22976 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. April 2002 Dr. Norbert Röttgen (A) Wir haben zurzeit in diesem Haus noch nicht die Mehrheit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Wer hat denn die Medien gekauft?) Präsident Wolfgang Thierse: Herr Kollege Röttgen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmidt? Transparenz wird überall beschworen; es ist das wichtigste Stichwort der Parteiengesetzgebung und der Parteienfinanzierung. Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Ja, bitte. (Lothar Mark [SPD]: Es ist ja unglaublich, was der hier vorträgt! Ich würde mich schämen, so etwas zu sagen!) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Herr Kollege Röttgen, ich habe zwar nachher noch Gelegenheit, darauf zu antworten; aber das geht mir jetzt über die Hutschnur. Deswegen frage ich Sie: Warum haben Sie und warum hat die CDU/CSU-Fraktion diesen Gesetzentwurf mitgetragen? Wenn Sie dagegen sind, seilen Sie sich doch endlich ab, damit klare Fronten entstehen! Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Herr Kollege Schmidt, diese Frage kann ich Ihnen eindeutig beantworten; ich hatte ohnehin vor, gleich darauf zu kommen. Ich habe gerade den Dissens in der Grundsatzfrage des Verhältnisses von Parteien und Presse betont. (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Sie kaufen sich die Presse und die Medien!) Wir sind der Auffassung, dass hier eine grundsätzliche Trennung erfolgen muss: Auf der einen Seite sind die Par(B) teien und auf der anderen Seite kontrolliert die Presse die Parteien. Da darf es keine Verquickung geben. (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Sie haben sich Kirch gekauft! Reden Sie doch nicht so einen Unsinn! – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Sie haben Bertelsmann gekauft!) Ich sage Ihnen – ich erläutere Ihnen das gleich ausführlicher –, weswegen wir diesen Gesetzentwurf mittragen: weil wir substanziell etwas erreicht haben. Aber die CDU/CSU und die FDP, die das genauso sieht, haben nicht die Mehrheit im Parlament. Solange das so ist, appellieren wir an Sie um der eben von Ihrer Fraktion beschworenen politischen Kultur in unserem Land willen: Trennen Sie sich freiwillig von diesen Medienunternehmen, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie sind eine unglaubliche Dreckschleuder, Herr Röttgen, eine unglaubliche Dreckschleuder!) legen Sie das Geld bei Daimler-Benz oder sonstwo an, aber nicht in Medienunternehmen! Nun erkläre ich Ihnen, warum wir, obwohl wir in der Grundsatzfrage einen Dissens haben, dem Gesetzentwurf zustimmen können: weil wir, was das Verhältnis von Parteien, Presse und Öffentlichkeit anbelangt, das Minimum erreicht haben. Das Minimum ist Transparenz; es bedeutet, dass Sie wenigstens nicht mehr mit verdecktem Visier arbeiten, dass die Bürger über diesen Sachverhalt informiert werden. SEITE ZURÜCK (C) (Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Transparenz war denn bei Kirch?) Aber dort, wo die SPD wirtschaftlich massiv engagiert ist, sollen die Bürger nichts erfahren. Was haben wir an Transparenz erreicht? (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Herr Kollege Röttgen, nach dem neuen Gesetz muss sich auch Kohl offenbaren! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Herr Präsident!) Erstmalig müssen Einnahmen aus Unternehmensbeteiligungen angegeben werden. Erstmalig ist im neuen Parteiengesetz eine Vermögensbilanz mit Erläuterungsteil vorgesehen, den es bislang nicht gegeben hat. (Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn jetzt mit den Mitteln der Landesbank?) In diesem Erläuterungsteil muss die SPD wie eine Kapitalgesellschaft Angaben über ihre mittelbaren und unmittelbaren Beteiligungen machen: Höhe des Anteils und des Eigenkapitals und das Ergebnis aus dem letzten Geschäftsjahr. (D) (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Da war niemals etwas Geheimnisvolles dran, Herr Röttgen! Sie reden nur Unsinn! Sie sind doch das Sprachrohr von Springer! – Harald Friese [SPD]: Das steht in unserem Gesetzentwurf alles drin!) Sie müssen darüber hinaus die Unternehmensbeteiligungen im Bereich von Medienunternehmen angeben und Sie müssen nach dem neuen Gesetz darlegen, welche Zeitungen die Unternehmen, an denen Sie beteiligt sind, herausgeben. Wir schaffen mit diesem Gesetz also Transparenz. (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Sie sind doch finanziert worden! Sie waren Sprachrohr von Kirch und anderen!) Darüber hinaus muss alle fünf Jahre der wirtschaftliche Wert der Unternehmensbeteiligungen bewertet werden. Das heißt, die Bevölkerung wird nicht mehr mit Angaben über Buchwerte, die nicht realistisch sind, abgespeist, sondern sie erhält einen Einblick in den wirtschaftlichen Wert der Unternehmensbeteiligungen. Letzter großer Fortschritt: Alle diese Angabepflichten sind sanktionsbewehrt. Aber Sie wollten genau diese Sanktionen aus Ihrem Gesetzentwurf herausnehmen. Diese Angaben sind nun durchgehend sanktionsbewehrt. Herr Friese hat eben die entsprechenden Sanktionen genannt. SEITE VOR