Forschen im Pilotprojekt

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House of Natural Resources
Forschen im Pilotprojekt
Direkt am Bau forschen zu können ist ein Glücksfall. Den Neubau
des House of Natural Resources in Zürich nutzen mehrere
Professoren, um ihre Entwicklungen in der Praxis zu testen.
P R O J E K T 2 // F O R S C H U N G I N D E R S C H W E I Z
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Forschen im Pilotprojekt22
Steckbrief26
Der Sonne entgegen28
Die Messung läuft29
Fazit: Innovationen im Praxistest29
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E
s ist ein gebauter Versuch oder,
besser gesagt, ein Versuchsbau,
der an sich selbst erprobt, wie
und ob diverse neue konstruktive
Technologien aus Laubholz sowie der
Photovoltaik der Praxis standhalten.
Das von mml Architekten (Zürich)
entwickelte House of Natural Resources (HoNR) der ETH Zürich, bei dem
sechs Professoren der ETH ihre Forschungsprojekte direkt am Bau realisiert haben, stellt sich ganz der Forschung zur Verfügung.
Gleichzeitig dient der Neubau als
reguläres Bürogebäude. Seine Skelettbauweise ermöglicht flexible Grundrisse, seine Oberflächen begünstigen
ein positives Raumklima. In der Theorie. In der Praxis wird ein auf mehrere Jahre angelegtes Monitoringprojekt dokumentieren und belegen,
wie sich die einzelnen Technologien
und Ideen technisch bewähren und
tatsächlich auf die Nutzerzufriedenheit auswirken.
Holz kommt bei dem auf dem
Campus Hönggerberg in Zürich stationierten Gebäude nicht nur in Form
einer vorgespannten Rahmenkonstruktion zum Einsatz. Es dient zudem
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mikado 12.2015
▴▴Stützen, Decken
und Träger,
fast jedes Bauteil
im neuen HoNR
der ETH Zürich ist
ein Forschungsobjekt
als Armierung für neuartige HolzBeton-Verbunddecken und nimmt
dabei mithilfe von Kerben konstruktive Verbindung mit dem Beton
auf. Die Fassade des Neubaus testet
darüber hinaus neue Oberflächenbeschichtungen auf ihre Eigenschaften
im verbauten Zustand. Und zu guter
Letzt sind auf dem Dach des Neubaus Solarmodule verbaut, die mithilfe eines Nachführungssystems auf
Basis von zweiteiligen Holzlamellen
entsprechend dem jeweiligen Sonnenstand ihre Ausrichtung verändern können.
Versuchsfeld Holz-BetonVerbunddecke
Buchenholz aus Schweizer Wäldern
ist die Basis für die Holz-Beton-Verbunddecke des HoNR. Es verfügt über
gute mechanische Materialeigenschaften, wird aber heutzutage typischerweise zum Heizen und für den
Möbelbau verwendet. Das Institut
für Baustatik und Konstruktion der
ETH Zürich hat nun ein Forschungsprojekt zum Thema Tragwerke aus
Furnierschichtholz (LVL) aus Buche
durchgeführt. Das Ergebnis der Studien floss in Form jener neuartigen
Deckenkonstruktion in den Neubau
ein und verspricht Trageigenschaften, die ähnlich gut sind wie die von
Stahlbetondecken.
Als Schalungselement dient dabei
eine rund vier Zentimeter starke
Buchenholz-Furnierplatte.
Furnierschichtholz weist einen höheren Homogenisierungseffekt auf als
Vollholz und Brettschichtholz und
erreicht daher zuverlässigere mechanische Materialeigenschaften. Beim
Bauvorhaben der ETH übernimmt
die Platte gleichzeitig die Armierung und kommt nicht zuletzt als
attraktive Oberfläche zur Geltung. Ins
Holz gefräste Kerben kreieren eine
mechanische Verzahnung in Form
von Betonnocken und machen es so
möglich, die 120 bis 160 mm dicke
Betonschicht und das Holz miteinander zu verbinden
Der Bauprozess der Decke verlief
ähnlich wie bei einer konventionellen Betondecke. Zunächst wurden die
Buchenfurnierschichtholzplatten auf
dem vorgespannten Rahmen positioniert. Im Anschluss wurden die
Bewehrung verlegt und die seitliche
Schalung fixiert, bevor schließlich
betoniert werden konnte.
