Predigt am 09.10.2016 in Leutwil von Pfr. Michael Freiburghaus „An jenem Tag aber ging Jesus aus dem Haus hinaus und setzte sich an den See. Und es versammelten sich große Volksmengen um ihn, so dass er in ein Boot stieg und sich setzte; und die ganze Volksmenge stand am Ufer. Und er redete vieles in Gleichnissen zu ihnen. [Es folgt das Gleichnis vom Sämann]. Wer Ohren hat, der höre! Und die Jünger traten hinzu und sprachen zu ihm: Warum redest du in Gleichnissen zu ihnen? Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Weil euch gegeben ist, die Geheimnisse des Reiches der Himmel zu wissen, jenen aber ist es nicht gegeben; […] Das Reich der Himmel gleicht einem im Acker verborgenen Schatz, den ein Mensch fand und verbarg; und vor Freude darüber geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker. Wiederum gleicht das Reich der Himmel einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte; als er aber eine sehr kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie“ (Matthäusevangelium 13,1-3.711.44-46). Einstieg A) Zur Zeit von Jesus gab es noch keine Banken, wo man sein Geld aufbewahren konnte. Deshalb versteckte man es Zuhause (vgl. Lukasevangelium 15,8) oder man hat es in einem Tonkrug oder in einer Schatzkiste auf einem Feld vergraben. Es konnte vorkommen, dass man nicht mehr wusste, wo man seinen Schatz versteckt hatte. Oder jemand starb, ohne seinen Angehörigen zu sagen, wo der Schatz versteckt war. Ein Mann pflügt auf einem Acker und findet dort einen verborgenen Schatz. Der Acker gehört jedoch nicht ihm. B) In seiner Freude verkauft er alles, was er besitzt. C) Er ruft: „Sommerschlussverkauf! Sommerschlussverkauf! Wertvolle Kostbarkeiten und Familienerbstücke, nenne mir einfach einen Preis!“ Er verkauft alles, was er hat, und erwirbt dafür diesen Acker und damit den Schatz! D) Seine Nachbarn lästern über ihn: „Hast du diesen alten Dummkopf gesehen!“ „Ja, eine Schande, er hat alles verkauft, was er besass, jetzt hat er gar rein NICHTS mehr!“ E) Mit Freudentränen in den Augen spricht der Bauer: „Jetzt habe ich ALLES!“ (Deutsche Übersetzung des englischen Comics „In his joy“ von Adam Ford). 1. Jesus ist der grösste Schatz im Acker und die wertvollste Perle! Jesus ist das Reich der Himmel, dieser Schatz und die Perle! Warum? Weil Jesus gleichzeitig Gott und Mensch ist. Er ist Gottes Sohn, er verbindet uns wieder mit Gott, indem er uns unsere Schuld vergibt. An Jesus zu glauben und ihm nachzufolgen ist der Sinn des Lebens und er stillt unseren inneren Hunger und unsere Sehnsucht nach Liebe, Annahme und Geborgenheit. Vor sechs Wochen brannte das Haus eines philippinischen Fischers. Er rettete aus dem brennenden Haus den grössten Schatz, den er besass und überreichte ihn anschliessend der lokalen Tourismusbehörde: Eine Perle, die er vor zehn Jahren gefunden hat. Sein Anker verfing sich damals in ihr. Er bewahrte sie zehn Jahre lang unter seinem Bett auf. Er hielt sie für seinen persönlichen Glücksbringer. Diese Perle ist die grösste der Welt! Sie ist 67 cm lang, 30 cm breit, 34 kg schwer und hat einen Wert von 100 Millionen Franken! Ein riesiger Schatz! Einige zweifeln daran, dass diese Perle echt ist. Zum Vergleich: Die zweitgrösste Perle der Welt wiegt 6,34 kg (und heisst „die Perle Allahs“). Ich habe recherchiert und herausgefunden, dass die Grosse Riesenmuschel (Tridacna gigas) 400 kg schwer und 1,4 m lang werden kann. Daher ist es gut möglich, dass dieses nun die grösste Perle der Welt ist und dass sie echt ist. Auch ich habe einmal an einem einzigen Tag zwei Goldschätze gefunden, als ich in Wohlen im Recyclinghof gearbeitet habe! Ich habe mich sehr gefreut darüber, weil es eine riesige Überraschung war. Vielleicht haben Sie auch schon einmal etwas Wertvolles gefunden, vielleicht Geld auf dem Boden oder einen Schatz auf Ihrem Dachboden. Oder sie haben Liebe auf den ersten Blick erlebt und einen Schatz (Menschen) gefunden. 2. Jesus zu ergreifen gibt uns die grösste Freude! „Vor Freude“ über den gefundenen Schatz geht der Bauer hin und „verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker.“ Die Freude treibt ihn an. Er tut es nicht aus Zwang oder auf Druck oder aus religiöser Moral oder weil jemand das von ihm erwartet. Nein, es ist seine innerste Freude und er tut es freiwillig. Die Freude an Jesus ist unser Antrieb, unser Motor, unsere Motivation für unser tägliches Tun (vgl. Nehemia 8,10b). Freude! Das EVANGELIUM ist die frohe Botschaft und gute Nachricht! Vorhin haben wir einiges erfahren über Nordkorea, das Land, in dem Christen am meisten verfolgt werden. Aber auch dort gibt es Christen. Jesus Christus ist ihnen der grösste Schatz, so dass sie sogar Leiden im Konzentrationslager in Kauf nehmen. 3. Was haben beide Gleichnisse gemeinsam? Sowohl das Gleichnis vom Schatz im Acker als auch das Gleichnis von der wertvollen Perle haben Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gemeinsamkeit: In beiden geht es um das überraschende Auffinden eines überaus wertvollen Gegenstandes. Beide, der Bauer und der Kaufmann, verkaufen darauf alles, was sie besitzen, um diesen Schatz zu erwerben. Der Schatz ist mehr wert als ihren ganzen Besitz! Unterschied: Im Gleichnis vom Schatz im Acker findet der Bauer den Schatz zufällig, während er den Acker pflügt. Im Gleichnis von der wertvollen Perle sucht der Kaufmann aktiv nach wertvollen Perlen. Dies ist sein Beruf. Für uns heisst dies: Es gibt beide Arten von Menschen: Menschen, die Jesus geradezu zufällig als grössten Schatz erkennen (beispielsweise durch ein Adonia-Konzert oder eine Evangelisation oder ein übernatürliches Erlebnis). Dann gibt es auch Menschen, die Jesus regelrecht systematisch suchen. Beispielsweise Studenten, die Philosophie oder Theologie studieren und ehrlich auf der Suche nach der Wahrheit sind und in einem längeren Prozess schliesslich zu Jesus als der wertvollsten Perle gelangen! Wichtig festzuhalten ist, dass beides Gnade ist: Sowohl das zufällige Finden von Jesus als auch das aktive Suchen und Finden von Jesus! Vielleicht denken Sie: „Ich kann gar nicht glauben, dass Jesus der grösste Schatz und die wertvollste Perle ist!“ Dann ist es am besten, wenn Sie sich auf die Suche nach ihm machen. Er wird sich Ihnen zeigen und selber beweisen, dass er hält, was er verspricht! Sie werden eine übernatürliche Freude erhalten! 4. Was heisst für uns alles zu verkaufen, damit wir Jesus ergreifen? Was heisst das: alles zu „verkaufen“? Für einige von uns bedeutet dies wortwörtlich, alles in der Schweiz zurückzulassen und Jesus in einem fremden Land als Missionar zu dienen wie z.B. die Familie Aeschimann oder Wicki das getan haben. Für andere heisst es, dass wir hier in der Schweiz alles für Jesus geben. Dass Jesus uns das Wichtigste ist im Leben. „Vor Freude“ verkaufen der Bauer und der Kaufmann alles, was sie haben, um Jesus zu ergreifen. Geld ist wertvoll. Das ist uns klar. Wir müssen hart arbeiten, um Geld zu verdienen. Deswegen vergleicht hier Jesus sich selber mit einem riesigen Goldschatz und mit der wertvollsten Perle. Aber auch das Sprichwort: „Zeit ist Geld!“ gilt. Auch Zeit ist wertvoll. Alles für Jesus zu verkaufen heisst im übertragenen Sinn, dass wir Jesus unsere Zeit zur Verfügung stellen und regelmässig Zeit mit Gott verbringen. Wir tun dies, wenn wir wie jetzt einen Gottesdienst besuchen, in der Bibel lesen oder beten. Oder wenn wir freiwillig in unserer Kirchgemeinde mitarbeiten. Alles zu verkaufen kann auch bedeuten, sich von Dingen zu trennen, die uns lieb geworden sind, um den grössten Schatz Jesus zu erhalten. 5. Warum spricht Jesus in Gleichnissen? Dafür gibt es drei Gründe: A) Jesus antwortet auf die Frage, warum er in Gleichnissen spreche: „Weil euch gegeben ist, die Geheimnisse des Reiches der Himmel zu wissen, jenen aber ist es nicht gegeben“ (Matthäusevangelium 13,11b). Gleichnisse sind Geheimnisse. Die Gleichnisse von Jesus weisen uns darauf hin, dass Jesus und sein Reich Gottes ein göttliches Geheimnis sind! Es geht darum, dass wir Menschen wegen Jesus ein Teil werden im übernatürlichen Reich Gottes. Nur in Gleichnissen kann man von diesem gewaltigen Geheimnis sprechen. B) Der zweite Grund dafür ist: Ein Gleichnis ist ein Rätselwort. Jesus spricht: „Wer Ohren hat, der höre!