestimmten
Region zu erhalten und sich bei Bedarf genauerer Informationen an die jeweiligen Datenurheber (z.B.:
Amt der Landesregierung, Umweltbundesamt) zu wenden.
BORIS EXPERT: wird die gesamten Bodendatensätze enthalten und ist jenen Institutionen zugänglich, die in die Liste der Zugriffsberechtigten aufgenommen wurden. Dies sind in erster Linie jene Institutionen, die auch Daten für BORIS zur Verfügung gestellt haben.
BORIS EXPERT wird unter anderem folgenden Inhalt haben:
• Einfaches Abrufen von Bodendaten durch ein benutzerfreundliches, menügesteuertes Programm
zum Auswählen, Auswerten und Darstellen von Daten
• Unmittelbare Vergleichsmöglichkeit von eigenen Bodendaten mit österreichweiten Erhebungen
oder lokalen Untersuchungen (Brixlegg, Linz, Arnoldstein usw.)
• Zugang zu Grenzwerten und Bewertungsgrundlagen, die vom UBA am aktuellen Stand gehalten
werden
• Auswahl eines Datenkollektivs, z.B. nach Landnutzung, Untersuchungsparameter, Analysenmethoden, Tiefenstufen, Bodentyp, Landschaftseinheit
• Exportieren dieser Daten (z.B.: für eine statistische Bearbeitung)
• Datenausgabeformular
Einen weiteren wesentlichen Schritt stellt die rechtliche und technische Regelung der Zugriffsrechte
für die Benutzer von BORIS EXPERT dar.
Im Bodeninformationssystem BORIS werden österreichweit harmonisierte Datenbestände und EDVtechnische Werkzeuge angeboten. Dies ermöglicht die Vernetzung und somit gemeinsame Betrachtung von Bodendaten – unabhängig von Landesgrenzen – im Hinblick auf bodenschutzrelevante Fragestellungen.
5.
Literatur:
SCHICHO-SCHREIER, I. (1994): Pilotprojekt (Micro-BORIS) zu einem Bodeninformationssystem in
Österreich. In: ALEF, K., BLUM, W., SCHWARZ, S., RISS, A., FIEDLER, H. & HUTZINGER, O. (HRSG.):
ECO-INFORMA-94; Band 6: Bodenkontamination, Bodensanierung, Boden-informationssysteme.
447-456.
SCHWARZ, S., DVORAK, A., RISS, A. &. FALKNER, T. (1994): Einrichtung eines Bodeninformationssystems in Österreich. In: ALEF, K., BLUM, W., SCHWARZ, S., RISS, A., FIEDLER, H. & HUTZINGER, O.
(HRSG.): ECO-INFORMA-94; Band 6: Bodenkontamination, Bodensanierung, Bodeninformationssysteme. 429-446.
SCHWARZ, S., HUBER, S., TULIPAN, M., DVORAK, A. &. ARZL, N. (1999): Datenschlüssel Bodenkunde – Empfehlung zur einheitlichen Datenerfassung in Österreich, in Druck, Umweltbundesamt,
Wien.
Untersuchungsstrategien bei der Erkundung kommunaler Altdeponien
in Oberfranken
Wesinger, R.*1, C. Guschker*1, M. Schrepfermann*2
*1
GeoTeam GmbH, Dr. Fritz-Wiede-Str. 21, 95119 Naila, *2Wasserwirtschaftsamt Hof
e-mail: [email protected]
Abstract: In monitoring programs 24 landfills are evaluated. Conclusions from the concentrations of
pollutants adsorbed on soil material to the emissions into groundwater are limited. On the first level
of investigation the groundwater naer the landfills has been anaysed by 62 %. In these projects the
threshold values of at least one pollutant are eceeded by 87 %. These results show that an exact monitoring program is an important step to quality assurance.
Zusammenfassung: Es werden 24 Deponien in Hinsicht auf ihre Untersuchungsstrategien ausgewertet. Die bei 2/3 der Deponien durchgeführten Bodenuntersuchungen lassen nur eingeschränkt Rückschlüsse auf ihr Emissionspotential zu. Im Rahmen von Voruntersuchungen wird Grundwasser zu 62
% untersucht. Davon treten bei 87 % Stufen-Wert-Überschreitungen auf. Als Fazit ergibt sich, daß
detaillierte Erstbewertungen mit Untersuchungskonzeption zur Qualitätssicherung beitragen.
