BAU & HAUS NACHHALTIGKEIT «Green-BIM» zertifiziert Hinter der aktuell in der Bau- und Immobilienwirtschaft präsenten Abkürzung BIM verbirgt sich das sogenannte «Building Information Modeling». BIM ist eine neue Methode zur Digitalisierung der Wertschöpfungskette in der Bauwirtschaft. ABB. 1: «GREEN-BIM» ÜBER DEN LEBENSZYKLUS EINES GEBÄUDES Quelle: Amstein + Walthert AG Vorprojekt – Tageslichtstudien – Sonnenlichteinfall – Energiesimulation – CO2-Bilanzierung – Lebenszykluskosten Bauprojekt Ausführung – Detaillierte Energiesimulation – Interaktion Lieferkette – Detaillierte Tageslichtsimulation – Verantwortungsvolle Beschaffung – Detaillierte CO2Bilanzierung – Interaktion Kunden – Übergabe an Kunden – Verbesserte Material- auswahl Betrieb & Unterhalt – Überprüfung Perfomance – Effektives Gebäudemanagement – Planung Gebäude optimierungen und Erneuerungen – Detaillierte Lebenszykluskosten Synergien Green BIM und Green Building Labels – Materialauswahl (regional, Recyclinganteil, Holzzertifikate) – Produkteauswahl (schadstoffarm, VOC-Gehalt, umweltfreundlich) – Tageslichtberechnungen – Energiesimulationen – Thermische Simulationen – Ökobilanzierungen – Berechnung Lebenszykluskosten – Performance Monitoring (Zertifizierung Bestandsgebäude) – Beschaffungswesen (Zertifizierung Bestandsgebäude) REGINA HARDZIEWSKI* WELCHE VORTEILE BIETET BIM? Die klassische Projektierung, Ausführung und Bewirt­ schaftung von Gebäuden wird mithilfe von BIM zu dreidimensionalen, virtuel­ len Gebäuden weiterentwickelt. Das di­ gitale Modell besteht aus Bauteilen, die beispielsweise Informationen über Flä­ chen, Materialien und Planungsände­ rungen enthalten. Die im Modell hin­ terlegten Daten können den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie beinhal­ ten. Dies ermöglicht eine Optimierung von der Planung bis zum Rückbau. So­ mit können sämtliche Daten, sofern sie aktuell sind, als Informationsquelle für den Betrieb und Unterhalt sowie den Rückbau genutzt werden. Weiter kann man mit BIM Informationen aus ein­ zelnen Bereichen wie Statik, Gebäude­ technik oder Architektur abrufen, da je­ des Bauteil in einer Datenbank erfasst ist. In der Schweizer Baubranche steckt BIM noch in der Anfangsphase. Aber auch in der Schweiz wird die Digitali­ sierung zunehmen, denn der internati­ onale Druck und der Anspruch an Ef­ fizienz in der Zusammenarbeit steigen 50 | immobilia Mai 2016 in einer frühen Planungsphase und hat dadurch einen grossen Einfluss auf die Effizienz und Performance eines Gebäu­ des im Betrieb (siehe Abb. 1). Mithilfe eines BIM-Modells sind Empfehlungen für Planungsalternativen zur Verbesserung der Gebäudeperfor­ mance über den gesam­ ten Lebenszyklus möglich. Green-BIM dient als Werkzeug, Eine CO2-Bilanzierung in um Nachhaltigkeitszertifikate einem digitalen Modell für Gebäude transparenter zu erlaubt es zum Beispiel, gestalten.» verschiedene konzeptio­ nelle Planungen zu testen und die Lösung mit den geringsten Umweltaus­ wirkungen während des Planungs- und Bauprozes­ ses wie auch im Gebäude­ betrieb auszuwählen. rasant. Die Weichen dafür sind gestellt mit dem Ausbildungsangebot MAS Di­ gitales Bauen an der FHNW, der Grün­ dung der Interessengemeinschaft «Bau­ en digital Schweiz» oder der Erarbeitung eines SIA Merkblattes zur Organisation von BIM-Prozessen. WAS IST «GREEN-BIM»? Als «Green-BIM» SYNERGIEN. Zudem unterstützt Green­- wird die Anwendung der BIM-Methode zur Entwicklung von grünen Planungslö­ sungen und damit nachhaltigen Gebäu­ den bezeichnet. Green-BIM unterstützt die Projektbeteiligten mit Informationen bei der Entscheidungsfindung bereits BIM Planer und Bauherren, bei der Durchfüh­ rung von Gebäudezertifizierungen­durch die Möglichkeit mehrschich­ tige Infor­ mationen in einem 3D-Gebäudemodell zu integrieren. Green-BIM dient als ABB. 2: 3D-Bauteil mit mehrschichtigen Informationen Quelle: Amstein + Walthert AG Material: MDF Recyclunganteil: (Post-Consumer) 30% Herstellungsort: Schweiz Holzzertifikat: Urea-Formaldehydfrei: Entfernung: (Herstellungsort-Baustelle) Lösemittelgehalt: Materialkosten: Einbautermin: Werkzeug, um Gebäudezertifizierungen transparenter und effizienter zu gestal­ ten. Konkret bedeutet das ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis durch die Auswahl von verschiedenen Optionen. Ein weiterer Vorteil ist, dass in der Be­ u ne SVIT Verlag AG, Zürich Februar 2016 ISBN 978-3-9523544-5-2 50 Seiten, A5 broschiert 25 CHF (inkl. MWST, zzgl. Versandkosten) triebsphase aktuelle Gebäudeinformati­ onen vorhanden sind, was beispielswei­ se eine Re-Zertifizierung erleichtert. Ausser den Abmessungen eines Bauteils können zusätzliche Informa­ tionen hinterlegt werden. Diese mehr­ FSC mit CoC-005535-KO ✔ 40 km 0% CHF 500.