Projektpraktikum Kernphysik Manuel Frey, Maria Kegeler, Ilja Krüger, Natalie Schön, Timon Thomas, Moritz Zeidler März 2014 1 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 3 2 Messverfahren 2.1 Halbleiterdetektoren . . 2.2 Geiger-Müller-Zählrohr . 2.3 Szintillationsdektor . . . 2.4 Impulshöhenanalysator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 6 7 9 3 Alphastrahlung 3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Alphaspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Druckabhängiges Spektrum von Americium 3.2.2 Integralmessung . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Feinspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Das α-Spektrum der Radium-Zerfallsreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 11 13 13 17 18 20 4 Betastrahlung 4.1 Grundlagen . . . . . . . . . 4.2 Absorption von β-Strahlung 4.3 Betaspektroskopie . . . . . 4.4 Beta-Rückstreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 23 25 29 35 5 Gammastrahlung 5.1 Grundlagen . . . . . . . 5.2 Gammaspektroskopie . . 5.2.1 Cäsiumspektrum 5.2.2 Cobaltspektrum 5.3 Gammaabsorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 41 42 43 45 46 6 Fazit 6.1 Vergleich der Spektren 6.2 Vergleich Detektoren . 6.3 Impulshöhenanalysator 6.4 Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 50 50 51 51 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Einleitung Das Zeitalter der radioaktiven Strahlung wurde von Henri Bequerel (1852-1908) eingeläutet. Im Jahre 1896 legte er eine Fotoplatte, welche zuvor keiner Lichtstrahlung ausgesetzt war, zusammen mit Uransalz in einen dunklen Raum, woraufhin sich die Fotoplatte schwärzte. Damit hatte er die ersten Auswirkung der Radioaktivität entdeckt, konnte sie jedoch noch nicht erklären. Er wusste ebenfalls noch nichts von der Existenz der Atomkerne. Marie und Pierre Curie erforschten die zwei stark strahlenden radioaktiven Elemente Polonium und Radium; zwischen 1902 und 1909 zeigten schlussendlich Lord Ernerst Rutherford und Frederick Soddy die Existenz der drei verschiedenen Strahlungsarten (Alpha-, Beta- und Gammastrahlung). Im folgendem Jahrhundert entstanden aus diesen Entdeckung wichtige Anwendungen in der Medizin wie Tracer und Strahlentherapie, sowie die Radiokarbonmethode zur Datierung archäologischer Funde. Mit radioaktiver Strahlung konnte auch der Traum der Alchemisten verwirklicht werden Gold aus unedleren Stoffen herzustellen, allerdings sind die kosten der Herstellung deutlich höher als der Wert des gewonnenen Goldes. Natürlich folgten mit diesen Entwicklung ebenfalls negative Erfindungen wie Atombomben, Kernkraftwerke und daraus folgende Strahlenschäden, welche die Menschheit stark beeinträchtigen (z.B. die Nuklearkatastrophen von Fukushima und Tschernobyl). In der Projektwoche Kernpraktikum nahmen wir uns fünf Tage Zeit, die verschiedenen Strahlungsarten, ihre Spektren, Reichweiten, Eigenschaften und Auswirkungen kennenzulernen. Weiterhin beschäftigten wir uns mit den Vor- und Nachteilen der unterschiedlichen Detektoren. 3 2 2.1 Messverfahren Halbleiterdetektoren Ein Halbleiterdetektor ist ein Strahlungs- oder Teilchendetektor, der Halbleitereigenschaften nutzt, um ionisierende Strahlung nachzuweisen. Dabei werden freie Ladungsträger in Form von Elektron-Defektelektron-Paaren erzeugt, die zu Metallelektroden wandern und dort einen Stromimpuls erzeugen, der messbar ist. Der generelle Aufbau ist in Abbildung 2.1 dargestellt. Der Halbleiter aus Silizium oder Germanium ist in einen nleitenden und einen p-leitenden Bereich unterteilt. Dabei diffundieren Elektronen in den p-Bereich und Löcher in den n-Bereich und es bildet sich aufgrund der Diffusionsspannung UD die Raumladungszone aus, die den empfindlichen Detektorbereich darstellt. Durch Anlegen einer Sperrspannung UA am Basiskontakt wird dieser Bereich zusätzlich Abbildung 2.1: Aufbau eines Halbleiter-detektors [1] vergrößert. Die maximale Schichtdicke x der Raumladungszone hängt vom spezifischen Widerstand ρ des Ausgangsmaterials und der Sperrspannung ab. x= p 2εr ε0 ρµ(UD + UA ) Zwischen den Begrenzungen der Raumladungszone bildet sich ein starkes elektrisches Feld aus, in welchem sich erzeugte Ladungsträger entsprechend ihrer Polarität bewegen. Wenn diese dann die Elektroden an beiden Seiten erreichen, ist ein Spannungsabfall meßbar. Die maximale Größe der an einem äußeren Arbeitswiderstand RG entstehenden Spannungsimpulse berechnet sich über die Beziehung 4 Umax = 1 e0 · Eabs Q = · C C Wi Die Ladung Q ist der Quotient aus absorbierter Strahlungenergie und mittlerem Energieaufwand zur Bildung eines Elektron-Defektelektron-Paares. Die Kapazität C setzt sich aus Detektorkapazität und den Kapazitäten der Messapparatur zusammen. Mit Hilfe von Halbleiterdetektoren lassen sich somit α- und β-Teilchen sowohl quantitativ als auch qualitativ nachweisen. Die Energie der Strahlung ist dabei proportional zur kinetischen Energie der Teilchen. Partikel mit höherer Energie dringen tiefer in die Raumladungszone ein als solche mit niedriger Energie. Es werden dann mehr freie Ladungsträger erzeugt und somit ein höherer Stromimpuls generiert. Wir haben während des Projektpraktikums einen Oberflächensperrschichtdetektor zur Spektroskopie von α-Strahlung verwendet. Hierbei ist als Frontkontakt ein dünner Goldbelag mit einer Schichtdicke von ca. 10nm auf hochohmiges n-Silizium gedampft. Das Silizium wurde zuvor saubergeätzt und oxidiert, wodurch eine Oberflächeninversionsschicht entsteht, die das empfindliche Detektorvolumen darstellt. Da die Teilchen nur eine sehr dünne Schicht zu durchdringen haben um detektiert zu werden, sind Abschwächungen der kinetischen Energie weitestgehend minimiert. Zum Nachweis von γ-Strahlung sind Halbleiterdetektoren nur bedingt geeignet, da diese meist das komplette Detektorvolumen durchdringt. Andererseits bietet das den Vorteil, dass kosmische und irdische Hintergrundstrahlung kaum Einfluß auf die Messungen haben, und eine Bestimmung der Nullzählrate überflüssig wird. Neben dem von uns benutzten Detektor gibt es noch weitere Varianten, die an bestimmte Meßgeometrien angepaßt sind: Normalerweise ist die Dicke der Sperrschicht auf 1 − 3mm begrenzt. Eindiffundierte Lithiumatome können sich aber in Zwischengitterplätze einlagern und wirken dann als Elektronendonatoren. Es entsteht eine intrinsische (eigenleitende) hochohmige Schicht, die bei ausreichend langen Driftzeiten Schichtdicken bis 20mm erzeugen kann. Auch mit hochreinem Germanium lassen sich große Schichtdicken erreichen. Der Betrieb solcher Detektoren erfordert die Kühlung mit flüssigem Stickstoff, da sonst das Auflösevermögen stark nachläßt. Ortsempfindliche Detektoren aus Silizium beruhen auf dem Ladungsteilungsprinzip und gestatten die Bestimmung der Position einfallender Strahlung auf wenige Mikrometer genau. 5 2.2 Geiger-Müller-Zählrohr Geiger-Müller-Zählrohre bestehen aus einem Metallzylinder mit einigen Zentimetern Durchmesser, der entweder (um Gammastrahlung zu detektieren) an beiden Seiten, bzw. (damit Alpha- oder Betastrahlung eindringen kann) an einer Seite nur mit einer massearmen Folie aus z.B. Glimmer verschlossen ist. Die Innenseite des Rohres wird negativ aufgeladen und fungiert als Kathode. Als Anode dient ein dünner Draht in der Achse des Zylinders, der an einem Ende umgeben von einem Isolator aus dem Rohr herausgeführt wird. Das Zählrohr ist mit einem Gas gefüllt, zumeist einem Edelgas wie z.B. Argon. Es wird eine Gleichspannungsquelle der Spannung U angeschlossen. Außerdem werden ein hochohmiger Widerstand R mit dem Zähler Abbildung 2.2: Schematischer Aufbau eines Geigerparallel geschaltet (siehe Abb. 2.2). Müller-Zählrohrs [3] Tritt ionisierende Strahlung in das Geiger-Müller-Zählrohr ein, so können Gasatome des Füllgases ionisiert werden, d.h. es werden freie Elektronen erzeugt. Diese wandern wegen der anliegenden Gleichspannung U zur Anode. Erreicht eine gewisse Anzahl von Elektronen diese, führt das über dem Widerstand zu einem Spannungsabfall, der vom Zähler gemessen wird. Der weitere Vorgang ist von der Spannung U abhängig (siehe Abb. 2.3): Bei zu geringen Spannungen unterhalb der Einsatzspannung UE rekombinieren die herausgelösten Elektronen sofort wieder mit den Gasatomen, weswegen kein Spannungsabfall vom Zähler registriert wird. Erhöht man die Spannung weiter, erreichen Elektronen die Anode. Werden die herausgelösten Elektronen im elektrischen Feld stark genug beschleunigt, kommt es zur Stoßionisation - die Elektronen können bei Stößen mit anderen Gasatomen weitere Elektronen herauslösen. Im Plateaubereich, der als Arbeitsbereich für das Geiger-Müller-Zählrohr genutzt wird, wird das ganze Gas ionisiert. Bei weiterer Spannungserhöhung über den Plateaubereich hinaus erreichen nicht nur Elektronen die Anode, sondern auch schwere, positiv geladene Atomkerne die Kathode, wodurch ein weiterer Spannungsabfall gemessen wird. Geiger-Müllerzähl-Rohre werden benutzt, um ionisierende Strahlung nachzuweisen und zu messen. Allerdings können nur Impulse gemessen werden, unabhängig von ihrer Energie. Bei βStrahlung kann man diese Einschränkung mit der Methode der Magnetfeldspektroskopie umgehen (siehe Beta-Spektroskopie von Strontium-90). 