Keywords: landfill, monitoring program, quality assurance
Schlagworte: Deponie, Untersuchungsstrategie, Qualitätssicherung
1
Einleitung
Nachdem seit etwa 20 Jahren in Deutschland Altlastenuntersuchungen im größerem Umfang vorgenommen werden, haben sich praxisorientierte „gewachsene“ Untersuchungsstrategien herausgebildet.
Die Einführung und Fortschreibung von Leitfäden führen zu ersten Standards in der Untersuchungsmethodik und leiten über zur Festschreibung von Qualitätsstandards für die verschiedenen Untersuchungsphasen. Mit Einführung des Bundesbodenschutzgesetzes wird Qualitätssicherung ein wichtiger
Bestandteil der Untersuchungspraxis. Thema dieses Fachbeitrages ist es nun, die in der Bearbeitung
von kommunalen Altablagerungen angewandten Strategien auszuwerten und zu vergleichen.
2
Material
Auswertungsbasis sind die Ergebnisse der Untersuchung von 24 kommunalen Altdeponien im Zeitraum von 1993 bis 1998. Sie umfassen verschiedene Untersuchungsphasen und alle beinhalten technische Erkundungsmaßnahmen. Standort und Bearbeiter bleiben bei der Auswertung anonym. Wesentliche Datenbestände wurden vom Wasserwirtschaftsamt Hof zur Verfügung gestellt und ausgewertet.
Alle genannten Stufenwerte beziehen sich auf das vom LfW erstellte Merkblatt Nr. 3.8-10 von 1998.
3
Ergebnisse
Die Deponien befinden sich überwiegend in Oberfranken (23), (davon 20 im Gebiet des WWA Hof)
bzw. im unmittelbar Grenzraum zu Mittelfranken (1). Die Geologie der Untersuchungsstandorte verteilt sich gemäß nachfolgender Tabelle:
Tabelle 1: Geologie der Untersuchungsstandorte
Quartär
Jura
Trias
11
1
5
Paläoziokum
5
Keine Angaben
2
SE
Bo +
BL+
SE
Bo+BL+O
GW
GW
+S
E
Die Verteilung der Deponiegröße geht aus der Abbildung 2 hervor, wobei 2 Deponien (81.000 m³ und
147.000 m³) nicht dargestellt sind.
75 % der Gutachten enthalten Historische Recherchen als Bestandteil der Berichte zur Voruntersuchung, die restlichen keine. Eigenständige Berichte zur Erstbewertung / Historischen Recherche sind
zu keiner Deponie vorhanden. Insgesamt wurden 5 Kompartimente im Umfeld der Deponien untersucht. Abbildung 1 zeigt die Häufigkeitsverteilung der Untersuchungen. Dabei wurde bei 66 % der
Deponien Boden, bei 58 % LHKW (Bodenluft BL), 54 % BTX (BL) und 46 % Deponiegase untersucht. Grundwasser wurde bei 62 % im Rahmen der Voruntersuchung beprobt.
+O
+SE
W
G
Bo+O
GW+
GW+Bo
GW+Bo+SE
Bo+BL
GW
SE
L+
B
+
GW
GW+Bo+BL
+B
o+
B
L+
SE
GW: Grundwasser
Bo: Boden
BL: Bodenluft
SE: Sickerwasser/Eluat
O: Oberflächenwasser
+O
Abbildung 1: Untersuchte Kompartimente bei der Erkundung von kommunalen
Hausmülldeponien in Oberfranken
Anzahl der
Rammkernsondierungen
30
25
Voruntersuchung
20
Detailuntersuchung
15
10
5
0
0
5000
10000
15000
20000
25000
30000
35000
2
Deponiefläche [m ]
Abbildung 2: Abhängigkeit der Anzahl der Rammkernsondierungen von der Deponiefläche
Bei kleineren Deponien (Fläche < 1,5 ha) werden häufig Bodenuntersuchungen durchgeführt, während
bei größeren Deponien diese nie angewandt wurden (siehe Abbildung 2). Zwischen der Anzahl der
Rammkernsondierungen und der Deponiefläche besteht keine Korrelation.
Die Erkundung des Immisionspotentials in das Grundwasser ist bei 87 % der untersuchten Deponien
spätestens nach der Voruntersuchung empfohlen worden (siehe Abbildung 3). Bei 12 % spielt die
Betrachtung des Grundwasserpfades bei der Untersuchung keine Rolle. Bestärkt wird die Empfehlung
zur Grundwasseruntersuchung durch die Tatsache, daß bei Proben aus dem Grundwasserabstrom von
87 % der untersuchten Deponien (13) mindestens ein Stufe-1-Wert überschritten ist.
