D4 Unternehmens- und Innovationszentrums in Root (LU) Grösster saisonaler Diffusionspeicher der Schweiz 1) 2) Beat Keller , Peter Berchtold und Daniel Pahud 3) 1) Mengis + Lorenz AG, Geotechnik Geologie Hydrogeologie, Schlosstrasse 3, CH-6005 Luzern PB Ingenieurbüro Energie und Haustechnik, Bahnhofstrasse 6, CH-6060 Sarnen 3) SUSPI – LEEE- DCT, C.p. 110, CH-6952 Canobbio 2) Zusammenfassung Projekt In Root (LU) entsteht das 2'500 Arbeitsplätze beherbergende Unternehmungs- und Innovationszentrum D4 mit einer Geschossfläche von 130'000 m². Der Zielsetzung der suva entsprechend sollen 50% des Energiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Das Herzstück des Systems mit BHKW, ÖL/Gaskessel, Wärme- und Eisspeicher sowie Solardach / Fotovoltaik bildet ein saisonaler Diffusionsspeicher im Felsen. Dieser wird im Sommerhalbjahr durch die Abwärme sowie das Solardach geladen und im Winter zu Heizzwecken entladen. Realisiert wird der Speicher in zwei Etappen mit Speichermodulen von je 45.5 m x 51.5 m Grundfläche und je 49 Sonden mit 160 m Länge. Mit einem Volumen von 3 376'000 m pro Modul wird dieser grösste bislang realisierte Speicher der Schweiz in die Obere Meeresmolasse eingebohrt. Durch die geringe Formationsdurchlässigkeit (Durchläs-9 sigkeitsbeiwert k ˜ 1·10 m/) und die hohe 3 Wärmekapazität (2.3 MJ/m ·K) sind deren Gesteine bestens für einen Diffusionsspeicher geeignet. Der Felsuntergrund wurde vorgängig durch eine gekernte Pilotbohrung sowie zwei Pilotsonden eingehend erforscht. In letzteren wurden durch In Situ-Reaktionstests die mittlere Formationstemperatur (12.4°C), die mittlere Wärmeleitfähigkeit (3.0 bis 3.3 W/m·K) sowie der thermische Widerstand der mit Quarzsand verfüllten Sonden ermittelt. Die definitive Speicherdimensionierung erfolgte mit dem Programm PILESIM, wobei der ersten Bauetappe Wärmeleistungen von 950 kW und Kälteleistungen von 760 kW zu Grunde gelegt wurden. Beim Bau des zweiten Moduls lassen sich die Erfahrungen mit dem ersten verwenden. Die Realisation des ersten Speichermoduls verlief planmässig, wobei eine systematische, geologisch bedingte Ablenkung der Sonden zu beobachten war. Ein durch den Bohrbetrieb teilweise geöffnetes Kluftsystem verlangte nach erhöhten Mengen des Injektionsgutes ThermoCem®, das mit einer Wärmeleitfähigkeit von 2.0 W/m·K eine gute Sondenleistung garantiert. Im Längenbold bei Root (LU) realisiert die suva die erste Etappe des von den Fischer Architekten (Zürich) geplanten Unternehmens- und Innovationszentrums D4. D4 repräsentiert die vier Dimensionen Mensch, High Tech, Umwelt und Zeit und wird KMU Betriebe aus den Branchen High Tech, Umwelttechnologie und Health Services beherbergen (Projektinformationen unter http://www.d4center.ch). Momentan befindet sich die erste Etappe mit 65'000 m² Nettogeschossfläche im Bau - der Vollausbau wird 130'000 m² umfassen und rund 2'500 Arbeitsplätze bieten. Bereits mit der 1990 formulierten Zielsetzung für D4 strebte die suva ein umweltfreundliches Energiekonzept an: Nebst einer optimalen Nutzung der Energie und einer Minimierung des Bedarfs sollten erneuerbare Energien bevorzugt eingesetzt werden. Das innovative Energiekonzept D4 strebte einen Jahresenergiebedarf von 30 bis 50% des SIA-Zielwertes (SIA 380/1) an, wovon mindestens 50% durch erneuerbare Energien zu decken sind. Evaluation und Optimierung des Energiekonzepts Von