Hemmung des Wachstums von Pilzen und Bakterien

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HEMMUNG DES WACHSTUMS VON PILZEN UND BAKTERIEN
1599
Hemmung des Wachstums von Pilzen und Bakterien durch das
Hautdrüsensekret von Salam andra maculosa *
G e r h a r d H a b e r m e h l u n d H a n s -J ü r g e n P r e u s s e r
Institut für Organische Chemie und Institut für Mikrobiologie der Technischen Hochschule Darmstadt
(Z. Naturforschg. 24 b , 1599— 1601 [1969] ; eingegangen am 19. September 1969)
Das Hautdrüsensekret von S a lam a n d ra m aculosa wirkt wachstumshemmend auf Gram-positive
und Gram-negative Bakterien sowie auf Endomyceten. Die Ursache dafür, daß Pilzsporen auf der
feuchten Salamanderhaut nicht auskeimen, ist offenbar in der alkalischen Reaktion des Drüsen­
sekrets zu suchen; im Gegensatz zu der bakteriziden Wirkung des Sekrets wurde eine spezifisch
fungizide Aktivität nicht beobachtet.
Die Toxine bei aktiv giftigen Tieren, wie z. B.
Schlangen, sind Hilfsmittel bei der Erjagung von
Beutetieren. Die Aufgabe der Giftsekrete bei den
passiv giftigen Tieren, vor allem der Hautdrüsen­
sekrete der Amphibien 1, war bisher noch recht un­
klar. Sicher stellen diese Gifte eine Waffe vor An­
griffen anderer Tiere dar; diese Deutung allein
schien uns aber nie recht befriedigend. Nach den
folgenden Ergebnissen dürfte sie wohl auch nur
einen — wenn auch für die Tiere sehr nützlichen —
Teilaspekt darstellen. Die Hautdrüsensekrete bilden
vielmehr, wie wir am Beispiel von Salamandra macu­
losa zeigen konnten, einen wirkungsvollen Schutz
vor den im Biotop der Amphibien in großer Zahl
auftretenden Mikroorganismen.
Über diese Funktion toxischer Hautdrüsensekrete
bei Amphibien ist bisher noch praktisch nichts be­
kannt. Die ungeschützte, in den meisten Fällen stets
feuchte Hautoberfläche dieser Tiere müßte eigentlich
ein ideales Nährsubstrat für Mikroorganismen dar­
stellen. Da diese dort jedoch unter normalen Um­
ständen nicht zur Entwicklung kommen, muß man
annehmen, daß die Hautoberfläche ein antibakteriel­
les und antimykotisches Prinzip besitzt, das in den
Hautdrüsensekreten enthalten sein könnte. Diese
Annahme wurde durch die von uns seit vielen Jah­
ren immer wieder gemachte Beobachtung gestützt,
daß die Haut der Salamander nach dem Entgiften
in den ersten Wochen durch Mikroorganismen lokal
aufgelöst wird, es sei denn, man ergreift besondere
Vorsichtsmaßnahmen, wie z. B. Aufbewahren der
Tiere in möglichst steriler Umgebung. Die Anfällig­
keit der Tiere läßt nach einigen Wochen nach; sie ist
auch stark vermindert, wenn das Entgiften nicht sehr
gründlich erfolgt. Diese Ergebnisse legten den Ge­
danken nahe, daß das Hautdrüsensekret eine Schutz­
funktion gegen Mikroorganismen ausübt. W ir haben
daher dieses Sekret auf seine bakteriziden und fun­
giziden Eigenschaften hin untersucht.
* X X I. Mitt. der Reihe: Uber Samandarin und verwandte A l­
kaloide; XX. M itt.: G. H a b e r m e h l u . A. H a a f , Z. Natur­
forschg. 23
1551 [1968].
1 G. H a b e r m e h l , Naturwissenschaften, im Druck.
2 C.
b,
Material und Methoden
Als Testsubstanz wurde gefriergetrocknetes Sala­
mander-Rohsekret in Phosphat-Puffer vom pH 6,0 —
einem für das Pilzwachstum günstigen Bereich — und
vom pH 7,4 — dem pH-Wert des frisch gewonnenen
Rohsekrets — gelöst. Kristallisierte Samandarin-Base,
die nach einem früher beschriebenen Verfahren 2’ 3 aus
Rohsekret gewonnen wurde, diente uns nach Suspen­
sion in Phosphat-Puffer vom pH 7,4 als weitere Test­
substanz. Die Prüfung erfolgte auf S a b o u r a u d Agarplatten mit entsprechendem pH-Wert mittels Loch­
test. Die wachstumshemmende Wirksamkeit der Sub­
stanzen wurde gegen folgende Pilze und Bakterien
getestet:
E n d o m y c e t e n : Geotrichum canditum, Saccharo­
myces cerevisiae, Candida crusei. S c h i m m e l ­
p i l z e : Aspergillus niger, Aspergillus nidulans,
Penicillium expansum, Penicillium italicum, Mucor spec.
B o d e n p i l z : Trichoderma viride.
B a k t e r i e n : Bacillus subtilis, Staphylococcus
aureus, Escherichia coli, Proteus mirabilis VI.