Abbildung 4 zeigt die Untersuchungshäufigkeit einzelner Schadstoffe im Boden und das EmissiGW belastet
onspotential der Materialien in den
(Schadstoff16 Deponien mit Boden oder Bogehalte >
denluftuntersuchungen.
Stufe-1-Wert)
GW nicht
Am häufigsten werden die Schwerrelevant
metalle Cd, Cr, Cu, Ni, Pb und Zn
GW
untersucht. As und Hg werden weunbelastet
niger oft analysiert. Sn wird kaum
untersucht. Im Verhältnis zu den
untersuchten Proben sind jedoch für
Abbildung 3: GW-Untersuchungen bei der Erkundung
As und Sn überproportional viele
von kommunalen Hausmülldeponien in Oberfranken
Stufen-Wert-Überschreitungen
festzustellen. Am seltensten treten Überschreitungen bei Hg und Cd auf. Insgesamt werden bei 93 %
der auf Feststoffe untersuchten Deponien Überschreitungen der Stufenwerte festgestellt.
Die organischen Parameter umfassen am häufigsten PAK, KW und Phenolindex in der Bodenmatrix,
sowie LHKW und BTX in der Bodenluft. Die Überschreitung der Stufenwerte tritt am häufigsten bei
PAK auf, am seltensten bei LHKW und BTX.
GW-Erk. nach
Voruntersuchung
empfohlen
100
90
80
< Stufe-1-Wert
> Stufe-1-Wert
> Stufe-2-Wert
70
60
[%] 50
40
30
20
10
0
Abbildung 4: Untersuchungshäufigkeit und Stufen-Wert-Überschreitungen von
Schadstoffen in Boden und Bodenluft kommunaler Hausmülldeponien in Oberfranken
Wertet man die Grundwasseruntersuchungen in gleicher Weise aus (siehe Abbildung 5), wird deutlich, daß ein Rückschluß von den Feststoff- oder Bodenluftgehalten auf eine Emission problematisch
sein kann. Während Cr im Grundwasser nie erhöht vorliegt, wird der Stufe-1-Wert bei beinah 60 %
der untersuchten Deponien in der Festsubstanz überschritten. Umgekehrt verhält es sich bei Ni oder
LHKW, die relativ selten in den Boden-/Bodenluftuntersuchungen auftreten, jedoch im Grundwasser
am häufigsten zu Stufen-Wert-Überschreitungen führen. Zu den Hauptproblemstoffen von Altablage-
rungen gehören die PAK sowohl in der Festsubstanz als auch im Grundwasser. Am unproblematischsten stellen sich BTX dar, die in den untersuchten Deponien keine Rolle spielen.
Die Stufen-Wert-Überschreitungen im Grundwasser gehen zu 60 % auf erhöhte Leitparameter zurück,
< Stufe-1-Wert
100
90
80
70
60
[%] 50
40
30
20
10
0
> Stufe-1-Wert
es
.
X
W
,g
BT
LH
K
(E
PA
Ph
)
en
ol
in
de
x
W
K
PA
K
Sn
g
H
s
A
Zn
Pb
i
N
Cu
Cr
Cd
> Stufe-2-Wert
Abbildung 5: Untersuchungshäufigkeit und Stufen-Wert-Überschreitungen von Schadstoffen
im GW kommunaler Hausmülldeponien in Oberfranken
zu 27 % auf erhöhte Basisparameter; 13 % waren nicht belastet (siehe Abbildung 3 und 5).
Deponiegase wurden bei 46 % der Untersuchungsflächen als Emissionspotential (innerhalb der Deponie) erfaßt. Dabei lagen die Werte bei 46 % der untersuchten Deponien unter 1 Vol.-% Methan und
jeweils 27 % zwischen 1 – 5 Vol.-% bzw. > 5 %.
4
Diskussion
Im Hinblick auf die relativ geringe Zahl an ausgewerteten Deponien muß einschränkend gesagt werden, daß die Aussagesicherheit von der Größe der Grundgesamtheit abhängt. Deshalb sollen auch
Denkansätze im Vordergrund stehen, die bei der Bearbeitung einzelner Altdeponien unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse einfließen können.
All die untersuchten Deponien sind in hohe Prioritätsstufen (überwiegend Priorität 1) eingestuft und
besitzten meist eine wasserwirtschaftliche Relevanz aufgrund der Nähe zu Trinkwassereinzugsgebieten, weniger häufig auch zu Vorflutern. Daher wird auf den Gefährdunspfad Deponieinhalt – Grundwasser / Oberflächenwasser bei den Untersuchungen auch das größte Augenmerk gelegt.