den anfänglich sieben valablen Energiekonzepten - worunter auch EWS-Felder (MENGIS + LORENZ AG 1996a) - wurden die Varianten „geothermischer Diffusionspeicher“ und „Fernwärme“ parallel zur Vergleichsvariante „Konventionell Gas/Öl“ weiter bearbeitet. Bei der anschliessende Detailprojektierung des Energiesystems verlangte die schwierige Quantifizierung des Energiebedarfs - insbesondere an Kälte - für die noch unbekannten Nutzer ein flexibles, polyvalentes Konzept. Dieses wurde vom Planungsteam schliesslich in einer Kombination BHKW, ÖL/Gaskessel, Wärme- und Eisspeicher, geothermischer Diffusionsspeicher und Solardach / Fotovoltaik gefunden (B+B ENERGIETECHNIK, P. BERCHTOLD, MENGIS + LORENZ AG & ERNST BASLER + PARTNER AG 1999). In einem Umfeld sinkender Preise fossiler Brennstoffe stellten -1- Abb. 1: Geologisches Profil durch den 160 m tiefen geothermischen Diffusionsspeicher D4. thermischen und geophysikalischen Eigenschaften des Felsuntergrundes mit einer gekernten Pilotbohrung erforscht. Dabei sollten u.a. die punktuellen Labor-Messdaten der Wärmekapazität und –leitfähigkeit mittels geophysikalischen Logs auf den ganzen Speicher extrapoliert werden, um ein verlässliches konzeptionelles Modell für die definitive Speicherdimensionierung und -simulation bereitzustellen. Darüber dient die mit Temperaturfühlern bestückte Pilotbohrung in der Betriebsphase zur Beobachtung der Speichertemperaturen und der Steuerung. die hochgesteckten Ziele an eine marktgerechte Wirtschaftlichkeit der Energieerzeugung ganz besondere Anforderungen an das Planungsteam. Im Zuge der Systemoptimierung wurden mit dem Programm DST (HELLSTRÖM 1989) unter Verwendung eines geologischen Prognosemodells sowie ersten Messungen der Wärmeleitfähigkeiten und –kapazitäten an Gesteinsproben aus der Zielformation zahlreiche Speichervarianten berechnet und verglichen (MENGIS + LORENZ AG 1996b). Insbesondere die Optimierung der Kälteleistungen verlangte nach wiederholten Sensitivitätsanalysen, wobei mit DST unter anderem Varianten von 150 bis 300 kW Kälte- und 150 bis 280 kW Wärmeleistung (Wärme 640 bis 1’300 MWh/a, Kälte 650 bis 900 MWh/a) berechnet wurden. Unter Berücksichtigung der Randbedingungen eines etappierbaren Speicherbaus, minimaler Auslauftemperaturen von 2°C für einen Betrieb ohne Frostschutz, Direktkühlung ohne WP im Sommer sowie einer maximalen Breite des unter dem Parkgeschoss zu platzierenden Diffusionsspeichers von 40 m erwiesen sich Längen des Speichers von 60 bis 80 m und Sondenlängen von 150 bis 160 m als optimal (Abb. 1), was Speichervolumina von 350'000 bis 3 550'000 m entspricht. Geologie (KELLER in Vorb.) Die 161.2 m tiefe Pilotbohrung ist im Bereich der alpenrandnahen, aufgerichteten Molasse gelegen. Sie durchörterte die gesamte St. Galler-Formation (jüngere Obere Meeresmolasse) und damit ein recht variables Spektrum von Lithologien (Konglomerate, porösere Mittelsandsteine, dichte, gut zementierte Feinsandsteine, sandige und saubere Siltsteine sowie Schlammsteine). Petrophysik (HAAS & MATTER 1999) Die im Labor gemessenen Korndichten der Proben variieren zwischen 2’730 und 3 3 2’810 kg/m (geometrisches Mittel 2’770 kg/m ), die Nutzporositäten liegen zwischen 3.0 und 11.8% (geometrisches Mittel 5.8%) und die Gesamtporositäten zwischen 3.1 bis 11.9% (geometrisches Mittel 6.3%). Die meisten Proben weisen Permeabilitäten von <0.5 md (< ca. Pilotbohrung mit geo- und petrophysikalischem Messprogramm In Anbetracht der enormen Grösse des Projekts wurden die geologischen, petrophysikalischen, -2- -6 Extrapolation geothermischer Eigenschaften mittels Bohrlochgeophysik (FISCH et al. 1999, LEU 1999) 5·10 m/s) auf, maximale Werte liegen zwi-5 -5 schen 1 bis 6 md (ca. 1·10 bis 6·10 m/s). Hydrogeologie (FISCH et al. 1999) Die sedimentologisch ermittelten ArchitekturElemente der durchteuften Abfolge waren mittels der Bohrlochgeophysik sehr gut nachvollziehbar. Zusammen mit den Labordaten der Petrophysik sowie der Wärmeleitfähigkeiten und -kapazitäten wurde eine durchgehende geothermische Charakterisierung der wassergesättigten Formation der Pilotbohrung möglich. Die Wärmeleitfähigkeit war am besten auf Grund des Gamma Ray-Logs berechenbar. Die Wärmekapazität dagegen wurde an Hand des Neutron Porositäts-Logs extrapoliert. Die derart ermittelten mittleren Wärmeleitfähigkeiten der wassergesättigten Formation betragen 3.6+0.2 W/m·K, die Wärmekapazitäten lagen zwischen 800 und 850 J/kg·K. Bei einer mittleren Standrohrspiegelhöhe von – 2.6 m unter Terrain liegt die Grundwasserdruckfläche der Formation auf ca. 415.8 m ü.M. Mittels Fluid-Logging liess sich für den 144.3 m langen, wassergefüllten Bohrlochabschnitt eine -7 2 Transmissivität T von ca. 2·10 m /s bestimmen, was einer sehr schwachen Gebirgsdurch-9 lässigkeit k von ca. 1·10 m/s entspricht. Im stationären Zustand betrug die Förderrate denn auch lediglich 0.3 l/min. Das Wasser entstammt klar definierten, kleineren Zuflüssen im oberen und im untersten Teil des Profils. Wärmeleitfähigkeiten und –kapazitäten (SCHÄRLI & RYBACH 1999) Die im Labor an 25 getrockneten Bohrkernen gemessenen Wärmeleitfähigkeiten betragen zwischen 2.92 und 4.73 W/m·K (geometrisches Mittel 3.61 W/m·K). Für die Wärmekapazitäten der getrockneten Proben wurden Werte zwischen 1.90 und 3 2.17 MJ/m ·K (geometrisches Mittel 3 2.07 MJ/m ·K), resp. 692 bis 782 J/kg·K (geometrisches Mittel 746 J/kg·K) ermittelt. Dies entspricht einer mittleren Wärmekapazität der wassergesättigten Formation von ca. 2.3 3 MJ/m ·K. Durch die sehr geringe Formationsdurchlässigkeit und die hohen Wärmekapazitäten der wassergesättigten Formation erwies sich die alpenrandnahe jüngere Obere Meeresmolasse (St. Galler-Formation) der hydrogeologischen Zone III des Molasse-Beckens (Zone mit Fissurations-Porosität und schwacher primärer Porosität; KELLER 1992, LEU et al. 1999a,b) für die Realisation eines geothermischen Diffusionsspeichers am Standort D4 in Root als bestens geeignet. Temperaturgradient (FISCH et al. 1999) Thermische Reaktionstests (Response Tests) in Pilotsonden Der im Bohrloch zwischen 10 und 160 m Teufe ermittelte lineare Temperaturgradient beträgt 23.3 K/km. Dabei nahm die Temperatur von 10.0°C in 10 m Teufe bis auf 14.5°C in 161.2 m Teufe zu. Parallel zur gekernten Pilotbohrung wurden zur Durchführung von geothermischen Reaktionstests mit destruktivem Bohrverfahren zwei Pi- Abb. 2: Graph der Messergebnisse des Reaktionstests in der 160 m tiefen Sonde Nord im Bereich des derzeit realisierten Speichers. -3- Winter wurde derart ausgelegt, dass keine längerfristige Abkühlung zu erwarten war. lotsonden realisiert, die in den Speicher integriert worden sind. Die Reaktionstests (Response Tests) erlauben die In Situ-Bestimmung der mittleren Wärmeleitfähigkeit des Felsspeichers