Dear Investor Eine Publikation der Solidinvest of Switzerland Wirtschaftsentwicklungen, Wertschriftenmärkte und Anlageszenarien Oktober 2015 2014 Januar Vorwort Kurz vor Redaktionsschluss hat die Schweizerische nikation des Währungshüters hat das Vertrauen in die Nationalbank (SNB) die Aufhebung der Wechsel- Notenbank bei vielen Anlegern erschüttert. Aufgrund kursuntergrenze Euro/CHF bekanntgegeben. Die dieser Ereignisse und der bald darauf erfolgten unmittelbaren Reaktionen an den Devisen- und Sitzung der Europäischen Zentralbank haben wir den Finanzmärkten waren ausgesprochen heftig und Ausblick und die Anlagestrategie nochmals überar- haben Banken und Anleger auf dem falschen Fuss beitet, weshalb dieser „Dear Investor“ etwas später erwischt. Wir bei Solidinvest sind für die freie erscheint. Der Franken ist nun ausgesprochen hoch Marktwirtschaft Markt- bewertet und weit von der Kaufkraftparität entfernt. Interventionen der SNB seit deren Einführung als Dies gilt nicht nur gegenüber dem Euro, sondern problematisch. Sehr überrascht hat uns aber der Zeit- auch in Bezug auf viele andere Währungen. Unserer punkt der Aufhebung, da der Präsident der National- Meinung nach wird dadurch die schweizerische bank noch eine Woche zuvor die Wechselkursunter- Wirtschaft leiden, jedoch glauben wir nicht, dass wir grenze in den Medien verteidigt hatte. Die Kommu- in eine Rezession rutschen werden. Schweizer und erachteten die Dear Investor Januar 2015 Unternehmen haben in den letzten Jahrzehnten ge- Der erneut starke Rückgang der Zinsen bei Staatsan- lernt, mit einer überbewerteten und sehr starken leihen in den Industriestaaten hat uns im 2014 am Heimwährung umzugehen. Die Kurse am schweize- meisten überrascht. Im vergangenen Jahr fielen in rischen Aktienmarkt werden sich unseres Erachtens Europa die Verfallrenditen für langfristige Anleihen weiter erholen. fast ausnahmslos auf neue Rekordtiefs. Rückblick 2014 war ein turbulentes Aktienjahr. Gemessen am Weltaktienindex (MSCI World) resultierte per Saldo Getrieben durch eine weiterhin sehr expansive Geld- ein Plus von 4.94%. Zahlreiche Krisensituationen politik haben fast alle Anlageklassen neue Höchst- (u.a. Verwerfungen in den Schwellenländern, Ukrai- stände erreicht. Dabei scheinen die Anleger die nekrise, Sanktionen gegen Russland und weitere ge- Risikoüberlegungen zu missachten. opolitische Spannungen) sorgten während des letzten Jahres für hohe Volatilitäten an den Märkten. Der „Es gibt keine Alternative zu Aktien“ war von uns Aktienmarkt Schweiz (SPI) beendete das Jahr mit mehrmals negiert worden, da wir immer auch den +13% um einiges besser, schwankte aber mehrmals Risikoaspekt im Auge behalten und uns nicht blind stark. Im Januar 2014 fiel der Aktienindex zuerst in auf Dividenden und Renditen stürzen. Die von fast die Minuszone, um dann per Mitte April wieder auf allen geschmähten Obligationen konnten in vielen das Jahresbeginn-Niveau zu klettern. Nach einem Währungen durchaus mithalten. So stieg im Berichts- weiteren Anstieg bis Mitte Juni folgte im August ein jahr der Index für Obligationen Schweiz (Swiss Bond Rückgang auf den Anfangswert 2014. Der September Index AAA-BBB) um 6.82%. Zum Beispiel haben brachte ein Jahreshoch, der Oktober beinahe wieder auch Europäische Staatsanleihen in Franken mehr ein Jahrestief. Die Erholung war V-förmig und dau- gebracht als Schwellenländeraktien. Unternehmens- erte bis Dezember, was zum vorerwähnten Resultat anleihen in US-Dollar konnten sogar den Weltaktien- führte. Die über das Jahr heftiger gewordenen Aus- index schlagen. Verantwortlich für die sehr guten schläge zeugten von einer gewissen Orientierungslo- Anlagerenditen waren hauptsächlich die weiter gefal- sigkeit und einer Verunsicherung darüber, wohin die lenen Zinsen. Reise gehen soll. 2 Dear Investor Januar 2015 Die Anlageklasse Immobilien Schweiz (SXI Real Der starke Dollar, der deutliche Zinsdifferenzen zu Estate Funds CHF) übertrumpfte den Aktienmarkt vielen anderen Währungen aufweist, und schloss sogar mit einem Plus von 15%. Inflation unterhalb des Zielniveaus und dämpft das hält die Wachstum der US-Wirtschaft. Erste