Ausgabe 20 | April 2013 ? achfolger gesucht – N Generationenwechsel in Familienunternehmen In der deutschen Unternehmenslandschaft hat sich Beteiligungskapital als fester Finanzierungsbestandteil etabliert. So wurden in deutsche Unternehmen 2012 insgesamt knapp 6 Mrd. € investiert, von denen vor allem handfeste Branchen wie Konsum und Handel, Industrie, Life Science und Kommunikationstechnologie profitierten. Dass Beteiligungskapital insbesondere für den Mittelstand von großer Bedeutung ist, zeigen die Zahlen: von den finanzierten Unternehmen beschäftigten im vergangenen Jahr 82% weniger als 100 Mitarbeiter. Unter den verbleibenden 18% beschäftigten zudem nur 5% mehr als 500 Mitarbeiter. Gerade weil Banken nach wie vor verhalten bei der Kreditvergabe sind, sehen sich die kleinen und mittelständischen Unternehmen zusehends nach alternativen Finanzierungsmethoden um. Beteiligungskapital ist eine davon. Beteiligungsgesellschaften investieren bei verschiedenen Anlässen in Unternehmen. So kann beispielsweise ein Start-up von Wagniskapital profitieren, ohne das die Gründung nicht möglich wäre. Wachstumskapital hingegen bietet Unternehmen, die schon im Markt aktiv sind, die Möglichkeit, ein neues Projekt zu finanzieren, zu expandieren und sich neu auszurichten. Doch auch wenn ein Unternehmer sein Geschäft weitergeben will, können Beteiligungsgesellschaften Lösungen anbieten. Nachfolge für das Lebenswerk Denn gerade die Frage der Nachfolge stellt für mittelständische, oft familien­geführte, Unternehmen eine existentielle Herausforderung dar. Was tun, wenn aus den eigenen Reihen niemand bereit ist, die Geschäfte weiterzuführen? Bis 2014 stehen nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Deutschland pro Jahr 22.000 Übergaben von Familienunternehmen an. Aufgrund des demografischen Wandels ist die Tendenz weiter steigend. Nur knapp die Hälfte der familiengeführten Unternehmen findet innerhalb der Familie einen Nachfolger. Nicht zwangsläufig möchten Kinder dem Weg der Eltern folgen weiter auf Seite 2 Nachfolger gesucht ... und nicht notwendig sind sie gute Unternehmer. Für die Geschäftsführer heißt es daher, rechtzeitig umzudenken und sich nach alternativen Finanzierungspartnern umzuschauen – nicht zuletzt, weil eine ungeklärte Nachfolge die Unternehmensentwicklung behindert, im Gegenzug eine geregelte Unternehmensübergabe dem Unternehmen aber die Chance bietet, sich neu auszurichten und neue Wachstumsmöglichkeiten zu nutzen. Andernfalls droht der Verlust von unternehmerischem Know-how und auch von Arbeitsplätzen. Von besonderer Brisanz ist die Frage der Nachfolge in den neuen Bundesländern. Da die Gründergeneration der Nachwendezeit nun zunehmend ins Rentenalter kommt, wird hier eine weitere Zunahme der Unternehmensnachfolgen erwartet. Der Ostdeutsche Bankenverband geht davon aus, dass in jedem vierten bis fünften Unternehmen in Ostdeutschland in den nächsten zehn Jahren eine Nachfolgeregelung ansteht. Gerade, weil die junge, gutausgebildete Generation der 1990er Jahre die ostdeutschen Regionen oftmals verlassen hat, ist es besonders schwierig, den richtigen Nachfolger zu finden. Standortpolitisch, aber auch gesellschaftspolitisch, ist die Problematik von größter Relevanz. Ein Augenmerk auf diese Herausforderung richtete der BVK im Februar, als er in Erfurt thüringische Unternehmer und Beteiligungsgesellschaften