und des thermischen Widerstandes der Sonden. Nebst der im Labor bestimmten Wärmekapazität (SCHÄRLI & RYBACH 1999) ist die Kenntnis dieser zwei Parameter grundlegend für die Dimensionierung und die thermische Simulation des geothermischen Diffusionsspeichers. Beim Reaktionstest wird der Erdwärmesonde die mit einer möglichst konstanten Energiemenge aufgeheizte Trägerflüssigkeit – hier Wasser ab Netz - zugeführt. Die zeitliche Entwicklung der Einlauf- und der Rücklauftemperaturen der Trägerflüssigkeit als Reaktion der Erwärmung und die zugeführte Heizenergie bilden das auszuwertende Datenmaterial des Tests. Vor dem eigentlichen Test wurde durch Zirkulation der noch unerwärmten Trägerflüssigkeit die mittlere Ausgangstemperatur des Felsen bestimmt. Diese betrug in der Sonde Nord 12.4°C (Abb. 2). Die Interpretation der Messungen in den zwei Pilotsonden (PAHUD 1999a) erlaubte die Ermittlung einer mittleren Wärmeleitfähigkeit des Felsuntergrundes von 3.0 bis 3.3 W/m·K, was in guter Übereinstimmung mit den Laborwerten und den anhand der Bohrlochgeophysik extrapolierten Werten steht (SCHÄRLI & RYBACH 1999, LEU 1999). Der thermische Widerstand der wie im Collège de Peseux mit Quarzsand hinterfüllten Sonden betrug 0.1 K/(W/m). Im zweiten Konzept wurde der gesamte Kältebedarf durch Wärmerückführung aus einer Kältemaschine in den Speicher gedeckt. Die dazu notwendige Wärmepumpe erlaubte eine viel grössere Wärmegewinnung als im ersten Fall. Zur Deckung des Wärmebedarfs war aber immer noch eine zusätzliche Heizung notwendig. - Dem dritten Konzept schliesslich wurde eine Wärmepumpe mit eineinhalbfacher Nennleistung der vorangehenden zu Grunde gelegt, wodurch der thermischen Regenerierung des Speichers im Sommer eine noch grössere Bedeutung zukam. Diese konnte gewährleistet werden durch die Abwärme der Kältemaschine und die in den Sonnenkollektoren gesammelte Wärme. Diese drei Systemvarianten wurden mit dem Simulationsprogramm PILESIM (PAHUD 1999b) beurteilt. PILESIM ist ein Werkzeug zur Simulation von Heiz- und Kühlsystemen mittels Energiepfählen oder Erdwärmesondenfeldern. Die thermischen Leistungen der EWS werden als integraler Teil des Systems berechnet. Die Simulationen umfassten einen Zeitraum von 10 Jahren, um einen annähernd stationären Zustand des Speichers zu erreichen. Für alle drei Fälle erwiesen sich eine vergleichbare Anzahl von Sonden und ähnliche Sondenabstände als günstig. In Abb. 3 sind die Simulationsresultate für das dritte, gegenwärtig realisierte Konzept dargestellt. Auf Grund der Simulationen wurde für eine erste Etappe – ursprünglich umfangreicher ausgelegt als die jetzt realisierte - ein Speicher aus 49 Sonden à 160 m Tiefe und Sondenabständen von 6.5 m empfohlen. Die aus dem Speicherdimensionierung Die rechnerische Dimensionierung des geothermischen Diffusionsspeichers D4 konnte auf eine solide Datengrundlage abgestellt werden. Einerseits lieferte die Pilotbohrung nebst den geothermischen Gradienten und den Formationstemperaturen die notwendigen Angaben über die Wärmekapazität und –leitfähigkeit sowie die hydrogeologischen und bohrtechnischen Eigenschaften des Wirtgesteins. Andererseits wurden mit dem thermischen Reaktionstest in den Pilotsonden Angaben über die mittleren Formationstemperaturen und Wärmeleitfähigkeiten des Speichergesteins sowie den thermischen Widerstand der Sonden beigebracht. Bei der