Im zentralen Feld des zweiten Obergeschosses wird eine zweiachsige lastabtragende Holzdecke verwendet,
wobei alle Bauteile aus Buche erstellt
wurden. Die obere Platte besteht aus
drei 5-schichtigen, 120 mm dicken
Brettsperrholzplatten aus Buche. Die
restlichen Bauteile (Pfosten, untere
Lamellen) wurden aus Buchenfurnierschichtholz gefertigt. Für die Analyse
des Tragverhaltens wurden Versuche
an einem kompletten Decken-Element (6,5 m × 6,5 m) durchgeführt.
Um den Einfluss der Buchenholzlamellen auf das Gesamtsystem zu
beobachten, gab es Versuche bereits
vor der Montage der Lamellen (an der
Brettsperrholzplatte alleine).
▸▸Buchenfurnierschichtholz
und Brettsperrholz
aus Buche stellen diese zweiachsige lastabtragende Holzdecke
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Dach und Decke
aus Buchenfurnierschichtholz
So konnte gezeigt werden, dass die
Buchenholzlamellen eine Erhöhung
der Steifigkeit um den Faktor 3,8
bewirken. Mit dynamischen Untersuchungen konnte die Eigenfrequenz
der Decke mit 11,1 Hz bestimmt werden, was für eine derart leichte Konstruktion einen sehr hohen Wert darstellt. Bei den statischen Versuchen
zeigte sich, dass die angestrebte zweidimensionale Lastabtragung gut
funktioniert. Die Hauptrichtung mit
den untenliegenden Buchenholzlamellen trägt etwa 60 Prozent der Lasten ab, die Nebenrichtung übernimmt
40 Prozent der Lasten.
Im zweiten Obergeschoss werden
vorfabrizierte Holz-Beton-VerbundHohlkästen als Dachelemente eingesetzt. Die Rippen sowie die untere
Beplankung wurden mit Buchenfurnierschichtholz erstellt. Eine vorgefertigte Betonplatte wurde auf
die Rippen aufgesetzt, wobei die
Leicht, stark, tief.
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Thema des Monats // Internationaler Holzbau // Forschung in der Schweiz
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STECK
BR IEF
BAUWEISE:
Skelettbauweise
BAUZEIT:
Dezember 2013 bis Mai 2015
BAU- UND PL ANUNGSKOST EN:
7 Millionen Schweizer Franken
(ca. 6,5 Millionen Euro)
GRUNDFL ÄCHE DES GEBÄUDES:
400 m²
▸▸Alle Träger sind
mit einem
im Inneren des
Holzes verlaufenden Kabel
vorgespannt
▸▸ Tests und
laufendes Monitoring erlauben es, die
Bauteile zu
bewerten und
weiterzuentwickeln
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BAUVORHABEN:
Neubau des House of
Natural Resources der
ETH Zürich in CH-8093 Zürich
PL ANUNG:
mml Architekten (Zürich) in
Zusammenarbeit mit sechs
Professoren der ETH Zürich
CH-8001 Zürich
www.mmlarchitekten.ch
www.honr.ethz.ch
Verbindung zwischen Betonplatte
und Rippen mit Schrauben ausgeführt wurde.
Erdbebensicher dank
Holzrahmenkonstruktion
T R AGWERK SPL ANUNG:
ETH Zürich, Institut für Baustatik
und Konstruktion
Prof. Dr. Andrea Frangi
CH-8093 Zürich
www.honr.ethz.ch
Häring Projekt AG
Eiken, Dr. Jan Hamm
CH-5074 Eiken
www.haring.ch
▾▾Die Tragstruktur
wurde während der Bauarbeiten getestet, indem ein
Erdbeben
simuliert wurde
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HOL ZBAU:
Häring & Co. AG
CH-5074 Eiken
www.haring.ch
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mikado 12.2015
Wie für die Decken, so kam auch
für die Holzrahmenkonstruktion
des HoNR Material aus Schweizer
Wäldern zum Einsatz. Die Stützen
bestehen komplett aus Eschenholz,
die Träger kombinieren Esche und
Fichte, wodurch sich die Festigkeit
der Konstruktion erhöht. Alle Träger
sind mit einem im Inneren des Holzes
verlaufenden Kabel vorgespannt. Auf
diese Weise entsteht eine semi-steife
Verbindung, die sich selbst zentriert.