zum Thüringen Tag einlud. Der thüringische Wirtschaftsminister Machnig betonte vor Ort die zunehmende Bedeutung von alternativen Finanzierungsformen wie Beteiligungskapital in der Region: „Angesichts eines erwarteten Rückgangs der europäischen Fördermittel um bis zu 40 Prozent ab 2014 und des Auslaufens des Solidarpakts ab 2019 sind alternative Finanzierungsformen wie Beteiligungskapital unverzichtbar“, so Machnig. Rahmenbedingungen verbessern Die Bundesregierung hat bereits eine Initiative zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Beteiligungskapitalfinanzierung gestartet. Als erster Schritt ist dies zu begrüßen. Dennoch sind in Deutschland die steuerlichen Rahmenbedingungen für Private Equity noch immer nicht konkurrenzfähig. Daher kann das gewaltige Chancenpotential von Beteiligungskapital noch nicht hinreichend genutzt werden. Es drohen Einbußen in der Wettbewerbsfähigkeit, die gravierende Folgen für den Mittelstand und innovative Start-ups haben werden. Erfolge von Private Equity und Portfoliounternehmen Dahlewitzer Landbäckerei: Mit Private Equity zum Großkonzern entwickelt Lila – das ist die Farbe, die einem beim Betreten der Dahlewitzer Landbäckerei als erstes ins Auge springt. Sogleich entdeckt man die Vielfalt an frischen Brötchen, leckeren Kuchen, fruchtigem Gebäck und Broten, die sich hinter der dekorierten Theke befinden. Die Dahlewitzer Landbäckerei steht für Heimatverbundenheit – dabei hat sich die einst kleine Regionalkette zu einem der größten Bäckereikonzerne Deutschlands entwickelt. In den vergangenen sieben Jahren hat sich der Umsatz der Bäckereikette mehr als verdreifacht. Dahlback steigt auf in die Im Jahr 1974 wurde Dahlback Top 5 der Bäckereiketten als volkseigener Betrieb gegründet und ist seither durch Filialerweiterungen und Unternehmenszukäufe stetig gewachsen. Die Besonderheit der Landbäckerei liegt darin, dass Dahlback die ausschließlich selbstbetriebenen Filialen selbst beliefert: von den eigenen Produktionsstätten in Dahlewitz bei Berlin sowie in Pasewalk und Gägelow in Mecklenburg-Vorpommern gelangen die Backwaren nach Berlin sowie bis zur Nordseeküste in Teile von Schleswig- Seite 2 Holstein. Damit bleibt sich Dahlback seiner Heimatverbundenheit und dem Qualitätsstandard treu. Heute zählt die Dahlewitzer Landbäckerei 350 Filialen und gehört zu den fünf größten Filialbäckereien Deutschlands. Dies erzielte Dahlback vor allem durch die Unterstützung der Beteiligungsgesellschaft Steadfast Capital. Bevor sich Steadfast 2005 an der Bäckereikette beteiligte, rangierte das Unternehmen noch um den 50. Platz. Als vor sieben Jahren der langjährigen Privatinvestor aus Altersgründen ausschied, übernahm Steadfast Capital die Mehrheit der Dahlewitzer Landbäckerei. Expansion durch Zusammenschluss mit einem Wettbewerber Mit Unterstützung von Steadfast Capital gelang im Dezember 2010 der Zusammenschluss von „Dahlback“ mit der regional benachbarten Bäckerei „Unser Heimatbäcker“ (UHB). Hierdurch profitierte Dahlback nicht nur von den zusätzlich gewonnenen Filialen (die Filialzahl stieg auf >300) sondern auch durch branchenführende Prozesse und Konzepte sowie ein weitestgehend komplementäres Filialnetz der UHB. Durch die Akquisition konnte sich Dahlback optimal im hart umkämpften Markt der Filialbäckereien positionieren, die Unternehmensgröße mehr als verdoppeln und Zugang zu