Auffallend ist, daß sich in den ausgewerteten Gutachten kaum Begründungen für die gewählten Untersuchungsstrategien finden.
Aufgrund der oft nicht näher abgeschätzten bzw. abschätzbaren Inhomogenität der Deponien sind
Bodenuntersuchungen nur bedingt für eine Emissionsabschätzung geeignet. Dazu gehört auch, daß
Veränderungen chemischer Milieubedingungen (und damit der Mobilität einzelner Schadstoffe) bei
den Probenahmen und Analysenverfahren kaum in die Interpretation einfließen. Gezielte Untersuchungen der „Anreicherungsmedien“ Bodenluft, Sickerwasser und Grundwasser liefern hierbei deutlichere Ergebnisse in Hinsicht auf mögliche Emissionen.
Wünschenswert wäre es, die Ergebnisse der vertieften Auswertung einer breiteren Datenmenge für
künftige Untersuchungen zur Verfügung zu haben. Insbesondere wäre zu klären, ob eine Typisierung
der Deponien möglich ist und sich daraus eine Reduzierung des Untersuchungsaufwandes ableiten
läßt.
5
Fazit
Häufig liegen die Deponien in der Zuständigkeit von kleineren Kommunen, die keine eigene „Umweltabteilung“ in der Verwaltung besitzen. Meist ist demnach eine Anfrage zur Untersuchung einer
Deponie auch sehr allgemein und das Spektrum der abgegebenen Angebote vielfältig. Wie die Ergebnisse dieser Auswertung zeigen, werden offenbar anfänglich teure Untersuchungsansätze (z.B. neue
Grundwassermeßstellen) vermieden, um spätestens nach der Voruntersuchung doch von 90 % der
Gutachter gefordert zu werden.
Als Fazit sollte daher herausgestellt werden, daß eine ausführliche Erstbewertung mit Schwerpunkt
auf beprobungslosen Untersuchungen oder wenige ausgewählte Analysen einfach zugänglicher Medien eine verläßlichere Basis für weiterere Untersuchungsphasen bietet als dies in der bisherigen Praxis üblich ist.
Eine ausführliche Erkundung der Standortbedingungen (z.B. Lage, Historie incl. Deponiezusammensetzung, Nutzung, Untergrundverhältnisse, Hydrogeologie, Wasserhaushalt) sollte zu einer begründeten und konkreten Untersuchungsplanung mit einer klaren Zielsetzung führen, die mit den beteiligten
Behörden abgestimmt und in eine Anfrage überführt werden kann. Überlegenswert erscheint es gerade
auch für kleinere Gemeinden, eine Art „Projektmanagement“ einzuführen. Dieses hätte die Aufgaben,
die Erstbewertung incl. Untersuchungskonzept zu erarbeiten und die Durchführung der weiteren Erkundungen (sinnvollerweise durch ein anderes Institut) fachlich zu begleiten. Somit wird Auftragsabarbeitung und Qualitätskontrolle für den Auftraggeber transparenter und die Fachbehörden damit teilweise entlastet.
Ob die Untersuchungskosten damit insgesamt gesenkt werden können, läßt sich schwer abschätzen. Es
ist jedoch davon auszugehen, daß zur Verfügung stehende Finanzmittel effektiver eingesetzt werden.
6
Literatur
BAYERISCHES LANDESAMT FÜR WASSERWIRTSCHAFT (HRSG.) (1998): Bewertung von
Gewässerverunreinigungen und Bodenbelastungen für den Wirkungspfad Boden – Wasser.- Merkblatt
Nr. 3.8-10.
BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM F. LANDESENTW. U. UMWELTFRAGEN, BAYER.
STAATSMINISTERIUM D. INNEREN (HRSG.) (1991): Altlasten-Leitfaden für die Behandlung von
Altablagerungen und kontaminierten Standorten in Bayern.- München.
BUNDESMINISTERIUM
F.
RAUMORDNUNG,
BAUWESEN
U.
STÄDTEBAU,
BUNDESMINISTERIUM D. VERTEIDIGUNG (HRSG.) (1996): Arbeitshilfe Altlasten zur Anwendung der baufachlichen „Richtlinien für die Planung und Ausführung der Sicherung und Sanierung
belasteter Böden“ des BMBau für Liegenschaften des Bundes.- OFD Hannover.
DER MINISTER F. ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT U. FORSTEN D. LANDES
NORDRHEIN-WESTFALEN (HRSG.) (1985): Hinweise zur Ermittlung von Altlasten.- Düsseldorf
Landschaft und Geologie des Zentralen Fichtelgebirges und von Soos
Rohrmüller, J.