6 Abbildung 2.3: Charakteristik eines Geiger-Müller-Zählrohrs Außerdem kann (allein am Spannungsabfall) nicht zwischen α−, β− und γ−Strahlung unterschieden werden. Man kann sich aber durch die Beschaffenheit des Einfallsfensters behelfen. So darf, damit α− oder β− Strahlung einfallen kann, nur eine dünne Folie aus z.B. Glimmer vorhanden sein, wohingegen γ−Strahung auch durch eine Metallstirnseite eindringen kann. Die Messung von γ−Strahlung mit einem Geiger-Müller-Zählrohr hat den Nachteil, dass aufgrund der niedrigen Energien und somit der geringen Wechselwirkung mit dem Gas die Detektierung nur unvollständig möglich ist. 2.3 Szintillationsdektor Im Folgenden werden der Aufbau und die Funktionsweise eines Szintillationsdektors in Verbindung mit einem anorganischen Szintillationskristall beschrieben. Trifft ionisierde Strahlung auf die Atome des Kristalls, kann sie dort durch Photo-, Compton-, Paarbildungs- und weiterer Effekte Elektronen in einen angeregten Zustand versetzen. Wird der Kristall mit höherenergetischer Strahlung beschossen kann dies kaskadenartig, solange bis die Energie des eindringenden Strahlung nicht mehr ausreicht um weitere Elektronen anzuregen, häufiger geschehen (s. Abb. 2.4). Im Szintillationskristall angeregte Elektronen können aus dem Valenzband des Kristallmaterials entweder in dessen Leitungsband springen oder in ein knapp unterhalb des Leitungsband liegendes Exzito- 7 R R R R R RL Dynoden Szintilationskristall Photokathode Abbildung 2.4: Schematische Darstellung der Funktionsweise eines Szinitaltionsdetektors. (Lila = ionisierende Strahlung, Rot = emittierte Photonen, Grün = Sekundärelektronen) nenband. Exzitonen sind frei bewegliche Elektron-Defektelektronenpaare, bei welchen das Elektron noch elektrostatisch an das Defektelektron gebunden ist. Durch Emission eines Photons kann ein angeregter Zustand wieder in den Grundzustand zurückfallen. Jedoch ist es wahrscheinlich, dass diese emittierten Photonen vom Kristall wieder absorbiert werden. Deshalb ist der Kristall mit einem weiteren Material dotiert. Die Gitterstellen im Kristall an denen er dotiert wurde nennt man in diesem Zusammenhang Aktivatorzentren. Diese bringen weitere mögliche energetische Zustände in das Bändermodell (s. Abb. 2.5). Energie Leitungsband Exzitonenband Valenzband Aktivatorzentrum Abbildung 2.5: Bändermodell in Nähe eines Aktivatorzentrums 8 Wandert ein Elektron-Defektelektronpaar zu solch einem Aktivatorzentrum, kann es dort rekombinieren und gibt die freiwerdende Energie in Form eines Photons ab. Die Energie der so emittierten Photonen ist geringer als nötig wäre um ein Elektron aus dem Valenzband des Kristallmaterials in das Leitungsband zu heben. Somit ist es wahrscheinlich, dass ein solches Photon nicht absorbiert wird und aus dem Kristall heraus gelangen kann. An den Szintillationskristall anliegend ist eine Photokathode untergebracht. Erreicht ein emittiertes Photon die Photokathode kann es dort durch den Photoeffekt ein Elektron ausschlagen. In einer angrenzenden Dynodenkette eines Photoelektronenvervielfachers werden die ausgelösten Elektronen in ihrer Anzahl vervielfacht. Nun kann, durch den verstärkten elektrischen Impuls, die über dem Lastwiderstand RL anliegende Spannung nach weiterer Verstärkung im Impulshöhenanalysator ausgewertet werden. 2.4 Impulshöhenanalysator Eingehende Signale werden in einem Einkanalimpulshöhenanalysator logisch durch einen Diskriminator gefiltert und anschließend gezählt. Dies kann auf differentielle Art oder auf integrale Art geschehen. Bei der differentiellen Methode werden durch den Diskriminator nur Signale mit Spannung zwischen einer minimalen und einer maximalen Spannung registriert. Die integrale Methode entfernt die maximale Spannung aus dem Fenster und filtert somit nur solche Signale, deren Spannung unterhalb eines bestimmten Wert liegen, aus. Ein Vielkanalimpulshöhenanalysator zeichnet sich dadurch aus, dass er simultan ein eingehendes Signal durch mehrere Diskriminatoren auswerten kann. Geschieht die Auswertung in differentieller Form, so liegt die minimale Spannung eines Diskriminators auf der maximalen Spannung eines anderen Diskrimators. Die Fensterbreite, also die Differenz zwischen maximaler und minimaler Spannung eines Diskriminators, ist bei allen Diskriminatoren des Analysators die gleiche. Analog liegen die unteren Spannungsschwellen der Diskrimatoren bei der integralen Auswertung in einem festen Abstand zueinander. Wir haben das Spektrum der α-Strahlung von Americium und Radium mit Hilfe eines Einkanalimpulshöhenanalysators aufgenommen und dabei hauptsächlich die differentielle Methode benutzt. Die energetische Fensterbreite die dabei gerastert wird, stellt praktisch das Auflösevermögen des Diskriminators dar. Registriert wird hierbei der durch die ionisierende Strahlung erzeugte Spannungsimpuls im Halbleiterdetektor. Außerdem konnten wir einstellen, wie lange der Diskriminator ein einzelnes Fenster aufnehmen sollte. Mit längeren Aufnahmezeiten fallen zufällige Streuungen oder Peakwerte weniger ins Gewicht als mit kurzen Zeiten, und man erhält meist einen harmonischeren Graphen, der eher den Erwartungen entspricht. Am PC wurde dann mit der Software Dasylab eine Grafik erstellt, in der die Impulsrate der Strahlung über dem abgestasteten Spannungbereich aufgetragen war. Ein Beispiel für die Darstellung findet sich in Abbildung 2.6. Da die radioaktiven Proben aus Sicherheitsgründen mit Metall verblendet waren, haben wir mit einem unverblendeten Präparat mit bekannter Strahlungsenergie eine Kalibrierung vorgenommen, 9 die es uns ermöglichte, die Spannungswerte in Megaelektronenvolt umzurechnen. Häufiges Messen und Überlagern der Spektren hat bei uns zu sehr genauen Ergebnissen geführt. Abbildung 2.6: Graphische Abbildung des EKI 10 Inzwischen wird in der modernen Wissenschaft meist der Vielkanalanalysator mit bis zu mehreren tausend Diskriminatoren eingesetzt, die jeweils einem bestimmten Energiefenster zugeordnet werden. Die Geschwindigkeitsvorteile liegen auf der Hand, da ein Energiespektrum nicht nach und nach rasterförmig abgetastet werden muß; nichtsdestotrotz ist es erfreulich, im Projektpraktikum sowohl Einals auch Mehrkanalanalysatoren benutzen zu können, um so Vor- und Nachteile beider Varianten selbst zu erfahren. 3 3.1 Alphastrahlung Grundlagen α-Strahlung ist eine Teilchenstrahlung, bei der vom Mutterkern ein Heliumkern abgespaltet wird. Der Heliumkern besitzt zwei Protonen und zwei Neutronen. Damit ändert sich die Ordnungs- und Massezahl des ursprünglichen Atoms. Die Massezahl sinkt um 4 (2 Neutronen + 2 Protonen) und die Ordnungszahlzahl sinkt um 2 (2 Protonen). Damit ist der Restkern (Tochterkern/Tochternuklid) ein anderes Element. Die kinetische Energie der Teilchen entspricht E = m · c2 , mit der Masse die durch den Massendefekt beim Kernzerfall dem Mutternuklid verloren geht. Diese Energie liegt zwischen 2 und 9 MeV und nimmt nur diskrete Werte an (Linienspektrum). A ZX 4 −→ A−4 Z−2 Y +2 He + ∆E Durch starke Wechselwirkungen mit dem Kern wird das α-Teilchen vom Kern angezogen. Jedoch hat es die gleiche Ladung wie der Kern, daher wird es aber wiederum abgestoßen. Klassisch erklärt wäre jedoch die Abstoßung um einige Größenordnungen geringer als die Anziehung, wodurch das das Alphateilchen nicht vom Mutterkern weggelangen könnte. Da dies aber geschieht, benötigt man dafür eine quantenmechanische Erklärung: den Tunneleffekt. Die Potentialdifferenz zwischen Abstoßung und Anziehung wird Coulombwall genannt. Dieser Coulombwall muss überwunden werden, damit sich das α-Teilchen vom Kern löst (Abbildung 3.1). Nach den Gesetzen der Quantenmechanik kann das α-Teilchen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit diese Potentialdifferenz überwinden; es durchtunnelt den Coulombwall. Die Energie der Potentialdifferenz wird dann in die kinetische Energie des α-Teilchens und des Tochterkerns umgewandelt. Die Gleichungen 1 und 2 zeigen die Aufteilung der Energie. Dabei ist M die Masse des Tochterkerns, m die Masse des α-Teilchens, Epot die potentielle Energie und Ekin die entsprechende kinetische Energie. M · Epot M +m m A−4 Ekin (Z−2 Y)= · Epot M +m Ekin (α) = (1) (2) Das Mutternuklid ist instabil und strebt mit dem Zerfall, also der Abgabe eines αTeilchens, einen stabilen Zustand an. Ist das Tochternuklid noch nicht stabil, kann auch dieses weiter zerfallen, und somit entsteht