den Märkten in MecklenburgVorpommern und Schleswig-Holstein erhalten. „In einem Bäckereimarkt, der durch starke Konsolidierung und viel­schichtige Veränderungen auf sich aufmerksam macht, ergab sich durch den Zusammenschluss für Dahlback und Unser Heimatbäcker die Chance, den Markt aktiv mitzugestalten, den Mitarbeitern Perspektiven aufzuzeigen und die Kunden mit neuen Angeboten zu überzeugen“, resümiert Nick Money-Kyrle, Gründungsgesellschafter von Steadfast Capital und seit 2010 Vorsitzender des Beirats bei Dahlback. Prozesse optimieren, Synergien schaffen. Die Bäckereiprozesse von Dahlback wurden mit UHB verglichen – die jeweils besseren Ideen/Prozesse setzten sich dabei durch. So wurden unternehmensweit innovative Kundenbindungs- und Back­ prozesse implementiert. Auch die Logistik wurde gestrafft und die Verwaltung konzentriert. Das Unternehmen erhielt ein neues Gesicht, Sortiment und Produktionsprozesse wurden vereinheitlicht. Hierfür investierte das Unternehmen einen zweistelligen Millionenbetrag. Aber die Investition hat sich gelohnt – durch die Expansion in den gesamten Nordosten ist Dahlback mittlerweile um sein dreifaches gewachsen, neue Kunden kommen und der Umsatz steigt. „Wir erwarten, dass der Umsatz 2012 auf mehr als 95 Millionen Euro steigen wird“, zeigt sich Kay Buschmann, Partner bei Steadfast Capital, zufrieden mit der Beteiligung an Dahlback. Fakten Private Equity im Detail Deutscher Beteiligungsmarkt mit starkem Schlussspurt 2012 Nach einem zurückhaltenden Start hat sich der deutsche Beteiligungsmarkt zum Jahresende 2012 wieder gefangen: Mit 5,84 Mrd. € haben die Investitionen fast das Vorjahres­ niveau erreicht. Im Jahresverlauf wurden damit mehr als 1.200 zumeist kleine und mittlere Unternehmen mit Beteiligungskapital finanziert. Optimistisch blickt die Branche auf das laufende Jahr. Nachdem die Investitionen 2010 und 2011 noch deutlich gesteigert werden konnten, war das Jahr 2012 eher von einer Stabilisierung gekennzeichnet. Das Gros der Investitionen entfiel mit 4,54 Mrd. € wie im Vorjahr auf Gesellschafternachfolgen (Buy-Outs). Die mittelstandsorientierten Minderheitsbeteiligungen (Growth/Wachstums-, Replacement- und Turnaround-Finanzierungen) sind von 721 Mio. € auf 779 Mio. € gestiegen. Dies lässt sich maßgeblich auf den anhaltend hohen Investitions- und damit auch Kapitalbedarf mittelständischer Unternehmen zurückführen. Auf leider weiterhin sinkendem Kurs zeigten sich dagegen die VentureCapital-Investitionen, die mit 521 Mio. € das Vorjahresergebnis von 717 Mio. € um rund ein Viertel verfehlten. Beim Fundraising konnten mit 1,82 Mrd. € zwar die Ergebnisse aus 2009 und 2010 übertroffen werden, jedoch wurde das überragende Ergebnis aus 2011 nicht erreicht. Hauptgrund hierfür sind die ausgebliebenen großen Fonds im dreistelligen Millionenbereich. Mit Zuversicht blicken die Beteiligungsgesellschaften auf das Jahr 2013. Dies geht aus der „Private-Equity-Prognose 2013“, einer Befragung der BVK-Mitglieder zu ihren Erwartungen für 2013, hervor. Sechs von zehn Befragten erwarten, mehr zu investieren als im Vorjahr und ein weiteres Drittel sieht seine Investitionen auf zumindest gleichbleibendem Niveau. Hoffnungen hegen die Gesellschaften auch hinsichtlich ihrer Möglichkeiten, Beteiligungen erfolgreich zu veräußern. Jede zweite Gesellschaft erwartet 2013 eine Zunahme ihrer Unternehmensverkäufe im Vergleich zum Vorjahr. Die konjunkturelle Entwicklung und die politischen Erfolge bei der Eindämmung der weiter schwelenden Staatsschulden­ krise werden entscheidende Wegweiser für den deutschen Beteiligungsmarkt sein. BVK-Vorstandsvorsitzender Matthias Kues: „Beteiligungskapital hat sich als fester Bestandteil in der deutschen Unternehmensfinanzierung etabliert. Für 2013 erwarten wir ein zumindest vergleichbares Investitions­er­gebnis wie im Vorjahr.