Bayerisches Geologisches Landesamt, Außenstelle, Concordiastr. 28, 96049 Bamberg
e-mail: [email protected]
Route: Marktredwitz (Variscan granodioritic and dioritic intursivas so called Redwitzit and in the
southeast Tertiary basalts S Wölsau and in the Reichsforst) – driving in direction to Schirnding
passing Arzberg ( central part of the Fichtelgebirge with the metamorphic rocks of the Arzberg Varied
Group, f.e. marble in Arzberg, and Tertiary basalts of the Steinberg NW Schirnding further Lower
Ordovician Frauenbach Quarzit at the Kohlberg and Lindenberg S Arzberg) – passing the Czech
border E Schirnding (S of the border station outcrop of Tertiary sediments with layers of bituminous
coal) – about 14 km E of the border in the N of the national route to Cheb (Quaternary volcano of the
Komorni Horka (Kammerbühl)) – Soos (CO2-mofettes, peat, sediments with diatoms)
Fahrstrecke: Marktredwitz (Redwitzit und Erhebung mit teritären Basalten S Wölsau und im
Reichsforst) – Richtung Schirnding vorbei an Arzberg (Zentrale Hochfläche mit metamorphen
Gesteinen der Arzberger Bunten Gruppe, z.B. Marmor bei Arzberg, und tertiärer Basalt am Steinberg
NW Schirnding sowie unterordovizischer Frauenbach-Quarzit am Kohlberg und Lindenberg S
Arzberg) – Grenzübergang Schirnding (S Grenzübergang Abbaugrube der Firma Hardt in
Tertiärsedimenten mit Braunkohlehorizont)– ca. 14 km nach Grenze N Nationalstraße nach Cheb
(Eger) (quartärer Vulkan des Komorni Hurka (Kammerbühl)) – Soos (rezente CO2-Entgasung
(Mofetten), holozäne Torfe und Diatomeenablagerungen)
Keywords: Redwitzit, Arzberg Varied Group, Frauenbach Quarzit, Tertiary basalts, Tertiary
sediments, Quatarnary basalts, mofettes, peat
Schlagworte: Redwitzit, Arzberger Bunte Gruppe, Frauenbach-Quarzit, Tertiäre Basalte, Tertiäre
Sedimente, Quartäre Basalte, Mofetten, Torf
1
Fichtelgebirge
Das Fichtelgebirge ist ein Teil des Nordostbayerischen Grundgebirges. Es gliedert sich in eine zentrale
Verebnungsfläche („Selb-Wunsiedler-Hochfläche“) und in die hufeisenförmig umgebenden
Höhenzüge („Hohes Fichtelgebirge“) mit dem Schneeberg- und Kösseinemassiv (Schneeberg 1051 m
NN, Kösseine 939 m NN) sowie dem Nordost-streichenden Höhenzugs Bärenhöhe (785 m NN) Waldstein - Epprechtstein (798 m NN) und seiner nordöstliche Fortsetzung, des Großen Kornbergs.
Geprägt wird die Landschaft durch die hauptsächlich aus Granit aufgebauten Höhenzüge mit
Erhebungen bis über 1000 m (Schneeberg 1051 m, Ochsenkopf 1024 m), die die Form eines nach
Nordosten geöffneten „Hufeisens“ darstellen und einer zentralen, vorwiegend nach Osten ins
Egerbecken (Eger und Röslau) und nur im nördlichen Gebiet nach Norden zur Saale (Lamitz und
Perlenbach bei Schönwald) entwässernden, hügeligen, ehemaligen Verebnungsfläche mit
durchschnittlichen Höhenlagen um 500 bis 650 m NN. Der Zusammenfluß der Eger und der Röslau
östlich von Schirnding liegt bei 443 m NN. Nach den Oberflächenformen sind verschiedene
Reliefgenerationen zu unterscheiden mit den ältesten prämiozänen und miozänen zentralen
Erhebungen und Hochflächen, den jungtertiär angelegten Alttalungen und Breitterrassen sowie den
quartär eingetieften Engtälern.