Jahresabschlüsse Die grosse Enttäuschung im 2014 waren die Rohwa- und Aussichten von amerikanischen Firmen zeigen ren (gut sichtbar im stark fallenden Ölpreis), welche bereits schwächere Exportzahlen. über 17% einbüssten. Auf der Währungsseite konnten sich die Anleger am USD erfreuen, welcher 10% In Europa wird Grossbritannien erneut die stärkste anstieg. Entwicklung zeigen. Frankreich und Italien kommen mit ihren Wirtschaftsreformen nur langsam voran Aktuelles und das Wachstum wird gedämpft bleiben. Hingegen wird der Anstieg in Deutschland stärker ausfallen, da Das Wachstum in Europa ist 2014 enttäuschend aus- ihre Volkswirtschaft wettbewerbsfähiger ist. gefallen. Die EZB bezweckt mit ihren Massnahmen wie den tieferen Zinsen und einem schwächeren Euro Bei den Schwellenländern zeigt Asien immer noch weiterhin, die Wirtschaft in Europa anzukurbeln und ein gutes Wachstum, auch wenn die Zahlen tiefer eine Rezession abzuwenden. ausgefallen sind. Vorsicht ist vor allem bei ölabhängigen Ländern angebracht, insbesondere in Süd- Die US-Notenbank legt ihren Fokus weiterhin auf amerika. den Arbeitsmarkt, wobei das Beschäftigungswachstum solide ist. Die FED-Vertreter sorgen sich aber Unter den Analysten, Devisenhändlern und Anlegern noch immer über die Unterbeschäftigung und Arbeit- ist man sich einig, dass der Dollar weiter steigen nehmer, die möglicherweise permanent aus dem wird, da die US-Notenbank in diesem Jahr ihre Leit- Arbeitsmarkt fallen. Die Kapazitätsauslastung der zinsen anheben wird, während die EZB die Geld- Industrie lässt zu wünschen übrig, z.B. ist kein Lohn- menge weiter ausweitet. Zu viel Einigkeit kann an anstieg festzustellen. Weiterhin Sorge bereitet auch den Finanzmärkten aber gefährlich sein. Der Markt die niedrige Inflation. ist so einseitig pro Dollar und contra Euro positioniert wie seit dem Höhepunkt der Eurokrise vor zwei 3 Dear Investor Januar 2015 Jahren nicht mehr. Diese Einseitigkeit beinhaltet US-Produzenten (Fracking) bei rund 60 bis 70 USD auch die Gefahr einer Enttäuschung. Der Dollar hat pro Fass. gegenüber dem Euro und dem Yen schon um 13% bzw. gar um 50% zugelegt. Nach dieser starken Seit 2009 haben die fünf US-Bundesstaaten mit der Aufwertung ist das weitere Potenzial des USD trotz grössten Öl-Förderung 1,4 Millionen Arbeitsplätze fundamentaler Vorteile beschränkt. geschaffen. Das waren 16% aller neuen Jobs im ganzen Land. In den Fracking-Zentren wurden phasen- Die US-Aktien sind so teuer wie selten in der Ver- weise zehnmal so viele neue Arbeitsplätze angeboten gangenheit. Das aktuelle Shiller-KGV für den S&P wie im Schnitt der ganzen USA. Bei einem länger 500 liegt knapp über 27 und somit rund 60% über anhaltenden Ölpreis unter USD 50/Fass ist das dem langjährigen Durchschnitt. Dieser Wert wurde Fracking-Geschäft nicht mehr rentabel und viele Ar- nur in wenigen Fällen übertroffen – zum Beispiel vor beitsplätze wären (wieder) in Gefahr. dem Börsencrash 1929, während der Internet-Blase Ende der Neunzigerjahre und zuletzt vor der Finanz- Beobachter am Kapitalmarkt zeigen sich zunehmend krise 2008. besorgt, dass Fracking-Firmen in grosser Zahl Hochrisikoanleihen ausstehend haben. Sollten diese Ausblick Schuldner als Folge anhaltend tiefer Ölnotierungen in Zahlungsschwierigkeiten geraten, könnte die Gefahr Auseinandersetzungen im Nahen und Mittleren Os- neuer Turbulenzen im Hochrisikosegment entstehen ten und der Aufstieg der USA als neuer Energiegi- – mit möglichen unabsehbaren Kettenreaktionen wie gant haben Saudi-Arabien veranlasst, für einen nach der Subprime-Krise von 2007/2008. Preiskrieg am Ölmarkt zu sorgen. Nach dem OPECTreffen Ende November sind die Ölpreise auf ein Unter den aufstrebenden Marktwirtschaften dürften 5-Jahes-Tief gefallen und damit allein seit Mitte die asiatischen Länder vom Ölpreisrückgang profitie- 2014 um fast die Hälfte, was ca. 50 USD pro Fass ren, während die ölproduzierenden Länder darunter bedeutet. Wie weit kann der Ölpreis fallen? Die Pro- leiden. Dementsprechend sollen die Aktienquoten bei duktionskosten liegen bei den meisten OPEC- den Schwellenmärkten auf Asien begrenzt werden. Ländern bei 