V11 Gerinnung von Proteinen Fach Klasse Überthema Feinthema Zeit Chemie Q2 Aminosäuren, Proteine 20 Minuten Peptide, Polypeptide Zusammenfassung: Die Gerinnung von Eiklar wird durch Zugabe von gesättigter Natriumchloridlösung, Zitronensaft und Erhitzen herbeigeführt. Eine Probe, zu der Wasser zugegeben wird, dient als Vergleichsprobe. Einordnung in den Unterricht1,2 Der Versuch ist nach dem hessischen Lehrplan G8 der Qualifikationsphase 2 zuzuordnen. Dort lässt er sich zum verbindlichen Unterrichtsinhalt 1. Naturstoffe, Aminosäuren, Peptide, Polypeptide anführen. Der Versuch zur Gerinnung von Proteinen kann dabei zu dem Aspekt der Struktur und Strukturaufklärung von Eiweißen durchgeführt werden. Er sollte aber erst durchgeführt werden, nachdem bereits über Aminosäuren und die Peptidbindung gesprochen wurde. Die SuS lernen durch den Versuch, welche Bedingungen für Proteine günstig sind und was sie zerstört. Aus dem Biologieunterricht in Q1 A ist manchen SuS die Proteinbiosynthese bereits bekannt und damit auch der Aufbau eines Proteins aus Aminosäuren sowie die Funktion der Proteine als Enzyme. Der Zusammenhang zwischen den biologischen Wirkungsweisen und der chemischen Zusammensetzung von Proteinen kann daher ebenfalls ansatzweise erschlossen werden. Die Empfindlichkeit der Proteine und die Abhängigkeit des Wirkungsoptimums von Enzymen sollte den SuS durch den Versuch deutlich werden. Im Anschluss an die Nachbesprechung der Hausaufgabe könnten der Nachweise von Aminosäuren und Eiweiß sowie die Hydrolyse von Peptiden stehen. 1 2 Vgl. Hirt, A.: Lehrplan Chemie (2010). Vgl. Hirt, A.: Lehrplan Biologie (2010). Der Versuch Die Durchführung3 Abbildung 1: Übersicht über die Versuchsmaterialien. Das Eiweiß eines Hühnereis wird vom Eigelb abgetrennt und auf 4 Schnappdeckelgläser aufgeteilt. Zu einer Eiweißprobe wird noch etwas Zitronensaft gegeben. Zu einer der anderen wird jeweils das gleiche Volumen an gesättigter Natriumchloridlösung und Wasser gegeben. In die dritte Probe wird zum Eiweiß nur etwas Wasser gegeben. Alle drei Proben werden anschließend vorsichtig umgeschwenkt. Die noch übriggebliebene Probe4 wird in einem Glas mit kochendem Wasser erhitzt. Dazu wird etwas Wasser im Wasserkocher erhitzt und in ein Glas gefüllt, die Eiweißprobe wird hineingelegt. 3 4 Vgl. Schwedt, G.: Experimente rund ums Kochen, Braten, Backen. Weinheim 2004. S.49. Die Probe sollte nicht mit dem Deckel verschlossen werden, da dieser beim Erhitzen abspringt. Die Beobachtung Bei Zugabe von Zitronensaft ist die Bildung von weißen Flocken zu erkennen, was bedeutet, dass das Eiweiß geronnen ist. Bei Zugabe von gesättigter Natriumchloridlösung wird nach 3 Minuten eine geringe Flockenbildung sichtbar. Die Probe, die mit Wasser versetzt wurde, zeigt einfache Schlierenbildung, aber keine Ausflockung des Eiweißes. Die erhitzte Probe zeigt die am deutlichsten sichtbare Koagulation von Eiweiß, der gesamte Inhalt des Schnappdeckelglases ist weiß und von festem Eiweiß ausgefüllt. Abbildung 2: Reihenfolge: Zugabe von Zitronensaft, Zugabe von gesättigter Natriumchloridlösung, Erhitzen, Leitungswasser. Abbildung 3: Versuchsergebnisse in der Übersicht. Entsorgung Der flüssige Inhalt der Schnappdeckelgläser kann in den Abfluss gespült werden. Sonstige feste Reste werden in den Biomüll entsorgt. Fachlicher Hintergrund Bei dem Versuch erfolgt die Gerinnung, Koagulation, von Eiklar durch Einwirkung unterschiedlicher chemischer und physikalischer Faktoren. Der Begriff Gerinnung ist aus dem alltäglichen Sprachgebrauch bekannt, aber vermutlich haben sich noch nicht viele SuS damit auseinandergesetzt, was bei dem Versuch geschieht und welche chemischen Phänomene dahinter stehen. Schlage den Begriff Denaturierung nach und erkläre ihn kurz. Beim beobachteten Koagulieren des Eiklars verändern sich die darin enthaltenen Proteine. Dieser Vorgang wird chemisch als Denaturierung bezeichnet. Beim Denaturieren von Eiweißen werden die Strukturen der