eine Zerfallsreihe. In Luft haben α-Strahlen eine Reichweite von wenigen Zentimetern und können bereits durch ein Blatt Papier vollkommen abgeschirmt werden. Die geringe Reichweite im Vergleich zu β- und γ-Strahlung lässt 11 Abbildung 3.1: Tunneleffekt α-Teilchen [4] sich durch ihre hohe Masse begründen. Beim Austritt aus dem Kern beträgt die Geschwindigkeit der α-Teilchen ca. 15 000 km h . Das Energiespektrum von α-Strahlung ist im Gegensatz zur β-Strahlung ein Linienspektrum. Demzufolge kann die kinetische Energie nur bestimmte diskrete Werte annehmen. Diese Werte liegen teilweise sehr dicht beieinander, dies nennt man dann ein Feinspektrum. α-Strahlung findet Anwendung in Rauchmeldern und Isotopenbatterien. Bei einem Ionisationsrauchmelder wird ein kleines Luftvolumen mit α-Strahlung beschossen. Die Leitfähigkeit der Luft wird mit zwei Elektroden gemessen. Treffen die α-Teilchen auf die Rauchmoleküle, werden sie absorbiert und tragen nicht mehr zur Leitfähigkeit bei. Damit sinkt die Leitfähigkeit und der Rauchmelder gibt Alarm. Ein häufig verwendeter Strahler ist Americium 241. Mittlerweile sind jedoch aufgrund der radioaktiven Strahlung optische und Wärmerauchmelder verbreiteter. Isotopenbatterien, auch Radionuklidbatterien genannt, wandeln thermische Energie, die beim Kernzerfall entsteht, in elektrische Energie um. Als α-Strahler werden die Elemente Polonium 210, Plutonium 238, Curium 244 oder Americium 241 verwendet. 12 3.2 3.2.1 Alphaspektroskopie Druckabhängiges Spektrum von Americium In dem Experiment zum Alphaspektrum wurde zunächst die Veränderung des Spektrums der Strahlung von Americium 241 in Abhängigkeit vom Druck aufgezeichnet (Abbildung 3.2). Der Aufbau dafür bestand aus einer Vakuumapparatur, in der sich die Strahlungsquelle Americium 241 (370 kBq) in einem Abstand von 2 cm von dem Alphadetektor befand. Americium zerfällt unter der Abgabe eines α-Teilchens in Neptunium: 241 95 Am 4 −→ 237 93 Np +2 He + ∆E (3) Von dem Detektor wurde das Signal in einen Alpha-Vorverstärker geleitet. Das verstärkte Signal wurde von einem differentiellen Einkanalanalysator aufgezeichnet. Die Messungen wurden bei einem Druck von 1mbar begonnen und bis auf 1013mbar in 50mbar Schritten erhöht. Der Einkanalanalysator hat in 100mV Schritten die Basisspannung von 0V auf 4V in einem Takt von 1,6s abgetastet. 4.0 1 mbar 299 mbar 496 mbar 591 mbar 896 mbar 3.5 3.0 Impulsrate 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 Spannung in V 2.5 3.0 3.5 Abbildung 3.2: Impulsrate in Abhängigkeit von der Spannung für verschiedene Luftdrücke Das Programm DASYLab trägt die Impulsrate über der Spannung auf. Aus den Diagrammen werden drei Trends deutlich sichtbar: Das Maximum wird kleiner, der Peak verschiebt sich zum Nullpunkt, und es ist eine steigende Halbwertsbreite zu erkennen (Abbildung 3.2). 13 Der Effekt, dass sich der Peak in Richtung des Nullpunktes verschiebt, ist erklärbar durch die zunehmenden Stöße der Alphateilchen mit den Luftmolekülen, da diese bei den Stößen kinetische Energie verlieren. Die Verringerung des Maximums erfolgt durch die Verringerung der Teilchen, welche den Detektor erreichen bevor sie ihre Energie an den Luftmolekülen verlieren. Dies ist ein linearer Zusammenhang (Abbildung 3.3). 3.6 Impulsrate 3.4 3.2 3.0 2.8 0 Peakhoehe als relative Impulsrate in Abhaengigkeit vom Druck y = −0,0007 ·x +3,6699 200 400 600 Druck in mbar 800 1000 1200 Abbildung 3.3: Peakhöhe als Impulsrate in Abhängigkeit vom Luftdruck Die Luft mit der die Heliumatome zusammenstoßen besteht vorrangig aus einatomigem Argon, zweiatomigem Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff sowie dreiatomigem Kohlenstoffdioxid. Diese unterschiedlichen Stoßpartner führen zu unterschiedlichen Wechselwirkungen. Mit steigendem Luftdruck erhöht sich die Anzahl der Stoßteilchen und damit die Anzahl der Möglichkeiten von Wechselwirkungen. Daraus folgt die größere Streuung und die Verbreiterung der Kurve (Abbildung 3.4 und 3.5). 14 120 relative Halbwertsbreite in % 100 relative Halbwertsbreite in Abhaengigkeit vom Druck y =17.223e0,0016 ·x 80 60 40 20 0 0 200 400 600 Druck in mbar 800 1000 1200 Abbildung 3.4: relative Halbwärtsbreite in Abhängigkeit vom Luftdruck Für alle 21 Messungen wurde die relative Halbwertsbreite Hb bestimmt. Dafür wurde der Peakwert des Impulses halbiert und an diesem Punkt die Breite der Spannung gemessen. Um die relative Halbwertsbreite zu bestimmen, wurde dieser Wert schlussendlich noch durch den Spannungswert des Peaks dividiert (Abbildung 3.4 und 3.5). Um die Spannungen in Energien umzurechnen wurde eine Kalibrierungsmessung gemacht. Dafür wurde als Strahlungsquelle wieder Americium 241 genutzt, jedoch diesmal mit nur 3,7kBq. Dies ermöglicht, dass sich vor der Strahlungsquelle keine Abschirmung befindet, in welcher Energie verloren geht. Mit dieser Strahlungsquelle wurde die Messung bei 1mbar wiederholt und es konnte die entsprechende Spannung des Peaks mit einer Energie von 5,484MeV angesetzt werden (Energie des Hauptpeaks von Americium, weitere Peaks werden in dem Kapitel Feinstruktur genauer betrachtet). Dann wurde der Spannungspeakwert der Kalibrierung mit dem Spannungspeakwert der Messung von 370kBq bei 1mbar verglichen, und somit ein Faktor für die Umrechnungen der Energien berechnet. Damit wurden dann die Energien der Peaks von allen Diagrammen berechnet (Abbildung 3.6). 15 relative Halbwertsbreite in % 102 relative Halbwertsbreite in Abhaengigkeit vom Druck y =17.223e0,0016 ·x 0 200 400 600 Druck in mbar 800 1000 1200 Abbildung 3.5: Relative Halbwärtsbreite in Abhängigkeit vom Luftdruck logarithmische Skalierung 5.0 Energie Alphateilchen in Abhaengigkeit vom Druck 4.5 y = −0,0038 ·x +4,9735 Energie in MeV 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0 200 400 600 Druck in mbar 800 1000 1200 Abbildung 3.6: Energie der Alphateilchen in Abhängigkeit vom Druck 16 3.2.2 Integralmessung Die Integralmessung wurde auf zwei verschiedenen Wegen durchgeführt: Zunächst wurde der Impulshöhenanalysator umgestellt auf integrale Messung (Abbildung 3.7) und die Messung bei 1mbar mit der 370kBq Probe wiederholt. Als zweites wurden die Messwerte des Spektrums bei 1mbar schrittweise aufsummiert (Abbildung 3.8) und in einem Diagramm dargestellt. Im Vergleich der beiden Diagramme ist zu erkennen, dass die integrale Messung den Umkehrpunkt zwischen 2,2V und 2,6V, die integrale Berechnung ihn zwischen 1,9V und 2,3V hat. Dies entspricht einer Abweichung von 11,5%. 9 8 Integral ueber die Impulsrate 7 6 5 4 3 2 1 0 0.0 Integral ueber die Impulsrate in Abhaengigkeit von der Spannung 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 Spannung in V 3.0 3.5 4.0 4.5 Abbildung 3.7: Integralmessung Impulshöhenanalysator 17 1.8 1.6 Integral ueber die Impulsrate in Abhaengigkeit von der Spannung Integral ueber die Impulsrate 1.4 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 Spannung in V 2.5 3.0 3.5 Abbildung 3.8: Berechnetes Integral 3.2.3 Feinspektrum Als letztes wurde mit der Americium 3,7kBq Probe das Feinspektrum von Americium aufgelöst. Americium hat nach Tabellenwerten [Quelle: [5]] einen Peak bei 5,387MeV mit einer Übergangswahrscheinlichkeit von 1,6%, bei 5,442MeV mit 12,5%, bei 5,484MeV mit 85,2%, bei 5,511MeV mit 0,2% und bei 5,543MeV mit 0,34%. Um die Abbildung 3.9 zu erhalten wurden 10 Messungen annähernd nach dem Aufbau vom Kapitel 3.2.1 durchgeführt. Jedoch wurde diesesmal die Zoomfunktion des Impulshöhenanalysators genutzt, welche den Bereich zwischen 5V und 7V auf 0V bis 10V aufweitet und damit eine genauere Betrachtung ermöglicht. Zusätzlich wurde die 100V Spannungsquelle an den Vorverstärker angeschlossen (Die 12V Spannungsquelle muss trotzdem angeschlossen bleiben!). Die Spannungswerte der Peaks bei den zehn Messungen schwankten stark zwischen 5,8V und 7,2V. Prinzipiell sahen sich die Graphen jedoch sehr ähnlich. Daher haben wir die drei Diagramme ausgewählt, bei welchen die Peaks annähernd gleich waren, die restlichen Messungen hätten die Peaks bei der Mittelwertbildung verschwinden lassen. Bei der Umrechnung der Spannungswerte in Energien musste wiederum beachtet werden, dass die angezeigten Spannungen 0V-10V nur der Bereich zwischen 5V und 7V sind und somit zunächst die Spannungen umgerechnet werden müssen (Abbildung3.9). 18 Abbildung 3.9: Feinspektrum Americium 241 In dem Kapitel 3.2.1 wurde immer der Peak bei 5,484MeV dargestellt, da dieser mit der größten Wahrscheinlichkeit auftritt. Das aufgenommene Feinspektrum in Abbildung 3.9 zeigt alle 5 Peaks des idealen Feinspektrums. Die gemessenen Werte, die Tabellenwerte, die Auftrittswahrscheinlichkeiten und die Abweichungen sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Tabellenwert in MeV 5,387 5,442 5,484 5,511 5,543 Wahrscheinlichkeit 1,6 % 12,5 % 85,2 % 0,2 % 0,34 % Messwert in MeV 5,389 5,449 5,484 5,518 5,561 Abweichung 0,04% 0,1% 0% 0,1% 0,3% Tabelle 1: Messdaten zum Feinspektrum des Americiums Dabei weist der letzte Peak mit 0,3 % die größte Abweichung auf. Der Hauptpeak bei 5,484 MeV wurde wie im Kapitel 3.2.1 als Kalibrierung genommen. Von dem Peak ausgehend wurden die gemessenen Spannungswerte in Energien umgerechnet. 