30 bis 40 USD/Fass und für die 4 Dear Investor Januar 2015 Nutzniesser der tiefen Ölpreise sind Ölkonsumenten keit Beachtung schenken und nicht aus reinen Divi- auf Sektor-Ebene und Privathaushalte. Zu den ener- dendenüberlegungen die Aktienquote und damit das gieintensivsten Branchen zählen Chemie, Stahl, Bau- Risiko hochfahren. stoffe, Papier und Glas. Diese Industrien liefern Grund- und Werkstoffe für die Automobil-, Luft- und Ganz grundsätzlich glauben wir, dass die Renditen Raumfahrt-, Elektro und Druckindustrie sowie für der letzten ca. 5 Jahre infolge sinkender Zinsen und den Maschinenbau und die Bauwirtschaft. höherer Aktienbewertungen im 2015 nicht mehr erreicht werden können und unsere Erwartungen auf Anlagestrategie leicht positiv zurückgenommen werden müssen. Nach der starken Aufwertung des CHF im Anschluss Fremdwährungen an den Entscheid der SNB und der grossen Korrektur am schweizerischen Aktienindex raten wir, an den Trotz den Buchverlusten halten wir Positionen festzuhalten und nicht voreilig Verkäufe AUD-Positionen fest. Gründe sind die erwartete Er- zu tätigen. Wir sind der Meinung, dass sich der CHF holungen von Rohstoffpreisen und ein langsamer - wie bereits begonnen - eher wieder abschwächen Anstieg des Weltwirtschaft-Wachstums. an den und sich die Aktienkurse weiter erholen werden. Bei weiteren Kurskorrekturen würden wir sogar Positio- Anleihen/Zinsen nen dazukaufen. Für die stark exportorientierten Branchen und Firmen wird der starke CHF eine gros- Die Zinsen sind auf einem so tiefen Niveau ange- se Herausforderung sein und die Gewinne schmälern. langt, dass wir bei den Obligationen nur in kurz- bis Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass gerade in mittelfristige Laufzeiten investieren – sofern über- Krisenzeiten die Firmen innovativer werden und mit haupt noch positive Renditen erzielt werden können. dem schweizerischen Service- und Qualitätsbewusst- Von Hochzinsanleihen raten wir ab. Höhere Renditen sein trotzdem wettbewerbsfähig bleiben. sind bei Anlagen in Obligationen aus den Emerging Markets zu erzielen. Es ist aber auf gute Schuldner- Wie im letzten Jahr mehrmals erwähnt, sollten Anle- qualitäten zu achten. Leider werden die eingegange- ger der eigenen Risikobereitschaft und Risikofähig- nen Währungsrisiken seit längerem nicht mehr mit 5 Dear Investor Januar 2015 Renditeaufschlägen entschädigt. NZD-Bonds werfen bei einem vertretbaren Währungsrisiko noch eine interessante Mehrrendite ab. Bondfälligkeiten von NOK-Bonds würden wir zur Zeit nicht mehr erneuern, da die Zinsdifferenz sehr klein geworden ist. Die Währung würden wir vorerst behalten und auf eine Erholung gegenüber dem CHF warten. Aktien Wir bevorzugen weiterhin solide Dividendentitel. Für risikoreichere Kunden scheinen uns Ölwerte und Goldminenaktien interessant. Entgegen vieler Analystenmeinungen ziehen wir europäische Aktien den amerikanischen Papieren vor. Weiterhin relativ günstig bewertet sind asiatische Aktien. Rohstoffe An unseren Goldpositionen halten wir fest und sehen diese Anlageklasse nach wie vor als Schutz gegenüber grösseren Korrekturen und politischen Risiken. 6 Dear Investor Januar 2015 Anlagestrategie nach Währung (Musterbeispiel, individuell pro Kunde) 1. Quartal 2015 (maximale Gewichtung) CHFAnleger EURAnleger USDAnleger Liquidität 15% 15% 15% Obligationen, Immobilienfonds 40% 40% 40% Aktien 50% 50% 50% Alternative Anlagen 10% 10% 10% Rohstoffe, inkl. Edelmetalle 20% 20% 20% 40% 40% 1 40% 2 Anlagekategorien Währungen Total Fremdwährungsanteil (über alle Asset Klassen) 1 Für EUR-Anleger bis 80% in CHF möglich 2 Inklusive Lokalwährungen (Anteil Lokalwährung bis 40% möglich) Redaktionsschluss: 5. Februar 2015 Obwohl der Inhalt dieser Publikation auf zuverlässigen Informationen beruht, können wir keine Haftung übernehmen. Nachdruck, auch auszugsweise, ist mit dem Hinweis gestattet "Dear Investor, Solidinvest AG" und der Angabe des Erscheinungsmonats. Solidinvest AG Vermögensverwaltung und Anlageberatungen Mühlebachstrasse 43 Postfach CH-8032 Zürich Telefon +41 44 250 89 89 Fax +41 44 250 89 80 E-Mail [email protected] URL www.solidinvest.ch 7