Dimensionierung wurden drei verschiedene Systemkonzepte untersucht: - - Das erste Konzept beruhte auf der Annahme einer Direktkühlung aus dem Speicher ohne Kältemaschine. Damit liess sich der sommerliche Kältebedarf aber nur teilweise durch den Speicher befriedigen. Die Wärmepumpe zur Wärmeentnahme aus dem Speicher im Abb. 3: Mögliche Jahresenergien im ersten Betriebsjahr in Funktion der Anzahl der Sonden und des Sondenabstandes für das dritte Konzept (komplette Regenerierung mit Sonnenkollektoren). -4- Abb. 4: Der geothermische Diffusionsspeicher bildet das Herzstück des Energiekonzepts von D4. 3 Tschannland Buchrain 29’000 m oder Collège 3 de Peseux 22'500 m , vgl. HADORN 1997). Im Endausbau wird der doppelt so grosse Diffusionsspeicher des Unternehmens- und Innovationszentrums D4 zu den weltweiten Grossanlagen gehören. Die eingesetzten Duplex-Sonden mit Durchmesser 32x3.0 mm erreichen in der ersten Etappe eine Gesamtlänge von 7.8 km. Für den optimalen Betrieb wird der Speicher mit einer kühleren Randzone und einer wärmeren Kernzone betrieben. Im Flachdach als Dachersatz integriert ist eine 660 m² grosse Sonnenkollektoranlage. Diese dient nebst der direkten Wärmeversorgung für Warmwasser und Heizung vor allem der Regeneration des Speichers während des Sommerhalbjahres. Ist Heizleistung gefragt, wird die kombinierte Wärmepumpe / Kältemaschine zur Deckung der Grundlast eingesetzt. Als Energiequelle dient dann der Felsspeicher. Die Deckung der Spitzenlast erfolgt für die erste Etappe mit Heizkesseln. Zur Optimierung der Betriebszeiten der einzelnen Erzeuger werden Wärmespeicher eingesetzt. Der Kältebedarf wird so weit als möglich durch Direktkühlung aus dem Felsspeicher gedeckt. Bei einem erhöhten Kühlbedarf wird Speicher schöpfende Wärmepumpe mit einer Nennleistung von 450 kW würde die Deckung von 90% des Wärmebedarfs erlauben. Daraus resultiert eine mögliche Wärmeleistung des Speichers im Winterhalbjahr von 910 MWh/a, die durch eine mögliche Wärmerückgabe im Sommerhalbjahr aus der Kühlung und dem Solardach von bis zu 1'270 MWh/a kompensiert werden könnte. Energiekonzept Der geothermische Diffusionsspeicher bildet also das Kernstück des realisierten Energiekonzepts (P. BERCHTOLD 1997). Er wird sowohl für Heiz- als auch für Kühlzwecke eingesetzt. Weitere bedeutende Elemente sind die Sonnenkollektoranlage sowie die kombinierte Wärmepumpe / Kältemaschine mit Wärme- und Kältespeicherung (Abb. 4). Der Felsspeicher der ersten Bauetappe hat einen Grundriss von 45.5 m x 51.5 m und besteht aus 49 Erdwärmesonden à je 160 m Tie3 fe. Mit 376'000 m Speichervolumen stellt bereits das erste Modul die grösste Anlage der Schweiz und damit eine neue Generation dar, sind doch die bislang realisierten Wärmespeicher jeweils eine Grössenordnung kleiner (z. B. 3 3 Serso 55'000 m , Meister Wollerau 40'000 m , -5- Abb. 5 (links): Die Vogelperspektive gibt einen Überblick des Baugeländes D4 und der Dimension des Speichers mit den Sondenverbindungsleitungen (Zustand Mitte Oktober 2001, Blickrichtung NE). Abb. 6 (unten): Überblick der beiden Verteiler sowie der im Sandbett verlegten Sondenzuleitungen -6- wiederum die kombinierte Wärmepumpe / Kältemaschine zum Zuge kommen, deren Abwärme ebenfalls dem geothermischen Diffusionsspeicher zugeführt wird. Zur Abdeckung von Spitzenlasten gelangen Eisspeicher zum Einsatz, die während der Nacht bei Niedertarif „geladen“ werden. Die Wärme- und die Kälteerzeugung erfolgen für die gesamte Überbauung zentral, und die einzelnen Gebäude werden über ein internes Verteilernetz mit Wärme und Kälte versorgt. Nur durch diese zentrale Versorgung erreicht die Anlage eine gute Energieeffizienz und die geforderte marktgerechte Wirtschaftlichkeit. Für die erste Bauetappe sind eine maximale Wärmeleistung von 950 kW und eine maximale Kälteleistung von 760 kW gefordert. Der jährliche Heizenergiebedarf beträgt ca. 540 MWh/a. Abb. 7: Darstellung der Neigungsmessungen der Sondenbohrungen und der Pilotbohrung im SEQuadranten des Schmidtschen Netzes. Die Sondenbohrungen sind durch die systematische Ablenkung bestrebt, sich dem Flächenpol der Schichtung (Fallen 323/20) anzunähern. Da mit dem verwirklichten Energiekonzept etwa 65% des Energiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden, konnte die Zielvorgabe von 50% mehr als erfüllt werden. Dank der Etappierung der Überbauung können mit dem ersten Modul des Diffusionsspeichers wertvolle Erfahrungen gesammelt und beim Bau des zweiten angewendet werden. Bau des ersten Speichermoduls Abb. 8: Rund 30 m hoher „Blow out“ aus der Pilotbohrung beim Spülen des 12 m entfernten Sondenlochs Nr. 26 beim Bohrgerät. -7- Mit dem Bau des Speichers wurde die Broder AG (Sargans) beauftragt, welche die 49 Sonden und die Messsonde in der vorgegebenen Zeit vom Juli bis September 2001 realisierte (Abb. 5 und 6). 16 der Bohrlöcher wurden durch Lotmessungen der Firma Solexperts AG (Schwerzenbach) überprüft. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Sonden am Fuss zwischen 8 bis 17 m nach Südosten abweichen. Eine stereographische Auswertung zeigt deutlich, dass es sich dabei um systematische Ablenkungen in Richtung des Flächenpols der Schichtung (Schichtfallen 323/20, Pol 143/70) handelt (Abb. 7). Diese erklären sich dadurch, dass ein Bohrkopf mit zunehmender Teufe der Tendenz folgen will, die Schichtung senkrecht zu durchbohren. Auch wenn durch die Ablenkung keine Sonden überbohrt wurden, so öffnete sich durch den beim Bohren angelegten Druck von bis zu 23 bar ein vorhandenes Kluftsystem. Interpretierbar ist dieses Phänomen unter dem Einfluss der noch vorhandenen, erhöhten tektonischen Horizontalspannungen im Gebirge sowie die alpenrandnah grosse glaziale Vorbelastung. Dieses in der Bohrlochverfilmung der Pilotbohrung noch als geschlossen beobachtete und weiterführende Betrachtungen. – Eclogae geol. Helv. 85/3, 611-651. KELLER, B. (in Vorb.): Pilotbohrung und Pilotsonden für den geothermischen Diffusionsspeicher. Geologie und zusammenfassender Untersuchungsbericht. - Mengis + Lorenz AG, Luzern. LEU, W., KELLER, B., MATTER, A., SCHÄRLI, U. & RYBACH, L. (1999a): Geothermische Eigenschaften Schweizer Molassebecken (Tiefenbereich bis 500 ). – Programm Geothermie, Schlussbericht i. A. Bundesamt f. Energie. LEU, W., KELLER, B., MÉGEL, T., SCHÄRLI, U. & RYBACH, L. (1999b): PC-Programm für die Berechnung geothermischer Eigenschaften der Schweizer Molasse (Tiefenbereich 0 - 500 m). – Programm Geothermie, Schlussbericht i. A. Bundesamt f. Energie. LEU, W. (1999): Logauswertung – Geothermische Eigenschaften. Pilotbohrung für geothermischen Diffusionsspeicher. – Geoform AG, Winterthur. MENGIS + LORENZ AG (1996a): Energiekonzept Phase I Vorstudien: Geothermische Energie. Variantenstudium geothermische Anlagen: Erdwärmesonden und Diffusionsspeicher - Gutachten im Auftrag der suva Luzern. MENGIS + LORENZ AG (1996b): Energiekonzept Phase I Vorstudien: Optimierung geothermischer Diffusionsspeicher. – Gutachten im Auftrag der suva Luzern. PAHUD, D. (1999a): Étude pilote pour les bâtiments du centre suva Lucerne. Analyse des réponses de 2 sondes tests et optimisation du stockage diffusif. Rapport intermédiaire. - Office fédéral de l’énergie, Suisse. PAHUD, D. (1999b): PILESIM-LASEN : Simulation tool for heating / cooling systems wit heat exchanger piles or borehole heat exchangers. User manual. Laboratory of energy systems, Swiss Federal Institute of Technology in Lausanne, Switzerland. SCHÄRLI, U. & RYBACH, L. (1999): Wärmeleitfähigkeits- und Wärmekapazitäts-Messungen an Bohrkernen (OMM). - Institut für Geophysik ETH Zürich, interner Bericht Nr. 4321. rung noch als geschlossen beobachtete System führte zu Kommunikationen zwischen mehr oder weniger weit entfernten Sondenlöchern, was sich beim Ausblasen mitunter in spektakulären Wasserfontänen (Abb. 8) sowie in einem erhöhten Verbrauch an Injektionsgut manifestierte. Die vorgesehene, schwierig einzubringende EWS-Hinterfüllung aus thermisch vorteilhaftem Quarzsand wurde auf Grund eines verdankenswerten Tipps von E. Rohner (Engeo AG) durch das neue Produkt ThermoCem® (AZ BUT) ersetzt. Diese Suspension mit einer nachgewiesenen Wärmeleitfähigkeit von 2.0 W/m·K ist etwa gleich teuer wie Quarzsand und lässt sich ebenso einfach injizieren wie Bentonit. Unterstützungen Das präsentierte Grossprojekt D4 profitierte nicht nur von der finanziellen Unterstützung durch das BFE und den Kanton Luzern, sondern ebenso vom Engagement von J.-C. Hadorn (OFEN) und M. Fürer (suva). Wertvolle Beiträge wurden auch durch die Diskussionen mit den Fachleuten L. Rybach (ETH-Z), W. Eugster (Polydynamics Engineering), P. Bernhard (Ernst Basler + Partner AG), E. Rohner (Engeo) und B. Matthey (Matthey Ing.-Cons. SA) eingebracht. Literaturverzeichnis B+B ENERGIETECHNIK, P. BERCHTOLD, MENGIS + LORENZ AG & ERNST BASLER + PARTNER AG (1999): D4 Unternehmens- und Innovationszentrum Root (Luzern): Optimiertes Energiekonzept PGHT, Stand 4. 5. 1999. - Konzeptvorschlag im Auftrag der suva Luzern. P. BERCHTOLD (1997): D4 Unternehmens- und Innovationszentrum Root (Luzern): Konzept Energieversorgung. - Gutachten im Auftrag der suva Luzern. FISCH, H.-R.,. ALBERT, W., LUX, K.N., FRICKE, S., STUMP, U., HESS, H. (1999): Bericht zu den geophysikalischen Bohrlochmessungen und zu den Fluid-Logging-Messungen in der Bohrung D4 Längenbold, Root. - Solexperts AG, Albert-Donié GeoConsult-GmbH, BLM-GmbH. HAAS, H. & MATTER, A. (1999): Porositäts- und Permeabilitätsmessungen an Proben der Pilotbohrung D4, Unternehmenszentrum Längenbold, Root LU. - Geologisches Institut Universität Bern. HADORN, J.-C. (1997): A review of seasonal storage in Switzerland. – in: BFE: Programme de recherche et programme P+D. Stockage de chaleur. Rapport annuel 1997, 115-120 avec annexe). HELLSTRÖM, G. (1989): Duct ground heat storage model. Manual for computer code. - Dep. Math. Phys. Univ. Lund, Sweden. KELLER, B. (1992): Hydrogeologie des schweizerischen Molasse-Beckens: Aktueller Kenntnisstand Dies ist ein Vorabzug des Artikels für die Zeitschrift GEOTHERMIE CH der Schweizerischen Vereinigung für Geothermie (SVG), Ausgabe November 2001. Ver. 25. 10. 2001. -8-