Proteine irreversibel oder reversibel zerstört, was sich auf die biologische Aktivität auswirkt. Handelt es sich um eine reversible Denaturierung, werden nichtkovalente Bindungen wie zum Beispiel Wasserstoff-Brücken-Bindungen zerstört, bei der irreversiblen Form hingegen werden zum Teil auch die in der Tertiärstruktur vorherrschenden kovalenten Bindungen, die Disulfidbrücken, aufgebrochen. Allerdings wird bei der Denaturierung nur die Quartärbzw. die Tertiärstruktur eines Proteins angegriffen. Die Primärstruktur, die spezifische Aminosäuresequenz, bleibt erhalten. Abbildung 4: Schematische Übersicht über die vier Ebenen der Proteinstruktur.5 Versuche zu erklären, was bei Zugabe von Zitronensaft, gesättigter Natriumchloridlösung und beim Erhitzen mit dem Eiweiß geschieht. Tipp: Verwende bei deiner Erklärung Begriffe wie: Wasserstoff-Brückenbindungen, hydrophil, hydrophob, Hydrathülle, Tertiärstruktur, Löslichkeit, Ladung. Wird etwas Zitronensaft zu dem Eiweiß gegeben, erfolgt eine chemische Einwirkung in Form von Säure, sodass eine Säuredenaturierung auftritt. Dabei wird durch Erhöhung der Protonenkonzentration in der Lösung eine Ladungsänderung der Proteinstruktur bewirkt, was dazu führt, dass Wasserstoffbrückenbindungen zerstört werden. Überdies werden die im Protein enthaltenen Carboxylat-Gruppen vermehrt protoniert, sodass ungeladene Carboxy-Gruppen entstehen, was die ionischen Wechselwirkungen im Protein schwächt. Es kommt zu einer Verklumpung, da die Tertiärstruktur aufgelöst wird, sodass die zuvor nach innen gerichteten hydrophoben Teile der Moleküle nach außen zeigen. Mehrere dieser entfremdeten Proteine lagern sich mit ihren hydrophoben Außenstellen aneinander und bilden eine dreidimensionale Struktur, die nicht mehr in der wässrigen Lösung gehalten wird. In die verbleibenden hydrophilen Teile des Proteins lagern sich Wassermoleküle ein, wodurch der Eindruck eines Gels entsteht. Das Protein fällt in diesem irreversiblen Vorgang durch die pH-Wert Erniedrigung aus der Lösung aus. Dieser Effekt kann auch beobachtet werden, wenn zum Beispiel zu Früchtetee 5 etwas Milch gegeben wird. Hierbei spielt sich Munk, K.: Taschenlehrbuch Biologie, Biochemie-Zellbiologie. Stuttgart 2008. S. 130. ebenfalls eine Säuredenaturierung ab, die durch die im Früchtetee enthaltenen Fruchtsäuren erzeugt wird. Bei Zugabe von Kochsalz in großen Mengen ist auch eine leichte Ausflockung zu beobachten. Allerdings ist diese nicht so stark wie bei Zugabe von Säure. Hier erfolgt lediglich eine Renaturierung, was besagt, dass das Protein nicht unwiderruflich zerstört worden ist. Wird die Lösung mit Wasser verdünnt, so geht das Protein wieder in Lösung. Vor allem werden bei Zugabe von Salz die hydrophoben Effekte des Proteins verändert, da diesem die Hydrathülle entzogen wird und das Protein ausfällt. Hierbei wird nicht die Tertiärstruktur des Proteins zerstört. Wird auf das Eiweiß physikalisch in Form von Erhitzen eingewirkt, so ist die stärkste und jedem vom Eierkochen bekannte Hitzedenaturierung festzustellen. Dabei werden teilweise Bindungen der Tertiärstruktur gebrochen und an anderen Stellen im Molekül gebildet, sodass eine Veränderung der Sekundär- und Tertiärstruktur erfolgt. Weiterhin werden so die Löslichkeit und die Funktionsweise zum Beispiel eines Enzyms verändert, wodurch es zur Ausflockung und Zerstörung der biologischen Wirkungsweise kommt. Bis zu einem gewissen Grad, bei dem kovalente Bindungen noch nicht verändert wurden, ist die Hitzedenaturierung noch reversibel, allerdings tritt häufiger der Fall einer irreversiblen Denaturierung durch Wärmeeinfluss auf. Je nachdem, um welchen Organismus und um welche Proteine es sich handelt, unterscheiden sich die Temperaturen, ab denen eine solche Zerstörung auftritt. Dies erklärt auch, warum Fieber ab 40 °C gefährlich ist, denn ab Temperaturen über 42 °C denaturieren bestimmte menschliche Proteine irreversibel. Im schlimmsten Fall kann dies zum Tod führen.