Dies verbessert die Verformbarkeit
der Tragkonstruktion, die dadurch
deutlich erdbebensicherer wird.
Sowohl die Stützen als auch die
Träger konnten vorgefertigt werden. Die Vorspannung übernahmen
die Handwerker vor Ort. Als vorgespannte Holzrahmen wurde die
Konstruktion bei den oberen beiden
Geschossen des Gebäudes eingesetzt
und bildet hier das Tragwerk für die
Deckensysteme. Bei den Verankerungen angebrachte Kraftmessdosen
machen es möglich, die Vorspannung
über die gesamte Lebensdauer des
Gebäudes zu überwachen.
Sie sollen natürlich aussehen und
ihre Farbe trotzdem behalten. Diesem
Wunsch entsprechen naturbelassene
Holzfassaden in der Regel nicht. Oft
führt die Bewitterung durch Regen
und Sonnenlicht bereits nach einigen
Wochen zu deutlichen Farbveränderungen. Es können Risse und Verformungen entstehen, die das ästhetische
Erscheinungsbild der ursprünglichen
Außenhaut noch mehr verändern.
Marktübliche Holzanstriche können zwar die gewünschte Ästhetik
über Jahre bewahren, doch darunter leidet in der Regel das natürliche
Erscheinungsbild.
Test der Fassadenelemente auf
Witterungsbeständigkeit
Der ETH-Neubau testet auch Holzfassadenelemente auf ihre Witterungsbeständigkeit, die nahezu
transparente Oberflächenbeschichtungen aufweisen. Diese kombinieren den gewünschten Effekt eines
natürlichen Erscheinungsbildes mit
wasserabweisenden Eigenschaften
der Holzoberfläche. Verformungen
der Fassadenbretter werden somit
minimiert. Zudem bewirken diese
Beschichtungen eine Stabilisierung
der natürlichen Holzfarbe gegenüber farbverändernden Einflüssen
des Sonnenlichts und wahren so die
hohe ästhetische Qualität der Naturholzfassade. Mit einer Steigerung
der Holzfassadeneinsatzdauer können die Ökobilanz erheblich verbessert und die Kosten des Fassadenunterhalts reduziert werden.
Monitoring in der
Nutzungsphase
Die Intention des Forschungsgebäudes greift dann so richtig nach dem
Abschluss der Bauarbeiten: Ein im
House of Natural Resources installiertes umfangreiches Monitoring
erfasst, wie sich das Gebäude im
Lauf der Jahre verändert.
Die ETH-Wissenschaftler messen damit nicht nur die Feuchtigkeit in der Holz-Rahmen-Konstruktion. Sie zeichnen darüber hinaus
Verformungen mithilfe eines Tachymeters auf und dokumentieren die
relative Verschiebung zwischen Holz
und Beton in der Verbunddecke.
Bereits in der Bauphase konnte
durch das Monitoring überwacht
werden, wie sich die Tragstruktur
verhält. Mithilfe von 16 Kraftmessdosen misst es seither die Vorspannkraft in jedem einzelnen Spann­
kabel.
▪
E I N P ROJ E K T, V I E L E PA R T N E R
An der Planung und dem Bau des
House of Natural Resources (HoNR)
war eine Reihe von Partnern beteiligt, die gemeinsam zum Erfolg
des rund 7 Millionen Schweizer
Franken (ca. 6,5 Millionen Euro)
teuren Projekts beigetragen haben.
Einen Teil der Finanzierung hat die
ETH Zürich Foundation mithilfe von
Spenden bereitgestellt.