Ein Zusammenhang zwischen dem geologischen Untergrund und der Morphologie wird besonders bei
der Gruppe der „jüngeren“ Fichtelgebirgsgranite (Kerngranit, Randgranit, Zinngranit) deutlich. Der
Kleine und Große Kornberg, der Waldstein- und Epprechtsteinhöhenzug, die den Nordoststreichenden Nordteil der Hufeisenstruktur bilden, sowie das Schneebergmassiv
und das
Kösseinemassiv des Fichtelgebirgszentralstockes werden aus diesen Granittypen aufgebaut. Das
innere Fichtelgebirge besteht aus den Gesteinseinheiten der Gruppe der „älteren“ Fichtelgebirgsgranite
mit dem Weißenstadt-Marktleuthen Granit und dem Selber Granit und den hauptsächlich kambroordovizischen Metasedimenten. Im Südostteil sind die tertiären Basalte des Ruhe-Berges (693 m NN)
und des Reichsforstes sowie die unterordovizischen Quarzite der Frauchenbach Gruppe am Kohl-Berg
(633 m NN) und am Linden-Berg (643 m NN) gipfelbildend.
Die Granite sind am Ende der variskischen Gebirgsbildung vor ca. 285 bis 326 Millionen Jahren in
metamorphe Rahmengesteine als Schmelzen eingedrungen und dort auskristallisiert. Diese
Rahmengesteine, die während der variskischen Gebirgsbildung in der Erdkruste metamorph geprägt
wurden, setzten sich zusammen aus ehemaligen Sedimentgesteinen, die hauptsächlich in den
Erdzeitaltern des Kambriums und des Ordoviziums abgelagert wurden und jetzt als Gneise,
Glimmerschiefer, Graphit-führende Schiefer, Phyllite, Quarzite und Marmor sowie Kalksilikatfelse
vorliegen. Daneben existieren auch, metamorphe magmatische Gesteine wie Amphibolite, ehemalige
Basalte, und helle feldspatreiche Gneise, sogenannte Orthogneise, die Lokalnamen wie Wunsiedler
Gneis oder Waldershofer Gneis führen. Als Ausgangsgesteine für diese Orthogneise kommen zum
einen ordovizische saure Vulkanite und zum anderen auch ordovizische saure Intrusivgesteine wie
Granite in Frage.
In den dolomitischen Marmoren in Gebiet um Arzberg treten zahlreiche Erzkörper aus Siederit und
Ankerit auf. Aus diesen Eisenkarbonaten bildeten sich in den Verwitterungszonen limonitische
Huterze, die im Mittelalter bevorzugt abgebaut wurden. Die letzten Bergbauversuche wurden 1939 bis
1941 unternommen.
Nordöstlich von Marktredwitz treten magmatische Gesteine auf, die nach ihrer Typlokalität als
Redwitzite bezeichnet wurden. Es handelt sich dabei um Biotit-reiche Granodiorite, Quarzdiorite,
Diorite, Gabbros und Norite, die zum Teil große Biotitkristalle mit einem typischen sperrigen Gefüge
führen. Diese Gesteine sind aufgrund ihrer Kontaktverhältnisse zur „älteren“ Gruppe der
Fichtelgebirgsgranite in die Frühphase der spätvariskischen Intrusionsfolge zu stellen mit
Intrusionsaltern um 326 Millionen Jahren und älter.
Den Abschluß des variskischen Magmatismus bilden in diesem Raum die Rhyolith- und
Rhyodacitgänge, die zwischen der Johanneszeche/Göpfersgrün im Süden und Schönwald im Norden
als Nord- bis Nordost-streichende Gangschar die Granite und Metamorphite durchschlagen.
Nach dem Ende der variskischen Gebirgsbildung war der Raum des Fichtelgebirges vermutlich über
lange Perioden Abtragungsgebiet, wobei eine teilweise Überdeckung mit mesozoischen Sedimenten
aufgrund größräumiger paläogeographischer Rekonstruktionen angenommen werden kann. Erst aus
der Zeit des Tertiärs existieren wieder Sedimentgesteine und Basalte, deren Enstehung in Verbindung
mit der Bildung des Egergraben zu sehen ist. Bei Marktredwitz ist der östliche Randbereich der
Nordost-streichenden Waldershofer Senke angeschnitten, in der vermutlich oligozäne bis miozäne
Sedimente (Kiese, Sande) über tiefgründig verwitterten Metamorphiten auftreten. Bei Klausen, östlich
von Seußen, und östlich von Schirnding sind ebenfalls oligozäne bis miozäne Sedimente mit
eingelagerten Braunkohlelagen verbreitet. Die in teriäre Tone eingebetteten Blätterschiefer bei
Klausen wurden zwischen 1762 und 1837 zur Alaungewinnung Untertage abgebaut. Diese
Grubenanlagen sind inzwischen verfallen und die Halde ist vollständig überwachsen. Östlich von
Schirnding treten bis zu 15 m mächtige, siltige Tone und Sande auf, die von bis zu 9 m mächtigen
Braunkohlelagen mit zahlreichen Tonzwischenlagen überlagert werden, darüber folgen wieder Kiese.