Die Auswertung der Agarplatten erfolgte nach 24stdg. (Bakterien und Hefen) bzw. 3-tägiger Bebrütung
in feuchter Kammer bei Zimmertemperatur.
Schöpf
u.
W.
B raun ,
Liebigs Ann. Chem.
[1934].
3 G.
H a b e r m e h l,
Liebigs Ann. Chem.
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514, 69
679, 16 4 [1964].
1600
G. HABERMEHL UND H.-J. PREUSSER
Abb. 1. Geotrichum candidum .
Abb. 2. B a c illu s su b tilis.
Abb. 3. Staphylococcus aureus.
Abb. 4. E scherichia coli.
Ergebnisse
Abb. 5. P ro teus m irab ilis VI.
Abbn. 1 — 5. Lochtest des auf pH 7,4 eingestellten Salamander-Rohsekrets gegen verschiedene Mikroorganismen; Test­
menge: 0,05 ml pro Platte.
Die Hemmwirkung des Rohsekrets gegenüber
Endomyceten (Hefen) und Bakterien tritt sowohl
bei pH 6,0 als auch bei pH 7,4 auf (Tabn. 1 u. 2;
Abbn. 1 — 5). Die getesteten Schimmelpilze wurden
durch das Rohsekret bei pH 6,0 nicht gehemmt. Der
Bodenpilz Trichoderma zeigte geringe Wachstums­
hemmung durch das Sekret. Die Hemmwirkung der
kristallisierten Samandarin-Base ist gegenüber der
des Rohsekrets nur gering, kann aber sowohl bei
Geotrichum candidum als auch bei Bacillus subtilis
noch deutlich nachgewiesen werden (Abbn. 6 u. 7).
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HEMMUNG DES WACHSTUMS VON PILZEN UND BAKTERIEN
Rohsekret
p H 6,0
[mm]
Geotrichum can d id u m
3
Saccharo m yces cerevisiae
C a n d id a cru sei
T rich oderm a virid e
1
2
2
Roh­
sekret
p H 7,4
[mm]
1601
krist.
Base
p H 7,4
[mm]
2
7
(Abb. 1) (Abb.
0
0
0
6)
0
0
0
Tab. 1. Breite der Hemmzonen bei Lochtest gegen verschie­
dene Pilze. 0 = nicht geprüft.
Rohsekret
p H 6,0
[mm]
Roh­
sekret
p H 7,4
[mm]
krist.
Base
p H 7,4
[mm]
B a c illu s su b tilis
0
6
1
(Abb. 2)
(Abb. 7)
Staphylococcus a u re u s
0
E sch erich ia coli B
0
2
P ro teu s m ira b ilis V I
8
(Abb. 4)
4
(Abb. 5)
Abb.
6 . Geotrichum candidum .
8
(Abb. 3)
—
—
—
Tab. 2. Breite der Hemmzonen bei Lochtest gegen verschie­
dene Bakterien. 0 = nicht geprüft; — = keine Hemmung.
Diskussion
Nach den vorliegenden Ergebnissen enthält das
Hautdrüsensekret von Salamandra maculosa minde­
stens eine antibakterielle Substanz, die sowohl auf
Gram-positive als auch auf Gram-negative Bakterien
wachstumshemmend wirkt. Darüberhinaus werden
durch das Rohsekret auch Endomyceten (Hefen) ge­
hemmt, nicht jedoch Schimmelpilze. Da Samandarin
selbst noch eine, wenn auch geringe, Hemmwirkung
gegen einzelne Mikroorganismen zeigt, liegen die
wirksamen Substanzen vermutlich nicht ausschließ­
lich in den Protein-Bestandteilen des Rohsekrets vor,
sondern sind auch in der Alkaloidfraktion zu finden.
Die Ursache dafür, daß die im Biotop der Sala­
mander in großer Zahl vorhandenen Pilzsporen auf
der feuchten Haut der Tiere nicht auskeimen, ist
wahrscheinlich in der Alkalität der Hautoberfläche
zu suchen, die wohl durch das schwach alkalische
Hautdrüsensekret aufrechterhalten wird. Eine spezi­
fisch fungizide Wirkung des Drüsensekrets von S.
maculosa wurde jedenfalls nicht beobachtet.
Unabhängig von den geschilderten Ergebnissen
gelangten C s O R D Ä s und M i c h l 4> 5 kürzlich zu dem
Ergebnis, daß das Hautdrüsensekret von Bombina
variegata ebenfalls bakteriostatische Wirkung besitzt.
Über die Natur der bakteriziden Substanzen im
Hautdrüsensekret des Feuersalamanders werden wir
später berichten.
4 A. C s o r d ä s u. H. M i c h l , Toxicon, im Drude.
5 Privatmitteilung von Prof. Dr. H. M i c h l .
Dem Fonds der Chemischen Industrie und der Deut­
schen Forschungsgemeinschaft danken wir für die
Unterstützung der Arbeit durch Sachbeihilfen.
Abb. 7. B a c illu s su b tilis.
Abbn. 6 u. 7. Lochtest der reinen Samandarinbase gegen M i­
kroorganismen ; Puffer pH 7,4; Testmenge: 0,05 ml pro Platte.
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