19 3.2.4 Das α-Spektrum der Radium-Zerfallsreihe Jedes RA-226-Präparat enthält verschiedene Nuklide der Uran-RadiumZerfallsreihe, die in Abbildung 3.10dargestellt ist. Einige davon emittieren ebenso wie Radium-226 α-Strahlung in leicht nachweisbarer Intensität und mit ausreichend Aktivität um die Zerfallsreihe spektral aufzulösen. Wir haben die unterschiedlichen Energien der emittierten α-Strahlungen mit einem Einkanalimpulsanalysator aufgenommen und so versucht, die charakteristischen Linien der Zerfallsreihe graphisch aufzulösen. Die Funktionsweise des Analysators ist in Kapitel 2.4 erläutert. Abbildung 3.10: Uran-Radium-Zerfallsreihe [2] Um eine Orientierung für die Güte unserer Aufnahmen zu haben, konnten wir einer Infobroschüre des Praktikums die folgenden Werte entnehmen: Nuklid Ra-226 Rn-222 Po-218 Po-214 Po-210 Zerfallsart α α α α α Energie in M eV 4,78 5,48 6,00 7,68 5,30 Tabelle 2: Literaturwerte der zu findenden α-Energien Mit Ausnahme von Po-210 und Rn-222 liegen die Werte ausreichend weit auseinander um getrennt in einer graphischen Darstellung erkennbar zu sein. Der grundsätzliche Aufbau des Experiment ist analog zum Versuch mit Americium. Das radioaktive Präparat befindet sich in einer Vakuumröhre, die hier auf ca. 7mbar evaku- 20 iert werden konnte. So lassen sich Wechselwirkungen mit zwischen Präparat und Detektor liegenden Partikeln minimieren, die zu einer Verminderung der kinetischen Energie der α-Teilchen führen und somit das Messergebnis verfälschen würden. Um den empfindlichen Detektorbereich zu vergrößern wurde der Halbleiterdetektor mit einer Sperrspannung von 100V betrieben. Die Nutzung der Zoom-Funktion ist für die Analyse des Radiumpräparats jedoch nur bedingt sinnvoll, da das gesamte energetische Spektrum, das es zu erfassen gilt, sich über ca. 4V erstreckt und somit den festgesetzten Rahmen von 2V übersteigt. Zur Überprüfung einzelner Energiespitzen ist das Verfahren aber durchaus sinnvoll, da die Literaturwerte bekannt sind. Mit Hilfe eines Oszilloskops stellt man dazu Spannungsspitzenwerte in dem Bereich ein, der dem vorgeschriebenen Rahmen der Zoom-Funktion entspricht und führt dann die Impulsanalyse durch. Mit etwas Übung und Geduld kann man so einen bestimmten Ausschnitt des Spektrums detailreicher darstellen und die gewünschten Werte exakter bestimmen. Ein sehr überzeugendes Ergebnis mit der Zoom-Funktion haben wir bei der Feinstruktur-Analyse des Americiums erzielen können, da die zu untersuchenden Energiewerte der α-Strahlung hier sehr dicht beieinanderliegen und daher direkt in einem Schritt aufgelöst werden konnten. Wir haben nun die Impulshöhenanalyse mehrfach vorgenommen, um so durch Mittelung der Ergebnisse vertrauenswürdige Energiewerte zu erhalten. Da die Radiumprobe mit einer dünnen Edelmetallschicht verblendet ist, haben wir zur Kalibrierung die unverblendete Americiumprobe spektroskopiert, bei der die genaue Energie der α-Strahlung bekannt ist. Die Umrechnung erfolgt dann über die Beziehung Ex = Ux · E0 U0 E0 = 5, 484M eV ist hier die bekannte Energie der α-Strahlung des Americiums und U0 = 5, 43V die von uns gemessene Spannung, die diesem Energiewert entspricht. Durch Einsetzen der zu untersuchenden Spannung Ux aus dem aufgenommenen Spektrum der Radiumprobe erhält man die gesuchte Energie in MeV. 21 Unsere Messergebnisse sind in Tabelle 3 zusammengefasst. Nuklid Ra-226 Rn-222 Po-218 Po-214 Po-210 gemessene Energie in MeV 4,58 5,59 5,97 7,62 5,21 Literaturwert in MeV 4,78 5,48 6,00 7,68 5,30 Abweichung in % 4,4% 2% 0,5% 0,8% 1,7% Tabelle 3: Messdaten der α-Energien des Radiumpräparats [Quelle der Literaturwerte: [6]] Die größte Abweichung weißt das Nuklid Ra-226 auf, also das Mutternuklid. Es dürfte in der bei weitem größten Menge vorhanden sein, also auch am meisten Strahlung emitieren, da es eine sehr große Halbwertszeit von 1617 Jahren hat (siehe Abbildung 3.10). Somit ist die Möglichkeit zufälliger Streuungen auch beim Radium am höchsten. Abbildung 3.11: Feinstrukturanalyse der Radium-Zerfallsreihe 22 4 Betastrahlung 4.1 Grundlagen Es gibt prinzipiell zwei Arten der β-Strahlung: β − - und β + -Strahlung. Bei β − -Zerfällen wandelt sich im Kern ein Neutron in ein Proton um; dabei werden aus Ladungs- und Energieerhaltungsgründen ein Elektron (die eigentliche β − -Strahlung) und ein Antineutrino emittiert: 1 0n −→ 11 p + 0−1 e + 00 ν Dabei erhöht sich die Kernladungszahl um 1: A ZX − −→ A Z+1 Y + β + ν Bei β + -Strahlung hingegen wird im Kern ein Proton unter Abgabe eines Positrons und eines Neutrinos in ein Neutron umgewandelt: 1 1p −→ 10 n + 01 e + 00 ν Dabei sinkt die Kernladungszahl um 1: A ZX + −→ A Z−1 Y + β + ν Im Grundpraktikum haben wir nur mit β − Strahlung gearbeitet; daher wird diese im Weiteren verkürzt schlicht als β-Strahlung bezeichnet und auch ausschließlich behandelt. Im Gegensatz zu den sehr schweren und sehr großen α-Teilchen haben β-Teilchen, also Elektronen, eine deutlich höhere Reichweite von bis zu einigen Metern in Luft. β-Strahlung dringt mehrere Milimeter in organisches Gewebe vor und kann dort Schäden von Hautirritationen bis hin zu Krebs verursachen. Aufgrund ihrer Größe und ihrer Ladung interagieren β-Teilchen beim Durchgang durch Materie vor allem mit den Hüllenelektronen der Atome. Sie regen dort die Elektronen an, führen zu Ionisation und emittieren, da es sich bei den Zusammenstößen um eine Beschleunigung von Ladung handelt, Bremsstrahlung. Bis ein β-Teilchen endgültig abgebremst wird kommt es zu einer Vielzahl solcher Zusammenstöße. Zu erwarten wäre zunächst eine exponentielle Abnahme der Intensität der β-Strahlung beim Durchgang durch Materie (in Abhängigkeit von der Flächenmasse σ = ρ · R, Dichte ρ, Reichweite R). Im Gegensatz 23 Reichweite R Abbildung 4.1: Weg zweier β-Teilchen in Materie zu den schweren α-Teilchen werden β-Teilchen auf ihrem Weg durch Materie jedoch stark abgelenkt, wodurch die in Materie zurückgelegte Strecke deutlich länger ist als die effektive Reichweite (siehe Abb. 4.1). Dadurch sinkt die Intensität sogar stärker als exponentiell. β-Strahlung unterscheidet sich von α-Strahlung weiterhin durch ihr kontinuierliches Energiespektrum. Die beim Zerfallsprozess freiwerdende Energie verteilt sich beliebig auf die kinetischen Energien des frei werdenden Elektrons und des emittierten Antineutrinos. Dadurch kommen schwachenergetische β-Teilchen ebenso vor wie sehr hochenergetische, wobei die Energie einen maximalen Wert Emax nicht überschreitet, und die Intensität empirischen Ergebnissen zufolge bei etwa 31 Emax ein Maximum hat. Im niederenergetischen Bereich unterscheiden sich die Spektren von β − - und β + -Strahlung: Aufgrund der CoulombAbstoßung des Kerns erhalten die negativ geladenen β − -Teilchen gleich zu Beginn eine zusätzliche Beschleunigung, so dass es nur wenige dieser Teilchen mit niedriger Energie gibt; auf die positiven β + -Teilchen wirkt der Atomkern hingegen anziehend, so dass sie abgebremst werden und Energie verlieren wodurch es mehr niederenergetische β + -Teilchen gibt (vgl. Abb. 4.2). 24 β+ Impulsrate Z β− Energie E Abbildung 4.2: Schematische Darstellung der Spektren von β + - und β − -Strahlung 4.2 Absorption von β-Strahlung Oben wurde bereits erwähnt, dass man aus theoretischen Überlegungen heraus einen Abfall der Reichweite R als Funktion der Flächenmasse σ erwartet, der stärker als exponentiell verläuft. Diese Erwartung gilt es nun zu überprüfen. Um ein Gefühl für die Größenordnung der zu erwartenden Reichweiten zu bekommen, bestimmt man zunächst die maximale Reichweite der Strahlung in Materie anhand einer von zahlreichen möglichen, allesamt empirisch entstandenen Gleichungen, die sich theoretisch nicht begründen lassen (Vergleich Tabelle 4). Autor Flammersfeld Glendenin Weber kg σmax -Emax -Beziehung (σ in m 2 , E in MeV) p 2 σmax = 1, 1 · 1 + 22, 4 · Emax −1 σmax = 5, 42 · Emax − 1, 33 σmax = 5 · Emax 1 − 0,983 1+4,3·Emax Tabelle 4: Gleichungen zur Bestimmung der maximalen Reichweite von β-Strahlung 25 Nun beschießt man mit β-Strahlung zunächst eine Absorberplatte, auf deren Rückseite ein Szintillationsdetektor die ankommende Strahlung misst (vgl. Abb. 4.3). Zieht man von der gemessenen Strahlung das Rauschen“ ab - also kosmische Höhenstrahlung, teristrische ” Strahlung, Bremsstrahlung, emittierte γ-Strahlung sowie eventuell in die Apparatur einfallendes Licht, auf das der Szintillationsdetektor ebenfalls reagiert - lässt sich eine Aussage über die maximale Reichweite