L AUBHOL Z STOFFLICH NUT ZEN
Vom Bundesamt für Umwelt
(BAFU) flossen 500 000 Schweizer
Franken (rund 464 000 Euro) aus
der Umwelttechnologieförderung
in das Projekt ein. Das BAFU setzt
sich mit dem Aktionsplan Holz
dafür ein, dass Laubholz vermehrt stofflich eingesetzt wird,
unter anderem im Bauwesen. Das
Projekt „Building Technologies
Accelerator“ (BTA) der Initiative
Climate-KIC, bei dem die ETH Zü-
rich Hauptpartner ist, fokussiert die
Entwicklung und Markteinführung
von Technologien, die zu messbaren CO2-Reduktionen führen. In
den nächsten sechs Jahren möchte
sich diese Initiative mit mehreren
Millionen an der ETH-Technologieentwicklung im Bereich nachhaltiges Bauen beteiligen.
EINES VON SECHS PROJEK T EN
Das HoNR soll als eines von sechs
europäischen Living Labs im BTAProjekt helfen, klimafreundliche
Bautechnologien schneller am
Markt zu etablieren. Die Forschungsprojekte wurden auch
durch die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) und
das Nationale Forschungsprogramm „Ressource Holz“ (NFP 66)
unterstützt. Vor Kurzem erhielt das
HoNR für seine Tragstruktur den
Schweighofer Prize.
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Thema des Monats // Internationaler Holzbau // Forschung in der Schweiz
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Photovoltaik am Holzbau
Der Sonne entgegen
Neben dem Laubholz widmen sich die Forscher
am HoNR auch einem weiteren Thema: der Solarenergie.
Und Holz spielt dabei sogar erneut eine Rolle.
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◂◂Für die adaptive
Solarfassade
wurden individuelle Module
auf einem Seilnetz
montiert
A
uf dem Dach des Gebäudes
ist ein Solarmodulsystem
installiert, das mit zweiteiligen Holzlamellen angetrieben wird.
Diese Steuerung macht es möglich,
die Solarmodule dem Sonnenstand
nachzuführen. Seine Funktionsweise
basiert auf der Eigenschaft des Holzes, bei Änderung der relativen Luftfeuchte zu quellen oder zu schwinden. Mithilfe des Bilayer-Prinzips,
bei dem zwei Holzschichten, deren
Faserorientierung senkrecht zueinander ausgerichtet ist, miteinander verklebt werden, wird das Quellen und
Schwinden in Biegung umgewandelt. Das Holzelement bewegt sich.
Nun herrscht bei Sonnenaufgang
eine hohe relative Luftfeuchte, die im
Tagesverlauf bis zum späten Nachmittag abnimmt, um nachts wieder
anzusteigen. Angetrieben und kontrolliert durch diesen Tagesgang der
Luftfeuchte, werden die Holzbilayer
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zu Motoren und steuern auf diese
Weise ein sonnengetriebenes, autonomes und einfaches Nachführungssystem von Solarmodulen.
Adaptive Solarfassade am Seil
Kein Holz, aber viele Forschungsstunden stecken in einem weiteren
Projekt, das sich der adaptiven Solarfassade widmet. Sie besteht aus individuellen Modulen, die auf einem
Seilnetz an der Fassade montiert
sind. Angetrieben durch druckluftgesteuerte Actuatoren, richten sich
die beweglichen Module aus CIGSDünnschicht-Solarzellen (KupferIndium-Gallium-Diselenid) in Richtung Sonnenstand aus. Indem sie
unterschiedlich viel Sonnenstrahlung
durch die Fenster lassen, können sie
einerseits den Licht- und Wärmeeintrag in den Raum beeinflussen.
Andererseits produzieren sie Strom
und tragen so zur Heizung beziehungsweise Kühlung des Neubaus
bei. Weil die adaptive Solarfassade
sehr leicht ist, kann sie im Gegensatz zu herkömmlichen PhotovoltaikModulen nahezu überall angebracht
und auch an bestehenden Gebäuden
nachgerüstet werden.
Die Bewegungsgeber jener Fassade nennen sich Soft-RoboticActuatoren oder „weiche Roboter“.
Ihren Namen verdanken sie den
biegsamen Materialien, aus denen
sie mit Hilfe eines eigens entwickelten Hohlraum-Gussverfahrens
hergestellt werden. Ihre Hohlkammern werden anschließend mit Luft
gefüllt, die, gesteuert durch Ventile,
nun herausgelassen oder wieder eingepumpt werden kann.