– 20.08.2016 schichtigen Informationen beinhalten beispielsweise Angaben zu Material, Recyclinganteil, Herstellungsort, Löse­ mittelgehalt oder Materialkosten (sie­ he Abb. 2). Basierend auf dem digitalen Modell kann die Nachweisdokumentati­ SVIT Verlag | Reihe «Immobilienwirtschaft kompakt» Fristwahrung im Mietrecht unter besonderer Berücksichtigung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen lic. iur. Tobias Bartels Kaum ein Rechtsgebiet bietet einen ähnlich bunten Strauss verschieden­artigster Fristen wie das Mietrecht. Das komplett überarbeitete und um die neueste Recht­sprechung ergänzte Werk bietet Praktikern einen hilfreichen Überblick über die geltenden Bestimmungen und die aktuellste Rechtsprechung. Bestellung: [email protected] / www.svit.ch/publikationen immobilia Mai 2016 | 51 BAU & HAUS NACHHALTIGKEIT «GREEN-BIM» IN DER PRAXIS BEISPIEL «SHANGHAITOWER» on für bestimmte Kriterien und Berech­ nungen automatisch generiert werden. In das BIM-Modell können somit zum Beispiel Tageslichtberechnungen, Ther­ mik- oder Energiesimulationen integ­ riert werden. Die direkt in das digitale Modell eingebetteten Informationen und Berechnungen können kontinuierlich und dynamisch im weiteren Projektverlauf gepflegt werden. Dies reduziert den Dokumentationsaufwand und beschleu­ nigt den Zertifizierungsprozess. Auch die Zertifizierungsorganisationen werden in Zukunft verstärkt auf BIMMethoden setzen.» Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) die Digitalisierung des gesam­ ten Planungs- und Zertifizierungspro­ zesses mithilfe der BIM-Methode im Gebäudebereich zum Ziel gesetzt. Das Ziel des US-Zertifizierungsorga­ nisation ist es in zukünftigen Versionen ihrer Dokumentationsplattform «LEEDOnline» dem Projektteam die Möglich­ keit zu bieten, ihre Unterlagen automa­ tisch über das digitale Modell einzulesen, anstatt die Dokumentation aufwendig auf die Plattform hochzuladen. Gemäss der britischen Zertifizie­ rungsorganisation soll es in der Zukunft möglich sein, die für das UK-System BREEAM (Building Research Establish­ ment Environmental Assessment Me­ thod) relevanten Planungs- und Bau­ informationen automatisiert aus dem digitalen Modell herauszuziehen. Diese Absichten der Zertifizierungs­ organisationen schaffen gute Voraussetzungen für ein effizientes Zusammen­ spiel zwischen Green-BIM und Green Building Labels in der Zukunft. Der im November 2015 eröffnete Shanghai Tower (632m) hat die Auszeichnung «LEED Platin» erhalten. Das Leuchtturmprojekt gilt als eines der höchsten und ökologischsten Gebäude weltweit. Um die ambitiösen Anforderungen an Architektur, Konstruktion und Nachhaltigkeit zu erfüllen, wurden BIM-Methoden zur Planung und Realisierung eingesetzt. Zur Erfüllung der LEED-Zertifizierung arbeitete das Projektteam mit digitalen Modellen. Beispielsweise wurde die Reflektionsanalyse genutzt, um das abstrahlende Licht vom Tower auf die Stadt zu untersuchen. Dadurch konnte das Planungsteam die Fassade optimieren, um die Lichtverschmutzung durch den Tower zu minimieren. Während der Planungsphase wurden Energiesimulationen durchgeführt, um den Planern ein quantitatives Feedback betreffend Energieperformance liefern zu können. Sogar nach der Fertigstellung des Towers wird beabsichtigt, die BIMMethode für den «grünen» Betrieb und Unterhalt des Towers weiterhin einzusetzen. GREEN-BIM IN DER ZUKUNFT. Auch die Zer­ tifizierungsorganisationen werden in Zukunft verstärkt auf den Einsatz von BIM-Methoden setzen und damit den Dokumentationsprozess digitalisieren. So hat sich zum Beispiel die Deutsche *REGINA HARDZIEWSKI Die Autorin ist als Senior Projektleiterin Consulting bei der Amstein+Walthert AG im Bereich Immobilienberatung und Nachhaltigkeit tätig immobilia Mai 2016 | 53