von β-Strahlung in Materie treffen. Impulszähler mit regelbarer Betriebsspannung Absorberplatte mit Flächenmasse σ Radioaktive Quelle Abbildung 4.3: Aufbau des Versuchs zur Absorption von β-Strahlung 26 Als Strahlungsquelle wurde 90 38 Sr benutzt. Der im Versuch entscheidende Übergang der 90 Zerfallsreihe von Strontium-90 (Abb. 4.4) ist der direkte Zerfall von 90 39 Yt zu 40 Zr, bei dem β-Teilchen mit einer maximalen Energie Emax = 2, 284MeV freigesetzt werden. Zunächst ist der Arbeitspunkt des Impulszählers zu bestimmen. Dafür wird ohne Absorptionsmedium die betriebsspannungsabhängige Impulsrate gemessen (vgl. Abb. 4.5). Erkennbar sind zunächst der Proportionalitätsbereich zu Beginn, in dem die Zahl der gemessenen Impulse noch stark von der Betriebsspannung abhängt, gefolgt von einem Plateau, in dem die Impulsrate spannungsunabhängig ist, sowie zum Schluss der erneute Anstieg der Impulsrate. Man wählt nun eine Betriebsspannung im vorderen Drittel des Plateaus, in unserem Fall U = 1250V. Abbildung 4.4: Strontium-90 Zerfallsreihe [7] Abbildung 4.5: Kennlinie des Szintilationsdetektors 27 Nach den Gleichungen in Tabelle 4 berechnet man als maximale Flächemasse, die die mg Strahlung durchdringen kann etwa σ = 1080 cm 2 sowie eine maximale Reichweite R = 4mm (Tab. 5). Um etwa 10 Messwerte zu erhalten, beginnt man daher bei einer Flächemasse mg σ = 100 cm 2 und erhöht sie dann in einhunderter-Schritten (Abb. 4.6). Da die statistische Unsicherheit bei einer höheren Anzahl an Ereignissen auch größer ist, würde eine Messung, die bspw. auf 10s festgelegt ist zu einer andauernden Änderung der Unsicherheit der Messwerte führen. Daher wird bei der Durchführung stattdessen die Zeit gemessen, die benötigt wird, bis eine vorher festgelegte Impulszahl erreicht ist. Autor Flammersfeld Glendenin Weber σmax in 1079 1100 1033 mg , cm2 E Rmax in mm 4,00 4.07 3,83 Tabelle 5: Maximale Reichweite von β-Strahlung Abbildung 4.6: Impulsrate Z als Funktion der Flächenmasse σ (logarithmiert) Auffällig ist an der Graphik, dass es sich offensichtlich um keinen rein exponentiellen Abfall handelt. Nachdem die Impulsrate zunächst nahezu exponentiell abfällt, knickt sie 28 irgendwann ab und ist danach nahezu konstant, auch über den berechneten Wert für die maximale Reichweite der Strahlung hinaus. An dieser Stelle wird die Messung offensichtlich vom zuvor erwähnten Rauschen“ verfälscht; beide Komponenten müssen nun also aus ” der Messung herausgerechnet werden (vgl. Abb. 4.7), indem man von jeder Impulsrate einen geeigneten Sockelwert“ abzieht. Auffällig ist jedoch, dass auch für Flächenmassen, ” mg die deutlich größer als 1100 cm 2 sind, noch eine abfallende Tendenz erkennbar ist. Dies konnten wir bisher nicht schlüssig erklären. Bei derart niedrigen Impulsraten sind äußere Effekte (wie zum Beispiel Lichteinfall) sowie statistische Unsicherheiten jedoch extreme Unsicherheitsfaktoren. Klar zu erkennen ist an Abb. 4.7 nun, wie die unkorrigierte Impulsrate nahe der vorhermg gesagten Flächenmasse von σ = 1080 cm 2 einen konstanten Wert annimmt, während sich die korrigierte Impulsrate der maximalen Flächenmasse asymptotisch annähert. Abbildung 4.7: Korrigierte Impulsrate (rot) sowie gemessene Impulsrate (blau) 4.3 Betaspektroskopie Bevor man mit dem eigentlichen Versuch beginnen kann muss man die Arbeitsspannung des verwendeten Geiger-Müller-Zählrohrs finden. Dafür nimmt man dessen Charakteristik auf. Wir haben daraufhin mit einer Spannung von 450V gearbeitet. 29 Abbildung 4.8: Charakteristik des zur Messung verwendeten Geiger-Müller-Zählrohrs Ziel des Versuchs ist es, das Energiespektrum des Strahlers Strontium-90 aufzunehmen. Der wahrscheinlichste Zerfall mit 99,98% ist der β − −Zerfall von Yttrium-39 zu Zirconium40. Es treten aber auch γ−Zerfälle auf (siehe Abb. 4.4). Man erwartet also einen Graphen wie in Abb. 4.2. Um das Spektrum aufzunehmen, geht man nach der Methode der Magnetfeldspektroskopie vor: Strahlungsquelle und Detektor werden in ein variables Magnetfeld eingebracht (siehe Abb 4.9). Es gilt: FLorentz = FZentripetal v·B·e = m· v2 r (4) Für die kinetische Energie Ekin eines relativistisches bewegten Teilchen gilt: Ekin = E − E0 q = p2 c2 + m20 c4 − m0 c2 30 (5) Abbildung 4.9: Versuchsaufbau zur Magnetfeldspektroskopie [9] wobei E die Gesamtenergie des bewegten Teilchens und E0 die Ruheenergie des Teilchens ist. Stellt man Gleichung 4 nach der Geschwindigleit v um und setzt es über den Zusammenhang p v=m in Gleichung 5 ein, ergibt sich: Ekin = q (B · r · e)2 c2 + m20 c4 − m0 c2 (6) Die kinetische Energie Ekin hängt also von der magnetischen Flussdichte B ab, welche messbar ist. Das Geiger-Müller-Zählrohr ist mit einem Computer verbunden, mit dessen Hilfe man Messwerte von Impulsen pro Sekunde bei bestimmten Magnetfeldstärken B aufnehmen kann. Als Messzeit haben wir 30 Sekunden gewählt. Die Messwerte ergeben die Grafik 4.10. Aus den Messwerten der Zählrate Z für große magnetische Flussdichten B (in Abb. 4.10 rote Werte) kann man den Mittelwert für die Umgebungsstrahlung ermitteln, da in diesem Bereich die gemessenen Impulse nicht durch β − −Strahlung der Strontium-Strahlungsquelle 31 Abbildung 4.10: Beta-Spektrum von Strontium-90 verursacht werden, sondern durch z.B. γ−Strahlung aus der Umgebung oder durch mögliche γ−Zerfälle von Strontium-90 (siehe Abb. 4.4). Wir erhalten als Umgebungsstrahlung 0,872 Imp s . Diese muss im Folgenden abgezogen wer− den, da wir ja das Spektrum des β Strahlers aufnehmen wollen. Bei der ersten Berechnung der Energie lag das Ergebnis deutlich über unserem Erwartungswert. Der vom Hersteller angegebene Radius beträgt 0,05m. Probeweise haben wir Gleichung 5 nach dem Krümmungsradius r umgestellt und den Literaturwert von Emax = 2, 274MeV, sowie unsere maximale Magnetfeldstärke von Bmax = 322mT eingesetzt: p (E + m0 c2 )2 − m20 c4 r = Bce p (2, 274MeV + 9, 109 · 10−31 kg · (2, 998 · 108 ms )2 )2 − (9, 109 · 10−31 kg)2 · (2, 998 · 108 ms )4 = 322 · 10−3 T · 2, 998 · 108 ms · 1, 602 · 10−19 C = 0, 0284m Das legt die Vermutung nahe, das Radius und Durchmesser verwechselt wurden. Im folgenden wird mit dem halben angegeben Radius von r = 0, 025m weitergerechnet. 32 Nun ergibt sich nach Gleichung 5 für die maximale kinetische Energie der Elektonen beim β − −Zerfall von Strontium-90 r m Ekin,max = (322 · 10−3 T · 0, 025m · 1, 602 · 10−19 C)2 · (2, 998 · 108 )2 + (9, 109 · 10−31 kg)2 s m m ·(2, 998 · 108 )4 − 9, 109 · 10−31 kg · (2, 998 · 108 )2 s s = 3, 13 · 10−13 J = 1, 96MeV Unser experimentell ermittelter Wert weicht also vom Literaturwert von Emax = 2, 274MeV um 8,6% ab. Abbildung 4.11: Fermi-Kurie-Plot Eine graphische Möglichkeit die maximale kinetische Energie zu bekommen ist das Verfahren nach Fermi-Kurie. Dazu wird die Energie E auf der x-Achse aufgetragen, die man über Gleichung 5 aus der magnetischen Flussdichte B erhält. Darüber trägt man auf 33 der y-Achse die Fermiwerte auf, die man folgendermaßen berechnet: s Z y= p2 F (7) wobei die Z die Impulszählrate, p der Impuls der Elektronen und F der Fermifaktor ist. Der sich ergebende Plot ist in Abbildung 4.11 dargestellt. Man erhält also eine gute Linearisierung im hochenergetischen Bereich, etwa zwischen 1, 5MeV bis 2, 2MeV. Der Schnittpunkt der Regressionsgerade mit der Energieachse entspricht der maximalen kinetischen Energie. Abbildung 4.12: Regressionsgerade im linearen Teil des Fermi-Kurie-Plots Die Funktionsgleichung unserer Regeressionsgeraden lautet: y = −2, 21 · 1012 · Ekin + 5, 13 · 1012 (8) Durch Nullsetzten und Umstellen erhält man für die maximale kinetische Energie: Ekin = 5, 13 · 1012 = 2, 32MeV 2, 21 · 1012 34 (9) Dieser graphisch ermittelte Wert weicht vom Literaturwert von Ekin,max = 2, 274MeV um 2,0% ab. Die erste Methode hatte eine wesentlich größere Abweichung vom Literaturwert. Das ist dadurch zu erklären, dass das Ergebnis, das man über Gleichung 5 erhält, nur über einen Wert aus der Messreihe berechnet wird. Bei der Methode nach Fermi-Kurie geht man über eine Regressionsgerade durch mehrere Messwerte, wodurch der Fehler geringer wird. Als Hauptfehlerquelle vermuten wir statistische Schwankungen bei den Messungen, die wir versucht haben durch lange Messzeiten zu verringern. Weiterhin war der Fermifaktor in der Tabelle nur zu einigen diskreten Energiewerten gegeben, sodass wir durch lineare Interpolation genähert haben. Dadurch entstehen auch Abweichungen bei der Berechnnung. 