Durch Veränderung des Luftdrucks
können die Actuatoren wiederum
verschiedenste Formen annehmen.
Eine Eigenschaft, die für die Konstruktion von Prothesen und biomimetrischen Robotern genutzt wird – und
am HoNR nun auch für ein Gebäude.
Durch die Soft-Actuatoren lässt
sich jedes Modul der adaptiven
Solarfassade individuell ansteuern und allein oder in Gruppen auf
zwei Achsen rotieren. In zyklischen
Tests haben diese Bewegungsgeber
bereits gezeigt, dass sie nicht nur
leistungsfähig, sondern auch robust
sind. Auch ihre Nachhaltigkeit wurde
durch Lebenszyklusberechnungen
bestätigt. Demnach kompensiert die
adaptive Solar-Fassade innerhalb
von anderthalb Jahren das für ihre
Erstellung emittierte CO2 wieder. Am
Campus Hönggerberg wird die Technik nun erstmals an einer Gebäudefassade eingesetzt.
▪
Forscher im Gespräch
Ein innovatives Holzhaus zu bauen und dann
daran forschen zu dürfen, macht dem
Projektleiter Andrea Frangi sichtlich Freude.
Wurde im laufenden Bauvorhaben
noch geforscht?
Ja. Wir haben parallel geforscht
beziehungsweise Versuche im Labor
gemacht und gebaut. Die entwickelte
Holzbetonverbunddecke fällt sogar
unter den Begriff der Grundlagenforschung.
Bedarf könnten wir zudem jederzeit
nachspannen. Auch die Deckenverformungen liegen in der von uns
geschätzten Größenordnung.
Welche Versuche waren möglich?
Als Feldversuche während des Bauens haben wir beispielsweise die Tragstruktur angeregt, respektive eine Art
Erdbeben simuliert und geschaut, wie
sich die Tragstruktur verformt. Und
für die Nutzungsphase haben wir ein
umfassendes Monitoringsystem eingebaut. Wir erfassen nun das Tragverhalten des Gebäudes, um zu kontrollieren, ob das, was wir berechnet
haben, auch der Wirklichkeit entspricht. Bis dato haben wir nur sehr
geringe Vorspannverluste ermittelt.
Wir sind also im grünen Bereich. Bei
Wie lange wird gemessen?
Wir werden die Messungen wohl drei
bis fünf Jahre weiterführen, die Messung der Vorspannkraft sogar während der gesamten Lebensdauer des
Gebäudes. Die Häring Projekt AG, die
die vorgespannte Holzrahmenkonstruktion mit uns entwickelte, sucht
darüber hinaus gerade Bauvorhaben,
um die Technologie dort ebenfalls
einzusetzen. Zudem haben wir viele
Anfragen und somit gute Aussichten auf weitere Projekte mit unseren
Innovationen. Christine Ryll, München ▪
FA Z I T
Innovationen im Praxistest
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mikado: Wie ist die Idee für das House
of Natural Resources entstanden?
Andrea Frangi: Die ETH Zürich hat
entschieden, neben der eigentlichen
Versuchshalle am Campus Hönggerberg auch ein Bürogebäude für die
Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie zu errichten.
Daraufhin haben wir vorgeschlagen,
dieses Gebäude mit innovativen Bauteilen aus Laubholz zu realisieren und
so gleichzeitig für die Forschung und
zur Lehrdemonstration zu nutzen.
▸▸Projektleiter
Prof. Dr. Andrea
Frangi leitet
am Institut für
Baustatik
und Konstruktion
die Professur für Holzbau
GIULIA MARTHALER
Die Messung läuft
Die ETH Zürich hat mit dem
House of Natural Resources
ein Forschungs-, Lehr- und
Demonstrationsobjekt errichtet,
bei dem sie die Umsetzbarkeit
ihrer Forschung langfristig testet. Somit können Neuerungen
direkt vom Labor in die Realität gebracht und der Holzbau
öffentlichkeitswirksam unterstützt werden. Die Ergebnisse,
darunter die Furnierschichtholz-Beton-Verbunddecke oder
das mit zweiteiligen Holzlamellen angetriebene Photovoltaik­
system, haben das Potenzial,
die Bauwelt zu verändern.
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