“ Alle Menschen haben Ohren. Wenn man ein Gleichnis hört, muss man weiter darüber nachdenken, um den Sinn zu verstehen. Ein Gleichnis verlangt tiefere Beschäftigung. Jesus lädt uns mit seinen Gleichnissen dazu ein, dass wir uns tiefgreifender mit ihm beschäftigen und nicht nur oberflächlich. Wenn jemand einem Gleichnis nicht auf den Grund gehen will, bedeutet dies, dass er kein wirkliches Interesse an Jesus und dem Himmelreich hat. C) Für den dritten Grund müssen wir das Matthäusevangelium von vorne her lesen: Jesus hat zu Beginn seines Wirkens seine Botschaft klar, offen und ohne Gleichnisse gepredigt: „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen!“ (Matthäusevangelium 4,17b). Kehrt zu Gott um, weil ich jetzt zu euch gekommen bin! Auch in der Bergpredigt (vgl. Matthäusevangelium 5-7) hat Jesus einfache Worte benutzt. Jesus hat viele kranke Menschen geheilt und sogar einen Sturm gestillt (vgl. Matthäusevangelium 8-9). Die Schriftgelehrten und die Pharisäer, die Pfarrer und Theologen der damaligen Zeit, regten sich aber grausam über Jesus auf. Weil seine Jünger am Ruhetag (Sabbat) Ähren ablasen (also am Ruhetag arbeiteten) und weil Jesus am Sabbat einen Kranken heilte. Nicht nur das, sondern: „Die Pharisäer aber gingen hinaus und hielten Rat gegen ihn, wie sie ihn umbringen könnten“ (Matthäusevangelium 12,14). Als Jesus einen Besessenen mit Hilfe des Heiligen Geistes vom Bösen befreite, behaupteten die Schriftgelehrten und Pharisäer, dass er dies durch die Kraft des Teufels tat (vgl. Matthäusevangelium 12,22-37). Viele der einfachen Leute (Volksmenge) erkannten, dass Jesus der Retter ist, doch die gebildeten Schriftgelehrten und Pharisäer lehnten Jesus als Retter ab! Darauf spricht Jesus in Gleichnissen, um die Schriftgelehrten und Pharisäer zum Nachdenken zu bewegen. Jesus ringt weiterhin um seine Feinde (vgl. Matthäusevangelium 13,52). Jesus hat sie noch nicht aufgegeben. Die Schriftgelehrten und Pharisäer waren gefangen in ihrer eigenen Gesetzlichkeit und Frömmigkeit und in ihren religiösen Regeln, die sie selber erfunden haben. Jesus wollte sie befreien und ihnen erklären, dass ER selber das EVANGELIUM ist. Er wollte sie befreien von ihrem religiösen Krampfen. Später im Matthäusevangelium wird Jesus wieder handfester und verwendet eine äusserst harte Sprache, um sie vor ihrer Herzenshärte zu warnen: „Wehe aber euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler!“ (Matthäusevangelium 23,13-14), „Narren und Blinde!“ (Matthäusevangelium 23,17a), „Schlangen! Otternbrut! Wie solltet ihr dem Gericht der Hölle entfliehen?“ (Matthäusevangelium 23,33). Zusammenfassung, warum Jesus in Gleichnissen spricht: Ein Gleichnis enthüllt und verhüllt! Ein Gleichnis enthüllt und zeigt offen, wie das Reich Gottes und Jesus selber ist: Der Schatz im Acker und die wertvollste Perle! Zugleich verhüllt ein Gleichnis den Sinn, wenn jemand nicht tiefer nachforscht. Schluss Jesus hat in Gleichnissen gesprochen, um uns das Geheimnis des Reiches Gottes zu zeigen. Jesus ist dieser Schatz im Acker und diese wertvollste Perle! „Vor Freude darüber geht […] [= jeder, der Jesus als Schatz erkennt,] hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker.“ Dann kann auch jeder von uns mit Freudentränen in den Augen rufen: „Jetzt habe ich ALLES!“ Amen. Literatur Adam Ford, Comic: In his joy, 21.10.2013 auf www.adam4d.com Peter Müller. Die Gleichnisse vom Schatz im Acker und von der http://www.ev.theologie.unimainz.de/zimmermann/gleichniskompendium/downloads/manuskripte/Mt%2013,4446%20M%C3%BCller%20Schatz%20im%20Acker.pdf Perle. Fragen zum Nachdenken und Diskutieren A) Musst du etwas „verkaufen“, um Jesus und das Reich Gottes zu ergreifen? B) Wie setzest du deine Zeit ein? Wieviel ist für den täglichen Alltag nötig und wieviel für Gott?