Forschung: Mit radioaktiven Wirkstoffen Tumoren gezielt bekämpfen Krebszellen in Prostatatumoren und ihren Tochtergeschwülsten tragen an ihrer Oberfläche ein Eiweiß, das im menschlichen Körper sonst sehr selten ist. Diese Eigenschaft nutzen Nuklearmediziner der Radiologischen Universitätsklinik Heidelberg in neuen Diagnose- und Therapieverfahren: Mit maßgeschneiderten radioaktiven Wirkstoffen, die ausschließlich an dieses Eiweiß binden, wird der Tumor für die Bildgebung markiert oder von innen heraus bestrahlt. Gesundes Gewebe wird dabei geschont. Nun wollen die Wissenschaftler diese Verfahren, die bisher nur am Universitätsklinikum Heidelberg angeboten werden, weiterentwickeln und den Einsatz bei anderen Krebserkrankungen prüfen. Die Klaus Tschira Stiftung unterstützt sie dabei in den kommenden drei Jahren mit insgesamt 436.500 Euro. Prostatakrebs ist in Deutschland die häufigste Tumorerkrankung des Mannes, rund 15.000 Männer sterben jährlich daran. Da Beschw erden erst spät auftreten, haben sich zum Zeitpunkt der Diagnose häufig bereits Tochtergeschw ülste gebildet. Um Tumor und Metastasen lokalisieren und präzise bestrahlen zu können, verw enden die Mediziner sehr geringe Mengen eines radioaktiv markierten Medikaments, das, in die Blutbahn injiziert, bevorzugt an Tumorzellen bindet bzw . von diesen aufgenommen w ird. Mit Hilfe der PositronenEmissionstomographie (PET) kann selbst diese geringe, ungefährliche Konzentration radioaktiver Strahlung im Gew ebe dargestellt w erden. Nebenw irkungen treten nicht auf. Grenzen zwischen Tumor und gesundem Gewebe besser erkennbar Die neue Substanz, eine Entw icklung der Abteilung Radiopharmazie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Kooperation mit den Nuklearmedizinern des Universitätsklinikums, zeichnet sich durch eine höhere Treffgenauigkeit als gängige radioaktive Kontrastmittel (Radiopharmaka) aus. Sie bindet ausschließlich an das Eiw eiß PSMA (Prostata-spezifisches Membran-Antigen), das in Prostatakarzinomen und ihren Metastasen in bis zu zehnmal höherer Konzentration als in gesundem Gew ebe gebildet w ird. „Je aggressiver der Tumor, desto mehr PSMA und damit mehr Bindungsstellen für das neue Radiopharmakon tragen die Tumorzellen an ihrer Oberfläche“, erklärt Professor Dr. Uw e Haberkorn, Ärztlicher Direktor der Abteilung Nuklearmedizin an der Radiologischen Universitätsklinik Heidelberg und am DKFZ. In der gesunden Prostata, gutartigen Prostataveränderungen Organen kommt PSMA nur in sehr geringen Mengen vor. Das neue radioaktive Kontrastmittel markiert besonders Metastasen besser als gängige Substanzen. - Quelle: Abteilung Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg. und in einigen anderen Gängige Radiopharmaka markieren in der Regel Stoffw echselveränderungen oder schnell w achsendes Gew ebe. Zw ar trifft das auf Tumoren zu – aber nicht nur auf diese und nicht auf alle Tumorbereiche. „Im Vergleich zu den Standardverfahren erreichen w ir mit dem neuen radioaktiven Marker einen deutlich besseren Kontrast zw ischen Tumor und gesundem Gew ebe und können nun kleinere Metastasen oder Rezidive, also erneut gew achsene Tumoren, besser erkennen“, sagt Haberkorn. „Das verbessert die Therapieplanung.“ Seit 2011 setzt er das neue Kontrastmittel, bestückt mit dem nur w enige Stunden haltbaren radioaktiven Isotop Gallium-68, mit Erfolg in der Krebsdiagnostik ein. Radioaktives Medikament verstrahlt Tumoren von innen Darüber hinaus ist PSMA ein vielversprechendes Ziel für die Therapie. Dazu w ird das PSMAbindende Radiopharmakon mit einem etw as stärker strahlendem Element, z.B. radioaktivem Jod-131, beladen. Die natürliche Funktion von PSMA unterstützt die therapeutische W irkung: Das Eiw eiß transportiert angelagerte Moleküle ins Zellinnere. So gelangt die Strahlung in die Tumorzellen und kann ihre zerstörerische W irkung voll entfalten. Da nahezu ausschließlich Krebszellen das Radiopharmakon aufnehmen, w ird nur in Tumoren eine schädliche Strahlendosis erreicht. „Diese selektive Anreicherung des radioaktiven Medikaments im Tumorgew ebe erreichen w ir derzeit mit nur w enigen gängigen Therapien“, so Haberkorn. Entw ickelt w urde das Medikament von Kooperationspartnern einer amerikanischen Firma und erw ies sich im Tierversuch als sehr erfolgreich: Mit einer ein- bzw . zw eimaligen Gabe konnte das Tumorw achstum langanhaltend unter Kontrolle gebracht w erden. Seit 2011 erhalten in Heidelberg erste Patienten mit fortgeschrittenem, therapieresistentem Prostatakarzinom das radioaktive Arzneimittel. Im Rahmen des geförderten Projektes w ill das Team um Professor Haberkorn das PSMARadiopharmakon nun einer breiteren Anw endung zugänglich machen. Dazu sollen w eitere therapeutische W irkstoffe sow ie ein Kontrastmittel mit etw as länger haltbarem radioaktiven Element hergestellt w erden. So kann es auch in w eiter entfernte Kliniken und Praxen transportiert w erden. „Parallel dazu erforschen w ir, ob sich PSMA-Radiopharmaka auch in der Diagnose und Therapie anderer Tumorerkrankungen w ie Darm-, Brust- und Hautkrebs einsetzen lassen. Auch diese Tumoren bilden verstärkt PSMA, allerdings nur in den im Tumor neu gebildeten Blutgefäßen“, sagt der Nuklearmediziner. Kontakt: Prof. Dr. Uw e Haberkorn Ärztlicher Direktor der Abteilung Nuklearmedizin Radiologische Universitätsklinik Heidelberg und Klinische Kooperationseinheit Nuklearmedizin am Deutschen Krebsforschungszentrum Tel.: 06221 / 567731 E-Mail: uw [email protected] Informationen im Internet: www.klinikum.uni-heidelberg.de/Nuklearmedizin.106717.0.html Klaus Tschira Stiftung Die Klaus Tschira Stiftung fördert Naturw issenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer durch die Allgemeinheit beitragen. Das bundesw eite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Die Stiftung setzt sich für neue Formen der Vermittlung naturw issenschaftlicher Inhalte ein. Neben Explore Science schreibt sie auch den Jugendsoftw arepreis aus und unterstützt Projekte zur frühen naturw issenschaftlichen Förderung in Kindergarten und Grundschule und zur Verbesserung des naturw issenschaftlichen Unterrichts. Weitere Informationen unter: www.klaus-tschira-stiftung.de; www.forscherstation.info; www.jugendsoftwarepreis.info Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entw icklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 10.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten w erden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. www.klinikum.uni-heidelberg.de Aktualisiert Sonntag, 04. März 2012 Dr. Annette Tuffs 35 Mal gelesen Autor: Pressemitteilung Universitätsklinikum Heidelberg, Schließen