Botschafter über Ungarns Imageverlust

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Botschafter über Ungarns Imageverlust
Über Wirtschaft und Profilschärfung spricht im KURIER-Interview Ungarns
Botschafter in Wien, Vince Szalay-Bobrovniczky.
15.02.2012
EU-Verfahren: „Wir gehen nicht mit
erhobenen Händen nach Brüssel“, sagt Diplomat Szalay-Bobrovniczky
Österreichs Banken sind die wichtigsten Kreditgeber in Ungarn. Für die Verschuldung der
Gemeinden sucht die Regierung in Budapest jetzt eine Lösung. Wie sie aussehen könnte,
erklärt Ungarns Botschafter in Österreich, Vince Szalay-Bobrovniczky.
KURIER: Herr Botschafter, will Ungarn österreichische Banken erneut zur Kasse bitten?
Vince Szalay-Bobrovniczky: Das stimmt so nicht. Die Regierung sieht nach wie vor ein
Problem bei den Fremdwährungskrediten, die Kommunen aufgenommen haben. Ich gehe
davon aus, dass wir die Städte und Banken ermuntern, über die Umstrukturierung von
Krediten zu reden. Die Gemeinden haben große Probleme.
Für Ärger sorgt auch die Bankensteuer und die Krisenabgabe für Unternehmen.
Die Bankensteuer wird ab 1. Jänner 2013 halbiert, Anfang 2014 wird sie an den europäischen
Standard angeglichen. Die Sondersteuer läuft Anfang 2013 zur Gänze aus. Die Verluste der
Banken bei der Endtilgung können zu 30 Prozent von der Bankensteuer abgesetzt werden.
Plant Ungarn wirklich die Enteignung österreichischer Unternehmen im
Abfallwirtschaftssektor?
Es geht nicht um Enteignung. Zu der Regierungsvorlage gibt es einen Änderungsvorschlag
eines Abgeordneten, wonach bei der Abfallwirtschaft Kommunen diese Aufgabe zu etwa 60
Prozent übernehmen sollten. Wie die Abstimmung ausgeht, kann ich nicht sagen. Man muss
auch sehen: Es gibt viele österreichische Unternehmen, die zufrieden sind und weiter in
Ungarn investieren und ihren Betrieb ausbauen wollen.
Am Freitag erwartet die EU-Kommission Antwort auf drei Vertragsverletzungsverfahren.
Verraten Sie etwas?
Wir gehen mit offenem Visier und mit dem Ziel einer schnellen Übereinkunft in die
Verhandlungen. Ministerpräsident Orbán hat gesagt, dass Ungarns Zukunft – entgegen allen
anderslautenden Meinungen – in Europa liegt. Europa ist die Richtung für uns.
Gibt Ungarn bei der Notenbank nach?
Wir geben vieles auf, wie etwa die Zusammenlegung von Notenbank und
Finanzmarktaufsicht. Wir können aber nicht mit erhobenen Händen nach Brüssel gehen. Wir
werden verhandeln.
Wie erklären Sie sich die negativen Schlagzeilen über Ungarn?
Wir haben in zwei Jahren mehr als 360 Gesetze verabschiedet. Die Regierung versucht das
Land neu aufzubauen, das verursacht Interessenskonflikte, die Auswirkungen auf das Image
des Landes haben. Ich vermute, dass wir deswegen so kritisch gesehen werden. Unsere
Entscheidungen werden oft mit zweierlei Maß gemessen, zum Beispiel bei der Verschuldung.
Bei anderen gibt es massive Abschreibungen und einen Schuldenschnitt. Orbán sagte auch
kürzlich, dass wir nicht in die Taschen anderer Staaten greifen wollen.
Peilt die Regierung einen Schuldenschnitt an? Das ist kein Thema. Wir sind nicht nahe
eines Bankrotts, wir wollen einen Sicherheitskredit von IWF und EU, um uns weiter auf dem
Markt zu finanzieren. Die Staatsverschuldung liegt bei 80 Prozent. Das ist ein Problem. Der
Kurs des Forint ist stabil, die Zinsen für Staatsanleihen sind zurückgegangen.
Will Ungarn auf seine Devisenreserven zurückgreifen?
Diese Kompetenz hat die Regierung nicht.
Ihr Brief zu Auszeichnungen an zwei ungarische Journalisten hat für Aufregung gesorgt
(siehe KURIER, 14. Februar, Anm.). Bereuen Sie das Schreiben an Jury-Vorsitzenden
Botschafter Rohan?
Ich war überrascht, dass der Brief, der an ihn adressiert war, an die Öffentlichkeit kam. Ich
habe den Brief nach der Preisverleihung geschrieben und wollte meine Meinung äußern. Ich
ziehe meine Lehren daraus.
Welche?
Das behalte ich für mich. Der Fall ist für mich erledigt, ich konzentriere mich auf die
Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Ungarn und Österreich. Ich hoffe, dass der
kürzlich stattgefundene Besuch von Vizekanzler Spindelegger in Budapest, an dem ich
großen Anteil hatte, ein wichtiger Schritt war.
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