Weitere Vorkommen mit tertiären Sedimenten existieren bei Seedorf, südöstlich Arzberg, und südlich
des Steinberges, nördlich Arzberg. Die Kaolinvorkommen südlich des Steinberges waren die
Rohstoffbasis für den Aufbau der Porzellanherstellung in Hohenberg/Eger durch C. M.
Hutschenreuther in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Gründung 1814). An der Basis der tertiären
Sedimente sind die kristallinen Gesteine häufig tiefgründig verwittert. Diese Verwitterungsprofile sind
das Produkt kreidezeitlicher und teriären Verwitterungsvorgänge in tropischen feucht-warmen
Klimabereichen.
Als verwitterungsresistentere Härtlinge wurden die Basaltschlote und –spalten bei Thierstein, am
Schloßberg bei Neuhaus/Eger und am Steinberg sowie östlich von Marktredwitz (Haingrün S Wölsau,
Ruhe-Berg, Reichsforst) herauspräpariert. Diese miozänen Basalte und Basalttuffe sind Teil des
nordostbayerischen und nordwestböhmischen tertiären Basaltvulkanismus.
Im Pleistozän gehörte das Fichtelgebirge zum Periglazialgebiet, d.h. es kam nicht zur Bildung von
Vergletscherungen. Über dem Permafrost bildeten sich in den sommerlichen Auftauungsperioden
bereits bei geringer Hangneigung durch hangabwärtsgerichtetes Bodenfließen Fließerden und
Fließlehmen. Die Ausgestaltung der Landschaftsformen mit der Anlage der engen Talungen der
Röslau, Kössein, Eger, Lamitz und des Perlenbaches ist auf die pleistzänen Abtragungsvorgänge
zurückzuführen.
2
Soos
Peterek et al. (1998) geben folgende Beschreibung der CO2-Mofetten, holozänen Torfe und
Diatomeenablagerungen:
„Das seit 1964 als Naturschutzgebiet ausgewiesene Moorgebiet ist eines der wenigen
Mofettenvorkommen Nordböhmens. Das Moorgebiet ist an einen NNW-SSE streichenden und etwa 2
km langen und 1,5 km breiten jungquartären (?holozänen) Graben innerhalb des Egerer Beckens
gebunden. In ihm sind rund 2 Mio m3 Torf mit einer Mächtigkeit von 4,8 m vorhanden, die über weite
Teile jedoch bereits abgebaut worden sind. Im SW-Teil des Grabens haben sich durch Zufuhr
mineralischer Wässer während des Holozäns bis 7,2 m mächtige Diatomeenablagerungen gebildet
(rund 200 000 m3).
Gebunden an NNW-SSE streichende Störungen treten innerhalb des Vorkommmens der Diatomeen
zahlreiche Gasaustritte in Form von meist wassergefüllten und in NNW_SSE_Richtung aneinander
gereihten Mofetten auf. Diese können einen Durchmesser bis zu 80 cm erreichen. Nach Kämpf et al.
(1992) ist die Gasphase zu 99,97 % aus CO2 zusammengesetzt. Daneben sind geringe Mengen von N2
und He nachweisbar. Neben den Entgasungen in den Mofetten sind zahlreiche Gasaustritte auch in den
offenen Wasserflächen zu beobachten.
Im Moorgebiet treten über 20 Mineralquellen auf, deren bekannteste die am Wanderpfad liegende
Kaiser-Quelle ist. Sie ist mit 14-18°C die wärmste Quelle des Egerer Beckens. Die Mineralisation der
Wässer entstammt im wesentlichen der präsedimentären Verwitterungszone des Grundgebirges im
Liegenden der tertiären Sedimente sowie diesen Sedimenten. Innerhalb des Egerer Beckens lassen sich
anhand der Quellwässerzusammensetzung verschiedene Wasserprovinzen nachweisen (u.a. NaSO4-,
FeSO4-, NaNHCO3-Provinzen, für das Gebiet um Soos vgl. Rehakova 1988). In regenärmeren
Perioden kristallisieren die Salze an der Oberfläche des Sooser Naturschutzgebietes in vielfätigen
Farben aus.