4.4 Beta-Rückstreuung Als Rückstreuung wird die Streuung der Teilchen in den rückwärtigen Halbraum bezeichnet. Bei geringen Schichtdicken tritt lediglich Einzel- und Mehrfachstreuung auf. Wird die Schichtdicke erhöht, so liegt Vielfachstreuung (mehr als 20 Streuprozesse je Teilchen) vor und im Grenzfall sehr hoher Schichtdicken handelt es sich um Elektronendiffusion. Wir definieren den Rückstreufaktor fR als das Verhältnis der Anzahl der im Detektor registrierten Ereignisse mit Reflektorschicht und ohne Reflektorschicht. Folglich gilt immer fR ≥ 1. Die Rückstreurate ṅR ist definiert als die Impulsrate eines im rückwärtigen Halbraum angebrachten Strahlungsdetektors. Rückgestreute Elektronen enthalten einen wesentlich höheren Anteil an energieärmeren β-Teilchen. Im Allgemeinen treten bei höheren Massezahlen Z höhere Streuwinkel auf. Für die Rückstreurate gilt: ṅR = ṅSR · (1 − e−µR x ) (10) Hier ist ṅSR die Sättigungsrückstreurate und µR ist der Rückstreukoeffizient. Man könnte erwarten, das die Sättigungsrückstreurate eintritt, wenn die Dicke der Reflektorschicht die halbe maximale Reichweite der β-Strahlung beträgt, da jedes weiter eindringende Elektron nicht mehr zur rückseitigen Oberfläche zurückkehren kann. Tatsächlich folgt aus statistischen Betrachtungen, das xSR ≈ 0, 2Rmax . Desweiteren gilt xSR ∝ Z2/3 oder: ṅSR = b · Z2/3 , (11) wobei b von der Geometrie der Experimentieranordnung und der Aktivität der Strahlungsquelle abhängt. nSR und fR sind abhängig von der Dicke x und von der Ordnungszahl Z des 35 Elements, aus dem die Reflektorschicht besteht. In Gl.11 manifestiert sich der Umstand, dass Materialien mit hoher Ordnungszahl Elektronen wesentlich stärker streuen. Weiterhin ist erwähnenswert, dass es wesentliche Unterschiede zwischen der Rückstreuung von β + und β − -Strahlung gibt (bei gleichem Emax ). Da nur β − -Strahlenquellen verwendet wurden, ist dies im Rahmen des Praktikums irrelevant. Zuerst suchten wir den idealen Abstand zwischen dem Detektor und der Reflektorschicht. Dazu platzierten wir eine Probe mit guten Reflexionseigenschaften (Bleiplatte) in die dafür vorgesehene Halterung. Wir variierten den Abstand und maßen die Anzahl der Impulse (mit ∆t = 10s). Als idealen Abstand wählten wir 30mm. Die Messwerte sind in Abb.4.13 grafisch dargestellt. 1050 Anzahl der Impulse 1000 950 900 850 800 750 700 15 20 25 30 35 40 Abstand [mm] Abbildung 4.13: Messung der Anzahl der Detektor-Impulse mit ∆t = 10s und variierendem Abstand zwischen dem Detektor und der Reflektorschicht Nach dem Einstellen des idealen Abstandes nahmen wir eine Zählrohrcharakteristik auf, um den Arbeitspunkt des Detektors zu bestimmen. Mit ∆t = 10s zählten wir die Impulse des Detektors und variierten die anliegende Spannung. Sie wurde, beginnend bei 420V, schrittweise um 20V bis 620V erhöht. In Abb.(4.14) zeigt sich der typische Verlauf der Zählrohrcharakteristik mit ausgeprägtem Plateau, dem Dauerentladungsbereich bei hohen Spannungen und dem Rekombinationsbereich bei niedrigen Spannungen. 36 Anzahl der Impulse 2500 2000 1500 1000 500 0 400 450 500 550 600 650 U/1V Abbildung 4.14: Anzahl der Impulse mit ∆t = 10s und variierender Spannung Der Arbeitsbereich ist 480V ≤ U ≤ 560V und als Betriebsspannung haben wir 500V festgelegt. Die Nullzählrate ist 187min−1 ≈ 3, 1s−1 . Nun haben wir die Rückstreuraten bei variierender Aluminiumschichtdicke gemessen, wobei wir 16µm dicke Aluminiumfolien und 140µm dicke Aluminiumplättchen verwendeten. So können wir Gl.(10) verifizieren. Die Daten werden via f (x) = a(1−e−bx ) gefittet, sodass ṅSR =: a und µR =: b bestimmt werden können. Die gemessenen Rückstreuraten (nach Subtrahieren der Nullzählrate) inklusive der Funktion f (x) sind in Abb.(4.15) grafisch dargestellt. 37 1800 1600 Impulserate/[min]-1 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 0 500 1000 1500 2000 2500 Schichtdicke x/µm Abbildung 4.15: Impulsrate mit ∆t = 60s und variierender Schichtdicke Zu erkennen ist die bei hohen Schichtdicken eintretende Sättigung und die gemäß Gl. 10 erwartete ṅR -x-Abhängigkeit. Der Fit ergab a = (1603, 49 ± 19, 31)min−1 und b = (4262, 63 ± 200, 1)m−1 . Verwendet wurde als β − -Strahlenquelle 90 38 Sr und es ist so90 mit Emax,Sr = 0, 546MeV. Für das Tochternuklid 39 Y (vgl. Abb.4.4)ist jedoch Emax,Y = kg 2, 284MeV [1]. Setzen wir den Wert in die 1.Glendenin’sche Formel ein (mit % = 2702 m 3 ,[8]), so erhalten wir: %Rmax = 5, 42 · Emax,Y − 1, 33 Rmax ≈5xS R =⇒ xSR = 5, 42 · Emax,Y − 1, 33 ≈ 820µm 5% Dieser Wert für xSR ist mit unseren Messergebnissen vereinbar. Außerdem ist es möglich, im Diagramm abzulesen und so Emax,Y zu berechnen. Das Ablesen bzw. Abschätzen von xSR ist etwas subjektiv. In diesem Fall ist ṅR (840µm) = 1602min−1 ≈ ṅSR und ṅR (x < 840µm) < ṅR (840µm), weshalb xSR ≈ 840µm plausibel erscheint. Daraus ergibt sich ein Wert von Emax = 2, 338MeV und somit eine Abweichung vom Literaturwert von +2, 4%. Trotz dieser relativ kleinen Abweichung ist die geschilderte Methode wenig geeignet zur xSR 38 Bestimmung von Emax , da die verwendete Energie-Reichweite-Beziehung lediglich eine empirische Näherungsformel ist und sich xSR nur ungenau ablesen lässt. Außerdem kann man ohne Kenntnis von Emax nicht wissen, welche Näherungsformel geeignet ist. In dem zweiten Teilversuch untersuchten wir verschiedene Materialien (Mo-42, W-74, Fe-26, Zn-30, Ni-28, Cu-29, Pb-82, C-6, Woodsches Metall), um so die Abhängigkeit der Sättigungsstreurate von der Kernladungszahl des Reflektormaterials zu studieren und Gl. 11 zu verifizieren. Das Woodsche Metall ist eine Legierung bestehend aus 50% Bi-83, 25% Pb-82, 12, 5% Sn-50 und 12, 5% Cd-48. Gemessen wurde die Rückstreurate ṅR = ṅSR , da alle Proben x & xSR erfüllen. Durch Linearisieren und Fitten der Daten mit f (x) = c · x können wir b = c2/3 bestimmen. In Abb.4.16/4.17 sind unsere Messungen in ursprünglicher Form und in linearisierter Form grafisch dargestellt. Sättigungsrückstreurate nRS /[min]-1 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Kernladungszahl Z Abbildung 4.16: Sättigungsrückstreurate ṅSR in Abh. von Z; Fit via h(x) = a · x2/3 mit a = (347, 19 ± 7, 412)min−1 39 550000 500000 450000 (nRS/[min]-1)3/2 400000 350000 300000 250000 200000 150000 100000 50000 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Kernladungszahl Z Abbildung 4.17: ṅSR (Z) linearisiert; Fit via f (x) = c · x mit c = 6330, 28 ± 180, 5 Es ist b = c2/3 = 6330, 282/3 = 342, 20 ≈ a. Der erwartete Verlauf der Graphen konnte bestätigt werden. Dennoch sind einige Fehlerquellen vorhanden, so zum Beispiel die Ausrichtung der Apparatur und die statistische Natur des Zerfalls. Letzteres gab Anlass zur Überprüfung der statistischen Reinheit unserer Messungen. Diese wurde für die Bleiprobe durchgeführt, indem 72 Messungen der Rückstreurate mit ∆t = 60s getätigt wurden. Diese Messungen ergaben eine sehr kleine Standardabweichung von σ = 14, 74 bzw. σ = 0, 23%. 40 5 5.1 Gammastrahlung Grundlagen Grundlage aller Gammaübergänge sind energetisch angeregte Atomkerne. Nach einem αoder β-Übergang verbleibt der Atomkern in vielen Fällen in einem Zustand höherer Energie. Angeregte Zustände können auch künstlich erzeugt werden. Die Energiedifferenz zwischen dem angeregten Zustand und dem Grundzustand reicht von etwa 10keV bis etwa 10MeV. Wenn dieser Energiebetrag nicht ausreicht, um ein Nukleon zu entfernen, kann der Atomkern durch emittieren eines γ-Quants in den Grundzustand zurückkehren. Diese Reaktion wird folgendermaßen notiert: A ∗ ZX −→A Z X+γ Bei einigen Isotopen (z.B. 60 27 Co) existieren mehrere Anregungsstufen zwischen dem Grundzustand und dem angeregten Zustand. Die Photonenenergie ist die Energiedifferenz der beiden Niveaus: E(γj ) := Ej+1 − Ej = h · νj Offensichtlich sind Gamma-Spektren idealerweise Linienspektren. Als Quellen für Gam137 mastrahlung nutzten wir 60 27 Co [E(γ1 ) = 1, 332MeV,E(γ2 ) = 1, 173MeV] sowie 55 Cs [E(γ1 ) = 0, 661MeV]. Die Übergangswahrscheinlichkeit eines γ-Übergangs ist unter anderem abhängig von der Massenzahl A und Anregungsenergie des Niveaus. In den meisten Fällen verbleibt der Atomkern nur eine sehr kurze Zeit im angeregten Zustand (. 