Für Sie gelesen Entzündungshemmendes Antibiotikum Tulathromycin unterstützt die Apoptose von neutrophilen Granulozyten und beeinflusst positiv die Entzündungsreaktion Der programmierte Zelltod (Apoptose) von neutrophilen Granulozyten ist zentraler Bestandteil für den Abbau einer Entzündung. Untersuchungen zeigen, dass Immunmodulation und Induktion der Apoptose von neutrophilen Granulozyten durch Makrolidantibiotika bisher unbekannte antiinflammatorische Mechanismen generieren können. Als Antiinfektivum zeigt Tulathromycin bei der Behandlung der Rindergrippe eine besonders gute klinische Wirksamkeit, bei der bislang noch nicht alle hierzu beitragenden Faktoren geklärt sind. Ziel der hier vorgestellten Studie war es, die immunmodulatorischen Effekte von Tulathromycin zu identifizieren und darüber hinaus als ein Modell für die Messung entzündungshemmender Eigenschaften von Antibiotika zu etablieren. Die Ergebnisse verdeutlichen, wie neben der antibiotischen Wirkung von Tulathromycin auch dessen intrinsischen entzündungshemmenden Prozesse zu Stande kommen. Letztlich manifestiert sich diese Wirkung durch eine Reduktion des proinflammatorischem Leukotrien B4 und in einem signifikanten Anstieg der Leukozytenapoptose1. Apoptose ist eine Form des programmierten Zelltods: Ein „Selbstmordprogramm“ einzelner biologischer Zellen, welches von außen etwa durch Immunzellen angeregt werden kann oder aufgrund von zellinternen Prozessen ausgelöst wird. Die Apoptose wird von der betreffenden Zelle selbst aktiv durchgeführt und ist somit Teil des physiologischen Stoffwechsels. Diese Form des Zelltods unterliegt strenger Kontrolle und es wird gewährleistet, dass die betreffende Zelle ohne Schädigung des Nachbargewebes zugrunde geht. Im Gegensatz hierzu kommt es bei dem anderen bedeutenden Mechanismus des Zelltodes, der Nekrose, zu einer Zerstörung der Plasmamembran und in der Folge zu lokalen Entzündungen. In den Extrazellularraum freigesetztes Zytoplasma und Zellorganellen müssen durch Makrophagen (Fresszellen) beseitigt werden. Exzessives Einwandern von neutrophilen Granulozyten und deren unkontrollierter Zelltod durch Nekrose prägen das Bild einer Entzündung. Diese Prozesse resultieren in einer Freisetzung proteolytischer Enzyme wie z.B. Caspasen, freier Sauerstoffradikale und proinflammatorischer Mediatoren, welche die Entzündungsreaktion weiter antreiben und schließlich einen Gewebeschaden verursachen2. Neben vielen anderen Mediatoren ist Leukotrien B4 (LTB4) als Metabolit der Arachidonsäuresynthese ein wichtiger Marker für anhaltende Entzündungen. Bei den klinischen Atemwegserkrankungen des Rindes wird neben der antibiotischen Therapie auch ein therapeutischer Einsatz von entzündungshemmenden Substanzen z.B. der nichtsteroidalen Antiphlogistika empfohlen. Diese sollen besonders die infektionsbedingte Entzündung im Lungenwebe reduzieren und die nachhaltig negativen Folgen der Entzündungsreaktionen verringern. Im Rahmen eines Infektionsversuchs wurden Holstein Friesian Kälber im Alter von zwei bis drei Wochen und mit einem Körpergewicht zwischen 47 bis 53 kg intratracheal mit Mannheimia haemolytica infiziert. Zeitgleich wurden die Tiere entweder mit Lösungsmittel (Propylenglycol) oder mit 2,5 mg/kg Tulathromycin behandelt. Drei und 24 Stunden nach Inokulation wurden Lungenspülproben entnommen und für nachfolgende Untersuchungen in geeigneter Weise aufbereitet. Zusätzlich wurden bovine neutrophile Granulozyten aus dem Blut gesunder Kälber entnommen und ebenfalls im Zusammenhang mit der obigen Fragestellung untersucht. 1 Für Sie gelesen Die Auswertung der Apoptoserate erfolgte mittels der TUNEL-Methode und dient der Darstellung von Zellkernen apoptotischer Zellen. In Abbildung 1 ist eine höhere Apoptoserate unter dem Einfluss von Tulathromycin durch die höhere Anzahl grün gefärbter Zellkerne zu erkennen. Kontrolle Tulathromycin Abbildung 1: Tulathromycin induziert in vitro bei bovinen neutrophilen Granulozyten zeit- und konzentrationsabhängig die Apoptose. Grün gefärbte Zellkerne repräsentieren die Apoptoserate. Schlussendlich konnten mittels des klinischen Infektionsmodells und der ergänzenden in vitro Untersuchung neue Zusammenhänge im Hinblick auf die immunmodulatorischen Eigenschaften des in der Studie verwendeten Makrolidantibiotikums aufgedeckt werden. Tulathromycin ist nicht nur eine bewährte antimikrobielle Substanz mit guter Wirksamkeit, sondern fördert darüber hinaus die Apoptose neutrophiler Granulozyten. Des Weiteren reduziert dieser Wirkstoff auch die Anreicherung von Leukotrien B4 im infizierten Lungengewebe. Diese Effekte sind zeit- und konzentrationsabhängig; teilweise aber auch zell- und substanzspezifisch. So konnte bei gleichen Konzentrationen von Penicillin G, Oxytetracyclin und Ceftiofur kein derartiger Einfluss auf die Apoptose neutrophiler Granulozyten gezeigt werden. Die nachgewiesenen antiinflammatorischen Effekte könnten zumindest teilweise erklären, warum das Triamilid-Makrolid Tulathromycin in diversen Feldversuchen hervorragende klinische Wirksamkeiten bei der Behandlung boviner Atemwegserkrankungen aufweist. Die Ergebnisse der beschriebenen Studie liefern entscheidende Einblicke zum Einfluss von Tulathromycin auf den programmierten Zelltod bei neutrophilen Granulozyten und dessen positive Auswirkung auf die Terminierung des Entzündungsgeschehens. In weiteren Untersuchungen sollten sicherlich auch andere antimikrobielle Substanzen in einem vergleichbaren Modell hinsichtlich ihrer Effekte auf die Entzündungskaskade untersucht und bewertet werden. Literatur: 1. 2. Fischer CD et al. Anti-Inflammatory benefits of antibiotic-induced neutrophil apoptosis: tulathromycin induces caspase-3-dependent neutrophil programmed cell death and inhibits NF-kappaB signaling and CXCL8 transcription. Antimicrob Agents and Chemoth 2011; 55(1): 338-48 transcription. Gompertz S and RA Stockley Inflammation - role of the neutrophil and the eosinophil. Semin Respir Infect 2000; 15:14-23 Kontakt und weitere Informationen: Dr. Meik Becker | Pfizer Animal Health Germany GmbH | Linkstraße 10, 10785 Berlin Email: [email protected] Internet: www.pfizer-tiergesundheit.de 2