Branche aktuell Energieausweis: Wärmeschutz wird transparenter Seit einigen Wochen gibt es einen Referentenentwurf zur Energieeinsparverordnung (EnEV). Darin integriert ist die Pflicht zum Energieausweis für Altbauten. Ein Verkäufer oder Vermieter eines Wohn- oder sonstigen Gebäudes muss in Zukunft den Energieausweis im Falle eines Verkaufs oder einer Vermietung dem Kauf- und Mietinteressenten vorzeigen. Obschon der Referentenentwurf vonseiten der Politik noch nicht verabschiedet ist, sind erfahrungsgemäß die Inhalte ziemlich festgeschrieben. D er Energieausweis gibt mit einem bestimmten Energiekennwert überschlägig Auskunft über die Energieeffizienz eines Gebäudes. Sie kann entweder als Energiebedarf oder als Energiekennwert auf der Grundlage des gemessenen tatsächlichen Energieverbrauchs angegeben werden. Wie in der europäischen Richtlinie vorgesehen, müssen bei beiden Varianten auch Empfehlungen für ∂ So könnte später der Energieausweis aussehen. 16 die Modernisierung von Gebäuden gegeben werden. Ein Datum für das In-Kraft-Treten der neuen EnEV ist noch nicht bekannt. Energiebedarf Unter Energiebedarf versteht man hauptsächlich die zum Heizen und für Warmwasser auf der Grundlage von Berechnungen benötigte Ener­ gie des Gebäudes. Dabei werden z. B. die subjektiven Gewohnheiten der Bewohner und die Lage des Gebäudes in Deutschland nicht berücksichtigt. Das bedeutet: Wie lange und mit welcher Intensität die Bewohner heizen, wie lange sie die Fenster zum Lüften öffnen, wie viel Warmwasser sie zum Duschen benötigen, spielt keine Rolle. Solche Faktoren werden objektiviert und als so genannte standardisierte Randbedingungen, die in einer technischen Regel festgelegt sind, in die Rechnung einbezogen. Um den Energiebedarf zu errechnen, werden die energetische Qualität vor allem der Außenwände und des Daches sowie der technischen Anlagen wie Heizkessel und der Anlagen für die Erwärmung des Brauchwassers berücksichtigt. Die im Energieausweis angegebenen Werte beziehen sich auf das ganze Gebäude. Für einzelne Wohnungen lässt die Angabe keinen genauen Rückschluss zu. Viel wichtiger ist, dass der Energiebedarfswert – gerade weil er frei von individuellen und subjektiven Verhältnissen errechnet wird – keinerlei Rückschlüsse auf den konkreten Energieverbrauch eines einzelnen Haushalts oder des gesamten Gebäudes erlaubt, auch nicht auf die Energiekosten. Energieverbrauchs­kennwert Der Energieverbrauchskennwert wird aus dem tatsächlichen Energieverbrauch der letzten Jahre (gedacht ist an drei Jahre) ermittelt. Sodann werden, sofern sie das übliche Maß deutlich übersteigen, Wohnungsleerstände im Gebäude rechnerisch berücksichtigt und eine so genannte Witterungsbereinigung des Verbrauchswertes vorgenommen. Damit soll der ermittelte Energieverbrauch auf ein durchschnittliches Klima der letzten Jahre bezogen und der Einfluss von außergewöhnlichen Wetterverhältnissen (wie besonders warme oder kühle Winter) sowie re- (Bild: dena) IKZ-Haustechnik · Heft 12 /2006 Branche aktuell gionale Unterschiede ausgeglichen werden. Da bei Gebäuden mit wenigen Wohneinheiten der Einfluss der Nutzungsgewohnheiten im Allgemeinen stärker auf den Energieverbrauchskennwert durchschlägt als bei größeren Wohngebäuden, ist für Gebäude mit nicht mehr als fünf Wohnungen zum Ausgleich ein Sicherheitszuschlag vorgesehen. Grundsätzlich erlaubt der Energieausweis auf der Grundlage des gemessenen Verbrauchs – wie auch der Ener­ gieausweis auf der Grundlage des berechneten Bedarfs – keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Energieverbrauch des einzelnen Haushalts oder Gebäudes. Optionsrecht Die wohl wichtigste Neuigkeit innerhalb des Referentenentwurfs ist das Optionsrecht für den Eigentümer und Vermieter: Er darf zwischen einem bedarfsorientierten und einem verbrauchsorientierten Energieausweis wählen. Kaum war dieses Wahlrecht formuliert, hagelte es Kritik – aber auch Zustimmung. (Lesen Sie dazu „Pro und Contra dem Optionsmodell“ eine Seite weiter.) Wem nutzt der Energieausweis? Er ist nach Einschätzung der Bundesregierung sowohl für die Kauf- und Mietinte­ ressenten als auch für die Eigentümer von Vorteil. Wer ein Gebäude oder eine Wohnung kaufen oder mieten will, könne anhand der Angaben im Energieausweis und des Vergleichswertes einen überschlägigen Eindruck von der baulichen und anlagentechnischen energetischen Qualität des Gebäudes bekommen. „Verkäufer und Vermieter von Gebäuden mit guten energetischen Gebäudewerten dürften auf dem Immobilien- markt umso größere Vorteile haben, desto mehr Gewicht die Kauf- und Mietinteressenten künftig auf gute Wärmedämmung und moderne Anlagentechnik legen“, heißt es. Schließlich sei das Wissen um die Energieeffizienz eines Gebäudes auch Voraussetzung für Maßnahmen zur energetischen Verbesserung. Die Bundesregierung verspricht sich von den Energieausweisen eine Belebung der Investitionen im Gebäudesektor und damit einen positiven Effekt auf dem Arbeitsmarkt, wenn Energiesparmaßnahmen aufgrund der Informationen aus dem Ausweis vermehrt umgesetzt werden. Für sie bedeutet der Energieaus- weis ein Plus auf allen Ebenen: ∑ mehr Transparenz und mehr Wettbewerb auf dem Immobilienmarkt, ∑ mehr Anreiz zur Energieeinsparung, damit auch zum Klimaschutz, ∑ zusätzliche Arbeitsplätze. ∂