“ Seite 3 Meinungen Risikokapital – essentiell für Startups mit kapitalintensiven Geschäftsmodellen Für Start-ups, die in kapitalintensiven Bereichen (z.B. e-commerce) gegründet werden, ist Risikokapital essentiell. Unser Unternehmen www.tausendkind.de ist ein klassischer Online-Händler, spezialisiert auf Baby- und Kinderartikel. Als wir Ende 2010 starteten, hatten wir nur unseren guten Namen und die Idee. Fremdkapital war entsprechend keine Option. Ohne das Risikokapital (und die Erfahrung und das Netzwerk) der Business Angels und institutionellen Investoren, die wir von unserer Idee begeistern konnten, hätten wir unseren Traum nicht realisieren und keinen „Proof of Concept” unseres Geschäftsmodells erbringen können. Nun sind wir mitten in der nächsten Entwicklungsphase unseres Unternehmens angelangt und skalieren unser Geschäftsmodell. Während der Kapitalakquise für diese nächste Phase wurde uns eine Lücke deutlich: Finanzierungsrunden, die im mittleren Millionenbereich liegen, sind weder der Hometurf von Business Angels, noch der von klassischen (z.B. angelsächsischen) VCs. Vereinzelt tummeln sich entweder große Family Offices oder kleine VCs hier, aber das Feld ist deutlich schwächer frequentiert. Die Geschäftsführerinnen von „tausendkind“ Dr. Anike v. Gagern und Dr. Kathrin Weiß Fragt sich nur: Wie lange noch bleiben sie so einsam und alleine? Wir glauben, dass die großen VCs hier Möglichkeiten haben, ihre Vorteile von internationaler Vernetzung und großem Erfahrungsschatz auszuspielen, auch wenn es relativ viel Arbeit macht, sich um ein „kleines” Investment in der Skalierungsphase zu kümmern. Barometer • Investitionsvolumen von Private-Equity-Gesellschaften in deutsche Unternehmen im Jahr 2012: 5,84 Mrd. € in ca. 1.200 Unternehmen • Zahl der Private-Equity-finanzierten Unternehmen, in die deutsche Beteiligungsgesellschaften derzeit investiert haben: > 5.000 • Anteil der Umsätze von Private-Equity-finanzierten Unternehmen am Bruttoinlandsprodukt: ca. 8 % • Anzahl der Beschäftigten in Private-Equity-finanzierten Unternehmen: ca. 1 Mio. • Weltweit stehen Private-Equity-Gesellschaften rund 600 Mrd. € für Investitionen zur Verfügung. INVESTITIONEN in ca. 5.000 UNTERNEHMEN PRIVATE EQUITY ca.1 Mio. BESCHÄFTIGTE erwirtschaften 201 Mrd.€ UMSATZ / JAHR Quelle: BVK Mit diesem Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über aktuelle Entwicklungen der Private-Equity-Branche. Der nächste Private-Equity-Brief erscheint im Juni 2013. Sie können ihn kostenlos beziehen unter: BVK | Tel.: +49 30 / 306982-0 | Fax: +49 30 / 306982-20 | E-Mail: [email protected] Postadresse: Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. | Residenz am Deutschen Theater | Reinhardtstraße 27c | 10117 Berlin Redaktion: Friederike Seliger | V.i.S.d.P.: Ulrike Hinrichs Seite 4 Konzept und Gestaltung: kakoii Berlin, www.kakoii.de Private Equity in der deutschen Wirtschaft