Die tektonisch kontrollierte Absenkung des Sooser Moorgebietes während des Holozäns wie auch die
Verhältnisse in der Umrahmung des Komorni Hurka weisen auf junge tektonische Aktivitäten im
Egerer Becken hin. Inwieweit ein Zusammenhang zwischen der rezenten Entgasung und dem
jungtertiären Vulkanismus des Komorni Hurka besteht, ist – zumal das genaue alter der Eruptionen
nicht bekannt ist – bisher nicht geklärt.“
3
Literatur
HECHT, L. (1998): Granitoide des Fichtelgebirges (NE-Bayern): Magmengenese und hydrothermale
Alteration. – Jber. Mitt. Oberrhein. Geol. Ver., N.F. 80: 223 – 250.
PETEREK, A., SCHRÖDER, B. & GOTTSMANN, J. (1998): Reliefentwicklung, Tektonik und Vulkanismus
während des Tertärs und Quartärs im Fichtelgebirge und im westlichen Egerer Becken. - Jber. Mitt.
Oberrhein. Geol. Ver., N.F. 80: 111 – 132.
ROHRMÜLLER, J. & MIELKE, H. (1998): Die Geologie des Fichtelgebirges und der nördlichen
Oberpfalz – Nordostbayern. - Jber. Mitt. Oberrhein. Geol. Ver., N.F. 80: 25 - 48.
Naturschutzgebiet Hájek - Soos
Babůrek, J., Burda, J.
Český geologický ústav, Klárov 3, CZ-118 21 PRAHA 1
e-mail: [email protected]
Das Gebiet des Naturschutzgebietes Hájek-Soos liegt etwa 6 km NO von Františovy Lázně (Franzensbad),
im nördlichen Teil des Cheb-Beckens. Es konzentrieren sich hier große Mengen der kohlensäurenhaltigen
Mineralquellen und CO2 - Quellen.
Das Gebiet wird von zwei Mulden gebildet, die von einem Sandwall getrennt sind, von der Länge 2,2 km
und Breite 1,4 km. Die südliche Mulde ist sowohl von der Kieselguhr, als auch vom Torf erfüllt, die
nördliche Mulde nur vom Torf. Die Unterlage der erwähnten Quartärausfüllung bilden Sande und Tone
der unteren Sand-Ton-Schichtfolge vom Miozän-Alter. Beide heute selbständigen Mulden haben
ursprünglich komuniziert (zusammengehängt). Während der Quartärsedimentation war diese noch
einheitliche Depression in das Tal des Vonšov-Baches entwässert. Beide Teile haben dieselbe
Humolithschicht. Später geschah die Depressionzerteilung durch die Bildung der sandigen und
organogenen Schwellen. In der nördlichen Mulde entstand eine Torflagerstätte, in der südlichen Mulde,
fast ohne Wasserabfluß, bildeten sich Bedingungen für die Kieselguhrbildung aus. Ständiger Zufluß der
Mineralwässer verursachte Wassersalinitätserhöhung, und dadurch wurde die Entwicklung der
mikroskopischen Algen - Diatomacaeen ermöglicht.
Nach neueren Untersuchungen ist der Hájek-Becken eine selbständige hydrogeologische Einheit, die nur
von dem atmosphärischen Wasser und von den Grundwasserquellen gesättigt ist. Die gesamte
Ergiebigkeit der Grundwässer beträgt 9-10 l.s-1 und größerer Teil davon quellt im südlichen Teil des
Hájek-Beckens. Es handelt sich um CO2-haltige Wässer der mittleren Gesamtmineralisation (1,2 - 6,3 g.l1
), mit dem Chemismus sehr nahen den Franzensbader Mineralwässern. Der Wasserstand der Quellen ist
streng abhängig von der Jahreszeit, und davon abgeleiteten Niederschlagsergiebigkeit. Der nördliche
Beckenteil ist wesentlich ärmer an die CO2-haltige Wasserquellen (es geht um Mineralwässer mit der
Gesamtmineralisation bis 0,3 g.l-1).
Im Gebiet des Hájek-Beckens wurden insgesamt 200 Mineral- und Gasquellen festgestellt. Die häufigen
Quellen des trockenen CO2 bilden charakteristische Mophetenkrater. Nur eine Mineralquelle wird gefasst
in einem einfachen Holzbehälter - Císařský pramen (Kaiserquelle). Die Wassertemperatur der Quelle
erreicht im Verlauf des Jahres einen Durchschnitt von 17,5 °C, die Ergiebigkeit ist rund um 0,7 l.s-1. Der
Wasserabfluß von der Quelle wird in die Wiesen gegenüber dem Dorf Hájek gerichtet. Der Schutz des
Naturschutzgebietes Hájek-Soos ist im Rahmen der 2. Schutzzone für Franzensbad gesichert.
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