10−14 s). Metastabile Zustände liegen dann vor, wenn die Lebensdauer des angeregten Zustandes mehrere Sekunden, Tage oder Jahre beträgt. Diese Zustände werden mit dem Buchstaben m gekennm zeichnet: A Z X . Ein γ-Übergang kann auch strahlungslos verlaufen, indem der angeregte Atomkern mit dem Elektronen der Atomhülle wechselwirkt: A ∗ ZX −→A Z X Bei dieser sogenannten inneren Konversion (IC) wird das Atom ionisiert, da die Energiedifferenz h · νj direkt auf das Hüllenelektron übertragen und ein Konversionselektron abgestrahlt wird. Die kinetische Energie des Konversionselektrons ist gegeben durch: Ee = E(γ)+EK,L,M,... . Die Variable EK,L,M,... sei die Bindungsenergie des Elektrons, in Abhängigkeit von der zugehörigen Schale. Im Gegensatz zum β-Zerfall muss das Spektrum der Konversionselektronen diskreter Natur sein. Das Verhältnis zwischen der Anzahl der Konversionselektronen und der Anzahl der γ-Photonen definiert den Konversionskoeffizienten: 41 αK + αL + αM + ... = Ne /Nγ =: α. Er setzt sich additiv aus den Beiträgen der einzelnen Elektronenschalen zusammen. Die Konstante α wächst u.a. mit abnehmender Energiedifferenz h · ν und steigender Kernladungszahl Z. Selten tritt eine Anregungsenergie h · ν ≥ 2me c20 auf, welche eine innere Paarbildung ermöglicht, also eine strahlungslose Emission eines Elektron-Positron-Paares. Wichtig ist die Kenntnis des Konversionskoeffizienten v.a. in der Strahlungsmesstechnik, denn bei hohem α sind Detektoren sinnvoller, welche für Elektronen empfindlich sind. 5.2 Gammaspektroskopie In diesem Experiment nahmen wir die Gammaspektren eines Cobalt- und eines Cäsiumisotops auf. Zur Messung der Energie der Strahlung befanden sich beide Proben in einer abgeschirmten Kammer unterhalb eines Szinitilationsdetektors. An der Eintrittsöffnung des Detektors befand sich eine Metallschicht, welche auftreffende Alpha- und Betastrahlung absorbierte. Vor der eigentlichen Untersuchung der uns zur Verfügung gestellten Materialen mussten wir den Arbeitspunkt des Detektors bestimmen. Wir wählten eine im Plateaubereich der Detektorcharakteristik liegende Arbeitsspannung von 720V. Um qualitative Information über die Energie der von den Proben abgegebenen Strahlung zu erhalten, verwendeten wir einen Vielkanalimpulshöhenanalysator und maßen mit der differentiellen Methode. Da Gammastrahlung eine energiereiche Strahlung ist, können die drei im folgenden näher erklärten Wechselwirkungen stattfinden. Verliert ein Gamma-Quant durch einen Stoß im Szintillationsdetektor einen Teil seiner oder seine gesamte kinetische Energie, so wird dies dem Photoeffekt zugeschrieben. Die zugehörige Messspitze im Spektrum wird Photopeak genannt. Der zweite mögliche Effekt ist der Comptoneffekt, bei welchem das Gamma-Quant inelastisch mit einem Elektron des Szinitillationskristall stößt. Da dieser Vorgang je nach Winkel zwischen der Flugbahn des Gamma-Quants vor und nach dem Stoß verschiedene Energie des Quants auf das Elektron überträgt, ist hier kein diskreter Energiewert, sondern ein kontinuierlicher Bereich an möglicher Energien zu erwarten. Dieser Bereich wird Compton-Kontinuum bezeichnet. Die energetisch obere Schranke, bei welcher die GammaQuanten in einem Winkel von π gestreut werden, wird Compton-Kante bezeichnet. Die Energie der so gestreuten Quanten errechnet sich aus Ecomptonkante = 2ε · Eγ 1 + 2ε Eγ m0 c2 wobei Eγ die Energie der Gamma-Quanten ist, m0 die Ruhemasse des Elektron und c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. ε= 42 Das zurückgestreute Photon fliegt nun mit einer Energie von Erueckstreu = Eγ − Ecomptonkante Eγ . = 1 + 2ε Diese Energie ist ebenfalls in einer Messspitze zu sehen, sie wird Rückstreuungspeak genannt. Wird ein Gamma-Quant vernichtet und entsteht hierbei ein Elektron sowie ein Positron, so wird dieses Phänomen Paarbildungseffekt genannten. Dieser konnte hier leider nicht beobachtet werden, da die Energie der von unseren Proben abgestrahlten Gamma-Quanten hierfür zu gering ist. 5.2.1 Cäsiumspektrum Beim Zerfall des Isotops Cäsium-137 kann eine Gamma-Quanten-Energie von 0, 661 MeV auftreten. Aus obrigen Überlegungen errechneten wir die charaktistischen Peaks des Spektrums in Tabelle 6. Eγ in MeV 0,661 Ecomptonkante in MeV 0,184 Erueckstreu in MeV 0,477 Tabelle 6: Zu erwartende Energiepeaks des Cäsiumspektrums Die Software des Impulshöhenanalysators bot uns nur die Möglichkeit, die Impulsanzahl über der Kanalnummer abzutragen. Um das Spektrum auszuwerten war es nötig, die Kanalnummer in dazugehörige Energien zu umzurechnen. Nimmt man einen linearen Zusammenhang zwischen Kanalnummer und Energie an, so ist im Allgemeinen KanalNr(E) = ∆KanalNr · E + KanalNr0 ∆E Wir wählten als Referenzpunkte den Photopeak (E = 0, 661MeV) von Cäsium bei Kanalnummer 898 sowie den höherenergetischen Photopeak (E = 1, 332MeV) bei Kanalnummer 1882. Daraus ergeben sich die beiden Umrechnungsfunktionen KanalNr(E) = 1466, 46 E(KanalNr) = 1 · E − 71 MeV 71 1 MeV · KanalNr + MeV 1466, 46 1466, 46 43 18000 Caesium 16000 14000 Impulszahl 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 0 500 1000 Kanalnummer 1500 2000 Abbildung 5.1: Aufgenommenes Cäsiumspektrum Aus unseren Messwerten lasen wir die ungefähre Position der charakteristischen Punkte ab, rechneten sie um, und vergleichen die errechneten Werte mit den theoretisch vorhergesagten Werten. Die Ergebnisse hierfür sind in Tabelle 7 zu finden. Charakteristikum Photopeak Rückstreuungspeak Comptonkante Kanalnummer 848 283 625 E in MeV 0,661 0,241 0,474 Abweichung 29,5% 0,4% Tabelle 7: Charakteristiken des Cäsiumspektrums (Photopeak wurde zur Kalbrirung verwendet) Zumal die Peaks nicht in diskreten Punkten unsere Messwerte wiederzufinden sind, sondern sich, aufgrund der statistischen Natur der wiederholten Messung, in einer Gaußglocke um die Peaks befinden, benötigen wir ein Maß, welches uns angibt wie genau unser Detektor misst. Die relative Halbwertsbreite der Glocken gibt uns ein solches Maß zur Beurteilung. Wir berechneten die relative Halbwertsbreite des Photopeaks zu 7, 8%. 44 5.2.2 Cobaltspektrum Beim Zerfall von Cobalt-60 treten zwei Gamma-Quanten-Energien auf: 1,173MeV sowie 1,332MeV. Zu erwarten ist nun, dass alle oben erwähnten Peaks sich doppelt im Spektrum zeigen. Jedoch reichte die Detektorgenauigkeit nicht aus um die beiden Rückstreupeaks aufzulösen. Ebenfalls befindet sich die eine Comptonkante der ersten Energie zu nahe am Photopeak der zweiten Energie um beide unterscheiden zu können (s. Abb. 5.2). Jedoch spiegelt sich dies in einer höheren Impulsanzahl des ersten Photopeaks wieder. Für beide Photopeaks alleine müssten, da die beiden Gamma-Zerfälle gleich wahrscheinlich sind, ungefähr die gleiche Impulsanzahl gemessen werden. Durch das unter dem Photopeak liegende Ende des Compton-Kontinuum erhöht sich die Impulsanzahl in diesem Gebiet. Eγ in MeV 1,173 1,332 Ecomptonkante in MeV 0,963 1,117 Erueckstreu in MeV 0,210 0,214 Tabelle 8: Zu erwartende Energiepeaks des Cobaltspektrums 8000 Cobalt 7000 6000 Impulszahl 5000 4000 3000 2000 1000 0 0 500 1000 Kanalnummer 1500 2000 Abbildung 5.2: aufgenommenes Cobaltspektrum 45 Analog zur Umrechnung von Kanalnummern in Energien zeigt Tabelle 9 die aus den ungefähren Kanalnummern der charakteristischen Stellen zugehörigen Energien und deren Abweichung von den Erwartungswerten. Als Referenzpunkt für den Rückstreuungspeak nahmen wir den Mittelwert aus beiden Energiewerten der zu erwartenden Rückstreuungspeaks. Charakteristikum Photopeak 1 Photopeak 2 Rückstreuungspeak Comptonkante Kanalnummer 1662 1882 328 1362 E in MeV 1,181 1,332 0,272 0,977 Abweichung 0,7% 29,5% 1,4% Tabelle 9: Charakteristiken des Cobaltspektrums (Photopeak 2 wurde zur Kalibrierung verwendet) Für den ersten Photopeak berechneten wir die relative Halbwertsbreite zu 6, 7%, für den zweiten zu 5, 9%. Um auch die beiden Rückstreuungspeaks aufzulösen benötigt man einen Detektor, der Ergebnisse mit relativen Halbwertsbreiten unterhalb von 1, 5% liefern kann. 5.3 Gammaabsorption Wenn wir ein Strahlungsbündel betrachten, welches wir auf ein homogenes Medium richten, die Photonenflussdichte hinter der Absorptionsschicht in Abhängigkeit von der Schichtdicke x sei ψ(x) und alle γ-Quanten besitzen die gleiche Energie Eγ = hν, so ist offenbar (mit σ - totaler atomarer Wirkungsquerschnitt und N - Anzahldichte der Atome im Material): dψ = −ψN σ · dx =⇒ µ:=N ·σ =⇒ ψ(x) = ψ0 exp(−N σx) ψ(x) = ψ0 exp(−µx) Da die Angabe einer maximalen Reichweite bei einem solchen Absorptionsgesetz nicht möglich ist, werden häufig die Begriffe Halbwertsschichtdicke (x1/2 ) oder Halbwertsflächenmasse (d1/2 ) verwendet. ψ0 ψ(x1/2 ) = ψ(d1/2 ) = =⇒ 2 ( x1/2 = d1/2 = ln(2) µ ln(2) µ/% (12) Das exponentielle Schwächungsgesetz gilt lediglich im Spezialfall schmaler Strahlungsbündel. Im Allgemeinen muss ein Faktor B ≥ 1 eingeführt werden, welcher die am Detektor registrierte Teilchenanzahl nach oben korrigiert und dazu beiträgt, dass bei breiteren Strahlungsbündeln in zunehmenden Maße gestreute Photonen den Detektor erreichen. In einigen 46 Fällen kann B(µx, E(γ), Z) Werte bis 500 annehmen. Das (korrigierte) Absorptionsgesetz lautet also: ψ(x) = B(µx, E(γ), Z) · ψ0 exp(−µx) 1 = B(0, E(γ), Z) Es wurde die Absorption der Gammastrahlung durch verschiedene absorbierende Materialien (Kupfer und Blei) bei verschiedenen Schichtdicken x und unterschiedlichen Strah137 lungsquellen (60 27 Co [E(γ1 ) = 1, 332MeV,E(γ2 ) = 1, 173MeV] und 55 Cs [E(γ1 ) = 0, 661MeV]) untersucht. Dazu platzierten wie die Strahlungsquelle in der Bleikammer und legten nach und nach Metallplatten unterschiedlicher Anzahl und Dicke über die Strahlungsquelle. Der Detektor befand sich am oberen Ende der Bleikammer. Die Messungen wurden mithilfe einer Software getätigt. Gemessen wurde die Anzahl der Ereignisse in sechs zehnsekündigen Zeitintervallen, da bei Messzeiten länger als 10s die Software abstürzte. Die Ergebnisse dieser Messungen sind in den Abb.5.3, 5.4 und 5.5 grafisch dargestellt. Die Daten wurden via Gnuplot gefittet. 1600 Anzahl der Impulse N 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Schichtdicke [cm] Abbildung 5.3: Messung der Anzahl der Detektor-Impulse mit der Bleischichtdicke 137 Cs-Quelle 55 und variieren- Das Fitten mit g(x) = c + a · exp(−bx) ergab für die Parameter a,b,c die in Tabelle 10 ersichtlichen Werte. Für unsere Zwecke ist b = µ.h Mit Ergebnis ist es uns nun möglich, den Masseni diesem µ µ m2 Schwächungskoeffizient % mit % = kg , die Halbwertschichtdicke (x1/2 ) und die Halbwertflächenmasse (d1/2 ) via Gleichung 12 berechnen. Für die Energie der γ-Quanten der 47 1600 Anzahl der Impulse N 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Schichtdicke [cm] Abbildung 5.4: Messung der Anzahl der Detektor-Impulse mit der Kupferschichtdicke 137 Cs-Quelle 55 und variieren- 4500 4000 Anzahl der Impulse N 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Schichtdicke [cm] Abbildung 5.5: Messung der Anzahl der Detektor-Impulse mit 60 27 Co-Quelle und variierender Bleischichtdicke Cobalt-Strahlungsquelle verwendeten wir den Wert E(γ1 ) = 1, 332MeV, da dieser konsequent bessere Ergebnisse lieferte. Die Massen-Schwächungskoeffizienten sind in Tabelle 11 zusammengefaßt. 48 Messung Cäsiumquelle und Kupfer Cäsiumquelle und Blei Cobaltquelle und Blei a 1305, 42 ± 16, 64 1242, 98 ± 19, 89 4131, 12 ± 48, 14 b/[cm−1 ] 0, 4611 ± 0, 0156 1, 0308 ± 0, 0371 0, 4645 ± 0, 0149 c 257, 33 ± 11, 71 286, 89 ± 10, 34 189, 12 ± 40, 10 Tabelle 10: ermittelte Fitparameter a,b und c Messung Cäsiumquelle und Kupfer Cäsiumquelle und Blei Cobaltquelle und Blei µ m2 % / kg 10−3 5, 169 × 9, 088 × 10−3 4, 095 × 10−3 Literaturwert 7, 306 × 10−3 11, 459 × 10−3 5, 822 × 10−3 Abweichung [%] −29, 24% −20, 69% −29, 65% Tabelle 11: Ermittelte Massen-Schwächungskoeffizienten & Vgl. mit Literaturwerten Die Literaturwerte in Tab.(10) wurden mithilfe einer linearen Interpolation der Tabellenwerte aus [1] errechnet. Die resultierenden Abweichungen sind hoch. Ein möglicher Grund ist das Vorhandensein eines divergenten Strahlenbündels, außerdem wurde die bereits angesprochene Tatsache nicht berücksichtigt, dass mit steigender Schichtdicke in zunehmendem Maße gestreute γ-Quanten den Detektor erreichen. Da die Abweichungen negativ sind, vermuten wir, dass die zweite Fehlerquelle dominiert. Um die existierenden Abweichungen zu eliminieren, bietet es sich an, das Mittel der Quotientenbildung einzusetzen. In diesem Falle würde sich dann der nicht berücksichtigte Aufbaufaktor herauskürzen. Wir kombinieren so zwei Messungen mit einer 137 55 Cs-Quelle und zwei Messungen mit Blei als absorbierendes Material. Wir erhalten bei beiden Betrachtungen einen verbleibenden Fehler von +12, 01% bzw. +12, 76%. Wenn wir jedoch die Messungen Cobalt-Blei und CäsiumKupfer miteinander vergleichen, so erhalten wir eine geringe Abweichung von +0, 59%. Die Werte für die Halbwertsschichtdicke und die Halbwertsflächenmasse sind in Tabelle 12 zusammengefasst. Messung Cäsiumquelle und Kupfer Cäsiumquelle und Blei Cobaltquelle und Blei x1/2 /cm 1, 503 0, 672 1, 492 d1/2 /(kg · m−2 ) 1, 341 × 102 0, 763 × 102 1, 693 × 102 Tabelle 12: Ermittelte Halbwertschichtdicken und die Halbwertflächenmassen 49 6 6.1 Fazit Vergleich der Spektren Bei Alphastrahlung findet man ein Linienspektrum und damit konkret definierte Energien. Aufgrund eingeschränkter Messmethoden und den daraus resultierenden Streuungen erhielten wir jedoch ein durchgängiges Spektrum, welches wir durch die Aufnahme des Feinspektrums genauer charakterisiert haben. Vom Alphaspektrum unterscheidet sich das Betaspektrum vor allem durch seine Kontinuität; aufgrund der Zufälligkeit der Verteilung der beim Zerfall freiwerdenden Energie auf Antineutrino und Elektron bzw. Neutrino und Positron können Strahlungsteilchen aller Energien bis zu einem Maximalwert vorkommen, wobei es bei etwa einem Drittel dieses Höchstwertes der Energie zu einem Maximum kommt. Das mit den Szintilationsdetektor aufgenomme Gamma-Spektrum zeichnet sich vor allem durch seine charakteristischen Punkte aus, welche man bestimmten Energien zuordnen kann. Diese isolierten Peaks ermöglichen prinzipiell auch die Identifizierung der zu untersuchenden Materialen. Das Vorhandensein der Kontinua und Peaks kann durch verschiedene Effekte begründet werden und bestätigt so theoretische Modelle der Wechselwirkungen. 6.2 Vergleich Detektoren Halbleiterdetektoren eignen sich insbesondere zum quantitativen und qualitativen Nachweis ionisierender Teilchen. Den kleinen Detektorbereich durchdringen Gammastrahlen jedoch meist vollständig und können dann energetisch nicht bestimmt werden. Bei hohen Ansprüchen an die Auflösung ist häufig eine Kühlung mit flüssigen Stickstoff (ca. 77K) nötig. Dann sind sie an Detailgenauigkeit kaum zu überbieten. Szintilllationsdektektoren besitzen dank ihrer Vielseitigkeit ein breites Einsatzspektrum. Mit ihnen kann man jegliche Art der ionisierender Strahlung nachweisen und dessen Energien bestimmen. Gekoppelt mit einem Impulshöhenanalysator ergibt sich eine zuverlässige Möglichkeit, Energiespektren der zu untersuchen Strahlung aufzunehmen. Nur hier kann der Szintillationsdektektor in dem Auflösungsvermögen durch Halbleiterdetektoren überboten werden. Auch mit Geiger-Müller-Zählrohren kann man ionisierende Strahlung nachweisen. Allerdings ist es nicht ohne weiteres möglich, Strahlungsart unnd -energie zu ermitteln. Dafür besitzt es eine sehr hohe Empfindlichkeit - auch einzelne ausgelöste Elektronen werden durch Gasentladung so verstärkt, dass sie gemessen werden können. Durch diesen Prozess ergibt sich allerdings verglichen mit den anderen Detektoren eine relativ lange Totzeit in der Größenordnung von 100 Mikrosekunden, und eine ähnlich ausgedehnte Erholungszeit, in der Impulse nicht maximal verstärkt werden. 50 6.3 Impulshöhenanalysator Die Analyse der Energiespektren radioaktiver Strahlung mittels Detektion der Impulshöhen hat sich als sehr genau erwiesen. Wir konnten beim Alpha-Spektrum sowohl das Feinspektrum von Americium exakt bestimmen, als auch die Zerfallsreihe des Radiums darstellen. Da wir dabei jeweils einen differentiellen Einkanalanalysator benutzten, waren diese Experimente natürlich recht zeitaufwendig. Um das Auflösevermögen zu maximieren, kam uns der Einsatz der Zoom-Funktion sehr entgegen. Durch Überlagerung mehrerer geeigneter Durchgänge haben wir auch dicht beieinander liegende, diskrete Energien sichtbar machen können. Die integrale Messung wurde nur beim Hauptpeak der Strahlungsenergie von Americium benutzt und konnte hier die differentielle Messung bestätigen. Der Mehrkanal-Analysator kam bei der Spektroskopie von Gammastrahlung zum Einsatz und ermöglichte eine schnellere Erfassung der Spektren bei gleicher Genauigkeit. Die Grenze hat hier die maximale Energie des verwendeten Gammastrahlers gesetzt, da Paarbildung schlicht nicht erzeugt werden konnte. 6.4 Schlusswort Einige Schwierigkeiten bereitete uns das Feinspektrum von Americium. Wir haben zunächst bei dem Aufbau des Experimentes einige Fehler gemacht, da die Anleitung teilweise nicht eindeutig war. Wir haben probiert in unserer Auswertung den Aufbau konkret zu beschreiben um es unseren Nachfolgern einfacher zu gestalten. Überraschend war die Feststellung, daß die Belastung von Hintergrundstrahlung im Praktikumsbereich mit 0, 5256 mSv a wesentlich geringer ausfiel, als außerhalb des Gebäudes mit mSv 1, 314 a . Die Strahlenbelastung in Brandenburg liegt damit auch allgemein unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 2, 1 mSv a und weit unter den maximalen Werten in Deutschland, die im Bereich von 10 mSv liegen. a Bedauerlich ist, dass im Grundpraktikum nur β − -Quellen und keine β + -Quellen zur Verfügung stehen. Dadurch konnten charakteristische Unterschiede der beiden Strahlungstypen im Spektrum und bei der Rückstrahlung leider nicht untersucht werden. Schlussendlich hat sich das Projektpraktikum für uns alle gelohnt. Erneut erhielten wir die Möglichkeit unsere Messungen präziser als im normalem Praktikumsbetrieb durchzuführen und hatten dabei eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Dafür möchten wir letztendlich auch Herrn Dr. Schmidt danken. 51 Literatur [1] W.Stolz: Radioaktivität, 5.Auflage, Teubner-Verlag [2] Stöcker: Taschenbuch der Physik, 5. Auflage, Verlag Harri Deutsch [3] http://me-lrt.de/img/phyV 19.png [4] https://www.mppmu.mpg.de/ rwagner/skript/Alpha Zerfall Atomkernen.html [5] Platzanweisung Grundpraktikum K9 [6] Broschüre der Firma Phywe: Untersuchung der α-Energien verschiedener Strahler [7] http://137.193.61.239/images/theory abb2.jpg [8] Kuchling: Taschenbuch der Physik [9] http://www.abiunity.de/attachments/3881.jpg 52